OGH 4Ob10/14w

OGH4Ob10/14w17.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Markenrechtssache der Antragstellerin E***** LLC, *****, vertreten durch Mag. Dr. Paul N. Torggler und andere Patentanwälte in Wien, wegen Anmeldung der österreichischen Marke AM 1259/2009, über die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamts vom 29. Mai 2013, GZ Bm 47/2010‑1, mit welchem der Beschluss der Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamts vom 30. September 2010, GZ AM 1259/2009‑7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00010.14W.0217.000

 

Spruch:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird zum Teil bestätigt, zum Teil abgeändert, dass sie nunmehr zu lauten hat:

„1. Dem zu Nummer AM 1259/2009 eingebrachten Antrag, die Wortmarke JIMI HENDRIX für die im Antrag näher bezeichneten Waren in das Markenregister einzutragen, wird hinsichtlich folgender Waren nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG stattgegeben:

Klasse 9: Magnetaufzeichnungsträger; Schall-platten und CD's; bespielte Magnetbänder und Platten, CD-ROMs, DVDs, CDs, Videobänder und -platten, Tonbänder und -platten; Kassettenbänder; Computersoftware; herunterladbare elektronische Veröffentlichungen, Musik und anderes elektronisch verfügbar gemachtes Video-/Audiomaterial zum Herunterladen aus dem Internet; Schallplatten; gespeicherte Computerprogramme; Computer-programme (herunterladbar); dekorative Magnete; Hüllen für Mobiltelefone; Mausunterlagen; Handgelenkauflagen zur Verwendung mit Computern.

Klassse 15: Musikinstrumente; Bässe (Musik-instrumente); elektronische Musikinstrumente; Gitarren; Plektrums für Saiteninstrumente; folienbedruckte Plektrums.“

2. Im Übrigen wird dem Antrag, die Wortmarke JIMI HENDRIX in das Markenregister einzutragen, auch für folgende Waren ohne die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG stattgegeben:

Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren; Uhren und Zeitmessinstrumente, Gussmetallbroschen (Schmuck); Gussmetallanhänger (Schmuck); Amulette (Juwelier- und Schmuckwaren); Schnallen aus Edelmetall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Etuis aus Edelmetall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Ketten (Schmuckwaren); Anhänger (Schmuck); Wecker, Chronografen (Uhren); Manschettenknöpfe; Ohrringe, Gold und Silberwaren, ausgenommen Messerschmiedewaren; Hutverzierungen aus Edelmetall; Schlüsselringe (Fantasie-Schmuckwaren); Medaillons (Schmuck); Medaillen; Halsketten (Schmuck); Schmucknadeln; (Ansteck-)Nadeln (Schmuck); Krawattenhalter; Krawattennadeln; Schmuckgegenstände; Kunstgegenstände aus Edelmetall.

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Kopfbe-deckungen; Schürzen (Bekleidungsstücke); Höschen für Babys; Bandanatücher, Halstücher; Bademäntel; Badehosen; Badeanzüge; Strandkleider; Gürtel (Bekleidung); Baskenmützen; Lätzchen, nicht aus Papier; Camisoles; Hosenträger für Bekleidungszwecke; Büstenhalter; Kniebundhosen; Mützenschirme; Chasubles; T-Shirts; Bekleidung aus Lederimitat; Bekleidungsstücke aus Leder; Mäntel; Kragenschützer; Unterhosen; Morgenmäntel; Ohrenschützer (Bekleidung); Kleider; Gabardinebekleidung; Galoschen; Strumpfbänder; Handschuhe (Bekleidung); Hüte; Stirnbänder (Bekleidung); Kapuzen; Strumpfwaren und gewirkte und gewebte Unterwäsche; Jacken; Jerseykleidung; Pullover; Wirkwaren (Bekleidungsstücke); Babywäsche; Leggings; Krawatten; Oberbekleidungsstücke; Hosen; Parkas; Schlafanzüge; Schärpen; Hals-, Kopf-, Schultertücher; Schals; Hemden; ärmellose Unterhemden; Röcke; Käppchen (Kopfbedeckungen); Kittel; Socken; Sportjerseys; Strümpfe; Joppen (weite Tuchjacken); Sonnenblendschilder (Kopfbedeckungen); Hosenträger; Sweater; Badeanzüge; T-Shirts; Strumpfhosen; Zylinderhüte; Überzieher (Bekleidung); Hosen; Unterhosen; Unterwäsche; Unterhemden; Mützenschirme (Kopfbedeckungen); Westen; wasserfeste Bekleidung.

