Rechtssatz
Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht, die grundsätzlich anzunehmen ist, ist Frage des Einzelfalls. Der Arzt muss nicht auf alle nur denkbaren Folgen der Behandlung hinweisen.
%; Haftung der Ärzte und Krankenpfleger — erhebliche Rechtsfrage
1 Ob 66/73 | OGH | 18.04.1973 |
Veröff: RZ 1973/167 S 170 |
1 Ob 743/80 | OGH | 18.03.1981 |
Beisatz: Aufklärungspflicht ist Teil des Behandlungsvertrages. Wenn der Arzt erkennt, dass bestimmte ärztliche Maßnahmen erforderlich sind, hat er den Patienten auf deren Notwendigkeit und die Risken ihrer Unterlassung hinzuweisen. Dabei wird die Belehrung umso ausführlicher und eindringlicher sein müssen, je klarer für den Arzt die schädlichen Folgen des Unterbleibens der (Fortsetzung der) Behandlung erkennbar sind und je dringlicher die (weitere) ärztliche Behandlung auch aus der Sicht eines vernünftigen und einsichtigen Patienten erscheinen muss. (T1) <br/>Veröff: RZ 1982/20 S 60 = JBl 1982,491 |
3 Ob 545/82 | OGH | 23.06.1982 |
Beis wie T1 nur: Dabei wird die Belehrung umso ausführlicher und eindringlicher sein müssen, je klarer für den Arzt die schädlichen Folgen des Unterbleibens der (Fortsetzung der) Behandlung erkennbar sind und je dringlicher die (weitere) ärztliche Behandlung auch aus der Sicht eines vernünftigen und einsichtigen Patienten erscheinen muss. (T2)<br/>Veröff: SZ 55/114 = JBl 1983,373 (zustimmend Holzer) = VersR 1983,744 |
6 Ob 683/84 | OGH | 23.01.1986 |
Auch; nur: Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht, die grundsätzlich anzunehmen ist, ist Frage des Einzelfalls. (T3)<br/>Beisatz: Die Anforderungen an den Umfang der Aufklärung des Patienten über mögliche schädliche Auswirkungen können nicht einheitlich, sondern nach den Gesichtspunkten gewissenhafter ärztlicher Übung und Erfahrung den Umständen des Einzelfalles und den Besonderheiten des Krankheitsbildes Rechnung tragend ermittelt werden. Es können auch keine Prozentsätze (Promillesätze) dafür angegeben werden, bei welcher Wahrscheinlichkeit von Schädigungen eine Aufklärungspflicht nicht mehr besteht. (T4) <br/>Veröff: SZ 59/18 = EvBl 1987/31 S 145 |
1 Ob 713/88 | OGH | 07.02.1989 |
Vgl; Beis wie T1 nur: Aufklärungspflicht ist Teil des Behandlungsvertrages. (T5)<br/>Veröff: SZ 62/18 |
7 Ob 727/89 | OGH | 25.01.1990 |
nur T5; nur: Wenn der Arzt erkennt, dass bestimmte ärztliche Maßnahmen erforderlich sind, hat er den Patienten auf deren Notwendigkeit und die Risken ihrer Unterlassung hinzuweisen. (T6) <br/>Veröff: EvBl 1990/87 S 405 = VersR 1991,488 |
7 Ob 593/90 | OGH | 12.07.1990 |
Auch; Beisatz: Aufklärungspflicht gilt nicht nur bei operativen Eingriffen, sondern auch bei medikamentöser Heilbehandlung. (T7) Veröff: JBl 1991,316 = VersR 1991,683 |
8 Ob 1570/91 | OGH | 20.06.1991 |
Auch; Beis wie T1; Beisatz: Patientin muss über die nur dem Fachmann erkennbaren Gefahren aufgeklärt werden; andernfalls kann sie die Tragweite ihrer Erklärung nicht überschauen und daher ihr Selbstbestimmungsrecht nicht in zurechenbarer Eigenverantwortung ausüben. (T8) |
8 Ob 646/92 | OGH | 12.11.1992 |
