VwGH 2001/01/0164

VwGH2001/01/01649.7.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schimetits, über die Beschwerde der G K in St. G, geboren am 3. August 1976, vertreten durch Dr. Gerhard Othmar Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 19. Februar 2001, Zl. 212.020/15-VII/20/01, betreffend § 8 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §38;
AsylG 1997 §8;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67d;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57;
AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §38;
AsylG 1997 §8;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67d;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist jugoslawische Staatsbürgerin, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Mit Bescheid vom 9. August 1999 wies das Bundesasylamt ihren Asylantrag vom 20. Juli 1999 gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.); zugleich sprach es aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin "in die Bundesrep. Jugosl." gemäß § 8 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Die dagegen erhobene Berufung wies der unabhängige Bundesasylsenat (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 21. Jänner 2000 "gemäß § 7 und 8 AsylG" ab. Dabei traf die belangte Behörde "Zur aktuellen Situation im Kosovo" folgende auszugsweise wiedergegebene Feststellungen:

"3.4.10. Lebensmittelversorgung

World-Food-Program stellt 650.000 Personen im Kosovo Nahrungsmittelhilfe zur Verfügung (UNMIK-Status-Report 25.10.1999). Der Lebensmittelkleinhandel in den Städten wie am Land funktioniert wieder. Die Weizenernte im Land dürfte eine Höhe von 113.000 Tonnen betragen, womit ca. 30 % des Bedarfes gedeckt werden. Der Rest muss importiert werden. Der Viehbestand hat im Vergleich zum Jahr 1977 bei Rindern um 50 % abgenommen (APA 10.09.1999). FAO hat ca. 70.000 Bauern insgesamt

14.500 Tonnen Winterweizen und 9.000 Tonnen Dünger zur Verfügung gestellt, was einen ersten Schritt zur Ankurbelung der heimischen Landwirtschaft darstellt. Im Rahmen eines Schweizer Projektes wurden hunderte Kühe in den Kosovo eingeflogen, ein weiteres Projekt zielt auf die Ausstattung der Landwirte mit Traktoren und landwirtschaftlichen Geräten. Es sind bislang keine Berichte über gröbere Versorgungsmängel bekannt geworden.

3.4.11. Überwinterungsprogramme, Unterkunft

Auf Grund von Erhebungen von UNMIK, UNHCR und verschiedener NGO's ist davon auszugehen, dass ca. 50 % der Häuser im Kosovo mehr oder weniger beschädigt sind. Die internationale Gemeinschaft, insbesondere UNHCR und zahlreiche NGO's haben daher das Hauptaugenmerk ihrer Anstrengungen auf die Wiederherstellung der Unterkünfte und die Winterfestmachung der Häuser gerichtet. Ca. 500.000 Kosovaren benötigen Unterstützung im Unterkunftsbereich. UNHCR, ECHO und OFDA sowie zahlreiche NGO's haben verschiedene shelter kits (Reparaturbausätze) an die Bewohner beschädigter Häuser verteilt, was insgesamt 380.000 Personen die Überwinterung ermöglichen soll. Darüber hinaus wurden Dachbausätze verteilt, die weitere 30.000 Familien in die Lage versetzen soll, im eigenen Haus zu überwintern, wobei das Ziel ist, wenigstens einen beheizbaren Raum pro Haus und Familie sicherzustellen. Für solche Personen, die kein Dach über dem Kopf in welcher Art immer erlangen können, stellt UNHCR 15.000 beheizte Allwetterzelte und mehr als 20.000 andere Zelte, die in Räumen installiert werden können, zur Verfügung, mehr als 30.000 Öfen samt Heizmaterial sind verteilt worden. Zusätzlich zu bestehenden Überwinterungsprogrammen hat UNHCR 11.700 Plätze in 82 Gebäuden ausfindig gemacht, die zur Überwinterung hergerichtet werden. Durch eine Initiative der japanischen Regierung wurden beispielsweise 500 Bausätze für Häuser zur Verfügung gestellt, die ca. 15.000 Personen die Überwinterung ermöglichen sollen. Ziel dieser Anstrengungen ist es, dass Familien in erster Linie im eigenen Haus überwintern können, oder gegebenenfalls als Gastfamilie oder Einzelgast in wiederhergestellten Häusern Aufnahme finden. Dieses Bemühen wird sehr wesentlich durch das Gesellschaftssystem im Kosovo erleichtert, da dieses auf einer funktionierenden Großfamilienstruktur mit weit reichender Hilfeleistungsbereitschaft aber auch Hilfeleistungsverpflichtung wurzelt. Ohne die erhebliche Unterstützung durch im Ausland arbeitende Familienmitglieder wäre es albanischen Familien angesichts der schlechten wirtschaftlichen Bedingungen in den letzten 10 Jahren nur sehr schwer möglich gewesen zu überleben. Dort wo eine Überwinterung im Familienbereich nicht möglich ist, werden vom UNHCR vorläufige

