European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2017:13300R00070.17T.1024.000
Spruch:
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Die Antragstellerin beruft sich auf diese Wortmarke IR 905525 mit Benennung „EM“ (Widerspruchsmarke) mit dem Registrierungsdatum 28.7.2006 und der Priorität vom 30.1.2006 (DE 30606014.0/41):
LOOK,
eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der Klassen
16 Printed matter, bookbinding material;
38 Services in the field of telecommunications; services in the field of telecommunications, namely transmission of information to third parties over the Internet; services in the field of telecommunication, namely dissemination of information in wireless or wire-bound networks; content provider services, namely provision of access to platforms or information on the Internet, broadcasting of radio and (cable) television programmes, including digital data dissemination;
41 Education, training, entertainment, especially radio and television entertainment, services of a publishing house (excluding printing); publishing and editing publications in printed and electronic form with editorial contents and partly advertising contents in the off-line and on-line publishing trade (included in this class); sporting and cultural activities; publishing and editing of products by a publishing company that consist of texts and/or music and/or spoken language and/or pictures and/or films and/or computer programs, [only] also in the form of electronic media, in particular audio books and multimedia products (included in this class).
(Die durch Fettdruck und Farbe hervorgehobenen Teile bezeichnen jene Dienstleistungen, in Bezug auf die das Patentamt von einer Benützung durch die Antragstellerin ausging. Der letzte Teil der Klasse 41 ist dabei so zu verstehen, dass das Patentamt – anders als im Dienstleistungsverzeichnis – nur die Benützung in Bezug auf „Veröffentlichung und Herausgabe von Verlagserzeugnissen, die aus Texten und/oder Musik und/oder Sprache und/oder Bildern und/oder Filmen und/oder Computerprogrammen bestehen, und zwar ausschließlich in Form von elektronischen Medien, insbesondere Multimediawerke [soweit in dieser Klasse enthalten]“ als gegeben ansah. Im Warenverzeichnis endet dieser Satz mit „auch in Form von elektronischen Medien, insbesondere Hörbücher und Multimediawerke ...“).
Sie widersprach basierend auf dieser Registrierung dieser Wortbildmarke mit dem Anmeldedatum vom 8.9.2014 (angegriffene Marke) AT 280839:
deren Eintragung die Antragsgegnerin beantragt hatte und die in diesen Waren- und Dienstleistungsklassen mit folgendem Schutzumfang registriert ist (die durch Fettdruck und Farbe hervorgehobenen Teile bezeichnen jene Waren und Dienstleistungen, bei denen mit dem angefochtenen Beschluss die Registrierung aufgehoben wurde):
16 Zeitschriften; gedruckte Zeitschriften; Zeitungen; gedruckte Publikationen; Druckereierzeugnisse; Journale; Magazine; periodisch erscheinende Magazine; Magazine als Beilage von Zeitungen; Fotografien;
35 Abonnementvermittlung für Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen; Werbung; Verbreitung von Werbeanzeigen; Rundfunkwerbung; Dateienverwaltung mittels Computer; Vermittlung von Adressen für Werbezwecke; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von eCommerce; Vermittlung von Werbeverträgen für Dritte; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Herausgabe von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form für Werbezwecke; Herausgabe von Werbetexten; Kundengewinnung und -pflege durch Versandwerbung (Mailing); Marketing (Absatzforschung); Werbung und Marketing im Internet für Dritte; Verkaufsförderung für Dritte; Werbung für Dritte; Online Werbung in einem Computernetzwerk; Organisation und Durchführung von Werbeveranstaltungen; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Planung von Werbemaßnahmen; Vermittlung von Sponsorverträgen für Werbezwecke; Telemarketing; Verbreitung von Werbeanzeigen; Vermietung von Werbefläche in Zeitschriften, Zeitungen und Magazinen, auch im Internet (Bannerexchange); Versandwerbung; Verteilen von Werbemitteln; Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken; Verteilung von Werbematerial, nämlich Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben; Werbung durch Werbeschriften; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien zu Werbezwecken; Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien für den Einzelhandel; Vermietung von Werbezeit in Kommunikations-Medien;
38 Dienstleistungen von Presseagenturen; Übermittlung von Nachrichten, auch im Internet; Sammeln und Übermitteln von Nachrichten; Sammeln und Liefern von Pressemeldungen, elektronischen Nachrichten- und Datenübermittlung; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; Telekommunikation; E-Mail-Dienste;
39 Austragen und Verteilen von Zeitungen und anderen Drucksorten;
41 Dienstleistungen eines Zeitungsverlages, eines Zeitschriftenherausgebers und eines Zeitungsreporters; Publikation und Veröffentlichung von Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren, Magazinen, Zeitschriftenheften; Veröffentlichungsdienste für die Herausgeber von Zeitschriften, Broschüren, Magazinen, Zeitschriftenheften; Veröffentlichung von elektronischen Zeitungen, die über ein weltweites Computernetz zugänglich sind; Ausbildung; Veröffentlichung von Texten, Büchern, Zeitschriften und anderen Druckereierzeugnissen; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten und Veranstaltungen; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet (online); online Publikationen von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Herausgabe und Verfassen von Texten (ausgenommen Werbetexte); Information über Veranstaltungen (Unterhaltung); Ticketverkauf für Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von Informationsveranstaltungen für kulturelle Zwecke; Durchführung und Organisation von Weiterbildungsseminaren.
Im auf den gesamten Schutzumfang der angegriffenen Marke abzielenden Widerspruch brachte die Antragstellerin zum primär angezogenen Widerspruchsgrund nach § 29a Abs 1 iVm § 30 Abs 1 Z 1 MSchG vor, die angegriffene Marke sei als hochgradig ähnlich zur Verwechslung mit der Widerspruchsmarke hinsichtlich aller Waren und Dienstleistungen geeignet, zumal sie alle ähnlich oder ident seien. Der Wortteil „wienlive“ sei eine bloße Orts-/Bestimmungsangabe; die grafische Ausgestaltung gehöre zum gewöhnlichsten Formenschatz. Der das angegriffene Zeichen prägende Wortbestandteil „look!“ greife die Widerspruchsmarke vollständig auf, der durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukomme. Daraus resultiere hochgradige Zeichenähnlichkeit bei Identität oder zumindest hochgradiger Ähnlichkeit der Schutzumfänge, weswegen auch Widerspruch gegen sämtliche Waren und Dienstleistungen erhoben werde, für die die angegriffene Marke eingetragen sei. Deswegen werde zusätzlich auch der Widerspruchsgrund nach § 30 Abs 1 Z 2 MSchG geltend gemacht, bestehe doch die Gefahr dass der Verkehr von einem Serienzeichen ausgehen könnte, würde doch der angesprochene Verbraucher aufgrund der Identität des dominanten Serienbestandteils annehmen, dass die Parteien zumindest in einer wirtschaftlichen Beziehung in Form einer Medienkooperation stehen.
Sie habe zudem die Widerspruchsmarke innerhalb ihres gesamten Schutzbereichs geltungserhaltend benutzt; soweit andere Gesellschaften des Konzerns, dem auch sie angehöre, dieses Zeichen benutzt hätten, sei dies mit ihrer Zustimmung erfolgt.
