OLG Wien 34R32/16z

OLG Wien34R32/16z23.5.2016

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 271.608 über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 2.10.2015, WM 141/2013‑7, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2016:03400R00032.16Z.0523.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

 

Begründung

Die Antragstellerin beruft sich auf die internationale Wortbildmarke IR 1.017.124 mit dem Registerdatum 1.12.2010 und der Priorität 24.6.2009 (DE 30 2009 014 493.1/09):

die in folgenden Waren- und Dienstleistungsklassen mit diesem Schutzumfang eingetragen ist:

09 Data processing equipment and computers; software, with programs provided data mediums.

35 Organizational consultancy in the area (fields) of data processing.

41 Education and providing of training.

42 Design and development of computers and computer programs; renting of data processing equipment.

Sie widersprach dieser Wortmarke (angegriffene Marke) AT 271.608 mit dem Anmeldedatum 11.12.2012:

IMPULS360,

deren Eintragung die Antragsgegnerin beantragt hatte und die - für das Rekursverfahren relevant - nunmehr noch (Beschluss auf Einschränkung vom 10.7.2015, AM 6287/2012‑4) in den folgenden Dienstleistungsklassen mit diesem Schutzumfang erfolgt ist:

35 Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

42 Entwurf und Entwicklung von Computersoftware, nämlich von Tools im Bereich Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung und Büroarbeiten.

Die angegriffene Marke sei hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen der Klassen 35 und 42, für welche die Widerspruchsmarke eingetragen ist, zur Verwechslung geeignet. An einer Widerspruchsentscheidung im Hinblick auf während des Verfahrens gelöschte Waren und/oder Dienstleistungen bestehe kein rechtliches Interesse (ON 7).

Die Antragsgegnerin bestritt das Vorliegen der Verwechslungsgefahr mit der wesentlichen Begründung, sie biete unter der angegriffenen Marke über eine von ihr betriebene Online-Marketingagentur klein- und mittelständischen Unternehmen Dienstleistungen im Bereich der Online-Werbung an. Es bestünden visuelle – aus dem Schriftbild resultierende – Unterschiede, und zwar durch die Zahl 360. Auch eine akustische Verwechslungsgefahr bestehe insbesondere wegen dieser Zahl nicht. Das angegriffene Zeichen sei eine Neuschöpfung mit gegenüber der Widerspruchsmarke eigenständigem Sinngehalt. „ImPuls“ sei auch nur schwach kennzeichnungskräftig.

Nachdem das Patentamt das Verfahren zunächst bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den zu WM 130/2013 erhobenen Widerspruch unterbrochen und danach wieder fortgesetzt hatte (ON 4 f), gab es mit dem angefochtenen Beschluss dem Widerspruch statt. Es ging in der Klasse 35 von der gleichen Beschaffenheit und in der Klasse 42 von der Identität der Dienstleistungen aus. Ausgehend von einer durch das Wort IMPULS begründeten Ähnlichkeit in Bild, Klang und Sinn mit nur geringen Unterschieden bestehe wegen der Übernahme dieses Worts Verwechslungsgefahr. Der tatsächliche Tätigkeitsbereich der Antragsgegnerin sei nicht relevant, weil er dem Verkehr nicht bekannt sein müsse und weil das Widerspruchsverfahren ein reines Registerverfahren sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilungmit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und an das Patentamt zurückzuverweisen.

Die Antragstellerin beantragt, den Rekurs abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553, T13; RW0000786; RW0000810). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden (Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl C‑39/97 , Cannon/Canon, Rz 23; Koppensteiner, Markenrecht4 117 mwN bei FN 108).

1.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C‑191/11 P , Yorma’s, Rz 43; EuG T‑599/10 , Eurocool, Rz 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T‑One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; R

IS‑Justiz RS0121500, insb T4; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).

1.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).

So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C‑39/97 , Cannon/Canon; ecolex 2002, 444). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS‑Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht4 111 mwN).

