BVwG W138 2141404-1

BVwGW138 2141404-113.12.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W138.2141404.1.00

 

Spruch:

W138 2141404-1/17E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch Dr. Gerhard MORY, Rechtsanwalt, Wolf-Dietrich-Straße 19, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2016, Zl.:

1073466905 - 150663258/BMI-BFA_SBG_AST_01_TEAM_04, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.11.2017 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem, reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Juni 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 11.06.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. Am 13.06.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt.

 

Im Rahmen der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, als Kleinkind Afghanistan verlassen zu haben und mit seiner Familie in den Iran gegangen zu sein, wo er bis zu seiner Ausreise in der näher bezeichneten Ortschaft in der Provinz Teheran gelebt habe. Da seine Familie sich dort illegal aufgehalten habe, sei es immer wieder zu Problemen mit der dortigen Polizei gekommen. So sei er mehrfach festgenommen worden und habe Geld bezahlen müssen, um nicht nach Afghanistan abgeschoben zu werden.

 

3. Am 16.09.2016 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi, nach ausdrücklicher Zustimmung des Beschwerdeführers und Bestätigung der einwandfreien Verständigung, dessen niederschriftliche Ersteinvernahme im Asylverfahren statt. Der Beschwerdeführer gab nach Bestätigung seiner bisherigen Aussagen ergänzend an, aus dem näher bezeichneten Dorf im Distrikt Mugur der Provinz Ghazni in Afghanistan zu stammen. Neben seinen Eltern habe er noch zwei Brüder und zwei Schwestern, die alle nach wie vor in der näher bezeichneten Ortschaft in Teheran in einer Mietwohnung leben würden. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, sich im Iran illegal aufgehalten zu haben und habe daher weder die Schule besuchen, noch einer geregelten Beschäftigung nachgehen können. In Afghanistan selbst kenne der Beschwerdeführer niemanden. Seine Familie wolle nicht in ihr Heimatland zurück und er selbst könne dort nicht alleine leben. Auf nochmalige Nachfrage, ob es abgesehen von den geschilderten Umständen noch weitere Befürchtungen des Beschwerdeführers gäbe, verneinte er dies.

 

Dem Beschwerdeführer wurde die Ausfolgung der landeskundlichen Feststellungen des BFA zu Afghanistan zur allfälligen Stellungnahme angeboten, worauf er jedoch ausdrücklich verzichtete.

 

Unter einem legte der Beschwerdeführer Unterlagen zum Nachweis der von ihm aktuell besuchten Deutschkurse, seiner bestehenden Integration sowie seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten im Rahmen gemeinnütziger Beschäftigung vor.

 

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Ferner wurde in Spruchpunkt IV. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

 

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt in seinem Heimatstaat eine persönlich gegen ihn gerichtete Bedrohung oder Verfolgung erleben habe müssen. Die Motivation des Beschwerdeführers Afghanistan bzw. den Iran zu verlassen habe rein aus wirtschaftlichen Beweggründen bestanden, da er in Europa die Möglichkeit gesehen habe, seine Lebenssituation zu verbessern. Der Asylantrag des Beschwerdeführers sei sohin nicht darauf gerichtet Verfolgungsschutz zu erlangen. Der Beschwerdeführer verfüge über das notwendige Maß an Selbständigkeit, sodass ihm eine Rückführung in seinen Heimatstaat zumutbar sei. In Gesamtschau der vorliegend maßgeblichen Umstände sei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr weder einer realen Gefahr der Existenzbedrohung, noch sonstigen schwerwiegenden Hinderungsgründen, die eine Rückführung ausschließen würden, ausgesetzt sei. Eine besondere Bindung des Beschwerdeführers an Österreich bestünde nicht. In Relation zur Dauer des innerstaatlichen Aufenthaltes sei daher die Sozialisierung in Afghanistan weitaus höher, sodass eine Ausweisung des Beschwerdeführers keinen unzulässigen Eingriff in dessen Privat- oder Familienleben darstelle.

 

5. Mit Verfahrensanordnung vom 17.11.2016 wurde dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater für eine allfällige Beschwerdeerhebung zur Seite gestellt.

 

6. Gegen den angeführten Bescheid des BFA, als nunmehr belangter Behörde, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die vorliegende Beschwerde in vollem Umfang wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhalts wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

 

Der Beschwerdeführer brachte zusammengefasst vor, dass die belangte Behörde es unterlassen habe sich mit dem gesamten individuellen Vorbringen sachgerecht auseinanderzusetzen und dazu ein adäquates Ermittlungsverfahren durchzuführen. Der Beschwerdeführer habe angegeben, in Afghanistan keinerlei Freunde oder Verwandte zu haben. Alle seine Kontakte und sein gesamtes familiäres und soziales Netz bestünden im Iran. Damit habe sich die belangte Behörde jedoch nicht bzw. nur unzureichend auseinandergesetzt und es zudem unterlassen, Feststellungen dazu zu treffen, ob dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimatprovinz zumutbar sei. Der Beschwerdeführer sei auch noch nie in Kabul gewesen und habe dort niemanden, der ihn bei einer Reintegration unterstützen könne. Die belangte Behörde habe es jedoch unterlassen Feststellungen dazu zu treffen, ob dem Beschwerdeführer überhaupt eine Rückkehr nach Afghanistan möglich sei, ohne in eine ausweglose Lage zu geraten. Hinzu komme, dass die kulturellen Gepflogenheiten im Iran andere seien als in Afghanistan. Vor diesem Hintergrund wäre dem Beschwerdeführer daher zumindest der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.

 

Der Beschwerde unter einem beigeschlossen war ein vom Beschwerdeführer in Farsi verfassten handschriftliches Schreiben vom 28.11.2016.

 

7. Die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 06.12.2016 vorgelegt.

 

8. Mit Verfügung vom 06.12.2016 wurde vom Bundesverwaltungsgericht die Übersetzung des der Beschwerde beigeschlossenen handschriftlichen Schreibens des Beschwerdeführers beauftragt.

 

9. Gemäß der dazu in Vorlage gebrachten Übersetzung vom 16.12.2016 habe der Beschwerdeführer im Alter von fünf Jahren auf Grund der damals bestehenden Bedrohung durch die Taliban sowie der sich in seiner Heimatregion in den Sommermonaten niederlassenden Nomaden, die seiner Familie ebenfalls Probleme bereitet hätten, Afghanistan verlassen und sei mit ihr in den Iran geflohen. Als Hazara gehöre er in seinem Heimatstaat zu einer Minderheit, die immer wieder von Bedrohung und Verfolgung betroffen sei. In Afghanistan selbst habe er weder Verwandte noch sonst irgendwelche Bezugspunkte. Den Iran habe er verlassen, da er sich illegal dort aufgehalten habe, sodass er keine Möglichkeit gehabt habe zu arbeiten und Schutzgelder habe zahlen müssen, um nicht ausgewiesen zu werden.

 

10. Mit Eingabe vom 02.03.2017 übermittelte der Beschwerdeführer, rechtswirksam vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard Mory, unter Berufung und Vorlage der ihm schriftlich am 16.02.2017 erteilten Vollmacht, eine erste Beschwerdeergänzung unter Ankündigung einer weiteren. Darin verwies der Beschwerdeführer nochmals darauf, dass er in Afghanistan über keinerlei soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Angesichts der schwierigen Sicherheitslage und der Zahl der Rückkehrer nach Afghanistan sei die Situation in seinem Herkunftsstaat allgemein prekär und die humanitäre Situation höchst ungünstig. Bei der Beurteilung einer innerstaatlichen Fluchtalternative habe daher eine Zumutbarkeitsprüfung im Hinblick auf die konkrete Rückkehrsituation und Möglichkeit der Wiedereingliederung des Beschwerdeführers in Afghanistan zu erfolgen. Der Beschwerdeführer berief sich nochmals darauf, dass vorliegend keine einzelfallbezogene Auseinandersetzung mit seiner konkreten Situation im Falle einer Rückführung sowie der Beurteilung der insoweit maßgeblichen Kriterien stattgefunden habe. Er beantragte daher ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Beurteilung der für eine Abschiebung des Beschwerdeführers relevanten landeskundlichen Tatsachenfragen unter Heranziehung aktueller Länderberichte.

 

11. Mit Beschwerdeergänzung sowie Urkundenvorlage vom 02.11.2017 nahm der Beschwerdeführer, unter Bezugnahme auf die dazu vorgelegten Berichte der Staatengemeinschaft sowie internationaler Organisation, ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen Stellung. Demnach sei der Beschwerdeführer auf Grund der ihn kumulativ treffenden Gefährdungsfaktoren einem besonders potenzierten Risiko der Gefahr unmenschlicher Behandlung und konkreten Gefährdung seines Lebens ausgesetzt. Er habe seit frühester Kindheit im Iran gelebt, stamme aus der Provinz Ghazni, in welcher eine besonders volatile Sicherheitslage herrsche und verfüge über keinerlei Auffangnetz in Afghanistan. Seine Herkunft und die ethno-religiöse Prägung würden ihn im besonderen Maße Gefährdungen im Falle seiner Rückführung aussetzen. Die jüngsten Ereignisse würden eine signifikante Bedrohung der schiitischen Hazara belegen. Der Beschwerdeführer sei daher im Falle der Abschiebung der Gefahr besonders "eingriffsintensiver" Verfolgung ausgesetzt. Unter Bedachtnahme auf die vorliegende besondere persönliche Situation stünde dem Beschwerdeführer daher auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Im Weiteren setzte sich der Beschwerdeführer unter auszugsweiser Zitierung der (höchst)gerichtlichen Judikatur sowie herkunftslandbezogener Berichte internationaler Organisationen und Stellungnahmen in Artikeln einschlägiger Fachzeitschriften umfassend mit der allgemeinen Gefährdungslage in seiner Heimatprovinz und der auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit als Mitglied einer Minderheit bestehenden "Gruppenverfolgung" sowie der Situation (schiitischer) Rückkehrer und der Schwierigkeiten bei der Existenzsicherung auseinander. Zudem verwies er unter teilweise wortgleicher Wiedergabe der unter einem vorgelegten Berichte ergänzend zur aktuellen humanitären Lage in Afghanistan und der sozio-ökonomischen Situation auf die prekäre Versorgungslage sowie das Ausmaß der Verarmung hin, der er angesichts der immensen Zuwanderung infolge der Vielzahl der Rückkehrer, insbesondere in Großstädten wie etwa Kabul, ausgesetzt wäre. Im Weiteren wurden die einzelnen Aspekte der humanitären Lage in Afghanistan beleuchtet und auf die jeweiligen Faktoren im Einzelnen eingegangen. Der Beschwerdeführer führte dazu ins Treffen, dass sich die humanitäre Lage in Afghanistan weiter verschlechtert habe, sodass er im Falle seiner Rückführung besonders signifikant von existenzieller Not betroffen wäre, da ihm keinerlei soziale Hilfe- oder Unterstützungsnetzwerke zur Verfügung stünden. Der Beschwerdeführer verwies in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf, dass eine beschreibende Objektivierung der konkreten Situation nicht möglich sei.

 

Schließlich erstattete der Beschwerdeführer im Einzelnen Ausführungen zu den möglichen Gefährdungsszenarien, welchen er im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan ausgesetzt wäre und setzte sich unter Bezugnahme auf die dazu angeführten Berichte mit dem Gutachten "Mag. Mahringer" im Hinblick auf die darin erfolgte Beurteilung der Situation von Rückkehrern, die nach Ansicht des Beschwerdeführers den dazu zitierten länderspezifischen Erkenntnisquellen und sozio-ökonomischen Fakten jedoch grob widerspreche, auseinander. Entsprechend wurden zum Gutachten "Mahringer" vorweg Einwendungen erhoben.

 

Der Beschwerdeergänzung waren unter einem die herkunftslandbezogenen Erkenntnisquellen auf welche in der Stellungnahme im Einzelnen Bezug genommen wurde, beigeschlossen.

 

12. Am 07.11.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer, dessen ausgewiesener rechtsfreundlicher Vertreter sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Farsi teilnahmen. Die belangte Behörde war entschuldigt fern geblieben. Soweit entscheidungswesentlich stellte sich der Gang der mündlichen Verhandlung wie folgt dar:

 

"[...]

 

I. Zum aktuellen Zustand des BF:

 

R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich (sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht [die Begriffe werden mit dem BF abgeklärt, sodass ihm diese geläufig sind]): Sind Sie insbesondere in ärztlicher Behandlung, befinden Sie sich in Therapie, nehmen Sie Medikamente ein?

 

BF: Ich bin grundsätzlich gesund und kann der Verhandlung folgen. Es soll in kurzer Zeit eine OP am Oberschenkel aufgrund chronischer Entzündungen stattfinden. Vorgelegt wird ein Arztbrief vom 03.11.2017 und in Kopie zum Akt genommen. Ich bin nicht in Therapie, auch nicht in psychiatrischer. Ich nehme lediglich Medikamente aufgrund meiner Entzündung im Bein.

 

II. Zum Verfahren vor dem BFA bzw. den Organen des öffentlichen

Sicherheitsdienstes:

 

R: Sie wurden bereits beim BFA bzw. vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizei) niederschriftlich einvernommen. Haben Sie dort immer die Wahrheit gesagt oder möchten Sie etwas richtig stellen?

 

BF: Ich habe die Wahrheit gesagt. Ich möchte nichts richtigstellen.

 

R: Wurden Ihnen die Niederschriften, die die Polizei im Rahmen der Erstbefragung und das BFA im Zuge Ihrer Einvernahme mit Ihnen aufgenommen haben, rückübersetzt?

 

BF: Ja.

 

III. Zur persönlichen Situation des BF:

 

a) in Österreich:

 

R: Leben Sie in Österreich alleine oder leben Sie mit jemandem zusammen? Wie ist Ihre aktuelle Wohnsituation? Leben Sie in einer Flüchtlingspension?

 

BF: Ich lebe in einer Flüchtlingsunterkunft und habe ein eigenes Zimmer.

 

R: Sprechen Sie auch schon ein bisschen Deutsch? Welches Sprachniveau haben Sie? Besuchen Sie Sprachkurse oder sonstige Kurse, Schule, Vereine oder Universität?

 

BF: Ich habe den A2 Kurs abgeschlossen. Derzeit gehe ich in die Schule und besuche nebenbei den B1 Kurs. Im nächsten Monat findet die Prüfung des B1 Kurses statt. Ich gehe nur manchmal schwimmen. Ich bin nicht in einem Verein angemeldet. Ich habe auch nicht viel Zeit, um in einem Verein aktiv zu sein.

 

R: Was machen Sie unter Tags so? Wie stellt sich ein typischer Tagesablauf dar?

 

BF: Ich gehe täglich von ca. 08:00 bis 17:00 Uhr zur Schule. Am Samstag besuche ich einen B1 Kurs.

 

R: Befinden sich in Österreich Familienangehörige von Ihnen

 

BF: Nein.

 

R: Wie sieht Ihr Kontakt zu Ihren Familienangehörigen aus?

 

BF: Ich bin ca. 2 x im Monat mit meinen Angehörigen in Kontakt per Telefon. Meine Familienangehörigen leben weiterhin an derselben Adresse in Teheran, an der auch ich vor meiner Flucht gelebt habe.

 

R: Werden sie von ihren Familienangehörigen unterstütz?

 

BF: Nein.

 

R: Gehen Sie in Österreich einer Beschäftigung nach?

 

BF: Ich arbeite freiwillig bei Nachbarn und Bekannten, wenn sie meine Hilfe benötigen. Sie bezahlen mir manchmal ca. € 20,-- für meine Arbeit. Ich habe sonst keine andere Beschäftigung.

 

R: Sind Sie in Österreich bisher strafrechtlich verurteilt worden?

 

BF: Nein.

 

R: Das Gericht kann sich auf Grund Ihrer Angaben nunmehr ein Bild über ihre privaten sowie familiären Bindungen in Österreich machen und erscheinen hierzu seitens des Gerichts keine weiteren Fragen offen. Wollen Sie sich noch weitergehend zu Ihren privaten und familiären Bindungen in Österreich bzw. ihrer Integration äußern?

 

BF: Nein.

 

Vom RV wird ein Konvolut von Unterlagen, insbesondere hinsichtlich der Integration, vorgelegt, welche in Kopie zum Akt genommen werden.

 

b) im Herkunftsstaat:

 

R: Im angefochtenen Bescheid des BFA wurde u.a. bereits festgestellt, dass Sie aus Afghanistan stammen. Geben Sie bitte nochmals an, welcher Volksgruppe und Religionsgemeinschaft Sie angehören? Welche Sprachen sprechen Sie?

 

BF: Ich bin Hazara, Schiit und meine Muttersprache ist Dari.

 

R: Erzählen Sie mir etwas von Ihrem Leben in Afghanistan: Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?

 

BF: Ich bin in der Provinz Ghazni, im Distrikt Moqor, im Dorf XXXX , geboren und bin mit 4 oder 5 Jahren in den Iran gebracht worden.

 

R: Haben Sie in Ihrem Heimatland/Iran die Schule besucht, wenn ja, wie lange? Welche weitere Ausbildung haben Sie? Wo, wie lange? (AS 1 Unterricht zuhause;)

 

BF: Ich bin nicht in die Schule gegangen, jedoch wurde ich von meiner Familie zu Hause unterrichtet. Ich habe keine andere Ausbildung gemacht. Diese Ausbildung durch meine Familie erfolgte im Iran. Ich kann lesen und schreiben.

 

R: Welchen Beruf haben Sie in Ihrem Iran ausgeübt und wo war das?

 

BF: Im Iran habe ich ca. 3 Jahre als Lehrling in einem Geschäft gearbeitet. Dort wurden Autoteile für Traktoren verkauft. Ich habe diese Tätigkeit 3 Jahre ausgeführt.

 

R: Wer hat im Iran für ihren Lebensunterhalt gesorgt?

 

BF: Ich selbst. Ich wurde auch von meiner Familie manchmal finanziell unterstützt. Mein Vater war Wächter in einer Fabrik und meine Mutter war Hausfrau. Mein Vater übt seinen Beruf immer noch aus.

 

R: Wissen Sie, ob Ihre Geschwister zwischenzeitig berufstätig sind?

 

BF: Sie sind noch zu jung, sie arbeiten nicht.

 

R: Welche Verwandten haben Sie und wo leben diese?

 

BF: Meine Eltern, meine 2 Brüder und 2 Schwestern sowie mein Cousin väterlicherseits leben im Iran. Ich habe keine Onkel und Tanten mehr. Meine Großeltern sind alle verstorben. Es gibt keine, auch nicht entfernte Verwandten in Afghanistan.

 

R: Hat ihre Familie Besitztümer in Afghanistan (Grundstücke, Firmen, Geschäfte, wenn ja wo?)

 

BF: Nein, meine Familie hatte Besitztümer, dies sie verkauft haben und mit dem Erlös die Flucht aus Afghanistan finanziert haben.

 

R: Wie ist die finanzielle Situation Ihrer Familie?

 

BF: Mittelmäßig.

 

R: Auf Nachfrage unter Hinweis auf AS 95?

 

BF: Mittelmäßig gut. Wir waren nicht auf finanzielle Unterstützung angewiesen.

 

R: Was hat ihre Flucht gekostet und wer hat die Flucht finanziert?

 

BF: Ich habe meine Fluchtkosten im Verfahren mit 4.000,-- Euro angegeben. Meine Flucht hat insgesamt 20 Mio. Tuman (entspricht ca. 4.900,-- Euro) gekostet. Ich hatte selber gearbeitet und Geld gespart und einen Teil der Kosten hat sich mein Vater geliehen.

 

R: Waren Sie in Ihrem Heimatland politisch tätig oder gehörten Sie einer politischen Partei an?

 

BF: Nein.

 

R: Hatten Sie persönlich jemals Probleme mit den Behörden (oder staatsähnlichen Institutionen) Ihres Heimatlandes?

 

BF: Nein.

 

R: Gab es in Afghanistan oder im Iran jemals eine persönliche Bedrohung?

 

BF: Nein, es gab keine direkte Bedrohung. Ich habe keine wirklichen Erinnerungen daran, da ich beim Verlassen Afghanistans ein kleines Kind war. Im Iran selbst gab es keine direkte Bedrohung. Es gab eine allgemeine Bedrohung im Iran. Es bestand die Gefahr, dass ich festgenommen werde und nach Afghanistan abgeschoben werde oder nach Syrien in den Krieg geschickt werde. In so einem Fall hätte ich den Behörden viel Geld bezahlen müssen.

 

R: Wurden Sie in Ihrem Heimatland wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Ihrer Religion verfolgt?

 

BF: Ich war ein kleines Kind, ich bin nicht persönlich bedroht worden, jedoch haben damals die Taliban Afghanistan kontrolliert.

 

R: Falls Sie nach Afghanistan abgeschoben würden, hätten Sie etwaige Bedrohungen oder Verfolgungen zu befürchten? Wenn ja, konkret auf Ihre Person bezogen welche?

 

BF: Im Falle einer Rückkehr könnte für mich eine Bedrohung existieren. Man wird mich nicht als Afghanen ansehen sondern ich werde als Iraner bezeichnet, da ich mehr Farsi spreche als Dari. Außerdem wissen Sie doch selbst, dass Hazara in Afghanistan verfolgt werden. Sie werden entführt und festgehalten. Dazu kann ich viele Beispiele angeben.

 

IV. Fluchtgründe des BF:

 

R: Erzählen Sie mir bitte Ihre Fluchtgründe. [...]

 

BF: Im Iran lebte ich illegal. Ich durfte keine Schule besuchen und hatte keinen Zugang zu guten Jobs. Es bestand die Gefahr von der iranischen Polizei festgenommen und nach Syrien in den Krieg geschickt zu werden. Im Iran werden außerdem Afghanen diskriminiert. Aus diesen Gründen verließ ich den Iran und kam nach Österreich.

 

R an RV: Was sind die konkreten Fluchtgründe des BF auf Afghanistan bezogen?

 

RV: Der BF wurde als Mitglied einer schiitischen Hazara-Familie zu Zeiten der Talibanherrschaft, die in besonderer Weise alle schiitischen Hazara verfolgt haben und dabei keinen Unterschied machten, als Mitglied der Gruppe der schiitischen Hazara verfolgt. Es bestand damals für die schiitischen Hazara in der Provinz Ghazni bei fehlender Fluchtalternative eine Gruppenverfolgungssituation. Naturgemäß war der Vater am meistenbedroht, aber ein 4-jähriges Kind kann ohne einen Vater nicht leben. Also war er auch persönlich verfolgt und erfüllte im Zeitpunkt des Verlassens Afghanistans ca. 1999 alle materiellen Voraussetzungen eines GFK-Flüchtlings. Aus Gründen ethnisch, rassisch, religiöser Verfolgung. Im Iran konnte er niemals einen, gemessen an den elementarsten Menschenrechten adäquaten Schutz und eine Existenzmöglichkeit finden, wie der BF zuvor überzeugend ausgeführt hat. Er lebte unter der permanenten Bedrohung jederzeit an irgendeinem Ort festgenommen zu werden und dann entweder nach Afghanistan deportiert zu werden oder in den schiitischen heiligen Krieg nach Syrien verfrachtet zu werden. Er hatte keinen Zugang zur Bildung, zu einem zu seinen Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz oder beruflichen Ausbildung. Auch sein indessen 75-jähriger Vater konnte in den fast 20 Jahren Aufenthalt im Iran keinen legalen Aufenthaltsstatus im Iran erlangen. D.h. alle 7 Familienangehörigen lebten im Iran illegal. Damit ist die Verfolgungsgefahr aufrecht geblieben und ist noch heute aufrecht, müsste er nach Afghanistan zurückkehren. Wobei in diesem Fall jene Gefährdungen relevant sind, welchen er in seiner Herkunftsprovinz Ghazni ausgesetzt wäre, welche als Hochburg der Taliban gilt. Schon auf dem Weg dorthin, den er zwangsläufig auf Straßen zurücklegen müsste, wäre er im hohen Maße gefährdet im Zuge in eine Talibankontrolle zu geraten, die zu schwerwiegenden Eingriffen in Leib, Leben, Unversehrtheit und Freiheit führen würden. Es besteht eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass sich aus der Gefährdungslage der ethischen Hazara und der besonderen Lage in der Provinz Ghazni ergebende Gefährdungspotential realisieren würde. Auf jeden Fall bestehen substanzielle Anhaltspunkte für die Gefahr derartiger Verfolgungseingriffe, was an der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan, der besonderen Sicherheitslage in der Provinz Ghazni, Gefährdungen bei Reisen in die Provinz Ghazni und die besondere, als Gruppenverfolgung einzustufende Gefährdungslage der schiitischen und ethnischen Hazara zu beurteilen ist. Aufgrund der Gesamtheit dieser substanziellen Anhaltspunkte für einen konkreten Verfolgungseingriff ist die Furcht des BF vor einer derartigen Verfolgung als objektiv wohlbegründet einzustufen.

