OGH 1Ob303/99m

OGH1Ob303/99m28.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Johannes K*****, vertreten durch Dr. Walter Poschinger und Mag. Anita Taucher, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei A*****, vertreten durch Dr. Werner Thurner und Dr. Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 270.000 sA und Feststellung (Feststellungsinteresse S 15.000) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei und Rekursen beider Parteien gegen das Urteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 17. Juni 1999, GZ 4 R 120/99w-34, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 30. März 1999, GZ 20 Cg 48/98p-27, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Vorausetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

2. Die Rekurse beider Parteien werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Nach einer am 27. 12. 1996 erlittenen Knieverletzung, die bei intakt gebliebener Kniescheibe eine Entfernung des Schleimbeutels erforderlich machte, wollte der Kläger am 28. 1. 1997 wieder mit leichtem Lauftraining beginnen. Nachdem er etwa vier Minuten gelaufen war, kam es zu einem Querbruch der rechten Kniescheibe, in dessen Folge der Kläger zum Sturz kam und sich im Bereich des Knies eine Hautverletzung zuzog. Bei dieser Indikation war eine Operation binnen sechs Stunden durchzuführen.

Der Kläger wurde am selben Tag im Krankenhaus der Beklagten aufgenommen und operativ durch Osteosynthese behandelt, wobei die Verbindung der Bruchstücke der Kniescheibe mit drei je 6,5 mm starken Spongiosaschrauben mit kurzem Gewinde erfolgte. Der Bruchspalt war danach nicht mehr sichtbar. An der Hinterseite der Kniescheibe entstand eine stufenlose Gelenksfläche.

Vor der Operation war der Kläger darüber belehrt worden, dass die Bruchstücke wahrscheinlich mit Drahtschlingen fixiert würden. Eine weitere Aufklärung erfolgte nicht. Im Operationssaal entschied der Operateur, dass die Verbindung der Bruchstücke auf Grund der Weichteilverletzungen durch Verschraubung zu erfolgen habe. Wäre der Kläger vor der Operation über diese Möglichkeit aufgeklärt worden, hätte er sich dem Rat des Operateurs unterworfen. Die angewandte Methode war im Hinblick auf die anderenfalls wegen der Weichteilverletzungen drohenden Infektionsgefahr zweckmäßig. Die Schrauben saßen fest, sonst hätte der Operateur eine andere Knochenverbindung wählen müssen.

Nach der Operation war das Knie rot angeschwollen. Der Kläger wurde mit Antibiotika behandelt. Am 3. 2. 1997 wurde er mit Stützkrücken mobilisiert. Am 7. 2. 1997 zeigte sich im Röntgen ein geringes Klaffen des Bruchspalts; an der Hinterseite der Kniescheibe war eine angedeutete Stufe erkennbar. Am 8. 2. 1997 wurde der Kläger mit liegenden Nähten und Stützkrücken entlassen. Am 10. 2. 1997 wurde auf Grund des Röntgenbefundes eine Gipshülse angelegt; zu diesem Zeitpunkt war die Lage der Implantate unverändert.

Am 17. 3. 1997 nahmen die Ärzte der Beklagten die Gipshülle ab und wiesen den Kläger der physikalischen Therapie zur Muskeldehnung und Mobilisierung zu. Der Krankenhausbefund wies einen knöchern durchbauten Bruch, eine unveränderte Schraubenlage und ein reizfreies Knie aus. In Wahrheit zeigte das Röntenbild aber ein Auseinanderweichen der beiden Bruchstücke im Ausmaß von 1 mm und die Andeutung einer Stufe an der Hinterseite der Kniescheibe. Auf Grund eines weiteren Röntgens am 26. 3. 1997 erkannten nunmehr auch die Ärzte der Beklagten das Auseianderweichen der Bruchfragmente und eine deutliche Stufe. Das weitere Auseinandergehen der Bruchstellen war durch die frühzeitig vorgenommene Physiotherapie verursacht worden, weil trotz gegenteiliger Röntgenbilder eine Durchwachsung des Bruchs angenommen worden war. Der behandelnde Arzt schlug dem Kläger daraufhin eine neuerliche Operation vor. Der Kläger erbat sich Bedenkzeit, die ihm auch für eine Woche zugestanden wurde.

