European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2014:03400R00073.14A.0904.000
Spruch:
Die Rechtsmittelverfahren 34 R 73/14a und 34 R 74/14y werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; führendes Verfahren ist 34 R 73/14a.
Beiden Rekursen wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Entscheidungen der Rechtsabteilung des Patentamts werden zum Teil bestätigt, zum Teil abgeändert und lauten
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I. im Verfahren 34 R 73/14a:
«1. Dem zu AM 2675/2013 eingebrachten Antrag, die Wortmarke STYLEBOOK für die im Antrag näher bezeichneten Waren in das Markenregister einzutragen, wird hinsichtlich folgender Waren nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG stattgegeben.
Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Zeitschriften.
Klasse 41: Unterhaltung; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Erstellen von Bildreportagen; Desktop-Publishing (Erstellung von Publikationen mit dem Computer); digitaler Bilderdienst; Erstellen von Untertiteln.
2. Im Übrigen wird dem Antrag, die Wortmarke STYLEBOOK in das Markenregister einzutragen, für folgende Waren ohne die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG stattgegeben:
Klasse 38: Telekommunikation; elektronische Anzeigenvermittlung; Sammeln und Liefern von Nachrichten.»
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II. im Verfahren 34 R 74/14y:
«1. Dem zu AM 2676/2013 eingebrachten Antrag, die Wortmarke LOOKBOOK für die im Antrag näher bezeichneten Waren in das Markenregister einzutragen, wird hinsichtlich folgender Waren nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG stattgegeben.
Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Zeitschriften.
Klasse 41: Unterhaltung; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Erstellen von Bildreportagen; Desktop-Publishing (Erstellung von Publikationen mit dem Computer); digitaler Bilderdienst; Erstellen von Untertiteln.
2. Im Übrigen wird dem Antrag, die Wortmarke LOOKBOOK in das Markenregister einzutragen, für folgende Waren ohne die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG stattgegeben:
Klasse 38: Telekommunikation; elektronische Anzeigenvermittlung; Sammeln und Liefern von Nachrichten.»
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Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt jeweils EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung
Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarken
STYLEBOOK
(= Verfahren 34 R 73/14a) und
LOOKBOOK
(= Verfahren 34 R 74/14y), jeweils für die aus dem Spruch ersichtlichen Waren und Dienstleistungen in den Klassen 16, 38 und 41. Sie vertrat die Auffassung, die angemeldeten Marken bestünden zwar aus sprachüblichen Ausdrücken, dennoch hätten sie irgendeine Unterscheidungskraft und seien als Suggestivbegriffe uneindeutig.
Mit den angefochtenen Beschlüssen stellte das Patentamt fest, dass die Eintragung der beiden Marken im gesamten Umfang der Anmeldung nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG möglich sei, nachdem es der Antragstellerin zuvor Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, von der diese jeweils auch unter anderem durch Stellung eines Antrags nach § 20 Abs 3 MSchG Gebrauch gemacht hatte. Sowohl in LOOKBOOK als auch in STYLEBOOK würden die beteiligten Verkehrskreise ohne Denkarbeit einen konkreten Hinweis auf eine Publikation mit dem thematischen Schwerpunkt auf Mode und Style erkennen. Den angemeldeten Zeichen fehle es daher an der Unterscheidungskraft iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG.
Dagegen richten sich die Rekurse der Antragstellerin mit dem Begehren, den Anträgen auf Eintragung der Zeichen auch ohne Erbringung eines Verkehrsgeltungsnachweises in den beantragten Klassen stattzugeben und dem Patentamt aufzutragen, das Eintragungsverfahren fortzusetzen.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rekurse sind teilweise berechtigt.
