European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00004.17F.0406.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Csaba E***** fallen auch die durch seine erfolglos gebliebene Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch jeweils unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche dreier Mitangeklagter enthaltenden Urteil wurde Csaba E***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB, zweier Vergehen der Urkundenunterdrückung nach §§ 12 dritter Fall, 229 Abs 1 StGB und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach §§ 12 dritter Fall, 241e Abs 3 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in E***** und andernorts dadurch, dass er gemeinsam mit weiteren, teils abgesondert verfolgten Tätern an der am 25. Februar 2016 in seinem Haus in Ungarn erfolgten Planung der Tat teilnahm, die unmittelbaren Täter am darauffolgenden Tag nach Österreich beförderte, mit ihnen zum Tatort fuhr, dort Aufpasserdienste leistete, sie nach der Tatbegehung in das von ihm zur Verfügung gestellte Fluchtfahrzeug aufnahm und mit ihnen zurück nach Ungarn flüchtete, zur Ausführung strafbarer Handlungen durch Gheorghe S***** und Nicolaie B***** beigetragen, die am 26. Februar 2016 im bewussten und gewollten Zusammenwirken
I./ mit Gewalt gegen Maria und Franz K***** und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Bargeld in Höhe von 480 Euro und sechs Inhabersparbücher mit Spareinlagen in Höhe von insgesamt 48.093,14 Euro wegnahmen, indem sie die Genannten zu Boden stießen, mit Handschellen fesselten und ihr Haus durchsuchten, wobei Franz K***** durch die ausgeübte Gewalt einen Bruch des Ellenhakens und eine Prellung mit Blutergussbildung der rechten Hand erlitt, also schwer verletzt (§ 84 Abs 1 StGB) wurde;
II./ durch die zu I./ beschriebene Handlung
1./ Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, nämlich den Führerschein und die Sozialversicherungskarte des Franz K*****, mit dem Vorsatz unterdrückten, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden;
2./ ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht verfügen durften, nämlich die von der R***** N***** S***** A***** ausgestellte Bankomatkarte des Franz K*****, mit dem Vorsatz unterdrückt, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern.
Hingegen sprach das Erstgericht Atilla G***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe durch Weitergabe tatrelevanter Informationen, Teilnahme an der gemeinsamen Planung der Tat sowie durch Beobachtung und Überwachung des Tatorts, zu welchem er seine Mittäter dirigiert habe, zu den oben genannten strafbaren Handlungen des Gheorghe S***** und des Nicolae B***** beigetragen, gemäß § 259 Z 3 StPO frei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den Schuldspruch aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Csaba E***** geht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – ebenso fehl wie jene der Staatsanwaltschaft, die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO den Freispruch des Atilla G***** bekämpft.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Csaba E*****:
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ist die aus dem äußeren Tatgeschehen – insbesondere auch aus den Umständen, dass die unmittelbaren Täter Handschellen mit sich führten und für alle Angeklagten sichtbar war, dass im Haus der Opfer Licht brannte – erfolgte Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung der gewaltsamen Sachwegnahme (US 14 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden, weil der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen gerade bei (teilweise) leugnenden Angeklagten methodisch nicht zu ersetzen ist (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882).
Dem weiteren Vorbringen (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben sich die Tatrichter dabei auch mit den dieser Annahme entgegenstehenden Angaben der Angeklagten auseinandergesetzt (US 15), wobei das Erstgericht – dem Gebot gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend – nicht gehalten war, diese als nicht zur Entlastung des Beschwerdeführers geeignet angesehenen Aussagen in all ihren Details gesondert zu erörtern. Soweit der Rechtsmittelwerber diesen Schlussfolgerungen – gestützt auf jeweils isoliert hervorgehobene Passagen seiner eigenen Verantwortung sowie der Einlassungen seiner Mitangeklagten – für sich günstigere Annahmen gegenüberstellt, beschränkt er sich darauf, bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffengerichts zu bekämpfen.
