OGH 11Os7/15m

OGH11Os7/15m10.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bachl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter T***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 27. August 2014, GZ 17 Hv 66/14b‑26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00007.15M.0310.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter T***** gemäß § 259 Z 3 StPO von der Anklage freigesprochen, er habe „in der Zeit von Juni 2012 bis 8. Februar 2013 in G***** in jeweils wiederholten Angriffen mit der am 7. Juli 2006 geborenen, somit unmündigen Fabienne G*****

I./ eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er seine Zunge mit ihrer Scheide in Kontakt brachte und sie zumindest im Bereich der äußeren Schamlippen leckte;

II./ außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen vorgenommen bzw an sich vornehmen lassen, und zwar indem er

1./ ihre Scheide betastete und

2./ sie veranlasste, an ihm eine manuelle Befriedigung bis zum Samenerguss durchzuführen;

III./ mit der am 7. Juli 2006 geborenen Fabienne G*****, die zeitweise seiner Aufsicht unterstand, wenn er als Bruder des Lebensgefährten der Kindesmutter auf sie aufpasste, unter Ausnützung seiner Stellung ihr gegenüber die zu Punkt I./ beschriebenen geschlechtlichen Handlungen vorgenommen und die zu Punkt II./2./ beschriebene geschlechtliche Handlung an sich vornehmen lassen.“

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben sich die Tatrichter sowohl mit der Aussage der Fabienne G***** als auch mit den in der kontradiktorischen Vernehmung von ihr angefertigten Zeichnungen auseinandergesetzt (US 3 f), wobei sie dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten waren, sämtliche Aussage‑ und Zeichnungsdetails explizit anzuführen. Dass Fabienne G***** bereits vor der Untersuchung durch die Sachverständige (ON 11 S 115) und vor der kontradiktorischen Vernehmung (ON 15 S 11) eine Zeichnung angefertigt hat, konnte das Erstgericht mängelfrei auf die entsprechenden Verweisstellen ‑ ohne den Umstand der Ablehnung der Sachverständigen, diese zu bewerten, ins Kalkül ziehen zu müssen ‑ stützen (US 4 f). Auf diese nach einer Aufforderung der Kindesmutter und deren Lebensgefährten zustande gekommene Zeichnung weiter einzugehen konnten die Tatrichter wegen mängelfreier Annahme einer nicht beeinflussungsfrei vorgenommenen Fragestellung (US 4 f) ablehnen.

Zufolge der wiederholten Anführung des Geburtsdatums des Mädchens (7. Juli 2006) stellt die resümierende Ausführung zu ihrem Alter bei der kontradiktorischen Einvernahme am 4. Februar 2014 („acht Jahre alt“, US 5) keine Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) dar. Auch sind die Tatrichter davon ausgegangen, dass das Mädchen den Penis des Angeklagten einmal gesehen haben könnte (US 3), sodass eine weitere Erörterung dieses Aussagedetails des Blasius J***** nicht erforderlich war. Soweit sich das Erstgericht beispielsweise auf konkrete Aussageteile der Zeuginnen Annemarie S***** (ON 25 S 6) und Danica G***** (ON 25 S 8) bezieht (US 4), bedingt dies nicht die Erörterung sämtlicher Aussagedetails anderer Zeugen (Angelika K*****, ON 25 S 10). Zudem ging das Erstgericht (gerade) bei dieser Zeugin, die auch zur zeichnerischen Darstellung aufgefordert hatte, von „gezielter (Suggestiv‑)Fragestellung“ aus (US 4).

Gründet im Übrigen das Gericht den Freispruch auf die Verneinung der Täterschaft des Angeklagten im Zweifel zu dessen Gunsten, ohne eine Aussage zu sämtlichen Tatbestandselementen zu treffen, reicht es für den Erfolg einer Nichtigkeitsbeschwerde nicht hin, einen Begründungsmangel bloß in Ansehung der getroffenen Urteilsannahme (hier der Negativfeststellung jeglicher sexualbezogener Tathandlung) aufzuzeigen.

Vielmehr ist hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, zu denen das Urteil keine Konstatierungen enthält, unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende und in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse ein Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend zu machen; fehlen die dafür notwendigen Indizien, bedarf es zur Geltendmachung darauf bezogener Anträge aus Z 4, werden die fehlenden Tatbestandsmerkmale verneint, ist insoweit ein Begründungsmangel geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0127315, RS0118580).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ zurückzuweisen (§ 285d StPO).

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