Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der im Jahre 1954 geborene, am 21. 12. 1996 nach langjährigem apallischen Syndrom, das auf Grund eines Narkosezwischenfalls eingetreten war, verstorbene Rafalla El-K***** war lybischer Staatsbürger. Er kam im Sommer 1988 nach Wien, um in der Ordination des Beklagten eine Zahnextraktion vornehmen zu lassen. Der Beklagte stellte die Notwendigkeit fest, zumindest zwei Zähne zu ziehen und zwei bis drei Wurzelbehandlungen im Unterkiefer durchzuführen. Der Patient begehrte die Vornahme des Eingriffes in Vollnarkose, weil er unter Würgeanfällen litt, die eine andere Behandlungsmöglichkeit ausschlossen. Der Beklagte belehrte den Patienten über die Möglichkeit einer Lokalanästhesie. Dieser bestand jedoch auf einer Vollnarkose. Mit der Vornahme der Vollnarkose beauftragte der Beklagte die Anästhesiestin Dr. Eva L*****, mit der er damals bereits über fünf Jahre zusammenarbeitete. Die Narkoseärztin veranlasste zunächst die Einholung präanästhesiologischer Befunde, insbesondere eines EKG, eines Harnbefundes, eines Blutgerinnungsparameters und eines Blutbildes sowie die Untersuchung durch einen Internisten. Alle erhobenen Werte lagen im Normbereich. Kontraindikationen ergaben sich nicht. Die Narkoseärztin befragte den Patienten unter Beiziehung eines Dolmetsches, gegen dessen Qualifikation keine Einwendungen bestanden, nach früheren und akuten Erkrankungen, nach der Einnahme von Medikamenten und dem Bestehen irgendwelcher Allergien und ob er sonst irgendwo in ärztlicher Behandlung sei. Der Patient verneinte alle diese Fragen.
Der Beklagte verwendete in seiner Ordination eine Narkosegerät, das zusätzlich zu seiner Grundausstattung lediglich mit einem Vapor ausgestattet war. Das Gerät wurde regelmäßig überprüft und war bei einer Überprüfung unmittelbar nach dem Vorfall mängelfrei. Es war nur für Handbetrieb und nicht für automatischen Betrieb geeignet und verfügte über keinen Alarm für das Abziehen eines Schlauches (Diskonnexionsalarm). Eine solcher Alarm ist bei einem händisch bedienten Gerät auch nicht erforderlich, weil dieser Zustand sofort auffällt, wenn er eintritt. Das Gerät war aber mit einem Warnsignal für Sauerstoffabfall und einer Lachgassperre ausgestattet. Damit waren ausreichende Sicherheitseinrichtungen zur Vermeidung von Narkosezwischenfällen vorhanden.
Die Narkoseärztin leitete die Narkose nach Gabe von 0,5 mg Atropin über die in eine Vene des rechtes Armes gelegte Infusionskanüle mit 200 mg Brietal (ein kurz wirkendes Barbiturat) und 100 mg Lysthenan (kurz wirkendes Muskelrelaxan) ein. Nach Beamtmung mit reinem Sauerstoff erfolgte die nasotracheale Intubation mit einem Tubus (7,5 mm). Während der Narkose verwendete die Narkoseärztin ein Stethoskop zum Abhören der Lungen, der Herztöne und zur Blutdruckmessung. Sie befestigte dieses Stethoskop nach Einleitung der Narkose mit einem Pflaster am Brustbein des Patienten. Zum Blutdruckmessen löste sie das Stethoskop jeweils vom Brustbein ab und befestigte es dann wieder mit demselben Leukoplast. Beim Wechseln des Stethoskops hielt sie den Beatmungsbeutel zwischen den Knien gedrückt. Sie hörte die Lungen beidseitig ab und stellte gleichmäßige Beatmung fest. Auch der Kreislauf war stabil. Die Narkose wurde mit einem Sauerstoff-Lachgasgemisch 2:4 fortgesetzt. Mit der Zufuhr des Inhalationsanästhetikums Halothan sollte erst nach Wiederauftreten der Spontanatmung des Patienten begonnen werden. Der Kläger zeigte aber 10 bis 15 Minuten keine