AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:L508.2206686.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.04.2021, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger des Iran, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein, wo er, nachdem ihm Organe der Bundesrepublik Deutschland am 14.12.2015 die Einreise nach Deutschland verweigert hatten, am 15.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz (Aktenseite des Verwaltungsverfahrensaktes [im Folgenden: AS] 1 ff, 7) stellte.
2. Am dem Tag der Antragstellung folgenden Tag erfolgte eine Erstbefragung nach dem AsylG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (AS 5 - 15). Der Beschwerdeführer gab zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er seit ca. neun Monaten konvertierter Christ sei. Seither würde er mit Angst vor dem Regime leben. Die Polizei sei bereits einmal bei seinem Elternhaus gewesen, um ihn zu verhaften. Einen Tag später sei er geflüchtet. Bei einer Rückkehr könne es sein, dass er sofort verhaftet und umgebracht werden würde.
3. Im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) am 10.07.2018 (AS 69 - 83) legte der BF dar, dass er mit einem Freund immer zu Häusern gegangen sei, wo christliche Veranstaltungen stattgefunden hätten. An einem Tag sei ein Freund bei so einer Sitzung festgenommen worden. Am nächsten Tag sei ein fremdes Fahrzeug vor ihrem Haus gestanden. Er hätte erkannt, dass es sich um die Geheimpolizei handle. Auf dem Weg zur Arbeit hätte er bemerkt, dass ihn diese Personen verfolgen. Er hätte sich ganz schnell in einem Geschäft versteckt und dann seinem Bruder telefonisch mitgeteilt, dass ihn die Polizei festnehmen wolle. Sein Bruder sei zu ihm ins Geschäft gekommen und sei er mit diesem weggefahren. Im Anschluss sei er zwei oder drei Tage im Haus eines Freundes gewesen und nicht zur Arbeit gegangen. Dann hätte er seinen Schwager angerufen. Dieser habe ihm gesagt, dass es für ihn jetzt im Iran zu gefährlich sein würde. Sein Schwager habe dann alles organisiert, damit er den Iran verlassen könne. Er hätte schon gehört, dass der Freund, der von der Polizei festgenommen worden sei, ihre Namen auch an die Behörden weitergegeben habe. Es sei bei seiner Volksgruppe eine Schande, dass ein Araber zu einem anderen Glauben wechsle. Sie seien gläubige Moslems. Deshalb sei es eine Schande. Bei einer Rückkehr würde er festgenommen werden und eine Strafe erhalten.
Weitere Angaben zu den behaupteten Problemen machte der Beschwerdeführer nach entsprechenden Fragen durch den Leiter der Amtshandlung. Zudem wurden dem BF verschiedene Fragen zum christlichen Glauben und seinen christlichen Aktivitäten im Bundesgebiet gestellt.
Im Zuge der Einvernahme legte der BF unter anderem eine iranische Geburtsurkunde, eine Deutschkursbesuchsbestätigung, eine Bestätigung hinsichtlich der Verrichtung von Remunerationstätigkeiten, einen Taufschein und einen Auszug aus dem Taufbuch vor (AS 85 ff).
4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018 (AS 175 - 275) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkte III. bis V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
Dem Vorbringen des BF bezüglich der Gewährung von Asyl wurde im Rahmen der Beweiswürdigung die Glaubhaftigkeit versagt (AS 249 ff).
In der rechtlichen Beurteilung wurde begründend dargelegt, warum der vom Antragsteller vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wider den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ferner wurde erläutert, weshalb gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestehe.
5. Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2018 (AS 285 f, 293 f) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und dieser ferner gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.
6. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 18.09.2018 (AS 311 ff) in vollem Umfang Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.
6.1. Es wird beantragt,
- die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass dem Antrag des BF auf internationalen Schutz Folge gegeben und dem BF der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde;
- in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen;
- in eventu die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran zuerkannt werde;
- allenfalls die gegen den BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufzuheben;
- allenfalls die Abschiebung für unzulässig zu erklären;
- allenfalls eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
6.2. Nach kurzer Darstellung des Verfahrensganges und der Wiederholung des wesentlichen Vorbingens werden Überlegungen zu den beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffen (AS 317 ff).
6.3. In der Folge wird zum Nachweis, dass die Befürchtungen des BF für den Fall einer Rückkehr völlig berechtigt seien, auszugsweise auf die vom BFA im angefochtenen Bescheid angeführten Länderfeststellungen zu den Sicherheitsbehörden, zu Folter und unmenschlicher Behandlung, zu den Haftbedingungen, zu Rechtsschutz/ Justizwesen, zur Todesstrafe und zu den Christen verwiesen (AS 319 ff).
6.4. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass sich die Spannungen zwischen dem Iran und den USA bzw. dem Iran und Israel seit der Kündigung des Atomabkommens durch die USA deutlich erhöht hätten. Eine weitere Eskalation der Lage sei zu befürchten. Vor allem Rückkehrer aus dem westlichen Ausland würden dies bei einer Rückkehr in Form von besonders strengen Kontrollen zu spüren bekommen. Natürlich sei zu befürchten, dass sich auch die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage aufgrund der angekündigten Sanktionen weiter verschlechtern werde und künftig die Hardliner im Land wieder mehr zu sagen haben werden.
6.5. Zu Spruchpunkt IV. sei anzumerken, dass der BF seit Dezember 2015 im Bundesgebiet aufhältig sei. Er hätte in dieser Zeit bereits Deutsch auf A1-Niveau gelernt. Aufgrund seines Engagements und seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Gemeinde und der Nachbarschaft sowie aufgrund der regelmäßigen Kirchenbesuche habe er schon viele Kontakte knüpfen können. Aufgrund seiner Sprachkenntnisse, seiner guten Bildung, seiner Berufserfahrung und seiner sozialen Kontakte sei davon auszugehen, dass der BF im Falle eines Verbleibs hier in Österreich in absehbarer Zeit ein selbständiges und von sozialer Unterstützung unabhängiges Leben aufbauen könnte.
6.6. Der Beschwerde ist eine Bestätigung hinsichtlich der Verrichtung von Remunerationstätigkeiten angeschlossen.
6.7. Mit diesem Rechtsmittel wird jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.
7. Mit Eingabe vom 03.09.2019 legte der BF ein ÖSD Zertifikat A1, Deutschkursbesuchsbestätigungen und weitere Bestätigungen hinsichtlich der Verrichtung von Remunerationstätigkeiten (OZ 8) vor.
8. Am 24.01.2020 übermittelte der BF ein Dokument bezüglich seines Austritts aus der Islamischen Religionsgemeinschaft (OZ 10).
9. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für 13.04.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. In diesem Zusammenhang wurden dem Beschwerdeführer mit der Ladung zur Vorbereitung für die anberaumte mündliche Verhandlung aktualisierte Länderdokumentationsunterlagen zur Lage im Iran übermittelt und wurde ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme bis spätestens eine Woche vor der mündlichen Verhandlung freigestellt (OZ 16).
10. Am 25.03.2021 langte eine Vollmachtsbekanntgabe der BBU (OZ 18) ein, nachdem die vorhergehend bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation die Vollmacht per 31.12.2020 zurückgelegt hat.
11. Mit Eingabe vom 06.04.2021 beantragte der BF die zeugenschaftliche Einvernahme des Pfarrers der Pfarre XXXX zum Beweis der Konversion des BF zum Christentum.
12. Am 13.04.2021 wurde vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, an welcher der Beschwerdeführer, der mit einem Vertreter der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation erschienen ist, und ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen (OZ 22). Im Verlauf der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt, Erörterung der Länderberichte zur Situation im Iran sowie ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei und des Pfarrers KonsR XXXX als beantragten Zeugen. Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung des Pfarrers der römisch-katholischen Pfarrgemeinde XXXX vor. Ferner wurde der BF aufgefordert den angeblichen Haftbefehl, medizinische Unterlagen, ein Rezept über die verordnete Medikation und Unterlagen in Bezug auf die behauptete ehrenamtliche Tätigkeit binnen drei Wochen vorzulegen. Der Zeuge wurde ersucht, eine Anzeigebestätigung binnen einer Frist von drei Wochen vorzulegen.
13. Am 03.05.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des Zeugen ein, in welchem dieser im Wesentlichen seine in der mündlichen Verhandlung getätigten Ausführungen bezüglich einer dem BF drohenden Gefährdung durch eine - in der Vergangenheit in Österreich aufhältige - für den iranischen Geheimdienst tätige Person bei einer Rückkehr in den Iran wiederholte (OZ 23).
14. Mit Eingabe vom 04.05.2021 (OZ 24) teilte der BF mit, dass der von ihm thematisierte Haftbefehl nicht mehr auffindbar sei. Ferner brachte der BF medizinische Unterlagen, eine Bestätigung hinsichtlich der Übernahme freiwilliger Hilfstätigkeiten in einem Grundversorgungsquartier für Asylwerber und ein Unterstützungsschreiben eines Freundes in Vorlage.
15. Hinsichtlich des Verfahrensherganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
1.3. Prüfungsumfang
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2. Zur Entscheidungsbegründung:
Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes und der am 13.04.2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.
Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.
Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:
2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:
Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger. Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Araber an. Er wurde als schiitischer Moslem geboren; mittlerweile bezeichnet er sich als Christ römisch-katholischen Glaubens.
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren.
Dem Beschwerdeführer fehlt es an persönlicher Glaubwürdigkeit.
Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Ausreisegrund (Interesse für das bzw. Konversion zum Christentum und Besuch einer Hauskirche samt daraus resultierenden Schwierigkeiten) sind als unglaubwürdig zu qualifizieren. Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat weder aus Gründen der Religion noch aus anderen Gründen (einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Er hat seinen Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich mit einer behaupteten Bedrohung und/ oder Verfolgung wegen seines angeblichen Interesses für das Christentum begründet.
Nach seiner Einreise in Österreich fand der Beschwerdeführer Anfang 2016 Zugang zur katholischen Pfarrgemeinde XXXX . Er besuchte dort regelmäßig den Sonntagsgottesdienst. Am 02.03.2017 wurde der Beschwerdeführer in Linz zu den Sakramenten der Eingliederung zugelassen. Nach Teilnahme an einer etwa einjährigen Vorbereitung wurde der Beschwerdeführer am 23.04.2017 nach dem Ritus der römisch-katholischen Kirche getauft und gefirmt. Im August 2019 verlegte der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz in die Ortsgemeinde XXXX . Seither nimmt der Beschwerdeführer am Gemeinschaftsleben der dortigen katholischen Pfarrgemeinde teil. Im Juli 2020 erfolgte ein weiterer Wohnsitzwechsel und lebt der BF nunmehr in Linz. Er ist formell Mitglied der römisch-katholischen Kirche und fühlt sich weiterhin der katholischen Pfarrgemeinde XXXX verbunden. Er besucht dort regelmäßig - soweit dies derzeit aufgrund der Corona-Pandemie möglich ist - den in deutscher Sprache gehaltenen Sonntagsgottesdienst, sucht aber auch gelegentlich die Kirche XXXX und den Neuen Dom in Linz auf. Ferner führt(e) er in der römisch-katholischen Pfarrgemeinde XXXX regelmäßig Hilfstätigkeiten bei Putzaktionen, im Gartenbereich der Kirche und auf dem örtlichen Friedhof durch.
Der Beschwerdeführer erklärte im November 2019 gegenüber einer österreichischen Verwaltungsbehörde den Austritt aus der Islamischen Religionsgemeinschaft.
Der Beschwerdeführer hat oberflächliche Kenntnisse vom Christentum und von den Grundlagen des römisch-katholischen Glaubens.
Der Beschwerdeführer hat sich nicht tatsächlich, und schon gar nicht aus Überzeugung, vom islamischen Glauben abgewandt. Die Austrittserklärung aus der Islamischen Religionsgemeinschaft ist allein asyltaktisch motiviert. In den vergangenen fünfeinhalb Jahren hat er zwar ein gewisses Interesse am Christentum entwickelt, er ist aber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert und der christliche Glaube ist nicht wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers. Seine Hinwendung zum Christentum erweist sich als eine Scheinkonversion, die der Erlangung des Status des Asylberechtigten dienen soll. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat weiterhin mit dem christlichen Glauben befassen oder nach dem christlichen Glauben leben oder sich privat oder öffentlich zum christlichen Glauben bekennen würde. Der Beschwerdeführer missioniert nicht und würde in seinem Herkunftsstaat auch nicht christlich missionieren. Der Beschwerdeführer hat auch keine herausragende bzw. exponierte Position innerhalb einer römisch-katholischen Pfarrgemeinde in Österreich inne.
Wenn von der christlichen Taufe und den christlichen Aktivitäten des Beschwerdeführers jemand, z. B. Familienangehörige, im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers Kenntnis hat, kann es sich nur um Personen handeln, die der Beschwerdeführer selbst informiert hat und von denen er nichts zu befürchten hat.
Die Behörden im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers haben von der - nicht aus innerer Überzeugung geschehenen - Konversion keine Kenntnis und es ist auch nicht davon auszugehen, dass sie vom christlichen Engagement und der Taufe des Beschwerdeführers im Falle der Rückkehr in den Iran Kenntnis erlangen würden.
Selbst für den Fall, dass Angehörige, das übrige soziale Umfeld, sonstige Privatpersonen oder die Behörden im Herkunftsstaat von der Austrittserklärung und den religiösen Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich Kenntnis haben oder erlangen sollten, liefe der Beschwerdeführer nicht ernstlich Gefahr, im Zusammenhang damit, im Zusammenhang mit der behaupteten Konversion zum Christentum oder wegen eines allenfalls unterstellten Glaubensabfalls bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdeführer würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung oder eine andere aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung drohen.
Ferner wäre der Beschwerdeführer nicht wegen seiner Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe im Falle seiner Rückkehr in den Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer aktuellen, unmittelbaren (persönlichen) und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt.
Die Angehörigen der arabischen Volksgruppe, die ca. 3 % der 82 Millionen Einwohner des Iran ausmachen, sind im Iran im Allgemeinen, ohne Hinzutreten von individuellen Momenten, keiner ernsthaften Gefahr physischer oder psychischer Gewalt oder Strafverfolgung oder einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte, generell einer existenzbedrohende Notlage oder Benachteiligungen, die das Leben im Iran unerträglich machen, oder sonst einer (ernsthaften Gefahr einer) Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung (regelmäßig) ausgesetzt.
Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat Iran asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war oder pro futuro asylrelevanter Verfolgung in der Republik Iran ausgesetzt sein wird.
Es konnten im konkreten Fall keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im Iran einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in den Iran in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.
Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.
In der Vergangenheit erlitt der Beschwerdeführer multisegmentale breitbasige Diskusherniationen mit Recessuseinengung L3/4 links mit Bedrängung L4 links und L4/5 rechts mit Bedrängung L5 rechts. Aktuell ist der BF abgesehen von immer wieder auftretenden Schmerzen im Rücken- und Beinbereich gesund. Er nimmt zwecks Linderung der Schmerzen ein Medikament ein, welches ihm einmal im Monat von einem Allgemeinmediziner verschrieben wird. Aktuelle ärztliche bzw. medizinische Befunde, welche eine Behandlung in Österreich erforderlich erscheinen lassen, hat der Beschwerdeführer nicht in Vorlage gebracht, weshalb von keiner – schon gar keiner schwerwiegenden – Erkrankung oder Behandlungsbedürftigkeit auszugehen ist.
Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt XXXX in der Provinz Chuzestan im Südwesten des Iran geboren und lebte zuletzt vor seiner Ausreise in der Stadt XXXX in der Provinz Chuzestan. Er besuchte in seinem Herkunftsstaat etwa zehn bis zwölf Jahre die Schule und erhielt eine sechsmonatige Ausbildung als Kraftfahrzeugmechaniker. Er arbeitete vor seiner Ausreise mehrere Jahre als Techniker für Bewässerungsanlagen in einem großen landwirtschaftlichen Betrieb. Seine finanzielle Situation war gut. Der Beschwerdeführer hat in seinem Herkunftsstaat Familie/Verwandte, namentlich eine Schwester und einen Bruder. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie regelmäßig über WhatsApp in Kontakt.
Der Beschwerdeführer reiste etwa zwischen August 2015 und Ende 2015 - das genaue Datum kann nicht festgestellt werden - aus dem Iran legal aus und Mitte Dezember 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 15.12.2015 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Er verfügte noch nie über ein Aufenthaltsrecht für Österreich außerhalb des Asylverfahrens.
Der Beschwerdeführer ist alleinstehend, kinderlos und hat in Österreich keine Verwandten. Eine Tante mütterlicherseits wohnt in der Bundesrepublik Deutschland.
Der BF verfügt hier über einen Freundes- und Bekanntenkreis, dem auch österreichische Staatsangehörige beziehungsweise in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigte Personen angehören. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Bekannten/ Freunden besteht kein ein- oder wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung. Der BF brachte eine Unterstützungserklärung eines Freundes/ seines Unterkunftgebers in Vorlage.
Der Beschwerdeführer besuchte mehrere Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache auf unterschiedlichem Niveau: „Deutsch A1 Teil 2 für AsylwerberInnen“ der Volkshochschule OÖ von 11.07.2017 bis 26.09.2017 im Ausmaß von 75 Unterrichtseinheiten, „Deutsch A 1 Modul A“ des Berufsförderungsinstituts OÖ von 02.10.2018 bis 07.11.2018 im Ausmaß von 75 Unterrichtseinheiten und „Deutsch A 1 Modul B“ des Berufsförderungsinstituts OÖ von 08.11.2018 bis 12.12.2018 im Ausmaß von 75 Unterrichtseinheiten. Eine entsprechende Prüfung über Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Niveau A1 legte er auch erfolgreich ab. Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse, die es ihm erlaubten, die in der Verhandlung am 13.04.2021 in deutscher Sprache gestellten Fragen auf einfache Weise zu beantworten.