Die Antragsgegnerin erhob die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke, die Antragstellerin benutze diese bereits seit 2007 nicht (mehr). Die vorgelegten Bescheinigungsmittel würden die Nutzung der Widerspruchsmarke nur durch Dritte, etwa auch auf der Website www.stern.de , aber nicht durch die Antragstellerin nachweisen; teilweise ergebe sich auch kein Hinweis auf eine Nutzung in Österreich. Auch Verwechslungsgefahr bestehe nicht, weil bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln schon geringfügige Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen ausschlössen. Davon abgesehen sei das angegriffene Zeichen anders als die Widerspruchsmarke kreativ, grafisch und bunt gestaltet. Davon abgesehen würden wegen der nur sehr geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bloß geringe Abweichungen genügen, um die Verwechslungsgefahr zu beseitigen.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Patentamt dem Widerspruch in den Klassen 16, 35, 38 sowie 41 und dabei im Umfang der im Spruch konkret bezeichneten Waren und Dienstleistungen teilweise statt (darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen; § 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 erster Satz AußStrG) und wies das Mehrbegehren als unberechtigt ab. Dem legte es in der Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke anhand der vorgelegten Nachweise als Sachverhalt zugrunde, dass die Widerspruchsmarke nur im folgenden Schutzumfang ausreichend benutzt worden sei:
38 Services in the field of telecommunications; services in the field of telecommunications, namely transmission of information to third parties over the Internet; services in the field of telecommunication, namely dissemination of information in wireless or wire-bound networks; content provider services, namely provision of access to platforms or information on the Internet;
41 Education, training, entertainment, especially radio and television entertainment, services of a publishing house (excluding printing); publishing and editing publications in printed and electronic form with editorial contents and partly advertising contents in the off-line and on-line publishing trade (included in this class); sporting and cultural activities; publishing and editing of products by a publishing company that consist of texts and/or music and/or spoken language and/or pictures and/or films and/or computer programs, „ausschließlich [Anm: anstelle von „also“]“ in the form of electronic media, in particular audio books and multimedia products (included in this class).
In der Klasse 38 sah es demnach für „broadcasting of radio and (cable) television programmes, including digital data dissemination“ keine ausreichende Verwendung.
In der Klasse 16 verneinte das Patentamt die Benutzung der Widerspruchsmarke vollständig sowie in der Klasse 41 für „education, training; sporting and cultural activities“.
In der Frage der Verwechslungsgefahr erkannte die Rechtsabteilung für die Waren der Klasse 16 der angegriffenen Marke eine Ähnlichkeit zu den Waren der Klasse 38 der Widerspruchsmarke; eine teilweise Ähnlichkeit sah sie auch zu Verlagsdienstleistungen der Klasse 41. Für die Dienstleistungen der Klasse 35 gelangte das Patentamt zur Ansicht, dass hier eine nur teilweise Ähnlichkeit zwischen „Herausgabe von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form für Werbezwecke“ und „Herausgabe von Werbetexten“ in der Klasse 35 zu „publishing and editing publications in printed and electronic form with editorial contents and partly advertising contents in the off-line and on-line publishing trade (included in this class)“ in der Klasse 41 bestehe. Für die Frage der Dienstleistungen der Klassen 38 und 41 war die Rechtsabteilung der Auffassung, dass jene der angegriffenen Marke teilweise ähnlich und teilweise ident zu jenen der Widerspruchsmarke seien. Für die Klasse 39 verneinte das Patentamt eine Ähnlichkeit zum Schutzbereich der angreifenden Marke zur Gänze.
Ausgehend von dieser Analyse der einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen konzedierte das Patentamt dem Wort LOOK als im allgemeinen Sprachgebrauch üblich nur schwache Kennzeichnungskraft, werde es doch als „Aussehen, Note, Moderichtung, Mode[erscheinung]“ verstanden. Dieser Bestandteil nehme in der angegriffenen Marke aufgrund seiner Größe und seiner Gestaltung in der Farbe Rot eine dominante Stellung ein und präge so den Gesamteindruck der jüngeren Marke.
Der Bestandteil WIEN bezeichne die Stadt Wien, während der Begriff LIVE von den Adressaten als Adjektiv für Direktsendungen und Direktübertragungen verstanden werde. In Kombination seien diese Wortbestandteile daher als „in Direktübertragung aus Wien“ oder als „Wien zum Anfassen“ zu verstehen. Diese Teile fänden bei begrifflicher Betrachtung der einander gegenüberzustellenden Marken in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung. Die angegriffene Marke würde daher am ehesten als „Schau! Wien zum Anfassen“ oder aber im Sinn von „Mode! Live in Wien bzw. aus Wien“ verstanden. Die angesprochenen Verbraucher würden die Marken und Dienstleistungen sowohl beim Erwerb sehen als auch online oder in der Werbung hören, sodass sowohl auf die bildliche als auch die klangliche Ähnlichkeit Bedacht zu nehmen sei. Jedenfalls in bildlicher und klanglicher Hinsicht bestehe daher große Ähnlichkeit, die auch durch allfällige Bedeutungsunterschiede nicht neutralisiert werden könne. Zumal auch die ältere in die jüngere Marke vollständig aufgenommen worden sei, sei trotz schwacher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Verwechslungsgefahr im Umfang der genannten Waren und Dienstleistungen zu bejahen.
Gegen den abweisenden Teil des angefochtenen Beschlusses richtet sich der Rekurs der Antragstellerin (Anm: Seite 2/12 ist nicht Bestandteil der Urschrift; ein Verbesserungsverfahren hat das Patentamt offenbar für nicht erforderlich erachtet) aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (einschließlich sekundärer Feststellungsmängel) mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass dem Widerspruch Folge gegeben und dementsprechend die Registrierung zur Gänze aufgehoben werde, in eventu den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Gegen den stattgebenden Teil des bekämpften Beschlusses wendet sich der Rekurs der Antragsgegnerin aus den – nicht voneinander getrennt ausgeführten – Rekursgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (einschließlich sekundärer Feststellungsmängel) und der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Widerspruch zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise stellt auch die Antragsgegnerin einen Aufhebungsantrag.
Die Antragstellerin beantragt ihrerseits, diesen Rekurs abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rekurse sind nicht berechtigt.
1. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.
1.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553 [T13]; RW0000786; RW0000810); daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden (Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl C‑39/97 , Cannon/Canon, Rn 23; Koppensteiner, Markenrecht4 117 mwN bei FN 108).
1.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C‑191/11 P , Yorma’s, Rn 43; EuG T‑599/10 , Eurocool, Rn 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T‑One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; R
IS‑Justiz RS0121500, insb T4; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).
1.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).
So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C‑39/97 , Cannon/Canon, Rn 17). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS‑Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht4 111 mwN).
1.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C‑591/12 P , Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21; RIS‑Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (4 Ob 61/90, quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS‑Justiz RS0078944; C‑342/97 , Lloyd, Rn 26).
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227, Ritter/Knight; RIS‑Justiz RW0000786).