Text

Begründung

James Marshall „Jimi“ Hendrix (1942-1970) gilt wegen seiner experimentellen und innovativen Spielweise auf der E-Gitarre als einer der bedeutendsten Gitarristen und hatte nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung der Rockmusik. Das Rolling Stone Magazin kürte ihn zum besten Gitarristen aller Zeiten (am 7. 2. 2014 abgefragte Quelle: http//de.wikipedia.org/wiki/Jimi_Hendrix).

Mit Anmeldung vom 4. 3. 2009 beantragte die Anmelderin die Registrierung der Wortmarke JIMI HENDRIX neben ‑ im Eintragungsverfahren unstrittigen Waren ‑ auch für die im Spruch dieser Entscheidung genannten Waren.

Die Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamts teilte der Anmelderin mit Schreiben vom 2. 2. 2010 folgende Bedenken hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit des angemeldeten Zeichens mit:

Das Zeichen werde bezüglich folgender Waren nur als inhaltlicher Hinweis gesehen, dass sich die so bezeichneten Waren mit der Person Jimi Hendrix beschäftigen und seine Musik zum Inhalt haben, und sei als ausschließlich beschreibende Angabe nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ohne Nachweis der Verkehrsgeltung von einer Registrierung als Marke ausgeschlossen:

Klasse 9: Magnetaufzeichnungsträger; Schall-platten und CD's; bespielte Magnetbänder und Platten, CD-ROMs, DVDs, CDs, Videobänder und -platten, Tonbänder und -platten; Kassettenbänder; Computersoftware; herunterladbare elektronische Veröffentlichungen, Musik und anderes elektronisch verfügbar gemachtes Video-/Audiomaterial zum Herunterladen aus dem Internet; Schallplatten; gespeicherte Computerprogramme; Computer-programme (herunterladbar).

Bezüglich folgender Waren sei das Zeichen gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG wegen fehlender Unterscheidungskraft von einer Registrierung als Marke ausgeschlossen:

a) Das Zeichen werde lediglich als werbliche Anpreisung und Hinweis gesehen, dass es sich bei den so bezeichneten Waren um Kopien der Originalgitarren und -zubehör von Jimi Hendrix handle:

Klassse 15: Musikinstrumente; Bässe (Musik-instrumente); elektronische Musikinstrumente; Gitarren; Plektrums für Saiteninstrumente; folienbedruckte Plektrums.

b) Das Zeichen werde lediglich als Hinweis auf den Künstler und die mit seinem Namen gekennzeichneten Waren als Souvenir und Fanartikel wahrgenommen:

Klasse 9: dekorative Magnete; Hüllen für Mobiltelefone; Mausunterlagen; Handgelenkauflagen zur Verwendung mit Computern.

Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren; Schmuckwaren; Uhren und Zeitmessinstrumente; Gussmetallbroschen (Schmuck); Gussmetallanhänger (Schmuck); Amulette (Juwelier- und Schmuckwaren); Schnallen aus Edelmetall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Etuis aus Edelmetall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Ketten (Schmuckwaren); Anhänger (Schmuck); Wecker; Chronografen (Uhren); Manschettenknöpfe; Ohrringe; Gold und Silberwaren, ausgenommen Messerschmiedewaren; Hutverzierungen aus Edelmetall; Schlüsselringe (Fantasie-Schmuckwaren); Medaillons (Schmuck); Medaillen; Halsketten (Schmuck); Schmucknadeln; (Ansteck-)Nadeln (Schmuck);Krawattenhalter; Krawattennadeln; Schmuckgegenstände; Kunstgegenstände aus Edelmetall.

