OGH 4Ob509/95

OGH4Ob509/9531.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heidemarie T*****, vertreten durch Dr.Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Land K*****, vertreten durch Dr.Gottfried Hammerschlag und Dr.Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen 200.000 S sA und Feststellung (Gesamtstreitwert: 250.000 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 8.November 1994, GZ 5 R 129/94-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10.Mai 1994, GZ 27 Cg 176/93y-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie als "Teil- und Zwischenurteil" wie folgt zu lauten haben:

"1) Das Begehren der Klägerin auf Ersatz von Schmerzengeld und Verdienstentgang durch die beklagte Partei besteht dem Grunde nach zu Recht.

2) Es wird festgestellt, daß die beklagte Partei der Klägerin für alle künftigen Schäden aus der an der Klägerin am 6.2.1990 im Landeskrankenhaus V***** vorgenommenen Operation haftet.

3) Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten."

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die 1947 geborene Klägerin - damals in der gynäkologischen Abteilung des Landeskrankenhauses V***** als Bedienerin beschäftigt - litt seit Anfang 1990 an Oberbauchschmerzen. Nachdem sie bereits wegen eines Kolikanfalles zwei Tage (vom 11. bis 12.1.1990) in stationärer Behandlung der medizinischen Abteilung des Landeskrankenhauses V*****, dessen Träger das beklagte Land ist, gewesen war und die Untersuchung Gallenblasensteine und ein Geschwür im unteren Magendrittel als Ursache der Beschwerden ergeben hatte, wurde sie am 5.2.1990 wegen eines akuten Kolikanfalles abermals, diesmal jedoch in die chirurgische Abteilung des Krankenhauses, aufgenommen. Am 6.2.1990 nahm der "Wunschoperateur" der Klägerin Dr.Nasser T***** - ein auf diesem Gebiet erfahrener Arzt, der schon mehr als 1000 derartige Operationen erfolgreich durchgeführt hatte - eine Cholezystektomie durch Laparotomie, also die - medizinisch indizierte - operative Entfernung der Gallenblase, vor; diese Operationsmethode ist seit mehr 100 Jahren bewährt und wissenschaftlich anerkannt.

Im Zuge der Operation geschah es, daß - vom Operateur unbemerkt - nicht der Ductus cysticus, sondern der Anfangsteil des Ductus choledochus, also des die Galle nach Vereinigung des Ductus cysticus und hepaticus in den Zwölffingerdarm ableitenden Kanals durchtrennt wurde. Eine derartige Ligatur der Gallenwege ist eine der Cholezystektomie inhärente Komplikation, die trotz gebotener Achtsamkeit eines erfahrenen Operateurs nicht mit absoluter Sicherheit vermeidbar und daher nach dem allgemeinen medizinischen Standard kein ärztlicher Kunstfehler ist. Sie tritt zwar selten, aber im Durchschnitt doch einmal auf 400 Gallenblasenentfernungen auf, so daß ihre Häufigkeit bei 0,25 % liegt.

Es ist dem Operateur auch nicht vorwerfbar, daß er die Ligatur des Gallenganges nicht sofort erkannt hat, wird doch ein solches Mißgeschick in der Mehrzahl der Fälle nicht intraoperativ erkannt. Dr.T***** hat überdies routinemäßig eine intraoperative Cholangiographie vorgenommen und dabei festgestellt, daß das Kontrastmittel ungehindert in das Duodenum abfließt. Beim anschließenden Versuch, auch den leberwärts führenden Abschnitt der Gallenwege darzustellen, fiel aber das Röntgengerät infolge eines technischen Defektes aus. Daß der Operateur daraufhin die Operation beendete, ohne ein zweites Röntgengerät herbeischaffen zu lassen, ist im Hinblick auf die damit verbundene unzumutbare Verlängerung der Narkose- und Operationszeit kein Fehler.