Über die Behandlung und deren Risken war der Kläger nicht aufgeklärt worden. Zumindest am 26. 3. 1997 hätte dem Kläger nahegelegt werden müssen, eine neuerliche Operation durchführen zu lassen, weil eine weitere konservative Behandlung nicht mehr zielführend war.

Der Kläger hatte jedoch das Vertrauen in die Behandlung durch die Ärzte der Beklagten verloren und begab sich wegen der Schmerzen im Knie am 4. 4. 1997 zur Behandlung in das Landeskrankenhaus, wo das Knie wegen eines Ergusses punktiert wurde. In weiterer Folge kam es zu einem chronischen Reizerguss. Am 26. 5. 1997 entfernten Ärzte des Landeskrankenhauses die Schrauben in der Annahme des knöchernen Durchbaus des Bruchbereichs. Am 11. 6. 1997 musste ein weiterer Erguss punktiert werden. Am 14. 6. 1997 zeigte sich bereits eine deutliche Klaffung der Bruchstücke sowie eine Entkalkung im gesamten Kniebereich. Am 9. 7. 1997 stellten die Ärzte des Landeskrankenhauses schließlich eine komplette Dislokation der Bruchstücke fest und fixierten diese am 10. 7. 1997 operativ mittels "Zuggurtung".

Erst ab Oktober 1997 zeigte sich an der Kniescheibe eine durchgehende Knochenstruktur. Am 12. 11. 1997 wurde die "Zuggurtung" entfernt. Die Hinterseite der Kniescheibe blieb druckschmerzhaft und in der bestehenden Stufe unverändert. Beim Bewegen ist ein deutliches Reiben feststellbar. Es besteht die Möglichkeit zunehmender Schmerzen und des Erfordernisses weiterer Operationen.

Bei einer erfolgreich verlaufenden Osteosynthese ist mit einem Tag Schmerzen, drei Tagen mittelstarken und vier Tagen leichten Schmerzen zu rechnen. Danach kann die konserative Behandlung mittels Gipshülle durch etwa sechs Wochen erfolgen oder - bei stabiler Osteosynthese - sofort mit der physikalischen Behandlung begonnen werden. Die Heilgymnastik ist schmerzhaft, dauert etwa vier bis sechs Wochen und ist in der ersten Hälfte dieser Zeit mit drei Stunden mittelstarken und acht Stunden leichten Schmerzen je Tag und in der zweiten Hälfte mit der Hälfte dieses Schmerzgeschehens verbunden. Im Anschluss daran ist noch mit weiteren insgesamt acht bis zehn Tagen leichten Schmerzen zu rechnen.

Der Kläger musste demgegenüber in der Zeit vom 17. 3. bis 26. 3. 1997 einen Tag starke, drei Tage mittelstarke und sechs Tage leichte, zwischen dem 27. 3. und dem 9. 7. 1997 18 Tage mittelstarke und 43 Tage leichte, vom 10. 7. 1997 bis 20. 7. 1997 einen Tag starke, vier Tage mittelstarke und sechs Tage leichte, vom 21. 7. 1997 bis 15. 10. 1997 11 Tage mittelstarke und 29 Tage leichte und vom 16. 10. 1997 bis 25. 1. 1999 monatlich weitere 10 Tage leichte Schmerzen erdulden.

Der Kläger war neben seinem Beruf als Angestellter noch als freier Unternehmensberater tätig. Er nahm Anfang März 1997 das Angebot eines deutschen Unternehmens, für dieses eine Beratung durchzuführen, an, weil er der Meinung war, nach der Gipsabnahme könne er diese Tätigkeit ohne weiteres ausführen. Vereinbart waren Besprechungstermine vom 13. 5. bis 16. 5. 1997. Als Honorar sollte der Kläger DM 12.000 zuzüglich Reise- und Aufenthaltsspesen erhalten. Der Kläger hätte seine Tätigkeit überwiegend im Stehen ausüben müssen.