Gemeinschaftsüberwinterungsmöglichkeiten in Zelten, Containern und Häusern angeboten. Per 21.09.1999 standen in Pristina 1.500, Urosevac 1.200, Mitrovica 1.400, Gjilane 2.000, Djakovica 1.400, Prisren 1.500 und Pec 1.200, insgesamt 10.200 Plätze in community shelter zur Verfügung (Kosovo Humanitarian Update 12, 25.10.1999, weiters dazu insbesondere UNMIK Winterrisation Progress Report, 11.10.1999, UNHCR Briefing on Shelter 23.09.1999, Kosovo Repatriation Package, UNHCR Kosovo Information Bulletin September/Oktober 1999).

Auch KFOR ist im Rahmen des CIMIK-Programmes (Civil-Military-Cooporation) an den Überwinterungsbemühungen der UNMIK und von NGO's beteiligt.

Diese erheblichen Anstrengungen sämtlicher damit befasster Organisationen scheinen auszureichen, um die kosovarische Bevölkerung, Teile davon möglicherweise nur notdürftig, über die Wintermonate zu bringen. UNHCR hat die Aufnahmeländer dringend ersucht, keine Massenrückschiebungen vor und in den Wintermonaten durchzuführen, für Problemgruppen wie alte Menschen, Kranke, allein stehende Frauen, Kinder, Jugendliche und Frauen mit Kleinkindern erscheint eine Rückreise in den Kosovo in den Wintermonaten nicht unproblematisch."

Unter dem Gesichtspunkt "Rückkehr der albanischen Bevölkerung" führte die belangte Behörde ua. weiter aus:

"Die erkennende Behörde verkennt nicht, dass es durch Kampfhandlungen und mutwillige Zerstörungen im Kosovo bis Juni 1999 zu einer umfassenden Beschädigung der Infrastruktur und zu einer nicht unbeträchtlichen Verschlechterung der allgemeinen Lebensbedingungen gekommen ist, doch kann weder aus dem Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen noch aus Berichten von UNHCR, OSZE, EU und anderer befasster Institutionen sowie der internationalen Berichterstattung ein Hinweis entnommen werden, dass derzeit zurückkehrende kosovarische Albaner grundsätzlich in ihrer Lebensgrundlage bedroht wären. Vielmehr ergibt sich angesichts umfassender Hilfsmaßnahmen der internationalen Staatengemeinschaft wie zahlreicher internationaler Organisationen, dass sich die Lebensumstände in allen Bereichen so weit verbessert haben, dass von einer allgemeinen Notlage im Kosovo, welche die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung i.S.d. Art. 3 MRK bei einer allfälligen Rückkehr indizieren würde, aus Sicht der erkennenden Behörde nicht erkannt werden kann."

