Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in Punkt II des Freispruchs, im Schuldspruch A/I sowie in den Subsumtionen weiters angelasteten Verhaltens, und zwar zu B/III (auch) nach § 241e Abs 2 (erster Fall) StGB und zu B/V (auch) nach § 147 Abs 1 Z 1 (erster Fall) StGB, demgemäß auch im Strafausspruch, aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird verworfen.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung des Strafausspruchs verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Amir T***** ‑ soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass relevant ‑ der Verbrechen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 und 2 (erster Fall) StGB (B/III) und des schweren, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 und 129 Z 1, 12 dritter Fall und 15 StGB (B/IV) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (A) und des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 (erster Fall) und Abs 2 StGB (B/V) schuldig erkannt.
Danach hat er
(A/I) am 28. Oktober 2012 in W***** Hamdija H***** durch die „sinngemäße Äußerung, er werde mit einer Waffe wiederkommen, wobei er zur Betonung der Ernsthaftigkeit seiner Drohung auf ihn zugegangen ist“, gefährlich mit einer Verletzung am Körper bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;
(B/III/1 und 2) sich am 8. September und „zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem“ 19. Oktober 2012 in S***** durch Wegnehmen der für im Urteil näher bezeichnete Personen ausgestellten Bankomatkarten unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen durfte, gewerbsmäßig und mit dem Vorsatz verschafft, dass er durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde;
(B/IV/2) am 5. August 2012 in M***** (Punkt a) und am 28. Juli 2012 in S***** (Punkt b) durch Fahrer- und Aufpasserdienste dazu beigetragen, dass Midhat V***** im Urteil namentlich genannten Personen Schmuck und Wertgegenstände im Wert von insgesamt 53.990 Euro durch Einbruch, nämlich durch Aufzwängen eines Fensters und einer Terrassentür, weggenommen hat;
(B/V) am 24. Oktober 2012, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Ausfüllen eines Überweisungsscheins und eigenhändiges Unterschreiben desselben mit dem Namen „Elma B*****“ Verfügungsberechtigte der Ba***** unter Verwendung einer falschen Urkunde zur Überweisung von 4.000 Euro vom Konto der Elma B***** auf sein eigenes Konto verleitet, wodurch die Genannte einen 3.000 Euro übersteigenden Schaden erlitt.
Weiters wurde er gemäß § 259 Z 3 StPO von der Anklage freigesprochen, er habe in H***** und an anderen Orten
(I) am 7. August 2012 Midhat V***** 5.000 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen;
(II) nach dem 16. August 2012 „und andernorts“ sich ein ihm anvertrautes Gut in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, indem er einen von Midhat V***** zur Rückgabe übernommenen Mietwagen der Marke BMW der A***** im Wert von etwa 70.000 Euro diesem Unternehmen vereinbarungswidrig nicht zurückgestellt, sondern für sich verwendet habe.
Rechtliche Beurteilung
Die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist teilweise berechtigt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde:
Zutreffend zeigt die Mängelrüge zu Punkt II des Freispruchs Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der Begründung auf.
Die Negativfeststellung zum entsprechenden Anklagevorwurf (US 11) stützte das Erstgericht im Wesentlichen auf die für glaubwürdig befundene Verantwortung des Angeklagten, er habe das Fahrzeug auf einem Parkplatz bei der Wohnung des Midhat V***** abgestellt und den Autoschlüssel, so wie mit diesem vereinbart, auf einen der Vorderreifen gelegt. Die belastenden Aussagen des Midhat V***** hielten die Tatrichter ‑ unter anderem mit dem Hinweis auf dessen angespanntes Verhältnis zum Angeklagten ‑ für unglaubwürdig (US 16).
Dass der Angeklagte sein Aussageverhalten zu diesem Vorwurf im Lauf des Verfahrens in maßgeblichen Punkten geändert hat, haben die Tatrichter ‑ wie die Beschwerdeführerin richtig aufzeigt ‑ in Nichtigkeit begründender Weise (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 425) ebenso wenig erörtert wie die in diesem Zusammenhang (erheblichen) Angaben des Zeugen Nermin M*****.