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Kopfbe-deckungen; Schürzen (Bekleidungsstücke); Höschen für Babys; Bandanatücher; Halstücher; Bademäntel; Badehosen; Badeanzüge; Strandkleider; Gürtel (Bekleidung); Baskenmützen; Lätzchen, nicht aus Papier; Camisoles; Hosenträger für Bekleidungszwecke; Büstenhalter; Kniebundhosen; Mützenschirme; Chasubles; T-Shirts; Bekleidung aus Lederimitat; Bekleidungsstücke aus Leder; Mäntel; Kragenschützer; Unterhosen; Morgenmäntel; Ohrenschützer (Bekleidung); Kleider; Gabardinebekleidung; Galoschen; Strumpfbänder; Handschuhe (Bekleidung); Hüte; Stirnbänder (Bekleidung); Kapuzen; Strumpfwaren und gewirkte und gewebte Unterwäsche; Jacken; Jerseykleidung; Pullover; Wirkwaren (Bekleidungsstücke); Babywäsche; Leggings; Krawatten; Oberbekleidungsstücke; Hosen; Parkas; Schlafanzüge; Schärpen; Hals-, Kopf-, Schultertücher; Schals; Hemden; ärmellose Unterhemden; Röcke; Käppchen (Kopfbedeckungen); Kittel; Socken; Sportjerseys; Strümpfe; Joppen (weite Tuchjacken); Sonnenblendschilder (Kopfbedeckungen); Hosenträger; Sweater; Badeanzüge; T-Shirts; Strumpfhosen; Zylinderhüte; Überzieher (Bekleidung); Hosen; Unterhosen; Unterwäsche; Unterhemden; Mützenschirme (Kopfbedeckungen); Westen; wasserfeste Bekleidung.

Die Anmelderin hielt dem entgegen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH bei Begründungen von Zurückweisungen von Anmeldungen für alle nicht allgemein bekannten Tatsachen Nachweise vorgelegt werden müssten; die Einzelmeinung eines Prüfers oder die Diskussion im Kollegenkreis könne Nachweise nicht ersetzen. Grundsätzlich sei der Markenschutz auch Musikern zugänglich. Die anmeldende Gesellschaft werde von Familienmitgliedern des Namensträgers geführt. Allein der Umstand der Bekanntheit des Namensträgers führe noch nicht automatisch dazu, dass die Verkehrskreise in seinem Namen eine inhaltsbeschreibende Angabe für damit gekennzeichnete Waren erblickten.

Die Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamts teilte der Anmelderin sodann mit Schreiben vom 13. 7. 2010 mit, die Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens sei eine Rechtsfrage, die die prüfende Behörde aufgrund eigener Sachkunde vorzunehmen habe. Auch beruhe das markenrechtliche Anmeldungsverfahren auf einer Prognose, bei der auf die Verkehrsgepflogenheiten innerhalb der betroffenen Branche abzustellen sei. Personennamen seien beschreibend, soweit sie einen thematischen oder sachlichen Bezug zum Namensträger herstellten. An der bisherigen Beurteilung sei festzuhalten.

Die Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamts stellte mit Beschluss vom 30. 9. 2010 fest, dass das angemeldete Zeichen für die im Prüfungsverfahren beanstandeten Waren nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG registrierbar ist. Zur Begründung wurde auf die Amtsschreiben vom 2. 2. 2010 und 13. 7. 2010 verwiesen.

Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamts wies mit Beschluss vom 29. 5. 2013 die Beschwerde der Anmelderin ab. Einem Zeichen fehle die Unterscheidungskraft, wenn es das Publikum als Beschreibung der Eigenschaften der damit bezeichneten Waren verstehe. Dem Namen bekannter historischer Persönlichkeiten komme in Verbindung mit Waren und Dienstleistungen oft nur eine „Art von Werbefunktion“ zu, vergleichbar dem Namen aktueller Stars beim Vertrieb von Merchandising- und Souvenirartikeln; eine betriebliche Herkunftsfunktion ‑ als Voraussetzung markenrechtlicher Unterscheidungskraft ‑ entnehme ihnen der Verkehr in diesen Fällen hingegen nicht. Nur als Hinweis auf die Person in der Art eines Souvenirartikels werde das angemeldete Zeichen verstanden für folgende Waren (weshalb insoweit die Unterscheidungskraft fehle):

Klasse 9: dekorative Magnete; Hüllen für Mobiltelefone; Mausunterlagen; Handgelenkauflagen zur Verwendung mit Computern.

Klasse 14 und 25: sämtliche vom angefochtenen Beschluss umfassten Waren.

Klasse 15: Musikinstrumente; Bässe (Musik-instrumente); elektronische Musikinstrumente; Gitarren; Plektrums für Saiteninstrumente; folienbedruckte Plektrums.

