OGH 7Ob15/04p

OGH7Ob15/04p13.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Roland P*****, vertreten durch Dr. Heribert Schar und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. Roland M*****, vertreten durch Dr. Peter Wallnöfer und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen EUR 11.111,68 sA und Feststellung (Revisionsinteresse EUR 13.091,87), über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. Oktober 2003, GZ 2 R 161/03y-51, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 24. April 2003, GZ 40 Cg 95/00g-47, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit EUR 812,52 (darin enthalten EUR 135,42 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger, der an heftigen Schmerzen im linken Unterkieferbereich litt, konnte in der Nacht vom 27. 12. auf den 28. 12. 1999 in der Ambulanz der Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Innsbruck mittels Lokalanästhesie und Tabletten lediglich schmerzfrei gestellt werden. Er suchte am darauffolgenden Vormittag die Ordination des beklagten Zahnarztes auf. Von diesem wurde nach radiologischer Einzelbildabklärung der - ausgedehnt kariös zerstörte - Zahn 37 als Schmerzverursacher identifiziert. Der Beklagte klärte den Kläger dahin auf, dass neben der Extraktion des Zahnes auch der Versuch einer Wurzelbehandlung als Therapiemöglichkeit in Frage komme, dass der Erfolg einer solchen Behandlung aber nicht gesichert erfolgsversprechend sei. Dies war zutreffend, weil die mesialen Zahnkanäle im unteren Drittel sklerosiert waren. Der Kläger stimmte darauf der Extraktion des Zahnes 37 zu. Grund für die kariöse Läsion des Zahnes 37 war (auch) der dislozierte Weisheitszahn 38, der in seinem distalen Abschnitt ebenfalls eine große kariöse Läsion aufwies. Auch darüber klärte der Beklagte den Kläger auf, näherhin dahingehend, dass auch der Zahn 38 extrahiert gehöre und dass dies im Zuge der ohnehin noch bestehenden Lokalanästhesie auch gleichzeitig gemacht werden könne. Folglich wurden beide Zähne 37 und 38 in einer Sitzung extrahiert. Zur Beseitigung der Schmerzsymptomatik wäre die Extrahierung des Zahnes 38 allerdings nicht unmittelbar erforderlich gewesen, wohl aber in weiterer Folge, weil aufgrund der Schrägstellung dieses Zahnes eine Verwendung als Pfeilerzahn nicht möglich war. Die Extraktion der Zähne 37 und 38 in gleicher Sitzung war somit "lege artis", zumal es dem Patienten auf diese Weise erspart blieb, in einer weiteren Sitzung neuerlich das Risiko einer Leitungsanästhesie auf sich zu nehmen. Obwohl der Beklagte aufgrund seiner eingehenden klinischen Untersuchung zunächst eindeutig den Zahn 37 als Schmerzverursacher festgestellt hatte, teilte er dem Kläger auch eine ebenfalls vorliegende Beherdung des Zahns 36 mit und klärte ihn auch über die Behandlungsmöglichkeiten, nämlich Extraktion oder Revision, auf; im Falle des Weiterbestehens der Schmerzen solle der Kläger wieder in die Ordination kommen. Als er neuerlich Schmerzen verspürte, suchte der Kläger am folgenden Tag aber einen anderen Zahnarzt auf, der den bereits schlecht wurzelvorbehandelten, massiv beherdeten Zahn 36 einer Wurzelbehandlung unterzog. Lege artis hätte schon der Beklagte auch diesen Zahn, der in der Schmerzambulanz als mutmaßliche Schmerzquelle definiert worden war, am 28. 12. 1999 entweder extrahieren oder wurzelbehandeln sollen. Da er dies unterließ, entstanden dem Kläger einen Tag lang mittelstarke Schmerzen, aber keine Dauer- oder Spätfolgen.