1.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RIS‑Justiz RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS‑Justiz RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I‑6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rn 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; C‑120/04 , Thomson life, Rn 28; C‑591/12 P , Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21). Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C‑342/97 , Lloyd, Rn 26; C‑291/00 , Slg 2003, I‑2799, LTJ Diffusion, Rn 52; C‑104/01 , Orange, Rn 64).
1.6. Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken).
1.7. In klanglicher Hinsicht haben Endungen im Allgemeinen einen erheblichen Auffälligkeitswert (ÖBl 1976, 164, Palmers/Falmers mwN; 4 Ob 29/98b, GARANTA; 4 Ob 225/03x, luminos/LUMINA; RIS-Justiz RS0079438)
1.8. Ob fremdsprachige Begriffe unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City).
1.9. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779; Koppensteiner, Markenrecht4 116). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154, Preishammer; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d, More).
1.10. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (C‑193/06 P , Quick/Quicky). Maßgebend sind auch hier der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels).
1.11. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01, Jack&Jones; RIS-Justiz RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 17 Ob 32/08t, Jukebox; RIS-Justiz RS0079033 [insb T26]).
Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C‑120/04 , Thomson life)kann – mit der daher übereinstimmenden ständigen nationalen Rechtsprechung des OGH – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t, Jukebox; Om 12/10, PeakZero; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax).
2. Angesichts der Dichte der Argumente in den beiden Rekursen und in den beiden Rekursbeantwortungen ist es angezeigt, die erhobenen Rechtsrügen nach Themen gegliedert gemeinsam zu behandeln.
3. Zur Benutzung der Widerspruchsmarke:
3.1. Als Aspekt unrichtiger rechtlicher Beurteilung macht die Antragstellerin geltend, die Rechtsabteilung habe die rechtserhaltende Benutzung nicht ausreichend gewürdigt, soweit sie dabei den Schutzumfang der Widerspruchsmarke (Anm: in der Klasse 9 [richtig: Klasse 16] zur Gänze und in den Klassen 38 und 41 teilweise) eingeschränkt habe.
3.2. Eine Marke wird „ernsthaft benutzt“, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie eingetragen wurde – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (C‑40/01 , Ansul, Rn 43; C‑416/04 P , Sunrider, Rn 70; C‑259/02 , La Mer Technology, Rn 27; Om 8/11, WEG; 17 Ob 11/08d, BUZZ!; RIS-Justiz RS0123519; RW0000854).
Nur eine kennzeichenmäßige Benutzung kann daher rechtserhaltend sein. Sie liegt vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Bezug auf sie so gebraucht wird, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren- oder Dienstleistungsart (zum Beurteilungsmaßstab C‑342/97 , Lloyd, Rn 25 und 26) annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (4 Ob 391/84, Ford-Spezialwerkstätte; 4 Ob 79/06f, Smiley; 4 Ob 134/06v, BUZZ!; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel I; RIS-Justiz RS0066671; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33a Rz 27 ff). Dieses Zeichen muss daher als Herkunftshinweis für das damit beworbene Produkt verstanden werden (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO; I ZR 167/05 = GRUR 2009, 60, Rz 19, LOTTOCARD; Om 2/10, Flügerl; siehe auch RIS-Justiz RW0000854).
Ohne einen konkreten Bezug zu einer Ware oder zu einer Dienstleistung bezieht sich ein solcher Hinweis allenfalls auf die Dienstleistung des Handelsunternehmens, nicht aber auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO; I ZB 10/03 = GRUR 2006, 150, Rz 9, 11, Norma; Fezer, Markenrecht4 § 26 MarkenG Rz 70).
3.3. Ist die Marke nur für Waren/Dienstleistungen benutzt worden, die unter keinen der Begriffe des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses subsumiert werden können, so ist die Marke insgesamt unbenutzt und löschungsreif. Eine Benutzung für eine Ware/Dienstleistung, die mit den eingetragenen Waren/Dienstleistungen nur ähnlich ist oder unter einen gemeinsamen, nicht eingetragenen Oberbegriff fällt, ist nicht rechtserhaltend (Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 26 Rz 108 mwN). Bei Spezifizierungen einer im Waren- oder Dienstleistungsverzeichnis enthaltenen Ware oder Dienstleistung kann die Benutzung für eine andere Spezifizierung der Ware/Dienstleistung nur rechtserhaltend sein, wenn beide Waren/Dienstleistungen unter einen im Waren- oder Dienstleistungsverzeichnis enthaltenen Oberbegriff fallen. Handelt es sich dagegen um verschiedene Spezifizierungen von Waren/Dienstleistungen, die unter keinen Oberbegriff im Verzeichnis zu subsumieren sind, liegt keine Benutzung vor (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 248).
3.4. Wenn der Markeninhaber eine Marke nur für einen Teil der im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingetragenen Waren und Dienstleistungen benutzt hat, so gilt nach der Judikatur des OPM die Verwendung der Marke auch für weitere Waren und Dienstleistungen, sofern diese in ihren Eigenschaften und Zweckbestimmungen mit den benutzten Waren übereinstimmen (Om 6/07, Dozer; Om 3/11, Jones; vgl ferner Engin-Deniz, MSchG² 350: „zum gleichen Bereich gehören“; Koppensteiner, Markenrecht4 138 [bei und in FN 301]). Diese Judikatur setzt voraus, dass für zumindest eine eingetragene Ware oder Dienstleistung der Benutzungsnachweis gelang. Für diesen Fall erstreckte der OPM die rechtserhaltende Wirkung auf ähnliche (im Sinne von zweckgleiche) Waren oder Dienstleistungen.
3.5. Die durch das Europarecht und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs determinierten weiteren Grundsätze des Nachweises der Benutzung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig ausreicht, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, hängt von mehreren Faktoren und von einer Einzelfallbeurteilung ab (RIS-Justiz RW0000806). Dabei sind die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die Häufigkeit und die Regelmäßigkeit der Benutzung der Marke, die Frage, ob die Marke benutzt wird, um alle identischen Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers oder nur manche von diesen zu vermarkten, oder auch die Beweise über die Benutzung der Marke, die der Inhaber vorlegen kann, zu berücksichtigen. Es gibt kein Mindestmaß einer Benutzung; selbst eine geringfügige, aber wirtschaftlich tatsächlich gerechtfertigte Benutzung kann ausreichen, um die Ernsthaftigkeit zu belegen (C‑416/04 P , Vitafruit; Om 14/06, Dreher; Om 4/09, Sallaki; Om 10/10, Nuke mwN).
So kann auch eine mengenmäßig geringfügige Benutzung ernsthaft sein, wenn sie im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile zu behalten oder zu gewinnen (C‑259/02 , La Mer Technology; C‑416/04 P , Sunrider, Rn 72). Die Größe des Vertriebsgebietes ist dabei nur einer der zu berücksichtigenden Faktoren (C‑416/04 P , Sunrider, Rn 76). Auch die Eigenschaften des Markts, die einen unmittelbaren Einfluss auf die kaufmännische Strategie des Markeninhabers haben können, können dabei herangezogen werden (C‑259/02 , La Mer Technology, Rn 3; Om 10/10, Nuke; Om 11/09, BT). Letztlich ist auch zu unterscheiden, ob die Marke zur Kennzeichnung von Massenartikeln oder von Nischenprodukten verwendet wird (Om 11/09, BT).