Durch den Krankenstand verringerte sich in den Monaten März sowie Mai bis Juli 1997 das Gehalt des Klägers, sein Verdienstentgang betrug S 6.000.

Mit seiner am 12. 3. 1998 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger an Schmerzengeld S 180.000, an Verdienstentgang S 6.000 und an Entgang einer bereits vereinbarten Verdienstmöglichkeit S 84.000 sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden, die "der Kläger aus der mangelhaften Behandlung anlässlich der Operation an der rechten Kniescheibe am 28. 1. 1997 erlitten hat". Der Kläger sei vor der Operation nur über die Grundrisken wie Infektions- und Thrombosegefahr aufgeklärt worden, nicht jedoch über die verschiedenen Möglichkeiten der mechanischen Fixierung der Kniescheibe. Die während der Operation beschlossene Methode der Verschraubung entspreche nicht mehr dem medizinischen Standard. Bei der Gipsabnahme am 24. 3. 1997 (richtig: 17. 3. 1997) hätten die Ärzte der Beklagten fälschlich eine Durchwachsung des Bruches angenommen. Nachdem sich der Kläger in die Behandlung des Landeskrankenhauses begeben habe, seien dort die Schrauben entfernt worden. Infolge Lösung des Bruches habe der Kläger neuerlich operiert werden müssen. Die Ärzte der Beklagten hätten die Schraubkanäle teils überschneidend gewählt, teils ungeeignete Bohrungen vorgenommen und vor der Verschraubung keine ordnungsgemäße Reposition der Bruchstücke vorgenommen. Die Beklagte hafte wegen der unterbliebenen Aufklärung über alternative Behandlungsmethoden und wegen des Abgehens von der als Standardmethode anzusehenden "Zuggurtung". Hätten die Ärzte der Beklagten den Kläger entsprechend aufgeklärt, hätte er sich für die "Zuggurtung" entschieden, die erfolgreich verlaufen wäre. Auch nach der Operation sei der Kläger nicht auf die Notwendigkeit einer Reposition und den Umstand hingewiesen worden, dass eine weitere konservative Behandlung keinerlei Erfolg zeitigen werde. Die Beklagte hafte daher für sämtliche Leidenszustände des Klägers nach dem 24. 3. 1997 und habe ihm außerdem den entgangenen Verdienst zu ersetzen. Da nicht klargestellt sei, ob die Kniescheibe des Klägers ohne Spätfolgen abheilen werde, habe der Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten für allfällige künftige Schäden.

Die Beklagte wendete dagegen ein, dass die beim Kläger eingetretenen Komplikationen schicksalhaft gewesen seien. Der Kläger sei ausreichend aufgeklärt worden. Eine andere als die gewählte Operationsmethode hätte noch eher zu Komplikationen und zu einem stark verzögerten Heilungsverlauf geführt. Selbst wenn der Kläger über die verschiedenen Operationsmethoden aufgeklärt worden wäre, hätte er sich für die tatsächlich gewählte Art der Operation entschieden. Im Landeskrankenhaus seien dem Kläger sowohl die konservative Behandlungsmethode wie die Reoperation vorgeschlagen worden, der Kläger habe sich jedoch für die konservative Behandlung entschieden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Beurteilung aus, die mangelnde Aufklärung vor der Operation am 28. 1. 1997 sei unerheblich, weil der Kläger in jedem Falle sein Einverständnis zu der von den Ärzten der Beklagten gewählten Operationsmethode erklärt hätte. In weiterer Folge sei aber der Kläger weder über die Behandlung noch über die Notwendigkeit einer Reoperation ausreichend unterrichtet worden. Die Belehrung müsse umso ausführlicher und eindringlicher sein, je klarer für den Arzt die schädlichen Folgen des Unterbleibens der Fortsetzung der Behandlung erkennbar sind. Der Patient müsse durch die ärztliche Aufklärung in den Stand versetzt werden, die Tragweite seiner Erklärung zu überschauen. Die Beklagte hafte daher unabhängig davon, ob die weitere Behandlung im Krankenhaus der Beklagten oder im Landeskrankenhaus fortgesetzt worden sei. Für die in der Zeit vom 17. 3. 1997 bis 15. 10. 1997 erlittenen Schmerzen sei der begehrte Betrag von S 180.000 angemessen. Auch habe die Beklagte dem Kläger den Verdienstentgang zu ersetzen.