 

R: Gibt es noch weitere Fluchtgründe?

 

BF: Ich schließe mich den Ausführungen meines Vertreters an und habe keine weiteren Fluchtgründe.

 

R: Wie haben Sie im Iran gelebt? Zusammen mit Ihrer Familie, wie hat Ihr Freundeskreis ausgesehen, welche Nationalität hatten Ihre Freunde vor allem?

 

BF: Ich habe grundsätzlich mit meiner Familie zusammengelebt. Ich habe in einem entfernten Ort gearbeitet und habe unter der Woche dort bei Kollegen und Freunden übernachtet. An Wochenenden bin ich nach Hause gegangen. Mein Freundeskreis bestand aus Afghanen und Iraner.

 

R: Welche konkrete Bedrohung gegen Ihre Person würden Sie jetzt befürchten, wenn Sie nach Afghanistan insb. nach Kabul zurückkehren müssten?

 

BF: In Afghanistan habe ich niemanden, also weder Familie noch Verwandte, die mich bei einer Rückkehr unterstützen könnten. Außerdem habe ich Angst, dass ich in Kabul von den Daesh (IS) oder den Taliban gefunden werde und sie erkennen, dass ich Farsi spreche. Ich habe Angst, dass sie mich für ihre Zwecke ausnutzen. Sie werden mich zwingen ein Selbstmordattentat zu verüben oder ich könnte sexuell missbraucht werden.

 

R: Gibt es konkrete Anhaltspunkte für ihre Befürchtungen?

 

BF: Nein, nicht dass ich wüsste.

 

R an RV, ob es direkt Fragen an den BF gibt?

 

RV: Haben Sie mit Ihrem Vater jemals über die Fluchtgründe aus Afghanistan gesprochen?

 

BF: Mein Vater hat manchmal erzählt, dass er Afghanistan wegen der Taliban verlassen hat, weil sie damals geherrscht haben. Ich glaube, dass mein Vater im Heimatdorf von den Taliban sogar ein paar Mal bedroht worden ist.

 

RV: Welche Besitzungen hat die Familie aufgegeben, um flüchten zu können?

 

BF: Meine Eltern haben erzählt, dass sie Vieh besessen haben und das ganze Vieh verkaufen mussten. Ich glaube nicht, dass mein Vater eigene Ländereien hatte. Mein Vater hat als Bauer auf den Feldern anderer Menschen gearbeitet.

 

RV: Wissen Sie, ob Ihr Vater versucht hat, einen legalen Aufenthaltsstatus im Iran bekommen?

 

BF: Ja, ich glaube, dass mein Vater ein oder zweimal zu den Behörden gegangen ist, jedoch aber keinen Erfolg gehabt hat.

 

RV: Verfügen Sie über Dokumente wie Tazkira oder andere persönliche Dokumente

 

BF: Ich verfüge nicht darüber und hatte auch nie solche Dokumente.

 

RV: Besitzt Ihr Vater solche Dokumente?

 

BF: Ich weiß es nicht, aber ich glaube nicht, dass er so etwas besitzt.

 

RV: Wie alt ist Ihr Vater?

 

BF: Er ist 75 Jahre, gesund, aber ein bisschen schwach.

 

RV: Wie alt ist Ihr ältester Bruder?

 

BF: Er ist 18 Jahre. Er unterstützt manchmal meinen Vater bei der Arbeit, aber da er selbst noch zu jung ist, muss er nicht arbeiten.

 

RV: Sie haben etwas von einem Massaker erzählt, dass Taliban an Hazara vor ca. 3 Monaten begangen haben sollen. Können Sie das konkretisieren?

 

BF: Es gibt ausreichend Berichte darüber im Internet. Hazara wurden massenweise von den Taliban ermordet. Das war in Mirzawlang, ich glaube das ist in der Provinz Sar-e Pol.

 

RV hat keine weiteren Fragen.

 

V. Fragen zur Integration:

 

R: Sind Sie verheiratet?

 

BF: Nein.

 

R: Haben Sie einen Freundeskreis in Österreich, auch österreichische Freunde?

 

BF: Ich habe viele Freunde, vor allem Österreicher. Aus der Schule kenne ich 2 Mitschülerinnen, die mich beim Lernen unterstützen. Außerdem bin ich im Wohnort mit vielen österreichischen Familien befreundet. Wir besuchen einander manchmal.

 

R: Ich habe zu ihrem Verfahren keine weiteren Fragen. Wollen Sie noch etwas angeben?

 

BF: Nein.

 

R gibt RV die Gelegenheit, Fragen zu stellen.

 

RV: Ich habe keine Fragen.

 

R an RV: Wollen Sie das LIB vom 02.03.2017 mit Kurzaktualisierung vom 25.09.2017, eine gutachterliche Stellungnahme des Ländersachverständigen Dr. Rasuly im Verfahren W169 2007031-1 (Hazara, westernized men), Internationale Judikaturbeispiele zum Thema "Hazara" und das Gutachten "Mahringer" zur Wahrung des Parteiengehörs ausgefolgt bekommen?

 

RV ersucht um Aushändigung der gutachterliche Stellungnahme des Ländersachverständigen Dr. Rasuly im Verfahren W169 2007031-1 (Hazara, westernized men), Internationale Judikaturbeispiele zum Thema "Hazara" und Einräumung einer 4-wöchigen Frist, insbesondere zum Gutachten "Mahringer", um die Möglichkeit zu haben, die Unschlüssigkeit des Gutachtens und die Nichteinarbeitung gutachtensrelevanten Berichtmaterials detailliert aufzeigen zu können. Unter Hinweis auf den umfangreichen Schriftsatz vom 02.11.2017 wird dem BF eine Stellungnahmefrist von 14 Tagen (einlangend) eingeräumt.

 

R fragt BF, ob er die D gut verstanden habe.

 

BF: Ja.

 

[...]"

 

13. Mit Eingabe vom 20.11.2017 erstattete der Beschwerdeführer fristgemäß eine ergänzende Stellungnahme und verwies unter Bezugnahme auf die unter einem vorgelegten und in das Verfahren eingeführten landeskundlichen Erkenntnisquellen und die aktuelle Berichtslage zu seinem Herkunftsstaat nochmals darauf, dass unter Bedachtnahme aller relevanten Einzelaspekte der menschlichen Existenz des Beschwerdeführers kein Zweifel daran bestehen könne, dass dieser im Falle der Abschiebung in eine ausweglose Lage gebracht würde. In Ergänzung zu seinem Vorbringen in der Äußerung vom 02.11.2017 nahm der Beschwerdeführer nochmals kritisch zum Gutachten Mag. Mahringer Stellung und betonte dazu insbesondere dessen mangelnde Schlüssigkeit.

 

Unter einem regte der Beschwerdeführer an, zur Frage der Auslegung des Art. 8 Abs. 1 der RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (StatusRL) im Hinblick auf die genauen Voraussetzungen der Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative, gemäß Art. 267 AEUV ein Vorabentscheidungsverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Union einzuleiten.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen (Sachverhalt):

 

Der am XXXX geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischer Moslem. Es stammt aus dem Dorf XXXX , im Distrikt Moqor der Provinz Ghazni, wo er als Kleinkind mit seinen Eltern seinen beiden Schwestern sowie den beiden Brüdern gelebt hat. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Zudem beherrscht er Farsi und kann lesen und schreiben.

 

Der Beschwerdeführer hat im Kleinkindalter sein Heimatdorf verlassen und ist mit seiner Familie in den Iran gegangen, wo er bis zu seiner Ausreise gemeinsam mit ihr in der Provinz Teheran gelebt hat und im Verband seiner afghanischen Familie aufgewachsen ist. Im Iran hielt sich die Familie des Beschwerdeführers illegal auf.

 

Die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Teheran. Zudem hat der Beschwerdeführer noch einen Cousin väterlicherseits, der ebenfalls im Iran lebt. In Afghanistan hat der Beschwerdeführer weder Familie noch sonstige Verwandte oder Bekannte.

 

Der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie in regelmäßigem telefonischem Kontakt.

 

Der Beschwerdeführer ist nicht zur Schule gegangen, sondern wurde zu Hause von seiner Familie unterrichtet. Er hat 3 Jahre lang in Teheran als Lehrling in einem Geschäft für Autoteile gearbeitet. Unter der Woche hat der Beschwerdeführer gemeinsam mit Arbeitskollegen und Freunden, die aus Afghanistan und dem Iran stammten, in der Nähe seiner Arbeitsstelle gewohnt. Seine Flucht hat sich der Beschwerdeführer selbst finanziert.

 

Der Beschwerdeführer ist größtenteils alleine für seinen Lebensunterhalt aufgekommen und wurde nur zeitweise von seinem Vater, der Wächter in einer Fabrik ist, finanziell unterstützt. Die Familie des Beschwerdeführers lebt in durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen und ist nicht auf finanzielle Unterstützung von dritter Seite angewiesen.

 

Der Beschwerdeführer verließ den Iran aus wirtschaftlichen Beweggründen, da er für sich dort auf Grund seines illegalen Aufenthalten keine Möglichkeit sah, nachhaltig einer geregelten Beschäftigung nachzugehen oder die Schule zu besuchen und fürchtetet nach Afghanistan abgeschoben zu werden.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan jemals konkret einer gegen seine Person gerichteten Bedrohung oder Verfolgung durch die Taliban oder eine andere extremistische Gruppierungen oder Ethnie ausgesetzt gewesen wäre oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine solche droht.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara in Ghazni oder Kabul allein auf Grund seiner Zugehörigkeit zu dieser Ethnie im Falle seiner Rückkehr eine Verfolgung oder Bedrohung bzw. sonstige Übergriffe durch die Taliban oder eine andere Rebellengruppen befürchten müsse.

 

Der Beschwerdeführer hatte zu keinem Zeitpunkt Probleme mit den staatlichen Behörden seines Herkunftsstaates oder war jemals in Afghanistan einer individuellen Bedrohung oder Verfolgung auf Grund seiner Religion oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit ausgesetzt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes im Iran in Afghanistan einer Verfolgung oder Bedrohung oder der Gefahr von Übergriffen oder sonstiger physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt wäre bzw. ihm im Falle einer Rückkehr eine solche droht.

 

Zudem kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat auf Grund einer konkreten individuellen Verfolgung aus Gründen der Rasse, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung verlassen hat oder bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Bedrohung oder Verfolgung aus einem dieser Gründe zu befürchten hätte.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes in Österreich bzw. seiner Ausreise nach Europa als Rückkehrer in Afghanistan psychischer und/oder physischer Bedrohung, Gewalt oder Verfolgung ausgesetzt wäre.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit dem realen Risiko einer ernsthaften Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt bzw. der Gefährdung seines Lebens, Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre oder Gefahr liefe, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.

 

Der Beschwerdeführer hat den Iran Mitte 2015 schlepperunterstützt verlassen und am 11.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sein Aufenthalt in Österreich ist nicht geduldet. Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in der Hauptstadt Kabul zur Verfügung.

 

Der Beschwerdeführer ist jung, ledig, arbeitsfähig und hat keine Kinder. Er verfügt über Arbeitserfahrung im Einzelhandelsbereich, spricht die Landessprache seines Heimatlandes und ist mit den gesellschaftlichen Gepflogenheiten Afghanistans vertraut. Er verfügt über die notwendige Selbständigkeit, um in der Lage zu sein eine Beschäftigung zu finden und dieser nachzugehen. Im Falle seiner Rückkehr kann der Beschwerdeführer an die bisher von ihm ausgeübte Tätigkeit als Verkäufer für Fahrzeugteile anknüpfen oder eine Anstellung in einem ähnlichen Berufsfeld finden. Zudem hat er die Möglichkeit als Hilfsarbeiter zu arbeiten und sich so ein auseichendes Auskommen zu sichern.

 

Die Familie des Beschwerdeführers ist im Stande ihn bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell zu unterstützen.

 

Der Beschwerdeführer leidet an einer chronischen Perianalfistel mit Begleitentzündung, die im Rahmen einer operativen Intervention zu behandeln ist. Aktuell werden die Beschwerden medikamentös therapiert.

 

Der Beschwerdeführer hat den Lehrgang der Übergangsstufe für Jugendliche mit geringen Kenntnissen der Unterrichtssprache Deutsch absolviert und besucht seit 06.11.2017 die Übergangsstufe am MultiAugustinum in St. Margarethen im Lungau. Er besitzt Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau A2 und besucht aktuell einen Deutschsprachkurs für Asylwerbende für das Sprachniveau B1/1.

 

Der Beschwerdeführer verrichtet bedarfsbezogen Hilfstätigkeiten in seiner Wohnortgemeinde im Rahmen gemeinnütziger Beschäftigung für Asylwerbende und leistet projektorientiert ehrenamtliche Tätigkeiten.

 

Einer entgeltlichen Beschäftigung geht der Beschwerdeführer nicht nach und verfügt auch über keine Einstellungszusage. Er lebt in einer Flüchtlingsunterkunft und wird im Rahmen der Grundversorgung betreut.

 

Die sozialen Kontakte des Beschwerdeführers beschränken sich auf Bekanntschaften in seiner Wohnortgemeinde sowie zu seinen Mitschülern. In seiner Freizeit geht der Beschwerdeführers hin und wieder Schwimmen und Radfahren und spielt Volleyball. Mitglied in einem Verein ist der Beschwerdeführer nicht.

 

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

 

In Österreich hat der Beschwerdeführer weder familiäre Anknüpfungspunkte noch sonstige intensive Kontakte oder nähere Verbindungen zu anderen.

 

Die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK oder für eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz liegen beim Beschwerdeführer nicht vor. Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Ein Überwiegen der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich besteht nicht.

 

Feststellungen zum Herkunftsstaat:

 

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017 (Stand 25.09.2017)

 

Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan (KI vom 25.09.2017)

 

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab - auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen (UN GASC 21.9.2017). Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (The Guardian 3.8.2017).

 

Der afghanische Präsident Ghani hat mehrere Schritte unternommen, um die herausfordernde Sicherheitssituation in den Griff zu bekommen. So hielt er sein Versprechen den Sicherheitssektor zu reformieren, indem er korrupte oder inkompetente Minister im Innen- und Verteidigungsministerium feuerte, bzw. diese selbst zurücktraten; die afghanische Regierung begann den strategischen 4-Jahres Sicherheitsplan für die ANDSF umzusetzen (dabei sollen die Fähigkeiten der ANDSF gesteigert werden, größere Bevölkerungszentren zu halten); im Rahmen des Sicherheitsplanes sollen Anreize geschaffen werden, um die Taliban mit der afghanischen Regierung zu versöhnen; Präsident Ghani bewilligte die Erweiterung bilateraler Beziehungen zu Pakistan, so werden unter anderen gemeinsamen Anti-Terror Operationen durchgeführt werden (SIGAR 31.7.2017).

 

Zwar endete die Kampfmission der US-Amerikaner gegen die Taliban bereits im Jahr 2014, dennoch werden, laut US-amerikanischem Verteidigungsminister, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage 3.000 weitere Soldaten nach Afghanistan geschickt. Nach wie vor sind über 8.000 US-amerikanische Spezialkräfte in Afghanistan, um die afghanischen Truppen zu unterstützen (BBC 18.9.2017).

 

Sicherheitsrelevante Vorfälle

 

In den ersten acht Monaten wurden insgesamt 16.290 sicherheitsrelevante Vorfälle von den Vereinten Nationen (UN) registriert; in ihrem Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) für das dritte Quartal, wurden 5.532 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. Laut UN haben sich bewaffnete Zusammenstöße um 5% erhöht und machen nach wie vor 64% aller registrierten Vorfälle aus. 2017 gab es wieder mehr lange bewaffnete Zusammenstöße zwischen Regierung und regierungsfeindlichen Gruppierungen. Im Gegensatz zum Vergleichszeitraums des Jahres 2016, verzeichnen die UN einen Rückgang von 3% bei Anschlägen mit Sprengfallen [IEDs - improvised explosive device], Selbstmordangriffen, Ermordungen und Entführungen - nichtsdestotrotz waren sie Hauptursache für zivile Opfer. Die östliche Region verzeichnete die höchste Anzahl von Vorfällen, gefolgt von der südlichen Region (UN GASC 21.9.2017).

 

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan von 1.1.-31.8.2017 19.636 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Stand: 31.8.2017) (INSO o.D.).

 

Zivilist/innen

 

Landesweit war der bewaffnete Konflikt weiterhin Ursache für Verluste in der afghanischen Zivilbevölkerung. Zwischen dem 1.1. und 30.6.2017 registrierte die UNAMA 5.243 zivile Opfer (1.662 Tote und 3.581 Verletzte). Dies bedeutet insgesamt einen Rückgang bei zivilen Opfern von fast einem 1% gegenüber dem Vorjahreswert. Dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan fielen zwischen 1.1.2009 und 30.6.2017 insgesamt 26.512 Zivilist/innen zum Opfer, während in diesem Zeitraum 48.931 verletzt wurden (UNAMA 7.2017).

 

Im ersten Halbjahr 2017 war ein Rückgang ziviler Opfer bei Bodenoffensiven zu verzeichnen, während sich die Zahl ziviler Opfer aufgrund von IEDs erhöht hat (UNAMA 7.2017).

 

Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente. Nach der Hauptstadt Kabul verzeichneten die folgenden Provinzen die höchste Zahl ziviler Opfer: Helmand, Kandahar, Nangarhar, Uruzgan, Faryab, Herat, Laghman, Kunduz und Farah. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer in 15 von Afghanistans 34 Provinzen (UNAMA 7.2017)

 

High-profile Angriffe

 

Der US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR), verzeichnete in seinem Bericht für das zweite Quartal des Jahres 2017 mehrere high-profil Angriffe; der Großteil dieser fiel in den Zeitraum des Ramadan (Ende Mai bis Ende Juni). Einige extremistische Organisationen, inklusive dem Islamischen Staat, behaupten dass Kämpfer, die während des Ramadan den Feind töten, bessere Muslime wären (SIGAR 31.7.2017).

 

Im Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) wurden von den Vereinten Nationen folgende High-profile Angriffe verzeichnet:

 

Ein Angriff auf die schiitische Moschee in der Stadt Herat, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden (UN GASC 21.9.2017; vgl.: BBC 2.8.2017). Zu diesem Attentat bekannte sich der ISIL-KP (BBC 2.8.2017). Taliban und selbsternannte ISIL-KP Anhänger verübten einen Angriff auf die Mirza Olang Region im Distrikt Sayyad in der Provinz Sar-e Pul; dabei kam es zu Zusammenstößen mit regierungsfreundlichen Milizen. Im Zuge dieser Kämpfe, die von 3.- 5. August anhielten, wurden mindestens 36 Menschen getötet (UN GASC 21.9.2017). In Kabul wurde Ende August eine weitere schiitische Moschee angegriffen, dabei wurden mindestens 28 Zivilist/innen getötet; auch hierzu bekannte sich der ISIL-KP (UN GASC 21.9.2017; vgl.: NYT 25.8.2017).

 

Manche high-profile Angriffe waren gezielt gegen Mitarbeiter/innen der ANDSF und afghanischen Regierungsbeamte gerichtet; Zivilist/innen in stark bevölkerten Gebieten waren am stärksten von Angriffen dieser Art betroffen (SIGAR 31.7.2017).

 

"Green Zone" in Kabul

 

Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017).

 

Eine Erweiterung der sogenannten Green Zone ist geplant; damit wird Verbündeten der NATO und der US-Amerikaner ermöglicht, auch weiterhin in der Hauptstadt Kabul zu bleiben ohne dabei Risiken ausgesetzt zu sein. Kabul City Compound - auch bekannt als das ehemalige Hauptquartier der amerikanischen Spezialkräfte, wird sich ebenso innerhalb der Green Zone befinden. Die Zone soll hinkünftig vom Rest der Stadt getrennt sein, indem ein Netzwerk an Kontrollpunkten durch Polizei, Militär und privaten Sicherheitsfirmen geschaffen wird. Die Erweiterung ist ein großes öffentliches Projekt, das in den nächsten zwei Jahren das Zentrum der Stadt umgestalten soll; auch sollen fast alle westlichen Botschaften, wichtige Ministerien, sowie das Hauptquartier der NATO und des US-amerikanischen Militärs in dieser geschützten Zone sein. Derzeit pendeln tagtäglich tausende Afghaninnen und Afghanen durch diese Zone zu Schulen und Arbeitsplätzen (NYT 16.9.2017).

 

Nach einer Reihe von Selbstmordattentaten, die hunderte Opfer gefordert haben, erhöhte die afghanische Regierung die Sicherheit in der zentralen Region der Hauptstadt Kabul - dieser Bereich ist Sitz ausländischer Botschaften und Regierungsgebäude. Die Sicherheit in diesem diplomatischen Bereich ist höchste Priorität, da, laut amtierenden Polizeichef von Kabul, das größte Bedrohungsniveau in dieser Gegend verortet ist und eine bessere Sicherheit benötigt wird. Die neuen Maßnahmen sehen 27 neue Kontrollpunkte vor, die an 42 Straßen errichtet werden. Eingesetzt werden mobile Röntgengeräte, Spürhunde und Sicherheitskameras. Außerdem werden 9 weitere Straßen teilweise gesperrt, während die restlichen sechs Straßen für Autos ganz gesperrt werden. 1.200 Polizist/innen werden in diesem Bereich den Dienst verrichten, inklusive spezieller Patrouillen auf Motorrädern. Diese Maßnahmen sollen in den nächsten sechs Monaten schrittweise umgesetzt werden (Reuters 6.8.2017).

 

Eine erweiterter Bereich, die sogenannte "Blue Zone" soll ebenso errichtet werden, die den Großteil des Stadtzentrums beinhalten soll - in diesem Bereich werden strenge Bewegungseinschränkungen, speziell für Lastwagen, gelten. Lastwagen werden an einem speziellen externen Kontrollpunkt untersucht. Um in die Zone zu gelangen, müssen sie über die Hauptstraße (die auch zum Flughafen führt) zufahren (BBC 6.8.2017; vgl. Reuters 6.8.2017).

 

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

 

Die Stärkung der ANDSF ist ein Hauptziel der Wiederaufbaubemühungen der USA in Afghanistan, damit diese selbst für Sicherheit sorgen können (SIGAR 20.6.2017). Die Stärke der afghanischen Nationalarmee (Afghan National Army - ANA) und der afghanischen Nationalpolizei (Afghan National Police - ANP), sowie die Leistungsbereitschaft der Einheiten, ist leicht gestiegen (SIGAR 31.7.2017).

 

Die ANDSF wehrten Angriffe der Taliban auf Schlüsseldistrikte und große Bevölkerungszentren ab. Luftangriffe der Koalitionskräfte trugen wesentlich zum Erfolg der ANDSF bei. Im Berichtszeitraum von SIGAR verdoppelte sich die Zahl der Luftangriffe gegenüber dem Vergleichswert für 2016 (SIGAR 31.7.2017).

 

Die Polizei wird oftmals von abgelegen Kontrollpunkten abgezogen und in andere Einsatzgebiete entsendet, wodurch die afghanische Polizei militarisiert wird und seltener für tatsächliche Polizeiarbeit eingesetzt wird. Dies erschwert es, die Loyalität der Bevölkerung zu gewinnen. Die internationalen Truppen sind stark auf die Hilfe der einheimischen Polizei und Truppen angewiesen (The Guardian 3.8.2017).