Spontanatmung. Die Beklagte stellte dann plötzlich über das im Brustbereich fixierte Stethoskop fest, dass keine Herztöne mehr vorhanden waren. Sie tastete auch keinen Puls. Sie informierte hievon den Beklagten, der mit seinem zahnärztlichen Eingriff noch nicht begonnen hatte. Er führte sofort gemeinsam mit der Narkoseärztin Wiederbelebungsversuche durch, und zwar eine Beatmung mit 100 % Sauerstoff und eine Herzmassage. Die Narkoseärztin injizierte eine Ampulle Alupent 0,5 mg (Orciprenalin, ein Betamimetikum), 2 Ampullen Suprarenin (Adrenalin) und 20 ml Natriumbicarbonat. Nach etwa fünf bis sieben Minuten sprang das Herz wieder an; Herztöne waren hörbar und ein gut gefüllter Puls tastbar. Der Rettungsarzt, der mit der sofort verständigten Rettung eintraf, schrieb ein Elektrokardiogramm, das Sinusrythmus zeigte. Nach der Wiederbelebung war nur oberflächliche Schnappatmung festzustellen. Die Pupillen waren weit und zeigten kaum Lichtreaktionen. Unter weiterer Behandlung wurde der Kläger in die Intensivbehandlungsstation des Wilhelminenspitales eingeliefert.
Die von der Narkoseärztin vorgenommene Narkosevorbereitung war fehlerfrei und entsprach den Regeln der ärztlichen Kunst. Bei Vorliegen von normalen Befunden bei einem 34-jährigen gesunden Patienten bestand keine Veranlassung, die Narkose abzulehnen. Als die Narkoseärztin den Patienten nach dem Vorfall im Spital besuchte, hörte sie eine Bemerkung, dass der Patient über eine unklare Anfallanamnäse gesprochen habe. Vor Einleitung der Narkose hatte sie dafür keine Anhaltspunkte.
Ebenfalls einwandfrei war die eingeschlagene Narkosetechnik, die Verabreichung einer Barbituratdosis und eines muskelerschlaffenden Mittels. Es bleibt ungeklärt, warum es relativ bald nach Narkoseeinleitung zu einem Herz-Kreislaufversagen (Asystolie und/oder Kammerflimmern) kam. Ein "primärer" Sauerstoffmangel (technisches Versagen, Fehlen von Sauerstoff im System, Diskonnexion der Schläuche oder Verlegung der Luftwege usw) kann mit größter Wahrscheinlichkeit verneint werden. Auszuschließen ist weiters eine Fehllage des Luftröhrentubus als Ursuche des Zwischenfalles. An "sekundären" Ursachen eines Sauerstoffmangels können eine Reihe von Faktoren ausgeschlossen werden, so Herzinfarkt, Unterkühlung, massiver Blutzuckerabfall, Blutverlust, Elektrolyt- und Säurebasenstörungen, desgleichen auch die sogenannten "speziellen Notfälle" (elektrischer Strom, Lungenödem, Ertrinken, akuter Asthmaanfall, Co-Vergiftung und andere Vergiftungen). Die Möglichkeit einer malignen Hyperthonie ist eher unwahrscheinlich. Eine Sichelzellenanämie kann beim Kläger (Araber) nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
Die gerätemäßige Überwachung entsprach den zum Unfallszeitpunkt gegebenen Anforderungen. Entsprechende Empfehlungen hiezu wurden von der österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivtherapie erst 1992 veröffentlicht. Die Weltorganisation der Gesellschaften der Anästhesiologen (WFSA) hat ihre als Empfehlungen formulierten Standards erst 1993 veröffentlicht. Im Jahr 1988 war der Routineeinsatz eines EKG bei jeder Narkose oder Lokalanästhesie keineswegs Stand der Kunst. Es war auch durchaus nicht jeder Narkosearbeitsplatz in Österreich mit einem EKG ausgerüstet. Selbst die genannten Richtlinien nennen nicht den Einsatz eines Defibrillators im Rahmen einer Patientenüberwachung. Darüber hinaus erforderte der vorliegende Zwischenfall keine Defibrillation (Versuch einer Entflimmerung durch elektrischen Stromstoß).