Der Beschwerdeführer ging in den Jahren 2018 und 2019 einer Remunerationstätigkeit für den öffentlichen Raum in seiner damaligen Wohnortgemeinde nach. Des Weiteren verrichtete er zusätzlich während seines Aufenthalts im dortigen Grundversorgungsquartier für Asylwerber unterstützende Tätigkeiten. Beispielsweise führte er Grünpflege-, Reinigungs- und Entsorgungsarbeiten durch. Der Beschwerdeführer übernahm zudem in der Vergangenheit freiwillig - nicht näher präzisierte – Arbeiten „in der Nachbarschaft“ und „in der Landwirtschaft“. Auch in der römisch-katholischen Pfarrgemeinde XXXX führt(e) er regelmäßig Hilfstätigkeiten bei Putzaktionen, im Gartenbereich der Kirche und auf dem örtlichen Friedhof durch. Im Übrigen war und ist der Beschwerdeführer weder ehrenamtlich noch gemeinnützig tätig.
Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Römisch-Katholischen Kirche in Österreich. Abgesehen von der Mitgliedschaft in besagter Kirche und Teilnahme an deren Gemeinschaftsleben sowie der regelmäßigen Mithilfe in der Pfarrgemeinde XXXX ist der Beschwerdeführer nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv; er ist ansonsten auch nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich.
Der Beschwerdeführer bezieht seit seiner Einreise Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und wohnt aktuell seit Juli 2020 bei einem Freund in Linz. Der Beschwerdeführer war im Bundesgebiet bislang nicht legal erwerbstätig und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Gegenwärtig verfügt er weder über eine aktuelle Einstellungszusage noch hat er eine bestimmte Erwerbstätigkeit am regulären Arbeitsmarkt in verbindlicher Weise durch Abschluss eines (bedingten) Dienstvertrages in Aussicht.
Er ist strafgerichtlich unbescholten. Insoweit der BF im Verdacht stand einen Ladendiebstahl begangen zu haben, trat die zuständige Staatsanwaltschaft am 17.06.2020 unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr von der Verfolgung zurück. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bezeichnete der BF diese Tat als Fehler.
Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthaltes in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil im Iran verbracht, wo er auch sozialisiert wurde.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Iran wieder in der Heimatprovinz wohnen wird können. Der Beschwerdeführer spricht Farsi und Arabisch. Außerdem beherrscht der Beschwerdeführer die deutsche Sprache in einfacher Weise.
Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Iran festzustellen ist.
2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Iran war insbesondere festzustellen:
2.1.2.1. Zur Lage in der Republik Iran werden unter Heranziehung der abgekürzt zitierten und gegenüber dem Beschwerdeführer offengelegten Quellen folgende - mit Note vom 11.03.2021 bzw. im Zuge der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführte - Länderfeststellungen dem Verfahren zugrunde gelegt:
Politische Lage
Iran ist seit 1979 eine Islamische Republik (AA 4.3.2020b). Das Staatssystem beruht auf dem Konzept der „velayat-e faqih“, der Stellvertreterschaft des Rechtsgelehrten. Dieses besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage ist, eine legitime Regierung zu führen, bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten wird. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel „Revolutionsführer“ (GIZ 9.2020a; vgl. BS 2020). Der Revolutionsführer (auch Oberster Führer) ist seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Er steht noch über dem Präsidenten (ÖB Teheran 10.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Er wird von einer Klerikerversammlung (Expertenrat) auf Lebenszeit gewählt, ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte (AA 4.3.2020a; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020) und wesentlich mächtiger als der Präsident. Des weiteren unterstehen ihm unmittelbar die Revolutionsgarden (Pasdaran oder IRGC), die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen und die gesamte Judikative. Für die entscheidenden Fragen ist letztlich der Revolutionsführer
verantwortlich (ÖB Teheran 10.2020; vgl. FH 4.3.2020). Doch obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Diese Zugehörigkeiten und Allianzen unterliegen dabei einem ständigen Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt (AA 26.2.2020).
Das iranische Regierungssystem ist ein semipräsidiales: an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident. Amtsinhaber ist seit 2013 Hassan Rohani, er wurde im Mai 2017 wiedergewählt (ÖB Teheran 10.2020). Der Präsident ist, nach dem Revolutionsführer, der zweithöchste Beamte im Staat (FH 4.3.2020). Er steht der Regierung vor, deren Kabinett er ernennt. Die Kabinettsmitglieder müssen allerdings vom Parlament bestätigt werden. Der Präsident ist der Leiter der Exekutive. Zudem repräsentiert er den Staat nach außen und unterzeichnet internationale Verträge. Dennoch ist seine faktische Macht beschränkt, da der Revolutionsführer in allen Fragen das letzte Wort hat bzw. haben kann (GIZ 9.2020a). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird das Einkammerparlament, genannt Majles, mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 10.2020). Hauptaufgabe des Parlaments ist die Ausarbeitung neuer Gesetze, die von der Regierung auf den Weg gebracht werden. Es hat aber auch die Möglichkeit, selbst neue Gesetze zu initiieren. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Februar 2020 statt (GIZ 9.2020a). Erstmals seit der Islamischen Revolution von 1979 lag die Wahlbeteiligung unter 50%. Zahlreiche Anhänger des moderaten Lagers um Präsident Hassan Rohani hatten angekündigt, der Wahl aus Enttäuschung über die politische Führung fernzubleiben. Tausende moderate Kandidaten waren zudem von der Wahl ausgeschlossen worden (DW 23.2.2020). Nach dem die Erwartungen des Volks vom moderat-reformorientierten Parlament nicht erfüllt wurden und die Wirtschaftslage und die finanzielle Situation des Volks nach den US-Sanktionen immer schlechter wurde, kamen nach den Parlamentswahlen 2020 hauptsächlich die konservativen und erzkonservativen Kräfte ins Parlament. Die Mehrheit der Abgeordneten der neuen Legislaturperiode verfolgt sowohl gegenüber der Regierung von Rohani als auch gegenüber westlichen Werten eine sehr kritische Linie (ÖB Teheran 10.2020).
Entscheidende Gremien sind des Weiteren der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern, sowie der Wächterrat mit zwölf Mitgliedern (davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs von der Judikative bestimmte Juristen). Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen. Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch wesentlich mächtiger. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei allen nationalen Wahlen (ÖB Teheran 10.2020; vgl. GIZ 9.2020a, FH 4.3.2020, BS 2020). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 9.2020a). Des weiteren gibt es noch den Schlichtungsrat. Er vermittelt im Gesetzgebungsverfahren und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der „Gesamtinteressen des Systems“ zu achten (AA 4.3.2020a; vgl. GIZ 9.2020a). Er besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Die Interessen des Systems sind unter allen Umständen zu wahren und der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 9.2020a).
Die Basis des Wahlsystems der Islamischen Republik sind die Wahlberechtigten, also jeder iranische Bürger ab 16 Jahren. Das Volk wählt das Parlament, den Präsidenten sowie den Expertenrat (GIZ 9.2020a) in geheimen und direkten Wahlen (AA 26.2.2020). Das System der Islamischen Republik kennt keine politischen Parteien. Theoretisch tritt jeder Kandidat für sich
alleine an. In der Praxis gibt es jedoch Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die westlichen Vorstellungen von Parteien recht nahe kommen (GIZ 9.2020a; vgl. AA 4.3.2020a). Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Folglich können iranische Wähler nur aus einem begrenzten und vorsortierten Pool an Kandidaten auswählen (FH 4.3.2020). Von den 1.499 Männern und 137 Frauen, die sich im Rahmen der Präsidentschaftswahl 2017 für die Kandidatur zum Präsidentenamt registrierten, wurden sechs männliche Kandidaten vom Wächterrat zugelassen. Frauen werden bei Präsidentschaftswahlen grundsätzlich als ungeeignet abgelehnt. Die Wahlbeteiligung 2017 betrug 73%. Unabhängige Wahlbeobachter werden nicht zugelassen. Ablauf, Durchführung sowie Kontroll- und Überprüfungsmechanismen der Wahlen sind in technischer Hinsicht grundsätzlich gut konzipiert (AA 26.2.2020).
Sicherheitslage
Der Iran verfügt über eine stabile politische Ordnung und Infrastruktur. Es bestehen jedoch gewisse Spannungen, die periodisch zunehmen. Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken. Die schwierige Wirtschaftslage und latente Spannungen im Land führen periodisch zu Kundgebungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Preiserhöhungen oder mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei muss mit schweren Ausschreitungen und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten sowie mit Straßenblockaden gerechnet werden. Zum Beispiel haben im November 2019 Proteste gegen die Erhöhung der Treibstoffpreise Todesopfer und Verletzte
gefordert (EDA 2.12.2020).
Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Im Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Diese haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. Im September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in XXXX (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte (EDA 2.12.2020; vgl. AA 2.12.2020b). 2019 gab es einen Anschlag auf einen Bus der Revolutionsgarden
in der Nähe der Stadt Zahedan (AA 2.12.2020b).
In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Die iranischen Behörden haben seit einiger Zeit die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zum Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran erhöht (AA 2.12.2020b).
In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrt Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies ge schah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 2.12.2020b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan, stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 2.12.2020).
In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen sowie Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 2.12.2020b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte in Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen und den Sicherheitskräften. Bisweilen kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften (EDA 2.12.2020). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 10.2020).
Rechtsschutz / Justizwesen
Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik, in welcher versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die iranische Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Grundsätzen beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 10.2020). Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative. Dieser ist laut Artikel 157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane, v.a. der Sicherheitsapparat, trotz des formalen Verbots, in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption (AA 26.2.2020; vgl. BS 2020). In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer (Iranian Bar Association; IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen, insbesondere in politischen Verfahren, ausgesetzt (AA 26.2.2020). Das Justizsystem wird als Instrument benutzt, um Regimekritiker und Oppositionelle zum Schweigen zu bringen (FH 4.3.2020).
Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (USDOS 11.3.2020). Iranische Gerichte, insbesondere die Revolutionsgerichte, verletzen immer wieder die Regeln für faire Gerichtsverfahren. Geständnisse, die wahrscheinlich unter Anwendung von Folter erlangt wurden, werden als Beweis vor Gericht verwendet (HRW 14.1.2020; vgl. AA 26.2.2020, HRC 28.1.2020). Die Behörden setzen sich ständig über die Bestimmungen hinweg, welche die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsieht, wie z.B. das Recht auf einen Rechtsbeistand (AI 18.2.2020; vgl. HRW 14.1.2020).
Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach dem iranischen Strafgesetzbuch (IStGB) wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 26.2.2020).
Wenn sich Gesetze nicht mit einer spezifischen Rechtssituation befassen, dann dürfen Richter ihrem Wissen und ihrer Auslegung der Scharia Vorrang einräumen. Nach dieser Methode können Richter eine Person aufgrund ihres eigenen „göttlichen Wissens“ [divine knowledge] für schuldig befinden (USDOS 11.3.2020).
In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die „Sondergerichte für die Geistlichkeit“ sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015; vgl. BS 2018).
Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:
- Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere „Feindschaft zu Gott“ und „Korruption auf Erde“;
- Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;
- Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;
- Spionage für fremde Mächte;
- Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;
- Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen (AA 9.12.2015).
Gerichtsverfahren, vor allem Verhandlungen vor Revolutionsgerichten, finden nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind extrem kurz. Manchmal dauert ein Verfahren nur wenige Minuten (AI 22.2.2018).
Die iranische Strafrechtspraxis unterscheidet sich stark von jener der europäischen Staaten: Körperstrafen sowie die Todesstrafe werden verhängt (ÖB Teheran 10.2020; vgl. AA 26.2.2020). Im iranischen Strafrecht sind körperliche Strafen wie die Amputation von Fingern, Händen und Füßen vorgesehen. Berichte über erfolgte Amputationen dringen selten an die Öffentlichkeit. Wie hoch die Zahl der durchgeführten Amputationen ist, kann nicht geschätzt werden (AA 26.2.2020). Die Amputation z.B. eines Fingers bei Diebstahl fällt unter Vergeltungsstrafen (Qisas), ebenso wie die Blendung, die auch noch immer angewendet werden kann (ÖB Teheran 10.2020). Bei derartigen Vergeltungsstrafen können die Angehörigen der Opfer gegen Zahlung eines Blutgeldes (Diya) auf den Vollzug der Strafe verzichten. Unter der Präsidentschaft Rohanis hat die Zahl der Aussetzung der hohen Strafen bis hin zur Todesstrafe wegen des Verzichts der Angehörigen auf den Vollzug der Strafe stark zugenommen (AA 26.2.2020). Durch Erhalt einer Kompensationszahlung (Diya) kann also der ursprünglich Verletzte auf die Anwendung einer Blendung verzichten. Derzeit ist bei Ehebruch noch die Strafe der Steinigung vorgesehen.
Auch auf diese kann vom „Geschädigten“ gegen Diya verzichtet werden. Im Jahr 2002 wurde ein Moratorium für die Verhängung der Steinigungsstrafe erlassen, seit 2009 sind keine Fälle von Steinigungen belegbar (ÖB Teheran 10.2020). Zudem sieht das iranische Strafrecht bei bestimmten Vergehen wie zum Beispiel Alkoholgenuss, Missachten des Fastengebots oder außerehelichem Geschlechtsverkehr auch Auspeitschung vor. Regelmäßig besteht aber auch hier die Möglichkeit, diese durch Geldzahlung abzuwenden (AA 26.2.2020).
Aussagen hinsichtlich einer einheitlichen Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis sind nur eingeschränkt möglich, da sich diese durch Willkür auszeichnet. Rechtlich möglich wird dies vorrangig durch unbestimmte Formulierungen von Straftatbeständen und Rechtsfolgen sowie eine uneinheitliche Aufsicht der Justiz über die Gerichte. Auch willkürliche Verhaftungen kommen vor und führen dazu, dass Personen ohne ein anhängiges Strafverfahren festgehalten werden. Wohl häufigster Anknüpfungspunkt für Diskriminierung im Bereich der Strafverfolgung ist die politische Überzeugung. Beschuldigten bzw. Angeklagten werden grundlegende Rechte vorenthalten, die auch nach iranischem Recht garantiert sind. Untersuchungshäftlinge werden bei Verdacht eines Verbrechens unbefristet ohne Anklage festgehalten. Oft erhalten Gefangene während der laufenden Ermittlungen keinen rechtlichen Beistand, weil ihnen dieses Recht verwehrt wird oder ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Bei bestimmten Anklagepunkten – wie z.B. Gefährdung der nationalen Sicherheit – dürfen Angeklagte zudem nur aus einer Liste von zwanzig vom Staat zugelassenen Anwälten auswählen. Insbesondere bei politisch motivierten Verfahren gegen Oppositionelle erheben Gerichte oft Anklage aufgrund konstruierter oder vorgeschobener Straftaten. Die Strafen sind in Bezug auf die vorgeworfene Tat zum Teil unverhältnismäßig hoch, besonders deutlich wird dies bei Verurteilungen wegen Äußerungen in sozialen Medien oder Engagement gegen die Hijab-Pflicht (AA 26.2.2020).
Darüber hinaus ist die Strafverfolgungspraxis auch stark von aktuellen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen bestimmt. Im August 2018 wurde angesichts der kritischen Wirtschaftslage ein Sondergericht für Wirtschaftsstraftaten eingerichtet, das bislang schon einige Menschen wegen Korruption zum Tode verurteilt hat (AA 12.1.2019).
Hafterlass ist nach Ableistung der Hälfte der Strafe möglich. Amnestien werden unregelmäßig vom Revolutionsführer auf Vorschlag des Chefs der Justiz im Zusammenhang mit hohen religiösen Feiertagen und dem iranischen Neujahrsfest am 21. März ausgesprochen (AA 26.2.2020).
Rechtsschutz ist oft nur eingeschränkt möglich. Anwälte, die politische Fälle übernehmen, werden systematisch eingeschüchtert oder an der Übernahme der Mandate gehindert. Der Zugang von Verteidigern zu staatlichem Beweismaterial wird häufig eingeschränkt oder verwehrt. Die Unschuldsvermutung wird mitunter – insbesondere bei politisch aufgeladenen Verfahren – nicht beachtet. Zeugen werden durch Drohungen zu belastenden Aussagen gezwungen. Insbesondere Isolationshaft wird genutzt, um politische Gefangene und Journalisten psychisch unter Druck zu setzen. Gegen Kautionszahlungen können Familienmitglieder die Isolationshaft in einzelnen Fällen verhindern oder verkürzen (AA 26.2.2020).
Sicherheitsbehörden
Diverse Behörden teilen sich die Verantwortung für die innere Sicherheit; etwa das Informationsministerium, die Ordnungskräfte des Innenministeriums, die dem Präsidenten berichten, und die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasdaran-e Enghelab-e Islami - IRGC), welche direkt dem Obersten Führer Khamenei berichten. Die Basij-Kräfte, eine freiwillige paramilitärische Gruppierung mit lokalen Niederlassungen im ganzen Land, sind zum Teil als Hilfseinheiten zum Gesetzesvollzug innerhalb der Revolutionsgarden tätig. Basij-Einheiten sind oft bei der Unterdrückung von politischen Oppositionellen oder bei der Einschüchterung von Zivilisten involviert (USDOS 11.3.2020). Organisatorisch sind die Basij den Revolutionsgarden unterstellt und ihnen gehören auch Frauen an (AA 26.2.2020). Basijis sind ausschließlich gegenüber dem Obersten Führer loyal und haben oft keinerlei reguläre polizeiliche Ausbildung, die sie mit rechtlichen Grundprinzipien polizeilichen Handelns vertraut gemacht hätten. Basijis haben Stützpunkte u.a. in Schulen und Universitäten, wodurch die permanente Kontrolle der iranischen Jugend gewährleistet ist. Schätzungen über die Zahl der Basijis gehen weit auseinander und reichen bis zu mehreren Millionen (ÖB Teheran 10.2020).