Die Durchtrennung des Ductus choledochus führte bei der Klägerin zu einer Verschlußgelbsucht, die in der frühestmöglichen Zeit erkannt worden ist, so daß auch nicht der Vorwurf einer mangelnden postoperativen Versorgung erhoben werden kann: die Klägerin wurde bereits am 8.2.1990 reoperiert. Bei dieser zweiten Operation wurde - wie es auch bei Erkennen des Mißgeschickes noch während der ersten Operation die einzig mögliche, lebensrettende Indikation gewesen wäre - der unterbrochene Gallenabfluß aus der Leber in den Darm mit Hilfe eines Dünndarmstückes in Form der sogenannten "Y-Roux-Schlinge" wiederhergestellt. Das war zwar lebensrettend, führte aber zu den Dauerfolgen, unter denen die Klägerin jetzt zu leiden hat: Sie befindet sich im Zustand einer mit Schmerzen, aber auch mit Fieber, Schüttelfrösten, septischen Erscheinungeen und Subikterus verbundenen schweren Form einer rezidivierenden Cholangitis, welche dauernde Erwerbsunfähigkeit bewirkt und weitere Folgeleiden wie septische Komplikationen und eine biliäre Leberzirrhose erwarten läßt. Die schwere psychische Beeinträchtigung der Klägerin ist aufgrund der dauernden, oft nur durch sofortige Injektionsbehandlung einigermaßen zu mildernden Krankheitssymptome gleichfalls als Folgeschaden anzusehen; hingegen sind die später aufgetretene diabetische Stoffwechsellage und die vermutete chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung keine Folgen der operativen Schädigung.

Bei der Aufnahme in das Krankenhaus am 5.2.1990 wurde der Klägerin der übliche Vordruck eines Operationsreverses vorgelegt, welchen sie unterschrieben hat. Nach dessen Text erteilte sie die Zustimmung zu einem operativen Eingriff. Ein ärztliches Aufklärungsgespräch über die bevorstehende Operation hat nicht stattgefunden. Wäre dies der Fall gewesen oder hätte die Klägerin von sich aus Fragen an Dr.T***** gestellt, hätte dieser nicht daran gedacht, ihr auch mitzuteilen, daß der Hauptgallengang durchtrennt werden könnte.

Mit der Behauptung, den Ärzten des Landeskrankenhauses V***** sei bei der Operation am 6.2.1990 ein für sie mit Berufsunfähigkeit und schmerzhaften Dauerfolgen verbundener Kunstfehler unterlaufen, begehrt die Klägerin vom beklagten Krankenhausträger die Zahlung von 200.000 S sA, hievon 150.000 S an Schmerzengeld und 50.000 S Verdienstentgang, sowie die Feststellung seiner Haftung für alle zukünftigen Folgen aus dem bei der Operation unterlaufenen Kunstfehler.

Das beklagte Land beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Operation sei sachgemäß durchgeführt worden. Eine Verletzung des Ductus choledochus gehöre zum unvermeidlichen Operationsrisiko, bedeute aber noch keinen ärztlichen Kunstfehler. Überdies sei die Verletzung durch die Nachoperation vom 8.2.1990 beseitigt worden und habe für die Klägerin keine gesundheitlichen Nachteile bewirkt. Deren Beschwerden wie Koliken, Schlafstörungen etc seien keine direkte Folge der operationsbedingten Verletzung. Das Zahlungsbegehren werde auch der Höhe nach bestritten.

Nachdem das Berufungsgericht infolge Berufung der Klägerin gegen das das Klagebegehren zur Gänze abweisende Ersturteil vom 9.11.1992 einen Aufhebungsbeschluß gefaßt hatte, stützte die Klägerin ihr Begehren im zweiten Rechtsgang auch noch darauf, daß sie über die möglichen Operationsrisken nicht aufgeklärt worden sei. Hätte sie nämlich die mit einer solchen Operation verbundenen Gefahren gekannt, hätte sie eine andere Heilmethode (Laserbestrahlung oder medikamentöse Behandlung) vorgezogen.

Das beklagte Land hielt dem entgegen, daß die ärztliche Aufklärungspflicht nicht verletzt worden sei. Die bei der Operation aufgetretene Nebenwirkung sei so unwahrscheinlich, daß keine Verpflichtung des Arztes bestanden habe, auf sie hinzuweisen.