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen

 

Taliban

 

Die Taliban waren landesweit handlungsfähig und zwangen damit die Regierung erhebliche Ressourcen einzusetzen, um den Status Quo zu erhalten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im April, haben die Taliban - im Gegensatz zum Jahr 2016 - keine größeren Versuche unternommen Provinzhauptstädte einzunehmen. Nichtsdestotrotz, gelang es den Taliban zumindest temporär einige Distriktzentren zu überrennen und zu halten; dazu zählen der Distrikt Taywara in der westlichen Provinz Ghor, die Distrikte Kohistan und Ghormach in der nördlichen Provinz Faryab und der Distrikt Jani Khel in der östlichen Provinz Paktia. Im Nordosten übten die Taliban intensiven Druck auf mehrere Distrikte entlang des Autobahnabschnittes Maimana-Andkhoy in der Provinz Faryab aus; die betroffenen Distrikte waren: Qaramol, Dawlat Abad, Shirin Tagab und Khwajah Sabz Posh.

 

Im Süden verstärkten die Taliban ihre Angriffe auf Distrikte, die an die Provinzhauptstädte von Kandahar und Helmand angrenzten (UN GASC 21.9.2017).

 

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

 

Die Operationen des ISIL-KP in Afghanistan sind weiterhin auf die östliche Region Afghanistans beschränkt - nichtsdestotrotz bekannte sich die Gruppierung landesweit zu acht nennenswerten Vorfällen, die im Berichtszeitraum von den UN registriert wurden. ISIL- KP verdichtete ihre Präsenz in der Provinz Kunar und setze ihre Operationen in Gegenden der Provinz Nangarhar fort, die von den ANDSF bereits geräumt worden waren. Angeblich wurden Aktivitäten des ISIL-KP in den nördlichen Provinzen Jawzjan und Sar-e Pul, und den westlichen Provinzen Herat und Ghor berichtet (UN GASC 21.9.2017).

 

Im sich zuspitzenden Kampf gegen den ISIL-KP können sowohl die ANDSF, als auch die Koalitionskräfte auf mehrere wichtige Erfolge im zweiten Quartal verweisen (SIGAR 31.7.2017): Im Juli wurde im Rahmen eines Luftangriffes in der Provinz Kunar der ISIL-KP- Emir, Abu Sayed, getötet. Im August wurden ein weiterer Emir des ISIL-KP, und drei hochrangige ISIL-KP-Führer durch einen Luftangriff getötet. Seit Juli 2016 wurden bereits drei Emire des ISIL-KP getötet (Reuters 13.8.2017); im April wurde Sheikh Abdul Hasib, gemeinsam mit 35 weiteren Kämpfern und anderen hochrangigen Führern in einer militärischen Operation in der Provinz Nangarhar getötet (WT 8.5.2017; vgl. SIGAR 31.7.2017). Ebenso in Nangarhar, wurde im Juni der ISIL-KP-Verantwortliche für mediale Produktionen, Jawad Khan, durch einen Luftangriff getötet (SIGAR 31.7.2017; vgl.: Tolonews 17.6.2017).

 

Sicherheitslage in Afghanistan - KI vom 22.6.2017

 

Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:

improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).

 

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).

 

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

 

Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).

 

Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).

 

High-profile Angriffe:

 

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

 

Hauptstadt Kabul

 

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017). Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

 

Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

 

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

 

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).

 

Zur allgemeinen Sicherheitslage

 

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).

 

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al- Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).

 

INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).

 

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

 

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

 

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

 

Kontrolle von Distrikten und Regionen

 

Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).

 

Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).

 

Rebellengruppen

 

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).

 

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).

 

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9 .2016).

 

Taliban und ihre Offensive

 

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).

 

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).

 

Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).

 

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US- Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:

The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).

 

Zivile Opfer

 

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).

 

UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).

 

Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).

 

Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017).

 

Kabul

 

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016).

 

Distrikt Kabul

 

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

 

Provinz Kabul

 

Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

 

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

 

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

 

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

 

Provinz Ghazni

 

Ghazni ist eine der wichtigsten Zentralprovinzen Afghanistans. Ghazni liegt 145 km südlich von Kabul Stadt an der Autobahn Kabul-Kandahar. Die Provinzen (Maidan) Wardak und Bamyan liegen im Norden, während die Provinzen Paktia, Paktika und Logar im Osten liegen; Zabul grenzt gemeinsam mit Uruzgan an den Westen der Provinz. Laut dem afghanischen Statistikbüro (CSO) ist sie die Provinz mit der zweithöchsten Bevölkerungszahl (Pajhwok o.D.a), die auf 1.249.376 Bewohner/innen geschätzt wird (CSO 2016).

 

Ghazni ist in folgende Distrikte unterteilt: Jaghuri, Malistan, Nawur, Ajiristan, Andar, Qarabagh, Giro, Muqur, Waghaz, Gelan, Ab Band, Nawa, Dih Yak, Rashidan, Zana Khan, Khugiani, Khwaja Omari, Jaghatu und Ghazni City (Vertrauliche Quelle 15.9.2015). Ghazni wird aufgrund ihrer strategischen Position, als Schlüsselprovinz gewertet - die Provinz verbindet durch die Autobahn, die Hauptstadt Kabul mit den bevölkerungsreichen südlichen und westlichen Provinzen (HoA 15.3.2016).

 

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Ghazni 1.292 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

 

Im Vergleich zum vorigen Berichtszeitraum wurden Veränderungen der Sicherheitslage in Ghazni festgehalten; gleichwohl sind die Gewinne der Taliban in diesen Teilen des Landes minimal und unbeständig (USDOD 12.2016). Im Dezember 2016 verlautbarte der CEO Afghanistans den baldigen Beginn militärischer Spezialoperationen in den Provinzen Ghazni und Zabul, um Sympathisanten des Islamischen Staates und Talibanaufständische zu vertreiben (Khaama Press 23.1.2017).

 

Ghazni zählt zu den volatilen Provinzen in Südostafghanistan, wo regierungsfeindliche aufständische Gruppen in den verschiedenen Distrikten aktiv sind und regelmäßig Operationen durchführen (Khaama Press 15.10.2016; Khaama Press 8.7.2016; vgl. auch: Truthdig 23.1.2017). Die Bevölkerung der Provinz kooperiere bereits mit den Sicherheitskräften. Ein Mitglied des Provinzrates verlautbarte, dass sich die Sicherheitslage verbessern könnte, wenn die Polizei mit notwendiger Ausrüstung versorgt werden würde (Pajhwok 8.1.2017). Im Gegensatz zum Jahr 2015 registrierte die UNAMA 2016 keine Entführungsfälle der Hazara-Bevölkerung in Ghazni. In vormals betroffenen Gegenden wurden Checkpoints der afghanischen Sicherheitskräfte errichtet; dies wird als Abschreckung gewertet (UNMA 6.2.2017).

 

In der Provinz werden regelmäßig Militäroperationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 15.1.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 8.1.2017; Tolonews 26.12.2016; Pajhwok 21.11.2016; Afghanistan Times 25.8.2016; Afghanistan Times 21.8.2016), auch in Form von Luftangriffen (Pajhwok 18.6.2017; Afghanistan Times 3.8.2016; Khaama Press 8.6.2016). Es kommt zu Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften (Sputnik News 30.11.2016). Unter anderem wurden Taliban Kommandanten getötet (Khaama Press 9.1.2017; Sputnik News 26.12.2016; Khaama Press 17.10.2016; Afghanistan Spirit 18.7.2016; Pajhwok 18.6.2016; Afghanistan Times 3.8.2016; Khaama Press 7.6.2016).

 

Im Februar 2017 bestätigte der afghanische Geheimdienst (NDS) den Tod eines hochrangigen al-Qaida Führers: Qari Saifullah Akhtar, war vom NDS in einer Razzia im Jänner 2017 getötet worden. Berichten zufolge, war Qari Saifullah Akhtar jahrzehntelang am Aufstand beteiligt; ihm werden direkte Verbindung zu Osama bin Laden und dem pakistanischen Geheimdienst nachgesagt (LWJ 19.2.2017; vgl. auch:

ATN News 19.2.2017).

 

Erreichbarkeit

 

Im Jahr 2001 existierten in Afghanistan weniger als 80 km (50 Meilen) asphaltierter Straßen (TCSM 2.2.2015). Trotz Herausforderungen und Problemen wurden inzwischen mehr als

 

24.000 km Straße im Land asphaltiert. Zu den asphaltierten Straßen zählen 3.600 km regionaler Autobahnen, die "Ring Road", Provinzstraßen und nationale Autobahnen (Pajhwok 4.3.2016). Schätzungen zufolge, wurden im Ballungsraum Kabul alleine 925 km Straßen asphaltiert, mit der Aussicht auf zusätzliche Erweiterungen (TCSM 2.2.2015).

 

Unprofessionelles Fahrverhalten und beschädigte Straßen werden als die Hauptursache für Unfälle in Afghanistan gesehen, welche Dutzende Menschenleben jährlich fordern (Khaama Press 23.1.2016; vgl. auch:

Kabul Times 17.2.2017); ebenso sind schlecht asphaltierte Straßen Grund für Unfälle (Kabul Times 17.2.2017).

 

Ring Road

 

Straßen wie der "Highway 1" auch bekannt als "Ring Road", die den Kern des Landes umkreist, sind nun asphaltiert und machen das Land für Reisen und die Wirtschaft zugänglicher (Huffington Post 9.10.2015). Die afghanische Ring Road verbindet Kabul mit den vier bedeutendsten Provinzhauptstädten Herat, Kandahar City, Jalalabad und Mazar-e Sharif (USAID 2014; vgl. auch: The Guardian 22.10.2014). Sie verbindet aber auch 16 der 34 Provinzen Afghanistans miteinander. Die Gesamtlänge des Highway One ist 3.360 km (PRI 18.10.2013). Rund 14 Millionen Menschen leben um diesen Highway One (The Guardian 22.10.2014).

 

Autobahnabschnitt Kabul - Kandahar

 

Highway One liegt im Süden von Kabul und ist die Hauptverbindung zwischen der Hauptstadt und der großen südlichen Stadt Kandahar (Reuters 13.10.2015; vgl. auch: Al- Jazeera 14.10.2015). Der Kandahar - Kabul Teil der afghanischen Ring Road zieht sich vom östlichen und südöstlichen Teil Kandahars über die Provinz Zabul nach Ghazni (ISW o.D.). Dieser Teil der Autobahn ist praktisch flach, mit einigen Abschnitten im Hochland in der Nähe von Ghazni (Global Security o.D.a.) Ein Fahrer der Kabul-Kandahar Strecke, aber auch Passagiere, gaben an, dass die Straße von Kandahar bis in die Gegend von Jaldalak in Zabul in gutem Zustand ist (Pajhwok 18.3.2015).

 

Autobahnabschnitt Herat - Kabul

 

Es gibt eine große kreisförmige Autobahn, die Herat mit Kandahar, Mazar-e Sharif und Kabul verbindet (Herat City o.D.; vgl. auch: PRI 18.10.2013).

 

Verkehrswesen

 

Das Verkehrswesen in Afghanistan ist eigentlich recht gut. Es gibt einige angemessene Busverbindungen in die wichtigsten Großstädte. Die Kernfrage bleibt nach wie vor die Sicherheit. Busverbindungen existieren auf der Kabul/Herat Straße nach Kandahar; Ausländern ist es nicht erlaubt, in den Bus einzusteigen. Es gibt aber Ausnahmen - in der Verbindung Mazar-e Sharif nach Kabul, war es erlaubt, ohne dass Fragen gestellt wurden (Uncharted Backpacker 3.2016).

 

In den Provinzen Balkh, Samangan und Panjshir konnte ein Taxi gemietet werden. Die Taximietung ist eine gute Option, da man sein Fahrziel frei wählen kann und die Fahrer wissen, wie man es sicher erreichen kann. Gleichzeitig ist es auch relativ kostengünstig (Uncharted Backpacker 3.2016).

 

Beispiele für Taxiverbindungen

 

Kabul

 

In Kabul gibt es mehr als 40.000 Taxis. Der Fahrpreis wird noch vor dem Einsteigen mit dem Fahrer ausverhandelt (Afghan Embassy Washington D.C. o.D.). Bis zu 80% der Taxis in Kabul sind Toyota Corolla (Khaama Press 29.11.2013). In Mazar-e Sharif und Herat stehen private Taxis so wie in der Hauptstadt Kabul ebenso zur Verfügung, aber zu höheren Preisen (BAMF 10.2014).

 

Flugverbindungen

 

Laut dem World Factbook existieren in Afghanistan 23 Flughäfen mit asphaltierten Landebahnen und 29 Flughäfen, die nicht über asphaltierte Landebahnen verfügen (The World Factbook 25.2.2016).

 

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan

 

Internationaler Flughafen Kabul

 

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (NYT 4.1.2016; vgl. auch: Hamid Karzai Airport 2015). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (Hamid Karzai Airport 2015).

 

Rechtsschutz/Justizwesen

 

Trotz großer legislativer Fortschritte in den vergangenen 14 Jahren gibt es keine einheitliche und korrekte Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia (islamisches Gesetz), Gewohnheits-/Stammesrecht) (AA 9 .2016; vgl. auch: USIDP o.D. und WP 31.5.2015). Fast 80% der Dispute werden außerhalb des formellen Justizsystems gelöst - üblicherweise durch Schuras, Jirgas, Mullahs und andere in der Gemeinschaft verankerte Akteure (USIP o.D.; vgl. auch: USDOS 13.4.2016).

 

Traditionelle Rechtsprechungsmechanismen bleiben für viele Menschen, insbesondere in den ländlichen Gebieten, weiterhin der bevorzugte Rechtsweg (USDOS 13.4.2016, vgl. auch: FH 27.1.2016). Das kodifizierte Recht wird unterschiedlich eingehalten, wobei Gerichte gesetzliche Vorschriften oft zugunsten der Scharia oder lokaler Gepflogenheiten missachteten (USDOS 13.4.2016). In einigen Gebieten außerhalb der Regierungskontrolle setzen die Taliban ein paralleles Rechtssystem um (FH 27.1.2016).

 

Obwohl das islamische Gesetz in Afghanistan weitverbreitet akzeptiert ist, stehen traditionelle Praktiken nicht immer mit diesem in Einklang. Unter den religiösen Führern in Afghanistan bestehen weiterhin tiefgreifende Auffassungsunterschiede darüber, wie das islamische Recht tatsächlich zu einer Reihe von rechtlichen Angelegenheiten steht. Dazu zählen unter anderem Frauenrecht, Strafrecht und -verfahren, Verbindlichkeit von Rechten gemäß internationalem Recht und der gesamte Bereich der Grundrechte (USIP o. D.). Das formale Justizsystem ist in den städtischen Zentren relativ stark verankert, da die Zentralregierung dort am stärksten ist, während es in den ländlichen Gebieten - wo ungefähr 76% der Bevölkerung leben - schwächer ausgeprägt ist (USDOS 13.4.2016).

 

Dem Justizsystem mangelt es weiterhin an der Leistungsfähigkeit um die hohe Zahl an neuen und novellierten Gesetzen zu beherrschen. Der Mangel an qualifiziertem, juristischem Personal behindert die Gerichte. Die Zahl der Richter/innen, welche ein Rechtsstudium absolviert haben erhöht sich weiterhin (USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2014 wurde die Zahl der Richter/innen landesweit mit 1.300 beziffert (SZ 29.9.2014; vgl. auch: CRS 8.11.2016), davon waren rund 200 Richterinnen (CRS 8.11.2016). Im Jahr 2015 wurde von Präsident Ghani eine führende Anwältin als erste Frau zur Richterin des Supreme Courts ernannt (RFE/RL 30.6.2016). Die Zahl registrierter Anwälte/innen hat sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt (WP 31.5.2015). Der Zugang zu Gesetzestexten wird besser, ihre geringe Verfügbarkeit stellt für einige Richter/innen und Staatsanwälte immer noch eine Behinderung dar (USDOS 13.4.2016).

 

Ein Mangel an qualifiziertem Justizpersonal behindert die Gerichte (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: FH 27.1.2016). Manche Amtsträger/innen in Gemeinden und Provinzen verfügen über eine eingeschränkte Ausbildung und gründen ihre Entscheidungen daher auf ihrem persönlichen Verständnis der Scharia, ohne jeglichen Bezug zum kodifizierten Recht, Stammeskodex oder traditionellen Bräuchen (USDOS 13.4.2016).

 

Innerhalb des Gerichtswesens ist Korruption weiterhin vorhanden (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: FH 27.1.2016); Richter/innen und Anwält/innen sind oftmals Ziel von Bedrohung oder Bestechung durch lokale Anführer oder bewaffneten Gruppen (FH 27.1.2016), um Entlassungen oder Reduzierungen von Haftstrafen zu erwirken (USDOS 13.4.2016). Afghanische Gerichte sind durch öffentliche Meinung und politische Führer leicht beeinflussbar (WP 31.5.2015). Im Juni 2016 errichtete Präsident Ghani das Strafrechtszentrum für Anti-Korruption, um innerhalb des Rechtssystems gegen korrupte Minister/innen, Richter/innen und Gouverneure/innen vorzugehen, die meist vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt waren (Reuters 12.11.2016).

 

Laut dem allgemeinen Islamvorbehalt in der Verfassung darf kein Gesetz im Widerspruch zum Islam stehen. Eine Hierarchie der Normen ist nicht gegeben, so ist nicht festgelegt, welches Gesetz in Fällen des Konflikts zwischen traditionellem islamischem Recht und seinen verschiedenen Ausprägungen einerseits und der Verfassung und dem internationalen Recht andererseits zur Anwendung kommt. Diese Unklarheit und eine fehlende Autoritätsinstanz zur einheitlichen Interpretation der Verfassung führen nicht nur zur willkürlichen Anwendung eines Rechts, sondern auch immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen (AA 9 .2016).

 

Sicherheitsbehörden

 

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) bestehen aus folgenden Komponenten: der afghanischen Nationalarmee (ANA), welche auch die Luftwaffe (AAF) und das ANA-Kommando für Spezialoperationen (ANASOC) beinhaltet; der afghanischen Nationalpolizei (ANP), die ebenso die uniformierte afghanische Polizei beinhaltet (AUP), der afghanischen Nationalpolizei für zivile Ordnung (ANCOP), der afghanischen Grenzpolizei (ABP) und der afghanischen Polizei die Verbrechen bekämpft (AACP). Sie stehen unter der Kontrolle des Verteidigungsministeriums Die afghanische Lokalpolizei (ALP), sowie ihre Komponenten (etwa die afghanischen Kräfte zum Schutz der Öffentlichkeit (APPF) und die afghanische Polizei zur Drogenbekämpfung (CNPA) sind unter der Führung des Innenministeriums (USDOD 6. 2016).

 

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (Afghan National Defense and Security Forces, ANDSF) haben - wenn auch unbeständig - Fortschritte gemacht. Sie führten ihre Frühjahrs- und Sommeroperationen erfolgreich durch. Ihnen gelang im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern. Schwierigkeiten in Schlüsselbereichen wie Spionage, Luftfahrt und Logistik, verbesserten sich, beeinträchtigten dennoch die Schlagkraft. Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016).

 

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen (AA 9 .2016; vgl. auch: USIP 5.2016); dennoch werden sie teilweise durch US-amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt (USDOD 6.2016).

 

Drei Ministerien verantworten die Sicherheit in Afghanistan: Das afghanische Innenministerium (Afghanistan's Ministry of Interior - MoI), das Verteidigungsministerium (Ministry of Defense - MoD) und der afghanische Geheimdienst (NDS). Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan Local Police (ALP). Die (Afghan National Police (ANP) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit zuständig. Ihre primäre Aufgabe ist die Bekämpfung der Aufständischen. Das National Directorate of Security (NDS) fungiert als Geheimdienst und ist auch für die Untersuchung von Kriminalfällen zuständig, welche die nationale Sicherheit betreffen (USDOS 13.4.2016).

 

Die autorisierte Truppenstärke der ANDSF wird mit 352.000 beziffert (USDOD 6.2016), davon 4.228 Frauen (SIGAR 30.7.2016).

 

Die monatlichen Ausfälle (umfasst alle geplanten und ungeplanten Ausfälle von Pensionierungen über unerlaubte Abwesenheit bis hin zu Gefallenen) der ANDSF liegen bei 2.4% - eine leichte Erhöhung gegenüber dem Dreijahresmittel von 2.2% (USDOD 6.2016).

 

Afghan National Police (ANP) und Afghan Local Police (ALP)

 

Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption und die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit aber in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Das Langzeitziel der ANP ist weiterhin, sich in einen traditionellen Polizeiapparat zu verwandeln. Mit Stand 31.5.2016 beträgt die Stärke der ANP etwa 148.000 Mann. Dies beinhaltet nicht die rund 6.500 Auszubildenden in Polizeiakademien und andere die Ausbildungszentren landesweit ausgebildet werden. Frauen machen sind mit etwa 1.8% in der ANP vertreten (USDOD 6.2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: Sputnik News 14.6.2016).

 

Die Personalstärke der ALP beträgt etwa 28.800 Mann; zusätzlich autorisiert sind weitere 30.000 Mann, welche nicht in der allgemeinen ANDSF-Struktur inkludiert sind (USDOD 6.2016). Aufgabe der ALP ist, Sicherheit innerhalb von Dörfern und ländlichen Gebieten zu gewährleisten - indem die Bevölkerung vor Angriffen durch Aufständische geschützt wird, Anlagen gesichert und lokale Aktionen gegen Rebellen durchgeführt werden (USDOD 6.2016).

 

Die monatlichen Ausfälle der ANP betragen über die letzten Jahre relativ stabil durchschnittlich 1.9% (USDOD 6.2016).

 

Afghanische Nationalarmee (ANA)

 

Die afghanische Nationalarmee (ANA) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit verantwortlich, primär bekämpft sie den Aufstand im Inneren (USDOS 13.4.2016).

 

Mit Stand 31. Mai 2016 betrug der autorisierte Personalstand der ANA 171.000 Mann, inklusive 7.100 Mann in den Luftstreitkräften (Afghan Air Force - AAF); etwa 820 Frauen sind in der ANA, inklusive AAF. Die Ausfälle in der ANA sind je nach Einheit unterschiedlich. Die allgemeine Ausfallsquote lag unter 3%, gegenüber 2,5% in der letzten Berichtsperiode. Die Einheiten der Luftstreitkräfte und der afghanischen Spezialeinheiten (ASSF) hielten weiterhin die niedrigsten Ausfallsquoten und die höchsten Verbleibquoten aller ANDSF-Teile (USDOD 6.2016).

 

Die Vereinigten Staaten von Amerika errichteten fünf Militärbasen in: Herat, Gardez, Kandahar, Mazar-e Sharif und Kabul (CRS 8.11.2016).

 

Resolute Support Mission

 

Die "Resolute Support Mission" ist eine von der NATO-geführte Mission, die mit 1. Jänner 2015 ins Leben gerufen wurde. Hauptsächlich konzentriert sie sich auf Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsaktivitäten auf ministerieller und Behördenebene, sowie in höheren Ebenen der Armee und Polizei. Die personelle Stärke der Resolute Support Mission beträgt 13.000 (durch NATO und anderen Partnernationen). Das Hauptquartier ist in Kabul (Bagram), mit vier weiteren Niederlassungen in: Mazar-e-Sharif, Herat, Kandahar und Laghman (NATO 5.2016).

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen erhebliche Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine starke Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern nur schwer durchzusetzen. Die Menschenrechte haben in Afghanistan eine klare gesetzliche Grundlage (AA 9 .2016). Die 2004 verabschiedete afghanische Verfassung enthält einen umfassenden Grundrechtekatalog (AA 9 .2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Afghanistan hat die meisten der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge - zum Teil mit Vorbehalten - unterzeichnet und/oder ratifiziert (AA 9 .2016).

 

Im Februar 2016 hat Präsident Ghani, den ehemaligen Leiter der afghanischen Menschenrechtskommission, Mohammad Farid Hamidi, zum Generalstaatsanwalt ernannt (USDOD 6.2016; vgl. auch NYT 3.9.2016).

