OGH 4Ob7/05s

OGH4Ob7/05s14.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erik P*****, vertreten durch Sattlegger Dorninger Steiner & Partner Anwaltssocietät in Linz, gegen die beklagte Partei Bernhard F*****, vertreten durch Dr. Hansjörg Schweinester, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 5.000,00 EUR), über den Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 15. November 2004, GZ 2 R 257/04t-16, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 6. September 2004, GZ 12 Cg 81/04y-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Der Antrag, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zur Sicherung des Anspruchs des Klägers auf Unterlassung markenrechts- und wettbewerbswidriger Handlungen, auf welche das Klagebegehren gerichtet ist, für die Dauer dieses Rechtsstreites zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung 'car care' oder eine verwechselbar ähnliche Bezeichnung im Zusammenhang mit der Ankündigung, dem Verkauf und/oder dem Vertrieb von Behebungen von Lackschäden aller Art sowie der Durchführung von Kleinschaden-Reparaturen und Kunststoffreparaturen an Kraftfahrzeugen oder gleichartiger Dienstleistungen kennzeichenmäßig zu verwenden;

in eventu dem Beklagten zu verbieten, unter der Verwendung der Bezeichnung 'car care' oder einer ähnlichen Bezeichnung die Behebung von Lackschäden aller Art bzw die Durchführung von Klein-Schadenreparaturen und Kunststoffreparaturen für Kraftfahrzeuge oder ähnliche Dienstleistungen zu 'unterlassen';

dem Beklagten zu verbieten, unter der Bezeichnung 'car care' oder einer ähnlichen Bezeichnung die Behebung von Lackschäden aller Art sowie die Durchführung von Kleinschaden-Reparaturen und Kunststoffreparaturen für Kraftfahrzeuge oder ähnliche Dienstleistungen anzubieten;

wird abgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 266,69 EUR (darin 44,45 EUR USt) bestimmten Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 732,86 EUR (darin 122,14 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist seit 1. Jänner 1994 Inhaber der nicht protokollierten Einzelfirma Car Care in L*****. Unternehmensgegenstand ist der Vertrieb von Autoglas und Zubehör, Splitt- und Schutzfolien sowie Sonnen- und Wärmeschutzfolien für Kraftfahrzeuge und Objekte. Der Kläger bietet neben dem Vertrieb dieser Produkte auch Reparaturleistungen an. Er ist Inhaber der eingetragenen Wortbildmarke Registernummer 204 447, bestehend aus der Wortfolge „Car Care Autoglas und Zubehör CC Wärmeschutzfolien" in einem Rechteck auf gelbem Grund mit sechs hinter dem Wort „Care" horizontal verlaufenden, von blau bis weiß schattierten Streifen samt einer stilisierten Sonne, welche die beiden Großbuchstaben „CC" umschließt. Beginn der Schutzdauer dieser Marke ist der 24. Juni 2002.

Der Beklagte betreibt unter der Bezeichnung „Car-Care-Center Bernhard F*****" ein Unternehmen in R*****. Er ist Inhaber des Gewerbes „Autokosmetik", die Gewerbeberechtigung wurde am 1. Oktober 2003 erteilt. Unternehmensgegenstand ist die Behebung von Lackschäden aller Art, die Durchführung von Kleinschaden-Reparaturen sowie die Kunststoffreparatur an Kraftfahrzeugen. Der Beklagte hebt auf seinem Briefpapier die Wortfolge „Car-Care-Center" mit zwei darüber verlaufenden stilisierten Autodachlinien hervor.