Auch; Beis wie T4 nur: Es können auch keine Prozentsätze (Promillesätze) dafür angegeben werden, bei welcher Wahrscheinlichkeit von Schädigungen eine Aufklärungspflicht nicht mehr besteht. (T9)<br/>Beisatz: Doch muss von einem gewissenhaften Arzt doch verlangt werden, dass er bei einer nicht notwendigen Operation den Patienten über ein Infektionsrisiko von immerhin 3,5 bis 5 Prozent aufklärt. (T10) |
10 Ob 503/93 | OGH | 07.09.1993 |
nur T3; Beisatz: Hier: Keine eigene Aufklärungspflicht bei Infektionsrisiko von ein bis zwei Prozent hinsichtliche alternativer Behandlungsmethoden. (T11) <br/>Veröff: RdM 1994,27 (Kopetzki) |
5 Ob 1524/94 | OGH | 12.04.1994 |
nur T3; Beis wie T7; Beisatz: Hier: Aufklärungspflicht bei Impfung; jedoch keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (so schon 6 Ob 1504/94 und 7 Ob 1504/94). (T12) |
10 Ob 2350/96b | OGH | 03.09.1996 |
Auch; nur T3; Beis wie T5<br/>Veröff: SZ 69/199 |
1 Ob 2318/96f | OGH | 25.10.1996 |
Auch; nur T3; Beisatz: Die Anforderung an die ärztliche Aufklärungspflicht bei dringlichen Operationen ist nicht zu überspannen. (T13) |
2 Ob 197/97b | OGH | 10.07.1997 |
Vgl auch; Beis wie T5; Beis wie T7; Beisatz: Auch bei physikalischen Eingriffen und auch bei Impfungen. In welchem Umfang der Arzt im Einzelfall den Patienten beziehungsweise seinen gesetzlichen Vertreter aufklären muss, stellt eine Rechtsfrage dar. Eine Aufklärung über mögliche schädliche Folgen einer Behandlung ist dann nicht erforderlich, wenn die Schäden nur in äußerst seltenen Fällen auftreten und anzunehmen ist, dass sie bei einem verständigen Patienten für seinen Entschluss, in die Behandlung einzuwilligen, nicht ernsthaft ins Gewicht fallen. (T14) |
4 Ob 335/98p | OGH | 23.02.1999 |
Auch; nur T3; Beis wie T4 nur: Es können auch keine Prozentsätze (Promillesätze) dafür angegeben werden, bei welcher Wahrscheinlichkeit von Schädigungen eine Aufklärungspflicht nicht mehr besteht. (T15) |
10 Ob 286/99b | OGH | 16.11.1999 |
Auch; Beis wie T14 nur: Eine Aufklärung über mögliche schädliche Folgen einer Behandlung ist dann nicht erforderlich, wenn die Schäden nur in äußerst seltenen Fällen auftreten und anzunehmen ist, dass sie bei einem verständigen Patienten für seinen Entschluss, in die Behandlung einzuwilligen, nicht ernsthaft ins Gewicht fallen. (T16) |
8 Ob 103/01g | OGH | 10.05.2001 |
Beisatz: Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht bei einer nicht zwingend notwendigen Operation über 3%iges Risiko von Lähmungserscheinungen. (T17) |
6 Ob 156/01m | OGH | 23.08.2001 |
Auch; Beisatz: Der konkrete Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht ist eine Frage des Einzelfalles. Diese hängt von den jeweiligen Umständen ab und stellt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar. (T18) |
4 Ob 249/02z | OGH | 19.11.2002 |
Vgl auch; Beisatz: In Fragen der Entgeltlichkeit unterscheidet sich hingegen der ärztlichen Behandlungsvertrag nicht von vergleichbaren synallagmatischen Vertragsbeziehungen. (T19) |
7 Ob 15/04p | OGH | 13.02.2004 |
Auch; Beis ähnlich wie T18; Beisatz: Die Frage, in welchem Umfang der Arzt den Patienten aufklären muss, ist keine feststellungsfähige Tatfrage, sondern eine Rechtsfrage, die nach den Umständen des Einzelfalles zu beantworten und ist daher im Allgemeinen nicht revisibel. (T20) |
6 Ob 86/05y | OGH | 14.07.2005 |
Auch; Beisatz: Der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. (T21) |
