OGH 4Ob139/02y

OGH4Ob139/02y2.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R***** AG, *****, vertreten durch Dr. Hans Rabl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 33.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 22. April 2002, GZ 5 R 55/02y-10, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Durch eine Marke werden die Waren oder Dienste eines bestimmten Unternehmens individualisiert. Sie ermöglicht dem Markeninhaber, die von ihm auf dem Markt angebotenen Waren oder Dienste aus der Anonymität der Masse der Angebote herauszulösen, dadurch von gattungsgleichen Waren oder Diensten seiner Konkurrenten abzuheben und auf diese Weise einen festen Kundenstamm zu gewinnen und zu sichern. Damit dient die Marke dem Schutz der Herkunftsfunktion des Zeichens und der damit verbundenen Vertrauensfunktion (stRsp ua EvBl 1997/48 = ÖBl 1997, 83 - Football Assosiation mwN). Nach dem bescheinigten Sachverhalt verbindet das Publikum die Marke der Klägerin mit deren Unternehmen. Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerberin ist der Oberste Gerichtshof auch im Rekursverfahren, insbesondere im Provisorialverfahren, nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz (ÖBl 1989, 167 - FAMILIA; MR 1994, 66 - Belgische Verwertungsgesellschaft; JBl 1996, 728) und damit an den von den Tatsacheninstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt gebunden (SZ 51/21; SZ 69/252; JBl 1996, 728 uva). Davon ausgehend spielt es für die Schutzfähigkeit der Marke der Klägerin unter dem Blickwinkel der Herkunftsfunktion keine Rolle, ob den angesprochenen Verkehrskreisen die Firma der Klägerin bekannt ist oder nicht, solange das Publikum nur unter der klägerischen Marke beworbene Dienstleistungen in gedanklichen Zusammenhang mit dem Unternehmen der Klägerin bringen.

Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50 - Merkur-Versicherungspass; ÖBl-LS 01/175 - Die roten Seiten). Die zugunsten der Klägerin in der Klasse 39 (Veranstaltung von Reisen) registrierte Wortmarke "SUMMER SPLASH" ist daher nicht gem § 4 Abs 1 Z 4 MSchG als Freizeichen von der Registrierung ausgeschlossen, weil dieses Zeichen im allgemeinen Sprachgebrauch nicht zur Bezeichnung von Reiseveranstaltungen dient. Die Verwechslungsfähigkeit von Marken ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen, wobei auf den Gesamteindruck abzustellen ist, den die Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung hervorrufen; insbesondere sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156 - Loctite mwN; ÖBl 1996, 279 - Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82 - AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I-6191 = ÖBl 1998, 106 - Sabel/Puma, RdN 23). Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf die Aufmerksamkeit, Urteilsfähigkeit und Fachkenntnis der im Einzelfall beteiligten Verkehrskreise abzustellen; maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45 - Texhages/Texmoden; ÖBl 1991, 93 - quattro/Quadra ua).

Ob das von der Beklagten zur Kennzeichnung ihrer Reisedienstleistungen verwendete Zeichen "FUN SPLASH" die Gefahr einer Verwechslung mit der Marke der Klägerin begründet hat, die geeignet ist, betriebliche Herkunftsvorstellungen auszulösen (vgl ÖBl 1991, 93 - quattro/Quadra mwN), ist eine Frage des Einzelfalles (ecolex 1993, 253 - Stephansdom; ecolex 1994, 406 - EKG-Elektroden; 4 Ob 9/94; 4 Ob 29/95, 4 Ob 1061/95; 4 Ob 2152/96s uva). Die Bejahung der Verwechslungsgefahr durch die Vorinstanzen hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und des EuGH. Angesichts der Branchenidentität der Streitteile sowie des Umstands, dass die beiden zu vergleichenden Zeichen aus zwei Wörtern bestehen, von denen das als charakteristisch im Gedächtnis verbleibende zweite Wort "SPLASH" buchstabengetreu übereinstimmt, während die jeweils vorangestellten Wörter "SUMMER" und "FUN" in ihrer betonten Silbe einen weitgehend ähnlichen Wortklang besitzen, liegt keine iS des § 528 Abs 1 ZPO zur Wahrung der Rechtssicherheit wahrzunehmende auffallende Fehlbeurteilung vor.

Die von der Beklagten aufgeworfene Frage nach der Verkehrsgeltung der klägerischen Marke spielt für die Entscheidung keine Rolle, weil der Wortmarke der Klägerin als relative Phantasiebezeichnung auch ohne Verkehrsgeltungsnachweis Unterscheidungskraft zukommt (ÖBl 1996, 43 - Plus; ÖBl 2000, 72 - Format; 4 Ob 21/00t - Alutop).

Stichworte