Die Polizei unterteilt sich in Kriminalpolizei, Polizei für Sicherheit und öffentliche Ordnung (Sittenpolizei), Internetpolizei, Drogenpolizei, Grenzschutzpolizei, Küstenwache, Militärpolizei, Luftfahrtpolizei, eine Polizeispezialtruppe zur Terrorbekämpfung und Verkehrspolizei. Die Polizei hat auch einen eigenen Geheimdienst (AA 26.2.2020). Irans Polizei ist traditionellerweise verantwortlich für die innere Sicherheit und für Proteste oder Aufstände. Sie wird von den Revolutionsgarden und den Basij Milizen unterstützt. Die Polizeikräfte arbeiten ineffizient. Getrieben von religiösen Ansichten und Korruption, geht die Polizei gemeinsam mit den Kräften der Basij und der Revolutionsgarden rasch gegen soziale und politische Proteste vor, ist aber weniger eifrig, wenn es darum geht, die Bürger vor kriminellen Aktivitäten zu schützen (BS 2020).
Im Zuge der steigenden inneren Herausforderungen verlagerte das herrschende System die Verantwortung für die innere Sicherheit immer mehr zu den Revolutionsgarden (BS 2020). Letztere nehmen eine Sonderrolle ein, ihr Auftrag ist formell der Schutz der Islamischen Revolution. Als Parallelarmee zu den regulären Streitkräften durch den Staatsgründer Khomeini aufgebaut, haben die Revolutionsgarden neben ihrer herausragenden Bedeutung im Sicherheitsapparat im Laufe der Zeit Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt und sich zu einem Staat im Staate entwickelt. Militärisch kommt ihnen eine höhere Bedeutung als dem regulären Militär zu. Sie verfügen über fortschrittlichere Ausrüstung als die reguläre Armee, eigene Gefängnisse und eigene Geheimdienste, die auch mit Inlandsaufgaben betraut sind, sowie engste Verbindungen zum Revolutionsführer (AA 26.2.2020). Die Revolutionsgarden sind eng mit der iranischen Wirtschaft verbunden (FH 4.3.2020). Sie betreiben den Imam Khomeini International Airport in der iranischen Hauptstadt und verfügen damit allein durch Start- und Landegebühren über ein äußerst lukratives Geschäft. Auch an den anderen Flug- und Seehäfen im Land kontrollieren die Truppen der Revolutionsgarden Irans Grenzen. Sie entscheiden, welche Waren ins Land gelassen werden und welche nicht. Sie zahlen weder Zoll noch Steuern. Sie verfügen über Land-, See- und Luftstreitkräfte, kontrollieren Irans strategisches Waffenarsenal und werden auf eine Truppenstärke von mehr als 120.000 geschätzt. Außerdem sind die Revolutionswächter ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen, das Augenkliniken betreibt, Kraftfahrzeuge, Autobahnen, Eisenbahnstrecken und sogar U-Bahnen baut. Sie sind eng mit der Öl- und Gaswirtschaft des Landes verflochten, bauen Staudämme und sind im Bergbau aktiv (DW 18.2.2016). Khamenei und den Revolutionsgarden gehören rund 80% der iranischen Wirtschaft. Sie besitzen außer den größten Baufirmen auch Fluggesellschaften, Minen, Versicherungen, Banken, Elektrizitätswerke, Telekommunikationsfirmen, Fußballklubs und Hotels. Für die Auslandsaktivitäten gibt das Regime Milliarden aus (Menawatch 10.1.2018). Längst ist also aus den Revolutionsgarden ein bedeutender Machtfaktor geworden – gesellschaftlich, wirtschaftlich, militärisch und politisch. Präsident Hassan Rohani versucht zwar, die Garden und ihre Chefebene in die Schranken zu weisen. Das gelingt ihm jedoch kaum (Tagesspiegel 8.6.2017; vgl. BS 2020). Die paramilitärischen Einheiten schalten und walten nach wie vor nach Belieben – nicht nur in Iran, sondern in der Region. Es gibt nur wenige Konflikte, an denen sie nicht beteiligt sind. Libanon, Irak, Syrien, Jemen – überall mischen die Revolutionsgarden mit und versuchen, die islamische Revoluti on zu exportieren. Ihre Al-Quds-Brigaden sind als Kommandoeinheit speziell für Einsätze im Ausland trainiert (Tagesspiegel 8.6.2017).
Das Ministerium für Information ist als Geheimdienst (Vezarat-e Etela’at) mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, Gegenspionage und der Beobachtung religiöser und illegaler politischer Gruppen beauftragt. Aufgeteilt ist dieser in den Inlandsgeheimdienst, Auslandsgeheimdienst, Technischen Aufklärungsdienst und eine eigene Universität (Imam Ali Universität). Dabei kommt dem Inlandsgeheimdienst die bedeutendste Rolle bei der Bekämpfung der politischen Opposition
zu. Der Geheimdienst tritt bei seinen Maßnahmen zur Bekämpfung der politischen Opposition nicht als solcher auf, sondern bedient sich überwiegend der Sicherheitskräfte und der Justiz (AA 26.2.2020).
Das reguläre Militär (Artesh) erfüllt im Wesentlichen Aufgaben der Landesverteidigung und Gebäudesicherung. Neben dem „Hohen Rat für den Cyberspace“ beschäftigt sich die iranische Cyberpolizei mit Internetkriminalität mit Fokus auf Wirtschaftskriminalität, Betrugsfällen und Verletzungen der Privatsphäre im Internet sowie der Beobachtung von Aktivitäten in sozialen Netzwerken und sonstigen politisch relevanten Äußerungen im Internet. Sie steht auf der EUMenschenrechtssanktionsliste (AA 26.2.2020).
Die Regierung hat volle Kontrolle über die Sicherheitskräfte und über den größten Teil des Landes, mit Ausnahme einiger Grenzgebiete (BS 2020). Der Oberste Führer hat die höchste Autorität über alle Sicherheitsorganisationen. Straffreiheit innerhalb des Sicherheitsapparates ist weiterhin ein Problem. Menschenrechtsgruppen beschuldigen reguläre und paramilitärische Sicherheitskräfte (wie zum Beispiel die Basij), zahlreiche Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Es gibt keinen transparenten Mechanismus, um Fehlverhalten der Sicherheitskräfte zu untersuchen oder zu bestrafen. Es gibt nur wenige Berichte, dass die Regierung Täter zur Rechenschaft zieht (USDOS 11.3.2020). In Bezug auf die Überwachung der Bevölkerung, ist nicht bekannt, wie groß die Kapazität der iranischen Behörden ist. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). Insbesondere die kurdische Region scheint stärker überwacht zu sein, als der Rest des Landes (DIS 7.2.2020).
Mit willkürlichen Verhaftungen kann und muss jederzeit gerechnet werden, da die Geheimdienste (der Regierung und der Revolutionsgarden) sowie die Basijis nicht nach iranischen rechtsstaatlichen Standards handeln. Auch Verhaltensweisen, die an sich (noch) legal sind, können das Misstrauen der Basijis hervorrufen. Bereits auffälliges Hören von (insbesondere westlicher) Musik, ungewöhnliche Bekleidung oder Haarschnitt, die Äußerung der eigenen Meinung zum Islam, Partys oder gemeinsame Autofahrten junger, nicht miteinander verheirateter Männer und Frauen könnte den Unwillen zufällig anwesender Basijis bzw. mit diesen sympathisierender Personen hervorrufen. Willkürliche Verhaftungen oder Misshandlung durch Basijis können in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden (ÖB Teheran 10.2020).
Folter und unmenschliche Behandlung
Folter ist nach Art. 38 der iranischen Verfassung verboten. Dennoch sind seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung bei Verhören und in Haft, insbesondere in politischen Fällen, durchaus üblich (AA 26.2.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, DIS 7.2.2020). Dies betrifft vorrangig nicht registrierte aber auch offizielle Gefängnisse - insbesondere den berüchtigten Trakt 209 im Teheraner Evin-Gefängnis, welcher unmittelbar dem Geheimdienstministerium untersteht (AA 26.2.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Die Justizbehörden verhängen und vollstrecken weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkommen. In einigen Fällen werden die Strafen öffentlich vollstreckt (AI 18.2.2020; vgl. USDOS 13.3.2019, FH 4.3.2020). Zahlreiche Personen wurden wegen Diebstahls oder Überfällen aber auch wegen Taten, die laut Völkerrecht nicht strafbar sind, zu Peitschenhieben verurteilt - darunter z. B. Beteiligung an friedlichen Protesten, außereheliche Beziehungen, Alkoholkonsum, oder Teilnahme an Feiern, bei denen sowohl Frauen als auch Männer anwesend waren (AI 18.2.2020).
Bei Delikten, die im Widerspruch zu islamischen Grundsätzen stehen, können jederzeit Körperstrafen ausgesprochen und auch exekutiert werden. Bereits der Besitz geringer Mengen von Alkohol kann zur Verurteilung zu Peitschenhieben führen (eine zweistellige Zahl an Peitschenhieben ist dabei durchaus realistisch). Die häufigsten Fälle, für welche die Strafe der Auspeitschung durchgeführt wird, sind illegitime Beziehungen, außerehelicher Geschlechtsverkehr, Teilnahme an gemischt-geschlechtlichen Veranstaltungen, Drogendelikte und Vergehen gegen die öffentliche Sicherheit. Auch werden Auspeitschungen zum Teil öffentlich vollstreckt (ÖB Teheran 10.2020). Darüber hinaus gibt es Berichte, wonach politische Gefangene mit Elektroschocks gefoltert werden. Weitere berichtete Foltermethoden sind Verprügeln, Schlagen auf Fußsohlen und andere Körperteile, manchmal während die Häftlinge mit dem Kopf nach unten an der Decke aufgehängt waren, Verbrennungen mit Zigaretten und heißen Metallgegenständen, Scheinhinrichtungen (davon wissen praktisch alle politischen Gefangene aus eigener Erfahrung zu berichten), Vergewaltigungen - teilweise durch Mitgefangene - die Androhung von Vergewaltigung, Einzelhaft, Entzug von Licht, Nahrung und Wasser sowie die Verweigerung medizinischer Behandlung (ÖB Teheran 10.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).
Folter und andere Misshandlungen geschehen häufig in der Ermittlungsphase (HRC 8.2.2019; vgl. DIS 7.2.2020), um dadurch Geständnisse zu erzwingen. Dies betrifft vor allem Fälle von ausländischen und Doppelstaatsbürgern, Minderheiten, Menschenrechtsverteidigern und jugendlichen Straftätern (HRC 8.2.2019). Obwohl unter Folter erzwungene Geständnisse vor Gericht laut Verfassung unzulässig sind, legt das Strafgesetzbuch fest, dass ein Geständnis allein dazu verwendet werden kann, eine Verurteilung zu begründen, unabhängig von anderen verfügbaren Beweisen (HRC 8.2.2019; vgl. HRC 28.1.2020). Es besteht eine starke institutionelle Erwartung, Geständnisse zu erzielen. Dies wiederum ist einem fairen Verfahren nicht dienlich (HRC 8.2.2019; vgl. HRW 14.1.2020, HRC 28.1.2020). Ehemalige Gefangene berichten, dass sie während der Haft geschlagen und gefoltert wurden, bis sie Verbrechen gestanden haben, die von Vernehmungsbeamten diktiert wurden (FH 4.3.2020).
Korruption
Das Gesetz sieht Strafen für Korruption im öffentlichen Bereich vor, aber die Regierung implementiert dieses Gesetz nur willkürlich. Manchmal werden Korruptionsfälle gegen Beamte rechtmäßig verfolgt, gleichzeitig werden politisch motivierte Anklagen gegen Regimekritiker oder politische Opponenten vorgebracht. Die meisten Beamten betätigen sich weiterhin korrupt und können mit Straffreiheit rechnen. Religiöse Wohltätigkeitsorganisationen, sogenannte „Bonyads“, leisten zwischen einem Viertel und einem Drittel der wirtschaftlichen Leistung des Landes. Bonyads erhalten Begünstigungen durch die Regierung, ihr Finanzgebaren wird jedoch nicht kontrolliert. Oppositionspolitiker und internationale Organisationen bezichtigen diese Bonyads regelmäßig der Korruption. Geleitet werden diese steuerbefreiten Organisationen von Personen,
die der Regierung nahe stehen, wie z.B. Angehörige des Militärs oder der Geistlichkeit. Zahlreiche Firmen, die in Verbindung mit den Revolutionsgarden stehen, betätigen sich teils rechtswidrig in Handel und Gewerbe, einschließlich der Bereiche Telekommunikation, Bergbau und Bauwesen. Andere Unternehmen der Revolutionsgarden betätigen sich im Schmuggel von
Medikamenten, Drogen und Rohstoffen. Von allen Regierungsmitgliedern (einschließlich Mitglieder des Minister-, Wächter- und Schlichtungsrats und der Expertenversammlung) wird ein jährlicher Bericht über die Vermögenslage verlangt. Es gibt keine Information, ob diese Personen sich an die Gesetze halten (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020).
Auch das Justizwesen ist nicht frei von Korruption (AA 26.2.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, BS 2020). Nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit (AA 26.2.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Auch in der Polizei, bei sozialen Organisationen, im Öffentlichen Dienst und bei staatlichen Behörden ist Korruption weit verbreitet. Korruption und Gesetzesverstöße sind auch in der politischen Elite weit verbreitet. Menschen werden jedoch selten strafrechtlich verfolgt und wenn, dann ist dies hauptsächlich auf politische Rivalitäten zurückzuführen (BS 2020).
Transparency International führt Iran in seinem Korruptionsindex von 2019 mit 26 (von 100) Punkten (0=highly corrupt, 100=very clean) auf Platz 146 von 180 untersuchten Ländern (TI 24.1.2020). Im Jahr davor, 2018, lag Iran mit 28 (von 100) Punkten auf Platz 138 von 180 untersuchten Ländern (TI 30.1.2019). Es konnte sich in Iran kaum eine eigenständige Wirtschaft
entwickeln, dieses Problem wird durch die weit verbreitete Korruption noch verschärft (GIZ 9.2020b).
Allgemeine Menschenrechtslage
Die iranische Verfassung (IRV) vom 15. November 1979 enthält einen umfassenden Grundrechtskatalog. Der Generalvorbehalt des Einklangs mit islamischen Prinzipien des Art. 4 IRV lässt jedoch erhebliche Einschränkungen zu. Der im Jahr 2001 geschaffene „Hohe Rat für Menschenrechte“ untersteht unmittelbar der Justiz. Das Gremium erfüllt allerdings nicht die Voraussetzungen der 1993 von der UN-Generalversammlung verabschiedeten „Pariser Prinzipien“
(AA 26.2.2020).
Iran hat folgende UN-Menschenrechtsabkommen ratifiziert:
• Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
• Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte
• Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung
• Übereinkommen über die Rechte des Kindes (unter Vorbehalt des Einklangs mit islamischem Recht)
• Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie
• Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
• Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes
• UNESCO Konvention gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen
• Konvention über die Rechte behinderter Menschen
• UN-Apartheid-Konvention
• Internationales Übereinkommen gegen Apartheid im Sport (AA 26.2.2020)
Iran hat folgende UN-Menschenrechtsabkommen nicht ratifiziert:
• Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
• Fakultativprotokoll zur Antifolterkonvention
• Zweites Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe
• Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau
• Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen
• Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten (AA 26.2.2020).
Iran zählt zu den Ländern mit einer anhaltend beunruhigenden Lage der Menschenrechte, die jedoch besser ist als in der Mehrzahl der Nachbarländer (ÖB Teheran 10.2020). Der iranische Staat verstößt regelmäßig gegen die Menschenrechte nach westlicher Definition, jedoch auch immer wieder gegen die islamisch definierten (GIZ 9.2020a). Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehören: Hinrichtungen für Verbrechen, die nicht dem internationalen Rechtsstandard der „schwersten Verbrechen“ entsprechen und ohne einen fairen Prozess; rechtswidrige oder willkürliche Tötungen, Verschwindenlassen und Folter durch Regierungsbeamte; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; systematische Inhaftierungen, einschließlich Hunderter von politischen Gefangenen (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 18.2.2020, FH 4.3.2020, HRW
14.1.2020). Weiters gibt es unrechtmäßige Eingriffe in die Privatsphäre; erhebliche Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz, insbesondere der Revolutionsgerichte; Beschränkungen der freien Meinungsäußerung, der Presse und des Internets - einschließlich Gewalt, Androhung von Gewalt sowie ungerechtfertigter Festnahmen und Strafverfolgung gegen Journalisten,
Zensur, Blockieren von Webseiten und Kriminalisierung von Verleumdungen; erhebliche Eingriffe in das Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit, wie z.B. die restriktiven Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGO); Einschränkungen der Religionsfreiheit; Beschränkungen der politischen Beteiligung durch willkürliche Kandidatenprüfung; weit verbreitete Korruption auf allen Regierungsebenen; rechtswidrige Rekrutierung von Kindersoldaten durch Regierungsakteure zur Unterstützung des Assad-Regimes in Syrien; Menschenhandel; Gewalt gegen ethnische Minderheiten; strenge staatliche Beschränkungen der Rechte von Frauen und Minderheiten; Kriminalisierung von sexuellen Minderheiten sowie Verbrechen, die Gewalt oder Gewaltdrohungen gegen LGBTI-Personen beinhalten; und schließlich das Verbot unabhängiger Gewerkschaften (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020, HRW 14.1.2020). Die Regierung unternimmt kaum Schritte, um verantwortliche Beamte zur Rechenschaft zu ziehen. Viele dieser Missstände sind im Rahmen der Regierungspolitik zu verantworten. Straffreiheit ist auf allen Ebenen der Regierung und der Sicherheitskräfte weit verbreitet (USDOS 11.3.2020).
Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze infrage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weit gefasste Straftatbestände (vgl. Art. 279 bis 288 iStGB) sowie Staatsschutzdelikte (insbesondere Art. 1 bis 18 des 5. Buches des
iStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, laufen Gefahr, der Spionage beschuldigt zu werden (AA 26.2.2020). Die Tätigkeit als Frauen- und Menschenrechtsaktivist wird regelmäßig strafrechtlich verfolgt (Vorwurf der Propaganda gegen das Regime o.ä.) und hat oft die Verurteilung zu Haft- oder auch Körperstrafen zur Folge (ÖB Teheran 10.2020). Auch Umweltaktivisten müssen mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen (HRW 14.1.2020; vgl. BS 2020, ÖB Teheran 10.2020).
Haftbedingungen
Die Haftbedingungen in iranischen Gefängnissen sind von massiver Überbelegung geprägt. Berichten zufolge kommt es auch vor, dass bei Überbelegung der Zellen Häftlinge im Freien untergebracht werden (ÖB Teheran 10.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, FH 4.3.2020), oder sie müssen auf Gängen oder am Boden schlafen. Es gibt ca. eine Viertelmillion Häftlinge (USDOS 11.3.2020). Die Haftbedingungen sind sehr oft auch gesundheitsschädigend. Berichtet wird über unzureichende Ernährung und Verweigerung notwendiger medizinischer Behandlung – in Einzelfällen mit tödlichen Folgen. Von mangelnden hygienischen Zuständen ist auszugehen (ÖB Teheran 10.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, FH 4.3.2020, HRW 14.4.2020).
In den Gefängnissen wird auch von physischer und psychischer Folter berichtet. Dies gilt auch und gerade im Zusammenhang mit Häftlingen, die unter politischem Druck stehen, zu intensive Kontakte mit Ausländern pflegen, etc. (ÖB Teheran 10.2020). Es ist nach wie vor üblich, Inhaftierte zu foltern und anderweitig zu misshandeln, z. B. in Form von Einzelhaft über lange Zeiträume hinweg. Die größte Gefahr droht Inhaftierten bei Verhören (AI 18.2.2020). Neben Elektroschocks werden u.a. Schläge, Verbrennungen, Vergewaltigungen, Scheinhinrichtungen, Verhaftung der Familie, Einzelhaft und Schlafentzug verwendet. Dazu kommt vielfach der nicht oder nur ganz selten mögliche Kontakt mit der Außenwelt. Oft ist es Angehörigen während mehrerer Wochen oder Monate nicht möglich, Häftlinge zu besuchen. Politische Gefangene oder Minderjährige werden teils mit kriminellen Straftätern zusammengelegt, wodurch Übergriffe nicht selten sind (ÖB Teheran 10.2020).
Eines der berüchtigtsten Gefängnisse ist nach wie vor das im Norden Teherans gelegene, von den Amerikanern für den Schah (und den Geheimdienst SAVAK) errichtete Evin-Gefängnis. Von außen fällt auf, dass es weniger aus Gebäuden, sondern eher aus Hügeln besteht, zumal sich ein Großteil des Gefängnisses in unterirdischen Anlagen befindet. Dies verstärkt den psychischen Druck (Mangel an Tageslicht). Manche Trakte unterstehen nicht der Justiz/Polizei, sondern direkt den Nachrichtendiensten der Revolutionsgarden. Aber auch andere Gefängnisse, wie das neue „Große Teheraner Gefängnis“ im Süden der Stadt sind für ihre Haftbedingungen berüchtigt (ÖB Teheran 10.2020).
Die Behörden gehen Foltervorwürfen grundsätzlich nicht nach und ziehen Verantwortliche nicht zur Rechenschaft. Berichten zufolge hat Folter zu mehreren Todesfällen in Gewahrsam geführt bzw. dazu beigetragen (AI 18.2.2020).
Die Haftbedingungen für politische und sonstige Häftlinge weichen stark voneinander ab. Dies betrifft in erster Linie den Zugang zu medizinischer Versorgung (einschließlich Verweigerung grundlegender Versorgung oder lebenswichtiger Medikamente) sowie hygienische Verhältnisse. Es kommt regelmäßig zu Hungerstreiks gegen Haftbedingungen (AA 26.2.2020), in der Regel entschließen sich politische Häftlinge dazu (ÖB Teheran 10.2020; vgl. FH 4.3.2020). Die Grenzen zwischen Freiheit, Hausarrest und Haft sind in Iran manchmal fließend. Politisch als unzuverlässig geltende Personen werden manchmal in „sichere Häuser“ gebracht, die den iranischen Sicherheitsbehörden unterstehen. Dort werden sie ohne Gerichtsverfahren Monate oder sogar Jahre festgehalten. Ein besonders prominentes Beispiel ist Oppositionsführer Mehdi Karroubi, der zusammen mit seiner Frau und zwei anderen Oppositionsführern seit 2011 unter Hausarrest steht (ÖB Teheran 10.2020).
Todesstrafe
Die Todesstrafe steht auf Mord (wobei die Familie des Opfers gegen Zahlung von Blutgeld auf die Hinrichtung verzichten kann), Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel (nur mehr bei besonders schweren Vergehen), schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, „Moharebeh“ („Waffenaufnahme gegen Gott“) und homosexuelle bzw. außereheliche Handlungen (ÖB Teheran 10.2020; vgl. HRW 14.4.2020, AA 26.2.2020). Des weiteren terroristische Aktivitäten, Waffenbeschaffung, Hoch- und Landesverrat, Veruntreuung und Unterschlagung öffentlicher Gelder, Bandenbildung, Beleidigung oder Entweihung von heiligen Institutionen des Islams oder heiligen Personen (z.B. durch Missionstätigkeit), Vergewaltigung und Geschlechtsverkehr eines Nicht-Muslimen mit einer Muslimin (AA 26.2.2020). Auch der Abfall vom Islam (Apostasie) kann mit der Todesstrafe geahndet werden (AA 26.2.2020; vgl. ÖB Teheran 10.2020). In den letzten 20 Jahren ist es jedoch zu keiner Hinrichtung aus diesem Grund gekommen (AA 26.2.2020).
Der größte Anteil der Hinrichtungen entfällt mittlerweile auf Verurteilungen wegen Mord (ÖB Teheran 10.2020; vgl. AA 26.2.2020) und Sexualdelikten. Die Hinrichtungen werden regelmäßig durch Erhängen, selten durch Erschießen, z.T. öffentlich durchgeführt (ÖB Teheran 10.2020) und auch (selten) gegen zum Tatzeitpunkt Minderjährige (ÖB Teheran 10.2020; vgl. AA 26.2.2020, HRW 14.4.2020, FH 4.3.2020, HRC 28.1.2020, AI 18.2.2020). Das Alter der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für Buben liegt bei 15 und für Mädchen bei 9 Jahren (ÖB Teheran 10.2020; vgl. AA 26.2.2020) und kann bei Eintritt der Volljährigkeit vollstreckt werden. 2018 wurden mindestens vier zur Tatzeit minderjährige Täter hingerichtet. Mehreren weiteren zur Tatzeit Minderjährigen droht aktuell die Hinrichtung. 2019 wurden erstmals auch zwei zum Zeitpunkt der Hinrichtung Minderjährige verzeichnet (AA 26.2.2020). In der Vergangenheit konnten einige Hinrichtungen von Jugendlichen aufgrund von großem internationalen Druck (meist in letzter Minute) verhindert werden (ÖB Teheran 10.2020). Hinrichtungen erfolgen weiterhin regelmäßig ohne rechtlich vorgeschriebene vorherige Unterrichtung der Familienangehörigen, die Herausgabe des Leichnams wird teilweise verweigert oder verzögert (AA 26.2.2020). In Bezug auf die Anzahl der jährlichen Hinrichtungen befindet sich Iran nach China weltweit an zweiter Stelle (FH 4.3.2020).
Im Jänner 2018 trat eine Gesetzesänderung zur Todesstrafe bei Drogendelikten in Kraft. Wer Drogenstraftaten aufgrund von Armut oder Arbeitslosigkeit begeht, wird nicht mehr zum Tode verurteilt. Über gewalttätige Drogenstraftäter und solche, die mehr als 100 Kilo Opium oder zwei Kilo industrielle Rauschgifte produzieren oder verbreiten, wird weiterhin die Todesstrafe
verhängt (ÖB Teheran 10.2020). Diese Gesetzesänderungen führten zu einer Überprüfung der Todesstrafe für Tausende von Häftlingen (FH 4.3.2020) und die Anzahl der bekannt gewordenen Hinrichtungen sank (AI 10.4.2019; vgl. HRW 14.1.2020, FH 4.3.2020, HRC 8.2.2019). Das neue Gesetz gilt rückwirkend, sodass dadurch etwa 2.000 bis 5.000 bereits zum Tode Verurteilte
von der Todesstrafe verschont bleiben könnten (AA 26.2.2020). Nichtsdestotrotz hat Iran im Laufe des Jahres 2019 fast 300 Menschen hingerichtet, darunter mindestens zwei jugendliche Straftäter (FH 4.3.2020; vgl. AI 4.2020).
Viele Todesurteile werden nach internationalen Verfahrensstandards widersprechenden Strafverfahren gefällt: Es wird immer wieder von durch Folter erzwungenen Geständnissen oder fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Verteidiger bzw. fehlender freier Wahl eines Verteidigers berichtet, insbesondere bei politischen oder die „nationale Sicherheit“ betreffenden Fällen. Derzeit ist bei Ehebruch noch die Strafe der Steinigung vorgesehen (auf welche vom „Geschädigten“ gegen eine Abstandsgeldzahlung verzichtet werden kann). Im Jahr 2002 wurde ein Moratorium für die Verhängung der Steinigungsstrafe erlassen. Seit 2009 sind keine Fälle von Steinigungen belegbar (ÖB Teheran 10.2020).
Religionsfreiheit
In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha‘i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten „Buchreligionen“ (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als „mohareb“ (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden (AA 26.2.2020; vgl. ÖB Teheran 10.2020). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018). Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 26.2.2020; vgl. ÖB Teheran 10.2020). Selbst anerkannte religiöse Minderheiten – Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen – werden also diskriminiert. Vertreter dieser religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung – im Vergleich mit anderen Ländern der Region – nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen. Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa – unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke – eigene Vertreter im Parlament (ÖB Teheran 10.2020). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA 23.5.2018; vgl. FH 4.3.2020). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA 23.5.2018; vgl. FH 4.3.2020, BAMF 3.2019) und ihre politische Vertretung bleibt schwach (FH 4.3.2020). Wichtige politische Ämter stehen ausschließlich schiitischen Muslimen offen (AI 18.2.2020).
Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 10.2020; vgl. Open Doors 2021). Nicht anerkannte religiöse Gruppen – Baha’i, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten – werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert (ÖB Teheran 10.2020).
Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt (AI 18.2.2020).
Schiitische Religionsführer, welche die Regierungspolitik nicht unterstützen, sind weiterhin Einschüchterungen und Verhaftungen ausgesetzt. Laut der in den USA ansässigen NGO „United for Iran“ befanden sich 2019 mindestens 109 Angehörige religiöser Minderheitengruppen aufgrund des Praktizierens ihrer Religion in Haft (USDOS 10.7.2020).
Personen, die sich zum Atheismus bekennen, laufen Gefahr, willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt oder wegen Apostasie (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 18.2.2020). In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie jedoch sehr selten (wenn überhaupt noch vorhanden), bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gab es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war (ÖB Teheran 10.2020).
Christen
Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan (BFA 23.5.2018). Das Christentum ist in der iranischen Verfassung als Religion anerkannt, allerdings werden evangelikale Freikirchen von der Regierung nicht als „christlich“ anerkannt. Den historisch ansässigen Kirchen, die vorwiegend ethnische Gruppierungen abbilden (die armenische, assyrische und chaldäische Kirche) wird eine besondere Stellung zuerkannt. Religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt (ÖB Teheran 10.2020; vgl. AA 26.2.2020); christliche Gottesdienste auf Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten (ÖB Teheran 10.2020; vgl. AA 26.2.2020, BAMF 03.2019), ebenso die Verbreitung christlicher Schriften (AA 26.2.2020).
Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen – solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten – ihren Glauben relativ frei ausüben (BFA 23.5.2018; vgl. BAMF 3.2019). Sonstige zahlenmäßig bedeutende Gruppen stellen Katholiken und Protestanten, die ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes haben. Die Mitglieder sind meist Konvertiten aus dem Islam (ÖB Teheran 10.2020). Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den anerkannten Religionsgemeinschaften angehören, oder die nicht beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (USDOS 10.6.2020).
Grundrechtlich besteht „Kultusfreiheit“ innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der Kirchen (ÖB Teheran 10.2020). Jedoch haben Nichtmuslime weder Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, noch Meinungsfreiheit oder Versammlungsfreiheit. Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten (Proselytismusverbot) und wird streng bestraft (ÖB Teheran 10.2020; vgl. BAMF 3.2019, BFA 23.5.2018, Open Doors 2021). Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA 23.5.2018; vgl. ÖB Teheran 10.2020), wobei es in den letzten Jahren zu keinem derartigen Urteil kam. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen („Hauskirchen“) oft hart vorgegangen (u.a. Verhaftungen und Beschlagnahmungen). Autochthone Kirchen halten sich meist penibel an das Verbot. Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen (ÖB Teheran 10.2020). Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht (BFA 23.5.2018; vgl. Open Doors). Im Weltverfolgungsindex 2021 von Christen von Open Doors befindet sich Iran auf dem achten Platz (2020: Platz 9). Der Weltverfolgungsindex ist eine Rangliste der 50 Länder, in denen Christen der stärksten Verfolgung und Diskriminierung wegen ihres Glaubens ausgesetzt sind. Je niedriger die Zahl, desto höher die Verfolgung. Im Berichtszeitraum ist die Zahl der verhafteten Christen des Weltverfolgungsindex 2021 im Gegensatz zum Vorjahr (169) gesunken. Es gab keine breitangelegte Verhaftungswelle, auch wenn es im Juni 2020 eine Razzia gab. Eine genaue Zahl wird im Bericht nicht genannt (Open Doors 2021). Christen werden weiterhin schikaniert, willkürlich inhaftiert und wegen der Ausübung ihres Glaubens verurteilt. Dies betrifft auch Personen, die zum Christentum konvertiert waren (AI 18.2.2020). Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 26.2.2020).
Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden (BFA 23.5.2018). Es gehört zum Erscheinungsbild in den Großstädten, dass christliche Symbole im Modebereich als Accessoires Verwendung finden und auch in den entsprechenden Geschäften angeboten werden. Auch Dekorationen mit christlichen Motiven sind nicht ungewöhnlich. Eine solche kommerzielle Präsentation führte bisher nach Darstellung der in Teheran vertretenen westlichen Botschaften zu keinen Strafverfahren. Laut der Nachrichtenseite der iranischen Christen, Mohabat News, können Christen öffentlich im ganzen Land Weihnachtsgeschenke, Tannenbäume oder Schmuckwaren für ihre Feste kaufen. Vor einigen Kirchen in Teheran stehen anlässlich der Weihnachtsfeiertage, zu denen von staatlicher Seite immer wieder Glückwünsche übermittelt werden, Weihnachtsbäume (BAMF 3.2019).
Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen
Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch, aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 10.2020). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel „mohareb“ („Waffenaufnahme gegen Gott“), „mofsid-fil-arz/fisad-al-arz“ („Verdorbenheit
auf Erden“), oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“. In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie sehr selten, wenn überhaupt noch vorhanden. Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen „mohareb“ (ÖB Teheran 10.2020; vgl. DIS/DRC 23.2.2018).
Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen, keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2020; vgl. AA 26.2.2020). Anklagen lauten meist auf „Gefährdung der nationalen Sicherheit“, „Organisation von Hauskirchen“ und „Beleidigung des Heiligen“, wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 26.2.2020). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (zehn und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 12.1.2019). Laut Weltverfolgungsindex 2020 wurden auch 2018 und 2019 viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt (Open Doors 2020).
Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 26.2.2020). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf (ÖB Teheran 10.2020).
Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 10.2020).
Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit Konversion vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese Konversion ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich „konvertierte“ Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 10.2020).
Die Versammlung in – meist evangelischen – Hauskirchen oder Hausgemeinden wird laut Behörden „kontrolliert“, de facto aber untersagt, weshalb die einzelnen Gemeinden meist klein bleiben und ständig den Standort wechseln, um Razzien auszuweichen. Dennoch sind Hauskirchen inzwischen relativ weit verbreitet (ÖB Teheran 10.2019). Die Schließungen der „Assembly of God“-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie – obwohl sie verboten sind – trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind (DIS/DRC 23.2.2018). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018). Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da diese zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen wollen, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es ist jedoch unklar, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen. Allerdings wurde eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen, und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 4.3.2020; vgl. AI 18.2.2020).