1 Ob 4/06d | OGH | 07.03.2006 |
Auch; Beisatz: Auch für den jeweils richtigen Zeitpunkt der Aufklärung kann nichts anderes gelten. (T22) |
5 Ob 165/05h | OGH | 07.03.2006 |
Beis wie T1; Beisatz: Hier: Weitere diagnostische Abklärung bei unspezifischen Hinweiszeichen auf eine chromosomale Fehlentwicklung des Fötus. (T23) |
7 Ob 50/07i | OGH | 28.03.2007 |
Auch; nur T3; Beis wie T18; Beisatz: Hier: Durchführung eines Dammschnittes bei einer Geburt. (T24) |
7 Ob 21/07z | OGH | 28.03.2007 |
Beisatz: Hier: Verletzung der Aufklärungspflicht des Arztes über Risken, die nur im Falle einer körperlichen Anomalie eintreten und die Anomalie weder präoperativ noch während der Operation rechtzeitig erkannt werden kann, bejaht, da die Operation nicht dringend geboten war. (T25) |
1 Ob 138/07m | OGH | 29.01.2008 |
Auch; nur T3; Beisatz: Hier: Aufklärungspflicht bei Verdacht auf das Vorliegen eines Sehnenrisses. (T26) |
3 Ob 11/08a | OGH | 10.04.2008 |
Auch; Beis wie T9; Beisatz: Hier: Aufklärungspflicht über Risiko einer intraoperativen Wachheit. (T27) |
1 Ob 80/08h | OGH | 16.09.2008 |
Auch; nur T3; Beisatz: Hier: Aufklärungspflicht bei Biopsie zur Abklärung eines Karzinomverdachts. (T28) |
9 Ob 64/08i | OGH | 04.08.2009 |
Vgl auch; Beis wie T1; Beisatz: Hier: Aufklärungspflichten bei drohender Eklampsie. (T29) |
8 Ob 43/10x | OGH | 22.07.2010 |
nur T3; Beis wie T18; Beis wie T20; Beis wie T21 |
1 Ob 121/10s | OGH | 10.08.2010 |
nur: Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht ist Frage des Einzelfalls. (T30) |
5 Ob 9/11a | OGH | 09.02.2011 |
Auch; nur T3; nur T30; Beis wie T18; Beis wie T20; Beisatz: Als solche ist sie ‑ abgesehen von auffälligen Fehlbeurteilungen ‑ nicht revisibel. (T31) |
10 Ob 84/11t | OGH | 04.10.2011 |
Auch; nur T3; Beis wie T18; Beis wie T20 |
2 Ob 213/11d | OGH | 19.01.2012 |
Auch; nur T3; Beis wie T18; Beis wie T21; Beis wie T31 |
7 Ob 228/11x | OGH | 25.01.2012 |
Auch; Beis wie T18; Beis wie T20; Beisatz: Wollte man nicht nur die Aufklärung über typische Operationsrisiken, deren Wahrscheinlichkeit nur bei 0,05 % bis 0,1 % liegt, verlangen, sondern jeweils auch Hinweise auf typische Komplikationen bei Verwirklichung solcher Risiken fordern, würde dies die Aufklärungspflicht in unvertretbarer Weise ausdehnen. Den Patienten müsste oftmals eine derartige Fülle von Informationen gegeben werden, dass ihnen eine Einschätzung der Lage nicht ermöglicht, sondern erschwert würde. (T32) |
1 Ob 14/12h | OGH | 01.03.2012 |
Beis wie T4; Beis wie T12 nur: Aufklärungspflicht bei Impfung. (T33)<br/>Beisatz: Einerseits wird darauf abgestellt, ob eine Information (über äußerst seltene Nebenwirkungen) bei der Entscheidungsbildung eines verständigen Patienten ernsthaft ins Gewicht fiele. Andererseits wird für den Fall der Verletzung der Aufklärungspflicht dem Arzt die Beweislast dafür auferlegt, dass der konkrete Patient auch bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung erteilt hätte. (T34) |
9 Ob 52/12f | OGH | 17.12.2012 |
nur T30; Beis wie T31; Beisatz: Hier: Aufklärungspflicht hinsichtlich prophylaktischer Maßnahmen zur Vermeidung oder Senkung eines Operationsrisikos. (T35) |
3 Ob 94/14s | OGH | 25.06.2014 |