1. Gemäß § 187 ZPO, gegen den heranzuziehen das Rekursgericht ungeachtet des Fehlens einer allgemeinen Verweisungsnorm im nach § 139 PatG iVm § 77c Abs 1 MSchG anzuwenden Außerstreitgesetz keine Bedenken hat (dogmatisch ist in Bezug auf § 12 Abs 2 AußStrG ein Größen- oder ein Analogieschluss zu ziehen; vgl RIS-Justiz RS0035344 [für das Insolvenzverfahren]), kann der Senat Verfahren verbinden, die zwischen den nämlichen Personen geführt werden, wenn dadurch zum Beispiel die Kosten und der Aufwand vermindert werden. Die verbundenen Verfahren können auch durch ein gemeinschaftliches Urteil entschieden werden (§ 404 Abs 2 ZPO). Die Anwendung dieser Bestimmungen ist nicht auf das Verfahren erster Instanz beschränkt (vgl Schragel in Fasching/Konecny² § 187 ZPO Rz 2; RIS-Justiz RS0037216).
Die Voraussetzung der Verbindung zur gemeinschaftlichen Entscheidung erachtet das Rekursgericht – neben der evidenten Parteiidentität – schon allein deswegen als gegeben, weil die Entscheidung im gegebenen Fall durch ein Rechtsmittel bekämpft werden könnte.
2. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.
2.1. Ob einer Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist wie bei beschreibungsverdächtigen Zeichen anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht4 82; RIS-Justiz RS0079038). Diese Eigenschaft kommt einer Marke zu, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann und so die Ursprungsidentität garantiert, sodass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit einer anderen betrieblichen Herkunft unterscheiden können (EuGH C‑108/97 – Chiemsee; C‑104/00 P – Companyline; C‑398/08 – Vorsprung durch Technik; C‑104/01 – Orange, Rn 62; EuG T‑471/07 – Wella AG/HABM, Rn 15 mwN; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix).
2.2. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a – Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OBm 3/12 – Lounge.at, unter Hinweis auf BGH I ZB 22/11 – Starsat; OBm 1/13 – Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist: Aus Gründen der Rechtssicherheit sind Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht einzutragen (vgl EuGH C‑104/01 – Orange, Rn 58 und 59; C‑64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).
2.3. Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 57). Die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; EuGH C‑104/01 – Orange, Rn 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS‑Justiz RS0114366 [T5]).
2.4. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rsp des EuGH gesondert zu prüfen (EuGH C‑304/06 – Eurohypo; Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 171 ff). Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen (EuGH C‑304/06 P – Eurohypo, Rn 69); eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL (EuGH C‑363/99 – Postkantoor, Rn 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OBm 10/09 – Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14t – Expressglass).
2.5. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen dann als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne Weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt das Publikum muss sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (EuGH C‑326/01 – Universaltelefonbuch, Rn 33 mwN; C‑494/08 P – Pranahaus; vgl zuletzt auch 4 Ob 11/14t – Expressglass = RIS-Justiz RS0122383 [T1]; RS0117763, RS0066456, RS0066644).
2.6. Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; RS0090799, RS0066456; 4 Ob 116/03t – immofinanz; 17 Ob 27/07f – ländleimmo; OBm 1/12 – Die grüne Linie).
Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, solange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Stellt also ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i – happykauf mwN; OBm 3/12 – Lounge.at).
Ist die angemeldete Marke mit anderen Worten nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit der Waren oder der Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11 – Atelier Prive; OBm 2/13 – Primera ua; 4 Ob 66/02p – Cornetto).
2.7. Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50 – Merkur-Versicherungspass; ÖBl‑LS 01/175 – Die roten Seiten; 4 Ob 139/02y – Summer Splash; 4 Ob 10/03d – More).
2.8. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644).
Kennzeichnungskraft fehlt hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 26/93 = ÖBl 1993, 99 – Smash; 4 Ob 158/05x – Steirerparkett). Dabei genügt es, wenn die strittige Wortfolge zumindest in einer der möglichen Bedeutungen beschreibenden Charakter hat (vgl etwa EuGH C‑191/01 – Doublemint, Rn 32; C‑363/99 – Postkantoor, Rn 97; 4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387 – car care).
2.9. Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387 – car care; 4 Ob 28/06f – Firekiller; 17 Ob 21/07y – Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t – Expressglass). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w – Powerfood; 4 Ob 28/06f – Firekiller; 4 Ob 38/06a – Shopping City). Englisch ist als wichtigste Handelssprache in Österreich die geläufigste Fremdsprache (Koppensteiner, Markenrecht4 84 mwN; RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 36/14v – selective/line).