Bei seiner Vernehmung als Beschuldigter im Ermittlungsverfahren verantwortete sich der Angeklagte unter anderem dahingehend, er sei am 14. August 2012 mit dem von Midhat V***** gemieteten Pkw nach Bosnien gefahren und habe diesen nach seiner Rückkehr am 15. August 2012 zurückgegeben; er sei demnach mit dem Fahrzeug bloß einen Tag in Bosnien gewesen (ON 31 S 5; vgl auch ON 5 S 7 ff). Der Zeuge Nermin M***** gab ‑ im Urteil übergangen ‑ in der Hauptverhandlung an, er habe den Angeklagten Ende August in Bosnien mit diesem Fahrzeug gesehen. Dies sei gewesen, nachdem ihm Midhat V***** zuvor wütend erzählt habe, der Angeklagte habe sich das Auto ausgeliehen und sei damit „abgehauen“ (ON 56 S 17; vgl auch ON 25 S 9). Demgegenüber deponierte der Angeklagte in der Hauptverhandlung, er habe von Midhat V***** den Auftrag erhalten, mit dem gemieteten Pkw nach Bosnien zu fahren, um ihn dort zu verkaufen. Darauf sei er nur zum Schein eingegangen, weil er mit dem Auto habe auf Urlaub fahren wollen; er sei mit diesem etwa eine Woche in Bosnien geblieben (ON 72 S 10 f). Mit diesen von der Mängelrüge ins Treffen geführten Widersprüchen hätten sich die Tatrichter, welche der Aussage des Angeklagten in diesem Zusammenhang pauschal Glaubwürdigkeit zubilligten, bei sonstiger Nichtigkeit beweiswürdigend auseinandersetzen müssen, zumal Midhat V***** ‑ worauf die Nichtigkeitsbeschwerde ebenfalls zutreffend hinweist ‑ bereits am 17. August 2012 Anzeige gegen den Angeklagten wegen Veruntreuung dieses Pkw erstattet hatte (vgl ON 17 S 1).
Dem Erfordernis, einen Feststellungsmangel hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale geltend zu machen, zu denen das Erstgericht keine Aussage getroffen hat (RIS‑Justiz RS0127315), entspricht die Beschwerdeführerin, indem sie durch hinreichend deutliches Vorbringen die einen Schuldspruch (in objektiver wie subjektiver Hinsicht) tragenden Feststellungen durch (verfehlt im Rahmen der Mängelrüge erstatteten) Hinweis auf indizierende Verfahrensergebnisse fordert (der Sache nach Z 9 lit a).
Der aufgezeigte Begründungsmangel (Z 5 zweiter Fall) erfordert die Aufhebung des Freispruchs in seinem Punkt II, demgemäß auch des Strafausspruchs, und in diesem Umfang die Neudurchführung des Verfahrens.
Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung des Strafausspruchs zu verweisen.
Im Punkt I des Freispruchs betreffenden Umfang kommt der Mängelrüge hingegen keine Berechtigung zu. Weshalb sich aus der Unvollständigkeit der Urteilsbegründung und der wechselnden Verantwortung des Angeklagten zum Vorwurf der Veruntreuung (Punkt II des Freispruchs) zwanglos dessen Unglaubwürdigkeit auch hinsichtlich des angelasteten Diebstahls von 5.000 Euro zum Nachteil des Midhat V***** ergebe (vgl hingegen RIS‑Justiz RS0098372), legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Das in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen zeigt keinen formalen Begründungsmangel auf, sondern interpretiert die vom Erstgericht ohnehin erörterten Verfahrensergebnisse (die Verantwortung des Angeklagten und die Aussage des Midhat V*****) aufgrund eigener Beweiswerterwägungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.
Mit der Subsumtionsrüge (Z 10) fordert die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf den im Urteil erwähnten Umstand, dass der Angeklagte nach seiner Verantwortung ein Beutestück aus dem ihm (als Beitragstäter im Sinn des § 12 dritter Fall StGB) zu B/IV/2/b angelasteten Diebstahl vom unmittelbaren Täter erhalten habe (US 13), das Erstgericht hätte den Angeklagten „auch des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 und Abs 4 letzter Fall StGB“ schuldig erkennen müssen. Sie verkennt dabei (abgesehen vom Fehlen der notwendigen Sachverhaltsgrundlage im angefochtenen Urteil), dass Strafbarkeit nach dieser Bestimmung für einen an der Vortat (auch durch Bestimmung oder sonstigen Beitrag) beteiligten Täter ausgeschlossen ist (RIS-Justiz RS0091358, RS0094688, RS0090397 [T1]; Kirchbacher in WK2 StGB § 164 Rz 4 und 33; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 164 Rz 112).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) war daher ebenso zu verwerfen wie die Mängelrüge zu Punkt I des Freispruchs.
