Rechtssatz
Gründet das Gericht den Freispruch auf die Verneinung der Täterschaft des Angeklagten im Zweifel zu dessen Gunsten, ohne eine Aussage zu sämtlichen Tatbestandselementen zu treffen, reicht es für den Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde nicht hin, einen Begründungsmangel bloß in Ansehung der getroffenen Urteilsannahme (der Negativfeststellung zur Täterschaft) aufzuzeigen. Vielmehr ist hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, zu denen das Urteil keine Konstatierungen enthält, unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende und in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse ein Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend zu machen; fehlen die dafür nötigen Indizien, bedarf es der Geltendmachung darauf bezogener Anträge aus Z 4, wurden die fehlenden Tatbestandsmerkmale verneint, ist insoweit ein Begründungsmangel geltend zu machen.
13 Os 72/13g | OGH | 12.12.2013 |
Auch; Beisatz: Hier: Der Angeklagte, Geschäftsführer einer GmbH, übertrug die Aufgabe des Abführens der Sozialversicherungsbeiträge an einen Rechtsanwalt. Das Ersturteil enthielt keine Feststellung, dass der Rechtsanwalt organschaftlicher Vertreter der GmbH gewesen sei (§ 153c Abs 2 Satz 2 StGB. (T1) |
13 Os 92/13y | OGH | 19.11.2013 |
Auch; Beisatz: Hier: Verneinung gerichtlicher Strafbarkeit mangels Übersteigens der in § 53 Abs 1 oder 2 FinStrG genannten Beträge. (T2) |
15 Os 125/15v | OGH | 09.12.2015 |
Auch; Beisatz: Eine gegen in einem freisprechenden Urteil getroffene (Negativ-) Feststellungen gerichtete Mängelrüge der Staatsanwaltschaft spricht im Fall des unbekämpft gebliebenen Fehlens weiterer für die Tatbestandsverwirklichung erforderlicher Feststellungen keine entscheidenden Tatsachen an, sodass sie als offenbar unbegründet bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückgewiesen werden kann. (T3) |
15 Os 97/15a | OGH | 13.04.2016 |
Auch; Beisatz: Gründet das Gericht einen Freispruch auf die Annahme, dass mehrere Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt sind, und trifft es zu diesen hinreichende (negative) Feststellungen, ist es unter dem Aspekt erfolgreicher Urteilsanfechtung erforderlich, alle die Tatbestandsverwirklichung ausschließenden (negativen) Konstatierungen deutlich und bestimmt als mangelhaft begründet (Z 5) oder unter Geltendmachung darauf bezogener Anträge aus Z 4 zu bekämpfen. (T4) |
15 Os 175/15x | OGH | 25.05.2016 |
Aber; Beisatz: Für den Erfolg einer einen Freispruch aus Z 4 bekämpfenden Nichtigkeitsbeschwerde ist es – anders als bei einer Anfechtung aus Z 5 oder Z 9 lit a – nicht unabdingbar (und Privatbeteiligten gar nicht möglich [§ 282 Abs 2 StPO]), unter einem auch alle Negativfeststellungen des Urteils mit Mängelrüge (Z 5) und das Fehlen von Feststellungen zu sämtlichen Tatbestandselementen mit Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu relevieren. (T5) |
15 Os 137/16k | OGH | 24.05.2017 |
Auch; Beisatz: Wenn sich ein freisprechendes Urteil auf die Erörterung des (fehlenden) Verfolgungsrechts beschränkt und keine (Negativ-)Feststellungen zum Tatbestand oder zur Täterschaft trifft, ist es zur erfolgreichen Anfechtung nicht erforderlich, dass die Staatsanwaltschaft ‑ neben dem Aufzeigen des erstgerichtlichen Rechtsfehlers ‑ zusätzlich Feststellungsmängel hinsichtlich fehlender Tatbestandselemente geltend macht oder entsprechende Beweisanträge in der Hauptverhandlung stellt und deren Abweisung mit Verfahrensrüge (Z4) bekämpft. (T6) |
25 Ds 2/17m | OGH | 23.05.2017 |
Beisatz: Die Anfechtung eines Freispruchs erfordert ein prozessförmiges Aufzeigen der Relevanz des behaupteten (Verfahrens‑ oder Urteils‑)Fehlers für das Ergebnis, weil das Rechtsmittelgericht mit Blick auf den "favor defensionis" des Rechtsmittelverfahrens nicht gezwungen sein soll, für die Schuldfrage dem Angeklagten nachteilige Umstände von Amts wegen zu erheben. Demnach besteht eine Vorbringensobliegenheit des den Freispruch Anfechtenden in Betreff vom angezogenen Nichtigkeitsgrund nicht berührter entscheidender Tatsachen, die ihrerseits nach Maßgabe von Nichtigkeitsgründen anzusprechen sind, soweit sie nicht im Sinn des angestrebten Schuldspruchs im Urteil festgestellt wurden. (T7)<br/>Beisatz: Das Fehlen von Feststellungen ist nicht nur dann zu relevieren, wenn im Urteil einzelne positive Feststellungen getroffen wurden, während andere zur Tatbestandsverwirklichung erforderliche fehlen, sondern umso mehr (arg a minori ad maius), wenn gar keine Feststellungen getroffen wurden. (T8)<br/>Beisatz: Diese Rechtsprechung findet auch im Verfahren nach dem DSt Anwendung. (T9)<br/>Beisatz: Im Verfahren nach dem DSt (ebenso wie im Einzelrichter‑ und bezirksgerichtlichen Verfahren) können vom Nichtigkeitsgrund nicht berührte Negativfeststellungen zusätzlich mit Beweiswürdigungskritik im Rahmen der Schuldberufung bekämpft werden. (T10) |
15 Os 156/17f | OGH | 17.01.2018 |
Vgl; Beisatz: Bei der Freispruchsanfechtung mit Schuldberufung besteht hingegen keine Verpflichtung der Anklagebehörde, hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, zu denen das Urteil keine Konstatierungen enthält, (zusätzlich) einen Feststellungsmangel (Anmerkung: im Rahmen einer Berufung nach § 464 Z 1 StPO) geltend zu machen. (T11)<br/>Beisatz: Vorbringen zur Schlüssigkeit der Anfechtung eines Freispruchs (mit Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld) kann so lange erstattet werden, als Neuerungen zur Begründung der Berufung vorgebracht werden dürfen. (T12) |
13 Os 9/21d | OGH | 29.09.2021 |
Vgl; Beis nur wie T4; Beisatz: Hier: In Bezug auf ein Urteil, mit dem ein Antrag auf Verhängung einer Verbandsgeldbuße (§ 21 VbVG) abgewiesen wurde. (T13) |
14 Os 78/23m | OGH | 06.09.2023 |
vgl; Beisatz wie T3; Beisatz wie T4 |
13 Os 18/24g | OGH | 11.09.2024 |
vgl; nur T4<br/>Beisatz: Hier: Abweisung des Antrags auf Verhängung einer Verbandsgeldbuße (T14) |
Dokumentnummer
JJR_20111215_OGH0002_0130OS00147_11H0000_001
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)