Nicht nur ohne Unterscheidungskraft, sondern zusätzlich inhaltsbeschreibend sei das Zeichen für folgende Waren:

Klasse 9: Magnetaufzeichnungsträger; Schall-platten und CD's; bespielte Magnetbänder und Platten; CD-ROMs, DVDs; CDs; Videobänder und -platten, Tonbänder und -platten; Kassettenbänder; Computersoftware; herunterladbare elektronische Veröffentlichungen; Musik und anderes elektronisch verfügbar gemachtes Video-/Audiomaterial zum Herunterladen aus dem Internet; Schallplatten; gespeicherte Computerprogramme; Computer-programme (herunterladbar).

Den inländischen Verkehrskreisen sei die gängige Praxis durchaus vertraut, als Titel von Tonträgern, Filmen uä, die sich mit bekannten Persönlichkeiten beschäftigten, deren Namen zu wählen. Der Name sei diesfalls schlichtweg Inhaltsangabe. Auf die Berechtigung der Anmelderin, den Namen zu führen, komme es nicht weiter an.

Der Beschluss wurde den Vertretern der Antragstellerin am 10. Oktober 2013 zugestellt. Sie gab, vertreten durch die schon bisher einschreitenden Patentanwälte, am 10. Dezember 2013 eine Beschwerde iSv § 36 MSchG iVm § 145a PatG, jeweils idF vor der Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, zur Post. Darin beantragt sie, das angemeldete Zeichen „im vollen Umfang“ (gemeint: ohne Einschränkung durch den Nachweis der durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft) zu registrieren.

Das Patentamt legt die Beschwerde zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist als Revisionsrekurs zu behandeln. Dieser ist zulässig und teilweise berechtigt.

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Über die Beschwerde hätte nach der Rechtslage vor der Patent- und Markenrechts-Novelle 2014 der Oberste Patent- und Markensenat zu entscheiden gehabt. Mit Inkrafttreten dieser Novelle am 1. 1. 2014 wurde diese Behörde aufgelöst. Statt dessen sind nun die ordentlichen Gerichte zuständig, wobei in Verfahren über die Begründung eines Immaterialgüterrechts die Rechtsmittelbestimmungen des Außerstreitgesetzes anzuwenden sind. Für Markensachen folgt das aus §§ 37 und 38 MSchG iVm §§ 139 und 140 Abs 2 PatG 1970, jeweils idF der Patent- und Markenrechts-Novelle 2014 (Verweise auf diese Gesetze beziehen sich in der Folge, wenn nicht anders angeführt, auf diese Fassung).

1.2. Nach § 77c Abs 1 MSchG ist auch in Markensachen die Übergangsbestimmung des § 176b PatG 1970 anzuwenden. Daraus ergibt sich Folgendes:

Da der Oberste Patent- und Markensenat im vorliegenden Fall in dritter Instanz tätig geworden wäre, ging die Zuständigkeit für das Beschwerdeverfahren nach § 176b Abs 1 Z 2 PatG 1970 auf den Obersten Gerichtshof über. Dabei gilt eine Beschwerde, die bis zum 31. 12. 2013 gegen eine Entscheidung der Rechtsmittelabteilung (gemeint offenkundig: rechtzeitig) erhoben wurde, nach § 176b Abs 5 Satz 3 PatG 1970 als rechtzeitig erhobener Revisionsrekurs. Ein solcher Fall liegt hier vor.

Eine Zurückweisung der Beschwerde der Antragstellerin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 62 AußStrG; dazu näher 4 Ob 11/14t) kommt hier nicht in Betracht. Es ist hier daher jedenfalls in der Sache zu entscheiden. Die angefochtene Entscheidung hat die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens nicht fehlerfrei beurteilt.

1.3. Die Antragstellerin war bei Erhebung der Beschwerde durch Patentanwälte vertreten. Dies entsprach dem damals geltenden Recht, das auch für eine an den Obersten Patent- und Markensenat gerichtete Beschwerde keine Rechtsanwaltspflicht vorsah (§ 61 MSchG idF vor der Patent- und Markenrechts-Novelle 2014). Nach neuem Recht sind zwar ‑ mangels besonderer Regelung im Markenschutzgesetz ‑ gemäß § 6 Abs 1 und 2 AußStrG im Revisionsrekursverfahren nur Rechtsanwälte und Notare vertretungsbefugt. Eine Rückwirkung von Verfahrensgesetzen auf Verfahrensschritte, die ‑ wie hier ‑ vor Inkrafttreten der Neuregelung gesetzt wurden, kommt aber ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung nicht in Betracht (8 Ob 89/06f; RIS‑Justiz RS0008733 [T10]). Daher bleibt die von den Vertretern der Antragstellerin gesetzte Verfahrenshandlung (dh das Erheben der Beschwerde) wirksam; das Rechtsmittel ist ohne Durchführung eines Verbesserungsverfahrens zu erledigen.