Zu den amtswegigen Maßnahmen:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil mehrfach nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 9 lit a und Z 10) zum Nachteil des Angeklagten anhaftet, die von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Zum Schuldspruch A/I stellte das Erstgericht in objektiver Hinsicht bloß fest, der Angeklagte habe „sinngemäß“ geäußert, „dass er mit einer Waffe wiederkommen werde“, wobei er „zur Bekräftigung seiner Drohung“ auf das Opfer zugegangen sei (US 7). Ein Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB setzt in tatsächlicher Hinsicht die Feststellung voraus, dass der (vom Drohenden gewollte) Sinn einer Äußerung (einer Verhaltensweise) darin lag, beim Bedrohten den Eindruck einer ernst gemeinten Ankündigung der bevorstehenden Beeinträchtigung eines (in § 74 Abs 1 Z 5 StGB genannten) Rechtsguts zu erwecken (RIS-Justiz RS0092588; Jerabek in WK2 StGB § 74 Rz 34). Feststellungen zu einem derartigen Bedeutungsinhalt der inkriminierten Äußerung hat das Erstgericht nicht getroffen. Das aufgezeigte Konstatierungsdefizit kann durch die einleitende Passage zu Punkt A im Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) im Urteilstenor nicht kompensiert werden (RIS-Justiz RS0114639).
Zum Schuldspruch B/III haben die Tatrichter zur (rechtlich) angenommenen Gewerbsmäßigkeit nach § 241e Abs 2 erster Fall StGB bloß konstatiert, der Angeklagte habe in der Absicht gehandelt, „sich durch die wiederkehrende Tathandlung, und zwar durch wiederholte Bargeldbehebungen, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen“ (US 9). Dass sich diese Absicht auf die Wiederholung der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel und nicht bloß von Verwertungshandlungen bezog (vgl RIS‑Justiz RS0086909, RS0087902), kommt damit ebenso wenig zum Ausdruck wie das vom Tatbestand vorausgesetzte Element einer für einen längeren Zeitraum wirksamen Einkommensquelle (RIS‑Justiz RS0107402; zum Ganzen Jerabek in WK2 StGB § 70 Rz 7 und 9).
Schließlich fehlt es zum Schuldspruch B/V an der Konstatierung, dass der Vorsatz des Angeklagten auch auf die Verwendung einer falschen Urkunde gerichtet war (vgl US 11), weshalb die Subsumtion (auch) nach § 147 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB einer entsprechenden tatsächlichen Basis entbehrt. Von der Generalprokuratur dazu angestellten Überlegungen zu allenfalls (im Sinn des § 290 StPO) fehlendem Nachteil dieses Subsumtionsfehlers (vgl Ratz, WK‑StPO § 290 Rz 22 ff) und zur Möglichkeit eines Unterbleibens amtswegiger Wahrnehmung aus prozessökonomischen Gründen vermag sich der Oberste Gerichtshof im Hinblick auf den ohnehin nicht zu vermeidenden zweiten Rechtsgang nicht anzuschließen. Die mit einem derartigen Hinweis auf einen Subsumtionsfehler verbundene Konsequenz, dass bei der Straffestsetzung von einem Schuldspruch ohne die genannte (formal nicht aufgehobene) Qualifikation auszugehen wäre (vgl RIS‑Justiz RS0118870), würde dem Erstgericht zudem die Möglichkeit nehmen, im zweiten Rechtsgang eine der (allenfalls festzustellenden) wahren Sachlage entsprechende Subsumtion (rechtsfehlerfrei) nachzuholen.
Diese Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a zu A/I, ansonsten Z 10) erfordern die Aufhebung des Schuldspruchs A/I zur Gänze sowie der Deliktsqualifikationen nach § 241e Abs 2 erster Fall StGB zu B/III und nach § 147 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB zu B/V.
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO; sie erstreckt sich nicht auf das amtswegige Vorgehen (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).
Bleibt anzumerken, dass die Entscheidungsgründe ‑ unter verdeutlichender Heranziehung (vgl erneut RIS‑Justiz RS0114639) des Referats der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) ‑ in ihrer Gesamtheit eine (noch) ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die Schuldsprüche B/IV/2/a und b enthalten. So haben die Tatrichter die von Midhat V***** als unmittelbarem Täter geplanten Diebstähle durch Einbruch im Rahmen der Beweiswürdigung (US 13 f) mit Hinweis auf die für glaubwürdig befundene Verantwortung des Angeklagten vor der Kriminalpolizei (ON 31 S 3 ff) nach Tatzeit und Tatort spezifiziert und die tatsächliche Begehung (Vollendung) der Taten durch Ausführungen zur jeweils aus einem „Einbruch“ erzielten Beute zum Ausdruck gebracht (zum Ganzen vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19, 571 und 580). Da das Urteil auch unmissverständliche Feststellungen zu den Beitragshandlungen des Angeklagten enthält (US 10), erübrigt sich eine ‑ von der Generalprokuratur angeregte ‑ amtswegige Aufhebung dieser Schuldsprüche.
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