Von Repressionen und willkürlichen Verhaftungen von konvertierten Christen, Mitgliedern der protestantischen und evangelischen Kirche wird immer wieder berichtet. Im Frühling und Sommer 2017 wurden mehrere evangelikale und assyrische Christen verhaftet und wegen „illegaler Kirchenaktivität“ zu langen Haftstrafen verurteilt. Nach 16 festgenommenen Christen im Jahr 2017, stieg diese Zahl im Jahr 2018 dramatisch. Im November und Dezember 2018 wurden ca. 150 Christen – die meisten kurzzeitig – festgenommen und anschließend angewiesen, sich von anderen Christen fernzuhalten. Über die genauen Zahlen der Verhaftungen/Verurteilungen gibt es keine detaillierten Informationen. Fakt ist aber, dass die Zahl der Verhaftung von Konvertierten seit einer Ansprache des obersten Führers vor einigen Jahren, als er vor der steigenden Zahl der sogenannten häuslichen Kirchen gewarnt hatte, extrem angestiegen ist. Allein im August 2020 sind 35 neu Konvertierte verhaftet worden, und im selben Monat sind vier weitere Konvertierte wegen Anschuldigungen, wie „Teilnahme an Versammlungen der häuslichen Kirchen“, „Verbreitung vom zionistischen Christentum“ und „Gefährdung der inneren Sicherheit“ zu insgesamt 13 Jahren Haft verurteilt worden. Einem Bericht der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte zufolge haben Beamte des Geheimdienstministeriums im Juli 2019 das Haus einer christlichen Familie in der Stadt Bushehr im Süden Irans gestürmt und viele Angehörige dieser Familie verhaftet (ÖB Teheran 10.2010).
Organisatoren von Hauskirchen laufen Gefahr, wegen „Verbrechen gegen Gott“ angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch „low-profile“ Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen. Wenn es sich um einen prominenten Fall handelt, werden die Betroffenen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden unter der Bedingung wieder freigelassen, sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen wäre, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden in der Regel aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).
Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen, vor allem aus politischen Gründen. Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit (ÖB Teheran 10.2020; vgl. Landinfo 16.10.2019). Diese Urteile sind absichtlich vage formuliert, um ein größtmögliches Tätigkeitsspektrum abdecken zu können. Darüber hinaus beinhalten die Urteile auch den Konsum von Alkohol während der Messe (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens. Den verhafteten Christen werden teilweise nicht die vollen Prozessrechte gewährt – oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden (ÖB Teheran 10.2020), bzw. um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen (Open Doors 2020). Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen (ÖB Teheran 10.2020).
Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob es auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder das Unterrichten von anderen Personen im Glauben, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018; vgl. Landinfo 16.10.2019).
Die Rückkehr von Konvertiten in den Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung (BAMF 3.2019). Wenn ein Konvertit den Behörden auch zuvor nicht bekannt war, dann ist eine Rückkehr nach Iran weitgehend problemlos. Auch konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, kann sich die Situation anders darstellen. Auch Konvertiten, die ihre Konversion öffentlich machen, können sich womöglich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen berichtet, besteht die Möglichkeit, dass die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang hängt davon ab, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein „high-profile“- Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist eine harsche Strafe eher unwahrscheinlich. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein führt zumeist nicht zu einer Verfolgung, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird diese aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das aber durchaus zu Problemen führen (DIS/DRC 23.2.2018). Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 10.2020).
Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung hat, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein kann (DIS/DRC 23.2.2018).
Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (USDOS 21.6.2019). Gleichzeitig ist bekannt, dass ein Projekt seitens des Erschad-Ministeriums zur Übersetzung der „Katholischen Jerusalem Bibel“ ins Farsi genehmigt und durchgeführt wurde. Auch die Universität für Religion und Bekenntnis in Qom, die Religionsstudien betreibt, übersetzte noch im Jahr 2015 den „Katechismus der Katholischen Kirche“ ins Farsi. Beide Produkte sind heute noch ohne Probleme in Büchergeschäften erhältlich (BAMF 3.2019).
Ethnische Minderheiten
Iran gehört mit etwa 80 Millionen Einwohnern zu den 20 bevölkerungsreichsten Ländern der Erde. Das Bevölkerungswachstum beträgt etwa 1,1%. Dabei ist die iranische Gesellschaft weit heterogener als die offizielle Staatsdoktrin glauben machen will. Nur etwa 51% der Iraner sind Perser. Dazu kommt die Volksgruppe der Aseris mit 24% der Gesamtbevölkerung, etwa 8% Gilakis und Mazanderanis, 7% Kurden, 3% Araber und je etwa 2% Turkmenen, Luren und Belutschen. Die diesbezüglich genannten Zahlen variieren teils beträchtlich. Zudem leben viele Flüchtlinge im Land, von denen die afghanischen mit etwa zwei Millionen weiterhin die größte Gruppe stellen, gefolgt von irakischen. Insgesamt ist Iran eines der größten Aufnahmeländer für Flüchtlinge weltweit. Die ethnischen Minderheiten des Iran leben eher in den Grenzregionen
des Landes zu seinen Nachbarn, die Kurden etwa im Nordwesten, die Araber in der Region um den Persischen Golf. Dennoch sind Entwicklungen wie etwa im Irak oder Afghanistan in Iran nicht zu erwarten. Abseits eines gern gepflegten Patriotismus zur eigenen Ethnie sind separatistische Bewegungen ethnischer Minderheiten kein vielen Nachbarstaaten vergleichbares Problem. Sie beschränken sich auf einige Gruppierungen in Belutschistan und Kurdistan, wobei gerade hier die Regierung immer wieder gern selbst Separatismus unterstellt, um diesem mit Gewalt zuvorzukommen (GIZ 9.2020c).
Der Vielvölkerstaat Iran verfolgt gegenüber ethnischen Minderheiten grundsätzlich eine auf Ausgleich bedachte Politik, v.a. die Aseri sind in Staat und Wirtschaft sehr gut integriert (AA 26.2.2020). Allerdings ist die Infrastruktur von Regionen, wo Minderheiten wohnen, zum Teil stark vernachlässigt (BMI 2015; vgl. AA 26.2.2020, FH 4.3.2020, AI 18.2.2020). Es sind keine
Rechtsverletzungen gegen Mitglieder ethnischer Minderheiten aus rein ethnischen Gesichtspunkten bekannt. Staatliche Maßnahmen betreffen allerdings unverhältnismäßig oft Angehörige ethnischer Minderheiten wie Kurden, Ahwazi-Araber, Aseris und Belutschen. Unabhängig von der Art der vorgeworfenen strafbaren Handlung werden sie öfter zum Tode verurteilt, gefoltert und verbringen mehr Zeit in Untersuchungshaft (ÖB Teheran 10.2020). Zudem wird von Diskriminierungen im Alltag (rechtlich, wirtschaftlich und/oder kulturell, z.B. Zugang zu Wohnraum, Wasser und Bildung) u.a. gegen Angehörige der arabischen Gemeinschaft der Ahwazi, Aseris, Belutschen, Kurden und Turkmenen berichtet. Der Gebrauch ihrer jeweiligen Muttersprache in Behörden und Schulen ist weiterhin verboten, trotz entsprechender Zusagen von Präsident Rohani während seines Wahlkampfes im Jahr 2013.Menschen, die sich für Minderheitenrechte einsetzen, werden mitunter bedroht, festgenommen und bestraft (ÖB Teheran 10.2020; vgl. FH 4.3.2020). Geheimdienste und Sicherheitsorgane beschuldigten Aktivisten, die sich für Minderheitenrechte einsetzten, sie würden „separatistische Strömungen“ unterstützen, die Irans territoriale Integrität bedrohten. Auch Angehörigen ethnischer Minderheiten, welche die Verletzung ihrer Rechte kritisieren, drohen willkürliche Inhaftierung, Einzelhaft, Folter und andere Misshandlungen, grob unfaire Gerichtsverfahren und Gefängnisstrafen (AI 18.2.2020).
Araber
Ahwazi-Araber (nach Schätzungen rund zwei Millionen) sind teilweise sunnitischen Glaubens und bewohnen die an Erdölvorkommen reiche Grenzregion zu Irak und Kuwait. Mangels Unterricht in der Muttersprache sind viele Araber Analphabeten, und es herrscht unter der arabischen Minderheit eine hohe Armutsrate. Von Arabern bewohnte Gebiete sind oft nicht an die Wasser- und Elektrizitätsversorgung angeschlossen (ÖB Teheran 10.2020; vgl. AI 22.2.2018). Die arabische Minderheit in Iran fühlt sich Diskriminierungen ausgesetzt. Sie leidet unter Umweltproblemen (Verschmutzung, Staubstürme) sowie wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit und macht eine Vernachlässigung ihres Siedlungsgebietes (v.a. Provinz Khusestan) durch die Zentralregierung dafür verantwortlich. Menschenrechtsorganisationen sehen Benachteiligungen im beruflichen und schulischen Umfeld, die zu wirtschaftlicher, politischer, sozialer und kultureller Ausgrenzung der arabischen Minderheit führen (AA 12.1.2019; vgl. AI 22.2.2018).
Die Regierung schränkt kulturelle und politische Aktivitäten der Araber ein (HRW 14.1.2020), jedoch wurden einige lokale Clanführer in Khuzestan und anderen Gegenden, wo Ahwazi-Araber leben, in lokale Räte gewählt, wo sie auch sehr unverblümt sprechen. Ins Visier der Behörden können Ahwazi-Araber geraten, wenn sie Journalisten oder politische Aktivisten sind, die sich für Minderheitenrechte einsetzen (DIS/DRC 23.2.2018). Zahlreiche arabische Ahwazi werden willkürlich inhaftiert, darunter auch Menschenrechtsaktivisten, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzen (AI 18.2.2020). Infolge dieser Diskriminierung setzen sich verschiedene separatistische Gruppierungen auch gewaltsam für eine Abspaltung ein, u.a. die von der Regierung als terroristische Organisation geführte Arab Struggle Movement for the Liberation of Ahwaz (ASMLA) in der Region Khuzestan (AA 26.2.2020).
Es gibt Berichte über die Vertreibung von Arabern von ihren Grundstücken aufgrund staatlicher Entwicklungsprojekte. Obwohl nicht erwiesen ist, dass Araber aufgrund ihrer Ethnizität verfolgt werden, ist zu beobachten, dass sie häufig wegen unklar definierten Anschuldigungen (etwa wegen „mohareb“ und „mofsid-fil-arz“) zu sehr hohen Strafen verurteilt werden. Nach dem Terrorangriff in Ahwaz im September 2018 mit 30 Toten wurden offiziell 22 Personen aus dem Umfeld der Untergrundorganisation Al-Ahvaziya festgenommen, die Opposition hat von bis zu 800 Festnahmen berichtet. Sowohl die mangelnde Strom- und Wasserversorgung, als auch die Aneignung der Grundstücke der Araber durch staatliche und halb-staatliche Institutionen haben im August 2020 zu größeren Protesten geführt. Die Regierung hat durch dringende Maßnahmen bei der Wasserversorgung als auch durch Rücknahme der Forderungen vorübergehend die Proteste in dieser Region beruhigen können. Mit weiterer Repression gegen arabische Oppositionsgruppen ist zu rechnen (ÖB Teheran 10.2020).
Bewegungsfreiheit
Das Gesetz sieht die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung vor. Im Prinzip respektiert die Regierung diese Rechte, es gibt jedoch einige Einschränkungen, besonders für Frauen und Flüchtlinge. Die Regierung verlangt von allen Bürgern für Auslandsreisen Ausreisebewilligungen. Bürger, die auf Staatskosten ausgebildet wurden oder Stipendien erhalten haben, müssen diese entweder zurückzahlen, oder erhalten befristete Ausreisebewilligungen (US DOS 11.3.2020). Die Regierung schränkt auch die Reisefreiheit von einigen religiösen Führern, Mitgliedern von religiösen Minderheiten und Wissenschaftern in sensiblen Bereichen ein. Journalisten, Akademiker, oppositionelle Politiker und Menschen- und Frauenrechtsaktivisten sind von Reiseverboten und Konfiszierung der Reisepässe betroffen. Verheiratete Frauen dürfen nicht ohne die Zustimmung ihrer Männer ins Ausland reisen (US DOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020).
Zur Ausreise aus Iran benötigt ein iranischer Staatsangehöriger einen gültigen Reisepass und einen Nachweis über die Bezahlung der Ausreisegebühr (4.400.000 IRR, ca. 28 bis 45 € je nach Wechselkurs). Die illegale Ausreise erfolgt zumeist auf dem Landweg unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Türkei (AA 26.2.2020).
Soweit Repressionen praktiziert werden, geschieht dies landesweit unterschiedslos. Ausweichmöglichkeiten bestehen somit nicht (AA 26.2.2020).
Grundversorgung
Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 15,7 Mio. Rial im Monat (ca. 110 Euro). Das durchschnittliche monatliche pro Kopf Einkommen liegt bei ca. 54,6 Mio. Rial (ca. 400 Euro) (AA 26.2.2020).
Angesichts der immer schärferen US-Sanktionen gegen Iran und des dramatischen Währungsverfalls hat sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert (ÖB Teheran 10.2020; vgl. BS 2020). Sowohl auf Grund der „Maximum Pressure“-Politik der USA als auch wegen der Zurückhaltung westlicher Unternehmen bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Iran aber auch wegen der Folgen der Corona-Pandemie steht die iranischen Wirtschaft schlechter da wie nie zuvor. Die Erdölexporte sind auf ein Minimum gesunken, auch die Devisenreserven sind erschöpft. Insofern sind die mittelfristigen Prognosen für die iranische Wirtschaft nicht gut (ÖB Teheran 10.2020).
Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr viele Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund einer Million Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechende Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger „brain drain“, der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigt (ÖB Teheran 10.2019).
Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle (GIZ 9.2020b). Der staatliche Sektor (staatliche und halbstaatliche Unternehmen) macht etwa 80% der iranischen Wirtschaftstätigkeit aus, während der private und kooperative Sektor nur 20% ausmacht (BS 2020). So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe (GIZ 9.2020b). Die iranische Regierung ist der größte Monopolist des Landes, gefolgt von den Revolutionsgarden und anderen einflussreichen Institutionen und Menschen. Es gibt ein Gesetz gegen das Monopol, obwohl noch nie ein Unternehmen oder eine Person für monopolistische Maßnahmen zur Rechenschaft gezogen wurde (BS 2020). Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Problematisch sind auch die völlig veralteten Förderanlagen und Raffinerien des Landes. Aufgrund der Sanktionen konnten diese nicht modernisiert werden. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin lange staatlich subventioniert wurde, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hebt die Regierung den Benzinpreis an oder begrenzt die ausgegebenen Rationen, führt das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 9.2020b). Soziale Unzufriedenheit war in den letzten Jahren mehrmals der Hintergrund von Unruhen in der Bevölkerung
(Landinfo 12.8.2020). Die letzten Proteste diesbezüglich entfachten sich im November 2019, als der Treibstoffpreis erhöht wurde. Dies war das jüngste Zeichen einer Wirtschaftskrise, die durch eine Kombination aus von den USA geführten Handelssanktionen und Misswirtschaft durch das Regime ausgelöst wurde. Die Krise bereitet der iranischen Bevölkerung ernsthafte Schwierigkeiten und macht sie anfälliger für Ausbeutung (FH 4.3.2020). Bei den gewalttätigen Unruhen im November 2019 starben Hunderte Menschen (Landinfo 12.8.2020).
Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads (GIZ 9.2020b; vgl. BS 2020). Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company. Politisch steht sie den Revolutionswächtern nahe, viele ihrer hohen Beamten kommen aus deren Reihen. Vor allem mit Hilfe dieser Stiftungen, die beide offiziell direkt dem Revolutionsführer unterstehen, setzt der iranische Staat seine Vorstellungen einer islamischen Wirtschaftspolitik um und verteilt großzügig Gelder für politische Gefälligkeiten (GIZ 9.2020b). Diese Institutionen sind weder der Regierung noch der Justiz gegenüber rechenschaftspflichtig. Außerdem genießen die Bonyads viele Privilegien wie Steuerbefreiungen und einen ausschließlichen Zugang zu lukrativen Regierungsverträgen (BS 2020).
Sozialbeihilfen
Dem Arbeitsministerium ist die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten „Hohen Versicherungsrat“ (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die „Organisation für Sozialversicherung“ (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen. Viele Kliniken und Spitäler dieser Organisation befinden sich in städtischen Gegenden (ÖB Teheran 10.2020). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Beitragsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von ca. 20 Euro pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 3 Euro, sog. Yarane) (AA 26.2.2020). Selbstständige und Beamte sind nicht Teil der Arbeitslosenversicherung, da angenommen wird, dass ihre Arbeitsverträge nicht gekündigt werden können (Landinfo 12.8.2020).
Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialversicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen überholt und zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Das System deckt alle Angestellten und Freiberuflichen ab, wobei letztere zwischen verschiedenen Stufen wählen können. Freiwillige Abdeckung ist für vorher versicherte Personen bis 55 Jahre verfügbar (mindestens 30 Tage) sowie für die Gruppe der Berufskraftfahrer. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Für Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgegeben werden, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag in Gänze bezahlen (IOM 2019). Die Mittel für die Altersrente werden durch gemeinsame Beiträge der versicherten Person, des Arbeitgebers und der Regierung gedeckt und variiert je nach Beitragsjahren. Die Altersrente wird über die Pensionskasse für Beamte, die Organisation für soziale Sicherheit sowie 16 weitere Pensionsfonds in Iran bereitgestellt. Die Hinterbliebenenrente wird an Angehörige einer versicherten verstorbenen Person gezahlt. Zu den Angehörigen zählen Witwe/Witwer, Kinder (das heißt Söhne bis zum Alter von 20 Jahren
und Töchter bis zur Heirat) und Eltern. Die Rente des Ehepartners beträgt 50% der Alters- oder Invalidenrente der versicherten Person, während sie für Waisen 25% und für Eltern 20% beträgt. Die kombinierte Hinterbliebenenrente darf nicht unter dem gesetzlichen Mindestlohn oder über der Rente des Verstorbenen liegen. In Iran gibt es einen gesetzlichen monatlichen Mindestlohn für ungelernte Arbeitnehmer, der unter Berücksichtigung der Inflation jährlich neu berechnet wird. Im April 2020 lag der Mindestlohn bei 18,34 Millionen Rial (113 USD). Darüber hinaus zahlt der Staat (praktisch) jeder Familie eine Wohnungs- und Lebensmittelzulage in Form von monatlichen Geldtransfers (yaraneh-ye naqdi), wobei der Gesamtbetrag für einen unverheirateten Arbeitnehmer 25 Millionen Rial (155 USD) und 30 Millionen Rial (186 USD) für einen
verheirateten Arbeiter pro Monat beträgt. Familienbeihilfe wird im Rahmen von Sozialversicherungssystemen für Eltern gewährt, die mindestens 720 Tage gearbeitet und Beiträge gezahlt haben. Die Familienbeihilfe wird gezahlt, bis das Kind 18 Jahre alt ist oder - wenn es studiert - bis das Studium abgeschlossen ist. Die Familienbeihilfe wird monatlich gezahlt und als das Dreifache des gesetzlichen täglichen Mindestlohns eines ungelernten Arbeitnehmers für jedes Kind berechnet. Die Leistungen werden jährlich angepasst (Landinfo 12.8.2020).
Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und
Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 26.2.2020). Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber und privaten Anbietern oder Organisationen angeboten werden (IOM 2019).
Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die „sadeqe“, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, dass der Staat
selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 12.2020b). Die staatliche Wohlfahrtsorganisation betreibt Selbsthilfegruppen für Familien in schwierigen Situationen, die in Familienzentren organisiert sind. Einige erhalten Unterstützung bei der Arbeitssuche. Ein Projekt mit einem Mikrofinanzierungsansatz umfasst 50.000 Menschen – nicht nur Frauen, sondern auch Landbevölkerung und andere. Ziel ist es, die Armut zu verringern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf weiblichen Ernährern. Es gibt ca. drei Millionen Familien, die von Frauen geführt werden. 180.000 von ihnen werden von der staatlichen Wohlfahrtsorganisation betreut. Das Budget ist begrenzt und nicht alle Bedürftigen erhalten Hilfe. Die Leistungen gehen nicht unbedingt an die Frauen, sondern könnten beispielsweise die Bildung für Kinder abdecken (Landinfo 12.8.2020).
Medizinische Versorgung
Seit der islamischen Revolution hat sich das iranische Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die iranische Verfassung sichert jedem Staatsbürger das Recht zu, den jeweiligen höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Die Verwirklichung dieses Zieles obliegt dem Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung. Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität, deren Rektor die Verantwortung für das Gesundheitswesen in der betroffenen Provinz trägt (ÖB Teheran 10.2020; vgl. IOM 2019). Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleister des privaten Sektors und NGOs (ÖB Teheran 10.2020; vgl. Landinfo 12.8.2020, IOM 2019). Diese bedienen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z.B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird (ÖB Teheran 10.2020; vgl. IOM 2019). Darüber hinaus gibt es im ganzen Land viele NGOs und Wohltätigkeitsorganisationen, die Gesundheitseinrichtungen betreiben, deren Zugang auf einer Bedarfsanalyse basiert, ohne dass auf einen vorherigen Versicherungsschutz Bezug genommen wird. Die Mahak-Gesellschaft
zur Unterstützung krebskranker Kinder ist beispielsweise ein bekanntes gemeinnütziges Forschungs-, Krankenhaus- und Rehabilitationszentrum für Kinder mit Krebs. Die Patienten werden von Ärzten im ganzen Land an Mahak überwiesen. Laut einem Vertreter von Mahak wird jedes Kind, bei dem Krebs diagnostiziert wird, entweder im Mahak-Krankenhaus oder in anderen Krankenhäusern behandelt. Mahak deckt auch die Behandlung von Patienten in anderen Krankenhäusern im Iran ab. Die Behandlung ist kostenlos und die Patienten müssen nicht versichert sein, um eine Behandlung zu erhalten. Selbst Verwandte können bei der Begleitung ihrer kranken Kinder eine Finanzierung für die Unterkunft erhalten. Mahak empfängt Krebspatienten auch aus mehreren Nachbarländern (Landinfo 12.8.2020).
Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausgestatteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt (ÖB Teheran 10.2020). Der Rote Halbmond ist auch die zentrale Stelle für den Import von speziellen Medikamenten, die für Patienten in speziellen Apotheken erhältlich sind. In jedem Bezirk gibt es Ärzte sowie Kliniken, die dazu verpflichtet sind, Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitscenter kontaktieren und einen Termin vereinbaren (IOM 2019).
Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Das Gesundheitswesen ist zwar fast flächendeckend – laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung, die Qualität schwankt jedoch (GIZ 12.2020c). Die spezialisierte, medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe
der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 30.12.2020a). Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede einzelner Regionen. Zum Beispiel liegt der Unterschied der Lebenserwartung im Vergleich mancher Regionen bei bis zu 24 Jahren. Folgende sieben Provinzen weisen eine niedrigere Qualität als die Referenz-Provinz Teheran auf: Gilan, Hamadan, Kermanschah, Khuzestan, Tschahar Mahal und Bachtiyari, Süd-Khorasan, sowie Sistan und Belutschistan. Politische Reformen wurden bereits unternommen, um einen gleichmäßigeren Zugang zu Gesundheitsdiensten zu schaffen. Nichtsdestotrotz gibt es noch eine Vielzahl an Haushalten, die sich keine ausreichende gesundheitliche Versorgung leisten können. Gesundheitsdienste sind geographisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt (ÖB Teheran 10.2020).
Die medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, die von jeweils einem männlichen und einer weiblichen „Behvarz“ (Gesundheitspersonal, das nach der regulären elfjährigen Schulbildung zwei Jahre praktisch und theoretisch ausgebildet wird) geleitet werden. Jedes dieser Gesundheitshäuser ist für Gesundheitsvorsorge (u.a. Impfungen, Betreuung von Schwangerschaften) und für durchschnittlich ca. 1.500 Personen zuständig, wobei die Qualität der Versorgung als zufriedenstellend beurteilt wird, und mehr als 85% der ländlichen Bevölkerung in dieser Weise „nahversorgt“ werden. In Städten übernehmen sogenannte „Gesundheitsposten“ in den Bezirken die Aufgabe der ländlichen Gesundheitshäuser. Auf der nächsten Ebene sind die ländlichen Gesundheitszentren (ca. 3.000 landesweit) zu finden, die jeweils von einem Allgemeinmediziner geleitet werden. Sie überwachen und beraten die Gesundheitshäuser, übernehmen ambulante Behandlungen und übergeben schwierigere Fälle an ca. 730 städtische, öffentliche Krankenhäuser, die in jeder größeren Stadt zu finden sind (ÖB Teheran 10.2020). 90% der Bevölkerung in ländlichen als auch ärmeren Regionen hat Zugang zu essenziellen Gesundheitsdienstleistungen (IOM 2019). Weitere staatliche Institutionen wie die Iranian National Oil Corporation, die Justiz und Revolutionsgarden betreiben ihre eigenen Krankenhäuser. Die medizinische Belegschaft im Iran umfasst insgesamt mehr als 51.000 Allgemeinärzte, 32.000 Fachärzte, 115.000 Krankenschwestern, 33.000 Hebammen und 35.000 örtliche Gesundheitshelfer (behvarz) (Landinfo 12.8.2020).
Es ist anzuführen, dass der Anteil der Out-of-pocket-Zahlungen durch die Patienten in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen ist. Vor dem Health Transformation Plan im Jahr 2014 waren Out-of-pocket-Zahlungen die Hauptfinanzierungsquelle, und lagen über 50% der Kosten. 2010 erreichten die Zahlungen einen Höchststand von 58%, während sie bis 2016 auf 35,5% zurückgingen. Dies ist jedoch noch weit von dem erklärten Ziel entfernt, die Out-of-pocket-Zahlungen auf unter 30% zu senken. Dies bedeutet, dass das Zahlungssystem nach wie vor weitgehend auf Servicegebühren sowohl im öffentlichen als auch im privaten Gesundheitswesen basiert (Landinfo 12.8.2020). Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, dass die Versorgung des Kranken mit Gütern des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 12.2020c). Der Iran verwendet interne Referenzpreise für Arzneimittel, was bedeutet, dass Arzneimittel zum Preis des Referenz-Arzneimittels erstattet werden und die Patienten die Möglichkeit haben, teurere Arzneimittel zu kaufen und die zusätzlichen Kosten zu bezahlen. Der Erstattungspreis wird von der Regierung festgelegt, während Hersteller, Händler oder Einzelhändler ihren eigenen Arzneimittelpreis festlegen können (Landinfo 12.8.2020).
Die Regierung versucht kostenfreie medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung für alle Iraner zu gewährleisten, insofern gibt es zwei verschiedene Krankenversicherungen: entweder durch die Arbeit oder privat. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI www.tamin.ir/ . Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern abgedeckt. Versicherung durch Arbeit: Regierungsangestellte profitieren vom kostenfreien Zugang zur staatlichen Krankenversicherung. Private Firmen decken die Unfallversicherung für ihre eigenen Mitarbeiter. Private Versicherung: Mit Ausnahme von Regierungsangestellten müssen sich alle iranischen Bürger selbst privat versichern, wenn deren Arbeitgeber dies nicht bereits erledigen. Um die Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig (IOM 2019).
Salamat Versicherung: Diese neue Versicherung wird vom Ministerium für Gesundheit angeboten und deckt bis zu 90% der Behandlungskosten. Die Registrierung erfolgt online unter: http://www.bimesalamat.ir/isc/ISC.html . Die Registrierung erfordert eine geringe Gebühr (IRR 20.000). Pro Jahr sollten 2,450.000 IRR vom Begünstigten eingezahlt werden. Es gibt Ärzte und private Zentren, die eine öffentliche und/oder SALAMAT-Versicherung akzeptieren, um einen Teil der Ausgaben zu decken. Um zu 90% abgedeckt zu sein, muss man sich auf staatliche bzw. öffentliche Krankenhäuser und Zentren beziehen. TAMIN EJTEMAEI Krankenhäuser decken 100% der versicherten Kunden ab (IOM 2019). Die „Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste“ (MSIO) wurde 1994 gegründet, um Beamte und alle Personen, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden, zu versichern. Für anerkannte Flüchtlinge wurde eine eigene Versicherungsorganisation geschaffen. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen, u.a. die „Imam Khomeini Stiftung“, um nicht versicherte Personen, etwa Mittellose oder nicht anerkannte Flüchtlinge, wobei letztere kaum Chancen auf eine gute Gesundheitsversorgung haben (ÖB Teheran 10.2020).
Alle iranischen Staatsbürger inklusive Rückkehrende haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen (PHC) sowie weitere Angebote. Es gibt, wie bereits oben beschrieben, zwei verschiedene Arten von Krankenversicherung: Versicherung über den Arbeitsplatz oder private Versicherung. Beide werden von der öffentlichen Versicherung im Iran TAMIN EJTEMAEI
verwaltet. Die Anmeldung erfolgt über www.tamin.ir/ . Die Leistungen variieren dabei je nach gewähltem Versicherungsschema. Informationen zu verschiedenen Varianten erhält man bei der Anmeldung. Notwendige Dokumente: Eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto, und ein vollständiges medizinisches Check-up sind notwendig. Weitere Dokumente können noch verlangt werden. Zuschüsse hängen von der gewählten Versicherung des Klienten ab, über die er/sie während der Registrierung ausführlich informiert wird. Jegliche Kosten werden vom Arbeitgeber getragen, sobald die Person eine Arbeit in Iran aufnimmt. Andernfalls müssen die Kosten selber getragen werden (IOM 2019).
Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren: Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, älteren Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme), ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem psychosoziale Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen, Suchtbehandlungen, etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 2019).
Im Zuge der aktuellen Sanktionen gegen den Iran ist es zu gelegentlichen Engpässen beim Import von speziellen Medikamentengruppen gekommen (IOM 2019; vgl. Landinfo 12.8.2020). Obwohl auf dem Papier Medikamente und Lebensmittel von den Sanktionen nicht betroffen sind, ist es seit 2020 u.a. wegen fehlenden Zahlungskanälen zu mehr Engpässen bei bestimmten Medikamenten wie z.B. Insuline gekommen. Das Gesundheitsministerium ist sehr bemüht, den Bedarf an Medikamenten zu decken. Aufgrund der mangelnden Devisen aber steigen die Preise der Medikamente die vom Ausland eingeführt werden sollen von Tag zu Tag, so dass schwache Gesellschaftsschichten sich diese nicht mehr leisten können. Diese Situation wird bei offiziellen Gesprächen von iranischen Funktionären immer wieder als Kritikpunkt gegenüber
der Politik des Westens angesprochen (ÖB Teheran 10.2020). Im Generellen gibt es aber keine ernsten Mängel an Medizin, Fachärzten oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem. Pharmazeutika werden zumeist unter Führung des Gesundheitsministeriums aus dem Ausland importiert. Zusätzlich gibt es für Bürger Privatkrankenhäuser mit Spezialleistungen in größeren Ballungsräumen. Die öffentlichen Einrichtungen bieten zwar grundsätzlich fast alle Leistungen
zu sehr niedrigen Preisen an, aber aufgrund langer Wartezeiten und überfüllter Zentren, entscheiden sich einige für die kostenintensivere Behandlung bei privaten Gesundheitsträgern (IOM 2019).
Rückkehr
Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus (AA 26.2.2020). In der iranischen Gesetzgebung gibt es kein Gesetz, das die Beantragung von Asyl im Ausland strafbar macht (Cedoca 30.3.2020). In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden (AA 26.2.2020). Allerdings gibt es zum Thema Rückkehrer nach wie vor kein systematisches Monitoring, das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Allerdings ist davon auszugehen, dass Rückkehrer keinen aktiven Botschaftskontakt pflegen, der ein seriöses Monitoring ihrer Situation zulassen würde. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an freiwilligen Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 10.2020).
Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. Eine Einreise ist lediglich mit einem gültigen iranischen Reisepass möglich. Die iranischen Auslandsvertretungen sind angewiesen, diesen jedem iranischen Staatsangehörigen auf Antrag auszustellen (AA 26.2.2020).
Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische
Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).
In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird berichtet, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie nach Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird das Risiko für Repressionen eher gering ausfallen (DIS/DRC 23.2.2018).
Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regime-kritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen betroffen sein (AA 26.2.2020). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online-Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).
Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach IStGB wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 26.2.2020).
2.1.2.2. Zur aktuellen Situation im Iran bezüglich COVID-19 wird zudem Folgendes festgestellt:
Iran gilt als eines der am stärksten von Corona betroffenen Länder (DW 18.11.2020) und ist nun auch von einer dritten COVID-19-Infektionswelle stark betroffen. Regionale Schwerpunkte sind dabei kaum auszumachen, da das Ansteckungsrisiko flächendeckend sehr hoch ist. Städte und Provinzen sind je nach Infektionszahlen in unterschiedliche Risikogruppen eingeteilt (rot = kritische Situation, orange = hohes Risiko, gelb = geringes Risiko) (AA 1.12.2020). Die Zahl der Neuinfektionen bewegt sich den offiziellen Zahlen zufolge weiterhin auf einem hohen, und weiter steigenden Niveau, die Zahl der täglichen Todesopfer ist auch im Steigen begriffen (WKO 28.11.2020). Aktuelle Informationen und detaillierte Zahlen bieten das iranische Gesundheitsministerium und die Weltgesundheitsorganisation WHO (AA 1.12.2020). Die Auslastung der medizinischen Einrichtungen ist sehr hoch, verschiedentlich gibt es Engpässe bei der Versorgung mit Schutzausrüstung und Medikamenten (WKO 28.11.2020). Die Spitäler kämpfen mit Überlastung (WKO 28.11.2020; vgl. ZDF.de 18.10.2020). Für alle der 31 Provinzen inklusive Teheran gilt die Situation als sehr besorgniserregend (WKO 28.11.2020).
Personen, die in den Iran auf dem Luftweg einreisen wollen, haben einen negativen molekularbiologischen Test auf SARS-CoV-2 aus dem Abreisestaat in englischer Sprache mit sich zu führen und vorzuweisen. Das ärztliche Zeugnis darf bei der Einreise nicht älter als 96 Stunden sein. Kann das Gesundheitszeugnis nicht vorgelegt werden, wird ausländischen Staatsangehörigen die Einreise nach Iran verwehrt. Iranische Staatsangehörige (Doppelstaatsbürger reisen in der Regel mit ihrem iranischen Reisepass ein) werden unter Aufsicht des Gesundheitsministeriums in ein Flughafenhotel eingewiesen, dessen Kosten selbst zu tragen sind. Mit eigenhändiger Unterschrift ist zu bestätigen, dass das Hotel nicht verlassen werden darf. Die 14-tägige Quarantäne kann durch einen negativen molekularbiologischen Test beendet werden (BMeiA 1.12.2020; vgl. AA 1.12.2020). Positiv auf COVID-19 getestete Passagiere werden in ein Krankenhaus in Teheran oder andere Isolationsstationen verbracht (AA 1.12.2020).