Die Wiederbelebungsmaßnahmen der beiden Ärzte waren korrekt. Die Verwendung des Medikamentes Alupent wurde zwar im Laufe der Jahre immer mehr eingeschränkt und seine Anwendung nur mit größter Zurückhaltung empfohlen. Zum Zeitpunkt des Zwischenfalls war Alupent jedoch in Österreich nach wie vor im Einsatz und keineswegs verpönt. Noch im Jahr 1987 wurde dieses Medikament zum Routineeinsatz empfohlen. 1988 war es noch indiziert und wird für bestimmte Formen des Herzstillstandes heute noch indiziert.
Der Patient war nach dem Zwischenfall nicht ansprechbar. Er bot die Zeichen einer difusen Hirnschwellung mit Streckkrämpfen und einer Thrombose der basalen Hirnarterie. Ein kardial verursachtes embolisches Geschehen konnte nicht ausgeschlossen werden. In der Folge kam es zur Entwicklung des Vollbildes eines apallischen Syndroms als Zeichen des weitgehenden Ausfalls der Hirnrinde. Am 29. 9. 1988 wurde der Patient mit der Diagnose hypoxischer (durch Sauerstoffmangel bedingter) Hirnschaden, Zustand nach Wiederbelebung nach Narkosezwischenfall, an die neurologische Universitätsklinik verlegt. Der Zustand blieb im Wesentlichen unverändert. Erst im Frühjahr 1989 kam es zu einer geringgradigen Besserung, es ergab sich jedoch keine wesentliche Änderung im Defektprofil. 1996 war der Patient nur zu geringen sprachlichen Äußerungen (vorwiegend Jammern und Greinen) fähig. Auch arabisch sprechende Gastärzte konnten keine verständigen Laute konstatieren. Da eine weitere Besserung des Zustandes nicht mehr zu erwarten war, wurde er schließlich in eine Pflegeabteilung verlegt, wo er am 21. 12. 1996 verstarb.
In seiner am 15. 5. 1991 eingebrachten Klage begehrte Rafalla E***** vom Beklagten 900.000 S Schmerzengeld und die Feststellung, dass der Beklagte für alle Schäden aus dem Narkosezwischenfall hafte. Der Beklagte habe sowohl eigene Behandlungsfehler zu verantworten als auch für das Fehlverhalten der Narkoseärztin einzustehen, die als seine Erfüllungsgehilfin zu qualifizieren sei. Der Narkoseärztin werfe er vor, dass er über die Narkoserisken unzureichend belehrt, die Anamnese nicht sorgfältig durchgeführt, ein unklares Anfallsleiden nicht erhoben, die Narkose unsachgemäß verabreicht, der Herzstillstand viel zu spät bemerkt, die Reanimation nicht dem Stand der Wissenschaft entsprechend durchgeführt und ein damals bereits ungeeignetes Medikament verwendet worden sei sowie überhaupt, dass sie die Vollnarkose für eine bloße Zahnbehandlung durchgeführt habe. Auch der Beklagte selbst hätte ihn über die Narkoserisken belehren müssen. Diese Belehrung sei unzureichend erfolgt. Der Beklagte sei an der Anamnese beteiligt gewesen und habe sie nicht sorgfältig durchgeführt. Eine Vollnarkose sei nach Art der beabsichtigten Zahnbehandlung überhaupt nicht durchzuführen gewesen. Die Geräteausrüstung des Beklagten habe nicht dem medizinischen Standard entsprochen. Insbesondere hätte ein EKG-Gerät mit Monitor eingesetzt werden müssen. Es hätte ein weiterer Anästhesist oder Arzt mit fachlicher Schulung beigezogen werden müssen. Der Beklagte habe sich an der Reanimation nicht beteiligt.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt sowohl ein eigenes Verschulden als auch ein Verschulden der Narkoseärztin. Diese sei im übrigen als selbständige und selbstverantwortliche Ärztin nicht seine Erfüllungsgehilfin gewesen. Der Gesundheitsschaden des Klägers sei trotz gewissenhafter Anwendung der Regeln ärztlicher Kunst aufgrund gesundheitlicher Disposition des Patienten eingetreten. Der Beklagte habe den Patienten zu einer Lokalanästhesie geraten, weil diese für die Behandlung ausreichend gewesen und weniger risikoreich sei. Er sei darauf hingewiesen worden, dass jede Vollnarkose ein Risiko in sich berge. Der Patient habe aber eine Lokalanästhesie abgelehnt und ausdrücklich eine Vollnarkose gewünscht. Die Anamnese sei ordnungsgemäß erhoben worden. Die vorhandenen Geräte seien ausreichend gewesen. Die Herztätigkeit des Patienten sei ständig überwacht worden. Mit der Reanimation sei unverzüglich begonnen worden.