Indem der Nichtigkeitswerber auf eine vom Staatsanwalt in der Hauptverhandlung gestellte Frage verweist und ausführt, aus deren Formulierung ergäbe sich, dass selbst die Anklagebehörde davon ausging, dass „man nach Österreich fuhr, um zu stehlen“, wird kein erörterungsbedürftiges Ergebnis des Beweisverfahrens angesprochen (vgl RIS-Justiz RS0118316).
Mit der Berufung auf den
Zweifelsgrundsatz („in dubio pro reo“) wird keine Nichtigkeit aus Z 5 oder Z 5a des § 281 Abs 1 StPO aufgezeigt, sondern in unzulässiger Weise die dem Schöffensenat vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft (RIS-Justiz RS0102162 [T3]).
Anzumerken bleibt, dass dem Erstgericht mit dem Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach „§§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB“ durch die Anführung des Abs 1 des § 143 StGB ein bloßer Zitier-, jedoch kein Subsumtionsfehler (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) unterlief (vgl US 18 f).
Soweit diesem Schuldspruch auch die Wegnahme von insgesamt sechs „Inhabersparbüchern“ zu Grunde liegt, kann deren Wertträgereigenschaft mangels Konstatierungen zu ihrer Sicherung durch ein Losungswort nicht abschließend beurteilt werden (vgl § 32 Abs 4 BWG; RIS-Justiz RS0093543 [T10]; Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 127 Rz 39; Leukauf/Steininger/Messner, StGB4 § 127 Rz 10; Birklbauer/Hilf/Tipold, BT I2 §§ 127, 128 Rz 13). Da insoweit eine Subsumtionsänderung (in Richtung § 229 Abs 1 StGB) nichts an der Beurteilung der gewaltsamen Wegnahme der übrigen tateinheitlich geraubten Gegenstände ändern, jedoch zur Annahme von Idealkonkurrenz mit weiteren Delikten führen würde, ist ein Nachteil für die Angeklagten nicht zu erkennen (RIS-Justiz RS0117640).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Entgegen der undeutliche Feststellungen zu einem durch den Angeklagten Atilla G***** geleisteten Beitrag behauptenden Mängelrüge (Z 5 erster Fall; nominell auch Z 9 lit a) hat das Schöffengericht konstatiert, dass der Angeklagte Nicolaie B***** im Jänner und Februar 2016 wiederholt versuchte, von Atilla G***** zur Begehung des Raubes relevante Informationen über das Ehepaar K***** zu erhalten (US 9 f), dieser jedoch in allen Gesprächen angegeben hatte, „nichts damit zu tun haben zu wollen“ (US 11), und weder vor der Tat Informationen an die übrigen Angeklagten weitergegeben noch sonst am Tatort zu dieser beigetragen hat (US 16 bis 18).
Das weitere Vorbringen der (der Sache nach) aus § 281 Abs 1 Z 5 zweiter und vierter Fall StPO erhobenen Mängelrüge richtet sich allein gegen die Annahme des Erstgerichts, wonach ein Beitrag bereits in objektiver Hinsicht nicht anzunehmen sei, spricht damit aber keine für die Schuldfrage entscheidenden Tatsachen an, weil die Nichtigkeitsbeschwerde nicht gesetzmäßig einen – die Mängelrüge ergänzenden – Feststellungsmangel in Betreff der nicht im Urteil enthaltenen subjektiven Tatbestandsmerkmale des Verbrechens des schweren Raubes (§§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB), sowie des Vergehens der Urkundenunterdrückung (§§ 12 dritter Fall, 229 Abs 1 StGB) und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel (§§ 12 dritter Fall, 241e Abs 1 StGB) geltend macht (RIS-Justiz RS0127315). Damit erweist sie sich von vornherein als offenbar unbegründet (RIS-Justiz RS0130509), weshalb sich eine inhaltliche Prüfung der einzelnen Argumente der Mängelrüge erübrigt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Csaba E***** war daher ebenso wie jene der Staatsanwaltschaft bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung dieses Angeklagten und die ihn sowie die Angeklagten Gheorghe S*****, Dumitru I***** und Nicolaie B***** betreffenden Berufungen der Staatsanwaltschaft folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO (vgl Lendl , WK‑StPO § 390a Rz 8).
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