VwGH Ra 2016/01/0307

VwGHRa 2016/01/030725.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching und Mag. Brandl sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), gegen den als Erkenntnis bezeichneten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17. Oktober 2016, W119 2129723- 1/3E, betreffend Behebung eines Bescheides nach § 21 Abs. 3 BFA-VG in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (mitbeteiligte Partei:

N K, vertreten durch Dr. Christian Schmaus, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Chwallagasse 4/11), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §28 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
AsylG 2005 §8;
AVG §68 Abs1;
BFA-VG 2014 §21 Abs3;
EMRK Art2;
EMRK Art3;
VwGVG 2014 §31 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 12. März 2012 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Das Bundesasylamt (nunmehr: BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 21. März 2012 gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab und den Mitbeteiligten gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nach Afghanistan aus.

3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit rechtskräftig gewordenem Erkenntnis vom 1. August 2012 als unbegründet ab.

4 Am 12. März 2015 stellte der Mitbeteiligte den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

5 Zu seinen (neuen) Fluchtgründen gab er an, die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich dramatisch verschlechtert. Seine Familie würde andauernd von den Taliban bedroht und habe von X nach Y flüchten müssen. Die Taliban hätten auch neuerlich nach dem Mitbeteiligten gefragt. Weiters führte der Mitbeteiligte aus, ein Leben in seiner Heimatprovinz, sei ihm - ungeachtet seiner sich dort aufhaltenden Familienangehörigen - aufgrund der bestehenden Sicherheitslage nicht zumutbar. Aber auch ein Leben in K sei ihm nicht möglich, da er dort über kein soziales Netzwerk verfüge und sich sowohl die dortige wirtschaftliche- als auch die Sicherheitslage verschlechtert hätte.

6 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 17. Juni 2016 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) gegen den Mitbeteiligten eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Mitbeteiligten nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei.

7 Begründend führte das BFA aus, dass der Mitbeteiligte anlässlich seines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz ausschließlich Fluchtgründe vorgebracht habe, die sich zur Gänze auf sein erstes Verfahren beziehen würden und bereits rechtskräftig als nicht glaubwürdig beurteilt worden seien.

8 Zur Situation des Mitbeteiligten im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan traf das BFA - gestützt auf umfassende aktuelle Länderberichte - zunächst auf insgesamt 35 Seiten des Bescheides aktuelle Länderfeststellungen. Zur Situation des Mitbeteiligten führte das BFA sodann aus, dieser habe bis zu seiner Ausreise selbständig seinen Lebensunterhalt in K, bestritten und sei kein Grund ersichtlich, weshalb ihm dies nach einer Rückkehr nicht mehr zumutbar sein sollte. Seine Angehörigen - Ehefrau, Sohn und Bruder - lebten nach wie vor in Afghanistan. Er gehöre der (Mehrheits‑)Volksgruppe der Paschtunen an, weshalb mit Bestimmtheit davon auszugehen sei, dass ihm die Reintegration möglich sei. Er sei von allfälligen negativen Lebensumständen nicht in einem höheren Maß betroffen als andere afghanische Staatsangehörige in einer vergleichbaren Lage. Dem Vorbringen seines Rechtsvertreters betreffend die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan sowie bezüglich des Umstandes, dass der Mitbeteiligte niemanden in Afghanistan habe, sei zu entgegnen, dass der Mitbeteiligte sein gesamtes Leben (vor der Ausreise) in Afghanistan verbracht habe, er gesund und arbeitsfähig sei, die Unterstützung seiner Familie in Anspruch nehmen könne und Berufserfahrung in K gesammelt habe. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass er bei seiner Rückkehr in eine die Existenz bedrohende Notlage gedrängt werde. Des Weiteren gebe es im Rahmen der Rückkehrhilfe finanzielle Unterstützung sowie Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten. Zudem habe der Mitbeteiligte die objektiven Feststellungen der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Afghanistan mit seinem Vorbringen nicht entkräften können. In Zusammenschau der bekannten Umstände und unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen sei daher eine Rückkehr des Mitbeteiligten durchaus zumutbar und möglich.

9 Da sohin weder in der maßgeblichen Sachlage, noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen lassen würde, stehe - so das BFA abschließend - die Rechtskraft des ergangenen Erkenntnisses des Asylgerichtshofes dem neuerlichen Antrag des Mitbeteiligten entgegen.