 

Drohungen, Einschüchterungen und Angriffe gegen Menschenrechtsverteidiger hielten in einem Klima der Straflosigkeit an, nachdem die Regierung es verabsäumt hatte, Fälle zu untersuchen und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen.

Menschenrechtsverteidiger wurden sowohl durch staatliche, als auch nicht-staatliche Akteure angegriffen und getötet - (AI 24.2.2016).

 

Religionsfreiheit

 

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9 .2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9 .2016).

 

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9 .2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

 

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vgl. auch:

CSR 8.11.2016).

 

Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).

 

Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).

 

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).

 

Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9 .2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).

 

Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).

 

Blasphemie - welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).

 

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).

 

Schiiten

 

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt (AA 9 .2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara (USDOS 10.8.2016). Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan sind einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016).

 

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema), als auch im Hohen Friedensrat sind Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe (AA 9 .2016). Afghanische Schiiten und Hazara sind dazu geneigt weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein, als ihre religiösen Brüder im Iran (CRS 8.11.2016).

 

Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert (USCIRF 30.4.2015). Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen (USDOS 10.8.2016).

 

Ethnische Hazara sind gesellschaftlicher Diskriminierungen ausgesetzt (USDOS 13.4.2016). Informationen eines Vertreters einer internationalen Organisation mit Sitz in Kabul zufolge, sind Hazara, entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt (Vertrauliche Quelle 29.9.2015).

 

Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten verbittert, was gelegentlich in Auseinandersetzungen resultiert (CRS 8.11.2016). Im November 2016, hat ein Kämpfer der IS-Terrormiliz, während einer religiösen Zeremonie in der Bakir-al-Olum-Moschee - einer schiitischen Moschee in Kabul - am schiitischen Feiertag Arbain, einen Sprengstoffanschlag verübt (Tolonews 22.11.2016; vgl. auch: FAZ 21.11.2016). Bei diesem Selbstmordanschlag sind mindestens 32 Menschen getötet und 80 weitere verletzt worden (Khaama Press 22.11.2016). In Kabul sind die meisten Moscheen trotz Anschlagsgefahr nicht besonders geschützt (FAZ 21.11.2016). Am 23. Juli 2016 wurde beim schwersten Selbstmordanschlag in der afghanischen Geschichte die zweite Großdemonstration der Enlightenment-Bewegung durch den ISKP angegriffen. Es dabei starben über 85 Menschen, rund 240 wurden verletzt. Dieser Schlag richtete sich fast ausschließlich gegen Schiiten (AA 9 .2016).

 

Einige Schiiten bekleiden höhere Ämter (CRS 8.11.2016); sowie andere Regierungsposten. Schiiten verlautbarten, dass die Verteilung von Posten in der Regierung die Demographie des Landes nicht adäquat berücksichtigte. Das Gesetz schränkt sie bei der Beteiligung am öffentlichen Leben nicht ein - dennoch verlautbarten Schiiten - dass die Regierung die Sicherheit in den Gebieten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellten, vernachlässigte. Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen, während die Ismailiten hauptsächlich in Kabul, den zentralen und nördlichen Provinzen leben (USDOS 10.8.2016).

 

Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Manche Mitglieder der ismailitischen Gemeinde beschweren sich über Ausgrenzung von Position von politischen Autoritäten (USDOS 10.8.2015).

 

Ethnische Minderheiten

 

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2017).

 

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet."

(Staatendokumentation des BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 9 .2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.4.2016).

 

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 9 .2016). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.4.2016).

 

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. (CRS 12.1.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

 

Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

 

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert (AA 9 .2016); sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert (CRS 12.1.2015). In der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (AA 9 .2016). In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, auch Frauen, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in Informationstechnologie, Medizin oder anderen Bereichen ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 12.1.2015).

 

Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9 .2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2015 kam es zu mehreren Entführungen von Angehörigen der Hazara (AA 9 .2016; vgl. auch: UDOS 13.4.2016; NYT 21.11.2015; World Hazara Council 10.11.2016; RFE/RL 25.2.2016). Im Jahr 2016 registrierte die UNAMA einen Rückgang von Entführungen von Hazara. Im Jahr 2016 dokumentierte die UNAMA 15 Vorfälle in denen 82 Hazara entführt wurden. Im Jahr 2015 wurden 25 Vorfälle von 224 entführten Hazara dokumentiert. Die Entführungen fanden in den Provinzen Uruzgan, Sar-e Pul, Daikundi, Maidan Wardak und Ghor statt (UNAMA 6.2.2017). Im Juli 2016 sprengten sich mehrere Selbstmordattentäter bei einem großen Protest der Hazara in die Luft, dabei wurden mindestens 80 getötet und 250 verletzt; mit dem IS verbundene Gruppen bekannten sich zu dem Attentat (HRW 12.1.2017).

 

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 31.10.2016).

 

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

 

Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, verkomplizieren rückkehrende Flüchtlinge die Situation der bereits mehr als eine Million Binnenvertriebenen, deren Anzahl sich aufgrund des Aufstandes im Jahr 2016 erhöht hat. Nach Meinung des IWF wird dies die Kapazitäten des Landes überfordern (DAWN 28.1.2017).

 

Die Zahl der Internvertriebenen im Jahr 2017 betrug 9.759 (Stand 4. Februar 2017) (UN OCHA 5.2.2017). 636.503 Menschen wurden insgesamt im Jahr 2016 aufgrund des Konfliktes vertrieben (UN OCHA 29.1.2017). Mehr als die Hälfte dieser Menschen (56%) waren Kinder unter 18 Jahren. Von Binnenvertreibung betroffen waren 31 Provinzen in unterschiedlichem Ausmaß; alle 34 Provinzen beherbergten Binnenvertriebene. Im Jahr 2016 stammten die meisten Binnenvertriebenen aus den Provinzen Kunduz, Uruzgan, Farah und Helmand. Gleichzeitig nahmen die Provinzen Helmand, Takhar, Farah, Kunduz und Kandahar die meisten Binnenvertriebenen auf. Viele Menschen suchen also in der Nähe ihrer Heimat Schutz. Binnenvertriebene tendieren dazu aus ländlichen Gebieten in die Provinzhauptstädte zu ziehen, oder in die angrenzenden Provinzen zu gehen. Sobald der Konflikt zu Ende ist, versuchen sie bald wieder nach Hause zu kehren (AAN 28.12.2016).

 

Der verhängnisvollste Monat war Oktober, in welchem die Taliban mehrere Provinzhauptstädte gleichzeitig angriffen: Kunduz City, Farah City, Maimana, und Lashkar Gah. Der Anstieg der IDP-Zahlen ist auch auf den Rückzug internationaler Truppen zurückzuführen, die durch Luftangriffe unterstützten; mittlerweile haben die Taliban ihre Angriffstaktik geändert und sind zu Bodenoffensiven übergegangen. Bodenoffensiven sind nicht nur die Ursache für Tote und Verletzte innerhalb der Zivilbevölkerung, sondern zwingen die Menschen aus ihren Heimen zu fliehen (AAN 28.12.2016).

 

Im Rahmen von humanitärer Hilfe wurden Binnenvertriebene, je nach Region und Wetterbedingungen, unterschiedlich unterstützt: Bargeld, Paket für Familien, winterliche Ausrüstung, Nahrungspakete, Hygienepakete, Decken, Zelte, und andere Pakete, die keine Nahrungsmittel enthielten usw. Auch wurde Aufklärung in Bereichen wie Hygiene betrieben (UN OCHA 5.2.2017; vgl. auch: UN OCHA 29.1.2017; UN OCHA 1.11.2016; UN OCHA 1.10.2016; vgl. ACBAR 7.11.2016).

 

Unterschiedliche Organisationen, wie z.B. das Internationale Rote Kreuz (IRC) oder das Welternährungsprogramm (WFP) usw. sind je nach Verantwortungsbereichen für die Verteilung von Gütern zuständig.

Dazu zählten: Nahrung, Zelte, sowie andere Güter, die keine Nahrungsmittel waren (IOM 17.4.2016; vgl. auch ACBAR 15.5.2016).

 

UNHCR unterstützt Rückkehrer/innen mit finanziellen Beihilfen in vier Geldausgabezentren, außerdem mit Transiteinrichtungen und elementaren Gesundheitsleistungen. Zusätzlich wurden sie in anderen Bereichen aufgeklärt, wie z.B. Schuleinschreibungen, Gefahren von Minen etc. (UNHCR 6.2016).

 

2017

 

Im Jänner 2017 wurde ein humanitärer Plan für US$ 550 Millionen aufgestellt, mit dem Ziel im Jahr 2017 die vulnerabelste und marginalisierteste Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Ziel sind strategische und lebensnotwendige Interventionen: Nahrung, Unterkunft, Gesundheitsvorsorge, Ernährung, sauberes Wasser und Hygiene. Im Rahmen des "Afghanistan 2017 Humanitarian Response Plan" sollen etwa 5,7 Millionen Menschen erreicht werden (UN News Centre 23.1.2017).

 

Flüchtlinge in Afghanistan

 

Laut UNHCR sind derzeit in Afghanistan rund 55.000 registrierte Flüchtlinge (darunter viele pakistanische Staatsangehörige) und ca. 300 Asylwerber. Der Großteil der Menschen aus Pakistan ist im Juni 2014 vor Auseinandersetzungen aus der Nord-Waziristan-Region nach Afghanistan geflüchtet (AA 9 .2016).

 

Grundversorgung und Wirtschaft

 

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 171. von 188 Plätzen (UNDP 2016; vgl. auch: AA 11 .2016). Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (IWF 13.4.2016).

 

Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist (WB 2.5.2016). Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (AA 11 .2016).

 

Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten (IMF 13.4.2016). Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP (2015: 19,2 Mrd. USD, lt. Weltbank) hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig (AA 11 .2016). Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe (WB 2.5.2016).

 

Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken (AA 11 .2016).

 

Afghanistan bleibt weiterhin der weltweit größte Produzent für Opium, Heroin und Cannabis. Trotz einer breit angelegten Strategie verhindern die angespannte Sicherheitslage in den Hauptanbaugebieten im Süden des Landes sowie die weit verbreitete Korruption eine effiziente Bekämpfung des Drogenanbaus. Die hohen Gewinnmargen erschweren zudem die Einführung von alternativen landwirtschaftlichen Produkten (AA 11 .2016).

 

Projekte der afghanischen Regierung

 

Im September 2016 fiel der Startschuss für das "Citizens' Charter National Priority Program"; dieses Projekt zielt darauf ab, die Armut zu reduzieren und den Lebensstandard zu erhöhen, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden. Die erste Phase des Projektes hat ein Drittel der 34 Provinzen zum Ziel; die vier Städte Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar sind Schwerpunkt des städtischen Entwicklungsprogrammes, welche als erste behandelt werden sollen. In der ersten Phase sollen 8,5 Millionen Menschen erreicht werden, mit dem Ziel 3,4 Millionen Menschen sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, die Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern, Bildung, Landstraßen, Elektrizität, sowie Zufriedenheit zu steigern und Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu erhöhen. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Menschen mit Behinderung, arme Menschen und Frauen besser zu integrieren (WB 10.10.2016).

 

Medizinische Versorgung

 

Die Datenlage zur medizinischen Versorgung in Afghanistan bleibt äußerst lückenhaft. In vielen Bereichen liegen Daten nur unzuverlässig oder nur ältere statistische Erhebungen der afghanischen Regierung oder der Weltgesundheitsorganisation vor. Besonders betroffen von unzureichender Datenlage sind hierbei die südlichen und südwestlichen Provinzen (AA 9 .2016).

 

Gemäß der afghanischen Verfassung ist die primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen, inklusive Medikamente, kostenfrei [Anm.: siehe dazu afghanische Verfassung

Artikel 52, (Max Planck Institute 27.1.2004)].

 

Im regionalen Vergleich fällt die medizinische Versorgung weiterhin drastisch zurück (AA 9 .2016). Dennoch hat das afghanische Gesundheitssystem in der letzten Dekade ansehnliche Fortschritte gemacht (The World Bank Group 10.2016; vgl. auch: AA 9 .2016). Dies aufgrund einer soliden öffentlichen Gesundheitspolitik, innovativer Servicebereitstellung, sorgfältiger Überwachung und Evaluierung, sowie Entwicklungshilfe. Trotz signifikanter Verbesserungen im Bereich des Deckungsgrades und der Qualität der Gesundheitsservices, wie auch einer Reduzierung der Sterberate von Müttern, Säuglingen und unter 5-jährigen, sind die afghanischen Gesundheitsindikatoren weiterhin schlechter als die der Niedrigeinkommensländer. Des Weiteren hat Afghanistan eine der höchsten Unterernährungsraten der Welt. Etwa 41% der Kinder unter 5 Jahren leiden unter chronischer Unterernährung. Sowohl Frauen als auch Kinder leiden an Vitamin- und Mineralstoffmangel (The World Bank Group 10.2016).

 

Die medizinische Versorgung leidet trotz erkennbarer und erheblicher Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärztinnen und Ärzten, sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 stand 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine medizinisch qualifiziert ausgebildete Person gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (AA 9 .2016).

 

Erhebliche Fortschritte der letzten Dekade sind: Die Mütter- und Kindersterblichkeitsrate hat sich signifikant reduziert; die Sterberate von Kindern unter 5 Jahren ist von 257 auf 55 pro

 

Lebendgeburten gesunken, die Säuglingssterblichkeitsrate von 165 auf

45. Die Müttersterblichkeitsrate ist auf 327 bei 100.000 Lebendgeburten gesunken (WB 2.11.2016). Im Vergleich dazu betrug die Müttersterblichkeitsrate im Jahr 2002 noch 1.600. Die Zahl funktionierender Gesundheitsanstalten verbesserte sich von 496 im Jahr 2002 auf 2.000 im Jahr 2012. Proportional dazu erhöhte sich die Zahl der Anstalten mit weiblichem Personal (WB 2.11.2016). Bei 34% der Geburten war ausgebildetes Gesundheitspersonal anwesend.Schätzungen der UN Population Division zufolge, verwenden 23% der Frauen in gebärfähigem Alter moderne Methoden der Empfängnisverhütung (USDOS 13.4.2016).

 

Krankenkassen und Gesundheitsversicherung

 

Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Die staatlich geförderten öffentlichen Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar und somit müssen bei privaten Apotheken von den Patient/innen selbst bezahlt werden. Untersuchungen, Labortests sowie Routine Check-Ups sind in den Krankenhäusern umsonst (IOM 21.9.2016). Da kein gesondertes Verfahren existiert, haben alle Staatsbürger Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Physisch und geistig Behinderte, sowie Opfer von Missbrauch müssen eine starke familiäre und gesellschaftliche Unterstützung sicherstellen. Für verschiedene Krankheiten und Infektionen ist medizinische Versorgung nicht verfügbar. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten geboten werden, welche zudem meist einen Mangel an Ausstattung und Personal aufweisen. Diagnostische Ausstattungen wie Computer Tomographie ist in Kabul (1 in Kabul) verfügbar (IOM 2016).

 

Medikamente

 

Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (IOM 2016). Obwohl freie Gesundheitsdienstleistungen in öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, können sich viele Haushalte gewisse Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen nicht leisten bzw. war vielen Frauen nicht erlaubt alleine zu einer Gesundheitseinrichtung zu fahren (USDOS 13.4.2016).

 

Beispiele für Behandlung psychischer Fälle in Afghanistan

 

In öffentlichen und privaten Kliniken ist beispielsweise paranoide Schizophrenie behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patient/innen nichts für ihre Aufnahme bezahlen. Die Patient/innen müssen ihre Medikamente in außenstehenden Apotheken kaufen (IOM 11.10.2016). In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital mit 100 Betten und die Universitätsklinik Aliabad mit 48 Betten. In Jalalabad und Herat gibt es jeweils 15 Betten für psychiatrische Fälle. In Mazar-e Scharif gibt es eine private Einrichtung, die psychiatrische Fälle stationär aufnimmt. Folgebehandlungen sind oft schwierig zu leisten, insbesondere wenn Patient/innen kein unterstützendes Familienumfeld haben. Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden nicht selten in spirituellen Schreinen unter

 

eilweise unmenschlichen Bedingungen "behandelt", oder es wird ihnen in einer "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben". Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung sowohl über das Internet als auch in Form von Comics (für Analphabeten) zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (AA 9 .2016).

 

Krankenhäuser in Afghanistan

 

Eine begrenzte Zahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Um Zugang zu erhalten, benötigt man die afghanische Nationalität (Ausweis/Tazkira). Man kann sich mit seinem Ausweis in jedem afghanischen Krankenhaus registrieren und je nach gesundheitlicher Beschwerde einem Arzt zugewiesen werden. Sollten Operation und Krankenhausaufenthalt nötig sein, wird dem Patienten in dem Krankenhaus ein Bett zur Verfügung gestellt (IOM 2016).

 

In Kandahar eröffnete eine pädiatrische Abteilung im Mirwais Krankenhaus, mit dem Ziel die extrem hohe Säuglingssterberate zu reduzieren: unter anderem verdoppelte sich die Zahl der Säuglingsschwestern; die neue Brutkasteneinheit unterstützt die Spezialist/innen der Neonatalogie (The Guardian 1.12.2016).

 

Krankenhäuser in Kabul:

 

Antani Hospital Address: Salan Watt, District 2, Kabul Tel: +93 (0)20 2201 372

 

Ataturk Children's Hospital Address: Behild Aliabaad (near Kabul University), District 3, Kabul Tel: +93 (0)75 2001893 / +93 (0)20 250 0312

 

Ahyaia Mujadad Hospital Address: Cinema Pamir, 1st District, Kabul

Tel: +93(0)20 2100436

 

Centre Poly Clinic Address: District 1, Cinema Pamir, Kabul Tel: +93 (0)202100445

 

Istiqlal Hospital Address: District 6, Kabul Tel: +93 (0)20 2500674

 

Ibnisina Emergency Hospital Address: Pull Artal, District 1, Kabul

Tel: +93 (0)202100359

 

Jamhoriat Hospital Address: Ministry of Interior Road, Sidarat

Square, District 2,Kabul Tel: +93 (0)20 220 1373/ 1375

 

Malalai Maternity Hospital Address: Malalai Watt, Shahre Naw, Kabul

Tel: +93(0)20 2201 377

 

Noor Eye Hospital Address: Cinema Pamir, Kabul Tel: +93 (0)20 2100 446

 

Rabia-i-Balki Maternity Hospital Address: Frosh Gah, District 2,

Kabul Tel: +93(0)20 2100439

 

Tuberculosis Hospital Address: Sana Turiam, Dar-ul-Aman, District 6, Kabul Tel:+93 (0)75 201 4842

 

Beispiele für Nichtregierungsorganisationen vor Ort: Ärzte ohne Grenzen (MSF)

 

In Helmand besteht das größte Krankenhaus im südlichen Afghanistan, welches von Ärzten ohne Grenzen (MSF) geführt wird. Als eines der wenigen Krankenhäuser in der Provinz, hat das Krankenhaus 300 Betten. Etwa 700 afghanische Mitarbeiter/innen und 25 Ausländer/innen arbeiten in den Abteilungen des Krankenhauses, zu diesen zählen unter anderem die Pädiatrie, die Intensivmedizin, die Orthopädie, erste Hilfe und Operationen. Die Behandlung in diesem Krankenhaus ist kostenfrei, sofern man es schafft einen Platz zu bekommen (Time 31.8.2016).

 

Das Komitee des internationalen Roten Kreuz (ICRC)

 

Zugang zu Gesundheitsbehandlung bleibt schwierig in jenen Gegenden, in denen die Sicherheitslage schwach ist.

 

Das ICRC

 

stellt medizinische Unterstützung dem staatlich geführten Sheberghan Krankenhaus im Norden und dem regionalen Mirwais Krankenhaus im Süden zur Verfügung

 

stellt technische und finanzielle Unterstützung für 47 ARCS Kliniken (Afghan Red Crescent Society) und lokalen Freiwilligen, die Menschen in Konfliktgebieten medizinische Hilfe anbieten, zur Verfügung stellt auf Anfrage medizinische Arzneiwaren, jenen Krankenhäusern zur Verfügung, in denen Massenverletzte sind unterstützt im Süden das Betreiben eines Taxidienstes, der Verwundete in Krankenhäuser bringt sendet medizinische Ausrüstungen in jene Konfliktgegenden, um Notfälle zu behandeln betreibt sieben physikalische Rehabilitationszentren (diese werden oftmals als orthopädische Zentren in Afghanistan bezeichnet), in diesen werden Rehabilitation und soziale Integration für tausende Menschen mit Amputationen oder anderen Behinderungen angeboten bildet Physiotherapeut/innen aus, die Menschen mit Rückenmarkverletzungen zu Hause besuchen (ICRC 2.9.2016).Telemedizinprojekt durch den Mobilfunkanbieter Roshan.

 

Das Telemedizinprojekt, verbindet Ärzte in ländlichen Gegenden mit Spezialist/innen im französischen Kindermedizininstitut in Kabul und dem Aga Khan Universitätskrankenhaus in Pakistan. Durch eine Hochgeschwindigkeits-Videoverbindung werden arme Patient/innen auf dem Land von Expert/innen diagnostiziert. Die von Roshan zur Verfügung gestellte Technologie ermöglicht es afghanischen Ärzten im Institut zudem, durch komplizierte Behandlungen geleitet zu werden, für die sie sonst nicht die Expertise hätten (Good Impact 17.12.2016).

 

Rückkehr

 

Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017); viele von ihnen sind, laut Internationalem Währungsfonds (IMF), hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen (RFL/RE 28.1.2017). Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich - laut UNHCR - in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (UNHCR 6.2016).

 

IOM verlautbarte eine Erhöhung von 50.000 Rückkehrer/innen gegenüber dem Vorjahr. UNHCR hat im Jahr 2016 offiziell 372.577 registrierte Afghanen in die Heimat zurückgeführt. Laut UNHCR und IOM waren der Großteil der Rückkehrer junge Männer aus dem Iran, die auf der Suche nach Arbeit oder auf dem Weg nach Europa waren (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017). Der Minister für Flüchtlinge und Repatriierung sprach sogar von einer Million Flüchtlinge, die im letzten Jahr nach Afghanistan zurückgekehrt sind - davon sind über 900.000 freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt sind (Khaama Press 17.1.2017).

 

Afghanische Rückkehrer/innen, afghanische Flüchtlinge und nicht registrierte Afghan/innen

 

Iran

 

Seit 1. Jänner 2016 sind insgesamt 461.112 nicht-registrierte Afghan/innen aus dem Iran nach Afghanistan zurückgekehrt. In der zweiten Jännerwoche 2017 sind insgesamt 9.378 nicht registrierte Afghan/innennach Afghanistan durch Herat oder Nimroz zurückgekehrt; von diesen sind 3.531 freiwillig und 5.847 im Zuge von Abschiebungen zurückgekehrt - 2% der nicht registrierten Afghan/innen, die in den Transitzentren in Herat oder Nimroz ankamen, wurden von IOM unterstützt. Dazu zählten 101 UMF (Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge), denen IOM eine besondere Unterstützung zukommen ließ, inklusive medizinischer Behandlung, sichere Unterkünfte und die Suche nach Familienangehörigen (IOM 15.1.2017).

 

Ein UNHCR-Vertreter berichtete, dass afghanische Flüchtlinge in Gegenden zurückkehrten, in denen der Friede wieder hergestellt wurde. Dennoch sei es schwierig, alle afghanischen Flüchtlinge eines Jahres zu verteilen, da der Iran afghanische Migrant/innen zurückschickt und Afghanistan eine Anzahl wohnungsloser Menschen hat, die zusätzlich die Situation verkomplizieren (Pakistan Observer 2.1.2017). Die IOM-Transitzentren in Grenznähe bieten elementare Unterkünfte, Schutz für unbegleitete Minderjährige, Haushaltsgegenstände (Töpfe und Pfannen), sowie Transportmöglichkeiten für Familien, um sich in ihren Wunschgebieten ansiedeln zu können (DAWN 12.1.2017).

 

Unterstützung durch verschiedene Organisationen Vorort

 

Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragenden und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch (IOM 2016).

