VwGH 92/01/0181

VwGH92/01/018116.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der I in R, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Jänner 1992, Zl. 4.249.128/2-III/13/89, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
AsylG 1968 §9 Abs1;
AsylG 1968 §9 Abs3;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1968 §1;
AsylG 1968 §9 Abs1;
AsylG 1968 §9 Abs3;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Jänner 1992 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin - eine rumänische Staatsangehörige ungarischer Nationalität, die am 24. März 1988 ihr Heimatland verlassen hat und zuletzt am 12. Dezember 1988 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß unter Zugrundelegung lediglich der Angaben der Beschwerdeführerin über ihre Fluchtgründe anläßlich ihrer Erstbefragung bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 17. Dezember 1988 (also ohne Berücksichtigung des Berufungsvorbringens) die Annahme, es liege bei der Beschwerdeführerin einer der im Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ angeführten Verfolgungsgründe vor, nicht gerechtfertigt ist. Bei den von ihr als Beweggründe für das Verlassen ihres Heimatlandes angeführten Umständen, daß dort die Menschenrechte nicht eingehalten würden und sie mit der Politik dort nicht einverstanden sei, handelt es sich um Hinweise allgemeiner Natur über die Verhältnisse in ihrem Heimatland, die die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nicht begründen können (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1991, Zl. 91/01/0136, und vom 20. Mai 1992, Zl. 91/01/0202). Gegen die Beschwerdeführerin gerichtete konkrete Verfolgungshandlungen sind aber weder darin zu erblicken, daß sie im Zusammenhang mit Besuchen ihrer in Italien lebenden Freundin in Rumänien (lediglich) zum Sicherheitsdienst vorgeladen und ihr dort der Kontakt zu Ausländern vorgeworfen wurde (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 1989, Zlen. 89/01/0363, 0364, und vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/01/0154), noch darin gelegen, daß sie bis März 1988 mangels Zugehörigkeit zur kommunistischen Partei keine Ausreiseerlaubnis erhalten habe, mußten doch - wobei auf sich beruhen kann, unter welchen Umständen es der Beschwerdeführerin schließlich doch gelungen ist, eine solche zu erlangen - alle Bewohner ihres Heimatlandes, die nicht Mitglieder der kommunistischen Partei waren, derartige Beeinträchtigungen hinnehmen (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1989, Zl. 89/01/0102, und vom 30. Jänner 1991, Zl. 90/01/0196). Ebenso ist mit der Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe beruflich "keinerlei Aufstiegschancen" gehabt, weil sie der ungarischen Minderheit angehört habe, für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen, hat doch die Beschwerdeführerin damit (und im übrigen diesbezüglich auch in der Berufung) nicht dargetan, daß gegen sie Maßnahmen gesetzt worden wären, die eine solche Intensität erreicht hätten, daß damit für sie eine massive Bedrohung ihrer Lebensgrundlage verbunden und deshalb ein Verbleib in ihrem Heimatland für sie unerträglich gewesen wäre (vgl. auch dazu beispielsweise das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1992, Zl. 91/01/0202). Wenn die Beschwerdeführerin in der Beschwerde eine andere Auffassung vertritt, so ist ihr insbesondere entgegenzuhalten, daß sich aus ihren eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren das aufrechte Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im Zeitpunkt der Ausreise aus ihrem Heimatland ergibt und sie nie behauptet hat, daß sie den Verlust ihres Arbeitsplatzes zu befürchten gehabt habe. Daß sie und ihr Mann "kaum etwas zu essen hatten", war nicht in erster Linie auf die von ihr geltend gemachten "beruflichen Beeinträchtigungen", sondern - worauf die Beschwerdeführerin selbst verweist - auf die "kommunistische Mißwirtschaft" und demnach auf allgemeine wirtschaftliche Verhältnisse in ihrem Heimatland zurückzuführen.