Das Erstgericht wies auch im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren zur Gänze ab. Die Operationen seien lege artis ausgeführt worden. Eine Gallenwegverletzung könne durch keine Methode mit absoluter Sicherheit vermieden werden, so daß kein ärztlicher Kunstfehler vorliege. Zwar habe der Operateur ganz allgemein die ärztliche Aufklärungspflicht verletzt, weil vor der Operation kein diesbezügliches Gespräch mit der Klägerin stattgefunden habe; auf die bei der Operation unterlaufene Verletzung der Gallenwege hätte aber auch bei einer ordnungsgemäßen ärztlichen Aufklärung nicht hingewiesen werden müssen, sei doch dieses Risiko im Hinblick auf den geringen Häufigkeitsgrad von 0,25 % als "sehr selten" einzustufen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Dem Operateur sei auch nicht als ärztlicher Kunstfehler zuzurechnen, daß er die Gallenwegverletzung nicht schon intraoperativ erkannt habe. Überdies habe das Erstgericht hiezu zwar überschießend, aber doch beachtlich festgestellt, daß dieser Umstand für die bei der Klägerin eingetretenen Dauerfolgen nicht kausal war, weil es keinen Unterschied mache, ob der Verletzung sofort oder erst zwei Tage später wie bei der Reoperation begegnet wurde. Das Erstgericht habe auch zutreffend eine Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht verneint, stehe doch fest, daß das eingetretene Operationsrisiko mit 0,25 % nur äußerst gering war, es daher im Rahmen einer ordnungsgemäßen ärztlichen Aufklärung nicht hätte erwähnt werden müssen; überdies hätte der Operateur auch im Falle einer Aufklärung gar nicht daran gedacht. Zwar treffe den Krankenhausträger die Beweislast für die ausreichende Aufklärung eines Patienten und im Fall deren Unterbleibens auch dafür, daß dieser der Behandlung jedenfalls zugestimmt hätte, letzteres habe aber das beklagte Land zumindest schlüssig behauptet, wenn es mit dem Hinweis auf den geringen Risikofaktor eine Verpflichtung des Arztes in Abrede gestellt habe, diesen gegenüber dem Patienten zu erwähnen. Demgegenüber sei die Klägerin der ihr zur Hintanhaltung eines Mißbrauches des Aufklärungsrechtes allein für Haftungszwecke obliegenden Substantiierungspflicht nicht nachgekommen, habe sie doch keine plausiblen Gründe dafür ins Treffen geführt, daß sie der Operation bei gehöriger Aufklärung keinesfalls zugestimmt hätte.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist entgegen der Meinung des beklagten Landes schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur ärztlichen Aufklärungspflicht über typische Risiken einer Operation abgewichen ist; das Rechtsmittel ist auch insoweit berechtigt, als bereits ein positives Teil- und Zwischenurteil zu fällen ist.

Ein dem Spitalsarzt anzulastendes Fehlverhalten, für welches der Krankenhausträger dem Patienten als Partner des abgeschlossenen Behandlungsvertrages zu haften hat (§ 1313a ABGB), liegt dann vor, wenn der Arzt nicht nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung vorgegangen ist oder die übliche Sorgfalt eines ordentlichen pflichtgetreuen Durchschnittsarztes in der konkreten Situation vernachlässigt hat (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 25 zu § 1299; JBl 1987, 104; JBl 1987, 670; SZ 62/53 = RZ 1989/101; JBl 1992, 520 (Apathy) = VersR 1992, 1498 (Gaisbauer); RdM 1994, 121 uva). Den Beweis des Vorliegens eines Behandlungsfehlers und seiner Kausalität in bezug auf den eingetretenen Schaden hat im Sinne der allgemeinen Schadenersatzregeln grundsätzlich der Patient zu führen (Reischauer aaO Rz 26 zu § 1298; SZ 62/53 = RZ 1989/101; RdM 1994, 121).

Soweit die Klägerin auch in der Revision weiterhin darauf beharrt, daß der beklagte Krankenhausträger ihr für einen anläßlich der Operation vom 6.2.1990 unterlaufenen ärztlichen Kunstfehler einzustehen habe, ist sie daher darauf zu verweisen, daß nach den - auch für den Obersten Gerichtshof bindenden - Feststellungen die Durchtrennung des Ductus choledochus anläßlich der operativen Entfernung der Gallenblase ebenso wie das nicht sofortige Erkennen der operationsinhärenten, im Durchschnitt aber nur bei etwa jeder

400. Operation dieser Art auftretenden Komplikation dem Operateur bei Anlegung des von der Rechtsprechung geforderten Sorgfaltsmaßstabes eines ordentlichen Durchschnittsarztes nicht als Fehlverhalten anzulasten sind. Überdies steht auch noch fest, daß das Erkennen der Komplikation noch während der (ersten) Operation dieselbe Indikation ausgelöst hätte, wie sie bei der Reoperation am 8.2.1990 durchgeführt worden ist. Der Klägerin ist damit der ihr obliegende Beweis des Vorliegens eines kausalen Behandlungsfehlers nicht gelungen.