3. Auf dieser Grundlage ist den angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft größtenteils abzusprechen, in geringerem Umfang jedoch zuzubilligen.
3.1. Der Titelschutz nach § 80 Abs 1 UrhG hat folgenden Hintergrund: Der Titel eines Geisteswerkes dient der Individualisierung des damit gekennzeichneten Objekts; an ihn knüpft sich auch der Ruf, den das Werk genießt: Er kann bestimmte Vorstellungen über die Güte oder den Inhalt des gekennzeichneten Werkes sowie das Interesse der Kunden am Werk wecken (RIS-Justiz RS0077014). Markenrechtlicher Schutz kommt in der Regel nur für Periodika (insb Zeitungen und Zeitschriften) oder Werkreihen in Betracht, weil nur bei diesen der Titel als Hinweis auf ein Unternehmen (und nicht nur auf ein bestimmtes Werk) verstanden werden kann (Kucsko, MRA 1983 H 4, 1 ff; siehe auch Deutsch/Ellerbrock, Titelschutz2 Rz 221 f, 234). Ein Titel muss, um als Marke unterscheidungskräftig zu sein, über die dem Titelschutz zugrunde liegende Funktion der Werkidentifikation hinaus in Bezug auf seine Kennzeichnungskraft den allgemeinen Grundsätzen des Markenrechts genügen, im Wesentlichen also den Ursprungshinweis in sich tragen (für die ähnliche deutsche Rechtslage [§§ 5 Abs 1, 15 dMarkenG] ausdrücklich BGH I ZR 171/00 – Winnetous Rückkehr; BpatG 29 W (pat) 44/07 – Traunsteiner Wochenblatt). Bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln soll bei der Prüfung der Unterscheidungskraft kein allzu strenger, sondern ein eher großzügiger Maßstab angelegt werden, weil seit jeher auf dem Markt Zeitungen und Zeitschriften unter mehr oder weniger farblosen Titeln angeboten werden; glatt beschreibende Angaben sind dabei dennoch von der Registrierung ausgeschlossen (Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 231 f mwH; BGH I ZR 152/96 – Szene; Berlit, Markenrecht9 Rz 46a mwN der Rsp des BGH).
Diese Grundsätze bedeuten jedoch nicht – wie in den Rekursen vertreten –, dass die Schutzfähigkeit nach § 80 Abs 1 UrhG gleichbedeutend mit der Bejahung der Kennzeichnungskraft nach § 1 MSchG ist; vielmehr ist die Prüfung der Schutzverweigerungsgründe nach § 4 MSchG dennoch vorzunehmen. Mit anderen Worten zieht die Bejahung des (urheberrechtlichen) Titelschutzes nicht zwingend jene der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft nach sich, da an den Titelschutz geringere Anforderungen zu stellen sind (Ströbele/Hacker, MarkenG10 § 8 Rz 186 mwH; Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 8 Rz 141; zu „Steuerprofi“ Engin-Deniz, MschG2, 93).
Im Übrigen hat die Antragstellerin im Verfahren erster Instanz auch gar nicht behauptet, dass sie die angemeldeten Zeichen bereits als Titel verwende, sodass sie mit diesem Vorbringen auch gegen das Neuerungsverbot nach § 139 Z 3 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG verstößt.
3.2. Die Unterscheidungskraft von Wortverbindungen hängt wie gesagt davon ab, ob die zu beurteilende Wortverbindung als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Ware oder das Unternehmen zu bezeichnen oder seine wesentlichen Merkmale wiederzugeben (ÖBl 2002/25 – Internetfactory). Die Verbindung von für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendeten Ausdrücken ist dann nicht rein beschreibend, wenn die der Struktur nach dadurch geschaffene ungewöhnliche Verbindung dieser Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Ware oder das Unternehmen zu bezeichnen (ÖBl 2002/25 – Internetfactory; 4 Ob 186/03m – djshop). Es sind nämlich sämtliche Bestandteile und diese als Ganzes zu betrachten (EuGH C‑64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit, Rn 27 f; Koppensteiner, Markenrecht4 77 f mwN). Ein Wortzeichen kann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH C‑191/01 P – Doublemint, Rn 32; C‑265/00 – Biomild, Rn 38).