2. Zur Sache

2.1. Die Anmelderin macht geltend, die Rechtsmittelabteilung des Patentamtes habe dem Zeichen im Umfang der strittigen Waren zu Unrecht die Unterscheidungskraft abgesprochen; auch insoweit sei das angemeldete Zeichen grundsätzlich geeignet, als Marke zu dienen.

2.2. Von der Registrierung als Marke sind Zeichen ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG).

2.3. Eine Marke ist unterscheidungskräftig im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder Dienstleistung somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Nur unter dieser Bedingung kann eine Marke ihre Hauptfunktion als betrieblicher Herkunftshinweis erfüllen (EuGH Rs C 108/97 ‑ Chiemsee Rn 46; EuGH Rs C 39/97 - Canon Rn 154; 4 Ob 38/06a ‑ Shopping City; 4 Ob 89/06a ‑ Gmundner Keramik; RIS‑Justiz RS0118396; vgl auch RS0079038 [T3]).

2.4. Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rn 57). Die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz10 § 8 Rn 96).

2.5. Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rn 67 mit Nachweisen zur Rsp des VwGH und des EuGH in FN 113; Eisenführ in Eisenführ/Schennen, GMV4 Art 7 Rn 67; vgl auch RIS-Justiz RS0079038 [T1]).

2.6. Wird das Zeichen in dem Sinn wahrgenommen, dass es Informationen über die Art der mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen vermittelt, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Produkte verstanden, fehlt ihm die Unterscheidungskraft (EuGH C‑304/06 P ‑ Eurohypo Rn 69). Das Zeichen hat dann einen das Produkt beschreibenden Inhalt (vgl RIS‑Justiz RS0109431) und fällt unter das Eintragungshindernis des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG.

2.7. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3‑5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b‑d MarkenRL) sind zwar nach der Rsp des EuGH gesondert zu prüfen (EuGH C-304/06 , Eurohypo). Unterscheidungskraft fehlt bei einer Wortmarke aber jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft (EuGH C-304/06 P , Eurohypo, Rz 69); eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL (C‑363/99, Koninklijke KPN Nederland NV, Rz 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OPM OM 10/09 - Lümmeltütenparty).

2.8. Ein unmittelbarer Sachzusammenhang zwischen dem Zeichen und den jeweiligen Waren und Dienstleistungen im Sinne einer Aussage über die Waren oder Dienstleistungen spricht gegen die Annahme einer Unterscheidungskraft (VwGH 2007/03/0154 ‑ Gipfeltreffen).

2.9. Wird das angemeldete Zeichen noch nicht verwendet, ist im Wege einer ‑ auch auf allgemeine Erfahrungssätze gestützen ‑ Prognose zu ermitteln, wie das Zeichen mutmaßlich wahrgenommen werden wird, wenn es (wie vom Anmelder beabsichtigt) zur Kennzeichnung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen benutzt wird (vgl BGH I ZB 62/09 ‑ Marlene-Dietrich-Bildnis II Rn 17, 19 mN zu dt Schrifttum und Rsp des EuGH).

3.1. Personennamen sind unterscheidungskräftig und können grundsätzlich als Marke eingetragen werden, auch wenn sie verbreitet sind (vgl EuGH Rs C-404/02 - Nichols Rn 30).

3.2. Ihnen fehlt die Unterscheidungskraft nur insoweit, als sie zugleich Sachangaben für die damit bezeichneten Waren oder Dienstleistungen sind (17 Ob 20/10f; RIS‑Justiz RS0126550). Das kann bei Namen von Prominenten auch dann in Frage kommen, wenn der Verkehr im Zeichen eine inhaltsbezogene Angabe erkennt (Fezer, Markenrecht4 § 8 Rn 292; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 147 mwN).

3.3. Namen bekannter Persönlichkeiten werden häufig auch außerhalb des Erscheinungs- und Betätigungsfeldes des jeweiligen Namensträgers eingesetzt, etwa um im Wege des Imagetransfers für verschiedene Waren oder Dienstleistungen zu werben oder im Rahmen des Personen-Merchandising in Verbindung mit Gebrauchsartikeln Verwendung zu finden. Dabei sollen die mit der Persönlichkeit verbundenen positiven Assoziationen auf das zu bewerbende Produkt umgeleitet werden. Hier ist für die Frage der Unterscheidungskraft entscheidend, ob hinsichtlich der konkreten Waren oder Dienstleistungen der Name als bloßes Werbemittel auftritt, oder ob daneben auch praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten einer Verwendung des Namens bestehen, die vom Verkehr als markenmäßiger Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen verstanden wird (Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz10 § 8 Rn 193 mit Beispielen aus der dt. Rsp in FN 572).

