Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Im Kennzeichenstreit stehen einander die prioritätsältere Wort-Bildmarke "news" der Erstklägerin und die vom Zeichenbestandteil "sexnews" geprägte Wort-Bildmarke der Beklagten gegenüber. Die Erstklägerin vertreibt unter ihrer Marke ein wöchentlich erscheinendes Nachrichtenmagazin, das sich fallweise auch mit erotischen und sexuellen Themen beschäftigt, die regelmäßig mit erotischen Bildern (schon auf der Titelseite) illustriert sind. Die Zweitklägerin betreibt unter der Domain "www.news.at " ein tagesaktuelles Internet-Medium mit Angeboten zu verschiedenen Themen, darunter auch Erotik. Die Beklagte ist Medieninhaberin einer monatlich erscheinenden Zeitschrift mit dem Titel "sexnews", die ihrem Inhalt nach als "Pornomagazin" einzustufen ist; sie bietet unter den Domains "www.sexnews.at " und "www.6news.at " pornografische Inhalte an.
Das Rekursgericht hat der Beklagten im Sicherungsverfahren untersagt, die Bezeichnung "NEWS"
a) für Druckschriften kennzeichnend zu verwenden, insbesondere die Bezeichnung "sexnews" im Titel wie in Beil ./I hervorgehoben zu verwenden,
b) als Internet-Domain kennzeichnend zu verwenden, insbesondere die Domains "www.sexnews.at " und "www.6news.at " und/oder für online-Medien zu verwenden, insbesondere die Bezeichnung "sexnews" im Titel wie in Beil ./I hervorgehoben zu verwenden. Der Unterlassungsanspruch bestehe schon unter markenrechtlichen Gesichtspunkten zu Recht. Nicht zu zweifeln sei an der Warengleichheit, der nicht unbedeutenden Bekanntheit der älteren Marke der Klägerin (17,4 % Reichweite bzw über 1 Mio Leser des Nachrichtenmagazins; knapp 4 Mio Besuche des Internetportals der Zweitklägerin; intensive Bewerbung der Marke) und ihrer grundsätzlichen Kennzeichnungskraft. Auf Grund der ähnlichen optischen Gestaltung der einander gegenüberstehenden Zeitschriftentitel bestehe mittelbare Verwechslungsgefahr, weil ein Durchschnittsverbraucher annehmen könne, die Zeitschrift der Beklagten sei ein neues Produkt der Erstklägerin mit dem Schwerpunktthema "Sex". Gleiches gelte für die von der Beklagten verwendeten Domains, unter denen Inhalte angeboten würden, die zum Internet-Auftritt der Zweitklägerin nicht durchgreifend verschieden seien.
Diese Entscheidung hält sich im Rahmen höchstgerichtlicher Rechtsprechung.
Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt gemeinschaftsweit ein einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat. Danach ist - ebenso wie nach ständiger österreichischer Rechtsprechung - die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159 - T-One mwN; ÖBl 2003, 182 - Kleiner Feigling ua). Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, deren Kennzeichnungskraft und Bekanntheitsgrad auf dem Markt und der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist. So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH ÖBl 1999, 105 - Cannon/Canon; ecolex 2002, 444; ÖBl 2003, 182 - Kleiner Feigling mwN). Folge dieser Wechselwirkung ist es, dass bei Warenidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Warenabstand (RIS-Justiz RS0116294; zuletzt 4 Ob 36/04d - FIRN). Für die Verwechslungsgefahr bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln gelten nicht gänzlich andere Maßstäbe als für die Verwechslungsgefahr bei Zeichen ganz allgemein. In der Rechtsprechung wurden etwa folgende Titel als verwechslungsfähig ähnlich bezeichnet: Für Sie/Sie (SZ 41/116 = ÖBl 1969, 22); Extra/Extra 3 (ÖBl 1972, 97); Die roten Seiten/Wortbildmarke rote Seiten (4 Ob 101/01h); Focus Money/Format Money (MR 2002, 325); Heimat/Meine Heimat (4 Ob 55/04y). Die Beklagte verweist in ihrer Zulassungsbeschwerde zwar auf Entscheidungen, wonach - insbesondere dann, wenn sich die Titel aus sprachüblichen Gattungsbezeichnungen zusammensetzen - schon kleine Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen ausschließen, weil gerade bei solchen Titeln nur beschränkte Ausweichmöglichkeiten bestehen und sich das Publikum selbst bei akustischem Gleichklang oder bei Verkehrsgeltung eines Kurztitels daran gewöhnt hat, auch kleine Unterschiede zu beachten (ÖBl 1986, 71 - Festspiel Illustrierte mwN; ÖBl 1998, 76 - St. Pölten konkret; MR 2004, 30 - Gastro). Dem ist aber hier entgegenzuhalten, dass das der englischen Sprache entnommene Wort "news" keine im Inland sprachübliche Gattungsbezeichnung für Printmedien und damit als kennzeichnungskräftig für die damit bezeichneten Produkte zu beurteilen ist. Dazu kommt, dass die beiden mit den streitgegenständlichen Titeln gekennzeichneten Zeitschriften ihrem Charakter und Erscheinungsbild nach nicht völlig unterschiedliche Verkehrskreise ansprechen. Es besteht demnach - worauf das Rekursgericht zutreffend hinweist - die Gefahr, dass das Publikum den Titel "sexnews" als abgeleitetes weiteres Kennzeichen der Erstklägerin und um eine naheliegende Ergänzung und Erweiterung ihrer Produktpalette auffasst. Gleiches gilt für den Internet-Auftritt der Zweitklägerin.
Von der im Rechtsmittel weiters aufgeworfene Frage nach den Voraussetzungen des erweiterten Schutzes einer berühmten Marke (§ 10 Abs 2 MSchG) hängt die Entscheidung nicht ab, weil die Waren/Dienstleistungen der Beklagten sich noch im Ähnlichkeitsbereich zum Angebot der Klägerinnen befinden.
Die - als Nichtigkeit geltend gemachte - fehlende Begründung des Rekursgerichts betreffend die Abweisung des Antrags der Beklagten auf Sicherheitsleistung schadet im Hinblick auf den Wegfall des Sicherungszwecks nicht: Eine nach § 390 EO erlegte Sicherheitsleistung dient der Sicherstellung des dem Antragsgegner für den Fall entstehenden Ersatzanspruchs, dass sich die EV als unberechtigt erweist. Dieser Sicherungszweck fällt jedoch weg, wenn - wie hier - die Entscheidung über den gesicherten Anspruch auf Grund des nach der Aktenlage im wesentlichen unbestrittenen Sachverhalts nur noch von Rechtsfragen abhängt, die bereits im Sicherungsverfahren vom OGH gelöst worden sind (ÖBl 1989, 52 - Carsonics/Carsound; Kodek in Angst, EO § 390 Rz 20).
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