3.3. Die Schutzfähigkeit der zusammengesetzten Wortmarken LOOKBOOK und STYLEBOOK ist daher davon abhängig, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Inhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als beschreibenden Hinweis auf die beantragten Waren und Dienstleistungen des betreffenden Unternehmens verstehen (RIS-Justiz RS0109431). Enthält das Zeichen hingegen nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend (RIS-Justiz RS0109431 [T3, T4: Internetfactory]; MR 1999, 354 – Wirtschaftswoche; ÖBl‑LS 01/20 – E‑MED ; 4 Ob 237/01h = wbl 2002, 182 – drivecompany; Om 4/01 – Holztherm; Om 7/01 – DERMACURE).
3.4. BOOK ist zwar dem Englischen entnommen, doch versteht der weit überwiegende Teil der angesprochenen Verkehrskreise dieses Nomen wegen seines Vorkommens in diversesten Ausdrücken sofort und ohne Umschweife als „Buch“ (vgl nur „E‑Book“, „Book-on-Demand“, „Non-Book-Abteilung“, „Audiobook“ usw).
LOOK ist keineswegs nur ein fremdsprachiges Wort, sondern als Anglizismus bereits Bestandteil der deutschen Alltagssprache; das Wort bezeichnet das Aussehen, eine Note, eine Moderichtung, die Mode(erscheinung) (http://www.du den.de/rechtschreibung/Look; abgefragt am 30.7.2014).
Dasselbe gilt für STYLE, das schlicht „Stil“ meint (http://www.du den.de/rechtschreibung/Style; abgefragt am 30.7.2014). Davon leitet sich auch das deutsche Adjektiv „stylisch/stylish“ ab, das „besonders schick, modern“ bedeutet (http://www.du den.de/rechtschreibung/stylish; abgefragt am 30.7.2014). Eine künstlerische oder kunsthistorische Verwendung von STYLE ist anders als bei „Stil“ entgegen der Argumentation im diesbezüglichen Rekurs nicht geläufig.
3.5. Wenn daher das Patentamt ausgehend von seinen Feststellungen im Rahmen der im Eintragungsverfahren anzustellenden Prognose dem Wort LOOKBOOK eine Sammlung von Fotografien eines Models oder eines Designers als Verständnis des Fachpublikums und der Verbraucher zugrunde legt, ist dies nicht zu beanstanden, sondern deckt sich mit der Einschätzung des Rekursgerichts, das zusätzlich der Auffassung ist, dass darüber hinaus unter dem angemeldeten Zeichen ganz allgemein auch ein Buch/eine Publikation über Mode(erscheinungen) und damit verbundene Dienstleistungen verstanden werden kann.
3.6. Dass die beteiligten Verkehrskreise STYLEBOOK als Waren- und Dienstleistungsbezeichnung dahin gehend verstehen werden, dass es sich um ein Buch oder Heft mit dem thematischem Schwerpunkt auf Style/Mode und damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen handelt, zeigt das Patentamt im angefochtenen Beschluss – grundsätzlich – ebenfalls überzeugend auf.
3.7. Von einer lexikalischen Erfindung eines Gesamtzeichens im Sinne einer ungewöhnlichen Wortverbindung (siehe EuGH C‑383/99, ÖBl 2002, 43 – Baby Dry) geht das Rekursgericht entgegen dem Rechtsmittelvorbringen daher in Bezug auf die Klassen 16 und 41 nicht aus. Keines der beiden Zeichen ist dafür in seiner Zusammensetzung eigentümlich oder in der Bedeutung vage, sondern das Verständnis wird jeweils ohne längeren Denkprozess und ohne Unklarheiten gewonnen: Auch bei einem Zeitschriftentitel ist aber eine bloße Andeutung zu verlangen, wie sich auch aus der von der Rekurswerberin selbst ins Treffen geführten Entscheidung 4 Ob 115/99m – Wirtschaftswoche ergibt.