4.1. Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, hat die Entscheidung der Rechtsmittelabteilung nur teilweise Bestand.

4.2. Mit der auf allgemeine Erfahrungssätze gestützten zutreffenden Begründung, der Verkehr werde im Zeichen keine betriebliche Herkunftsangabe, sondern bloß eine inhaltsbezogene Angabe erkennen, hat die Rechtsmittelabteilung das angemeldete Zeichen in Ansehung folgender Waren als nicht unterscheidungskräftig beurteilt:

Klasse 9: Magnetaufzeichnungsträger; Schall-platten und CD's; bespielte Magnetbänder und Platten; CD-ROMs; DVDs; CDs; Videobänder und -platten; Tonbänder und -platten; Kassettenbänder; Computersoftware; herunterladbare elektronische Veröffentlichungen; Musik und anderes elektronisch verfügbar gemachtes Video-/Audiomaterial zum Herunterladen aus dem Internet; Schallplatten; gespeicherte Computerprogramme; Computer-programme (herunterladbar).

Für folgende Waren besteht ein unmittelbarer Sachzusammenhang zwischen dem Zeichen und dem Lebensbild des Namensträgers, weshalb auch insoweit zu prognostizieren ist, dass der Verkehr im angemeldeten Zeichen keine betriebliche Herkunftsangabe, sondern nur ein Werbemittel sehen wird:

Klasse 15: Musikinstrumente; Bässe (Musik-instrumente); elektronische Musikinstrumente; Gitarren; Plektrums für Saiteninstrumente; folienbedruckte Plektrums.

Bei den restlichen strittigen Waren der Klasse 9 (dekorative Magnete; Hüllen für Mobiltelefone; Mausunterlagen; Handgelenkauflagen zur Verwendung mit Computern) steht ihr Charakter als alltägliche Gebrauchs- und Werbegegenstände im Vordergrund, weshalb zu erwarten ist, dass das Publikum das angemeldete Zeichen im Zusammenhang mit diesen Waren in erster Linie als bloßes Werbemittel auffassen wird. Auch insoweit fehlt dem angemeldeten Zeichen daher die Unterscheidungskraft.

4.3. Im Übrigen (also betreffend sämtliche vom angefochtenen Beschluss umfassten Waren in den Klassen 14 und 25) ist hingegen der Anmelderin darin zuzustimmen, dass das angemeldete Zeichen grundsätzlich unterscheidungskräftig und damit geeignet ist, als Marke zu dienen:

4.4. Die betroffenen Waren in Klasse 14 sind in aller Regel höherpreisige Wertträger, weshalb nach der Lebenserfahrung zu erwarten ist, dass sie schon deshalb vom Publikum nicht in erster Linie als Gebrauchsartikel gesehen und typischerweise mit Personen-Merchandising in Verbindung gebracht werden.

4.5. Bei den betroffenen Bekleidungsstücken in Klasse 25 ist zwar auch eine Verwendung als Werbe- oder Fanartikel (etwa bei außen deutlich sichtbar und blickfangartig angebrachtem Zeichen auf einem T-Shirt) branchenüblich, doch ist das Publikum bei diesen Waren daneben in nicht zu vernachlässigendem Ausmaß auch daran gewöhnt, Personennamen als betriebsbezogene Herkunftsangaben für diese Warengruppe zu verstehen. Warum dies künftig beim angemeldeten Zeichen anders sein sollte, ist nicht zu sehen. Dieses prognostizierte Verkehrsverständnis der praktisch bedeutsamen und naheliegenden Verwendungsart des angemeldeten Zeichens als Herkunftshinweis (etwa als eingenähtes Etikett) bewirkt, dass ihm Unterscheidungskraft für diese Waren nicht abgesprochen werden kann.

5. Der angefochtene Beschluss ist deshalb für die strittigen Waren in den Klassen 9 und 15 zu bestätigen und im Übrigen dahin abzuändern, dass die Eintragung des angemeldeten Zeichens auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG angeordnet wird.

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