Im Zweifel sind aber keine hohen Anforderungen an den Gebrauch der Marke zu stellen, (Om 3/11, Jones; Om 5/10, Coolwater; RIS-Justiz RS0066797 [das Löschungsverfahren betreffend]).
3.6. Dass der Verkauf möglicherweise nicht nur unter der registrierten Marke, sondern unter abgewandelten Zeichen (§ 33a Abs 4 MSchG) erfolgt, schadet der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke nicht von vornherein: Die Marke muss jedoch auch in der tatsächlich benutzten (erweiterten) Form eindeutig das die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen kennzeichnende Element bilden (4 Ob 119/06p = RIS-Justiz RS0121289, SIERRA Tequila; Om 1/91, ALPO/ALPOFLEX; Om 10/07, Rothmans; Om 13/10, Goudina [Gestaltungsspielraum]).
3.7. Wenn der hinzugefügte Markenbestandteil als eigenständiges Kennzeichen wahrgenommen wird, liegt eine sog Mehrfachkennzeichnung vor und die registrierte Marke ist rechtserhaltend benutzt. Kennzeichnen daher mehrere Marken die selbe Ware, so ist in solchen Fällen von einem kennzeichnungsmäßigen Gebrauch sämtlicher Marken auszugehen, es sei denn eine Marke würde vollständig (etwa wegen ihrer Kleinheit oder bei – unüblicher – Verwendung der Marke nur auf der Rückseite der Ware) in den Hintergrund treten (Om 13/07, Völkl [zur Dachmarke]; Om 3/02, Spitz, unter Verweis auf Gräser, Der „Gebrauchszwang“ im Markenrecht, ÖBl 1982, 109; OLG Wien 34 R 100/14x, ICEGRIP/ICE = RIS-Justiz-RW0000807; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33a Rz 84 mwN; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 26 Rz 137 f; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 135 f).
3.8. Verfahrensrechtlich gilt ausgehend davon, dass das Patentamt eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hielt, folgender Grundsatz:
Eine unmittelbare Beweiswiederholung nach § 52 Abs 2 AußStrG ist nicht erforderlich, wenn die Feststellung, von der das Rekursgericht abzuweichen erwägt, nur auf mittelbar gewonnene Beweise gestützt wurde; das Rekursgericht ist mangels unmittelbarer Beweisaufnahme zu einem Thema in erster Instanz somit nicht gehalten, eine Beweiswiederholung durchzuführen (RIS-Justiz RS0122252 [insb T4 und T5]; OLG Wien 34 R 100/14x, ICEGRIP/ICE).
3.9. Für die weitere Auseinandersetzung mit den Rekursvorbringen ist es zudem erforderlich offenzulegen, dass nach der Rechtsansicht des Rekursgerichts die Frage der „ernsthaften markenmäßigen Benützung“ jedenfalls keine reine Rechtsfrage, sondern zumindest eine sogenannte quaestio mixta ist, also jedenfalls (auch) ein taugliches Tatsachensubstrat ermittelt werden muss, anhand dessen diese Frage beurteilt werden kann (OLG Wien 34 R 100/14x, ICEGRIP/ICE; der OGH sieht in der verwandten Frage der Verkehrsgeltung eine reine Tatfrage: RIS-Justiz RS0043668; für das Eintragungsverfahren s OBm 3/13, Steirerfleisch). Soweit das allein unter dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erstattete Rekursvorbringen der Antragstellerin also (auch) als Tatsachenrüge aufzufassen ist, so schadet ihr dies nicht (RIS-Justiz RS0041851), weil das Rechtsmittel als Ganzes betrachtet und danach beurteilt werden muss, welchem Rechtsmittelgrund die Rügen zuzuordnen sind (RIS-Justiz RS0041851 [T8]; RS0111425). Dies gilt mutatis mutandis auch für den Rekurs der Antragsgegnerin, der zwar auf die Tatsachenrüge Bezug nimmt, diese aber nicht getrennt ausführt.
Dass die Behauptungs- und Bescheinigungslast für die Benutzung die Antragstellerin trifft und daher allfällige Zweifel zu ihren Lasten zu werten sind (§ 29b Abs 3 erster Satz MSchG), sei allerdings klargestellt (zu § 33a Abs 5 MSchG: Om 3/11, Jones; Engin-Deniz, MSchG² 356; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33a Rz 127; allgemein zB RIS-Justiz RS0039939).
3.10. Eingangs ihres Rekurses meint die Antragsgegnerin, der Antragstellerin sei es nicht gelungen, die Benutzung der Widerspruchsmarke für Österreich nachzuweisen. Auch wenn das Rekursvorbringen zutrifft, dass die von der Rechtsabteilung zitierte Entscheidung C‑149/11 , ONEL, sich auf die Benutzung einer Unionsmarke bezieht, so ist diese Entscheidung deshalb einschlägig, weil – wie die Antragstellerin nicht nur bereits im Widerspruch, sondern zusätzlich auch in ihrer Rekursbeantwortung zutreffend geltend macht – die Widerspruchsmarke auch „EM (European Community)“ designiert (Schutzgewährung per 29.11.2007) ist und daher in Österreich Wirkung wie eine Unionsmarke entfaltet, sodass nach dieser bereits von der Rechtsabteilung zitierten Entscheidung des EuGH „[...] die Grenzen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten außer Betracht zu lassen sind.“ (LS 1).
Da die Antragsgegnerin es aber in ihrem Rekurs auch insofern verabsäumt, jene konkreten Feststellungen unmissverständlich zu benennen, die bekämpft werden und infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen zu treffen gewesen wären (RIS-Justiz RW0000137; RS0041835 [insb T2]; RS0043039), begnügt sich das Rekursgericht mit der Wiedergabe der folgenden, eine qualifizierte Benutzung der Widerspruchsmarke gerade auch nur im Inland bescheinigenden Auszüge aus dem angefochtenen Beschluss mit Feststellungscharakter für den relevanten Zeitraum (s im Einzelnen BS 5 ff):
- Ein Video „Schlips-Schule“ wurde über die Domain www.stern.de (auch) in Österreich 1.308-mal aufgerufen (BS 6);
- diese Website wird auch in Österreich häufig besucht und ist auch bekannt (ebenfalls BS 6);
- von den ersten beiden Auflagen des Magazins „Gala LOOK“ wurden 3.500 und 3.200 Stück nach Österreich ausgeliefert (BS 7);
- auch die Domain gala.de hatte zwischen November 2013 und August 2015 nennenswerte Zugriffe (auch) aus Österreich (BS 7); sowie
- das Magazin „Gala LOOK“ verkaufte sich in Österreich 2013 1.322-mal und 2014 857-mal (BS 7).
3.11. Das Rekursgericht teilt hingegen die Auffassung der Antragstellerin, dass mit den Zeitschriftencovers wie zB Beilage ./N sowohl die Widerspruchsmarke LOOK als auch das Zeichen GALA gemeinsam verwendet werden und ausgehend von den dargelegten Grundsätzen daher ein Fall der Mehrfachkennzeichnung gegeben ist. Das Patentamt hat nämlich auch festgestellt, dass „Gala [...] eine Marke mit relativ hohem Bekanntheitsgrad“ ist (BS 11, Mitte).