Richtig ist, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zentrale Erkenntnisquelle im Aslyverfahren das eigene Vorbringen des Asylwerbers ist. Wenn die Beschwerdeführerin allerdings daraus ableitet, daß die belangte Behörde bei Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin auch ihr Vorbringen in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 14. März 1989 hätte zugrundelegen müssen, so ist sie damit nicht im Recht. Das in der Berufung erstattete ergänzende Vorbringen geht weit über ihre Angaben anläßlich ihrer Erstbefragung hinaus und stellt daher - entgegen ihrer Ansicht - im wesentlichen keine bloße "Detaillierung" der von ihr bereits geltend gemachten Verfolgungsgründe dar. Vielmehr wurden solche nunmehr zusätzlich behauptet, wobei es sich - soweit dies zugunsten der Beschwerdeführerin überhaupt von Bedeutung sein könnte - darum handelt, daß die Beschwerdeführerin (zu einem von ihr nicht genannten Zeitpunkt) wegen Schikanen an ihrem Arbeitsplatz ein Schreiben an das Radio geschickt habe und sie deswegen bei der Polizei verhört, an den Haaren gezogen und mit kaltem Wasser übergossen worden sei, sowie daß sie nach einer politischen Massendemonstration in X am 15. November 1987 verhaftet, bei der Polizei geschlagen und erst nach zwei Tagen wieder entlassen worden sei. Das von der belangten Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung gebrauchte Argument, es müsse diesem (sich steigernden) Vorbringen die Glaubwürdigkeit versagt werden, weil erfahrungsgemäß Asylwerber bei der ersten Befragung spontan jene Angaben machten, die der Wahrheit am nächsten kommen, kann nicht als unschlüssig angesehen werden (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1990, Zl. 90/01/0133, und vom 20. Mai 1992, Zl. 92/01/0407). Gerade der Umstand, daß die Beschwerdeführerin bei der Erstbefragung derart gravierende Angriffe gegen ihre Person unerwähnt gelassen hat, spricht - wie die belangte Behörde zutreffend weiters betont hat - gegen ihre Glaubwürdigkeit, woran auch eine allfällige "Nervosität" der Beschwerdeführerin bei ihrer Vernehmung nichts zu ändern vermöchte. Ihr Einwand, es sei "nun so, daß diese Ersteinvernahmen im Flüchtlingslager in Traiskirchen von den Vernehmungsorganen sehr rasch und routinemäßig erledigt werden" und man habe "dabei kaum die Möglichkeit, in umfassender Weise sämtliche Beeinträchtigungen und Verfolgungen bis ins kleinste Detail zu schildern", ist nicht zielführend. Die Beschwerdeführerin hat - wie aus der in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegenden Niederschrift vom 17. Dezember 1988 hervorgeht - zum Abschluß ihrer unter Beiziehung eines Dolmetsch durchgeführten Vernehmung ausdrücklich erklärt und dies auch mit ihrer Unterschrift bestätigt, daß sie den Inhalt der Niederschrift verstanden und nichts mehr hinzuzufügen habe. Es kann demnach nicht davon ausgegangen werden, daß die Protokollierung wesentlicher Angaben der Beschwerdeführerin unterblieben ist. Es geht auch nicht darum, daß es die Beschwerdeführerin damals unterlassen hat, Einzelheiten hinsichtlich der Gründe, die sie zum Verlassen ihres Heimatlandes veranlaßt haben, anzuführen, sondern um die Darlegung dieser für sie maßgebenden Gründe, die insoweit nicht einmal andeutungsweise erfolgt ist. Die Beschwerdeführerin hat daher das Vorliegen relevanter Verfolgungsgründe auf diese Weise nicht glaubhaft gemacht.

Schließlich ist auch die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin, es hätte ihr nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge im Sinne des § 9 Abs. 3 Asylgesetz Parteiengehör gewährt werden müssen, verfehlt. Abgesehen davon, daß sie mit ihrem Vorbringen, "die Zustimmung des Hochkommissärs zur Abweisung meiner Berufung ist geeignet, die Beweis- bzw. Bescheinigungssituation zu meinen Ungunsten erheblich zu verändern", die Wesentlichkeit dieses von ihr behaupteten Verfahrensmangels nicht hinreichend dargetan hat, übersieht die Beschwerdeführerin, daß die Verpflichtung der Behörde zur Einräumung des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG das (in diesem Fall nicht vorliegende) Ergebnis einer Beweisaufnahme voraussetzt.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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