European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00014.15P.0303.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erhebt die Revisionswerberin den Vorwurf, das Berufungsgericht habe ihre Berufung im Zusammenhang mit der Frage, ob sie über alternative Heilmethoden aufgeklärt wurde, „nicht ordnungsgemäß behandelt“. Hätte sich das Berufungsgericht mit der Tatsachenrüge „ordnungsgemäß auseinandergesetzt“, hätte es feststellen müssen, dass sich aus ihrer Aussage und der Aussage des behandelnden Arztes als Zeuge ergebe, dass sie weder über sämtliche Operationsrisiken und deren Folgen noch über alternative Heilmethoden aufgeklärt worden sei.
Mit diesen Ausführungen führt die Revisionswerberin den Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO nicht gesetzmäßig aus. Der Vorwurf, ihre Tatsachenrüge sei nicht „ordnungsgemäß behandelt“ worden, kann eine konkrete und nachvollziehbare Darstellung, welcher Verfahrensfehler dem Berufungsgericht unter Berücksichtigung welchen Berufungsvorbringens unterlaufen sein soll, nicht ersetzen. Sollte das Berufungsgericht bestimmte Aussagen falsch verstanden haben, läge eine unrichtige Beweiswürdigung vor, die allerdings in der Revision nicht geltend gemacht werden kann. Soweit die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang Argumente zur Beweislast anspricht, übersieht sie offenbar, dass diese Frage dem materiellen Recht zuzuordnen ist (vgl nur die Judikaturnachweise bei E. Kodek in Rechberger 4 , Vor § 266 ZPO Rz 12) und eine unrichtige Beurteilung damit keinen (prozessualen) Verfahrensfehler bilden kann.
2. Im Rahmen der Rechtsrüge erhebt die Revisionswerberin unter anderem den Vorwurf, die Beklagte habe gegen ihre Verpflichtung verstoßen, den Patienten, um ihm eine selbstbestimmte Entscheidung zu ermöglichen, über mehrere zur Wahl stehende „diagnostische oder therapeutische adäquate Verfahren“ zu informieren und das Für und Wider mit ihm abzuwägen, wenn jeweils unterschiedliche Risiken entstehen könnten. Dabei legt sie jedoch nicht dar, welche sonstigen gleichwertigen Therapiemöglichkeiten es ihrer Ansicht nach für sie gegeben hätte. Wenn sie ausführt, sie sei nie über die ursprünglich gewünschte Magenband‑Operation bzw das Für und Wider von beiden OP‑Verfahren (Magenband‑Operation bzw Magenbypass) aufgeklärt worden, übergeht sie, dass sie nach den Feststellungen des Erstgerichts zwar an eine Magenband‑Operation dachte, aber nicht festgestellt wurde, dass sie diesen Wunsch auch an die Beklagte herangetragen hätte. Sie behauptet auch gar nicht, dass und aus welchen Gründen die Magenband‑Operation für sie geeignet gewesen wäre und dass sie sich bei einer umfassenden Aufklärung für diesen Eingriff entschieden hätte.
3. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf einer nicht ausreichenden Aufklärung über die Risiken der schließlich durchgeführten Operation ‑ der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht ist eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0026529) ‑ setzt sich die Revisionswerberin konkret nur mit der schließlich aufgetretenen Komplikation des „Platzbauches“ auseinander. Dazu wurde aber auf Tatsachenebene vom Erstgericht festgestellt, sie hätte die Operation jedenfalls, auch bei Aufklärung über dieses Risiko, durchführen lassen. Die Behauptung, das Berufungsgericht habe „in seiner rechtlichen Beurteilung“ geirrt, wenn es davon ausgegangen ist, dass sie auch bei vollständiger Aufklärung in die Operation eingewilligt hätte, ist somit schon deshalb unrichtig, weil es hier gar nicht um eine Frage der rechtlichen Beurteilung geht. Mit ihrer (weiteren) Ausführung, seitens der Gesellschaft der Chirurgie würde die Verwirklichung der Risiken der Magenbypass‑Operation mit 15 bis 18 % beschrieben, entfernt sie sich im Übrigen von den von den Vorinstanzen gewonnenen Tatsachengrundlagen, die eine derartige Feststellung nicht enthalten.
4. Im Zusammenhang mit der voroperativen ärztlichen Aufklärung wirft die Revisionswerberin zwar die Frage auf, ob sie mit ihrer „problematischen Psyche“ überhaupt im Stande gewesen sei, den Aufklärungsbogen samt den Erläuterungen des Operateurs zu verstehen, kommt darauf aber inhaltlich nicht mehr zurück und unterlässt auch jegliche Konkretisierung dieses Themas bzw einen Verweis auf einschlägige Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen.
Soweit sie darüber hinaus die Auffassung des Berufungsgerichts bekämpft, ihr sei zwischen der Aufklärung und der Operation ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, um sich ihre Zustimmung zum bevorstehenden Eingriff zu überlegen, verweist sie zwar auf die Rechtsprechung, nach der grundsätzlich eine umfassende Aufklärung notwendig ist, wenn ein Eingriff zwar medizinisch empfohlen, aber nicht dringlich ist, behauptet aber nicht, dass sie die Zustimmung zur Operation nicht erteilt hätte, wenn die Aufklärung in einem größeren zeitlichen Abstand zur Operation erfolgt wäre. Damit vermag sie die Kausalität eines allenfalls zu kurzfristig angesetzten Aufklärungsgesprächs für den Eintritt ihrer gesundheitlichen Nachteile nicht darzulegen.
5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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