1.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C‑591/12 P , Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21; RIS‑Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45, Texhages/Texmoden; ÖBl 1991, 93, quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS‑Justiz RS0078944; C‑342/97 , Lloyd, Rz 26).

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227, Ritter/Knight; RIS‑Justiz RW0000786).

1.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RIS‑Justiz RS0079190, T22, RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS‑Justiz RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I‑6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rz 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; C‑120/04 , Thomson life, Rz 28; C‑591/12 P , Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21). Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C‑342/97 , Lloyd, Rz 26; C‑291/00 , Slg 2003, I‑2799, LTJ Diffusion, Rz 52; C‑104/01 , Orange, Rz 64).

1.6. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0117324, RS0066753, insb, T9; C‑251/95 , Sabel/Puma; C‑206/04 , Muelhens). Für das Bejahen von Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190, T22; Om 4/02, Kathreiner). Auch hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken).

1.7. Ob fremdsprachige Begriffe unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City).

1.8. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779; Koppensteiner, Markenrecht4 116). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154, Preishammer; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d, More).

1.9. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01 = PBl 2002, 135, Jack&Jones; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 17 Ob 32/08tJukebox; RIS-Justiz RS0079033, T20; RIS-Justiz RS0079033, insb T26).

Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C‑120/04 , Thomson life)kann – übereinstimmend mit der vorgenannten, jüngeren Rechtsprechung – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t, Jukebox; Om 12/10 PBl 2011, 67, PeakZero; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax).

1.10. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (C‑193/06 P , Quick/Quicky).

2. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr zu bejahen.

2.1. Der Rekurs trägt unter Wiederholung des bereits in der Äußerung erstatteten Vorbringens vor, das Unterbleiben von Feststellungen zum tatsächlichen Geschäftsmodell der beiden Parteien begründe einen sekundären Feststellungsmangel.

Auf diese Tatsachenbehauptung kommt es für die rechtliche Beurteilung der Berechtigung des Widerspruchs nicht an, wie bereits das Patentamt zutreffend argumentiert hat. Denn im Widerspruchsverfahren ist abstrakt auf den Registerstand abzustellen und daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen (oben Punkt 1.1.).

2.2. Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, der beteiligte Verkehrskreis bestehe aus klein- und mittelständischen Unternehmen; sie ist außerdem der Auffassung, dass „Online-Werbedienstleistungen“ eine hohe Aufmerksamkeit der beteiligten Verkehrskreise erfordere.

Die Frage der angesprochenen Kreise, im Sinn des Rekursvorbringens im Wesentlichen Unternehmen und Unternehmer, sagt zunächst nichts über den Grad der aufgewendeten Aufmerksamkeit aus: Es mag zwar zutreffen, dass die Inanspruchnahme von Dienstleistungen der hier relevanten Klassen 35 und 42 nicht alltäglich und daher auch nicht mit bloß geringer Wahrnehmung verbunden ist; dies bedeutet jedoch noch nicht, dass der Grad der Aufmerksamkeit hoch wäre, wie die Antragsgegnerin meint. Es ist vielmehr von durchschnittlicher Aufmerksamkeit auszugehen (RIS-Justiz RS0114366 [zum UWG].

Auch die geschützten Dienstleistungen verlangen keinen höheren Aufmerksamkeitsgrad, weil das Ausmaß der Spezialisierung zwar vielleicht die Kleinheit des Adressatenkreises bewirkt, aber deswegen noch nicht dazu führt, dass seine Mitglieder überdurchschnittlich alert wären. Nur bei Waren wie beispielsweise Arzneimitteln wäre die Aufmerksamkeit überdurchschnittlich hoch anzusetzen (zB EuG T‑256/04 , Respicort/Respicur, Rz 47; OLG Wien 34 R 12/15g, Skylens/sky).

Der hier angesprochene Durchschnittskunde, der die ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann, wird daher fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten (ähnlich RIS-Justiz RS0117324, insb T1 und T5).

