OGH 13Os97/19t

OGH13Os97/19t29.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Dr. Ondreasova in der Finanzstrafsache gegen Elvis N***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 15. Juli 2019, GZ 50 Hv 27/19a‑11, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0130OS00097.19T.0129.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Elvis N***** von dem Vorwurf freigesprochen, er habe im Bereich des Finanzamts Baden Mödling vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige‑, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung an bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben bewirkt, und zwar

(A) als abgabenrechtlich Verantwortlicher einer Personengesellschaft

(1) für das Jahr 2011 an Umsatzsteuer um 31.500 Euro sowie

(2) für den Monat April 2011 an Normverbrauchsabgabe um 11.424 Euro, ferner

(B) für das Jahr 2011 an Einkommensteuer um 70.875 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde.

Bezugspunkt der Mängelrüge ist der Ausspruch über Vorliegen oder Nichtvorliegen der als entscheidend zu wertenden Tatsachen – nicht in den verkündeten „wesentlichen Gründen“ (§ 268 erster Satz StPO), sondern – in den Entscheidungsgründen der Urteilsausfertigung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 391). Indem die Rüge das Urteil als undeutlich und widersprüchlich bezeichnet, weil diese von jenen abwichen, wird ein aus Z 5 beachtlicher Begründungsmangel nicht behauptet. Bei der Ausfertigung des Urteils besteht übrigens keine Bindung des Gerichts an die verkündeten Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0098421; Danek , WK-StPO § 268 Rz 8).

Die Tatrichter gründeten den Freispruch auf die Verneinung gerichtlicher Zuständigkeit zur Ahndung der dem Angeklagten*****angelasteten Finanzvergehen nach § 53 Abs 1 FinStrG, weil die von der Anklage umfassten strafbestimmenden Wertbeträge (zwar) in Summe 100.000 Euro überstiegen, die inkriminierten Finanzvergehen jedoch in die Zuständigkeit verschiedener Finanzstrafbehörden fielen (US 5). Feststellungen darüber, ob der Angeklagte die subjektiven (sowie sämtliche objektiven) Tatbestandsmerkmale (irgend-)eines Finanzvergehens erfüllt hat, trafen sie nicht.

Die Beschwerdeführerin bekämpft (nur) die rechtliche Annahme des Fehlens gerichtlicher Zuständigkeit.

Zur deutlichen und bestimmten Bezeichnung des geltend gemachten (materiell‑rechtlichen) Nichtigkeitsgrundes wäre jedoch zusätzlich erforderlich gewesen, hinsichtlich aller Tatbestandselemente, zu denen das Ersturteil keine Aussage getroffen hat, einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0127315, 13 Os 92/13y, 13 Os 117/16d; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 607), was die Finanzstrafbehörde unterließ.

Hinzu kommt, dass – auf Basis der Urteilskonstatierungen – die fünfjährige Verjährungsfrist des § 31 Abs 2 FinStrG zum Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Urteils bereits abgelaufen gewesen wäre. Auch Feststellungen zu verjährungshemmenden Umständen (§ 31 Abs 3 oder 4 FinStrG) wurden weder getroffen noch von der Beschwerde (aus Z 9 lit a) gefordert. Dass vor Ablauf der Verjährungsfrist ein solcher Umstand eingetreten wäre, ist im Übrigen nach der Aktenlage nicht indiziert (zum Hemmungsgrund der Verfahrensführung bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht [§ 31 Abs 4 lit b FinStrG] insbesondere 13 Os 72/19s; Lässig in WK 2 FinStrG § 31 Rz 11).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

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