Seit 21. November 2020 gilt für alle Provinzhauptstädte und zahlreiche weitere Städte ein zunächst zweiwöchiger Lockdown mit weitreichenden Verkehrseinschränkungen (BMeiA 1.12.2020; vgl. DW 18.11.2020), obwohl sich die iranische Regierung - aus Angst vor Protesten
- lang gegen einen Lockdown gewehrt hat (DW 18.11.2020). Der Reiseverkehr zwischen diesen rot eingestuften Städten ist grundsätzlich untersagt. In Teheran gilt von 21 Uhr bis 4 Uhr ein Fahrverbot für Privatfahrzeuge (BMeiA 1.12.2020; vgl. DW 18.11.2020). Ab 22 Uhr gilt dies auch für den öffentlichen Nahverkehr. Taxis verkehren auch nach 22 Uhr (AA 1.12.2020). Es
kommt – abgesehen vom Lebensmittelhandel und systemrelevanten Einrichtungen – ebenfalls zu landesweiten Betriebsschließungen (BMeiA 1.12.2020). Im Alltag ist derzeit vor allem in orangen und roten Regionen wieder mit Einschränkungen bei Öffnungszeiten und Serviceangebot zu rechnen. Vorübergehend werden weitergehende Beschränkungen eingeführt (z.B. Schließungen von Restaurants, Sporteinrichtungen, religiösen Einrichtungen usw.). Einrichtungen für den essentiellen Lebensbedarf wie Supermärkte und Apotheken bleiben geöffnet. Davon sind u.a. Teheran sowie der Großteil der Provinzhauptstädte und weitere Großstädte betroffen. In roten Regionen bleiben Touristenziele teilweise geschlossen. Camping in öffentlichen Parks ist grundsätzlich untersagt (AA 1.12.2020). Behörden bleiben geöffnet, werden aber nur mit einem Drittel der üblichen Mitarbeiter besetzt (DW 18.11.2020). In allen Schulen und Universitäten wird auf Fernunterricht umgestellt (WKO 28.11.2020; vgl. DW 18.11.2020).
Die iranischen Behörden rufen weiterhin dazu auf, möglichst soziale Kontakte zu meiden sowie persönliche Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu ergreifen und öffentliche Transportmittel zu meiden. Es gilt eine generelle Maskenpflicht an allen öffentlichen Orten, in geschlossenen Räumlichkeiten sowie im öffentlichen Nahverkehr (AA 1.12.2020; vgl. WKO 28.11.2020). Künftig soll die Polizei stärker gegen Verstöße vorgehen, Strafen für Verstöße gegen die Auflagen wurden angekündigt (AA 1.12.2020).
Die Regierung hat ein Hilfspaket für Haushalte und Arbeitgeberbetriebe in der Höhe von 24 Mrd. USD beschlossen. 4 Mio. Haushalte sollen einen zinsfreien Mikrokredit von umgerechnet 62 bzw. 124 USD erhalten (WKO 28.11.2020).
Welche staatlichen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus wurden bzw. werden im Iran gesetzt bzw. was unternimmt der iranische Staat um die Situation in den Griff zu bekommen?
IOM gibt zu dieser Fragestellung an, dass die iranische Regierung als Reaktion auf den Ausbruch von COVID 19 keine totale Abriegelung, wie dies in vielen anderen Ländern der Fall war beschloss, sondern schloss Bildungseinrichtungen und verbot kulturelle, religiöse und sportliche Versammlungen. Bis heute und bis auf weiteres wurden seitens der iranischen Regierung folgende Maßnahmen ergriffen, um die weitere Ausbreitung von COVID 19 zu verhindern:
-Wie von der Nationalen Task Force zur Bekämpfung des Coronavirus genehmigt, wird das Land aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus in drei Zonen weiß, gelb und rot eingeteilt. Eine Stadt/ein Ort wird als weiße Zone eingestuft, wenn die durchschnittliche Zahl der täglichen Neuerkrankungen in den letzten zwei Wochen <1 beträgt. 60 Städte im ganzen Land, einschließlich der Hauptstädte aller Provinzen, sind bisher als rote Zonen eingestuft, 116 Städte als weiße Zone und etwa 400 Städte als gelbe Zonen.
-Ansässige Personen jeder Stadt dürfen nur in diese Stadt einreisen, die Einreise von Nichtansässigen ist verboten. Den Nichtansässigen steht es frei, in ihre Wohnstadt zurückzukehren. Sie dürfen keine Städte auf ihrem Weg betreten sondern diese passieren.
-Schulen und Universitäten bleiben geschlossen. Parks, Freizeit-und Erholungszentren, Schwimmbäder und ähnliche Orte, an denen sich Menschenmassen aufhalten, bleiben bis auf weiteres geschlossen. Restaurants haben begrenzte Öffnungszeiten.
-Soziale Distanzierung und das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit wurden von der iranischen Regierung vorgeschrieben.
-Regierungsbüros sind seit dem 11. April 2020 wieder geöffnet, jedoch mit neuen Regelungen.
-Bis auf weiteres ist es verboten, offizielle, nicht-offizielle und religiöse Versammlungen sowie Zeremonien und Rituale abzuhalten. Auch während des heiligen Monats Ramadan sind religiöse Versammlungen verboten, Moscheen bleiben geschlossen.
-Der Verkehr von Krankenwagen, Sanitätsfahrzeugen, Polizei, Lastwagen mit Waren und Gütern des täglichen Bedarfs sowie von Treibstoff unterliegt nicht den Verboten dieses Plans. Der Verkehr von Angestellten und Arbeitern, deren Wohn-und Arbeitsort sich an zwei verschiedenen Orten befinden (z.B. in benachbarten Städten), wird gegen Vorlage gültiger Ausweispapiere gestattet.
-Verkehr von Studenten der medizinischen Wissenschaften und Personen mit anderen erforderlichen Fachkenntnissen, wie Fernmeldetechniker usw., wird in Abstimmung mit den zuständigen Behörden, soweit erforderlich, und durch Vorlage gültiger Ausweisdokumente gestattet.
IOM –Internationale Organisation für Migration (6.5.2020): Auskunft von IOM Teheran per mail
Die Regierungs-Webseite der Islamischen Republik Iran zitiert Sorena Sattari, Vizepräsident für Wissenschaft und Technologie, welcher zusammenfassend angab, dass der Iran hervorragende Entwicklungen bei der Produktion von zuverlässigen medizinischen Geräten wie Beatmungsgeräten und verschiedenen Apparaten sieht. Diese Unternehmen haben jetzt die erforderlichen Lizenzen erhalten. Auch bei der Herstellung von Masken und Desinfektionsmittel gibt es keine Probleme. Er unterstrich, dass Tausende von klinischen Tests sowie Hunderte von Forschungsstudien durchgeführt wurden, um die Diagnose der Krankheit und die Behandlung von Coronavirus-Patienten zu unterstützen.
Government of the Islamic Republic of Iran (20.4.2020): COVID-19 Epidemic under Control in Iran: Official, http://irangov.ir/detail/337663 , Zugriff 24.4.2020
Die Regierungs-Webseite der Islamischen Republik Iran berichtet aus einem Interview zu den jüngsten Entscheidungen des zur Bekämpfung des Coronavirus-Ausbruchs eingerichteten nationalen Ausschusses zusammengefasst, dass es laut Gesundheitsminister Saeid Namaki von Anfang an einer der Pläne war, Reisen und Versammlungen, die zur Ausbreitung der Krankheit beitrugen, einzuschränken. „Zu diesen Maßnahmen gehörten die Schließung von Schulen, Universitäten und Turnhallen, die Absage von Spielen, die Schließung von Kinos und Theaterräumen, die Streichung der Freitagsgebete der Gemeinden und die Schließung religiöser Zentren", sagte der Minister. Er merkte an, dass die meisten öffentlichen Zentren in Zusammenarbeit mit den Behörden geschlossen wurden, aber die anhaltende Besorgnis galt den nicht unbedingt notwendigen Reisen der Menschen. Der Minister stellte fest, dass nun ein neues Maßnahmenpaket eingeführt worden sei, um einer möglichen zweiten Welle der Ausbreitung des Virus entgegenzuwirken. So sei zum Beispiel entschieden worden, welche Betriebe geschlossen werden sollen und welche offen bleiben können, um Dienstleistungen für die Öffentlichkeit anzubieten. "Supermärkte und Geschäfte, die die Grundbedürfnisse der Menschen verkaufen, werden rund um die Uhr geöffnet sein, und die Menschen sollten sich darüber keine Sorgen machen", sagte der Minister. Auf der Grundlage der neuen Maßnahmen werde der Reiseverkehr innerhalb und zwischen Städten und Provinzen weiter eingeschränkt werden. "Natürlich haben wir einen Zeitraum für die Rückkehr der Reisenden festgelegt, und wir werden es ihnen ermöglichen, während dieser Zeit in ihre Heimat zurückzukehren", sagte er. Der Gesundheitsminister unterstrich, dass es im Land genügend Krankenhausbetten für jeden Patienten gibt.
Government of the Islamic Republic of Iran (26.3.2020): 1st Wave of Coronavirus Epidemic in Iran Contained: Health Minister, http://irangov.ir/detail/336502 , Zugriff 27.4.2020
Die Regierungs-Webseite der Islamischen Republik Iran berichtet, dass im Rahmen des Plans zur Bekämpfung des Coronavirus-Ausbruchs sich nur Einwohner einer Stadt in dieser aufhalten dürfen. Das bedeutet, dass Reisen verboten sind. Außerdem müssen diejenigen, die auf Reisen sind, so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren. Auch diejenigen, die sich in ihrer Heimatstadt aufhalten, sollten nicht auf Reisen gehen, da es nicht erlaubt ist, in andere Städte einzureisen. Die ersten beiden Ziffern des Nationalcodes, des Kennzeichens, der Versicherungsnummer usw. zeigen an, ob sie in einer bestimmten Stadt wohnen oder nicht. Personen, die in einer Stadt leben und an einem anderen Ort arbeiten, dürfen pendeln, müssen aber ihren Ausweis mit sich führen. Wenn sich Reisende in andere Städte als ihre Heimatstadt begeben, dürfen sie laut Plan nicht einreisen. Wenn sie illegal in die Stadt einreisen, werden ihre Autos für einen Monat beschlagnahmt und sie müssen eine Strafe zahlen. Ebenfalls im Rahmen der Initiative werden Universitäten, Schulen, Parks und Fitnessstudios geschlossen bleiben. Beschränkungen für Bahn-, Flug-und Landreisen bleiben bestehen. Unternehmen, die die Grundbedürfnisse der Menschen decken, bleiben offen, und einige Unternehmen bleiben geschlossen, solange der Sozialplan in Kraft ist. Unternehmen, die gegen das Gesetz verstoßen, werden für einen Monat geschlossen. Nach dem Plan ist es verboten, Zeremonien abzuhalten, die zu Versammlungen führen und das Risiko der Verbreitung der Krankheit erhöhen würden. Auf der Grundlage der Direktive des Präsidialamtes werden Regierungsabteilungen und -institutionen ihre Arbeit so weit wie möglich durch Telearbeit erledigen, wobei die physische Anwesenheit der Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz auf ein Minimum beschränkt wird. Gegenwärtig befinden sich rund 2 Millionen Menschen, die in Schulen und Bildungszentren arbeiten, auf Urlaub, aber auch Mitarbeiter des Gesundheitswesens und medizinisches Personal sowie Polizei und Strafverfolgungsbehörden sind im Dienst.
Government of the Islamic Republic of Iran (26.3.2020): Social-Distancing Plan Goes into Effect in Iran to Counter Coronavirus, http://irangov.ir/detail/336534 , Zugriff 27.4.2020
Die Regierungs-Webseite der Islamischen Republik Iran berichtet, dass der Iran von Katar etwa 8,5 Tonnen Sanitär-und Medizinbedarf, darunter 1.173.000 Operationsmasken sowie Hygieneartikel und Desinfektionsmittel erhalten hat. Die Lieferungen sollen dem iranischen Ministerium für Gesundheit und medizinische Bildung und dem Hauptquartier übergeben werden, das die Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus-Ausbruchs durchführt. Die beiden werden die Gegenstände dementsprechend an Krankenhäuser und medizinische Zentren im ganzen Land verteilen. Katar hatte bereits am 14. März 2020 eine weitere Sendung mit 5,5 Tonnen hygienischer und medizinischer Hilfsgüter geschickt.
Government of the Islamic Republic of Iran (21.3.2020): 2nd Shipment of Qatar’s Medical Supplies Arrives in Iran, http://irangov.ir/detail/336320 , Zugriff 27.4.2020
Die Regierungs-Webseite der Islamischen Republik Iran berichtet zusammengefasst, dass laut Saeed Namaki bis zum heutigen Tag [14.3.2020] über 6,5 Millionen Haushalte kontrolliert wurden und die Verdachtsfälle in Zentren gebracht wurden.
Government of the Islamic Republic of Iran (14.3.2020): 6.5 Million Households Tested inIran’s National Plan to Fight Corona: Minister, http://irangov.ir/detail/336012 , Zugriff 27.4.2020
Die Regierungs-Webseite der Islamischen Republik Iran berichtet zusammengefasst, dass die Regierung folgende Maßnahmen zur Prävention und Eindämmung des Virus in Zusammenarbeit mit allen verwandten Institutionen und unter Aufsicht des Gesundheitsministeriums ergriffen hat. Kurz nach dem Ausbruch in Wuhan stoppte der Iran Flüge von und nach China. Die in Wuhan lebenden iranischen Studenten wurden evakuiert und dann im Iran unter Quarantäne gestellt. Diagnostik-Kits wurden ins Land eingeführt, und bei Verdachtsfällen werden unverzüglich Coronatests durchgeführt. Darüber hinaus wurden landesweit 6.000 Aufsichtsbeamte in der Prävention und Kontrolle des Coronavirus geschult, und Schulen wurden angewiesen, die Krankheit zu bekämpfen. Ferner wurden Konzerte, Filme und Sportveranstaltungen bis zum Wochenende abgesagt. Museen, Schulen und Universitäten in den meisten Provinzen sind geschlossen. Die Verteilung kostenloser Masken steht ebenfalls auf der Tagesordnung. Das Bildungsministerium sollte an einem nationalen Plan arbeiten, um Ausbildungs-und präventive Gesundheitskurse für die Studenten und Mitarbeiter anzubieten. Alle Kongresse, Versammlungen, Lager und Wettbewerbe wurden bis auf weiteres verboten. Die Schulen waren außerdem verpflichtet, Flüssigseife, mit Müllbeuteln ausgestattete Mülltonnen und Desinfektionsmittel zu verwenden. Die Verteilung von gekochtem Essen und handgemachten Sandwiches wurde verboten. Der Minister für Industrie, Bergbau und Handel wies alle Hersteller von Masken und Desinfektionsmitteln an, die zur Bekämpfung des Coronavirus erforderlichen Utensilien in Massenproduktion herzustellen. Gesundheitsminister Saeed Namaki sagt, man habe versucht, die Patienten in den Einweisungszentren zu sammeln, um einen weiteren Ausbruch zu verhindern. "Die Gesundheitszentren im ganzen Land sind in Alarmbereitschaft, insbesondere in Gebieten, in denen es Krankheitsfälle gibt. In der Nähe dieser Zentren gibt es auch spezielle Krankenwagen, die Patienten in Notfällen transportieren", fügte Namaki hinzu. Es ist geplant, Busse und U-Bahn-Stationen zweimal täglich zu desinfizieren. Wir verwenden auch Desinfektionsmittel am Eingang der U-Bahn und stellen den Menschen kostenlos Masken zur Verfügung".
Government of the Islamic Republic of Iran (25.2.2020): Iran‘s Government Takes Inclusive Measures to Tackle Coronavirus, http://irangov.ir/detail/335247 , Zugriff 24.4.2020
Die Regierungs-Webseite der Islamischen Republik Iran berichtet zusammengefasst, dass eine Telefon-Hotline eingerichtet wurde. Nach offiziellen Angaben sind rund 60 Experten bereit, die Fragen der Menschen zu beantworten.
Government of the Islamic Republic of Iran (25.2.2020): Iran’s Health Ministry Hotline Gives People Advice on Coronavirus, http://irangov.ir/detail/335267 , Zugriff 24.4.2020
Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf die medizinische Versorgung; ist die medizinische Versorgung gewährleistet?
IOM gibt zu der Fragestellung an, dass die medizinische Versorgung im Iran ist trotz aller Knappheit gewährleistet ist. Für diejenigen, die eine staatliche Krankenversicherung besitzen, ist die Behandlung von COVID-19 kostenlos. Wie in anderen Ländern ist das öffentliche Gesundheitssystem im Iran stark überlastet, kann aber dennoch Gesundheitsleistungen in einem akzeptablen Umfang erbringen.
IOM –Internationale Organisation für Migration (6.5.2020): Auskunft von IOM Teheran per mail
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) berichtet in seinen Briefing Notes vom 27.4.2020:
Medizinische Versorgungslage: Medikamentenimporte ohne Geldtransfer unmöglich. Regierungssprecher Ali Rabiei erklärte unlängst bei einer Pressekonferenz in Teheran, dass der Import von Medikamenten erschwert sei. Dies erschwere die Bemühungen der Regierung bei der Bekämpfung von COVID-19.
BAMF –Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (27.4.2020): Gruppe 62 –Informationszentrum Asyl und Migration, Briefing Notes, Zugriff 28.4.2020
Die Regierungs-Webseite der Islamischen Republik Iran zitiert Sorena Sattari, Vizepräsident für Wissenschaft und Technologie, welcher zusammenfassend angab, dass der Iran hervorragende Entwicklungen bei der Produktion von zuverlässigen medizinischen Geräten wie Beatmungsgeräten und verschiedenen Apparaten sieht. Diese Unternehmen haben jetzt die erforderlichen Lizenzen erhalten. Auch bei der Herstellung von Masken und Desinfektionsmittel gibt es keine Probleme. Er unterstrich, dass Tausende von klinischen Tests sowie Hunderte von Forschungsstudien durchgeführt wurden, um die Diagnose der Krankheit und die Behandlung von Coronavirus-Patienten zu unterstützen.