Die Wortfolge „Car care" ist der englischen Sprache entnommen; sie kommt aber in dieser Kombination im Wörterbuch nicht vor. „Car" bedeutet in deutscher Übersetzung Wagen bzw Auto, „care" steht für Sorgfalt, Achtsamkeit, Pflege, Wartung, Fürsorge, Obhut, Anteilnahme, Interesse, Sorge, Besorgnis, Not bzw Kummer. Die Wortfolge „Car care" wird im deutschsprachigen Raum von vielen Betrieben, die mit Autopflege oder -wartung zu tun haben, anstelle des Wortes „Autopflege" verwendet, so als Buchtitel, für Autopflegemittel, Parkhäuser, Autocenter und Online-Shops.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, dem Beklagten im geschäftlichen Verkehr die kennzeichenmäßige Verwendung der Bezeichnung „Car care" oder einer verwechselbar ähnlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit der Ankündigung, dem Verkauf und/oder dem Vertrieb von Behebungen von Lackschäden aller Art sowie der Durchführung von Kleinschadenreparaturen und Kunststoffreparaturen an Kraftfahrzeugen oder gleichartiger Dienstleistungen zu verbieten. In eventu begehrt der Kläger, dem Beklagten zu verbieten, unter der Verwendung der Bezeichnung „car care" oder einer ähnlichen Bezeichnung die Behebung von Lackschäden aller Art bzw die Durchführung von Kleinschadenreparaturen und Kunststoffreparaturen für Kraftfahrzeuge oder ähnliche Dienstleistungen zu „unterlassen" (gemeint: anzubieten); dem Beklagten zu verbieten, unter der Bezeichnung „car care" oder einer ähnlichen Bezeichnung die Behebung von Lackschäden aller Art sowie die Durchführung von Kleinschadenreparaturen und Kunststoffreparaturen für Kraftfahrzeuge oder ähnliche Dienstleistungen anzubieten. Der Beklagte rufe beim Publikum die Gefahr von Verwechslungen zwischen „Car Care" und „Car-Care-Center" hervor, weil die angebotenen Leistungen bzw Waren zum Teil völlig ident, zum Teil äußerst ähnlich seien. Er verwende den Wortteil der Wortbildmarke des Klägers zur Gänze und gebe lediglich den Zusatz „Center" bei, was die Verwechslungsgefahr jedoch nicht hindere. Das Begehren werde auf Markenrecht sowie § 9 und § 2 UWG sowie auf § 43 ABGB, § 1 UWG gestützt.

Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Wortfolge „Car care" sei lediglich ein nicht schutzfähiger Teil der Wortbildmarke des Klägers. Sie habe keine Namensfunktion und sei die deutsche Bezeichnung für Autopflege; als solche sei sie nicht unterscheidungskräftig. Die Wortfolge sei als Ausdruck des allgemeinen Sprachgebrauchs nicht monopolisierbar, der Kläger habe auch keine Verkehrsgeltung erreicht. Verwechslungsgefahr bestehe nicht, weil der Beklagte die Bezeichnung „Car-Care-Center Bernhard F*****" verwende, im Übrigen würden auch unterschiedliche Waren und Dienstleistungen angeboten.

Das Erstgericht erließ - gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von 10.000 EUR - die beantragte einstweilige Verfügung im Hinblick auf § 10 MSchG und § 9 UWG mit der Begründung, die Parteien würden ähnliche Dienstleistungen anbieten, es liege auch Verwechslungsgefahr vor, weil es auf den dominierenden Wortbestandteil „Car Care" ankomme, der vom Beklagten buchstabengetreu übernommen worden sei. Da die Wortfolge „Car Care" zwar mit Autopflege übersetzt werden könne, jedoch eine Vielzahl von Tätigkeiten und Dienstleistungen sowie Waren bezeichne, sei die Wortbildmarke des Klägers als unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend anzusehen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteige, und - auf Grund eines Antrags nach §§ 508, 528 Abs 2a ZPO - dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Fremdsprachige Markenwörter seien so zu prüfen, als ob sie deutsche wären, wenn ihre Kenntnis bei den „Gebildeten weiter Bevölkerungskreise" vorausgesetzt werden könne. Wortbildmarken könnten auch durch solche Zeichen verletzt werden, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in verwechselbarer Weise wiedergäben. Maßgeblich sei der Gesamteindruck. Die Wortfolge „Car care" sei im Verkehr nicht als Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen allgemein gebräuchlich, weil sie nicht der Umgangssprache angehöre und als individuelles Zeichen Kennzeichnungskraft habe. Damit sei sie für den Kläger auch ohne Verkehrsgeltung schutzfähig. Der Beklagte benütze „car care" zwar in Verbindung mit einem weiteren Wort, nämlich „Car-Care-Center", jedoch weise auch der Schriftzug eine gewisse Ähnlichkeit mit der Wortbildmarke des Klägers auf.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Der Kläger strebt Schutz für seine Wortbildmarke, insbesondere den Wortbestandteil „car care" an. Er stützt sein Begehren unter anderem auf Markenrecht und auf § 9 UWG.