Der von der Antragsgegnerin argumentierte hohe Grad der Aufmerksamkeit würde entgegen ihrer Auffassung auch nicht per se zur Verneinung einer verwechselbaren Ähnlichkeit führen, sondern hätte nur Einfluss auf die insoweit verschärfte Wahrnehmung von Unterschieden zwischen den Zeichen durch die angesprochenen Verkehrskreise.

2.3. Der Rekurs zieht die erstinstanzliche Analyse zur Frage der teilweisen Ähnlichkeit und teilweisen Identität der Schutzumfänge nicht in Zweifel; auf sie ist daher zur Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).

2.4. Was die Optik anlangt, so trifft die Beurteilung der Rechtsabteilung zu, wonach nicht nur die Widerspruchsmarken, sondern auch das Eingriffszeichen durch IMPULS geprägt werden. Die grafische Gestaltung der Widerspruchsmarke ist banal, wenn man von der Schreibweise „ImPuls“ absieht, die aber in der Erinnerung der Adressaten verblasst. Auch der Umstand, dass die Schrift in einem gewöhnlichen Dunkelblau gehalten ist, ändert entgegen der im Rekurs dazu vertretenen Auffassung nichts an dieser Beurteilung. Die Widerspruchsmarke wurde damit zur Gänze in das angefochtene Zeichen aufgenommen.

Die angegriffene Marke wird noch durch die Zahl 360 ergänzt, was aber anders als die Antragsgegnerin meint nicht zur Gänze aus dem Ähnlichkeitsbereich herausführt, weil nicht nur allgemein, sondern auch im Speziellen der Wortbestandteil maßgeblich ist (oben Punkt 1.8.). Visuell besteht daher eine beachtliche, wenngleich nur teilweise Ähnlichkeit.

2.5. Klanglich decken sich die Marken ebenfalls im Teil IMPULS, weil es in der Aussprache und der Betonung keine beachtenswerten Unterschiede gibt. Ungeachtet der Schreibweise der Widerspruchsmarke „ImPuls“ werden diese beiden Silben nicht getrennt ausgesprochen und nicht auf der Silbe „Puls“ betont, weil einerseits der Auffälligkeitswert zu gering und andererseits das für die Verwechslungsgefahr heranzuziehende Erinnerungsbild zu blass sind. Es ist daher von einer den allgemeinen Sprachregeln entsprechenden Aussprache auszugehen (Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 14 Rz 878 und 900). Liegt die Betonung wie hier bei allen zu vergleichenden Marken auf dem (Wort‑)Anfang, so ist dieser für den Gesamteindruck bedeutend (Fezer, Markenrecht4 § 14 MarkenG Rz 497 f; Om 6/11, Evolution/Revolution). Kehrt daher der dominante Wortstamm IMPULS auch bei der später wahrgenommenen Bezeichnung wieder, dann schließt die Abweichung durch Nachstellen der Zahl 360 wegen des ähnlichen Wortanfangs die Gefahr einer Verwechslung nicht mehr aus, wurde doch die Widerspruchsmarke akustisch unverändert in das Eingriffszeichen übernommen.

2.6. Auch in der Bedeutung bestehen erneut Übereinstimmungen im Teil IMPULS; das Publikum wird darunter Anstoß, Anregung, Antrieb oder innere Regung verstehen. Im Kontext der zu beurteilenden Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 liegt daher kein eindeutiges, ohne Gedankenoperationen erschließbares Begriffsverständnis nahe, sodass diesem Wort durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt. Ein Unterschied besteht wiederum darin, dass die angegriffene Marke um die Zahl 360 ergänzt wird, die aber wegen des Gewichts des Worts IMPULS nicht aus dem Ähnlichkeitsbereich herausführt.