10 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde, in der er im Wesentlichen einen geänderten Sachverhalt infolge der rezenten Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan geltend machte.

11 Mit der nunmehr in Revision gezogenen Entscheidung gab das BVwG der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG statt und behob den bekämpften Bescheid. Die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt.

12 Begründend führte das BVwG - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - aus, Sache des gegenständlichen Verfahrens sei allein die Frage, ob die Verwaltungsbehörde die Zurückweisung zu Recht vorgenommen habe. Als Vergleichsentscheidung sei dabei das Erkenntnis des Asylgerichthofes vom 1. August 2012 heranzuziehen gewesen.

13 Das BFA sei dabei zu Recht davon ausgegangen, dass das Vorbringen des Mitbeteiligten zu seinen Fluchtgründen nicht glaubwürdig sei, zumal es an jenes Vorbringen anknüpfe, das bereits im ersten Verfahren als nicht glaubhaft beurteilt worden sei. Die Rechtskraft des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes sei insofern daher nicht durchbrochen.

14 Zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen der Zuerkennung des subsidiären Schutzes habe sich der Asylgerichtshof im ersten Verfahren maßgeblich auf Feststellungen berufen, die auf Berichtsmaterial aus dem Jahr 2011 oder davor beruhten. Hinsichtlich des Berichtsmaterials zur Sicherheitslage aus den beiden Verfahren habe das BFA aber keine inhaltliche Gegenüberstellung und Würdigung - ohne eine solche Würdigung scheide eine Beurteilung, ob eine geänderte Sicherheitslage eingetreten sei, jedoch aus - vorgenommen. Vielmehr sei eine Begründung, weshalb die Verwaltungsbehörde davon ausgegangen sei, die maßgebliche allgemeine Lage im Herkunftsstaat habe sich seit der rechtskräftigen Entscheidung im vorangegangenen Verfahren nicht geändert, dem Bescheid nicht einmal ansatzweise zu entnehmen. Gegen diese Schlussfolgerung spreche aber bereits, dass das als Vergleichsentscheidung heranzuziehende Erkenntnis des Asylgerichtshofes aus dem Jahr 2012 stamme.

15 Es sei daher erforderlich - so das BVwG abschließend - sich mit der aktuellen und nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im vorangegangenen Verfahren allenfalls geänderten Lage in Afghanistan auseinanderzusetzen und diese sodann mit dem Mitbeteiligten auch ausreichend zu erörtern. Diese Mängel seien von der Verwaltungsbehörde im neuerlich durchzuführenden Verfahren zu beseitigen.

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision des BFA nach Vorlage der Verfahrensakten durch das BVwG und nach Einleitung eines Vorverfahrens - der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision beantragte -erwogen:

17 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit (ua.) aus, das BVwG habe den Spruch seiner Entscheidung auf § 21 Abs. 3 BFA-VG gestützt, obwohl das Asylverfahren des Mitbeteiligten vor Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheides zugelassen worden sei. Nach der (in der Revision näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei § 21 Abs. 3 BFA-VG aber nur im Zulassungsverfahren und nicht im zugelassenen Verfahren anwendbar. Das BVwG sei auch von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Grundsatz der Unwiederholbarkeit von rechtskräftigen Entscheidungen abgewichen.

18 Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch begründet.

19 Vorauszuschicken ist zunächst, dass nach der hg. Rechtsprechung die rechtsrichtige Anwendung der Bestimmung des § 21 Abs. 3 BFA-VG das Vorliegen einer "Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren" voraussetzt, wobei es nicht darauf ankommt, aus welchen Gründen eine Zulassung erfolgt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2016, Ra 2016/19/0208, wonach im Übrigen eine Entscheidung nach dieser Bestimmung in Beschlussform zu treffen ist).

20 Das gegenständliche Asylverfahren des Mitbeteiligten wurde - entsprechend den im Verwaltungsakt erliegenden Datenauszügen, worauf die Revision im Ergebnis auch Bezug nimmt - am 20. März 2015 durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte nach § 28 Abs. 1 AsylG 2005 zugelassen.