 

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme - WFP) hat in Afghanistan eine neunmonatige Operation eingeleitet, um die wachsenden Zahl der Rückkehrer/innen aus Pakistan und Binnenvertriebe zu unterstützen, indem ihnen Notfallsnahrung und andere Mittel zur Verfügung gestellt werden:

Sowohl das WFP als auch andere UN-Organisationen arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Die Organisation bietet 163.000 nicht-registrierten Rückkehrer/innen, 200.000 dokumentierten Rückkehrer/innen und 150.000 Binnenvertriebenen, Flüchtlingen Nahrungs- und Finanzhilfe an; auch 35.000 Flüchtlinge in den Provinzen Khost und Paktika wurden unterstützt. Das WAFP hat seine Unterstützungen in Ostafghanistan verstärkt - um Unterernährung zu vermeiden; das WFP unterstützte mehr als 23.000 Kleinkindern aus Rückkehrer-Familien. Ziel des WFP ist es 550.000 Menschen durch Notfallsorganisationen zu helfen (UN News Centre 15.11.2016).

 

Einige Länder arbeiten auch eng mit IOM in Afghanistan im Rahmen des Programms Assisted Voluntary Return zusammen - insbesondere, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerber/innen Unterstützung nach der Ankunft im Land (AA 9 .2016). Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrer/innen in Afghanistan anbieten (IOM 2016).

 

Erhaltungskosten in Kabul

 

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).

 

Auszüge aus dem Bankensystem in Afghanistan

 

Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist einfach in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird nach folgendem fragen: Tazkira/ (Personalausweis/Pass); 2 Passfotos und AFA 1,000 bis 5,000 als Mindestkapital für das Bankkonto (IOM 2016).

 

Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv:

Afghanistan International Bank, Azizi Bank, Arian Bank, Alfalah Bank Ltd., Bank-E-Millie Afghan, BRAC Afghanistan Bank, Development Bank of Afghanistan, Export Promotion Bank, Habib Bank of Pakistan, Kabul Bank, National Bank of Pakistan, Pashtany Bank, Punjab National Bank - India, The First Microfinance Bank, Ghazanfar Bank, Maiwand Bank, Bakhtar Bank. Zu deren Leistungen zählen: Internationaler Geldtransfer via SWIFT (Society For World Wide Interbank Funds Transfer), inländische Geldtransfers in Afghanistan, diverse Kreditprodukte und andere Handelsleistungen, sowie Sparen und Girokonten (IOM 2016).

 

Internationaler Geldtransfer via SWIFT ist seit 2003 über die Zentralbank verfügbar. Auch kommerzielle Banken bieten derzeit internationalen Geldtransfer an, manche nutzen eigene Möglichkeiten, andere greifen auf die Ressourcen der Zentralbank zurück. Die Zentralbank kann die Nachfrage des Bankensektors nach Bargeld in afghanischer Währung sowie in US Dollar bedienen. Um Geld nach Afghanistan zu überweisen, müssen die Betroffenen ein Konto in Afghanistan haben. Die Zentralbank beabsichtigt, sich vom kommerziellen Bankgeschäft zurückzuziehen, da die kommerziellen Banken ihre Tätigkeiten in Afghanistan ausbauen. Die Zentralbank kann Überweisungen und andere Bankdienstleistungen in den Provinzen in ganz Afghanistan gewährleisten (IOM 2016). Geldtransferanbieter wie Western Union sind ebenfalls weit verbreitet (IOM 2016; vgl. auch: Western Union Holdings, Inc 2016 und Azizi Bank 2014).

 

Ausbildungen für Rückkehr/innen in Afghanistan

 

In Afghanistan bieten staatliche Schulen, unter Leitung des Ministeriums für Bildung, und private Berufsschulen, Trainings/Ausbildungen an. Die Einschreibung an Bildungseinrichtungen können Rückkehrer/innen beim Ministerium für Rückkehr beantragen. Diese verweisen Rückkehrer/innen an die Bildungsabteilung in Kabul (Marif Shahr); danach werden die Rückkehrer/innen in jenen Bildungseinrichtung eingeschrieben, deren nachgewiesenem Bildungsniveau sie entsprechen. Um ausländische Abschlüsse anzuerkennen, sollten relevante Unterlagen (Zeugnisse, Diploma oder Abschlüsse) an das Ministerium für ausländische Angelegenheiten geschickt werden. Unter der Bedingung, dass diese Unterlagen zuvor vom Ministerium für ausländische Angelegenheiten im Gastland geprüft wurden, wird das Ministerium die Unterlagen akzeptieren. Danach werden die Unterlagen an das Ministerium für höhere Bildung weitergeleitet. Im Anschluss werden die vom Ministerium anerkannten Kopien der Unterlagen an den Inhaber zurückversandt (IOM 2016).

 

Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen

 

Laut UNHCR handelt es sich bei afghanischen UMF allgemein um männliche unbegleitete Kinder im Alter zwischen 13 und 17 Jahren, die so eine Reise auf sich nehmen - motiviert werden sie aus unterschiedlichen Gründen. Diese zusammenhängenden Faktoren inkludieren Armut, Unsicherheit, inadäquate Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten, sowie Erwartungshaltung von Familie und Peergruppe. Sowohl aus Gegenden mit einer geringen Zahl an entsandten Kindern, als auch aus Gegenden mit einer hohen Zahl entsandter Kinder, waren europäische Länder typischerweise das gewünschte Ziel. Der Iran wurde teilweise als Zwischenstation ausgewählt, da dort lebende Familienmitglieder und Verwandte helfen konnten Arbeit zu finden. Die Hauptabreiseorte waren Herat, Islam Qala [Anm.: im Westen von Herat] und Nimroz. Es ist allgemein bekannt, dass Schmuggelnetzwerke für diese Reise verwendet werden (UNHCR 12.2014).

 

Auszug aus der gutachterlichen Stellungnahme des landeskundlichen Sachverständigen Dr. Sarajuddin RASULY in der öffentlichen mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts zu W169 2007031-1:

 

[...]

 

Fragen an den SV:

 

1) Hat der BF als Zugehöriger der Volksgruppe der Hazara im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland (Heimatdorf) Verfolgung zu befürchten? Sollte dies der Fall sein, könnte der BF diesbezüglich staatlichen Schutz in Anspruch nehmen?

 

2) Droht dem BF im Heimatland/Heimatdorf eine mögliche Zwangsrekrutierung durch die Taliban?

 

3) Würde dem BF auf Grund seiner (langen) Abwesenheit aus Afghanistan eine pro-westliche-Haltung unterstellt werden? Wenn ja, welche Konsequenzen hätte dies für den BF?

 

SV erstattet folgendes Gutachten:

 

Zu 1:) [...] Die Angehörigen der Ethnie der Hazara unterliegen nicht einer Gruppenverfolgung bzw. die Führung dieser Ethnie ist seit dem Sturz des Taliban-Regimes 2001 ein Teil der staatlichen Macht mit exekutiven Möglichkeiten. Eine gezielte Gruppenverfolgung gegen diese Ethnie kann auf alle Fälle von der Führung, die auch militärisch ausgerüstet ist, abgewehrt werden.

 

Aber es kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Hazaras auf den Hauptstraßen, wenn sie sich auf der Reise befinden, von den Taliban entführt bzw. getötet werden. Dieser Vorgang der Taliban ist jedoch nicht nur gegen die Hazaras gerichtet, sondern gegen jeden Afghanen, den die Taliban gerade für einen Feind erklären, unabhängig von der Ethnie. Die Taliban haben am 31. Mai 200 Personen in Kunduz entführt, die Tadschiken, Usbeken und Paschtunen waren und kaum waren Angehörige der Ethnie der Hazara darunter.

 

[...]

 

Zu 2:) Betreffend die Zwangsrekrutierung möchte ich [...] ausführen, dass die Hazara-Gemeinschaften in Afghanistan von den Hazaras selbst geführt und als staatliche Macht verwaltet werden. Die Taliban haben nicht die Möglichkeit, in diesen Gemeinschaften einzudringen und einzelne Personen zwangszurekrutieren. Die Taliban können in diese Gemeinschaft nur eindringen, wenn sie gegen die gesamte Gemeinschaft und die staatliche Macht einen Angriff starten und dort einen Krieg führen. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass die Hazara Schiiten sind und es ist mir nicht bekannt, dass die Taliban in ihrer Reihe einzelne Schiiten bzw. Hazaras als Kämpfer unter Zwang mitnehmen.

 

Zu 3): Seit Beginn des Krieges vor mehr als 36 Jahren haben mehr als 8 Millionen Afghanen Afghanistan verlassen. Davon leben mehr als 1 Million Menschen in Europa und Amerika. Von den 8 Millionen sind nicht alle im Ausland geblieben, aber die Afghanen sind froh, dass ihre Familienmitglieder, vor allem aus wirtschaftlichen und Sicherheitsgründen, sich in sichere Länder begeben. Daher wird der lange Aufenthalt eines Afghanen im europäischen Ausland auf keinen Fall in der afghanischen Gesellschaft negativ aufgenommen. Der lange Aufenthalt eines Afghanen wird in Afghanistan sogar als eine Bereicherung angesehen. Diese obigen Ausführungen beruhen vor allem auf meinen eigenen Wahrnehmungen, die ich während meiner Forschungsreisen nach Afghanistan, zuletzt vom 21. März bis 02. April 2016, gemacht habe.

 

Auszug Gutachten von Mag. Karl MAHRINGER vom 05.03.2017:

 

[...]

 

II. Wie stellen sich die Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte in diesen Städte, differenziert anhand folgender Kriterien, dar?

 

a) erwerbsfähige Rückkehrer ohne relevante Schul- und/ oder Berufsausbildung

 

b) erwerbsfähige Rückkehrer mit grundlegender Schul- und/ oder Berufsausbildung

 

c) erwerbsfähige Rückkehrer mit fundierter Schul- und/ oder Berufsausbildung

 

Die afghanische Verfassung sieht ein Grundrecht auf kostenfreie Ausbildung inklusive Internate und Verpflegung vor (Grundschule) bis zum BA vor, aber es gibt keine Berufsschule; es gibt jedoch Berufsgymnasien vergleichbar unseren berufsbildenden Höheren Schulen. Es ist aber davon auszugehen, dass dieser Verfassungsgrundsatz zurzeit nur in den Städten wirksam ist. In allen Gesprächen konnte kein Unterschied hinsichtlich der Schul- und oder Berufsausbildung in Fragen der Arbeitsmarktchancen festgestellt werden, unabhängig ob Schul- und oder Berufsausbildung, es hängt vom Einsatz des Arbeitssuchenden oder seiner Kontakte ab ob er Arbeit findet.

 

In vielen Handwerksberufen herrscht noch eine zunftähnliche Struktur vor. In allen Bereichen fehlt es an qualifizietren Bewerbern. Die berufliche Ausbildung in Handwerksbetrieben erfolgt in diesen Zünften.

 

Afghanistan hat auch ein Gesetz für einen Mindestlohn. Dieser beträgt zurzeit Afghani 5000 (entspricht am 2/20/2017 ca. 75$) monatlich und gilt nur für Arbeiter im öffentlichen Sektor, der private Sektor hat keinen Mindestlohn, wobei aber im Arbeitsrecht vorgesehen, ist das der Lohn für Arbeiter im privaten Sektor nicht kleiner sein soll als für Arbeiter im öffentlichen Sektor.

 

Viele Organisationen bieten bereits Arbeitsplätze über das Internet an. Fast alle Arbeitsplätze, der internationalen Gemeinschaft, für Afghanen werden öffentlich übers Internet angeboten.

 

Die Unterscheidung der Verdienstmöglichkeiten erfolgt in der Regel nicht über die berufliche oder schulische Ausbildung sondern über die Arbeitgeber. In den Städten Kabul (besonders bemerkbar), Herat und Mazar-e Sharif gibt es einen Drang der Arbeitssuchenden zu den internationalen Organisationen, internationalen Firmen und ausländischen NGO¿s da diese sehr oft ein Mehrfaches des vergleichbaren Lohnes im afghanischen, privaten Sektor bezahlen (Anzahl der NGO¿s Anlage 5).

 

d) Fragestellung a) bis c), wenn bereits Arbeitserfahrung (in oder außerhalb Afghanistans) gesammelt wurde (etwa: Landwirtschaft, handwerkliche Tätigkeit, Fabrikarbeit, Verkaufstätigkeit, Gelegenheitsarbeit)?

 

Arbeitserfahrungen sind auch in Afghanistan ein Vorteil bei der Arbeitssuche wobei, viele Unternehmen die Erfahrung machen, das Rückkehrer zu hohe Erwartungen hinsichtlich des Einkommens und ihrer Kenntnisse haben. Mehrere Gesprächspartner aus der Wirtschaft berichteten von Erfahrungen mit Rückkehrern. Deren Erfahrung ist, dass Rückkehrer ihre Unterstützung im Ausland ohne Arbeit, vergleichen mit den afghanischen Lohn und damit argumentieren warum sie für einen so geringen Lohn (afghanischer Standard) arbeiten sollten, wenn sie im Ausland ein mehrfaches ohne Arbeit bekommen.

 

e) Besteht die Möglichkeit der Verrichtung allenfalls minderqualifizierter Tätigkeit auch für jene Rückkehrer, die über keine hinreichende Schul- und/oder Berufsausbildung oder Arbeitserfahrung verfügen?

 

Es gibt auch die Möglichkeit für Rückkehrer ohne Ausbildung, die staatlichen Behörden stellen viele Mitarbeiter mit geringer oder keiner Qualifikation zum Mindestlohn an. Des Weiteren gibt es eine Vielzahl von Arbeitsmöglichkeiten im privaten Sektor. Arbeitsmöglichkeiten für minderqualifizierte Rückkehrer bedarf besonderer Anstrengungen der Arbeitsuchenden.

 

[...]

 

b) ist die Sicherung existenzieller Bedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit (differenziert nach den Gruppen II.a) bis c)) realistisch?

 

Bei entsprechenden Anstrengungen des Rückkehrers ist dies ohne Einschränkungen möglich. Die Arbeitssuche ist in den Städten einfacher als auf dem Land. Eine Unterstützung öffentlicher Institutionen (Vergleichbar mit dem AMS in Österreich) gibt es nicht. Eine Differenzierung nach Gruppen ist nicht notwendig und für alle Gruppen sind Möglichkeiten der Existenzsicherung gegeben.

 

[...]

 

d) Erscheint es realistisch, auch von Verwandten Unterstützung zu bekommen, zu denen seit langem oder bisher noch gar kein Kontakt bestand?

 

Grundsätzlich möglich, allerdings im Bereich der Sachleistungen wie Unterkunft, Essen und nur für eine beschränkten Zeitraum. Festgestellt konnte in diesen Zusammenhang in Gesprächen werden, das der Kontakt zwischen Familienmitgliedern und Verwanden nie abreißt. Mit großer Überzeugung konnten in Afghanistan verbleibente Familien immer erklären wo deren Verwandte und Familienmitglieder in Ausland gerade sind, welchen Status im Asylverfahren diese gerade haben etc. Viele Afghanen sind mit ihren sich im Ausland aufhaltenden Familienmitgliedern und Verwandten im permanenten Kontakt.

 

VI. a) Inwiefern unterscheidet sich die Lebenssituation aus dem Ausland zurückkehrender Afghanen von der in Kabul ansässigen Bevölkerung?

 

Es kann kein Unterschied der Lebensumstände festgestellt werden. In Gesprächen mit freiwilligen, allein reisenden, männlichen Rückkehrern konnte allerdings entnommen werden, dass je länger die Abwesenheit von Afghanistan dauerte, desto schwieriger war die Rückintegration. Die Gesprächspartner erwähnten wiederholt wie schwierig es war nach der Rückkehr nach Afghanistan sich an die unterschiedlichen Standards der Infrastruktur zu gewöhnen. Rückkehrer in Herat und Mazar e Sharif sahen ihre Rückkehr einfacher als in Kabul. Alle Gesprächspartner bemängelten das Fehlen von Informationen über Ansprechpartner in den Zielstädten. Für alle war die Einreise am Flughafen problemlos.

 

b) Verunmöglicht die Unkenntnis der örtlichen/infrastrukturellen Gegebenheiten (etwa Rückkehrer, die sich noch nie zuvor in afghanischen Großstädten aufgehalten haben; lange Abwesenheit aus Afghanistan) eine Existenzsicherung?

 

Auch wenn die Rückkehrer noch nie zuvor in einer afghanischen Großstadt länger gelebt hatten ergab sich aus der Rückkehr in eine afghanische Großstadt kein Problem. Die Tatsache noch nie in einer afghanischen Großstadt gelebt zu haben hatte keinen Einfluss auf die Existenzsicherung.

 

Aus den Gesprächen mit Rückkehrer konnte festgestellt werden, dass die Arbeitssuche in der Großstadt einfacher war als in ländlichen Gebieten, die soziale Integration in den ländlichen Gebieten einfacher war. Die Aneignung von Kenntnissen der örtlichen Gegebenheiten und der vorhandenen Infrastruktur erfolgte innerhalb kürzester Zeit. Für die Rückkehrer war die Ankunft in einer afghanischen Großstadt, auch wenn diese ursprünglich aus ländlichen Gebieten kamen, keine besondere Erschwernis. In diesem Zusammenhang sei auf die afghanische Binnenmigration verwiesen. Binnenmigration, ländliche Gebiete nach nächster größerer Stadt gefolgt von Distriktstadt und über Provinzhauptstadt nach Kabul.

 

VII. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Rückkehrsituation je nach Zugehörigkeit zu bestimmten Volksgruppen (Paschtunen/Hazara/Tadschiken/Usbeken/Aimaken/ Turkmenen/Belutschen) variiert bzw. die Existenzsicherung für Angehörige einer bestimmten Volksgruppe ungleich schwieriger ist?

 

Übereinstimmend haben die Gesprächspartner diese Frage verneint. Obwohl sich die die verbindliche Akzeptanz des Paschtu Wali in der Auflösung befindet und nur noch in den ländlichen Gebieten seine volle Wirkung entfaltet kann, wirkt der Familienzusammenhalt bei den Pashtunen noch immer. Bei den Hazara kann man ein verstärktes "Wir" Gefühl feststellen. Obwohl sich die Hazara als Einheit sehen und der Unterschied zwischen Zwölfer und Siebener Schia in Afghanistan nicht wahrnehmbar ist, so muss festgestellt werden, das die Siebener Schia - Ismailiten des Agha Khan, auf allen Eben bestens organisiert und vernetzt sind. Es ist allgemeines Verständnis, sich zuerst innerhalb der eigenen Ethnie zu helfen.

 

Gemäß der afghanischen Verfassung sind alle Afghanen gleich und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie ist kein Grund zur Benachteiligung. In der Praxis allerdings ist der Zusammenhalt zuerst zwischen den Ethnien gegeben. Am Beispiel der Ministerien soll dies veranschaulicht werden. Der Minister des MoRR ist Hazara, folglich sind die meisten Mitarbeiter im MoRR Hazara. Dies ist aber nicht gleichbedeutend dass, das Ministerium nicht nur Hazara Rückkehrer betreuen würde. Pashtunische Minister haben hauptsächlich pashthunische Mitarbeiter etc. (Ein System vergleichbar mit dem ehemaligen Proporzsystem der verstaatlichen Industrie in Österreich).Die afghanischen Gesprächspartner sahen dies nicht als generelle Benachteiligung.

 

[... ]

 

Gutachten

 

[... ]

 

II. Wie stellen sich die Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte in diesen Städte, differenziert anhand folgender Kriterien, dar?

 

a) erwerbsfähige Rückkehrer ohne relevante Schul- und/ oder Berufsausbildung

 

b) erwerbsfähige Rückkehrer mit grundlegender Schul- und/ oder Berufsausbildung

 

c) erwerbsfähige Rückkehrer mit fundierter Schul- und/ oder Berufsausbildung

 

Eine differenzierte Beantwortung von a) bis c) ist nicht möglich und hat keine Auswirkung auf die Möglichkeiten. Die Verdienstmöglichkeiten für männliche Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte sind ohne Einschränkung in den Punkten a) bis c) gegeben.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

 

Die Feststellungen zur Identität, Nationalität, Volksgruppe, Religionszugehörigkeit, Herkunft, Schulbildung, zu den Familienverhältnissen, dem Ausbildungsstand sowie dem Aufenthalt und Leben im Iran gründen auf den insofern unbedenklichen und im gesamten Verfahren gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers. Auch die belangte Behörde hat dessen afghanische Staatsangehörigkeit nicht angezweifelt und ihrer Entscheidung zugrunde gelegt.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerdeführer zudem seine Angaben betreffend seine bisherigen Arbeitserfahrungen bestätigt und angegeben, in regelmäßigem telefonischem Kontakt mit seinen Angehörigen zu stehen, sodass die diesbezüglichen Ausführungen ebenfalls gemäß dem Vorbringen des Beschwerdeführers den Feststellungen zu Grunde gelegt werden konnten.

 

Der Beschwerdeführer hat ferner im gesamten Verfahren gleichbleibend und vollständig glaubhaft dargelegt, dass er den Iran aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat, da er wegen seines illegalen Aufenthaltes dort weder einer geregelten Arbeit nachgehen noch die Schule besuchen konnte. Zudem fürchtete er von den iranischen Behörden nach Afghanistan abgeschoben zu werden bzw. Schutzgeld zahlen zu müssen, um eine Ausweisung auf Grund seines nicht legitimierten Aufenthaltes zu vermeiden. Im Iran würden Afghanen diskriminiert, sodass er sich entschieden habe das Land zu verlassen (vgl. dazu (Aktenseite) AS 98 bzw. (Protokoll Seite) PS 7). Auf Basis dessen war daher festzustellen, dass rein wirtschaftliche Erwägungen ausschlaggebend dafür waren, dass der Beschwerdeführer den Iran verlassen hat und auch nicht nach Afghanistan zurückkehren wollte. Dies wird von ihm auch im Rahmen seiner Ersteinvernahme vor der belangten Behörde auf Nachfrage dezidiert bestätigt. Dieses Vorbringen betrifft jedoch nicht den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, sodass die geschilderten Repressionen, welchen er im Iran ausgesetzt war, für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts nicht weiter von Relevanz sind. Der Verweis in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, wonach der Beschwerdeführer auf Grund seines illegalen Aufenthaltes im Iran der permanenten Gefahr ausgesetzt gewesen sei, festgenommen und nach Afghanistan abgeschoben zu werden oder "in den schiitischen heiligen Krieg" gegen Syrien ziehen zu müssen, beziehen sich ebenfalls nicht auf dessen Herkunftsstaat und sind daher - wie ausgeführt - im vorliegenden Verfahren unbeachtlich.

 

Die Länderfeststellungen gründen auf dem Länderinformationsblatt des BFA, Stand 25.09.2017, dem Gutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Mag. Karl Mahringer (im Folgenden: "Mahringer" oder der "Sachverständige" genannt) vom 05.03.2017 (im Folgenden: "GA Mahringer" genannt), der gutachterlichen Stellungnahme des gerichtlich zertifizierten landeskundlichen Sachverständigen Dr. Sarajuddin Rasuly in dem zu W169 2007031-1 vor dem Bundesverwaltungsgericht abgeführten Verfahren und den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Afghanistan kommt den Aussagen von Mag. Mahringer besondere Glaubwürdigkeit zu.

