OGH 4Ob10/03d

OGH4Ob10/03d18.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner und Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, ***** vertreten durch Giger, Ruggenthaler & Simon Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Brauneis, Klauser & Prändl Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 20.034 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. November 2002, GZ 5 R 189/02d-7, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden (ecolex 2002, 444 OPUS ONE mwN). Ob ein Zeichen Kennzeichnungskraft besitzt, hängt bei einer Fremdsprache entnommenen Begriffen davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Identifizierungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (ÖBl 1993, 15 - Candy & Company; ÖBl 1993, 203 - Karadeniz mwN; ÖBl 2001, 175 - MANPOWER; ÖBl 2002, 25 - MANPOWER II).

Als rein beschreibend im Sinn des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG gelten Zeichen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf eine Ware oder auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstanden werden (ÖBl 2002/10 - Drivecompany; ÖBl 2002/25 - Internetfactory; ecolex 2001/51 - E-MED; 4 Ob 25502g - Mobile Office). Enthält das Zeichen nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend (vgl MR 1999, 354 - Wirtschaftswoche; ÖBl-LS 01/20 - E-MED = ecolex 2001, 127 [Schanda]; 4 Ob 237/01h = wbl 2002, 182 - drivecompany; 4 Ob 230/01d = wbl 2002, 183 - internetfactory; OPM 4/01 - Holztherm; OPM 7/01 - DERMACURE). Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50 - Merkur-Versicherungspass; ÖBl-LS 01/175 - Die roten Seiten; 4 Ob 139/02y - SUMMER SPLASH).

Ob ein Zeichen zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich ist, ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihrer Beurteilung die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen (ÖBl 1991, 32 - EXPO-Technik mwN; 4 Ob 29/98p = ecolex 1998, 929; ÖBl-LS 2002/169 - "air ..."). Abzustellen ist dabei auf das Verständnis der beteiligten Verkehrskreise (ÖBl 1991, 32 - EXPO-Technik mwN; ÖBl 1998, 241 - jusline mwN).

Das Rekursgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen, wenn es die zugunsten der Klägerin registrierte Wortmarke "MORE" für die Klassen 16 (ua Druckschriften und Zeitschriften) und 41 (ua Herausgabe von Büchern und Printmedien) als hinreichend unterscheidungskräftig (und nicht gem § 4 Abs 1 Z 4 MSchG als Freizeichen von der Registrierung ausgeschlossen) erachtet hat, dient doch dieses Zeichen im allgemeinen Sprachgebrauch nicht als übliche Bezeichnung von Printmedien; auch handelt es sich dabei sonst nicht um ein so gebräuchliches Wort der Alltagssprache, dass es vom Verkehr allein und stets nur als solches und nur in seinem Ursprungssinn verstanden wird und dem deshalb die Unterscheidungskraft für die in Frage stehenden Waren fehlt (vgl BGH GRUR 1999, 1089 - YES). Der Entscheidung 4 Ob 170/90 = ecolex 1991, 331 - ultra liegt insoweit ein anderer Sachverhalt zugrunde.

Die Verwechslungsfähigkeit von Marken ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen, wobei auf den Gesamteindruck abzustellen ist, den die Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung hervorrufen; insbesondere sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156 - Loctite mwN; ÖBl 1996, 279 - Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82 - AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I-6191 = ÖBl 1998, 106 - Sabel/Puma, RdN 23; zuletzt 4 Ob 139/02y - SUMMER SPLASH).

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf die Aufmerksamkeit, Urteilsfähigkeit und Fachkenntnis der im Einzelfall beteiligten Verkehrskreise abzustellen; maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45 - Texhages/Texmoden; ÖBl 1991, 93 - quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y - SUMMER SPLASH ua). Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil sich der Geschäftsverkehr meist an diesem - sofern er unterscheidungskräftig ist - zu orientieren pflegt und vor allem den Wortbestandteil im Gedächtnis behält. Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher idR auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154 - Preishammer; ÖBl 1996, 279 - Bacardi/Baccara; 4 Ob 119/02g).

Ob die von der Beklagten zur Kennzeichnung ihrer Zeitschrift verwendete Wort-Bildmarke "more" die Gefahr einer Verwechslung mit der Marke der Klägerin begründet hat, die geeignet ist, betriebliche Herkunftsvorstellungen auszulösen, ist eine Frage des Einzelfalles (ecolex 1993, 253 - Stephansdom; ecolex 1994, 406 - EKG-Elektroden; 4 Ob 9/94; 4 Ob 29/95, 4 Ob 1061/95; 4 Ob 2152/96s uva). Die Bejahung der Verwechslungsgefahr durch die Vorinstanzen hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und des EuGH. Angesichts der Branchenidentität der Streitteile sowie des Umstands, dass die prioritätsjüngere Wort-Bild-Marke der Beklagten in ihrem Wortteil die angegriffene Wortmarke der Klägerin buchstabengetreu übernimmt, liegt keine iS des § 528 Abs 1 ZPO zur Wahrung der Rechtssicherheit wahrzunehmende auffallende Fehlbeurteilung vor.

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