Die Verwendung mehrerer Marken zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung ist eine weit verbreitete, wirtschaftlich sinnvolle Praxis. Insbesondere ist es üblich, neben einem auf das Unternehmen hinweisenden Hauptzeichen weitere Marken zur Identifizierung der speziellen einzelnen Artikel einzusetzen. In solchen Fällen können sowohl die Haupt- als auch die Zweitmarke auf die betriebliche Herkunft hinweisen mit der Folge, dass beide für sich genommen rechtserhaltend benutzt werden (vgl die im Rekurs der Antragstellerin zutreffend zitierte Entscheidung des BGH I ZR 71/04, bodo Blue Night, Rn 15, unter Verweis auf BGH GRUR 1993, 972, Sana/Schosana; GRUR 2000, 510, Contura; s auch Om 10/07, Rothmans; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 26 Rz 93). Dabei kommt es darauf an, ob die Gestaltung vom angesprochenen Verkehr wie bei einem Gesamtzeichen im Zusammenhang wahrgenommen wird oder ob der Verkehr daran gewöhnt ist, in einer Gesamtaufmachung einzelnen Elementen eine eigenständige, von der Kennzeichnungsfunktion anderer Bestandteile unabhängige Kennzeichnungsfunktion zuzuerkennen.
Anders als die Rechtsabteilung ist das Rekursgericht unter diesen Umständen nicht der Auffassung, dass die beiden Marken derart grafisch aneinandergefügt sind, dass sie optisch miteinander verschmelzen, weil das Wort GALA nicht nur senkrecht angeordnet ist, sondern in den meisten Fällen auch farblich abweichend vom waagrecht verwendeten Wort LOOK gestaltet ist (Beilagen ./N, ./T, ./Y, ./Z [weiß gegenüber lila]; Beilagen ./U und ./V [weiß gegenüber rot]; anders Beilagen ./P und ./AB [einheitlich rot] und Beilage ./AD [einheitlich lila]).
Dass die Antragstellerin in der Zeitschrift „GALA LOOK“ selbst eine „Line Extension“ sieht (zB Beilage ./AC), steht der Qualifikation als Mehrfachkennzeichnung nicht entgegen, weil das Publikum gerade auch in diesem Kontext an die verbreitete Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt ist (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 167; BGH I ZR 71/04, bodo Blue Night, Rn 14 [Parfum]) und zudem LOOK grafisch deutlich größer als das bekannte Zeichen GALA gehalten ist und daher beide Marken dieselbe Ware kennzeichnen (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 170 mwN der Rsp des BGH).
Dass LOOK vollständig in den Hintergrund tritt oder gar als rein beschreibende Angabe aufgefasst wird, lässt sich damit gerade nicht sagen, sondern es ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der zu beurteilenden Kennzeichenkombination GALA als (bekannte) Haupt- und LOOK als Spezialmarke erkennen (Om 10/07, Rothmans; BGH I ZR 41/08, Peek & Cloppenburg II, Rn 20 und Rn 28 ff [Serienzeichen]; s auch Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 168; Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 26 Rz 93), zumal hier im Gegensatz zu den Überlegungen der Rechtsabteilung nicht das Hinzufügen eines bloßen (beliebigen und nicht geschützten) Wortbestandteils zu einer Marke (dazu s etwa Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 26 Rz 173 ff), sondern die kombinierte Verwendung von zwei selbständig registrierten Marken zu beurteilen ist.
Eine Auseinandersetzung mit den Argumenten des Hanseatischen OLG in seiner von der Rechtsabteilung zitierten Entscheidung vom 21.11.2007, 3 U 184/09 (Beilage ./5), kann schon deswegen unterbleiben, weil keine Bindungswirkung besteht.
Es ist daher von einem kennzeichenmäßigen und damit rechtserhaltenden Gebrauch beider Marken – und damit auch der Widerspruchsmarke – auszugehen. Daher lieg en auch die im Rekurs der Antragstellerin geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel nicht vor.
3.12. Der Argumentation der Antragstellerin folgend ist ihr daher auch der Nachweis der Benutzung der Widerspruchsmarke in der Klasse 16 für die Waren „printed matter“ [Druckereierzeugnisse] gelungen. Folge davon ist, dass auch für die damit verwandten Dienstleistungen der Klasse 41 „services of a publishing house (excluding printing); publishing and editing publications in printed and electronic form with editorial contents and partly advertising contents in the off-line and on-line publishing trade (included in this class); publishing and editing of products by a publishing company that consist of texts and/or music and/or spoken language and/or pictures and/or films and/or computer programs“ keine Einschränkung auf bloß elektronische Medien vorzunehmen ist, wie es die Rechtsabteilung ausgehend von der vom Rekursgericht nicht geteilten Beurteilung der Verwendung des Zeichens der Antragstellerin für „GALA LOOK“ als erforderlich erachtete.
3.13. Hingegen vermag das Rekursgericht anhand der vorgelegten Urkunden nicht zu erkennen, inwiefern die Widerspruchsmarke in der Klasse 41 auch für die Dienstleistungen „education, training“ verwendet worden sein könnte. Diese Bescheinigungsmittel reichen ungeachtet des auf die bloße Glaubhaftmachung herabgesetzten Beweismaßes (Rechberger in Rechberger, ZPO4 § 274 Rz 1 [überwiegende Wahrscheinlichkeit]; RIS-Justiz RS0040276; RS0005225 [T3] uva) nicht aus, um nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der Art der Verwendung der Marke der Antragstellerin ihre Behauptung im Rekurs zu stützen, Styling-Tipps seien Teil von Ausbildung und Training, weil es sich dabei letztlich um Tätigkeiten handelt, die grundsätzlich ebenso banal wie alltäglich sind: So gehört ein gepflegtes Auftreten und eine gewisse Körperpflege zu den Grundanforderungen und -voraussetzungen. Bloß damit in Zusammenhang stehende Tipps begründen daher insoweit keine rechtserhaltende Verwendung der Widerspruchsmarke dafür.
3.14. Im Einklang mit der Argumentation der Rechtsabteilung sieht das Rekursgericht auch angesichts des Rekursvortrags der Antragstellerin keinen Grund, warum aus dem Umstand, dass unter dem Zeichen LOOK online Videos bereitgestellt wurden, eine kennzeichenmäßige Nutzung auch für „broadcasting of radio and (cable) television programmes“ in der Klasse 38 und für „[entertainment, especially] radio and television entertainment“ in der Klasse 41 abzuleiten wäre.
Auch wenn die Antragstellerin im Rekurs die Grundsätze der Berücksichtigung verwandter Waren und Dienstleistungen bei der Prüfung ausreichender Benutzung an sich richtig wiedergibt (vgl dazu bereits oben Punkt 3.5.), so überzeugen ihre Schlüsse in concreto nicht, weil Dienstleistungen zu beurteilen sind, die nebeneinander genannt sind und die in keinem Unterordnungsverhältnis zueinander stehen (s dazu Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 261 ff; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 26 Rz 112 ff).