Das Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil im Feststellungsausspruch als Teilurteil dahin ab, dass es das Feststellungsbegehren abwies. Es sprach aus, dass der darauf entfallende Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige sowie dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Im Übrigen hob es das Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig. Ausgehend von den erstinstanzlichen Feststellungen führte das Berufungsgericht zur Rechtsrüge aus, dass im Ersturteil - vom Kläger ungerügt - jegliche Feststellung fehle, dass die Operation am 28. 1. 1997 nicht kunstgerecht gewesen sei. Aus dem vom Erstgericht eingeholten Gutachten eines medizinischen Sachverständigen ergebe sich, dass die gewählte Operationstechnik eine von mehreren Möglichkeiten gewesen und einwandfrei ausgeführt worden sei. Zwar stelle die "Zuggurtung" die üblicherweise zu bevorzugende Technik dar, jedoch habe es die infolge der Hautabschürfung dabei gegebene größere Infektionsgefahr gerechtfertigt, von dieser Methode abzugehen. Der Kläger könne daher aus der Durchführung der Operation am 28. 1. 1997 keine Haftung der Beklagten ableiten.

Der Kläger habe zutreffend vorgebracht, dass von den Ärzten der Beklagten trotz entgegenstehender Röntgenbilder fälschlich ein knöchern durchgebauter Bruch angenommen worden sei. Die von den Ärzten angeordnete Zuweisung zur physikalischen Therapie sei daher verfrüht gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt eine weitere Ruhigstellung oder eine neuerliche Operation mit "Zuggurtung" angezeigt gewesen wäre. Die vom Kläger in der Zeit vom 17. 3. 1997 bis 26. 3. 1997 - dem tatsächlichen Erkennen des Auseinanderklaffens der Bruchstücke - erlittenen Schmerzen (ein Tag starke, drei Tage mittelstarke und sechs Tage leichte Schmerzen) seien daher jedenfalls von den Ärzten der Beklagten schuldhaft verursacht worden.

Die Beklagte habe keinen Beweis erbracht, dass der Kläger am 26. 3. 1997 über die weiteren Behandlungsalternativen und -risken und die unbedingte Notwendigkeit der Reoperation und deren Bedeutung aufgeklärt worden wäre. Eine derartige Aufklärung ergebe sich auch nicht aus der Aussage des behandelnden Arztes. Nach dem Sachverständigengutachten wäre es aber erforderlich gewesen, dem Kläger mitzuteilen, dass eine neuerliche Operation dringend anzuraten und eine weitere konservative Behandlung nicht zielführend sei. Die sofortige Operation am 26. 3. 1997 hätte dem Kläger 18 Tage mittelstarke und 43 Tage leichte Schmerzen bis 10. 7. 1997 erspart.

Allerdings habe die Beklagte zu Recht gerügt, dass das Erstgericht den von ihr als Zeugen beantragten Arzt des Landeskrankenhauses nicht zu der Behauptung vernommen habe, dem Kläger sei von ihm nach dem 26. 3. 1997 sowohl die konservative Behandlung als auch die Reoperation vorgeschlagen worden, der Kläger habe sich jedoch für die konservative Methode entschieden. Könnte diese Behauptung erwiesen werden, wäre der der Beklagten obliegende Beweis erbracht, dass auch eine weitere Aufklärung des Klägers am 26. 3. 1997 keine Änderung in seinem Entscheidungsverhalten herbeigeführt hätte. Eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs durch allfälliges Fehlverhalten der Ärzte des Landeskrankenhauses sei von der Beklagten weder behauptet noch bewiesen worden. Eine mögliche Fehleinschätzung im Landeskrankenhaus stelle sich als adäquate Folge der Aufklärungspflichtverletzung durch den behandelnden Arzt der Beklagten dar. Mit einem weiteren Diagnose-, Aufklärungs- oder Behandlungsfehler durch den dann beigezogenen Dritten habe jedenfalls gerechnet werden müssen. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass das Aufklärungsgespräch noch nicht beendet gewesen sei, weil mit dem Kläger eine Bedenkzeit vereinbart wurde. Zwar hätten gegen den Aufschub keine medizinischen Gründe gesprochen, doch habe aus medizinischer Sicht auch kein Anlass für die Einräumung einer Überlegungsfrist bestanden. Die Ärzte der Beklagten hätten den Kläger vielmehr sofort darauf hinweisen müssen, dass einzig die Reoparation die zielführende Behandlungsmethode bedeute. Sollte der Kläger vom Arzt des Landeskrankenhauses in dieser Form belehrt worden sein, sich aber dennoch für die konservative Behandlung entschieden haben, bestünde ein weiterer Ersatzanspruch des Klägers nicht. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren den von der Beklagten geführten Zeugen zum behaupteten Beweisthema zu vernehmen haben.