Die Rechtsmittelwerberin macht aber zutreffend geltend, daß sie ihr Begehren ergänzend auch noch auf eine Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht gestützt hat, die Vorinstanzen jedoch das Vorliegen dieses Haftungsgrundes zu Unrecht verneint haben:

Der mit dem Arzt oder dem Träger eines Krankenhauses abgeschlossene Behandlungsvertrag umfaßt auch die Pflicht, den Patienten über Art und Schwere sowie über die möglichen Gefahren und schädlichen Folgen der Behandlung oder ihrer Unterlassung zu unterrichten (JBl 1982,

491; SZ 55/114; SZ 59/18 = EvBl 1987/31; VersR 1990, 510; SZ 62/154

= JBl 1990, 459; SZ 63/152 = JBl 1991, 445; RdM 1994, 121 uva).

Grundsätzlich ist nämlich jede ärztliche Heilbehandlung, die mit einer Verletzung der körperlichen Integrität verbunden ist, als Körperverletzung und damit als Verletzung eines absolut geschützten Rechtsgutes zu werten und somit rechtswidrig, weshalb erst die Zustimmung des Patienten den rechtswidrigen Eingriff zu rechtfertigen vermag. Die Zustimmung des Patienten setzt aber zu ihrer Rechtswirksamkeit eine vorangegangene entsprechende Aufklärung voraus, weshalb bei einem Unterbleiben der Aufklärung der Arzt bzw Krankenhausträger auch bei kunstgerechter Operation für die dadurch entstandenen Schäden zu haften hat (JBl 1994, 336 = RdM 1994, 28 (Kopetzki) mwH).

