Rechtssatz
Ein Verstoß gegen eine nicht dem Lauterkeitsrecht im engeren Sinn zuzuordnende generelle Norm ist (nur) dann als unlautere Geschäftspraktik oder als sonstige unlautere Handlung im Sinne von § 1 Abs 1 Z 1 UWG in der Fassung der UWG-Novelle 2007 zu werten, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden kann, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegensteht. Der Unterlassungsanspruch setzt ferner voraus, dass das beanstandete Verhalten geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von rechtstreuen Mitbewerbern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen.
Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch
4 Ob 225/07b | OGH | 11.03.2008 |
Bemerkung: Mit ausführlicher Begründung und Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung vor der UWG-Novelle 2007. (T1); Veröff: SZ 2008/32 |
4 Ob 105/08g | OGH | 26.08.2008 |
Auch; nur: Der Unterlassungsanspruch setzt ferner voraus, dass das beanstandete Verhalten geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von rechtstreuen Mitbewerbern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen. (T2) |
4 Ob 118/08v | OGH | 26.08.2008 |
nur: Ein Verstoß gegen eine nicht dem Lauterkeitsrecht im engeren Sinn zuzuordnende generelle Norm ist (nur) dann als unlautere Geschäftspraktik oder als sonstige unlautere Handlung im Sinne von § 1 Abs 1 Z 1 UWG in der Fassung der UWG-Novelle 2007 zu werten, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden kann, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegensteht. (T3) |
4 Ob 211/08w | OGH | 24.02.2009 |
Vgl auch; Beisatz: Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung fällt in die lauterkeitsrechtliche Fallgruppe Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch. (T4)<br/>Bem: Der ursprünglich versehentlich aufgenommene Beisatz T5 wurde mangels inhaltlichen Bezugs zum Rechtssatz gelöscht; siehe nunmehr Beisatz T4 zur RS0107622 (T5) |
4 Ob 30/09d | OGH | 14.07.2009 |
Auch; Beisatz: Die Beklagte durfte die Regelungen der GewO 1994 mit guten Gründen so verstehen, dass die in ihrem Heimatstaat (Belgien) ausgeführte Dienstleistung nicht den österreichischen Gewerberechtsvorschriften unterliegt. (T7) |
4 Ob 14/10b | OGH | 23.02.2010 |
Beisatz: Maßgebend für die Beurteilung der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung sind der eindeutige Wortlaut und Zweck der angeblich übertretenen Norm sowie gegebenenfalls die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und eine beständige Praxis von Verwaltungsbehörden. (T8)<br/>Beisatz: Hier: Werbeverbot nach § 11 TabakG. (T9) |
4 Ob 99/09a | OGH | 23.02.2010 |
Vgl; Beisatz: Hier: Unzulässige Klausel in AGB eines Mobilfunkanbieters. (T10)<br/>Veröff: SZ 2010/14 |
4 Ob 137/09i | OGH | 20.04.2010 |
Auch; nur T3; Beisatz: Hier: Tabakwerbung. (T11) |
4 Ob 56/10d | OGH | 08.06.2010 |
Beis wie T8; Beisatz: Hier: Berechtigung zur Durchführung von „Verkehrscoaching“ iSv § 24 FSG. (T12) |
4 Ob 123/10g | OGH | 13.07.2010 |
Vgl auch; Beis wie T8; Beisatz: Hier: Ladenöffnungszeiten: § 5 Abs 2 ÖZG 2003; § 7 Abs 1 Z 2 sbg ÖZ‑VO 2008. (T13) |
4 Ob 121/10p | OGH | 13.07.2010 |
Beisatz: Hier: Verbot der Werbung mit dem Leistungsumfang der Sozialversicherungsträger. (T14)<br/>Beis wie T8; Beisatz: Der Vertretbarkeitsstandard hat auch bei der Verletzung von Pflichten aus einem sozialversicherungsrechtlichen Gesamtvertrag zu gelten. (T15) |
4 Ob 40/11b | OGH | 21.06.2011 |
Vgl auch; Beisatz: Bei einem Verstoß gegen das Durchführungsverbot nach Art 108 Abs 3 AEUV kommt es nicht auf die Vertretbarkeit der zugrunde liegenden Rechtsauffassung an. (T18)<br/>Veröff: SZ 2011/75 |
4 Ob 100/11a | OGH | 09.08.2011 |
Vgl; Beisatz: Ist Gegenstand der Klage ein vom Vergaberecht erfasstes Verhalten des Auftraggebers oder eines Mitbieters, ist § 341 Abs 2 BVerG 2006 über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu beachten, siehe RS0127139. (T19)<br/>Veröff: SZ 2011/102 |