Die dagegen erhobenen Rechtsmittel sind mangels Vorliegens von Rechtsfragen der im § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur außerordentlichen Revision des Klägers:

Der Kläger stützt seine Ausführungen in diesem Rechtsmittel ausschließlich darauf, dass die am 28. 1. 1997 durchgeführte Operation wegen der Wahl einer ungeeigneten Operationsmethode fehlerhaft gewesen sei. Er beharrt auf seinem bisherigen Vorbringen, nur die "Zuggurtung" habe bei derartigen Verletzungen dem Standard entsprochen, sodass schon aus diesem Grunde die Haftung der Beklagten gegeben sei. Damit entfernt er sich in unzulässiger Weise von den Feststellungen, aus denen sich ergibt, dass die "Zuggurtung" zwar die üblicherweise bevorzugte Technik darstelle, die angewandte Methode der Verschraubung jedoch im besonderen Fall im Hinblick auf die auf Grund der Weichteilverletzungen zu befürchtende Infektionsgefahr zweckmäßig gewesen sei. Ursache der beim Kläger aufgetretenen Komplikationen sei nicht die Operationstechnik, sondern die zu frühe Mobilisierung gewesen. Diese für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen negiert der Revisionswerber, sodass das Rechtsmittel nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist.

2. Zu den Rekursen beider Parteien:

Die von der Beklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Ansicht hat sich das Berufungsgericht sehr eingehend mit dem Akteninhalt auseinandergesetzt und die Rüge in der Berufung der Beklagten, die Feststellung, dass dem Kläger bereits am 26. 3. 1997 die Operation eindringlich hätte nahe gelegt werden müssen, finde im Beweisverfahren keine Deckung, eingehend behandelt. Der Rekurswerberin ist es daher verwehrt, diese Frage - soweit sie den Tatsachenbereich betrifft - neuerlich an den Obersten Gerichtshof heranzutragen. Soweit die Rechtsmittelwerberin auch die Rechtsfrage des Umfangs der Aufklärungspflicht releviert, ist auf die gesicherte Rechtsprechung zu verweisen, dass die Belehrung umso ausführlicher und eindringlicher sein muss, je klarer für den Arzt die schädlichen Folgen des Unterbleibens oder der Fortsetzung der Behandlung erkennbar sind und je dringlicher die weitere ärztliche Behandlung auch aus der Sicht eines vernünftigen und einsichtigen Patienten erscheinen muss (JBl 1982, 491; SZ 55/114; EvBl 1990/87; 4 Ob 335/98p ua). In welchem Umfang der Arzt im Einzelfall den Patienten aufklären muss, damit dieser die Tragweite seiner Erklärung überschauen kann, also weiß, worin er einwilligt, ist eine stets an Hand der zu den konkreten Umständen des Einzelfalls getroffenen Feststellungen zu beurteilende Rechtsfrage (SZ 59/18; 4 Ob 505/96 ua). Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung und unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger aus Verschulden der Ärzte der Beklagten zu früh mobilisiert wurde, kann in der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der bloße Vorschlag, eine neuerliche Operation durchzuführen, sei unzureichend, es hätte insbesondere des deutlichen Hinweises darauf bedurft, dass bei einer konservativen Behandlung keine Heilung zu erwarten sei, keine Fehlbeurteilung erblickt werden. Mit ihrem Vorbringen, es sei "selbstverständlich, dass eine empfohlene Operation dem Patienten auch hinsichtlich der Notwendigkeit vor Augen geführt wird", entfernt sich die Rekurswerberin in unzulässiger Weise von den erstinstanzlichen Feststellungen und übergeht v.a. die ausführlichen Erörterungen des Berufungsgerichts, die Beklagte habe keinerlei Beweise dafür erbracht, dass der Kläger bei diesem Gespräch über die weiteren Behandlungsalternativen und -risken und die unbedingte Notwendigkeit der Reoperation und deren Bedeutung aufgeklärt worden sei.