In welchem Umfang der Arzt im Einzelfall den Patienten aufklären muß,

damit dieser die Tragweite seiner Erklärung, in die Operation

einzuwilligen, überschauen kann, also weiß, worin er einwilligt, ist

keine feststellungsfähige Tatfrage, sondern eine stets anhand der zu

den konkreten Umständen des Einzelfalles getroffenen Feststellungen

zu beurteilende Rechtsfrage (SZ 55/114; SZ 62/154 = JBl 1990, 459; SZ

63/152 = JBl 1991, 445; RdM 1994, 27 (Kopetzki); RdM 1994, 121). Auf

typische Risiken einer Operation ist jedenfalls ganz unabhängig von

der prozentmäßigen statistischen Wahrscheinlichkeit, also auch bei

einer allfälligen Seltenheit ihres Eintrittes hinzuweisen; insoweit

ist die Aufklärungspflicht bei Vorliegen einer typischen Gefahr also

verschärft (SZ 57/207; SZ 62/154 = JBl 1990, 459; RdM 1994, 27

(Kopetzki); RdM 1994, 121; vgl auch jüngst BGH ZfS 1994, 436). Die

Typizität ergibt sich nicht aus der Komplikationshäufigkeit, sondern

daraus, daß das Risiko speziell dem geplanten Eingriff anhaftet und

auch bei Anwendung allergrößter Sorgfalt und fehlerfreier

Durchführung nicht sicher zu vermeiden ist und den nicht informierten

Patienten überrascht, weil er mit dieser Folge überhaupt nicht

rechnet (SZ 62/154 = JBl 1990, 459; RdM 1994, 121 mwN). Auch das

typische Risiko muß allerdings stets von einiger Erheblichkeit und

dadurch geeignet sein, die Entscheidung des Patienten zu beeinflussen

(SZ 62/154 = JBl 1990, 459; RdM 1994, 121). Für den Fall der

Verletzung der Aufklärungspflicht trifft den Arzt bzw den

Krankenhausträger die Beweislast dafür, daß der Patient auch bei

ausreichender Aufklärung die Zustimmung zur Operation erteilt hätte

(SZ 55/114; SZ 62/154 = JBl 1990, 459; SZ 63/152 = JBl 1991, 445; JBl

1992, 520 (Apathy) = VersR 1992, 1498 (Gaisbauer) = EvBl 1993/3; RdM

1994, 121; ebenso jüngst BGH ZfS 1994, 436), geht es doch darum, daß

der Arzt bzw Krankenhausträger das Vorliegen eines die

Rechtswidrigkeit des Eingriffes ausschließenden

Rechtfertigungsgrundes zu behaupten und zu beweisen hat (JBl 1994,

336 = RdM 1994, 28 (Kopetzki)).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, daß der ärztlichen Aufklärungspflicht keinesfalls Genüge getan wurde, weil mit der Klägerin gar kein ärztliches Aufklärungsgespräch geführt wurde, sondern nur im bürokratischen Weg eine Zustimmungserklärung zum operativen Eingriff eingeholt worden ist (vgl SZ 57/207). Dazu kommt, daß der Operateur, selbst wenn ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hätte, dabei auf das bei der Klägerin doch eingetretene Operationsrisiko nicht hingewiesen hätte. Da es sich aber hier um eine der operativen Entfernung der Gallenblasse inhärente Komplikation handelte, deren Verwirklichung jedenfalls zu schweren Folgen führt, wäre die Klägerin über dieses typische Operationsrisiko ungeachtet seiner relativen Seltenheit aufzuklären gewesen, ist doch anzunehmen, daß der Patient umso weniger mit diesem Risiko rechnet, welches aber im Falle seiner Verwirklichung zu schweren Folgen führt. Abgesehen davon, daß der beklagte Krankenhausträger damit schon den ihm obliegenden Beweis für das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes in bezug auf den Eingriff in die körperliche Integrität der Klägerin und dessen Folgen nicht erbracht hat, hat er auch den von ihm zu führenden Nachweis, daß die Klägerin dennoch, also auch bei diesbezüglicher gehöriger Aufklärung, in die Operation eingewilligt hätte, entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes nicht einmal angeboten, stellte er doch eine Verletzung der Aufklärungspflicht ausschließlich mit dem - nach dem Gesagten aber rechtlich verfehlten - Hinweis darauf in Abrede, daß im Hinblick auf den relativ unwahrscheinlichen Eintritt des - hier jedoch verwirklichten - Operationsrisikos darauf gar nicht hinzuweisen gewesen wäre.

Der beklagte Krankenhausträger haftet daher für den aus dem rechtswidrigen Verhalten des Operateurs (Erfüllungsgehilfen) entstandenen Schaden der Klägerin. Daraus folgt, daß dem sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bestrittenen Leistungsbegehren bereits mit einem Zwischenurteil gemäß § 393 ZPO ebenso stattzugeben ist, wie dem Feststellungsbegehren mittels Teilurteil gemäß § 391 ZPO;

letzterem war aber eine im Sinne des Klagevorbringens klarere und

deutlichere Fassung zu geben. Die Klägerin wollte ja ihr

Feststellungsbegehren entgegen seiner Formulierung offensichtlich

nicht auf eine Haftung des beklagten Landes für einen bei der

Operation am 6.2.1990 unterlaufenen "ärztlichen Kunstfehler"

einschränken, sondern sie verstand unter "Kunstfehler" - wie ihre

ergänzende Berufung auf die Unterlassung der gebotenen ärztlichen

Aufklärung zeigt - ein ärztliches Fehlverhalten schlechthin (vgl JBl

1992, 520 (Apathy) = VersR 1992, 1498 (Gaisbauer) = EvBl 1993/3; SZ

63/152 = JBl 1991, 445).

Diese Erwägungen führen bereits zur Stattgebung der Revision im Wege der Fällung eines Teil- und Zwischenurteils, was jedoch zur Folge hat, daß das Erstgericht die zum Leistungsbegehren der Klägerin noch fehlenden Feststellungen nachzuholen und darüber sowie über das Kostenbegehren mittels Endurteil abzusprechen haben wird.

Der Kostenvorbehalt in allen Instanzen beruht auf § 52 Abs 2 ZPO im Zusammenhalt mit § 393 Abs 4 ZPO.

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