Soweit der Rekurs dazu vorträgt, wie die Antragsgegnerin selbst ihr Zeichen versteht und welches Geschäftsmodell sie mit dem Eingriffszeichen verfolgt, verstößt sie damit gegen bereits erwähnten Grundsatz der abstrakten Prüfung ausgehend vom Verständnis der durchschnittlich aufmerksamen Adressaten. Ebenso wenig kommt es für die Prüfung der Verwechslungsgefahr darauf an, welche - allenfalls unterschiedliche - Firma die beteiligten Parteien führen.

2.7. Der Einwand, die Widerspruchsmarke habe in Österreich keine Verkehrsgeltung erlangt, geht fehl.

Denn einerseits hat das Rekursgericht bereits dargelegt, dass das Zeichen der Antragstellerin zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftig ist.

Andererseits dürfen nach der Entscheidung C‑196/11 P , F1‑LIVE (Rz 40 f) zudem weder das HABM (nunmehr: EUIPO) noch das EuG in einem Widerspruchsverfahren die Unterscheidungskraft einer eingetragenen nationalen Marke verneinen. Dies könne nur im Rahmen eines Löschungs- oder Nichtigkeitsverfahrens geschehen. Der Marke muss im Widerspruchsverfahren immer ein gewisser Grad an Kennzeichenkraft zuerkannt werden.

Nach Auffassung des Rekursgerichts bedeutet dies und unter Bedachtnahme auf den Vorrang des Gemeinschaftsrechts und damit bei richtlinienkonformer Auslegung e contrario, dass nationale Behörden im Widerspruchsverfahren die Unterscheidungskraft einer internationalen Marke, der Schutz gewährt wurde, nicht verneinen dürfen (OLG Wien, 34 R 39/14a, Effect/Fast Effect [= 4 Ob 208/14p]; dort offen geblieben; vgl auch OLG Wien 34 R 157/15f).

Mit der hinter dem Einwand der fehlenden Verkehrsgeltung stehenden Argumentation, die Widerspruchsmarke hätte keine Kennzeichnungskraft und sie sei daher nicht schutzfähig, vermag die Antragsgegnerin daher im Widerspruchsverfahren nicht zu reüssieren. In Wahrheit macht sie damit einen Löschungsgrund geltend, den sie nur im dafür vorgesehenen Verfahren nach § 33 MSchG geltend machen könnte (s Hauer in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33 Rz 4 f; OLG Wien 34 R 12/15g, Skylens/sky).

2.8. Die zusammenfassende Beurteilung im angefochtenen Beschluss, dass relevante Übereinstimmungen in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht bestehen, trifft daher zu. Entscheidend ist im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung (RIS-Justiz RS0117324; RS0121482; RS0121500) zunächst, ob der Teil IMPULS das angegriffene Zeichen gar nicht, schwach oder stark kennzeichnet. Aus den oben angestellten Überlegungen folgt auf das Wesentliche zusammengefasst die gänzliche Übernahme der Widerspruchsmarke in das angegriffene Zeichen, die aber im Zeichen IMPULS360 weit überwiegend kennzeichnungskräftig bleibt und sie dominiert (RIS-Justiz RS0117324; RS0078840).

Die oben genannten begrifflichen, bildlichen oder klanglichen Unterschiede sind zu gering, um bei der gegebenen Dienstleistungsidentität und/oder -ähnlichkeit den erforderlichen Abstand zu erzeugen. Auf dieser Grundlage besteht zwischen diesen beiden Marken bei der im Widerspruchsverfahren gebotenen abstrakten Betrachtung nach Ansicht des Rekursgerichts aufgrund des zu geringen Zeichenabstands unmittelbare Verwechslungsgefahr (ähnlich 4 Ob 191/14p, Bronchipret/Bronchiplant; siehe auch 4 Ob 49/03i; 4 Ob 220/06s, vegeta/vegefine; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; OLG Wien 34 R 18/15i, ImPulsAkademie/impulse karrieretag; jüngst 34 R 148/15g, 1 MILLION, LADY MILLION/20 TWENTY MILLION).

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

4. Ein Kostenersatz findet im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.

[Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs am 26.9.2016 zurück; 4 Ob 164/16w.]

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