OGH 4Ob57/16k

OGH4Ob57/16k20.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** GmbH, *****, vertreten durch Piaty Müller‑Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei a***** GmbH, *****, vertreten durch die ANWALTGMBH Rinner Teuchtmann in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 30.100 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 2. Februar 2016, GZ 4 R 14/16f, 4 R 15/16b‑18, womit der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 15. Dezember 2015, GZ 1 Cg 168/15v‑5, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00057.16K.0420.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Das Rekursgericht verbot der Beklagten mit einstweiliger Verfügung, im geschäftlichen Verkehr Massageausbildungen nach dem Medizinischer Masseur‑ und Heilmasseurgesetz (MMHmG) ohne die dafür erforderlichen behördlichen Genehmigungen, insbesondere Ausbildungen zum medizinischen/gewerblichen Masseur ohne die Zustimmung des zuständigen Landeshauptmanns, anzubieten und/oder zu bewerben und/oder durchzuführen. § 26 Abs 2 MMHmG verweise ausdrücklich darauf, dass die verkürzte (praktische) Ausbildung „im Rahmen der Ausbildung zum medizinischen Masseur“ stattzufinden habe. Das sei jene Ausbildung zum medizinischen Masseur, die nur mit Bewilligung des Landeshauptmanns gemäß § 73 MMHmG durchgeführt werden könne. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, für die verkürzte Ausbildung zum medizinischen Masseur bedürfe es keiner Bewilligung des Landeshauptmanns, sei angesichts des klaren Gesetzeswortlauts unvertretbar.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte vermag in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs, mit dem sie die gänzliche Abweisung des Sicherungsbegehrens anstrebt, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

1. Entsprechend auch dem Vorbringen der Beklagten im Sicherungsverfahren (S 3 ihrer Äußerung ON 3 = AS 17) nahmen die Vorinstanzen als bescheinigt an, dass die Beklagte in den Bundesländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg die Möglichkeit anbietet, den medizinischen Masseur über die Ausbildung zum gewerblichen Masseur im Wege der verkürzten Ausbildung für Masseure zu erlangen. Wenn die Beklagte nunmehr ihren Revisionsrekurs-ausführungen zugrundelegt, eine derartige verkürzte Ausbildung gar nicht selbst anzubieten, sondern lediglich darauf hinzuweisen, dass die für die verkürzte Ausbildung zum medizinischen Masseur nach Abschluss der Ausbildung zum gewerblichen Masseur erforderliche Praxis von einer anderen Institution, die über entsprechende Bewilligungen verfüge, angeboten und durchgeführt werde, entfernt sie sich von der in dritter Instanz nicht mehr in Frage zu stellenden Sachverhaltsgrundlage. Es geht daher auch ihre Rüge ins Leere, das Rekursgericht habe seiner Entscheidung einen aktenwidrigen Sachverhalt zugrunde gelegt.

2. Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, dass es auch für die verkürzte Ausbildung zum medizinischen Masseur gemäß § 26 MMHmG einer Bewilligung des Landeshauptmanns iSd § 73 MMHmG bedarf, ist nicht zu beanstanden (vgl zu den sogenannten Aufschulungsmodulen und zu § 74 MMHmG 4 Ob 65/04v). Im Hinblick auf den klaren Gesetzeswort bedarf es auch keiner Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendbarkeit des § 73 Abs 1 MMHmG auf die Ausbildung iSd § 26 MMHmG (vgl 4 Ob 65/04v). Dass die gegenteilige Rechtsmeinung der Beklagten nicht mit guten Gründen vertretbar im Sinn der Rechtsprechung zum Lauterkeitsverstoß infolge Rechtsbruchs (RIS‑Justiz RS0123239, RS0077771) ist, bildet jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung.

2. Der Formulierung des Unterlassungsgebots kommt keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu. Bei der Fassung des Unterlassungsgebots ist immer auf die Umstände des einzelnen Falls abzustellen (RIS‑Justiz RS0037671 [T1]).

Bei nicht auf Geldleistung gerichteten Klagen ist das Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO erfüllt, wenn dem Urteilsantrag unter Berücksichtigung des Sprach‑ und Ortsgebrauchs und nach dem Verständnis des Verkehrs entnommen werden kann, was begehrt ist (RIS‑Justiz RS0037874). Dem Unterlassungsgebot ist überdies eine gewisse allgemeine Fassung zu geben, um nicht die Umgehung allzu leicht zu machen (vgl RIS‑Justiz RS0037607). Dass das Rekursgericht diesen Grundsätzen der Rechtsprechung widersprochen hätte, ist den Revisionsrekursausführungen nicht zu entnehmen. Die Wendung „Ausbildungen zum medizinischen/gewerblichen Masseur“ lässt im Zusammenhang mit der Begründung der einstweiligen Verfügung klar erkennen, dass damit nicht etwa die (bloße) Ausbildung zum gewerblichen Masseur gemeint ist, sondern die darauf aufbauende verkürzte Ausbildung zum medizinischen Masseur iSd § 26 MMHmG.

Im Hinblick auf die ausreichend klare Fassung des Spruchs der angefochtenen einstweiligen Verfügung kann auch keine Rede davon sein, dass mit ihr etwas verboten würde, was erlaubt wäre (Anbieten und Durchführen der Ausbildung zum gewerblichen Masseur ohne Bewilligung des Landeshauptmanns).

4. Das Rekursgericht hat der Beklagten in Stattgebung des klägerischen Sicherungsbegehrens verboten, Massageausbildungen nach dem MMHmG ohne die dafür erforderlichen behördlichen Genehmigungen, insbesondere Ausbildungen zum medizinischen/gewerblichen Masseur ohne die Zustimmung des zuständigen Landeshauptmanns, anzubieten, zu bewerben oder durchzuführen. Die im Zusammenhang mit der davon abweichenden einstweiligen Verfügung des Erstgerichts aufgeworfenen Fragen zum Verhältnis des erstgerichtlichen Verbots zum Sicherungsbegehren der Klägerin stellen sich daher alle nicht (mehr). Fragen bloß rein theoretischer Natur sind nicht erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO oder § 528 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0111271). Dies gilt auch für die Ausführungen der Beklagten, die sich mit den vom erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin und ihren hier zu beurteilenden Begehren nicht umfassten „Spezialqualifikationen“ befassen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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