Der verwendete, aber irreführende Begriff „Web-TV“ verschleiert ausgehend von den vom Patentamt dazu getroffenen Feststellungen (vgl BS 9 f), dass es sich dabei um Videos handelt, die bei Zugriff auf die Domain www.stern.de über das Internet abrufbar waren. Solche Inhalte unterscheiden sich von Radio- und Fernsehprogrammen nicht nur wesentlich durch die Art der Bereitstellung und die verwendete Technik sowie durch die für den Empfang/die Nutzung verwendeten Geräte, sondern ebenso wesentlich auch durch die zeitliche Art und Weise der Bezugsmöglichkeit, was den Verkehrskreisen auch bewusst ist: Während sich in das Netz gestellte Internetinhalte im Regelfall nach Wahl des Interessenten jederzeit abrufen und konsumieren lassen, ist dies bei TV- und Radioformaten nicht der Fall; sie können nur während der jeweiligen Sendezeit konsumiert werden. Dass immer mehr Radio- und Fernsehstationen ihre Sendungen teilweise nach der Ausstrahlung auch zum Download oder Streaming im Internet bereitstellen, entkräftet diese Sichtweise nicht, sondern bestärkt sie sogar: Die bereits ausgestrahlten Radio- und Fernsehsendungen werden nachträglich für gewisse Zeit im Internet online und damit nicht in Form einer (Aus‑)Sendung bereitgestellt.
3.15. Soweit die Antragsgegnerin in ihrem Rekurs meint, der Antragstellerin sei der Benutzungsnachweis hinsichtlich der Dienstleistungen der Klassen 38 und 41 ganz generell nicht gelungen, weil im relevanten Zeitraum keine Videos mehr online gestellt wurden, geht sie nicht vom bescheinigten Sachverhalt aus (RIS-Justiz RS0043603 [T2]; RS0043312 [T12, T14]).
Die Rechtsabteilung hat nämlich nicht nur festgestellt, dass „[e]inige Videos [...] auch nach 2010 im relevanten Zeitraum abrufbar [waren] bzw. [...] wurden auch abgerufen“, sondern unter anderem auch, dass zum 19.1.2015 Videos unter der dem Konzern der Antragstellerin und auch ihr selbst zuzurechnenden Domain www.stern.de (s dazu näher BS 10 unten) nicht nur „im Archiv“ abrufbar waren, die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet waren und zwischen 2010 und 2015 kontinuierlich (und zwar etwa bei acht Videos zwischen 1.113- und 40.497-mal) abgerufen wurden (BS 9 f).
Anders als die Antragsgegnerin sieht das Rekursgericht im Bereithalten und im gedanklich notwendigerweise darauf basierenden Abruf von Online-Inhalten innerhalb des Konzernverbunds im Einklang mit der rechtlichen Beurteilung des Patentamts sehr wohl eine rechtserhaltende Benutzung im Bereich der darauf bezogenen Dienstleistungen der Klasse 38 und teilweise auch der Klasse 41 (s näher oben Punkt 3.14.). Das fortwährende, nicht bloß passive Bereitstellen dieser Inhalte im Internet unter Nutzung der Widerspruchsmarke in Verbindung mit dem Umstand zahlenmäßig relevanter Zugriffe auf sie wird unter Bedachtnahme auf den angegriffenen Schutzbereich (in der Klasse 38 zB Content-Providerdienste und in der Klasse 41 etwa Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen in elektronischer Form) den von der Rechtsprechung des EuGH, des OGH und des OPM entwickelten eher liberalen Kriterien gerecht und geht – anders als die Antragsgegnerin unter Außerachtlassung der relevanten Feststellungen der Rechtsabteilung argumentiert – über die bloße und damit per se nicht ausreichende Abrufbarkeit im Internet qualifiziert hinaus (dazu vgl etwa Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 227 ff, mit Hinweis [FN 573] auf Art 2 der „Joint Recommendation Concerning Provisions on the Protection of Marks, and Other Industrial Property Rights in Signs, on the Internet“ der WIPO; Bogatz/Schäffer in Kur/v. Bromhard/Albrecht, Markenrecht, § 26 MarkenG Rz 69 ff); darauf macht auch die Antragstellerin in ihrer Rekursbeantwortung aufmerksam.
3.16. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Beurteilung der Benutzungsnachweise der Rechtsabteilung mit Ausnahme von „Druckereierzeugnissen“ in der Klasse 16 und mit Ausnahme der zur Klasse 41 weniger einschränkend eingeschätzten Benutzung (oben Punkt 3.12.) zutrifft.
4. Zur Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit:
4.1. Wendet man die eingangs der Rekursentscheidung genannten Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist der Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch die Rechtsabteilung im Ergebnis beizupflichten.
4.2. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren und Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (C‑39/97 , Cannon/Canon, Rn 23; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 102 mwN). Die Nähe zwischen den fraglichen Waren/Dienstleistungen muss geeignet sein, bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung hervorzurufen, dass die Waren/Dienstleistungen, wenn sie mit dem gleichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, unter der Kontrolle eines einzelnen Unternehmens angeboten/erbracht werden, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Es ist auf die Verkehrsauffassung nach den berechtigten Verbrauchererwartungen abzustellen (vgl 4 Ob 225/03x, Lumina, 4 Ob 180/02d, Opus One).
Für die Auslegung des Warenverzeichnisses ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im Prioritätszeitpunkt abzustellen. Die im Warenverzeichnis verwendeten Gattungsbezeichnungen sind entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem objektiven Verkehrsverständnis auszulegen. Die im Nizzaer Abkommen festgelegte Klassifikation der Waren dient ausschließlich Verwaltungszwecken. Es ist nicht entscheidend, ob die Waren jeweils in der selben Klasse aufscheinen (Om 3/09, Arccos/Archos). Als relevante Faktoren kommen auch die Gemeinsamkeit der Waren nach ihrer stofflichen Beschaffenheit, ihrem Verwendungszweck, ihrer Vertriebsstätte und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren in Betracht (4 Ob 18/02d, opus one; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at).
Beim Ähnlichkeitsvergleich sind einander ergänzende Waren solche, zwischen denen ein enger Zusammenhang besteht, weil die eine Ware für die Verwendung der anderen Ware unverzichtbar oder bedeutsam ist, sodass der Verbraucher annehmen könnte, die Herstellung beider Waren liege in der Verantwortung des selben Unternehmens (funktionelle Komplementarität). Vom Fehlen der Verwechslungsgefahr kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn trotz der Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von Vornherein ausgeschlossen ist (OLG Wien, 34 R 69/16s, Silan/HydroPurSilan uva).
4.3. Ausgehend vom Nachweis der Benutzung der Widerspruchsmarke auch für „Druckereierzeugnisse“ in der Klasse 16 besteht sogar Warenidentität, wie die Antragstellerin in ihrem Rekurs daher zutreffend aufzeigt. Die in der Klasse 16 für die angegriffene Marke geschützten Waren sind alle solche, die sich problemlos unter solche „Druckereierzeugnisse“ subsumieren lassen und daher als ident oder zumindest hochgradig ähnlich anzusehen sind. Dies berücksichtigend verfängt die Argumentation der Antragsgegnerin in ihrem Rekurs nicht, wonach wegen des fehlenden Schutzes der angreifenden Marke in der Klasse 16 auf sie kein Bedacht zu nehmen sei.