Mit seiner bereits am 3. 12. 1990 gegen die Narkoseärztin eingebrachten Klage (25 Cg 281/90, zuletzt 25 Cg 95/93m des Erstgerichtes) begehrte der Kläger von dieser 600.000 S Schmerzengeld und ebenfalls die Feststellung der Haftung für alle Schäden aus dem Narkosezwischenfall. Der hier Beklagte trat diesem Verfahren als Nebenintervenient bei. Das Erstgericht bejahte mit "Zwischenurteil" die Haftung der Narkoseärztin dem Grunde nach. Das Berufungsgericht wies in Abänderung dieses Urteiles das Klagebegehren ab, wobei es nach Beweiswiederholung und -ergänzung im Wesentlichen vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ausging und die Haftung der Narkoseärztin verneinte, weil ihr fehlerfreies Verhalten erwiesen sei. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Verlassenschaft wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 4. 9. 1997, 2 Ob 235/97s zurück.
Das vorliegende Verfahren, das am 23. 9. 1992 bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens gegen die Narkoseärztin unterbrochen worden war, wurde danach antragsgemäß fortgesetzt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf weitgehend dieselben Feststellungen wie das Berufungsgericht im Vorprozess gegen die Narkoseärztin. Es kam zu dem Ergebnis, dass der Einsatz eines EKG-Gerätes nach dem damaligen Standard der Medizin nicht geboten gewesen sei. Die Wiederbelebungsmaßnahmen seien korrekt durchgeführt worden. Der Medikamenteneinsatz habe dem damaligen Stand der ärztlichen Kunst entsprochen. Der Einsatz eines Defibrillators sei weder geboten noch erforderlich gewesen. Im Vorverfahren sei auch die Frage der möglichen Verständigungsschwierigkeiten zwischen den Ärzten und dem Patienten sowie die Frage der Aufklärung des Patienten erörtert worden. Das Verhalten des Beklagten sei fehlerfrei gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Da der Beklagte als Nebenintervenient im Verfahren gegen die Narkoseärztin beteiligt gewesen sei, sei die klagende Partei an das ihren Anspruch gegen die Narkoseärztin abweisende Ergebnis gebunden. Die dort verneinte Anspruchsgrundlage könne in diesem Verfahren nicht als Vorfrage neuerlich geprüft werden. Das Berufungsgericht übernehme jedoch ungeachtet dessen die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer einwandfreien Beweiswürdigung und eines mängelfreien Verfahrens. Da die Parteien am Vorverfahren beteiligt gewesen seien, sei die Verwertung der dortigen Beweisergebnisse gemäß § 281a ZPO zulässig und ökonomisch gewesen. Aus der Beweiswürdigung und der Bezugnahme des Erstgerichtes auf das Ergebnis des Vorverfahrens ergebe sich, dass das Erstgericht auch festgestellt habe, der Verstorbene sei ausreichend aufgeklärt worden. Aus der im Vorverfahren durchgeführten Vernehmung des Beklagten sei erwiesen, dass der vom Patienten beigezogene Dolmetsch als solcher sehr wohl geeignet gewesen sowie weiters auch, dass der Verstorbene ausreichend über die Risken einer Vollnarkose belehrt worden sei. Der Beklagte und die Narkoseärztin hätten "lege artis" gearbeitet. Auch wenn § 1298 ABGB die Beweislast hinsichlich des Verschuldens zu Lasten des Beklagten umkehre, sei es Aufgabe des Geschädigten, den Beweis der objektiven Sorgfaltsverletzung zu erbringen. Der Beklagte habe seine Tätigkeit im Zeitpunkt des Zwischenfalles noch nicht begonnen gehabt und seine Aufklärungspflicht erfüllt, sodass das Erstgericht seine Haftung zu Recht verneint habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig und im Sinne ihres Aufhebungsantrages berechtigt.