Der Beklagten kann auch darin nicht beigepflichtet werden, dass das Berufungsgericht ohne Kenntnis der Umstände, die dazu geführt haben, dass auch im Landeskrankenhaus mit der Operation noch zugewartet wurde, über die Verletzung der Aufklärungspflicht durch den behandelnden Arzt der Beklagten nicht endgültig hätte absprechen dürfen. Auf Grund der Verfahrensergebnisse steht nämlich fest, dass spätestens am 26. 3. 1997 erkennbar war, eine bloß konservative Behandlung könne zu keinem Erfolg führen. Den Ärzten des Landeskrankenhauses muss daher ebenfalls eine Fehleinschätzung unterlaufen sein. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht zutreffend die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Theorie des adäquaten Kausalzusammenhangs wiedergegeben. Danach ist eine adäquate Verursachung dann anzunehmen, wenn das Verhalten unter Zugrundelegung des zur Zeit der Beurteilung vorhandenen höchsten menschlichen Erfahrungswissens und unter Berücksichtigung der zur Zeit der Handlung dem Täter oder einem Durchschnittsmenschen bekannten oder erkennbaren Umstände des Falles geeignet war, eine Schadensfolge von der Art des eingetretenen in nicht ganz unerheblichem Grad zu begünstigen. Nach der negativen Formulierung ist ein Schade dann inadäquat, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung das schädigende Ereignis für den eingetretenen Schaden gleichgültig ist und nur durch eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen eine Bedingung für den Schaden war (SZ 58/104; SZ 65/94; SZ 69/147; 2 Ob 79/98a ua). Auch die Frage, ob der eingetretene Schade noch adäquate Folge der Handlung des Erstschädigers war, betrifft im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO, weil dabei die Umstände des Einzelfalles maßgebend sind und der Lösung der Rechtsfrage keine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung im Sinne der angeführten Gesetzesstelle zukommt (2 Ob 79/98a; 2 Ob 162/98g). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der behandelnde Arzt der Beklagten habe mit einem weiteren Diagnose-, Aufklärungs- oder Behandlungsfehler durch den dann beigezogenen Dritten jedenfalls rechnen müssen, stellt ebenfalls keine Fehlbeurteilung dar, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte.

Entgegen dem Rechtsmittelvorbringen des Klägers ist aus der Rechtsansicht des Berufungsgerichts über die Verletzung der Aufklärungspflicht durch den behandelnden Arzt der Beklagten nicht zu schließen, dass die Beklagte deshalb in jedem Falle hafte. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich die Zurechnung eines adäquaten Folgeschadens dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn diese auf einem selbständigen, durch den haftungsbegründenden Vorgang nicht herausgeforderten Entschluss des Verletzten selbst beruht und eine umfangreiche Interessenabwägung ergibt, dass die Belastungsmomente auf Seiten des Verletzten bzw eines Dritten jene des Ersttäters bei weitem überwiegen (1 Ob 626/89; 2 Ob 155/97a; 2 Ob 79/98a). Erachtet das Berufungsgericht auf dem Boden dieser Rechtsprechung die Aufnahme weiterer Beweise dazu, ob sich der Kläger trotz entsprechender Belehrung im Landeskrankenhaus für die konservative Behandlungsmethode entschieden hat, für erforderlich, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten.

Die Rekurse sind zurückzuweisen.

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