 

Die von Seiten des Beschwerdeführers gegen das Gutachten Mag. Mahringer erhobenen Einwendungen sind nicht geeignet dessen Vollständigkeit und Schlüssigkeit in Zweifel zu ziehen, zumal den Ausführungen weder das insoweit notwendige fachbezogene Gewicht zukommt, um der gutachterlichen Stellungnahme fundiert entgegentreten zu können, noch die behaupteten Widersprüchlichkeiten tatsächlich dargelegt wurden. Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer in seinen Ausführungen, insbesondere in der Beschwerdeergänzung vom 02.11.2017, wiederholt zu Aussagen hinreißen lässt, die evident die Grenze der Sachlichkeit überschreiten, wie etwa des Vorwurfs, dass sich das Gutachten "als inhaltsleer und künstlich aufgebläht" erweise oder der Unterstellung unterbliebener Ermittlungstätigkeit des Sachverständigen auf Grund der Besorgnis um die eigene Sicherheit, muss letztlich im Sinne einer mangelnden Objektivität gewürdigt werden, sodass die diesbezüglichen Ausführungen - ungeachtet des Umstandes, dass sie dem Gutachten nicht auf derselben fachlichen Eben entgegentreten - nicht geeignet sind, dessen besondere Beweiskraft in Zweifel zu ziehen. Auch die Bezeichnung des Gutachtens als "besondere Pikanterie" und die dazu vorgebrachten Argumente verlassen die Schwelle der hier notwendigen Objektivität, um fachlich geeignet zu sein, die Schlüssigkeit und Vollständigkeit des Gutachtens Mag. Mahringer fundiert zu hinterfragen. Sämtliche für die Beurteilung des vorliegenden Falles entscheidungswesentlichen Aspekte werden im GA Mahringer vollständig behandelt, sodass dieses vorliegend zur Beurteilung der Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Existenzsicherung des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückführung entsprechend den Feststellungen zu Grunde gelegt werden konnte. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, worauf auch die Ausführungen in der Beschwerdeergänzung vom 02.11.2017 letztlich Bezug nehmen, dass regional und sogar innerhalb von Provinzen bzw., insbesondere in Kabul, zwischen einzelnen Stadtbezirken Unterschiede im Hinblick auf die Sicherheits- und Versorgunglage bestehen. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdeergänzung - unter Hinweis auf das dazu zitierte Berichtsmetarial - reichen jedoch nicht aus, um signifikante existenzbedrohende Verhältnisse im Sinne exponentieller Umstände in der insoweit notwendigen Intensität einer realen Gefahr zu begründen. Mit dem Aufzeigen der bloßen Möglichkeit einer schwierigen Lebenssituation bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, gelingt es dem Beschwerdeführer - ungeachtet der teilweise grob unsachlichen Argumentation - nicht die vorliegend entscheidungswesentlichen gutachterlichen Schlussfolgerungen fundiert in Zweifel zu ziehen, sodass dem Vorbringen nicht weiter zu folgen war.

 

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie dem vor dem Bundesverwaltungsgericht abgeführten Verfahren und im Besonderen der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass der Beschwerdeführer ausreichend Zeit und Gelegenheit hatte, eventuelle Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel und geeignete Nachweise zur Untermauerung seines Vorbringens vorzulegen. Er wurde auch mehrmals zur umfassenden und detaillierten Schilderung seiner Fluchtgründe aufgefordert sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt.

 

Der Beschwerdeführer konnte im gesamten Verfahren letztlich nicht bestätigen in seinem Heimatland jemals selbst unmittelbar von Bedrohung oder Verfolgung auf Grund seiner Nationalität, seiner Rasse, seiner politischen Gesinnung, Religion oder seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe betroffen gewesen zu sein. Er hatte niemals Schwierigkeiten mit den afghanischen Behörden oder einer extremistischen Gruppierung. Die Behauptung des "Nachwirkens" der Umstände, die die Familie des Beschwerdeführers vor fast zwei Jahrzehnten veranlasst haben, Afghanistan zu verlassen und in den Iran zu gehen, die - wie in der Beschwerdeergänzung vorgebracht - nunmehr auch auf den Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in sein Heimatland durchschlagen würden, sind vorliegend nicht geeignet, um eine aktuelle Gefährdungssituation von maßgeblichem Ausmaß, der der Beschwerdeführer in seinem Heimatland unmittelbar ausgesetzt wäre, zu begründen. Entsprechendes gilt für das Vorbringen, wonach der Vater des Beschwerdeführers erzählt habe, Afghanistan im Jahr 1999 wegen den Taliban verlassen zu haben sowie, dass die Familie des Beschwerdeführers auch nach fast 20 Jahren Aufenthalt im Iran keinen legalen Aufenthaltsstatus erlangen habe können, folglich eine Verfolgungsgefahr nach wie vor aufrecht sei. Aus welchem Grund sich daraus ein unmittelbares Risiko einer konkret gegen den Beschwerdeführer gerichteten Bedrohung oder Verfolgung in seinem Heimatland ableite, vermag das Bundesverwaltungsgericht nicht zu erkennen und wird auch vom Beschwerdeführer bzw. dessen rechtfreundlichem Vertreter nicht näher erläutert. Auch die Angaben des Beschwerdeführers in der Stellungnahme vom 28.11.2016, wonach es neben der Bedrohungslage durch die Taliban zudem Probleme mit den sich in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers in den Sommermonaten niederlassenden Nomaden gegeben habe, begründet keine aktuelle Verfolgung, der der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr ausgesetzt wäre. Mangels rechtlicher Relevanz konnten daher Feststellungen dazu unterbleiben.

 

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara in Ghazni keiner Verfolgung allein auf Grund seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe im Sinne einer "Gruppenverfolgung", ausgesetzt ist, folgt aus den herkunftslandbezogenen Länderfeststellungen, den zufolge in jüngster Zeit keine Entführungsfälle der hazarischen Bevölkerung mehr registriert werden konnten, sodass kein besonderes, über die allgemeinen Risiken des bestehenden Konflikts hinausgehendes, Gefährdungspotential dieser Volksgruppe angenommen werden konnte.

 

Auch das nicht weiter substantiierte Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan bzw. nach Kabul Übergriffe des IS bzw. der Taliban fürchte, da sie ihn auf Grund seines Farsi Dialekts erkennen würden, ist mangels Konkretisierung im Hinblick auf das Bestehen eines exponierten Risikos der Bedrohung oder Verfolgung nicht geeignet, um eine Gefährdungslage, die mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erwartet werden muss und den insoweit notwendigen Grad an Intensität erreicht um von rechtlicher Relevanz zu sein, zu begründen. Letztlich beruhen die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers nur auf Annahmen auf Grund der allgemeinen Situation in Afghanistan. Eine in der Person des Beschwerdeführers gelegene Individualisierung im Sinne einer besonders erhöhten Gefahrenlage vermag er damit nicht darzulegen. Entsprechendes gilt für die Behauptung, wonach er sexuell missbraucht werden könnte. Aus welchem Grund gerade der Beschwerdeführer, insbesondere vor dem Hintergrund (wie die herkunftslandbezogenen Berichte belegen) von mehreren hunderttausend Rückkehrern unterschiedlichster Ethnien und Religionen aus dem Iran, in den besonderen Fokus der Aufständischen rücken sollte erklärt er nicht. Auch spricht das Alter des Beschwerdeführers auf Basis der Länderberichte gegen eine konkrete Gefahr von sexuellem Missbrauch bzw. von Bacha Bazi bedroht zu sein.

 

Hinzu kommt, dass diese vagen und allgemein gehaltenen Aussagen erst auf Nachfrage und erstmals in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgebracht wurden, sodass sich das erkennende Gericht nicht des Eindrucks zu erwehren vermag, dass diese neuen Bedrohungsrisiken, die der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr befürchtet, darauf gerichtet waren eine besondere in seiner Person gelegene Verfolgungsdichte zu begründen. Dies folgt letztlich bereits auf Grund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auf seinen Farsi Dialekt und das sich daraus ergebende Risiko der exponierten Gefahrenlage hinweist; demgegenüber in der Beschwerdeergänzung vom 02.11.2017 jedoch von einem besonderen Bedrohungsrisiko infolge des von ihm gesprochenen "iranisch gefärbten Dari" die Rede ist. Dem Vorbringen war daher insgesamt die Beachtlichkeit zu versagen.

 

Auch betreffend seiner Volksgruppenzugehörigkeit sowie seines schiitischen Glaubens konnte der Beschwerdeführer - trotz ausdrücklicher Nachfrage sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Verfahren - zu keinem Zeitpunkt eine Bedrohung oder Repressionen in seinem Herkunftsland bestätigen, sodass es auch hier an einer aktuellen, individuell gegen den Beschwerdeführer gerichteten Gefahrenlage von entsprechender Intensität, die dieser im Falle seiner Rückkehr befürchten muss, fehlt. Die dazu in der Beschwerdeergänzung angeführten Berichte weisen nicht den notwendigen Bezug zur konkreten Situation des Beschwerdeführers auf, sondern führen lediglich mögliche Gefährdungsrisiken ins Treffen, ohne konkret zu begründen, warum der Beschwerdeführer besonders Gefahr läuft von diesen betroffen zu sein. Eine Gruppenverfolgung von schiitischen Hazara in Afghanistan kann - wie im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ausführlich dargelegt - nach wie vor nicht angenommen werden.

 

Im Hinblick auf die Sicherheitslage in Afghanistan, insbesondere in der Stadt Kabul und das behauptungsgemäß dort bestehende erhöhte Gefährdungsrisiko konnte der Beschwerdeführer, vor dem Hintergrund des - wie die vorliegenden Länderfeststellungen aufzeigen - in seinem Herkunftsstaat vorherrschenden Konflikts ebenfalls keine asylrechtlich relevante Verfolgung, der er in exponierter Weise ausgesetzt wäre, aufzeigen. Auch sind unter Berücksichtigung sämtlicher zur Verfügung stehender Erkenntnisquellen und erhobenen Beweise im gesamten Verfahren keinerlei Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass insoweit eine asylrechtlich relevante Bedrohungssituation angenommen werden müsste.

 

Dass der Beschwerdeführer auf Grund eines westlich adaptierten Werteverständnisses infolge Unvereinbarkeit mit den Sitten und Gebräuchen seines Heimatlandes bzw. den geltenden gesellschaftlichen Verhaltensanordnungen von Verfolgung oder Bedrohung im Sinne physischer und/oder psychischer Gewalt im Falle seiner Rückkehr betroffen wäre, konnte angesichts der Dauer seines Aufenthaltes in Österreich von lediglich zweieinhalb Jahren nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer vermittelte zwar im Rahmen der mündlichen Verhandlung in glaubhafter Weise den Eindruck, um eine Integration in die österreichische Gesellschaft bemüht zu sein, seine bereits vorhandenen Deutschkenntnisse weiter verbessern sowie sich ehestmöglich in den Arbeitsmarkt integrieren zu wollen und die österreichische Kultur bzw. Lebensweise wertzuschätzen, aber es ist auf Grund der Kürze seines Aufenthalts in Zusammenhang mit dem von ihm in der mündlichen Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine westliche Lebenseinstellung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Intensität übernommen hat.

 

In der Beschwerdeergänzung vom 02.11.2017 werden diverse allgemein gehaltene herkunftslandbezogenen Berichte wiedergegeben, nach denen Rückkehrer aus dem "Westen" mit Verfolgung und erheblicher Diskriminierung zu rechnen hätten. Nicht ausgeführt wird jedoch warum eine solche Verfolgung den Beschwerdeführer konkret betreffen sollte. Der Beschwerdeführer hat auch weder vor der belangten Behörde noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben, eine Verfolgung aufgrund seines westlichen Lebensstils zu befürchten, sondern lediglich auf dessen Farsi Dialekt und die sich daraus ergebende mögliche Bedrohung, die jedoch - wie ausgeführt - nicht weiter substantiiert wurde, hingewiesen.

 

Zur behaupteten Gruppenverfolgung der Afghanen mit einem westlichen Lebensstil wird auf die Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung verwiesen.

 

Mangels näherer Substantiierung konnte auch nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthalts in Europa bzw. dem Iran konkret gegen ihn gerichtete Übergriffe bzw. physische und/oder psychische Gewalt drohen oder er diese im Falle der Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hat. Auch hier begründet der Beschwerdeführer nicht, warum gerade er sich gegenüber den anderen hunderttausenden Rückkehrern in einer derart exponierten Lage befindet, dass er in der entsprechenden Intensität von asylrelevanter Verfolgung betroffen sei. Die bloße Möglichkeit einer Gefährdung reicht auch hier nicht, um eine rechtliche Relevanz zu begründen. Auch aus den in das Verfahren eingebrachten herkunftslandbezogenen Berichten sowie der Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, ergaben sich kein Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer aus Europa, die ihr ganzes Leben im Iran verbracht haben, in besonderer Form von Gewalt und Verfolgung betroffen sind. Wie dargelegt, zeigen weder der pauschale Hinweis des Beschwerdeführers zur allgemein schwierigen Lage in seinem Heimatstaat und die potentiell möglichen Risiken, noch die umfassenden Ausführungen in den Beschwerdeergänzungen konkret bezogen auf dessen Situation eine signifikante Bedrohung von entsprechend individualisiertem Ausmaß auf, die der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle seiner Rückkehr zu erwarten hätte (vgl. dazu auch die länderspezifischen Feststellungen des landeskundlichen Sachverständigen Dr. Sarajuddin RASULY).

 

Der Vollständigkeit halber ist dazu festzuhalten, dass allein seit Jänner 2016 fast eine halbe Million Afghanen unterschiedlichster ethnischer und konfessioneller Zugehörigkeit aus dem Iran zurückgekehrt sind. Dies wäre undenkbar, wenn es nur halbwegs schlüssige Hinweise auf eine generelle Verfolgung dieser Personengruppe gäbe. Wie dargestellt nimmt auch die Beschwerdeergänzung vom 02.11.2017 kaum individualisiert auf die Situation des Beschwerdeführers Bezug, sondern zieht sich überwiegend auf Ausführungen zur allgemeinen Lage in Afghanistan zurück. Wie in der Stellungnahme mehrfach eingeräumt, handelt es sich bei den Ausführungen um "Quellenanalysen" der dazu erhobenen Berichte. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Lage des Beschwerdeführer selbst, der ein entsprechender Begründungswert im Hinblick auf die tatsächlich von ihm zu erwartenden Umstände und drohenden Gefahren, die eine derart exponentielle Gefahrenlage begründen würde, dass eine Rückführung unzumutbar ist, lassen die Ausführungen jedoch vermissen.

 

Zur behaupteten Gruppenverfolgung der Rückkehrer wird auf die Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung verwiesen.

 

Somit ist auch die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat darzulegen.

 

Den Ausführungen in der Beschwerdeergänzung vom 02.11.2017 war jedoch - wie sich in Zusammenschau mit den herkunftslandbezogenen Länderfeststellungen ergibt - dahingehend zu folgen, dass dem Beschwerdeführer eine Rückführung in seine Heimatprovinz (Ghazni) nicht zumutbar ist. Vor diesem Hintergrund war daher festzustellen, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Hauptstadt Kabul zur Verfügung steht.

 

Die Feststellungen zur zukünftig erwartbaren (existenziellen) Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr ergeben sich aus dessen Vorbringen, den obigen Länderberichten und aus den Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

 

Auch hier ist der Verweis auf allgemein bestehende konfliktbezogene Risiken - gemäß den weitschweifigen Ausführungen in der Beschwerdeergänzung vom 02.11.2017 unter teilweise wörtlicher Wiedergabe des dazu angeführten Fachartikels von "Stahlmann" nicht geeignet, um eine reale Gefahr existenzbedrohender Umstände in exponentieller Weise, die der Beschwerdeführer auf Grund individueller Eigenschaften besonders befürchten müsste und die daher eine Reintegration ausschließen, zu begründen. Wiederum wird nur auf bloß mögliche Szenarien verwiesen, ohne darzulegen, warum diese in der Person des Beschwerdeführers in signifikantem Ausmaß verwirklicht sind, sodass er von den möglichen Risiken besonders betroffen wäre. Wie sich aus den herkunftslandbezogenen Feststellungen ergibt, ist die allgemein schlechte Versorgungs- und Sicherheitslage bzw. Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt nicht solcherart, dass eine Rückführung generell auszuschließen wäre.

 

In seinen Einvernahmen hat der Beschwerdeführer zudem durchgängig gleichbleibend angegeben, im Iran im Verband seiner afghanischen Familie aufgewachsen zu sein und zudem afghanische Arbeitskollegen bzw. Freunde gehabt zu haben, mit denen er unter der Woche zusammen gewohnt hat, sodass festgestellt werden konnte, dass er mit den gesellschaftlichen Gepflogenheiten seines Heimatlandes vertraut ist. Die Feststellung zu den Sprachkenntnissen sowie seiner Arbeitserfahrung, woraus die Teilnahmemöglichkeit des Beschwerdeführers am Erwerbsleben abzuleiten war, ergibt sich ebenfalls aus seinen dazu gemachten Angaben. Dass der Beschwerdeführer in der Lage ist seine existenziellen Bedürfnisse zu sichern, folgt aus dem Umstand, dass er auch im Iran trotz seines illegalen Aufenthaltes in der Lage war, für ein ausreichendes Auskommen zu sorgen und auch seine Flucht selbst finanzieren konnte. In Zusammenschau mit den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers sowie den vorliegenden Länderfeststellungen, insbesondere zur Situation der Rückkehrer, steht dem Beschwerdeführer damit - ungeachtet der fehlenden Schuldbildung - die Möglichkeit offen in Kabul als Hilfsarbeiter eine Anstellung anzunehmen bzw. an seine bisherige Tätigkeit in Handel anzuschließen, um sich eine Existenzgrundlage aufzubauen. Vor diesem Hintergrund konnte daher davon ausgegangen werden, dass er über die notwendige Selbständigkeit verfügt um auch in Kabul einer Beschäftigung nachzugehen. Auch die Sicherheitslage dort ist - wie den obigen Länderfeststellungen zu entnehmen - verhältnismäßig gut.

 

Gemäß den Angaben des Beschwerdeführers lebt seine Familie im Iran in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen, sodass davon ausgegangen werden konnte, dass ihm - abgesehen von einer allfälligen Rückkehrunterstützung der vor Ort tätigen Hilfsorganisationen - zudem seitens seiner Familie die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung zur Verfügung steht, um sich eine Existenz aufbauen zu können. Ein großteils funktionierendes Bankensystem in Afghanistan ist gemäß den Länderfeststellungen vorhanden, sodass auch ein Transfer monetärer Mittel möglich ist.

 

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, der an einer Perianalfistel einschließlich entzündlicher Begleitsymptomatik leidet, ergeben sich aus den dazu von ihm vorgelegten medizinischen Unterlagen, denen zufolge ein operativer Eingriff empfohlen wird. Aktuell werden die Beschwerden konservativ behandelt. Bei der geplanten Operation handelt es sich jedoch weder um eine nachhaltige gesundheitliche Beeinträchtigung oder eine lebensbedrohliche Erkrankung, die eine Krankenbehandlung des Beschwerdeführers in Österreich notwendig machen würde. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer gemäß den dazu vorgelegten Unterlagen sowie seinen diesbezüglichen Aussagen regelmäßig in seiner Wohnortgemeinde Hilfstätigkeiten verrichtet und zudem zeitweise Sport treibt, ergibt sich, dass die bestehende Symptomatik den Beschwerdeführer offensichtlich nicht weiter einschränkt, sodass von dessen vollständiger Arbeitsfähigkeit ausgegangen werden konnte.

 

Auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz (www.sv.justiz.gv.at ) werden folgende Fachgebiete des länderkundigen Sachverständigen Mahringer für Afghanistan aufgelistet:

 

"Flüchtlingswesen: Ein umfassender Ansatz ist hier erforderlich. Ausgehend aus der klassischen Länderkunde (inkl. Recherche in den Herkunftsländern - Schwerpunkt Afghanistan, Irak, Syrien), der Risikoanalyse, der Betreuung der Flüchtlinge entlang der "Supply Chain" bis zu den Zielländern, der Asylprozess und die Rückführung der abgelehnten Asylanten sowie deren Reinintegrierung in den Herkunftsländern sowie der Integration in den Zielländern. Die Risikoanalyse umfasst sowohl die Bewertung des Herkunftslandes als auch die Risiken während der Flucht (inkl. Schlepperwesen) bis hin zum Bedrohungspotenzial im Zielland. Das Leistungsangebot umfasst sowohl Evaluierung stattgefundener Vorgänge als auch Lösungsvorschläge. Überprüfung von Standards, Mittelverwendung etc.

 

Entwicklungshilfe: Evaluierung von Entwicklungshilfeprojekte vor Projektbeginn als auch nach Projektabschluss, Benchmark Analyse, Effizientsanalysen, Studien zur Entwicklungshilfe. Analyse und Kontrolle der Mittelverwendung als auch der auftragsgemäße Verwendung. Nachhaltige Entwicklungshilfe-Konzepte. Finanzmanagement. Krisen- und Katastropenmanagement. Bewertung von Zusammenarbeit mit anderen Entwicklungsorganisationen und NGO¿s. Internationale Vernetzung von Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, Ökonomische und rechtliche Bewertung"

 

Aufgrund dieser Angaben auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz besteht kein Zweifel daran, dass Mahringer die notwendigen bzw. angegebenen Qualifikationen hat und daher für das Verfassen des GA Mahringer befähigt ist.

 

Die Erhebungen, Befragungen und Recherchen wurden nach den glaubwürdigen Angaben des Sachverständigen persönlich unter Zuhilfenahme je eines erfahrenen und absolut verlässlichen Mitarbeiters für Kabul, Mazar- e Sharif und Herat durchgeführt.

 

Es wurde auf umfangreiche Dokumente und Studien diverser Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen zurückgegriffen. Der Sachverständige kann zudem auf langjährige Erfahrung (seit 1976) in Afghanistan verweisen, sowohl im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der Entwicklungshilfe, des Flüchtlingswesens als auch dem privatwirtschaftlichen Sektor. Außerdem wurden in Afghanistan durch den Sachverständigen umfangreiche Befragungen und Erhebungen (600 Afghanen wurden im Rahmen eines über einen Monat dauernden Aufenthaltes in Afghanistan in Kabul, Mazare-e-Sharif und Herat (je 200 Personen) mittels Fragebogen zu ihrer subjektiven Sicht der Situation in Afghanistan sowohl aus der Sicht der Rückkehrer als auch der in Afghanistan Lebenden befragt) durchgeführt und dokumentiert. Der Sachverständige führt wohl zu Recht aus, dass es einen großen Unterschied der Bewertung aus subjektiver Sicht der Afghanen und den Erhebungen und Berichten der internationalen Gemeinschaft, welche in der Regel von westlichen Standards ausgeht, gibt. Es besteht kein Grund an den Angaben und Schlussfolgerungen im GA Mahringer zu zweifeln.

 

Selbst wenn bei dem GA Mahringer die Anforderungen an ein Gutachten nicht gegeben sein sollten (wovon das BVwG nicht ausgeht), würde es sich bei dem GA Mahringer um ein sonstiges Beweismittel handeln, welches aufgrund der Expertise des Sachverständigen und den durchgeführten umfangreichen Befragungen und Erhebungen vor Ort als glaubwürdig erachtet wird. Aus dem GA Mahringer ergibt sich jedenfalls zweifelsfrei, dass derzeit keine exzeptionellen Umstände in Kabul anzunehmen sind die annehmen lassen würden, dass der Beschwerdeführer dort keine Lebensgrundlage vorfindet und von ihm die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können.

 

Im Übrigen handelt es sich bei den Feststellungen von Thomas Ruttig um einen Kommentar bzw. bei den Feststellungen von Friederike Stahlmann um einen Artikel und nicht um ein Gutachten und sind Ruttig bzw. Stahlmann, aufgrund ihrer eigenen Angaben in dem Kommentar bzw. dem Artikel, keine gerichtlich beeideten Sachverständigen in Österreich. Dem Kommentar von Ruttig, bzw. dem Artikel von Stahlmann kommt daher insbesondere im Fall von Widersprüchen zu dem GA Mahringer ein geringerer Beweiswert zu. Der Beschwerdeführer ist dem GA Mahringer zudem - wie oben dargelegt - nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Durch das Kommentar Ruttig, bzw. den Artikel Stahlmann sind keine Zweifel an der Richtigkeit des GA Mahringer aufgetreten.

 

Die Feststellungen zur Lebenssituation des Beschwerdeführers in Österreich, seinen Deutschkenntnissen sowie den bestehenden sozialen Kontakten, die sich auf nicht nähere Bekanntschaften in seiner Wohnortgemeinde sowie seine Mitschüler beschränken, ergeben sich aus seinen eigenen Angaben sowie den von ihm dazu anlässlich seiner Einvernahme im behördlichen und gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen.

 

Die Feststellungen der strafgerichtlichen Unbescholtenheit sowie zur aktuellen Betreuungssituation ergeben sich aus der Einsichtnahme des Bundesverwaltungsgerichts in den aktuellen Strafregisterauszug des Beschwerdeführers sowie das Grundversorgungssystem.