Das Rekursgericht hält ungeachtet des Vortrags im Rekurs der Antragstellerin, die ein weiteres Verständnis anstrebt, und in jenem der Antragsgegnerin, die wiederum eine Ähnlichkeit gänzlich in Abrede stellt, die Beurteilung durch die Rechtsabteilung für überzeugend, dass die Werbedienstleistungen in der Klasse 35 der angegriffenen Marke in jenem Umfang zu den Verlagsdienstleistungen der Klasse 41 der Widerspruchsmarke ähnlich sind. Die von der Antragstellerin behauptete Ähnlichkeit zu Werbung ganz allgemein besteht nicht, weil das Verlegen und das Veröffentlichen keine enge Verbindung zu Werbetätigkeiten aufweisen. Umgekehrt zeigt aber die Antragsgegnerin nicht nachvollziehbar auf, warum die überzeugende Argumentation im angefochtenen Beschluss unrichtig sein könnte.
Dass die Widerspruchsmarke auch für „Druckereierzeugnisse“ in der Klasse 16 und für „Verlagsdienstleistungen“ in der Klasse 41 ausreichend benutzt wurde, schafft im Gegensatz zur Argumentation der Antragstellerin noch keine Ähnlichkeit zu den weiteren Dienstleistungen der Klasse 35, weil Verlagsdienstleistungen keine ausreichende Nähe zu „Verbreitung von Werbeanzeigen“, „Vermittlung von Werbeverträgen für Dritte“, „Abonnementvermittlung für Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen“ oder „Vermittlung von Adressen für Werbezwecke“ haben. Davon abgesehen ist ohnehin allein auf den Registerstand abzustellen (oben Punkt 1.1.; RIS-Justiz RW0000786).
Hinsichtlich der „Herausgabe von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form für Werbezwecke“ und der „Herausgabe von Werbetexten“ hat das Patentamt ohnehin die Ähnlichkeit bejaht (und die Registrierung der angegriffenen Marke aufgehoben), sodass das Rekursgericht das darauf bezogene Rekursvorbringen der Antragstellerin nicht nachvollzieht.
Die „Vermietung von Werbefläche in Zeitschriften, Zeitungen und Magazinen, auch im Internet (Bannerexchange)“ steht hingegen ebenso wenig in einem relevantem Zusammenhang zu „Druckereierzeugnissen“ wie „Werbung durch Werbeschriften“.
Soweit die Antragsgegnerin in ihrem Rekurs wegen eines angeblich nur in Bezug auf „Onlinemagazine“ gelungenen Benutzungsnachweises offenbar – ihr Rekurs vermengt immer wieder in undurchdringlicher Weise Fragen der Benutzung mit jenen der Verwechslungsgefahr – versucht, die teilweise Identität und die teilweise Ähnlichkeit in der Klasse 38 weg zu argumentieren, so entfernt sie sich unzulässig vom dazu festgestellten Sachverhalt und den daraus resultierenden rechtlichen Schlussfolgerungen (oben Punkt 3.11.). Die Antragstellerin wiederum bleibt über die bloße Behauptung der Identität zwischen „Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von eCommerce“ sowie „Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien für den Einzelhandel“ zu „Content-Providerdiensten“ in der Klasse 38 der Widerspruchsmarke Argumente dafür schuldig. Solche sind für das Rekursgericht auch nicht ersichtlich, geht es bei der letztgenannten Dienstleistung doch rein um das Bereitstellen von Medieninhalten und Informationen im Internet.
Dass in der Klasse 39 der angegriffenen Marke zwischen „Austragen und Verteilen von Zeitungen und anderen Drucksorten“ eine Ähnlichkeit zu „Druckereierzeugnissen“ in der Klasse 16 und ganz allgemein zu sämtlichen Dienstleistungen der Klasse 41 bestehen soll, behauptet die Antragstellerin zwar, jedoch überzeugt dieser Rekursvortrag nicht, weil für den Verkehr nicht die zumindest erforderliche sinnvolle und dementsprechend enge Komplementarität ersichtlich ist: Das Austragen und Verteilen von Zeitungen erfolgt – anders als ihr Straßenverkauf, auf den die Antragstellerin in ihrem Rekurs Bezug nimmt – keineswegs stets durch entsprechend gekleidete Personen.
Der Nachweis der Benutzung der Widerspruchsmarke auch für „Ausbildung“ ist der Antragstellerin nicht gelungen; eine darauf fußende mögliche Ähnlichkeit zu Dienstleistungen der angegriffenen Marke in der Klasse 41 kann sie daher nicht erfolgreich geltend machen. Dass „Dienstleistungen eines Verlages“ (Widerspruchsmarke) als Oberbegriff auch solche „eines Zeitungsverlages“ (angegriffene Marke) umfassen, ist logisch wie semantisch zwingend. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann daher auf die zutreffenden Ausführungen des Patentamts in den angefochtenen Entscheidungen verwiesen werden (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
5. Zur Verwechslungsgefahr:
5.1. Diese vom Patentamt zutreffend als ident und/oder ähnlich qualifizierten Waren und Dienstleistungen sind überwiegend nicht solche des täglichen Bedarfs, daher ist der Grad der Aufmerksamkeit ihres Adressaten, der entweder Endverbraucher oder Fachmann ist, bei ihrer Inanspruchnahme durchschnittlich hoch (Koppensteiner, Markenrecht4 114). Bei der Inanspruchnahme von Werbedienstleistungen, die sich typischerweise an Fachleute richten, die Unternehmer sind, ist das Publikum etwa durchschnittlich alert (OLG Wien, 34 R 144/14t, HOLY/HOLY SHIT). Der Durchschnittskunde, der die einander ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann (RIS-Justiz RS0117324), wird daher fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten.
5.2. Im Wortbild stimmen die Zeichen im Begriff LOOK jeweils überein; die gleichnamige Widerspruchsmarke wurde zur Gänze in das angegriffene Zeichen aufgenommen. Optisch dominant bleibt ungeachtet des Rekursvortrags der Antragsgegnerin aber der Bestandteil LOOK, der den Bestandteil „wienlive“ durch die schriftliche Gestaltung um zumindest mehr als das Dreifache überragt.
Die grafische Gestaltung der angegriffene Marke ist als innerhalb des Üblichen anzusehen und damit als banal für den Ähnlichkeitsvergleich ohne Belang. Dass „look!“ in Rot gehalten ist, ändert nichts an dieser Beurteilung, weil dies weder fantasievoll noch in irgendeiner Weise für die adressierten Verkehrskreise ungewöhnlich ist und daher keinen eigenständigen Aufmerksamkeitswert hat. Auch das beigefügte Rufzeichen im Zeichen der Antragsgegnerin ist die Diktion der Antragstellerin in der Rekursbeantwortung aufgreifend ein „Allerweltselement“.
5.3. Klanglich besteht eine bedeutsame Gemeinsamkeit in der Sprechweise darin, dass auch die angegriffene Marke LOOK enthält. Zusätzlich besteht sie auch noch aus dem vorangestellten Teil „wienlive“. LOOK prägt daher die angegriffenen Marke mit, sodass zwar ein gewisser, aber geringer Abstand besteht: Gerade Endungen haben einen besonderen Auffälligkeitswert (oben Punkt 1.7.).