Mit Erkenntnis vom 21. Dezember 2000, Zl. 2000/01/0176, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen den Bescheid vom 21. Jänner 2000 erhobene Beschwerde insoweit, als damit die Entscheidung der belangten Behörde in der Asylfrage bekämpft wurde, als unbegründet ab. Hingegen hob er den angefochtenen Bescheid im Umfang des Ausspruchs nach § 8 AsylG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, und zwar deshalb, weil dieser Ausspruch die gesamte Republik Jugoslawien umfasse, obwohl eine inhaltliche Prüfung der Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nur bezüglich des "Herkunftsstaates Kosovo" stattgefunden habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Februar 2001 sprach die belangte Behörde aus, dass gemäß § 8 AsylG iVm § 57 Fremdengesetz 1997 festgestellt werde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin "in die unter internationaler Verwaltung stehende, vormalig autonome Provinz Kosovo (BR-Jugoslawien)" zulässig sei. Ihre im Rahmen dieses Bescheides getroffenen Feststellungen "Zur aktuellen Situation im Kosovo" entsprechen wortgleich jenen, die bereits im Bescheid vom 21. Jänner 2000 enthalten waren und eingangs auszugsweise wiedergegeben sind. Auch zum Thema "Rückkehr der albanischen Bevölkerung" hat die belangte Behörde neuerlich wie oben zitiert festgestellt. Diese Vorgangsweise begründete sie damit, dass der Verwaltungsgerichtshof Spruchteil I. (des seinerzeitigen Bescheides vom 21. Jänner 2000) bestätigt habe, sodass vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Situation im Kosovo und auf Grund des Umstandes, dass sich seitdem keinerlei nachteilige Veränderungen in Bezug auf die allgemeine Situation im Kosovo ergeben hätten und die Asylwerberin nach Aufhebung des Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nichts vorgebracht habe, was ein ergänzendes Ermittlungsverfahren auslösen würde, nochmals von den Feststellungen und der Beweiswürdigung des aufgehobenen Bescheides auszugehen gewesen sei.

Zur Person der Beschwerdeführerin stellte die belangte Behörde fest, dass sie den Herkunftsstaat wegen der Vertreibung durch die Serben verlassen habe; die Gesundheitsversorgung im Dorf der Beschwerdeführerin sei gegeben, ihre Familie und das ganze Dorf, in dem sich die Familie aufhalte, würden von einer dänischen Organisation unterstützt, diese dänische Organisation fahre ins Dorf und verteile dort Hilfsgüter. (Auch diese Feststellungen waren schon weitgehend im Bescheid vom 21. Jänner 2000 enthalten; seinerzeit hatte die belangte Behörde allerdings ergänzend festgestellt, dass die Beschwerdeführerin schwanger sei.)

Die belangte Behörde folgerte, dass "für eine minimale Lebenshaltung gesorgt" sei. Da für die Beschwerdeführerin im Kosovo keine Gefahr von Seiten der Bundesrepublik Jugoslawien ausgehe und keine sonstigen Abschiebungshindernisse bestünden, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der vorliegende Bescheid entspricht - sieht man von der Fassung des Spruches ab - weitgehend dem schon am 21. Jänner 2000 erlassenen Bescheid. Insbesondere sind die Feststellungen "Zur aktuellen Situation im Kosovo" wortgleich. Diese Feststellungen beruhen auf Erkenntnisquellen aus dem Herbst 1999, wobei die letzte vom 29. Oktober 1999 datiert. Konsequenterweise werden für die nachfolgende Zeit (ab Winter 1999/2000) bloß prognostische Aussagen getätigt, wie etwa zum Punkt "Gesundheitswesen" ("so soll beispielsweise im Jänner 2000 eine mobile gynäkologische Ambulanz für Frauen Kinder in Betrieb gehen"), zum Punkt "Verkehrswesen" ("UNMIK setzt erhebliche Anstrengungen, um das Eisenbahnsystem noch vor dem Winter in Gang zu bringen") oder zum Punkt "Energie und Wasserversorgung" ("Ende Oktober soll auch das Fernheizwerk von Pristina mit einer Kapazität von ca. 50 % in Betrieb gehen"). Schon von da her hätte sich die belangte Behörde im Hinblick auf ihre Verpflichtung, die im Entscheidungszeitpunkt aktuelle Situation zu erheben (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 4. April 2001, Zl. 2000/01/0348, oder vom 18. April 2002, Zl. 2001/01/0249) im nunmehr angefochtenen Bescheid aus dem Februar 2001 nicht mit einer schlichten Wiederholung der im Bescheid vom 21. Jänner 2000 enthaltenen Situationsbeschreibung begnügen dürfen. Aber auch davon abgesehen können ihre Überlegungen, warum sie die seinerzeitigen Feststellungen nochmals habe treffen können (oder sogar müssen), ihre Vorgangsweise nicht rechtfertigen. Sie führt aus, dass sich "seitdem" keinerlei nachteilige Veränderungen in Bezug auf die allgemeine Situation im Kosovo ergeben hätten, legt jedoch nicht dar, wie sie zu diesem Schluss gelangte. Insoweit liegt ein Begründungsmangel vor, weil die Beurteilung, es habe keine Veränderung stattgefunden, eine maßgebliche Feststellung zu einer auf Grund des Zeitabstandes prüfungsbedürftigen Frage darstellt und ihrerseits ein Ermittlungsverfahren - und damit im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 98/20/0475) auch die Abhaltung einer (weiteren) mündlichen Verhandlung - erfordert hätte. Dass die Beschwerdeführerin ihrerseits - wie im bekämpften Bescheid weiter argumentiert wird - nichts vorgebracht hat, was ein ergänzendes Ermittlungsverfahren auslösen würde, vermochte an der Verpflichtung der belangten Behörde, die aktuelle Situation darzustellen, nichts zu ändern.