 

Dass der Beschwerdeführer in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte hat folgt aus dessen Angaben im behördlichen und gerichtlichen Verfahren, wonach sich seine gesamte Familie nach wie vor im Iran aufhalte.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016).

 

Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Zu A):

 

1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 Statusrichtlinie [RL 2011/95/EU ] verweist.). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (in der Fassung des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 23.07.1999, 99/20/0208; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

 

Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

 

Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit aufgrund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

 

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.03.1999, 98/01/0352 mwN; 15.03.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).

 

Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, 92/01/0560). So erscheint es im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (VwGH 08.07.1993, 92/01/1000; 30.11.1992, 92/01/0832; 20.05.1992, 92/01/0407; 19.09.1990, 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat, spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, 92/01/0181). Auch unbestrittenen Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen ( VwGH 21.06.1994, 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH 23.01.1997, 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (siehe auch VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).

 

Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen -unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650).

 

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

 

Wie sich aus den im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellten Erwägungen ergibt, ist es dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht gelungen, eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung aufgrund eines Konventionsgrundes im Sinne der GFK glaubhaft zu machen:

 

Die vom Beschwerdeführer als zentral fluchtauslösend vorgebrachten Umstände beziehen sich nicht auf seinen Herkunftsstaat sondern stehen in ausschließlichem Zusammenhang mit seinem Aufenthalt im Iran und sind zudem primär wirtschaftlicher Natur. Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen besteht hier somit schon deshalb nicht, da sich die begründete Furcht vor Verfolgung auf jenes Land beziehen muss, dessen Staatsangehörigkeit der Asylwerber besitzt (in diesem Fall Afghanistan). Die Furcht vor Verfolgung in einem Land, das nicht das Heimatland ist, kann nämlich dadurch abgewendet werden, dass man den Schutz des Heimatlandes in Anspruch nimmt (VwGH 08.11.1989, 89/01/0338). Hinweise, wonach dem Beschwerdeführer eine solche Schutzmöglichkeit nicht zur Verfügung steht, haben sich nicht ergeben, zumal er selbst angab niemals Schwierigkeiten mit den afghanischen Behörden oder der Polizei gehabt zu haben. Zudem ist eine Abweisung eines Asylantrages nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn sich die vom Asylwerber konkret geschilderten, seine Person betreffenden Fluchtgründe nicht auf eine Bedrohung in seinem Herkunftsstaat beziehen, sodass insofern keine Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat behauptet wurde (VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).

 

Auch konnte der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht bestätigen, jemals selbst auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder seines schiitischen Glaubens in Afghanistan einer Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein. Wie dargestellt, sind die Umstände, die die Familie des Beschwerdeführers dazu bewogen haben Afghanistan zu verlassen und in den Iran zu gehen, nicht geeignet, um daraus eine aktuelle Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers, die diesem mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in Afghanistan drohen würde und das insoweit notwendige Maß an Intensität erreicht, zu begründen.

 

Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK kann jedoch nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin bestehen, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0036, mwN).

 

In Ermangelung von dem Beschwerdeführer individuell drohenden Verfolgungshandlungen bleibt daher im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im Herkunftsland auf Grund generalisierender Merkmale - etwa wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara bzw. seines schiitischen Glaubens - unabhängig von individuellen Aspekten einer über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehenden "Gruppenverfolgung" ausgesetzt wäre.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung zwar nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet (vgl. VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048), jedoch ist für das Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer aus ethnischen oder religiösen Gründen als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara bzw. seines schiitischen Glaubens im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, alleine wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser ethnischen oder religiösen Gruppe einer Verfolgung iSd GFK ausgesetzt zu sein:

 

Auf Basis der Länderberichte ist dem Beschwerdevorbringen zunächst darin zu folgen, dass Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, (weiterhin) von Diskriminierung in Form von illegaler Besteuerung, Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Gewalt und Inhaftierung betroffen sein können. Festzuhalten ist im Lichte der derzeitigen Sicherheitslage in Afghanistan auch, dass vereinzelte Angriffe, Entführungen oder Tötungen von Zivilpersonen sowie Terroranschläge in Afghanistan grundsätzlich jederzeit und überall möglich sind. Die Gründe für diese Gewalthandlungen sind dabei ebenso vielfältig wie die beteiligten Konfliktgruppen und die jeweiligen Opfer der Taten.

 

Aus den obigen Länderfeststellungen ergeben sich jedoch keine Hinweise auf eine Gruppenverfolgung der schiitischen Hazara, vielmehr hat sich deren Situation in Afghanistan seit dem Ende der Talibanherrschaft nachhaltig und wesentlich verbessert.

 

Die in Afghanistan immer wieder bestehende Diskriminierung der schiitischen Hazara und die beobachtete Zunahme von Übergriffen gegen Hazara erreichen gegenwärtig nicht ein Ausmaß, das die Annahme rechtfertigen würde, dass in Afghanistan lebende schiitische Hazara wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen und religiösen Minderheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten, zumal die Gefährdung dieser Minderheit angesichts der in den Länderberichten dokumentierten allgemeinen Gefährdungslage in Afghanistan, die in vielen Regionen für alle Bevölkerungsgruppen ein erhebliches Gefahrenpotential mit sich bringt, (derzeit) nicht jenes zusätzliche Ausmaß erreicht, welches notwendig wäre, um eine spezifische Gruppenverfolgung der Hazara anzunehmen. Eine Gruppenverfolgung ist auch nicht daraus ableitbar, dass Hazara allenfalls Opfer krimineller Aktivitäten werden oder schwierigen Lebensbedingungen ausgesetzt sind.

 

Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerdeergänzung vom 02.11.2017 sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13.10.2015, Ra 2015/19/0106, eine Gruppenverfolgung der Hazara mit der Begründung nicht aus, dass das Bundesverwaltungsgericht zur Lage der Hazara keine Feststellungen getroffen habe, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist. In zahlreichen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes (teilweise auch nach Einholung länderkundlicher Sachverständigengutachten) wurde eine Verfolgung ausschließlich aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara durchgehend verneint (z.B. erst jüngst BVwG 24.10.2016, W191 2106225-2/10E; BVwG 09.05.2016, W119 2012593-1/20E, BVwG 18.04.2016, W171 2015744-1, BVwG 13.11.2015, W124 2014289-1/8E und viele andere mehr).

 

Der Verwaltungsgerichtshof judizierte in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara in Afghanistan (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048). Es ist daher anzunehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof, sollte er der Auffassung sein, dass eine Gruppenverfolgung - auch lokal - in Afghanistan aktuell festzustellen wäre, in der zahlreich zu Afghanistan ergangenen Judikatur dies auch festgestellt hätte (siehe auch jüngst BVwG 16.06.2016, W159 2105321-1/8E).

 

Auch der EGMR sprach in seiner Entscheidung vom 05.07.2016, 29094/09, A.M./Niederlande, aus, dass weder die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara noch die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan als solche zu einem derart hohen Risiko führen würde, dass bei einer Rückkehr automatisch die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK bestehe (vgl. dort insb. Seiten 26/27, Punkt 86., wonach die Angehörigeineigenschaft zur Minderheit Hazara nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung drohen würde, unbeschadet der schlechten Situation dieser Minderheit:

 

"86. Although this argument has only been raised in the domestic proceedings but not in the present application, the Court has examined the question whether the applicant runs a risk of being subjected to ill-treatment on account of his Hazara origin. On this point, the materials before the Court contain no elements indicating that the applicant's personal position would be any worse than most other persons of Hazara origin who are currently living in Afghanistan. Although the Court accepts that the general situation in Afghanistan for this minority may be far from ideal, it cannot find that it must be regarded as being so harrowing that there would already be a real risk of treatment prohibited by Article 3 in the event that a person of Hazara origin were to be removed to Afghanistan."

 

Schließlich ist in diesem Zusammenhang auf die aktuelle internationale Rechtsprechung zu verweisen, die ebenfalls von keiner Gruppenverfolgung der Hazara ausgeht:

 

Nach einem Beschluss des VGH München vom 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600 unterliegen Hazara in Afghanistan zwar einer gewissen Diskriminierung, sie sind derzeit und in überschaubarer Zukunft aber weder einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung, noch einer erheblichen Gefahrendichte iSv § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt. Das VG Lüneburg (3. Kammer, Urteil vom 06.02.2017, 3 A 126/16) gelangt nicht zu der Überzeugung, dass Hazara einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfende gruppengerichteten Verfolgung ausgesetzt sind (unter Verweis auf Bay. VGH, Beschl. v. 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600 -, juris Rn. 6; Beschl. v. 19.12.2016 - 13a ZB 16.30581 -, juris Rn. 4; VG Augsburg, Urt. v. 07.11.2016 - Au 5 K 16.31853 -, juris Rn. 33; VG Würzburg, Urt. v. 28.10.2016 - W 1 K 16.31834 -, juris Rn. 19). Die hierfür erforderliche Verfolgungsdichte ist nicht gegeben.

 

In seiner Entscheidung vom 11.01.2017 zu E-5136/2016 (der Beschwerdeführer war ein unbegleiteter, minderjähriger afghanischer Staatsangehöriger der Ethnie der Hazara mit letztem Wohnsitz in der Provinz Ghazni) führte das Bundesverwaltungsgericht der Schweiz zur Beurteilung einer "Gruppenverfolgung" aus wie folgt:

 

Es stellt sich mit Bezug zu diesem Vorbringen aber die Frage, ob der Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur Ethnie der Hazara Suchbegriff in seiner Heimatregion Ghazni per se einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war. So kann eine asylsuchende Person ausnahmsweise davon befreit werden, gezielt gegen sie gerichtete Verfolgung darzulegen, wenn sie zu einer Gruppe gehört, die in einem bestimmten Herkunftsland in ihrer Gesamtheit auf einem flüchtlingsrelevanten Motiv beruhenden, intensiven Verfolgungshandlungen ausgesetzt ist (vgl. BVGE 2014/32, E. 6.1).

 

(...)

 

Inwiefern hinter den Entführungen und Tötungen von Hazara in Afghanistan - insbesondere in der Region Ghazni - asylrelevante Verfolgungsmotive stehen, kann vorliegend aber letztendlich offenbleiben. So ist es nach dem zuvor Gesagten in jüngerer Zeit in der Heimatregion des Beschwerdeführers zwar immer wieder zu in asylrechtlicher Hinsicht genügend intensiven Übergriffen auf Zugehörige der Ethnie der Hazara gekommen. Indes kann die für die Anerkennung einer Kollektivverfolgung erforderliche Dichte der gewaltsamen Verfolgungshandlungen nicht bejaht werden: Im Verhältnis zur Größe des Kollektivs der Hazara in Ghazni (wie zuvor ausgeführt handelt es sich um rund 540'000 Personen) nehmen die gewalttätigen Angriffe auf diese Bevölkerungsgruppe bisher nicht eine zahlenmäßig derart große Dimension ein und sind die bekannt gewordenen Über-griffe nicht derart häufig, dass jeder Angehörige dieser Minderheit in begründeter Weise befürchten müsste, objektiv mit erheblicher Wahrscheinlichkeit ebenfalls Opfer einer Gewalttat zu werden. Gemessen an der Anzahl in Ghazni lebender Hazara Suchbegriff erscheint die Zahl der Übergriffe derzeit nicht als genügend dicht, als dass von einer Kollektivverfolgung insbesondere durch Dritte ausgegangen werden müsste. Folglich kann eine Kollektivverfolgung der Hazara in der Provinz Ghazni zum heutigen Zeitpunkt nicht bejaht werden.

 

Das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf Angehörige der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan wurde daher im Ergebnis verneint. Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich nicht veranlasst an den wiedergegeben Einschätzungen zur Lage der Hazara zu zweifeln.

 

Es ist daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aktuell wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und/oder wegen seiner Glaubensrichtung in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre, zumal es auch keine von Amts wegen aufzugreifenden Hinweise darauf gibt. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht, um eine Verfolgungsgefahr anzunehmen (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0132; 23.09.1998, 98/01/0224; 26.11.1998, 98/20/0309, u.v.a.).

 

Wie festgestellt, konnte aus den in der Beweiswürdigung dargestellten Erwägungen auch eine "Gruppenverfolgung" der hazarischen Bevölkerung in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, was allerdings nichts daran ändert, dass ihm - wie untenstehend näher ausgeführt - auf Grund der volatilen Lage in Ghazni eine Rückführung dorthin nicht zugemutet werden kann und daher auf die innerstaatlich bestehenden Schutzalternative zu greifen ist.

 

Soweit der Beschwerdeführer eine Verfolgung als Rückkehrer aus dem Iran behauptet, so ist es ihm mangels Substantiierung weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren gelungen, eine individuelle und konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung als "Rückkehrer" glaubhaft zu machen. Auch eine von individuellen Aspekten unabhängige Verfolgung kann auf Basis der Quellenlage nicht erkannt werden:

 

Es wird in diesem Zusammenhang im Hinblick auf die getroffenen Länderfeststellungen und das im Verfahren vorgelegte Berichtsmaterial zur Situation von Personen, die zur Ethnie der Hazara gehören und ihr gesamtes Leben im Iran verbracht haben, nicht verkannt, dass diese in eine wirtschaftlich prekäre Lage geraten und von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen sein können. Diese Diskriminierungen und Ausgrenzungen erreichen jedoch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht jenes Ausmaß, das erforderlich wäre, um von einer spezifischen Verfolgung aller Rückkehrer aus dem Iran ausgehen zu können. Das Vorliegen eines diesbezüglich asylrelevanten Vorbringens ist laut den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen und nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes - wobei dazu auf die untenstehenden Ausführungen verwiesen wird - insbesondere auf Grund der Zahl der Rückkehrer aus dem Iran von mehreren Hunderttausend unterschiedlicher ethnischer und religiöser Gruppen zu verneinen.

 

Hinweise darauf, dass gerade der Beschwerdeführer auf Grund von Eigenschaften, die ihn von anderen "Rückkehrern" aus dem Iran unterscheiden würden, infolgedessen er von der allgemein in Afghanistan bestehenden Risiken eher oder besonders betroffen wäre, haben sich im Verfahren nicht ergeben. Das Vorbringen stützte sich insoweit auf generell im Herkunftsland des Beschwerdeführers bestehende Gefährdungspotentiale, die allgemein aufgrund der notorischen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers vorhanden sind, sodass weitestgehend (d.h. nicht nur den Beschwerdeführer betreffend) eine entsprechende allenfalls eintretende Möglichkeit einer Verfolgung gegeben ist. Eine rechtlich beachtliche Verfolgungsgefahr ist jedoch nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0132; 23.09.1998, 98/01/0224; 26.11.1998, 98/20/0309, u. v.a.). Eine solche konkrete, individualisiert gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete aktuelle Bedrohungslage, konnte er - wie dargelegt - jedoch nicht glaubhaft machen, sodass dem Vorbringen schon aus diesem Grund eine asylrechtliche Relevanz abzusprechen war.

 

Eine "Gruppenverfolgung" von Rückkehrern aus dem Iran ist gemäß herkunftslandbezogenen Länderfeststellungen aus den oben dargelegten Gründen im Fall des Beschwerdeführers zu verneinen.

 

Auch das - bezogen auf die Situation des Beschwerdeführers - letztlich unsubstantiierte Vorbringen, wonach er als Rückkehrer aus Europa bzw. Österreich wegen der ihm seitens der extremistischen Kräften unterstellten westlichen Gesinnung einer Verfolgung ausgesetzt wäre, ist nicht geeignet ein asylrechtlich relevantes Risiko zu begründen. Eine konkret individualisiert gegen ihn gerichtete Bedrohung, die objektiv und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erwartet werden muss, konnte der Beschwerdeführers weder in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht noch in den ausführlichen schriftlichen Stellungnahmen darlegen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers lässt nämlich nicht erkennen, welche - als "westlich" erachteten - Verhaltensweisen er sich angeeignet hätte, die für ihn im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einer asylrelevanten Verfolgung führen würden und die ein solch wesentlicher Bestandteil seiner Identität geworden wären, dass es für ihn eine Verfolgung bedeuten würde, diese zu unterdrücken. Die diesbezüglichen Ausführungen sind letztlich allgemein geblieben und nehmen nicht substantiiert Bezug auf die Situation des Beschwerdeführers. Allein der Hinweis, dass der Beschwerdeführer liberale Wertauffassungen und moderate religiöse Standpunkte vertritt und seine Auffassungen zu Sexualität, Frauen sowie zu grundsätzlichen Fragen des menschlichen Zusammenlebens und der Traditionen in Afghanistan sich tiefgreifend gewandelt hätten, reicht nicht für die insoweit notwendige Individualisierung (vgl. etwa VwGH vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, und vom 15.12.2015, Ra 2014/18/0118 und 0119).

 

Aus den festgestellten Länderberichten lässt sich keine allgemein bestehende Gefahrensituation, die die insoweit notwendige asylrechtlich relevante Intensität erreicht, für aus dem Ausland Zurückkehrende, die eine gewisse Zeit dort verbracht haben, mit einer grundsätzlich herkunftslandbezogenen Sozialisierung wie im Fall des Beschwerdeführers - zumal dieser auch im Iran im Rahmen seines afghanischen Familienverbandes gelebt hat und afghanische Freunde hatte - in ihrem Heimatland, ableiten. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer nur eine verhältnismäßig kurze Zeit von nicht einmal drei Jahren im Ausland verbracht und sich den überwiegenden Teil seines Lebens in einer seinem Herkunftsland entsprechenden Gesellschaftsstruktur aufgehalten hat, sodass nicht von einer solchen Adaptierung gesprochen werden kann, dass hier ein asylrechtlich relevantes Gefährdungsrisiko anzunehmen wäre. Vor diesem Hintergrund vermag das Bundesverwaltungsgericht eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung von maßgeblicher Intensität nicht zu erkennen. Mangels näherer Substantiierung ist es dem Beschwerdeführer hier nicht gelungen, eine dem Werteverständnis des Islam widersprechende Haltung in einer in Afghanistan exponierten Weise darzulegen.

 

Im Übrigen ist ihm entgegen zu halten, dass aus den Länderfeststellungen nicht ableitbar ist, dass eine (unterstellte) "westliche" Geisteshaltung bei Männern alleine bereits mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung asylrelevanter Intensität auslösen würde; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht (so z.B. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN; BVwG W244 2136770-1).

 

Vor diesem Hintergrund, war auch im Hinblick auf das allgemeine Vorbringen unter Bezugnahme auf die dazu zitierte Berichtslage, wonach dem Beschwerdeführer auf Grund seiner geänderten Lebensweise bzw. seiner Eigenschaft als Rückkehrer asylrelevante Verfolgung droht im Hinblick auf einen möglichen Nachfluchtgrund nicht näher zu treten. Den dazu nicht weiter substantiierten Angaben kann nicht entnommen werden, auf Grund welcher konkreter Umstände sich eine Distanzierung des Beschwerdeführers von seinem Herkunftsstaat ableiten lässt, die den notwendigen Grad einer solchen Exponiertheit erreicht, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in den Fokus extremistischer Gruppierungen geraten würde und welche konkreten Risiken ihm drohen würden (vgl. VwGH 14.01.2003, 2001/01/0398). Im Sinne der dargestellten Rechtsprechung und unter Bedachtnahme auf die Berichtslage zu Afghanistan sowie die vorliegenden Länderfeststellungen ist daher die Asylrelevanz auch hinsichtlich eines möglichen "Nachfluchtgrundes" zu verneinen. Auch hier reicht - wie dargelegt - die pauschale Behauptung eines Bedrohungsrisikos bzw. allein die bloße Möglichkeit einer Verfolgung nicht, um eine potenzierte Gefährdungslage anzunehmen.

 

An einer asylrelevanten Verfolgung des Beschwerdeführers fehlt es letztlich schon deshalb, als allein der Umstand, dass es sich bei ihm um eine Person handelt, die aus dem Iran bzw. Europa zurückkehrt ist, kein notwendiger Bezugspunkt zu einem der in der GFK geregelten Konventionsgründe, der Voraussetzung dafür ist, dass dem Vorbringen überhaupt rechtliche Relevanz zukommt, besteht.

 

So lässt sich keine asylrelevante Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK auf Grund der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur sozialen Gruppe jener Personen, welche aus Europa bzw. dem Iran zurückgekehrt sind, ableiten, weil es diesbezüglich - wie ausgeführt - schon an einem kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund, insbesondere der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe fehlt.

 

Eine soziale Gruppe kann nicht ausschließlich dadurch definiert werden, dass sie Zielscheibe von Verfolgung ist (vgl. etwa die UNHCR-Richtlinie zum Internationalen Schutz: "Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe"). Art. 10 Abs. 1 lit. d der "Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes" (Statusrichtlinie) umschreibt eine Gruppe insbesondere dann als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird (VwGH vom 26.06.2007, 2007/01/0479).

 

Von solchen in der Person des Beschwerdeführers gelegenen unveräußerlichen Merkmalen, kann vorliegend nicht, weder im Hinblick auf seine Rückkehrereigenschaft noch seine "westliche" Lebenseinstellung ausgegangen werden, sodass es - würde man den Behauptungen des Beschwerdeführers betreffend die dargelegte Bedrohungssituation folgen - bereits mangels Vorliegens einer sozialen Gruppe an der notwendigen Konnexität zu einem der in der GFK angeführten Gründe fehlt und schon deshalb dem Vorbringen keine rechtliche Relevanz zu kommt.

 

Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation sowie der vorherrschende Bürgerkrieg stellen nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; 30.04.1997, 95/01/0529; 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist (dies gilt gleichermaßen für die vom Beschwerdeführer angedeuteten Gefahren, die sich aus der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan ergeben).

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 war somit als unbegründet abzuweisen.

 

2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

 

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, 95/18/0049; 05.04.1995, 95/18/0530; 04.04.1997, 95/18/1127; 26.06.1997, 95/18/1291; 02.08.2000, 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

 

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560).

 

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. jüngst VwGH 21.02.2017; Ra 2016/18/0137, VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0369-11 mwN sowie die Rechtsprechung des EGMR und EuGH).

 

Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, mwN; 08.09.2016, Ra 2016/20/006; VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016; VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0369-11). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich;

vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453;

09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059).

 

Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).

 

In seinen jüngst ergangenen Erkenntnissen (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095; VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0369-11; 20.09.2017, Ra 2017/19/0190-11) hat der VwGH zur spezifischen Situation von Afghanistan erneut auf seine Vorjudikatur und die Rechtsprechung des EGMR in zuvor ergangenen Urteilen hingewiesen, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan und die Berichtslage zu Kabul nicht so gelagert ist, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstößt.

 

Ebenso sprach der VwGH im zitierten Erkenntnis (19.06.2017, 2017/19/0095) aus, dass nicht verkannt werde, dass die Lage in Afghanistan sowohl hinsichtlich der Sicherheitslage in einzelnen Landesteilen als auch der wirtschaftlichen Situation angespannt sei. Davon zu unterscheiden ist nach der Judikatur des VwGH aber das Prüfungskalkül des Art. 3 EMRK, das für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert (19.06.2017, Ra 2017/19/0095 sowie 20.09.2017, Ra 2017/19/0190-11). Eine schwierige Lebenssituation für den Asylwerber im Fall seiner Rückführung in den Herkunftsstaat, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, primär gestützt auf mangelnde tragfähige Beziehungen und/oder fehlende Ortskenntnisse in Großstädten, oder eine schwierige Situation bei der Wohnraum- oder Arbeitsplatzsuche, reicht nach der Judikatur des VwGH explizit nicht aus, um die Voraussetzungen zur Erlangung von subsidiärem Schutz glaubhaft zu machen (VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016; 19.06.2017, Ra 2017/19/0095; VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0369-11; sowie 20.09.2017, Ra 2017/19/0190-11).

 

Der EGMR hat diese Rechtsprechung in jüngst ergangenen Urteilen im Hinblick auf die aktuelle Lage in Afghanistan ausdrücklich bestätigt (vgl. die Urteile jeweils vom 12. Jänner 2016, jeweils gegen Niederlande: S.D.M., Nr. 8161/07; A.G.R., Nr. 13442/08; A.W.Q. und D.H., Nr. 25077/06; S.S., Nr. 39575/06; M.R.A. ua., Nr. 46856/07).