Die aus jeweils nicht kennzeichnungskräftigen Wortbestandteilen zusammengesetzten Marken STYLEBOOK und LOOKBOOK enthalten damit - auf das Wesentliche zusammengefasst - für Zeitschriften und Verlagsdienstleistungen auch in ihrer Gesamtheit keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer Bestandteile hinausgeht (zu dieser Prüfung vgl etwa EuGH C‑37/06 P – BioID, Rn 29 und 34). Das in beiden Fällen gegebene Mindestmaß an Individualität macht die Zeichen noch zu keiner unterscheidungskräftigen Angabe, die dem Markenschutz zugänglich wäre: Es fehlt ihnen für alle beanspruchten Waren- und Dienstleistungsklassen an Kennzeichnungskraft, da jedenfalls in der Klasse 16 beide Zeichen als sachbezogene Titel für Werke mit darauf bezogenem Inhalt zu verstehen sind (Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 8 Rz 141) und dieses Verständnis wegen des engen Zusammenhangs auch auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klasse 41 ausstrahlt. Zu Recht hat das Patentamt daher hinsichtlich des dazu beantragten Schutzumfangs ausgesprochen, dass eine Registrierung von STYLEBOOK und LOOKBOOK in diesem Umfang nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG zulässig ist.
3.8. Anders stellt sich die Bewertung der beiden Marken jedoch für die beantragten Dienstleistungen der Klasse 38 dar, da hier ein direkter Bezug zwischen dem oben näher dargestellten Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise von STYLEBOOK und LOOKBOOK nicht ohne Denkaufwand hergestellt wird und die Zeichen daher als bloße Andeutungen durchaus ungewöhnlich und originell sind: Im Bereich der Telekommunikation, der elektronischen Anzeigenvermittlung und des Sammelns und Lieferns von Nachrichten ergibt sich keine eindeutige Assoziation zwischen den Zeichen und dem jeweils beanspruchten Schutzumfang, sondern ein nur vages Begriffsverständnis. Enthält aber ein Zeichen nur derartige Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; RS0090799, RS0066456; oben Pkt 2.6.). In diesem Umfang weisen die Anmeldungsmarken daher auch eine (wenngleich eher geringe) Unterscheidungskraft auf und sind daher ohne Verkehrsgeltungsnachweis zu registrieren.
3.9. Der in den Rekursen „aus anwaltlicher Vorsicht“ aufgeworfene Frage, ob den angemeldeten Zeichen wegen ihres möglicherweise beschreibenden Charakters auch nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG die Registrierung nur bei Vorliegen der durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft zu erteilen wäre, muss nicht weiter nachgegangen werden, weil der beschreibende Charakter nur ein Unterfall der fehlenden Unterscheidungskraft nach Z 3 leg cit ist (oben Pkt 2.4.).
3.10. Auf das weitere Argument der Rechtsmittelwerberin, dass es eine Vorregistrierung mit LOOKBOOK, eine weitere mit STYLEBOOK (als Teil einer zusammengesetzten Marke) und weitere Registrierungen mit den Wortelementen BOOK sowie STYLE gebe, ist ebenfalls nicht näher einzugehen, weil – wie die Rekurswerberin ohnehin selbst zutreffend aufzeigt – eine präjudizielle Bindung fehlt (4 Ob 11/14t – Expressglass; RIS-Justiz RS0125405; EuGH C‑37/03 P – BioID, Rn 47; EuGH C‑39/08 – Schwabenpost, Rn 39; vgl auch Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 75 ff mwN; Koppensteiner, Markenrecht4 70).
4. Die angefochtenen Beschlüsse sind deshalb für die strittigen Waren in den Klassen 16 und 41 zu bestätigen und im Übrigen dahin abzuändern, dass die Eintragung der angemeldeten Zeichen in der Klasse 38 auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG angeordnet wird.
5. Da die Entscheidung im antragsabweisenden Teil keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
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