Der Revision ist zwar beizupflichten, dass in der in SZ 70/60 (= JBl 1997, 368) veröffentlichten Entscheidung des verstärkten Senates nicht auch die Frage beantwortet wurde, ob durch die Abweisung einer Schadenersatzklage gegen den Erfüllungsgehilfen für den nachfolgenden Prozess gegen den Vertragspartner des Geschädigten bindend ein Fehlverhalten des Erfüllungsgehilfen verneint wurde. Diese Frage kann hier aber ebenso wie die Frage, ob die Narkoseärztin überhaupt als Erfüllungsgehilfin des operierenden Arztes anzusehen ist, für die er nach § 1313a ABGB haftet (bejahend - dort betreffend die Haftung des Belegsarztes für den von ihm beigezogenen Narkosearzt - jüngst 1 Ob 269/99m = JBl 2001, 58 mwN; krit. Bruck/Pfersmann, JBl 2001, 64 ff; Kopetzki, RdM 2000, 93), dahingestellt bleiben. Das Berufungsgericht hat die Feststellungen des Erstgerichtes ungeachtet seiner Ansicht über die bindende Wirkung des Vorprozesses übernommen und die in der Berufung des Klägers gerügten Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens ebenso verneint wie die behaupteten Fehler der Beweiswürdigung. Der Oberste Gerichtshof hat daher vom festgestellten Sachverhalt auszugehen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Parteien nach dem Inhalt des Tagsatzungsprotokolls vom 19. 3. 1998 mit der Verlesung des Voraktes einverstanden waren und dieser einverständlich verlesen wurde, sodass eine unrichtige Anwendung des § 281a ZPO durch das Erstgericht keinesfalls zu erblicken ist. Der Umstand, dass das Berufungsgericht die Verwertung der Zeugen- und Parteienaussagen sowie der Gutachten im Vorprozess durch das Erstgericht gebilligt hat, vermag daher weder einen Verfahrensmangel noch eine Nichtigkeit des Berufungsverfahrens zu begründen.
Abgesehen davon können in der Berufung behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht verneint wurden, in der Revision nicht nochmals wirksam geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0106371). Deshalb stellt auch die bereits in der Berufung gerügte Unterlassung der Einvernahme des Zeugen Mohamed B*****, der damals als Dolmetsch eingeschaltet wurde und der Narkoseärztin sowie des Beklagten wie auch der Umstand, dass die Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens unterblieb, keinen tauglichen Revisionsgrund dar. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang nochmals die Feststellungen des Erstgerichtes, insbesondere über den medizinischen Standard im Zeitpunkt des Narkosezwischenfalls (ungeeignetes Narkosegerät, kein EKG-Monitor eingesetzt, nicht rechtzeitige Erkennung des Herzstillstandes, Verabreichung eines kontraindizierten Medikamentes usw) bekämpft, enthält sie in Wahrheit eine im Revisionsverfahren nicht zulässige Beweisrüge.
Ausgehend von den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen kann weder der Narkoseärztin noch dem Beklagten ein Kunstfehler vorgeworfen werden. Die eingesetzten Geräte und verabreichten Medikamente sowie überhaupt das gesamte Vorgehen der beiden Ärzte entsprachen dem damaligen Stand der ärztlichen Kunst. Der Eingriff war gründlich vorbereitet worden. Insbesondere war eine ausreichende Anamnese erhoben und es waren alle notwendigen Untersuchungen durchgeführt worden. Das Narkosegerät des Beklagten arbeitete fehlerfrei und entsprach dem damaligen Standard. Die Wiederbelebungsversuche des Beklagten setzten sofort nach dem Zwischenfall ein und waren fachgerecht. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der den Parteien bekannten Entscheidung 2 Ob 235/97s im Vorprozess ausgeführt hat, hat den Beweis des Vorliegens eines Behandlungsfehlers der Patient zu führen (SZ 68/207). Die Beweiserleichterung bei fehlender Dokumentation hilft dem Patienten lediglich insoweit, als sie die Vermutung begründet, dass eine nicht dokumentierte Maßnahme vom Arzt nicht getroffen wurde; sie begründet aber nicht die Vermutung objektiver Sorgfaltsverstöße (SZ 67/9; RS0026236). Es geht hier nicht um die Frage des Kausalitätsbeweises oder um jene der Umkehr der Beweislast hinsichtlich des Verschuldens. Entscheidend ist lediglich, dass es der klagenden Partei nicht gelungen ist, der Narkoseärztin oder dem Beklagten einen objektiven Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst oder gegen die Anwendung der üblichen Sorgfalt anzulasten. Die Ansicht des Erstgerichtes und ihr folgend jener der klagenden Partei, dass bei einer Zahnbehandlung nicht nur eine fachgerechte Behandlung, sondern auch ein bestimmter Erfolg geschuldet werde, ist für die Frage der Haftung des behandelnden Zahnarztes für einen infolge der Heilbehandlung (im weiteren Sinne) eingetretener Körperschaden des Patienten ohne jede Bedeutung.