4 Ob 67/11y | OGH | 19.10.2011 |
Auch; Beis wie T8; Beisatz: Der Vertretbarkeitsmaßstab ist grundsätzlich auch bei der Beurteilung privatwirtschaftlichen Verhaltens der öffentlichen Hand anzulegen (sofern kein Verstoß gegen das Durchführungsverbot nach § 108 Abs 3 AEUV vorliegt). (T22) |
4 Ob 1/12v | OGH | 28.02.2012 |
Auch; nur T3; Beisatz: Hier: § 1 Satz 1 BuchpreisbindungsG. (T23) |
4 Ob 158/12g | OGH | 18.10.2012 |
Beis wie T8; Beisatz: Hier: §§ 10a, 11 Apothekenbetriebsordnung - ABO 2005. (T26) |
4 Ob 209/12g | OGH | 17.12.2012 |
nur T3; Beis wie T8; Beisatz: Hier: Konzessionspflicht nach dem Kraftfahrliniengesetz ‑ KflG. (T27) |
4 Ob 57/13f | OGH | 27.08.2013 |
Vgl auch; Gegenteilig Beis wie T23; Bem: Änderung der Rechtsprechung zum BPrBG. (T28)<br/>Beisatz: Bei Verstößen gegen das BPrBG kommt eine Einordnung in die Fallgruppe „Wettbewerbsvorspruch durch Rechtsbruch“ nicht in Betracht. Es kommt daher nicht auf die Vertretbarkeit der Rechtsansicht an. Zu prüfen ist, ob ein Verstoß vorliegt. (T29) |
4 Ob 86/14x | OGH | 24.06.2014 |
Vgl auch; Beis ähnlich wie T20; Beis ähnlich wie T30 |
4 Ob 95/14w | OGH | 24.06.2014 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Verletzung der Offenlegung des Konzernabschlusses nach § 277 iVm § 280 UGB. (T31) |
4 Ob 94/14y | OGH | 24.06.2014 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Marktschreierische Anpreisung anwaltlicher Leistungen als Verstoß gegen die standesrechtliche Verpflichtung nach § 43 Abs 3 lit a RL-BA. (T32) |
4 Ob 93/15b | OGH | 11.08.2015 |
Beisatz: Hier: § 5 TirSSG. (T37) |
4 Ob 254/15d | OGH | 30.03.2016 |
Beisatz: Hier: Standesrechtliche Werbebeschränkungen der Zahnärzte. (T38); Veröff: SZ 2016/40 |
4 Ob 45/17x | OGH | 28.03.2017 |
Auch; Beisatz: Gründet bereits das lauterkeitsrechtliche Unwerturteil auf einem Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt, ist die Berufung auf vertretbare Rechtsansicht ausgeschlossen. (T41) |
4 Ob 58/17h | OGH | 30.05.2017 |
Auch; Beis wie T39; Beisatz: Kein Verstoß gegen Art 10 DL‑RL. (T42) |
4 Ob 14/18i | OGH | 17.07.2018 |
Auch; Beis wie T8; Beisatz: Darauf, ob der Verstoß auch "subjektiv vorwerfbar" ist, kommt es seit der UWG Novelle 2007 nicht mehr an. (T43) |
4 Ob 36/18z | OGH | 23.08.2018 |
Auch; Beisatz: Der Vertretbarkeitsstandard gilt grundsätzlich auch bei einem Verstoß gegen Normen des sekundären Unionsrechts, es sei denn, die übertretene Norm dient dem Schutz der Mitbewerber gegen Eingriffe des Staates in den Leistungswettbewerb und damit ähnlichen Zielen wie das Lauterkeitsrecht; diesfalls verlangt der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, vom Vertretbarkeitsstandard abzusehen. (T44); Beisatz: Hier: Verstoß gegen die VO 304/2011/EU (BauprodukteVO). (T45) |
4 Ob 32/20i | OGH | 30.03.2020 |
Beisatz: Die Rechtsauffassung, dass für das Erfordernis einer österreichischen Gewerbeberechtigung eine wesentliche physische (Teil-)Tätigkeit in Österreich ausgeübt werden muss und eine reine Online-Tätigkeit dafür nicht ausreicht, ist vertretbar. (T46)<br/>Beisatz: Hier: Online-Vermittlung von Ticketverkäufen. (T47)<br/>Anm: Veröff: SZ 2020/24 |
4 Ob 123/22z | OGH | 20.12.2022 |
nur T3; Beis wie T8; Beisatz: Die Lauterkeitswidrigkeit ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn für die Zulässigkeit der beanstandeten Handlung ebenso gute Gründe sprechen wie für die Unzulässigkeit. (T48)<br/>Beisatz: Hier: Aufgrund des Wortlauts („dürfen“) und der Systematik der gesamten VO sprechen daher gute Gründe dafür, dass § 5 Wiener Taxitarif von einem freien Ermessen des Taxiunternehmens hinsichtlich der Einhebung der Zuschläge ausgeht. (T49) |
Dokumentnummer
JJR_20080311_OGH0002_0040OB00225_07B0000_001
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