Neben dem eben aufgezeigten Verfahrensmangel hat die belangte Behörde den bekämpfen Bescheid mit einer weiteren Mangelhaftigkeit belastet. Richtig zeigt die Beschwerde auf, dass die belangte Behörde es nicht mit einer Darstellung der allgemeinen Situation im Kosovo hätte bewenden lassen dürfen, sondern dass es ihre Aufgabe gewesen wäre, ganz konkret die Situation der Beschwerdeführerin - vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse - für den gedachten Fall ihrer Abschiebung in den Kosovo in den Blick zu nehmen. Dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde mit den oben dargestellten Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin nur in unzureichendem Maß nachgekommen, weil insbesondere dem aktenkundigen Umstand, dass die Beschwerdeführerin im Laufe des Jahres 2000 ein Kind zur Welt gebracht hat, keine erkennbare Beachtung geschenkt wurde. Im Übrigen trifft es, wie von der Beschwerde aufgezeigt, zu, dass die erwähnten Feststellungen zur persönlichen Situation der Beschwerdeführerin bzw. zu den Verhältnissen in ihrem Heimatdorf, welche laut dem bekämpften Bescheid auf ihre Angaben und auf die Angaben ihres in der Verhandlung vom 21. Jänner 2000 als Zeugen einvernommenen Cousin gestützt sind, nur einen fragmentarischen Auszug dieser zu Grunde liegenden Angaben darstellen. So hat der als Zeuge einvernommene Cousin der Beschwerdeführerin ua. Folgendes angegeben:

"... Die Familie der AW hat kein Haus, lebte bis vor kurzem

in einem Zelt und hat jetzt ein 2 x 3 m großes Zimmer erhalten, da

leben 8 Personen und dieses Zimmer hat keine Fenster. Dieses

Zimmer liegt in Radavc. ... Die dän. Organisation fährt ins Dorf

und verteilt die Hilfsgüter. Früher wurden die Hilfsgüter durch

die dän. Organisation oft verteilt, in letzter Zeit aber nur alle

4 - 6 Wochen. ... Es gibt ein Krankenhaus in Peje und was das Dorf

betrifft gibt es eine kleine Ambulanz, die wird aber von niemandem finanziert. Ich glaube es ist das einzige Gebäude, das den Krieg überlebt hat. Es war so geplant, dass ein Teil dieses Gebäudes ein Postamt wird und der andere Teil als Ambulanz dient."

Diesen Angaben werden etwa die Feststellungen, im Dorf der Beschwerdeführerin sei die Gesundheitsversorgung gegeben und es werde das ganze Dorf von einer dänischen Organisation unterstützt, die Hilfsgüter verteile, nur teilweise gerecht.

