Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 979,20 EUR (darin enthalten 163,50 EUR an USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies das auf Zahlung von 12.000 EUR sA an Schmerzengeld sowie Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden aus der Operation vom 26. August 2005 gerichtete Begehren der Klägerin ab. Die Klägerin sei vor dem (lege artis erfolgten) Eingriff ausreichend aufgeklärt worden; eine nicht von ihrer Zustimmung getragene Operationserweiterung habe nicht vorgelegen.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die Klägerin habe vom Operateur weder Informationen, worin ein Fehlschlagen der Operation bzw eine Verschlechterung des Zustands bestehen könnte, noch über die Größenordnung eines solchen Risikos erhalten, sodass eine Aufklärungspflichtverletzung vorliege. Zur abschließenden Beurteilung bedürfe es aber ergänzender Feststellungen zu der von der Beklagten geltend gemachten Schadensminderungspflichtverletzung der Klägerin sowie zur Frage nach den von der Klägerin durch die Operation allenfalls „ersparten“ Schmerzen.
Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil die Frage der Vorteilsanrechnung beim Schmerzengeld durch die Judikatur nicht abschließend geklärt sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte hält in ihrem hiegegen erhobenen Rekurs zu der vom Berufungsgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage ausdrücklich fest, dass sie sich nicht gegen die von diesem vertretene Rechtsansicht wendet und spricht dementsprechend diese Rechtsfrage in ihrem Rekurs auch nicht an. Darauf ist nicht weiter einzugehen (RIS-Justiz RS0043312 [insbesondere T13]). Auch sonst zeigt die Beklagte in ihrem Rechtsmittel keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf.
Auch dann, wenn das Berufungsgericht die Revision oder den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss an sich zutreffend zuließ, ist die Geltendmachung von zumindest einer erheblichen Rechtsfrage für die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidend. Macht der Rechtsmittelwerber hingegen nur Gründe geltend, die keine erheblichen Rechtsfragen aufwerfen, so ist das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof unzulässig und zurückzuweisen (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 ZPO Rz 106; 5 Ob 6/10h; 7 Ob 236/09w; RIS-Justiz RS0048272 [T1]; RS0102059).
Die Beklagte erachtet bloß die Frage, ob und in wie weit das Risiko der Verschlechterung bzw des Fehlschlagens eines operativen Eingriffs dem Patienten gegenüber zu konkretisieren sei, in ihren allgemeinen Grundsätzen durch neuere Judikatur des Obersten Gerichtshofs als nicht hinreichend klargestellt, übersieht dabei jedoch, dass der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht stets eine Frage des Einzelfalls darstellt und als solche - von auffälligen Fehlbeurteilungen abgesehen - nicht revisibel ist (RIS-Justiz RS0026529 [T3, T18, T20]; RS0026763 [T1, T2]).
Jede Heilbehandlung bedarf der Einwilligung des Patienten, die zu ihrer Wirksamkeit eine umfassende Aufklärung ua über die Risiken des Eingriffs voraussetzt (Karner in KBB³ § 1299 Rz 6 mwN). Es lassen sich keine allgemeinen Richtlinien darüber aufstellen, ab welchem Häufigkeitsgrad eines Operationsrisikos aufgeklärt werden muss (Harrer in Schwimann ABGB³ § 1300 Rz 49; RIS-Justiz RS0026437). Wesentlich ist, dass der Patient durch die ärztliche Aufklärung in die Lage versetzt wird, die Tragweite seiner Erklärung zu überschauen und eine sachgerechte Entscheidung zu treffen (RIS-Justiz RS0026413; RS0118355, RS0026578).
Die verfahrensgegenständliche Operation wurde der Klägerin als Chance, aber zugleich auch als Notwendigkeit dargestellt, eine Besserung ihres Zustands zu erzielen. Erklärtes Ziel war die Schmerzlinderung im Bereich des rechten Unterarms. Obgleich es zutrifft, dass die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass es „allenfalls auch zu einer Verschlechterung“ kommen könne, fehlte jede Information über konkrete mögliche Folgen eines Scheiterns der Operation sowie über die Größenordnung eines solchen Risikos. In Anbetracht der Feststellung, wonach das Entfernen von Neuromen „immer“ das Risiko von bleibenden Schmerzen in sich birgt, liegt in der Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung durch das Berufungsgericht keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, daher nicht entgegentreten (Kodek in Rechberger³ § 519 ZPO Rz 26 mwN; RIS-Justiz RS0042179).
Die Regelung des letzten Satzes des § 510 Abs 3 ZPO ist auch im Verfahren über den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts anzuwenden, sodass dieser Zurückweisungsbeschluss keiner weitergehenden Begründung bedarf (RIS-Justiz RS0043691).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung findet im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen einen Aufhebungsbeschluss iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt (RIS-Justiz RS0123222; 5 Ob 6/10h; 7 Ob 236/09w). Die Klägerin hat in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen, sodass ihr die Kosten der Rechtsmittelbeantwortung zu ersetzen sind (6 Ob 222/09d mwN).
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