Auch; Beis wie T18; Beisatz: Der Patient wurde darüber aufgeklärt, dass es bei der in Aussicht genommenen Operation zu einer Milzverletzung, allenfalls auch zu einem Totalverlust der Milz kommen könne. Eine weitere Aufklärungspflicht darüber, welche Folgen die Entfernung der Milz nach sich ziehen könne, wurde hier verneint. (T36) |
4 Ob 1/15y | OGH | 20.01.2015 |
Auch; nur T30; Beis wie T14; Beis wie T6; Beis wie T18; Beis wie T20; Beis wie T21; Beis wie T34 |
9 Ob 48/15x | OGH | 27.08.2015 |
Vgl auch; Beis wie T1; Beis wie T2 |
1 Ob 39/16s | OGH | 31.03.2016 |
nur T30; Beis wie T16; Beis wie T18; Beis wie T20; Beis wie T21 |
9 Ob 89/16b | OGH | 26.01.2017 |
Auch; nur T30; Beis wie T13; Beis wie T18 |
8 Ob 27/17d | OGH | 28.03.2017 |
Auch; Beisatz: Eine Aufklärung über Umstände, die der Patient bereits kennt, ist nicht notwendig, weil er in diesem Fall weiß, in welchen Eingriff er einwilligt. Eine Aufklärung darf grundsätzlich auch dann unterbleiben, wenn der behandelnde Arzt aufgrund der Vorgeschichte und der beruflichen Ausbildung des Patienten annehmen darf, dass dieser bereits über die nötigen Kenntnisse von seinem Leiden, von den Behandlungsmöglichkeiten und von deren Folgen verfügt. (T37) |
7 Ob 70/17w | OGH | 27.09.2017 |
Auch; Beis wie T3; Beis wie T18; Beis wie T20; Beis wie T21; Beis wie T22; nur T30; Beis wie T31 |
4 Ob 129/17z | OGH | 24.10.2017 |
Vgl; Beisatz: Die Aufklärungspflichten bei einem tierärztlichen Behandlungsvertrag können jedenfalls nicht weiter reichen als in der Humanmedizin. (T38) |
3 Ob 212/17y | OGH | 20.12.2017 |
nur T3; Beis wie T18; nur T30; Beis wie T31 |
9 Ob 72/17d | OGH | 18.12.2017 |
nur: Der Arzt muss nicht auf alle nur denkbaren Folgen der Behandlung hinweisen. (T39) |
3 Ob 10/18v | OGH | 21.02.2018 |
Beis wie T18; Beis wie T20; Beis wie T21; nur T30; Beis wie T31 |
4 Ob 115/18t | OGH | 11.06.2018 |
Auch; Beisatz: Hier: Tätowierung. (T40) |
6 Ob 77/19w | OGH | 24.09.2019 |
Beis wie T18; Beis wie T22; Beis wie T31 |
5 Ob 179/19p | OGH | 18.12.2019 |
Beis wie T14; Beis wie T16; Beis wie T18 |
2 Ob 183/20f | OGH | 27.11.2020 |
Beisatz: Hier: Aufklärungspflicht bei Implantat einer Hüftprothese. (T41) |
4 Ob 194/20p | OGH | 15.03.2021 |
Beisatz: Hier: Nach Aufklärung, dass eine Verletzung benachbarter Organe vorkommen könne und dass stärkere Blutungen auftreten können, würde ein Hinweis auch auf die – verschwindend geringe – Möglichkeit einer Blutung (ausgerechnet) der Milz die Aufklärungspflicht überspannen. (T42) |
5 Ob 127/23x | OGH | 21.08.2023 |
Beisatz wie T7; Beisatz wie T18; Beisatz wie T20; Beisatz wie T21 |
6 Ob 155/23x | OGH | 20.12.2023 |
Beisatz wie T18; Beisatz wie T21<br/>Beisatz: Bei der auch im medizinischen Bereich immer öfters vorkommenden Arbeitsteilung zwischen mehreren Ärzten hat eine stufenweise - fachbezogene - Aufklärung stattzufinden; sie muss (und kann) aber nicht über den eigenen medizinischen Verantwortungsbereich hinausreichen. (T43) |
4 Ob 13/24a | OGH | 23.05.2024 |
vgl; Beisatz wie T18; Beisatz wie T31 |
4 Ob 36/24h | OGH | 23.05.2024 |
vgl; Beisatz wie T18; Beisatz wie T31 |
6 Ob 91/24m | OGH | 18.06.2024 |
Beisatz wie T18; Beisatz wie T21 |
Dokumentnummer
JJR_19730418_OGH0002_0010OB00066_7300000_001
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