In der Beschwerde wird zum persönlichen Umfeld der Beschwerdeführerin einerseits und zur aktuellen allgemeinen Situation im Kosovo - unter Berufung auf näher genannte Erkenntnisquellen - andererseits ausgeführt, dass das ehemalige Wohnhaus der Beschwerdeführerin total zerstört und nicht wieder aufgebaut worden sei und dass sie daher als "Rückkehrerin" auf eine Unterbringung in Gemeinschaftsnotunterkünften angewiesen sei; als solche Gemeinschaftsunterkünfte ("Temporary Community Shelter" - TCS) dienten zum Teil Ställe, in denen Zelte aufgestellt seien. Zu den dort herrschenden Verhältnissen zitiert die Beschwerde aus dem "Monatsbericht August 2000 der Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina" wie folgt:

"Im letzten Winter im Kosovo gingen die Temperaturen hinunter auf minus 32 Grad Celsius. Strom gab es so gut wie keinen. Da der kommende Winter voraussichtlich nicht wärmer als der letzte wird und fast alle Heizungen über Elektrizität laufen, kann man sich vorstellen, was die Menschen hier erwartet. Vor allem diejenigen, die in Temporary Community Sheltern leben. Eines davon besteht aus Zelten, die in einem ehemaligen Großkuhstall aufgestellt sind. ... der Verantwortliche für TCS beim UNMIK bestätigte noch einmal, dass Nahrungsmittel und Hygienepakete nicht länger an die TCS verteilt werden; jedoch die Versorgung mit Feuerholz eventuell weitergeführt werden wird. ... Bis zum 15. November 2000 werden keine neuen Bewohner in den TCS aufgenommen werden, außer in ganz besonders kritischen Fällen. ... Im Moment liefert die Mutter-Theresa-Gesellschaft noch Nahrungsmittel, allerdings keine frischen Produkte, wie Obst und Gemüse, worunter besonders die Kinder leiden. ..."

Es sei - so führt die Beschwerde weiter aus - abgesehen von den sehr schlechten Bedingungen in den Kollektivzentren nicht einmal sicher gestellt, dass die Beschwerdeführerin im Rückkehrfalle tatsächlich in einem derartigen Zentrum Aufnahme finden könnte. Dazu komme, dass bisher vorhanden gewesene Hilfeleistungen abgebaut worden seien; eine staatliche Sozialhilfe könnte die Beschwerdeführerin bei den derzeit im Kosovo herrschenden Verhältnissen jedenfalls nicht erhalten; die "Landschaft" in Bezug auf Hilfsgüterverteilungen und das Tätigsein von Hilfsorganisationen habe sich seit jenem Zeitraum, auf den sich die Feststellungen der belangten Behörde zur allgemeinen Lage im Kosovo beziehen würden, grundlegend verändert; viele Hilfsorganisationen hätten sich unterdessen zurückgezogen und ihre Tätigkeit im Kosovo eingestellt.

Vor dem Hintergrund dieses Vorbringens erweisen sich die oben aufgezeigten Verfahrensmängel als relevant. Es kann nämlich davon ausgehend nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Beschäftigung mit der aktuellen Lage im Kosovo jedenfalls unter Bedachtnahme auf die besonderen Verhältnisse der Beschwerdeführerin (keine individuelle Wohnmöglichkeit; Kleinkind) zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, dass der Beschwerdeführerin im Kosovo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Situation drohe, die ihre Abschiebung dorthin iS des § 57 Abs. 1 FrG unzulässig machen würde. Des Näheren sei in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2000/01/0453, verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht hat, dass eine hier maßgebliche unmenschliche Behandlung dann in Betracht zu ziehen sei, wenn jegliche Unterkunftsmöglichkeit fehle. Jedenfalls im Hinblick auf die besondere Situation der Beschwerdeführerin (Mutter mit Kleinkind) könnte gleiches aber - je nach den Umständen - auch für eine allfällige Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften/Lagern gelten. Auch die Frage des Zugangs zu Nahrungsmitteln stellt sich in diesem Zusammenhang bezüglich der Beschwerdeführerin in besonderer Weise.

Nach dem Gesagten kann der angefochtene Bescheid keinen Bestand haben. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Das Begehren auf Ersatz von "Barauslagen für Kopien" war abzuweisen, weil diese Aufwendungen im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand enthalten sind (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, (1987), auf Seite 687 zitierte hg. Judikatur).

Wien, am 9. Juli 2002

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