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, ausgeführt hat, reicht es für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan nicht aus, bloß auf die allgemeine schlechte Sicherheits- und Versorgungslage zu verweisen. Hinsichtlich der Sicherheitslage geht der Verwaltungsgerichtshof von einer kleinräumigen Betrachtungsweise aus, wobei er trotz der weiterhin als instabil bezeichneten Sicherheitslage eine Rückkehr nach Afghanistan, insbesondere nach Kabul, im Hinblick auf die regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedliche Sicherheitslage als nicht grundsätzlich ausgeschlossen betrachtet (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036; 08.08.2017, Ra 2017/19/0118-5; VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0369-11).

 

Für die zur Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes erforderliche Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten bewaffneten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr abzustellen. Kommt die Herkunftsregion des Beschwerdeführers als Zielort wegen der ihm dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (VfGH 12.03.2013; U1674/12; 12.06.2013, U2087/2012; 13.09.2013, U370/2012).

 

Neben der Sicherheitslage im Herkunftsland können das Vorhandensein einer Unterkunft und die Möglichkeit der Versorgung im Zielstaat unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK relevant sein. Dies insbesondere dann, wenn es sich um Antragsteller handelt, bei denen individuelle Gründe bestehen, die die Annahme einer besonderen Schutzbedürftigkeit rechtfertigen, wie z.B. Personen mit Erkrankungen, Familien mit Kleinkindern oder schwangeren Frauen (VfGH 14.12.2011, U2495/2010 mit Verweis auf VfGH 07.10.2010, U694/2010).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (VwGH 23.03.2017, Ra 2017/20/0038, mwN).

 

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 vorliegend nicht gegeben sind.

 

Gemäß den herkunftslandbezogenen Feststellungen kann auf Grund der volatilen Sicherheitslage in Ghazni, als Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, eine Rückführung in diese Region - abgesehen von der Frage der sicheren Erreichbarkeit - mit einer ernstzunehmenden Gefahr für Leib und Leben verbunden sein, weshalb ihm eine Rückkehr dorthin nicht zugemutet werden kann.

 

Wie festgestellt steht dem Beschwerdeführer aufgrund der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände jedoch die Hauptstadt Kabul als innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

 

Aus den Feststellungen zur Sicherheitslage in der Provinz und der Stadt Kabul kann nicht abgeleitet werden, dass für jede dort lebende oder dorthin zurückkehrende Person das reale Risiko einer Verletzung der durch Art. 2 und 3 EMRK sowie das Protokoll Nr. 6 zur EMRK geschützten Güter, mit einer derartigen Wahrscheinlichkeit droht, dass dies zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen müsste (siehe BVwG 13.02.2017, W238 2125691-1/17E, die Behandlung der diesbezüglichen Beschwerde wurde mit Beschluss des VfGH vom 28.09.2017 zur Zahl E974/2017-12 abgelehnt).

 

Laut den oben zitierten Richtlinien des UNHCR müssen auch die schlechten Lebensbedingungen sowie die prekäre Menschenrechtslage von intern vertriebenen afghanischen Staatsangehörigen bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative berücksichtigt werden, wobei angesichts des Zusammenbruchs des traditionellen sozialen Gefüges der Gesellschaft auf Grund jahrzehntelang währender Kriege, massiver Flüchtlingsströme und interner Vertreibung hierfür jeweils eine Einzelfallprüfung notwendig ist (zur Indizwirkung von UNHCR-Richtlinien vgl. u.a. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103).

 

Für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan reicht es allerdings nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen, sondern es müssen vom Betroffenen auch individuelle Umstände glaubhaft gemacht werden, die im Fall der Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen. Solche Umstände vermochte der Beschwerdeführer im Verfahren jedoch nicht darzulegen:

 

Wie festgestellt handelt es sich beim Beschwerdeführer um einen alleinstehenden, leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität und Arbeitserfahrung, sodass ihm selbst im Falle des fehlenden sozialen oder familiären Rückhalts und allfälliger (anfänglicher) wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine Niederlassung in der Hauptstadt Kabul im Sinne einer innerstaatlichen Fluchtalternative zweifelsfrei zugemutet werden kann (vgl. jüngst VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118-5; VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0369-11; VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0190-11). Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung angeführt, kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass der Beschwerdeführer trotz seines illegalen Aufenthaltes im Iran in der Lage war eine Anstellung zu finden, einer (mehrjährigen) Beschäftigung nachzugehen und für sein eigenes Auskommen zu sorgen, wobei dazu besonders zu betonen ist, dass er sogar eine Ausbildungsstelle erlangen konnte und drei Jahre lang als Lehrling in einem Geschäft für Fahrzeugteile gearbeitet hat. Vor diesem Hintergrund kann daher auch von einer prinzipiellen Teilnahmemöglichkeit des Beschwerdeführers am Erwerbsleben in seinem Herkunftsstaat sowie der Befähigung einer raschen Wiedereingliederung in den afghanischen Arbeitsmarkt ausgegangen werden, sodass die mitunter angespannte sozio-ökonomische Lage in Bezug auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers nicht derart maßgeblich ins Gewicht zu fallen vermag, dass eine Rückführung unzumutbar wäre. Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit an seine bisherige Berufserfahrung anzuschließen und im Handel zu arbeiten oder sich im Rahmen von Hilfstätigkeiten eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Er ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut und stammt zudem aus einem Kulturkreis in dem das familiäre Netzwerk und das sich daraus ableitende Solidarsystem besonders stark ausgeprägt sind. Selbst wenn daher die Familie des Beschwerdeführers nach wie vor im Iran lebt und er in Kabul keine familiären Anknüpfungspunkte hat, so ändert dies nichts daran, dass ihm trotz der räumlichen Trennung eine finanzielle Unterstützungsmöglichkeit von Seiten seiner Familie zur Verfügung steht. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich selbst darauf verwiesen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Familie gut bzw. derart ausreichend sind, dass sie auf keinerlei Unterstützung von Dritter Seite angewiesen ist. Auch hat er bestätigt, dass sein Vater nach wie vor einer Beschäftigung nachgeht. Außerdem kann der Beschwerdeführer durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise in Kabul ein Auslangen finden. Aus den herkunftslandbezogenen Feststellungen ergibt sich, dass die Grundversorgung der afghanischen Bevölkerung zumindest grundlegend gesichert ist. In diesem Zusammenhang kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer zu keinem Personenkreis gehört, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

 

Aus diesem Grund ist auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte. Dem Beschwerdeführer ist es aufgrund der dargelegten Umstände daher möglich auch ohne unmittelbar in Kabul bestehende soziale bzw. familiäre Anknüpfungspunkte, sich dort eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern sowie eine (einfache) Unterkunft zu finden. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der Beschwerdeführer hat auch nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos dargelegt, dass gerade ihm im Falle einer Rückführungsmaßnahme eine Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

 

Nach den Ausführungen des Sachverständigen im GA Mahringer ist die Sicherung existenzieller Bedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit in Afghanistan - bei entsprechenden Anstrengungen des Rückkehrers - "ohne Einschränkungen möglich", wobei gleichzeitig festgehalten wurde, dass die Arbeitssuche in den Städten einfacher als auf dem Land ist. Zudem sind Arbeitserfahrungen (die der Beschwerdeführer aufweisen kann) ein Vorteil bei der Arbeitssuche. Der Sachverständige geht sogar davon aus, dass es auch für Rückkehrer ohne Ausbildung eine Vielzahl von Arbeitsmöglichkeiten im privaten Sektor gibt. Der Sachverständige konnte in allen Gesprächen keinen Unterschied hinsichtlich der Schul- und oder Berufsausbildung in Fragen der Arbeitsmarktchancen feststellen, unabhängig ob Schul- und oder Berufsausbildung vorliegt; es hängt allein vom Einsatz des Arbeitssuchenden oder seiner Kontakte ab, ob er Arbeit findet. Der Sachverständige führt ferner an, dass allein die Tatsache, noch nie in einer afghanischen Großstadt gelebt zu haben, keinen Einfluss auf die Existenzsicherung der Rückkehrer hatte.

 

Soweit der Beschwerdeführer zum Gutachten anmerkt, dass sich dieses nur auf Rückkehrer beziehen soll, die in Afghanistan Familie und Freunde haben, verkennt er bereits die Fragestellung des Bundesverwaltungsgerichtes an den Gutachter (vgl. "Wie stellen sich die Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte in diesen Städte, differenziert anhand folgender Kriterien, dar?"). Der Gutachter hat im zusammenfassenden Gutachten (vgl. Seite 55) dazu festgehalten: "Die Verdienstmöglichkeiten für männliche Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte sind ohne Einschränkung in den Punkten a) bis c) gegeben."

 

Aufgrund der Ausführungen im GA Mahringer ist daher davon auszugehen, dass es einem arbeitsfähigen jungen Mann, zumutbar und möglich ist, sich in Kabul ein ausreichendes Auskommen zu sichern und somit nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen. In diesem Zusammenhang ist überdies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, in der das Höchstgericht folgendes festgehalten hat:

 

Vor dem Hintergrund der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach es sich bei dem Mitbeteiligten um einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, lässt das angefochtene Erkenntnis auch eine ausreichende Beschäftigung mit dem der innerstaatlichen Fluchtalternative innewohnenden Zumutbarkeitskalkül vermissen, welches nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Mitbeteiligten in Kabul erfordert hätte (vgl. das ebenfalls zu Kabul ergangene hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2016, Ra 2015/20/0233). Dass der Mitbeteiligte in diesem Zusammenhang bisher keine Berufserfahrung habe und nicht über ausreichende Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Kabul verfüge, reicht am Boden der bisherigen Feststellungen zur Situation in Kabul für die Annahme der Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht aus (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

 

Im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und das bei ihm diagnostizierte Beschwerdebild, das im Rahmen eines operativen Eingriffs zu behandeln ist, ist festzuhalten, dass es sich dabei - wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung angemerkt - weder um eine schwere, noch lebensbedrohliche Erkrankung handelt, sodass der Beschwerdeführer keiner akuten Behandlungsbedürftigkeit in Österreich unterliegt. Wie sich zudem aus den herkunftslandbezogenen Länderfeststellungen ergibt, verfügt Kabul über die hier notwendigen Gesundheitseinrichtungen, sodass eine medizinische Versorgung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland im notwendigen Umfang gewährleistet ist. Auch hat der Beschwerdeführer selbst angegeben Sport zu betreiben und freiwillige Arbeit zu leisten, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer eingeschränkt wäre zu arbeiten.

 

In einer Gesamtschau der Angaben des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Afghanistan herangezogenen Erkenntnisquellen haben sich daher keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage in Afghanistan reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028; konkret zu Afghanistan: z.B. Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.2010, BVerwG 10 C 10.09; weiters EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, 10611/09, Rz 84; 20.12.2011, J.H. gg. Vereinigtes Königreich, 48839/09, Rz 55).

 

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

 

Im vorliegenden Fall haben sich die Angaben des Beschwerdeführers weitgehend auf allgemeine Ausführungen zur Sicherheitslage in Afghanistan und die konfliktbedingten Risiken, die sich auf die sozio-ökonomische Lage auswirken, beschränkt. Ein Vorbringen, wonach in der Person des Beschwerdeführers gelegene, konkret exzeptionelle Umstände im Hinblick auf eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK durch seine Rückführung in seinen Herkunftsstaat begründet würden, hat der Beschwerdeführer nicht erstattet.

 

In seinem Erkenntnis vom 25.04.2017, Ra 2017/01/0016-5 wies der Verwaltungsgerichtshof in Anknüpfung an seine bisherige Judikatur unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EGMR darauf hin, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahmen eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Der Verwaltungsgerichtshof betont in diesem Zusammenhang nochmals, dass es für den Antragsteller nicht ausreiche, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen (vgl. dazu VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307 mwN).

 

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer zwar ein umfangreiches Vorbringen in Bezug auf die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan erstattet, es ist ihm jedoch nicht gelungen den im Hinblick auf die angeführte Rechtsprechung des VwGH erforderlichen Nachweis hinsichtlich des Vorliegens von in seiner Person gelegenen, konkreten exzeptionellen Umständen zu begründen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers bezieht sich auf die allgemein schwierigen Lebensbedingungen und mögliche Risiken im Hinblick auf die Befriedigung der eigenen grundlegenden Bedürfnisse, von den er betroffen sein kann, womit der Beschwerdeführer nicht begründet aus welchem Grund die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse in Bezug auf seine Person in besonderem Maße besteht.

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers war daher insgesamt nicht geeignet, ein reales Risiko im Sinne einer potenzierten Gefahrenlage, dessen Eintritt mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erwartet werden muss, zu begründen. Ausgehend von den getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft nachgewiesene Bedrohungssituation, kann vom Bestehen einer realen Gefahr im Sinn des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht ausgegangen werden.

 

Das Gericht verkennt nicht, dass Rückkehrer, wie aus den Länderfeststellungen und dem in der Beschwerde und Stellungnahme zitierten Berichtsmaterial ersichtlich ist, auch in den Großstädten Afghanistans Konflikten, Unsicherheit und dem Risiko weitreichender Armut ausgesetzt sind. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass der VwGH in seiner aktuellen Judikatur ausdrücklich ausgeführt hat, dass Probleme hinsichtlich Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht keine exzeptionellen Umstände im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens einer innerstaatlichen Flucht- und Schutzalternative in Kabul darstellen. Ferner begründen selbst eine fehlende Schul- und Berufsausbildung bzw. -erfahrungen, eine drohende Arbeitslosigkeit, eine nicht vorhandene familiäre Unterstützung in Afghanistan, nicht ausreichende Kenntnisse über die örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Kabul keine reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063; 18.03.2016, Ra 2015/01/0255;

25.05.2016, Ra 2016/19/0036; 23.03.2017, Ra 2016/20/0188;

10.03.2017, Ra 2017/18/0064; 25.04.2017, Ra 2017/01/0016;

19.06.2017, Ra 2017/19/009517; VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0369-11).

 

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass selbst wenn der Beschwerdeführer in Kabul über kein soziales oder familiäres Netz verfügt, dies gemäß der zitierten aktuellen Judikatur nicht zu einer Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative bzw. einer realen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen würde (vgl. die eben zitierte, aktuelle Judikatur des VwGH zu Afghanistan).

 

Hinsichtlich der in der Region herrschenden Sicherheitslage, ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren hat. Seit August 2008 liegt die Sicherheitsverantwortung für den städtischen Bereich der Provinz Kabul nicht länger in den Händen von ISAF, sondern bei der afghanischen Armee und Polizei. Diesen ist es nach anfänglichen Schwierigkeiten im Jahr 2010 gelungen, Zahl und Schwere sicherheitsrelevanter Zwischenfälle deutlich zu reduzieren, auch wenn es dort zu vereinzelten Anschlägen kommt. Die positive Entwicklung der Sicherheitslage in Kabul erlaubt es mittlerweile sogar, in Abstimmung zwischen der Stadtverwaltung sowie nationalen und internationalen Sicherheitskräften mit dem Rückbau von Betonbarrieren und Verkehrsbeschränkungen zu beginnen. Die für die Bevölkerung deutlich spürbare Verbesserung der Sicherheitslage im Stadtbereich Kabuls geht weniger zurück auf eine Verminderung der Bedrohung (Anschlagsversuche, Eindringen von Aufständischen usw.), als vielmehr auf die Verbesserung vorbeugender Sicherheitsmaßnahmen. Medienwirksame Anschläge auf Einrichtungen mit Symbolcharakter sind dennoch auch künftig nicht auszuschließen (siehe BVwG 13.02.2017, Zahl W238 2125691-1/17E, die Behandlung der diesbezüglichen Beschwerde wurde mit Beschluss des VfGH vom 28.09.2017 zu E974/2017-12 abgelehnt).

 

Kabul ist eine für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, vergleichsweise sichere und über den jeweiligen Flughafen gut erreichbare Stadt. Innerhalb Kabuls existieren in verschiedenen Vierteln freilich unterschiedliche Sicherheitslagen. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen (etwa Regierungs- und Polizeigebäude) oder NGOs ereignen. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Kabul als zumutbare Ausweichmöglichkeit des Beschwerdeführers innerhalb seines Herkunftsstaates zu bewerten ist (vgl. dazu die oben zitierte Judikatur des BVwG sowie des VfGH).

 

Allein der Umstand, dass sicherheitsrelevante Vorfälle seitens terroristischer Gruppierungen erfolgen könnten, begründet bei der derzeitigen Gefahrenlage für den Beschwerdeführer noch keine stichhaltigen Gründe für ein reales Risiko der Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bzw. liegt deshalb noch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts vor (VwGH 25.04.2017, 2017/01/0016, mwN, jüngst auch 19.06.2017, Ra 2017/19/009517).

 

An dieser Einschätzung ändern auch die in der Beschwerde und ergänzenden Stellungnahme auszugsweise zitierten Berichte nichts.

 

Aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich, dass Kabul-Stadt nicht als derart unsicher qualifiziert werden kann, dass es dem Beschwerdeführer von vornherein verunmöglicht würde, dorthin zu gelangen. Kabul verfügt über eine vergleichsweise gute Infrastruktur mit einem Flughafen, der für den zivilen Flugverkehr geeignet ist. Zudem steht dem Beschwerdeführer eine finanzielle Rückkehrhilfe zur Verfügung, sodass er im Falle der Rückkehr - neben jener seiner Familie - auf eine zusätzliche Unterstützung zur Existenzsicherung greifen kann.

 

Ausgehend davon, ist mit Blick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung - bezogen auf das gesamte Staatsgebiet - in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063; VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0369).

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

 

3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 84/2017, zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der Beschwerdeführer befindet sich erst seit Mitte 2015 im Bundesgebiet. Sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder in der Beschwerde noch im Verfahren vom Beschwerdeführer behauptet wurde.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar² (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK umfasst auch nicht formalisierte eheähnliche Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau; bei solchen ist normalerweise das Zusammenleben der beiden Partner in einem gemeinsamen Haushalt erforderlich, es können aber auch andere Faktoren wie etwa die Dauer oder die Verbundenheit durch gemeinsame Kinder unter Beweis stellen, dass die Beziehung hinreichend konstant ist (EGMR vom 27.10.1994, 18535/91 Kroon und andere gg. die Niederlande, Z 30; EGMR vom 22.04.1997, 21.830/93, X,Y und Z gg. Vereinigtes Köngreich, Z 36).

 

Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. Zum geschützten Privatleben gehört das Netzwerk der gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen (EGMR vom 09.10.2003, 48321/99, Slivenko gg. Lettland). So können persönliche Beziehungen, die nicht unter das Familienleben fallen, sehr wohl als "Privatleben" relevant sein.

 

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:

Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH, 26.06.2007, 2007/01/0479).

 

Der Beschwerdeführer ist zum Aufenthalt in Österreich nur aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukomme, sind nicht ersichtlich. Darüber hinaus sind keine Hinweise für eine ausreichend intensive Beziehung zu einer ihm in Österreich sonst besonders nahestehenden Person hervorgekommen. Familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich besitzt der Beschwerdeführer nicht.

 

Im Hinblick auf die Zeitspanne, seit der sich der Beschwerdeführer in Österreich aufhält (Mitte 2015), kann selbst unter Miteinbeziehung integrativer Merkmale - wie etwa Unbescholtenheit und ein Bekanntenkreis im Bundesgebiet - eine von Art. 8 EMRK geschützte "Aufenthaltsverfestigung" noch nicht angenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten; vgl. auch VwGH 20.12.2007, 2007/21/0437, zu § 66 Abs. 1 FPG, wonach der 6-jährigen Aufenthaltsdauer eines Fremden im Bundesgebiet, der Unbescholtenheit, eine feste soziale Integration, gute Deutschkenntnisse sowie einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, jedoch keine Familienangehörigen geltend machen konnte, in einer Interessensabwägung keine derartige "verdichtete Integration" zugestanden wurde, da der Aufenthalt "letztlich nur auf einem unbegründeten Asylantrag fußte"; ähnlich auch VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026; VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086; VwGH 08.07.2009, 2008/21/0533; VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354). Somit kann nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 22.01.2013, 2011/18/0036; VwGH 10.05.2011, 2011/18/0100; VwGH 22.03.2011, 2007/18/0628; VwGH 26.11.2009, 2007/18/0305), zu geben ist.

 

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner geregelten Arbeit nach und verfügt auch nicht über eine Einstellungszusage. Die vom Beschwerdeführer in seiner Wohnortgemeinde verrichten Tätigkeiten erfolgen lediglich bedarfsbezogen im Rahmen gemeinnütziger Beschäftigung für Asylwerbende. Er besitzt Grundkenntnisse der deutschen Sprache, hat den Sprachkurs für das Sprachniveau A2 positiv absolviert und besucht aktuell den Sprachkurs für die Niveaustufe B1. Zudem ist er Schüler der Übergangsstufe am MultiAugustinum in St. Margarethen. Daraus kann aber noch nicht geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer über sehr gute Deutschkenntnisse verfügen würde. Es wird in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer, im Hinblick auf seine Bemühungen Integrationsschritte gesetzt hat. Jedoch ist der von ihm erreichte Integrationsgrad nicht in einem derartigen Umfang gegeben, um vorliegend von entscheidungserheblicher Relevanz zu sein und den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben zu genügen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt noch keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

 

Es ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

 

Daher sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG nicht gegeben.

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Wie bereits oben ausgeführt sieht auch der EGMR in seiner jüngsten Rechtsprechung die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art 3 EMRK verstoßen würde.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

 

4. Zu der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften:

 

Dazu ist festzuhalten, dass im Hinblick auf das Verfahren vor der belangten Behörde keinerlei Anhaltspunkte dafür hervor gekommen sind, dass diese willkürlich oder rechtswidrig entschieden hätte. Sämtliche entscheidungswesentlichen Tatsachen wurden von der belangten Behörde vollständig ermittelt und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt. Dem Beschwerdeführer wurde ausreichend Möglichkeit eingeräumt sein Fluchtvorbringen vollständig darzulegen und gegebenenfalls ergänzende Beweismittel vorzulegen. Die maßgebenden Erwägungen von denen sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung leiten ließ, sind im angefochtenen Bescheid umfassend dargelegt. Vor diesem Hintergrund ergeben sich für das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der in der Beschwerde geltend gemachten Mangelhaftigkeit des Verfahrens keine Anhaltpunkte. Vielmehr wurde den in § 18 AsylG 2005 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 und § 45 Abs. 2 AVG normierten Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung und der Erforschung der materiellen Wahrheit umfassend entsprochen. Die belangte Behörde hat insoweit vollständig die spezifische Situation des Beschwerdeführers, insbesondere im Hinblick auf dessen Leben im Iran, Volksgruppenzugehörigkeit, Religion, persönliche Verhältnisse und das behauptete Risiko der Verfolgung gewürdigt und sich mit seinem Fluchtvorbringen konkret auseinandergesetzt und unter Zugrundelegung der aktuellen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers sämtliche wesentlichen Tatsachen bei ihrer Entscheidung hinsichtlich der Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Rückkehr des Beschwerdeführers in dessen Heimatland ins Kalkül gezogen. Angesichts dessen, war daher der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers der Erfolg zu versagen.

 

5. Zur Anregung der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV beim Gerichtshof der Europäischen Union:

 

Der Anregung des Beschwerdeführers, näher bezeichnete Fragen (zur Auslegung von Art. 8 Abs. 1 der StatusRL) im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV an den EuGH heranzutragen, war nicht näher zu treten, weil in der vorliegenden Rechtssache die Frage der Kriterien für die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Lichte der dazu ergangenen Judikatur keinen weiteren Zweifel an deren Auslegung zu begründen geeignet war.

 

Zudem wird auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach es sich beim Bundesverwaltungsgericht nicht um ein letztinstanzliches vorlagepflichtiges Gericht handelt (vgl. Erk. vom 26.09.2014, E304/2014). Es besteht somit, selbst bei Zweifeln, keine Pflicht, eine Vorabentscheidung durch den EuGH zu veranlassen, diese Verpflichtung kommt allenfalls dem VwGH zu.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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