Die Revision zeigt jedoch insoweit zutreffend eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens auf, als sie zumindest sinngemäß die Ausführungen des Berufungsgerichtes rügt, dass der Patient ausreichend über die Risken einer Vollnarkose belehrt worden sei. Das Berufungsgericht geht von dieser Prämisse aus, obwohl das Ersturteil keine Feststellungen über die Frage der Aufklärung getroffen hat. Der Hinweis des Ersturteiles, dass die Aufklärung im Beweisverfahren "erörtert" worden sei und der Beklagte dort die Belehrung des Patienten geschildert habe, vermögen eine konkrete Feststellung über die Erfüllung der ärztlichen Aufklärungspflicht nicht zu ersetzen. Die Aussage des Beklagten im Vorverfahren hat in den Feststellungen des Erstgerichtes keinerlei Niederschlag gefunden. Das Berufungsgericht hat daher insoweit einen von den Feststellungen des Erstgerichtes nicht gedeckten Sachverhalt zugrundegelegt, wobei es insoweit auf die Aussage des Beklagten im Vorprozess verwiesen hat. Es hat somit ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung eine Ergänzung der erstgerichtlichen Feststellungen vorgenommen. Den Parteien wurde keine Gelegenheit zur Stellungnahme hiezu geboten. Es liegt somit ein für den Verfahrensausgang relevanter Stoffsammlungsmangel vor, weil die Beiziehung der Parteien zur Beweisaufnahme - und sei dies nur durch Verwendung des Beweisaufnahmeprotokolls im Vorverfahren gemäß § 281a ZPO - unterblieben ist (vgl Kodek in Rechberger, ZPO2, Rz 6 zu § 471 ZPO; RIS-Justiz RS0040334). Dies hat der Kläger auch im Sinn des § 196 Abs 1 ZPO zumindest der Sache nach in seiner Revision gerügt.
Dazu kommt, dass in der Annahme, der Patient sei über die Risken einer Vollnarkose "ausreichend" belehrt worden, bereits eine rechtliche Wertung enthalten ist, für die hinreichende Feststellungen fehlen. In welchem Umfang der Arzt im Einzelfall den Patienten aufklären muss, ist keine feststellungsfähige Tatfrage, sondern eine anhand der zu den konkreten Umständen getroffenen Feststellungen zu
beurteilende Rechtsfrage (1 Ob 254/99f = JBl 2000, 657 = EvBl 2000/79
= RdM 2000, 123 = RZ 2000, 125). Aufgabe der ärztlichen Aufklärung
ist es, dem Patienten die für seine Entscheidung maßgebenden Kriterien zu liefern und ihn in die Lage zu versetzen, die Tragweite seiner Zustimmung zum fremden Eingriff zu überblicken. Nach ständiger Rechtsprechung ist die ärztliche Aufklärungspflicht umso umfassender, je weniger der Eingriff aus der Sicht eines vernünftigen Patienten vordringlich oder gar geboten ist. In einem solchen Fall ist die Aufklärung über mögliche Risken selbst dann geboten, wenn die nachteiligen Folgen wohl erheblich, doch wenig wahrscheinlich sind. Auch auf die Möglichkeit äußerst seltener Zwischenfälle ist genauso wie auf das allgemein mit dem Eingriff verbundene Risiko hinzuweisen. Die Aufklärungspflicht ist bei Vorliegen typischer, mit der Heilbehandlung verbundener Risken verschärft. Das sind Risken, die speziell dem geplanten Eingriff anhaften und auch bei Anwendung allergrößter Sorgfalt und fehlerfreier Durchführung nicht sicher zu vermeiden sind und den nicht informierten Patienten überraschen, weil er mit dieser Folge nicht rechnet. Auf sie ist unabhängig von der prozentmäßigen statistischen Wahrscheinlichkeit, also auch bei einer allfälligen Seltenheit des Eintrittes