Der Kläger begehrt den Zuspruch von EUR 11.111,68 (sA) an Schmerzengeld, Heilungskosten und Verdienstentgang sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden aus den Behandlungen vom 28. und 29. 12. 1999. Als Haftungsgrund macht er - soweit im Revisionsverfahren noch wesentlich - mangelnde Aufklärung über die Behandlungsmöglichkeiten der Zähne 37 und 38 durch den Beklagten geltend. Wäre er in einer Art und Weise aufgeklärt worden, dass er die Bedeutung und Tragweite des medizinischen Eingriffs und der damit verbundenen Risken verstanden hätte, so hätte er sich für eine konservative, zahnerhaltende Alternativtherapie entschieden.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Es sei ihm weder ein Kunstfehler vorzuwerfen, noch habe er seine ärztliche Aufklärungspflicht verletzt.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger EUR 200 sA zu bezahlen. Das Mehrbegehren von EUR 10.911,68 sA und das Feststellungsbegehren wies es ab. Dem Beklagten sei nur insofern ein Fehler unterlaufen, als er den (ebenfalls) beherdeten Zahn 36 nicht bereits am 28. 12. 1999 behandelt habe, wodurch dem Kläger mittelstarke Schmerzen für einen Tag entstanden seien, was den Zuspruch von EUR 200 an Schmerzengeld rechtfertige. Alle darüber hinausgehenden Schmerzen seien nicht durch die unterlassene Behandlung verursacht. Die lege artis durchgeführte Extraktion der Zähne 37 und 38 bedinge auch keine vermehrten Heilungskosten. Die Kosten für die Extraktion des Zahnes 36 seien als "Sowieso-Kosten" ebenfalls nicht zu ersetzen. Da Dauer- und Spätfolgen auszuschließen seien, sei auch das Feststellungsbegehren nicht berechtigt.

Das Gericht zweiter Instanz gab der gegen den abweislichen Teil der erstinstanzlichen Entscheidung gerichteten Berufung des Klägers keine Folge, wobei es aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt EUR 20.000 nicht übersteige. Soweit in dritter Instanz noch wesentlich, führte das Berufungsgericht aus, die ärztliche Aufklärung des Klägers durch den Beklagten sei ausreichend gewesen. Auszugehen sei davon, dass der Kläger die Ordination des Beklagten am 28. 12. 1999 als Schmerzpatient aufgesucht habe und ein zahnmedizinischer Notfall vorgelegen sei. Wenngleich dieser nicht lebensbedrohlich gewesen sei, so sei doch eine rasche Behandlung des (auch) schmerzverursachenden Zahnes 37 geboten gewesen. Zur Behandlung dieses Zahnes hätten sich zwei gleichwertige Möglichkeiten geboten, nämlich einerseits die Extraktion und andererseits eine Wurzelbehandlung mit fraglichem Erfolg. Darüber sei der Kläger aber aufgeklärt worden. Es treffe nicht zu, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt der Aufklärung etwa in einer Situation befunden hätte, die ihn daran gehindert hätte, sich für eine konservative Behandlung des Zahnes (Wurzelbehandlung) zu entscheiden, oder sich Bedenkzeit zu nehmen. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass einerseits ein zahnmedizinischer Notfall vorgelegen habe, andererseits die ärztliche Aufklärungspflicht auch nicht überspannt werden dürfe, sei der Kläger vom Beklagten hinsichtlich des Zahns 37 ausreichend über die Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt worden. Der Kläger habe die Wahl gehabt, sich für die Extraktion dieses Zahnes oder eine Wurzelbehandlung mit fraglichem Erfolg zu entscheiden, die daher möglicherweise die Extraktion des Zahnes nicht verhindert hätte. Keine Verletzung der Aufklärungspflicht könne dem Beklagten auch hinsichtlich des Zahnes 38 vorgeworfen werden, dessen Extraktion ebenfalls lege artis gewesen und dessen Verwendung als "Brückenpfeiler" nicht in Betracht gekommen sei. Wenn der Beklagte den Kläger hinsichtlich dieses Zahnes dahin aufgeklärt habe, dass dessen Extraktion in einer Sitzung zweckmäßig sei, so sei auch darin keine Verletzung einer Aufklärungspflicht zu erkennen. Dem Beklagten falle daher lediglich zur Last, nicht auch die Behandlung des Zahnes 36 bereits am 28. 12. 1999 durchgeführt zu haben, sodass er dem Kläger (nur) für jenen Schaden hafte, der daraus entstanden sei, dass die Behandlung dieses Zahns erst später begonnen wurde.

Das Berufungsgericht sprach weiters zunächst aus, dass die Revision nicht zulässig sei, weil zur ärztlichen Aufklärungspflicht eine einheitliche oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe, an die es sich gehalten habe. Es änderte diesen Ausspruch über Antrag des Klägers gemäß § 508 Abs 1 ZPO aber dahin ab, dass es die Revision mit der Begründung doch für zulässig erklärte, zum notwendigen Umfang der ärztlichen Aufklärung im Falle eines nicht lebensbedrohlichen, aber zahnmedizinischen Notfalls sei oberstgerichtliche Rechtsprechung noch nicht vorhanden.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers, der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Oberste Gerichtshof wolle die Behandlung der Revision des Klägers ablehnen (also das Rechtsmittel zurückweisen), in eventu der Revision keine Folge geben.

Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in reichhaltiger Judikatur Grundsätze über Erforderlichkeit und Umfang der ärztlichen Aufklärung entwickelt, auf die schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat: Danach umfasst die Verpflichtung des Arztes aus dem Behandlungsvertrag auch die Pflicht, den Patienten über die Art und Schwere sowie die möglichen Gefahren und die schädlichen Folgen einer Behandlung zu unterrichten (4 Ob 509/95, RdM 1995/15 mwN; 1 Ob 532/94, SZ 67/9; 10 Ob 2350/96b, SZ 69/199; 1 Ob 254/99f, SZ 72/183; RIS-Justiz RS0038176 mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0026473). Für die nachteiligen Folgen einer ohne Einwilligung oder ausreichende Aufklärung vorgenommenen Behandlung des Patienten haftet der Arzt selbst dann, wenn ihm bei der Behandlung - wie im vorliegenden Fall (sieht man von der nun nicht mehr verfahrensgegenständlichen Unterlassung der Behandlung des Zahnes 36 ab) - kein Kunstfehler unterlaufen ist (RIS-Justiz RS0026783, zuletzt etwa 7 Ob 223/03z und 3 Ob 131/03s), es sei denn, er beweist, dass der Patient auch bei ausreichender Aufklärung in die Behandlung eingewilligt hätte (8 Ob 33/01p ua). Aufgabe der ärztlichen Aufklärung ist es, dem Patienten die für seine Entscheidung maßgebenden Kriterien zu liefern und ihn in die Lage zu versetzen, die Tragweite seiner Einwilligung zur Behandlung bzw zum Eingriff zu überschauen (JBl 1982, 491; RIS-Justiz RS0026413, zuletzt etwa 4 Ob 249/02z und 7 Ob 223/03z). Der Patient kann nur dann wirksam seine Einwilligung geben, wenn er über die Bedeutung des vorgesehenen Eingriffes und seine möglichen Folgen hinreichend aufgeklärt wurde (SZ 55/114 = VersR 1983, 744 = JBl 1983, 373; RIS-Justiz RS0026499, zuletzt etwa 3 Ob 130/01s und 7 Ob 223/03z). Nach ständiger Judikatur reicht die ärztliche Aufklärungspflicht um so weiter, je weniger der Eingriff aus der Sicht eines vernünftigen Patienten vordringlich oder gar geboten ist (vgl RIS-Justiz RS0026772, zuletzt etwa 9 Ob 30/03g). Dann ist die ärztliche Aufklärungspflicht im Einzelfall selbst dann zu bejahen, wenn erhebliche nachteilige Folgen wenig wahrscheinlich sind (SZ 62/18; 6 Ob 558/91, JBl 1992, 520 = VersR 1992, 1498; RIS-Justiz RS0026313 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Ist der Eingriff zwar medizinisch empfohlen, aber nicht eilig, so ist grundsätzlich eine umfassende Aufklärung notwendig (RIS-Justiz RS0026772); der Patient muss dann auch auf allenfalls bestehende alternative Behandlungsmethoden hingewiesen werden. Dabei sind Vor- und Nachteile, verschiedene Risken, verschieden starke Intensität des Eingriffes, differierende Folgen, Schmerzbelastungen und die verschiedenen Erfolgsaussichten gegeneinander abzuwägen (4 Ob 335/98b, JBl 999, 531; 6 Ob 258/00k; 10 Ob 8/01a; vgl RIS-Justiz RS0026426). Damit der Patient eine echte Wahlmöglichkeit hat, muss der Arzt also über mehrere zur Wahl stehende diagnostisch oder therapeutisch adäquate Verfahren informieren und die Vor- und Nachteile mit dem Patienten abwägen (10 Ob 503/93, RdM 1994/1).

In zahlreichen Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof auch bereits betont, dass die Frage, in welchem Umfang der Arzt den Patienten aufklären muss, keine feststellungsfähige Tatfrage, sondern eine Rechtsfrage darstellt (RIS-Justiz RS0026763, zuletzt etwa 6 Ob 47/03k), die nach den Umständen des Einzelfalles zu beantworten (RIS-Justiz RS0026529 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen, zuletzt etwa 6 Ob 125/03f, 9 Ob 30/03g und 5 Ob 162/03i) und daher im Allgemeinen nicht revisibel ist (10 Ob 137/98i, RdM 1998/21; 6 Ob 156/01m; 6 Ob 125/03f; 7 Ob 223/03z ua).