Von der Registrierung als Marke sind gemäß § 4 Abs 1 Z 4 MSchG Zeichen ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Als rein beschreibende Zeichen im Sinne dieser Bestimmung, welche erst bei Hinzutreten von hier nicht behaupteter - Verkehrsgeltung (§ 4 Abs 2 MSchG) geschützt sind, gelten Zeichen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstanden werden (4 Ob 237/01h = ÖBl 2002/10 DRIVECOMPANY mwN; 4 Ob 38/03x = ecolex 2003, 537 [Schanda] - MUSIC CHANNEL; 4 Ob 253/03i - VITAL HOTEL).

Abzustellen ist dabei auf das Verständnis der beteiligten Verkehrskreise, worunter - etwa bei seltenen Waren oder hochspezialisierten Dienstleistungen - auch nur bestimmte Fachkreise fallen können (4 Ob 36/98t = ÖBl 1998, 241 - JUSLINE mwN). Wird ein Zeichen vom Verkehr mehrdeutig aufgefasst, kann es nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH (C-191/01 [Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt/Wm. Wrigley Jr. Company] = MarkenR 2004, 450 - DOUBLEMINT), der sich auch der erkennende Senats bereits angeschlossen hat (4 Ob 253/03i - VITAL HOTEL), dann als beschreibend von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet.

Ob einer Fremdsprache entnommene Begriffe Kennzeichnungskraft besitzen, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Identifizierungsfunktion (= Kennzeichnungsfunktion) ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 325/99v = ÖBl 2000, 175 - MANPOWER mwN).

Nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt wird die Wortfolge „car care", die es in der englischen Sprache nicht gibt und die in deutscher Übersetzung für Autopflege steht, für eine ganze Reihe von unterschiedlichen Waren und Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen stehen, verwendet. Dies gilt etwa für Autopflegemittel, Parkhäuser, Autocenter, Kleinschadenreparaturen, Autowäsche und dergleichen. Damit bezeichnet die Wortfolge in zumindest einer der möglichen Bezeichnungen auch Waren und Dienstleistungen, die die Wortbildmarke des Klägers schützt. Reparaturen von Kraftfahrzeugen, Vertrieb von Autoglas und Zubehör sowie Splitt- und Schutzfolien, Sonnen- und Wärmeschutz von Kraftfahrzeugen und dergleichen fallen jedenfalls unter den Begriff „Autopflege".

Damit ist „car care" in Bezug auf das Unternehmen des Klägers und die von ihm dort angebotenen Waren und Dienstleistungen rein beschreibend. Das schliesst einen markenrechtlichen Schutz aus. Auf die von den Vorinstanzen erörterte Verwechslungsgefahr kommt es somit nicht mehr an.

Wegen fehlender Unterscheidungskraft und mangels Verkehrsgeltung besteht auch kein Firmen- und Namensschutz (4 Ob 148/89 = MR 1990, 194 - HOLIDAY-REISEN; RIS-Justiz RS0009446), auf den sich der Kläger ebenfalls berufen hat. Soweit er sein Begehren außerdem auf §§ 1 und 2 UWG stützt und dazu behauptet, der Beklagte habe eine Verwechslung seines Unternehmens mit jenem des Klägers durch die angesprochenen Publikumskreise bewusst herbeigeführt und in Kauf genommen, hat er es unterlassen, entsprechende Bescheinigungsmittel anzubieten.

Dem Revisionsrekurs war somit Folge zu geben und das Sicherungsbegehren abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 41 Abs 1 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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