hinzuweisen. Entscheidend ist die Erheblichkeit des seltenen Risikos und damit die Eignung, die Willensbildung des Patienten zu beeinflussen, nicht aber die Häufigkeit bzw Seltenheit der Verwirklichung des Risikos selbst. Ist der Eingriff nicht dringlich, muss der Patient auch auf allenfalls bestehende alternative Behandlungsmethoden hingewiesen werden. Dabei sind Vor- und Nachteile, verschiedene Risken, verschieden starke Intensität des Eingriffes, differierende Folgen, Schmerzbelastungen und die verschiedenen Erfolgsaussichten gegeneinander abzuwägen (4 Ob 335/98b = JBl 1999, 531 mwN). Der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht ist in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Wohles des Patienten abzugrenzen und erst in zweiter Linie auch unter Bedachtnahme auf sein Selbstbestimmungsrecht (RIS-Justiz RS0026362). In welchem Umfang der Arzt im Einzelfall den Patienten aufklären muss, damit dieser die Tragweiter seiner Einwilligungserklärung überschauen kann, also weiß, worin er einwilligt, ist eine Rechtsfrage.
Wenn auch im Allgemeinen davon ausgegangen werden kann, dass einem Patienten durchschnittlicher Bildung bekannt ist, dass eine Vollnarkose höhere Risken in sich birgt als eine Lokalanästhesie, ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass der Patient im vorliegenden Fall aus einem anderen Kulturkreis kam und offenbar von der Einstellung geprägt war, dass die Verabreichung einer Vollnarkose bloß für den relativ kleinen zahnärztlichen Eingriff "nichts Besonderes" sei. Von einem ambulant behandelnden Zahnarzt wird zwar nicht verlangt werden können, dass er einem Patienten sämtliche Narkoserisken im Detail auflistet. Es ist aber doch zu erwarten, dass er den Patienten mit entsprechendem Ernst und Nachdruck auf die mit einer Vollnarkose einhergehenden hohen gesundheitlichen Risken und auch darauf hinweist, dass trotz bester Vorbereitung und bestmöglicher Abklärung individueller Risikofaktoren schwere, bis zum Tod führende gesundheitliche Schäden auftreten können. Um eine ausreichende Aufklärung durch den Beklagten annehmen zu können, müsste dieser mit dem Patienten das Für und Wider zwischen einer Lokalanästhesie und einer Vollnarkose in den wesentlichen Punkten abgeklärt und ihm die unterschiedlichen Risken eindringlich vor Augen geführt haben (vgl SZ 63/152). Eine solche Aufklärungspflicht traf nicht nur die Narkoseärztin, sondern in erster Linie den ambulant behandelnden Beklagten. Hat schon der Beklagte hinreichend aufgeklärt, ist eine solche Aufklärung nicht zusätzlich auch noch von der Narkoseärztin zu verlangen. Die Aufklärung über die Gefahren einer Narkose hat jedenfalls grundsätzlich bereits stattzufinden, bevor alle Vorbereitungen für die Vollnarkose getroffen sind und der Narkosearzt bereit steht.
Das Berufungsgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren im Rahmen einer mündlichen Berufungsverhandlung eine Beweisaufnahme zur Frage der Aufklärung des Klägers durch den Beklagten - sei es auch gemäß § 281a ZPO durch Verwertung der Beweisergebnisse des Vorverfahrens - durchzuführen und präzise Feststellungen darüber zu treffen habe, ob und wie der Beklagte den Patienten über die Narkoserisken aufgeklärt hat.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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