Wiederholt hat der Oberste Gerichtshof auch schon im Einklang mit Lehrmeinungen (Holzer, Die Haftung des Arztes im Zivilrecht, Holzer/Posch/Schick, Arzt- und Arzneimittelhaftung in Österreich 32; Schramm/Stempkowski, Die zahnärztliche Aufklärungspflicht - Eine Betrachtung aus juristischer Sicht, RdM 1997, 136; Kopetzki, Glosse zu 6 Ob 555/94, RdM 1995/1) klargelegt, dass die ärztliche Aufklärung grundsätzlich so rechtzeitig zu erfolgen hat, dass dem Patienten noch eine angemessene Überlegungsfrist offen bleibt (6 Ob 555/94, RdM 1995/1; 10 Ob 137/98i, RdM 1998/21; 7 Ob 46/00s, RdM 2001/27). Bei dringend gebotenen Behandlungen ist allerdings zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten und der ärztlichen Hilfeleistungspflicht abzuwägen (6 Ob 2211/96g mwN). In der in RdM 2001/27 veröffentlichten Entscheidung wurde auch betont, dass die Dauer der dem Patienten nach entsprechender Aufklärung durch den Arzt einzuräumenden Überlegungsfrist von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere von der Dringlichkeit der ärztlichen Behandlung abhängt.

Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit entzieht sich daher auch diese Frage genereller Aussagen und stellt wie alle anderen in der vorliegenden Causa zu beantwortenden Rechtsfragen keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche dar, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre eine gravierende Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0021095; RS0042405, jeweils mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen).

Dies trifft aber entgegen der Ansicht des Revisionswerbers hier keineswegs zu: Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit den vom Obersten Gerichtshof entwickelten, referierten Grundsätzen im Einklang. Die dem Kläger durch den Beklagten hinsichtlich des Zahnes 37 am 28. 12. 1999 gegebene Information kann keineswegs als unzureichend angesehen werden, zumal der Kläger über die therapeutischen Möglichkeiten informiert und auch das Für und Wider mit ihm abgewogen wurde, wobei insbesondere der unsichere Erfolg einer konservativen Behandlung für die dann vom Kläger gewählte Extraktion des Zahnes sprach. Hinsichtlich des Zahnes 38 lag das Spezifikum vor, dass sich erst nach Extraktion des Zahnes 37 die Notwendigkeit bzw Gebotenheit, auch hier eine Extraktion vorzunehmen, ergab und auch hier eine konservative Behandlung, abgesehen vom fraglichen Erfolg, wegen der Schrägstellung dieses Zahns weniger empfehlenswert war. Die Annahme eines Aufklärungsdefizits hinsichtlich des Zahnes 38 würde daher ebenfalls eine Überspannung der Aufklärungspflicht bedeuten. Da der vom Beklagten damals dem Kläger gegenüber betonte Vorteil einer Vermeidung des Risikos einer weiteren Leitungsanästhesie jenen der Einräumung einer längeren Überlegungsfrist sicherlich überwiegt, muss auch der betreffende Einwand der Revision ins Leere gehen. Nach der festgestellten Lage der Dinge (es ist insbesondere ins Kalkül zu ziehen, dass der Kläger ja nur durch Tabletten schmerzfrei gestellt und eine Behandlung der betreffenden Zähne daher dringlich war) kann in der Verneinung einer Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht durch den Beklagten keine Verkennung der Rechtslage durch das Berufungsgericht erblickt werden.

Der Umstand, dass oberstgerichtliche Entscheidungen zwar auch schon die Aufklärungspflicht von Zahnärzten, aber keinen ganz vergleichbaren Fall (insbesondere die Frage der Rechtzeitigkeit der Aufklärung bei sog. Schmerzpatienten) betrafen, vermag die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen. Kommt es bei der ärztlichen Aufklärungspflicht doch, wie eben erläutert, auf die Kasuistik des Einzelfalls an, weshalb sich allgemein gültige Aussagen hinsichtlich bestimmter Leiden und medizinischer Fachgebiete kaum treffen lassen. Eine generelle Stellungnahme zu jedem Krankheitsbild und jeder medizinischen Diagnose ist dem Obersten Gerichtshof in diesem Zusammenhang naturgemäß nicht möglich (vgl 7 Ob 233/02v ua).

Die Revision des Klägers war daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen, wobei sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf eine zur Ausführung der Zurückweisungsgründe notwendige Darstellung beschränken konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers ausdrücklich hingewiesen.

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