21 Indem das BVwG - ungeachtet der vorliegenden Verfahrenszulassung - daher davon ausging, es sei die Bestimmung des § 21 Abs. 3 BFA-VG zur Anwendung zu bringen, hat es die Rechtslage verkannt, und die angefochtene Entscheidung schon aus diesem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

22 Das BVwG hat weiters den Grundsatz "ne bis in idem" verletzt. 23 "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG war die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch das BFA gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das BVwG hatte dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Dabei entspricht es im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz der ständigen hg. Rechtsprechung, dass eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukommt; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 2016, Ra 2015/18/0221).

24 Davon ausgehend ist das angefochtene Erkenntnis zunächst insoweit inhaltlich rechtswidrig, als der angefochtene Bescheid des BFA (auch) hinsichtlich der - vom BVwG selbst als rechtsrichtig erkannten - Zurückweisung in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten behoben wurde.

25 Des Weiteren hat das BVwG auch hinsichtlich der Frage der Rechtskraftwirkung der Entscheidung des Asylgerichtshofes im Umfang der Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes die Rechtslage verkannt.

26 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung steht eine seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens behauptete Lageänderung im Herkunftsstaat der Zurückweisung des Folgeantrags dann entgegen, wenn nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass demnach eine andere Beurteilung in Bezug auf die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfolgen könnte (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis Ra 2015/18/0221).

27 Das ist hier jedoch nicht der Fall:

28 Bei der Beurteilung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist nämlich im Einzelfall zu prüfen, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. die hg. Beschlüsse vom 23. September 2014, Ra 2014/01/0060, und vom 24. März 2015, Ra 2014/19/0021, mwN). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden hg. Judikatur ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 2016, Ra 2016/19/0036, und vom 23. Februar 2017, Ra 2016/20/0089, jeweils mwN).

29 Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. jüngst das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2017, Ra 2016/18/0137, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung sowie die Rechtsprechung des EGMR und EuGH).

30 In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren, zum Herkunftsstaat Afghanistan ergangenen Rechtsprechung wiederholt und unter Bezugnahme auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des EGMR ausgesprochen, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Es reicht für den Antragsteller nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen. Die allgemeine Situation in Afghanistan ist nämlich nicht so gelagert, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. zu all dem die hg. Beschlüsse vom 23. Februar 2016, Ra 2015/01/0134, vom 18. März 2016, Ra 2015/01/0255, und vom 13. September 2016, Ra 2016/01/0096, jeweils mit Hinweisen auf die seit 2013 bestehende Rechtsprechung des EGMR; sowie weiters das Urteil des EGMR vom 5. Juli 2016, A.M. gegen Niederlande, Nr. 29094/09, Rn 87; vgl. auch das erwähnte hg. Erkenntnis Ra 2016/19/0036).

31 Daraus ergibt sich:

32 Durch die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das Erkenntnis des Asylgerichtshofes wurde rechtskräftig darüber abgesprochen, dass dem Mitbeteiligten im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan kein reales Risiko einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht bzw. relevante exzeptionelle Umstände nicht vorliegen. Die Rechtskraft dieser Entscheidung wäre daher nur durchbrochen, wenn der Mitbeteiligte im Folgeverfahren den Beweis des realen Risikos einer derartigen Behandlung bzw. des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände erbracht hätte. Dies war nicht der Fall (vgl. die unter Rz 8 wiedergegebenen Feststellungen des BFA). Der Hinweis auf die (nach 2012 bestehende) allgemein prekäre Sicherheitsbzw. Versorgungslage in Afghanistan reichte - wie erwähnt - nicht; die behauptete Lageänderung war für sich daher von vornherein nicht geeignet, eine maßgebliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts zu bewirken. Besondere, in der Person des Mitbeteiligten (neu) begründete Umstände, die dazu führten, dass gerade bei ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung Afghanistans im Allgemeinen - höheres Risiko bestünde, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen, sind nicht ersichtlich.

33 Das BFA ist daher im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Rechtskraft des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes auch im Umfang der Nicht-Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einer neuerlichen Sachentscheidung entgegen stand. Die Zurückweisung des Antrages durch den Bescheid des BFA erweist sich sohin auch in diesem Punkt als rechtmäßig.

34 Die angefochtene Entscheidung war aus den genannten Gründen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

Wien, am 25. April 2017

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