5.4. Zur Frage der Wortbedeutung ist das Rekursgericht der Auffassung, dass das beiden Zeichen gemeinsame englische Wort LOOK unter summarischer Bedachtnahme auf den Schutzumfang unterdurchschnittlich unterscheidungskräftig ist. Es ist keineswegs nur ein fremdsprachiges Wort, sondern als Anglizismus bereits Bestandteil der deutschen Alltagssprache; es bezeichnet das Aussehen, eine Note, eine Moderichtung, die Mode(erscheinung) (so schon OLG Wien 34 R 73/14a, STYLEBOOK, LOOKBOOK [Eintragungsverfahren]). Dass es daneben auch „schau[e]!“ bedeuten kann, ist angesichts des vom angegriffenen Zeichen beanspruchten Schutzbereichs ohne tiefere Relevanz, weil auch dieses Verständnis für die adressierten Verkehrskreise ebenso naheliegt, wie die Rechtsabteilung richtig betont.
Nach ständiger Rechtsprechung des Rekursgerichts ist zudem der von der Antragsgegnerin mehrfach erhobene Einwand unbeachtlich (zB Rekurs, S 4 [beschreibend für den Online-Bereich], S 17 und S 22 f; Rekursbeantwortung S 5), die Widerspruchsmarke besitze überhaupt keine Kennzeichnungskraft und sie sei daher nicht schutzfähig. Denn damit macht sie einen Löschungsgrund geltend, der nur im dafür vorgesehenen Verfahren durchgesetzt werden könnte (zu § 33 MSchG s Hauer in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33 Rz 4 f; C‑166/11 P , F1-LIVE; OLG Wien 34 R 12/15g, Skylens/sky; 34 R 32/16z, ImPuls/IMPULS360 = 4 Ob 164/16w, ua; zur internationalen Marke s allgemein Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 2 Rz 120). Insoweit geht auch der Verweis auf die Entscheidung 34 R 146/16m des OLG Wien (GOURMET/GOURMET GOLD) im Rekurs der Antragsgegnerin fehl, weil keine der beiden dort zu vergleichenden Marken allein aus dem damals für nicht kennzeichnungskräftig erachteten Bestandteil GOURMET bestand.
Der von der Widerspruchsmarke abweichende Teil „wienlive“ besitzt allerdings wenn überhaupt ebenfalls nur geringe Kennzeichnungskraft, wie die Antragstellerin in ihrer Rekursbeantwortung zutreffend herausstreicht, weil die angesprochenen Verkehrskreise in WIEN entweder eine nicht unterscheidungskräftige Herkunfts- und/oder Bestimmungsangabe verstehen werden (§ 4 Abs 1 Z 4 MSchG; OBm 3/13, Steirerfleisch [Eintragungsverfahren]; s zuletzt 4 Ob 222/16z, Schärdinger Hex [Verletzungsverfahren]) und LIVE nur werbemäßig auf eine Waren- oder Dienstleistungsbeschaffenheit für etwas als direkt – und zwar in Wien – in Anspruchnehmbares hindeutet, wie das Patentamt im angefochtenen Beschluss zutreffend aufzeigt.
Die im Rekurs der Antragsgegnerin zitierte Entscheidung des OLG Wien 34 R 75/14w, KITZBÜHELERIN DAS MAGAZIN, betraf zum einen ein Eintragungsverfahren und zum anderen erfolgte die Eintragung wegen der besonderen grafischen Gestaltung, wie die jüngere und von der Antragstellerin in der Rekursbeantwortung genannte, ebenfalls ein Eintragungsverfahren betreffende Entscheidung des OLG Wien 34 R 99/15a, KITZBÜHLERIN, verdeutlicht, in der das Rekursgericht die zu beurteilende bildliche Ausgestaltung für wenig bis gar nicht geeignet erachtete, um im Gedächtnis haften zu bleiben, und daher zusammengefasst davon ausging, dass eine bloße Beschreibung des Erscheinungs- oder Berichtsgebiets der betreffenden Waren und Dienstleistungen vorliegt.
Ans Hinzufügen von Rufzeichen in Marken ist der Verkehr gewöhnt; das Beifügen eines solchen Satzzeichens ist für den Ähnlichkeitsvergleich im Regelfall ohne Bedeutung (OLG Wien 34 R 33/15w, weil du einfach mehr brauchst! [Eintragungsverfahren]).
Auf die Firma der Antragsgegnerin kommt es für den Ähnlichkeitsvergleich ebenso wenig an (OLG Wien 34 R 44/16i, BEACHBODY [Eintragungsverfahren]; EuG T‑123/04 ., Cargopartner, Rn 60).
Auch die weiteren Rekursausführungen der Antragsgegnerin, wonach für Zeitschriftentitel andere Regeln als für sonstige Marken gelten würden, überzeugen gleich zweifach nicht: Einerseits betrifft diese Differenzierung das Eintragungsverfahren und sie ist zudem überholt (OLG Wien 34 R 49/14x, DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK [von der Antragstellerin in der Rekursbeantwortung zitiert]; 34 R 73/14a, STYLEBOOK, LOOKBOOK; 34 R 74/15z, 9monate), andererseits stehen hier nicht zwei Marken in Konflikt, die nur in der Klasse 16 für derartige Druckwerke, sondern die auch in weiteren Waren- und Dienstleistungsklassen registriert sind, bei denen jenes Argument ohnehin nicht greifen würde.
Mit anderen Worten spielt LOOK im Sinngehalt des Zeichens der Antragsgegnerin keine untergeordnete, sondern eine ungeachtet seiner prinzipiellen Kennzeichnungsschwäche dennoch (zumindest: mit-) dominierende Rolle, weil es in der angreifenden Marke sowohl als Substantiv als auch – wie in der angegriffenen Marke – als Imperativ verstanden werden kann.
5.5. Wird aber eine Marke komplett in ein Zeichen aufgenommen, so ist bei Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen, weil selbst bei der Übernahme eines – wie hier – schwachen Zeichens Verwechslungsgefahr besteht, wenn die übernommene Marke innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (vgl die Nw oben bei Punkt 1.11.; weiters zB auch OLG Wien 34 R 32/16z, ImPuls/IMPULS360 = 4 Ob 164/16w; 34 R 41/16y, Mona/Monalisa).
5.6. Unter diesen Umständen ist wegen der grafischen, semantischen und phonetischen Gemeinsamkeiten sowie der teilweisen Identität und der teilweisen Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen der miteinander zu vergleichenden Zeichen die zutreffend differenzierende Entscheidung der Rechtsabteilung auch die Verwechslungsgefahr betreffend im Endergebnis nicht korrekturbedürftig; den Rekursen beider Parteien war damit auch insoweit nicht Folge zu geben.
6. Ob eine Marke rechtserhaltend benutzt wurde, betrifft eine Frage des spezifischen Einzelfalls (zB RIS-Justiz RS0123519). Da die Entscheidung auch sonst keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880 [Ermessensspielraum]; RIS-Justiz RS0066779 [T24]), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
7. Ein Kostenersatz findet im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.
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