OGH 10Ob107/02m

OGH10Ob107/02m16.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. mj. Maria Elisabeth H*****, geboren am 30. Mai 1997, ***** und 2. mj. Magdalena H*****, geboren am 30. Mai 1997, ***** beide vertreten durch die Mutter Dipl.-Ing. Maria H*****, Lehrerin, ***** vertreten durch Dr. Josef Kartusch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei L*****, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 7. Dezember 2001, GZ 4 R 321/01z-45, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die beiden Klägerinnen wurden am Abend des 30. 5. 1997 als Zwillinge in der 31. Schwangerschaftswoche an der Geburtshilfeabteilung des Landeskrankenhauses ***** geboren. An beiden Kindern zeigten sich nach der Geburt Schädigungen, die in weiterer Folge vor allem motorische Behinderungen nach sich zogen.

Umstritten ist insbesondere auch die Ursache der Schädigungen. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen erstgerichtlichen Feststellungen können die bei den beiden Kindern aufgetretenen Schäden auf die unreifen Organe, hervorgerufen durch Frühgeburtlichkeit zurückgeführt werden.

Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass die Behandlung anlässlich der Geburt der beiden Klägerinnen lege artis erfolgt sei und dass es an konkreten Anhaltspunkten für ein Fehlverhalten der behandelnden Ärztin oder des sonstigen Krankenhauspersonals (auch in Bezug auf mögliche Aufklärungspflichten) fehle, weshalb die auf Feststellung der Haftung der beklagten Partei "für alle Folgen der anlässlich der Geburt .... am 30. 05. 1997 verursachten Verletzungen" am Hinterkopf bzw Schädel einschließlich Hirnblutung gerichteten Klagebegehren abgewiesen wurden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass im Hinblick auf die sehr gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigung der Klägerinnen der Wert des Entscheidungsgegenstandes mit über S 260.000,-- (EUR 20.000,--) anzusetzen sei; die ordentliche Revsion sei nicht zulässig, weil sich erhebliche Rechtsfragen von der grundlegenden, über den Einzelfall hinausreichenden Bedeutung nicht stellten. Die Klägerinnen stützen die Zulässigkeit der Revision darauf, dass die richterliche Anleitungspflicht verletzt worden sei, weil das Erstgericht nicht auf einen Einklang zwischen Vorbringen und Klagebegehren hingewirkt habe. Weiters hätten sich die Vorinstanzen weder mit der Frage der Aufklärungspflicht über Risiken bei Vaginalentbindung und Kaiserschnitt sowie über den Ausbildungsstand der behandelnden Ärzte noch mit der Beweislast hinsichtlich der Organisationspflichten des Krankenhausträgers im Zusammenhang der Nichtanwesenheit von voll ausgebildeten Fachärzten befasst.

Rechtliche Beurteilung

In diesen Gründen ist keine für die Lösung des Falles erhebliche Rechtsfrage zu erblicken.

Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht verneint hat (RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061; weitere Nachweise bei Kodek in Rechberger, ZPO2 § 503 Rz 3 Abs 2) oder die nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens waren (SZ 23/352 uva; Kodek in Rechberger, ZPO2 § 503 Rz 3 Abs 1), können in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Soweit daher in der Revision abermals, allerdings in ausgedehnterer Form eine Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht im Verfahren erster Instanz behauptet wird, ist darauf nicht Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0043111 [T10]; 6 Ob 156/01m).

Der konkrete Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht stellt eine Frage des Einzelfalles dar. Die Aufklärungspflicht hängt von den jeweiligen Umständen ab, im vorliegenden Fall insbesondere davon, ob im Tatsächlichen überhaupt eine Indikation für eine Kaiserschnittentbindung bestand. Im Allgemeinen ist dem Patienten nicht ungefragt zu erläutern, welche Behandlungsmethoden theoretisch in Betracht kommen und was für und gegen die eine oder andere dieser Methoden spricht, solange der Arzt eine Methode anwendet, die dem medizinischen Standard genügt. Die Wahl der Methoden ist eben primär Sache des Arztes (Geiß, Arzthaftpflichtrecht2 [1993], 175; Ehlers/Broglie, Arzthaftungsrecht2 [2001] Rz 683 und 790). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor (RIS-Justiz RS0026529). Da die Behandlung anlässlich der Geburt nach den Feststellungen lege artis erfolgte, stellt sich mangels Kausalität auch die Frage eines Organisationsverschuldens des Krankenhausträgers und einer Aufklärungspflicht über den Ausbildungsstand der behandelnden Ärzte nicht.

Die Revision ist daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Stichworte