Government of the Islamic Republic of Iran (20.4.2020): COVID-19 Epidemic under Control in Iran: Official, http://irangov.ir/detail/337663 , Zugriff 24.4.2020
Auswirkungen auf die generelle Grundversorgung; ist diese sichergestellt und ist die Versorgung mit Lebensmitteln gewährleistet?
IOM gibt zu dieser Fragestellung an, dass zusätzlich zu den gegen den Iran verhängten internationalen Sanktionen, die Deflation der Landeswährung (Iranian Rial), und auch COVID19, schwere Auswirkungen auf die Wirtschaft hat. Die Mehrheit der iranischen Bevölkerung kämpft täglich ums Überleben. Eine Grundversorgung z.B. mit Nahrungsmitteln, national hergestellten Medikamenten, Wasser usw. ist jedoch bisher vorhanden, ein besonderer Mangel wurde bisher nicht gemeldet. Medikamente, die nicht lokal hergestellt werden und importiert werden müssen, können knapp werden. Die Preise für importierte Vermittlung sind sehr hoch.
IOM –Internationale Organisation für Migration (6.5.2020): Auskunft von IOM Teheran per mail
Auszug aus einem Interview zu den jüngsten Entscheidungen des zur Bekämpfung des Coronavirus-Ausbruchs eingerichteten nationalen Ausschusses in welchem Gesundheitsminister Saeid Namaki angibt, dass zum Beispiel entschieden worden ist, welche Betriebe geschlossen werden sollen und welche offen bleiben können, um Dienstleistungen für die Öffentlichkeit anzubieten. "Supermärkte und Geschäfte, die die Grundbedürfnisse der Menschen abdecken, werden rund um die Uhr geöffnet sein, und die Menschen sollten sich darüber keine Sorgen machen", sagte der Minister.
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Government of the Islamic Republic of Iran (26.3.2020): 1st Wave of Coronavirus Epidemic in Iran Contained: Health Minister, http://irangov.ir/detail/336502 , Zugriff 27.4.2020
Informationen zu (Ein)-Reisemöglichkeit in den Iran.
IOM gibt zu der Fragestellung an, dass alle Passagiere die den Iran verlassen, im Besitz eines Gesundheitszeugnisses sein sollten, das auf den internationalen iranischen Flughäfen ausgestellt wird. Seit dem 24.4.2020 und bis auf weiteres, müssen gemäß Verordnung des iranischen Gesundheitsministeriums während des COVID19-Ausbruchs alle Fluggesellschaften, die mit Direktflügen ankommen, das iranische Gesundheitsministerium vor dem Abflug über die Einzelheiten des Fluges informieren. Fluggäste, die irgendwelche Anzeichen und Symptome aufweisen, dürfen nicht mitfliegen, alle anderen Reisenden müssen ein Gesundheitsformular unterschreiben, in dem sie erklären, dass sie sich an die im Iran geltenden Regeln und Vorschriften halten werden.
Alle Fluggäste, die mit Anschlussflügen aus Ländern mit einer höheren Anzahl von COVID19-Fällen (USA, Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich und Großbritannien) ankommen, müssen sich Tests unterziehen und 14 Tage lang zu Hause unter Quarantäne gestellt werden um sie im Falle eines positiven Testergebnisses informieren zu können.
IOM –Internationale Organisation für Migration (6.5.2020): Auskunft von IOM Teheran per mail
Die Regierungs-Webseite der Islamischen Republik Iran berichtet, dass im Rahmen des Plans zur Bekämpfung des Coronavirus-Ausbruchs sich nur Einwohner einer Stadt in dieser aufhalten dürfen. Das bedeutet, dass Reisen verboten sind. Außerdem müssen diejenigen, die auf Reisen sind, so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren. Auch diejenigen, die sich in ihrer Heimatstadt aufhalten, sollten nicht auf Reisen gehen, da es nicht erlaubt ist, in andere Städte einzureisen. Die ersten beiden Ziffern des Nationalcodes, des Kennzeichens, der Versicherungsnummer usw. zeigen an, ob sie in einer bestimmten Stadt wohnen oder nicht. Personen, die in einer Stadt leben und an einem anderen Ort arbeiten, dürfen pendeln, müssen aber ihren Ausweis mit sich führen. Wenn sich Reisende in andere Städte als ihre Heimatstadt begeben, dürfen sie laut Plan nicht einreisen. Wenn sie illegal in die Stadt einreisen, werden ihre Autos für einen Monat beschlagnahmt und sie müssen eine Strafe zahlen. Ebenfalls im Rahmen der Initiative werden Universitäten, Schulen, Parks und Fitnessstudios geschlossen bleiben. Beschränkungen für Bahn-, Flug-und Landreisen bleiben bestehen.
Government of the Islamic Republic of Iran (26.3.2020): Social-Distancing Plan Goes into Effect in Iran to Counter Coronavirus, http://irangov.ir/detail/336534 , Zugriff 27.4.2020
Das BMEIA gibt zur Einreise und Ausreise an:
Reisewarnung (Sicherheitsstufe 6). Vor Reisen in den Iran wird aufgrund der raschen Ausbreitung des Coronavirus (COVID-19) gewarnt.
BMEIA –Bundesministerium für Europäische und international Angelegenheiten (7.5.2020, unverändert gültig seit 8.4.2020): https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/iran/ , Zugriff 7.5.2020
2.2. Das BVwG stützt sich im Hinblick auf diese Feststellungen auf folgende Erwägungen:
2.2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2.2. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes sowie der am 13.04.2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.
Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.
Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
2.2.3. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Erstbefragung, der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen sowie der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.
Wie das Bundesverwaltungsgericht noch näher ausführen wird, ist der Beschwerdeführer als Person unglaubwürdig. In umfassender Würdigung waren dennoch einzelne Angaben des Beschwerdeführers den Feststellungen zugrunde zu legen.
Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit, zur Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe und zur regionalen Herkunft des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus der der belangten Behörde im Original vorgelegten iranischen Geburtsurkunde (Kopie, AS 99 ff [Übersetzung: AS 111 ff]). Die Landespolizeidirektion OÖ unterzog die Geburtsurkunde einer kriminaltechnischen Untersuchung, bei dem - einem Originaldokument - keine Abänderungen in den Ausfüllschriften bzw. keine Auswechslung des Lichtbilds festgestellt werden konnte (AS 119 f). Bereits die belangte Behörde kam daher auch zu dem Ergebnis, dass die Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers feststehen. Anhand des Ergebnisses der Dokumentenuntersuchung ist allerdings das Geburtsdatum des Beschwerdeführers gegenüber dem angefochtenen Bescheid korrigierend festzustellen (OZ 22, S 4).
Weitere Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seinen Lebensverhältnissen in seinem Herkunftsstaat und in Österreich waren auf Grundlage von - bisweilen lediglich in groben Zügen - stringenten und insoweit glaubhaften Angaben im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, teils in Zusammenschau mit Bescheinigungsmitteln sowie vom Bundesverwaltungsgericht beigeschafften Unterlagen (z. B. Auszug aus dem Zentralen Melderegister, dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde und aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister) zu treffen. Auf einzelne Aspekte geht das Bundesverwaltungsgericht noch näher ein:
Dass er als Moslem (Schiit) geboren wurde, kann den Schilderungen des Beschwerdeführers glaubhaft entnommen werden (OZ 22, S 7). Dass er sich mittlerweile als Christ römisch-katholischen Glaubens, bezeichne, trat in der mündlichen Beschwerdeverhandlung hinreichend zu Tage. Hinsichtlich der religiösen Anschauung des Beschwerdeführers wird im Übrigen auf die untenstehenden Erwägungen bezüglich seiner vermeintlichen Konversion verwiesen.
Die Angaben zum aufenthaltsrechtlichen Status ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt.
Wann der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist in unbedenklichen Urkunden/ Unterlagen dokumentiert (AS 1 ff, 5 ff) und wurde nicht in Zweifel gezogen. Zum Umstand, wonach die Ausreise aus dem Iran zwischen August 2015 und Ende 2015 legal erfolgt sei, hat der Beschwerdeführer des Weiteren in der Erstbefragung, in der Einvernahme vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung bereits eindeutige Angaben getätigt, die dementsprechend den Feststellungen zugrunde gelegt werden konnten. Die Angaben deuten zwar insgesamt - auch unter Berücksichtigung seiner Schilderungen zu seiner Reiseroute (AS 9 ff) - darauf hin, dass der Beschwerdeführer den Iran etwa in diesem Zeitraum verlassen hat. Das konkrete Datum kann allerdings nicht eruiert werden, zumal der Beschwerdeführer in der Erstbefragung am 16.12.2015 einzig ohne konkrete Datumsangabe darlegte, den Iran vor ca. zehn Tagen verlassen zu haben (AS 9). Im Zuge der Einvernahme vor der belangten Behörde am 10.07.2018 führte der BF hingegen aus, den Iran glaublich ca. am 15.08.1394 (Umrechnung in gregorianischen Kalender: 06.11.2015) verlassen zu haben. In der mündlichen Verhandlung schilderte der BF schließlich, den Iran am 15.08.2015 verlassen zu haben (OZ 22, S 8). Im Ergebnis kann das Bundesverwaltungsgericht das Datum der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Iran daher aufgrund dieser unterschiedlichen Angaben nicht zweifelsfrei feststellen und stellt dies ein erstes Indiz für dessen persönliche Unglaubwürdigkeit dar. Die Feststellungen zur unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet Mitte Dezember 2015 ergeben sich aus dem diesbezüglich unbestrittenen Akteninhalt sowie aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Umgehung der die Einreise regelnden Vorschriften ohne die erforderlichen Dokumente in Österreich einreiste.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und den sich daraus ergebenden konkreten Umständen und Erforderlichkeiten hinsichtlich medikamentöser Behandlung ergeben sich aus den Schilderungen des BF in der mündlichen Verhandlung am 13.04.2021 (OZ 22, S 4 f) in Zusammenschau mit den vorgelegten medizinischen Unterlagen vom 24.11.2017 (OZ 24), welche im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegen. Ansonsten wurden auch keine aktuellen ärztlichen bzw. medizinischen Befunde in Vorlage gebracht, welche eine weiterführende Behandlung in Österreich erforderlich erscheinen lassen.
Insgesamt ist von keiner - schon gar keiner schwerwiegenden - Erkrankung des Beschwerdeführers auszugehen. Derzeit benötigt der Beschwerdeführer keine medizinischen Behandlungen und nimmt - abgesehen von einem Schmerzmittel gegen die Rückenbeschwerden - keine Medikamente ein. Dass der Beschwerdeführer Gründe haben könnte, insofern wahrheitswidrige Aussagen zu tätigen, ist nicht ersichtlich.
Von den Deutschkenntnissen konnte sich das Bundesverwaltungsgericht zuletzt in der Verhandlung am 13.04.2021 selbst ein Bild machen; im Übrigen fußen die Feststellungen auf den unbedenklichen im Akt enthaltenen Urkunden.
Dass der Beschwerdeführer - abgesehen von der Mitgliedschaft in der Römisch-Katholischen Kirche, der Teilnahme an deren Gemeinschaftsleben, der regelmäßigen Mithilfe in der Pfarrgemeinde XXXX und einer in der Vergangenheit in der damaligen Wohnortgemeinde XXXX ausgeübten Remunerationstätigkeit sowie während seines Aufenthalts im dortigen Grundversorgungsquartier für Asylwerber bzw. „in der Nachbarschaft“ und „in der Landwirtschaft“ - nicht näher präzisierten - ausgebübten freiwilligen Hilfstätigkeiten - nicht ehrenamtlich/ gemeinnützig tätig, nicht erwerbstätig, nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv und auch nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich ist, ist im Lichte der Aussagen des Beschwerdeführers und der Bescheinigungsmittel (bisweilen im Umkehrschluss) nicht zweifelhaft.
Dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten hat, keine Beziehung führt und kinderlos ist, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dass eine Tante des BF in der Bundesrepublik Deutschland lebt, ergibt sich ebenfalls aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers.
Den Feststellungen zum Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich liegen ebenfalls die Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zugrunde. Das Bundesverwaltungsgericht stellt insgesamt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer verschiedene private Kontakte unterhält. Im Hinblick auf die festgestellten und im (gerichtlichen) Verfahren genannten Aktivitäten (z. B. AS 80 f; OZ 22, S 22 ff) kann jedoch keinesfalls ein Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung festgestellt werden.
Die sonstigen Feststellungen zum Aufenthalt der beschwerdeführenden Partei im Bundesgebiet und deren privaten Aktivitäten gründen sich im Wesentlichen auf die entsprechenden Ausführungen des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem belangten Bundesamt und vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie den im Verfahren vor dem belangten Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Bestätigungen (etwa mehrere Deutschkursteilnahmebestätigungen, ein ÖSD Zertifikat A1, mehrere Bestätigungen über die Verrichtung von Remunerationstätigkeiten und ehrenamtlichen Hilfstätigkeiten, ein Unterstützungsschreiben eines Freundes/ Unterkunftgebers, u.A.), denen keine gegenteiligen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gegenstehen.
Die Feststellungen betreffend die vom BF in Anspruch genommenen Leistungen der Grundversorgung ergeben sich aus dessen Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Zusammenschau mit dem amtswegig angefertigten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit in Österreich entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich). Dass die zuständige Staatsanwaltschaft am 17.06.2020 unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr von der Verfolgung des BF hinsichtlich des Verdachts, einen Ladendiebstahl begangen zu haben, zurücktrat, ist urkundlich hinreichend nachgewiesen (OZ 21). Die Bezeichnung dieser Tat als Fehler durch den BF selbst, ergibt sich aus dessen Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 22, S 24 f).
2.2.4. Die Feststellungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers bzw. dessen Fluchtgründen und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem BFA, den Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sowie den getroffenen Länderfeststellungen.
Die Feststellung zum Nichtvorliegen einer asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen Gefährdung des Beschwerdeführers ergibt sich einerseits aus dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere aufgrund der fehlenden persönlichen Glaubwürdigkeit des BF, als unglaubhaft erachteten Vorbringen des Beschwerdeführers sowie andererseits aus den detaillierten, umfangreichen und aktuellen Länderfeststellungen zur Lage im Iran.
Hinweise auf asylrelevante die Person des Beschwerdeführers betreffende Bedrohungssituationen konnte der BF nicht glaubhaft machen.
2.2.4.1. Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z. B. VwGH 25.01.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.02.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.
Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).
Weiters ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 7 AsylG [numehr: § 3 AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen die Annahme sprechen (vgl. zum Bericht der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts [1991] 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).
Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es bei den in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylweber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der aufgrund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.
Der BF wurde im Rahmen seines Asylverfahrens darauf hingewiesen, dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren darstellen. Der BF wurde zudem aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und wurde darauf aufmerksam gemacht, dass unwahre Angaben nachteilige Folgen haben.
Befragt zu seinen Fluchtgründen schilderte der BF im Zuge der Erstbefragung, vor dem BFA und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht eine Bedrohungssituation, die als nicht glaubhaft bzw. als nicht asylrelevant erachtet wird; dies aus folgenden Gründen:
2.2.4.1.1. Bevor auf das Ausreisevorbringen und die Nachfluchtgründe des Beschwerdeführers einzugehen ist, ist in Anbetracht der in der Einvernahme vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung angedeuteten Beanstandung der Erstbefragung Folgendes festzuhalten.
Die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers werden zusätzlich durch die vom Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen bzw. gerichtlichen Verfahren vorgetragene Beanstandung betreffend der im Zuge der Erstbefragung aufgenommenen Niederschrift verstärkt. So unternahm der Beschwerdeführer im Zuge der Einvernahme vor der belangten Behörde erstmals den Versuch, die seinerzeitige Einvernahmesituation zu beanstanden, indem er behauptete, dass seine Schilderung, bereits vor eineinhalb Jahren Überlegungen zur Ausreise aus dem Iran angestellt zu haben, falsch protokolliert worden sei (AS 72), wobei es bereits auffällig erscheint, dass der Beschwerdeführer die zuvor gestellte Frage, ob er im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und diese korrekt protokolliert und ihm auch rückübersetzt worden seien, bejahte (AS 71). Übereinstimmend hiermit bejahte der BF auch zu Beginn der mündlichen Verhandlung, dass sowohl bei der Befragung durch die Polizei als auch im Zuge der Einvernahme durch das BFA alles richtig und korrekt übersetzt und protokolliert worden sei (OZ 22, S 5). Die behauptete Unrichtigkeit der Niederschrift kann sohin nicht nachvollzogen werden.
Im Übrigen ergeben sich aus der Niederschrift keine konkreten Anhaltspunkte für Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher oder eine falsche Übersetzung oder das Weglassen von Informationen. Seitens des Bundesverwaltungsgerichts entstand der Eindruck, dass diese Befragung ohne Probleme von statten ging. Auch decken sich die dortigen Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner persönlichen und familiären Gegebenheiten grundsätzlich mit den Angaben, welche er im Zuge der Einvernahme vor der belangten Behörde tätigte, was auf eine ordnungsgemäße Protokollierung hinweist. Die Fragen zum Fluchtgrund und zur Reiseroute wurden vom Beschwerdeführer zudem in Eigenerzählung beantwortet. Der Beschwerdeführer musste sichtlich nie nachfragen, wurde über die Rolle des Dolmetschers manuduziert und gab an, der Einvernahmesprache mächtig zu sein. Das entsprechende Protokoll ist klar strukturiert und wurden die an den Beschwerdeführer gerichteten Fragen von diesem auch in unbedenklicher Weise - der jeweiligen gestellten Frage entsprechend - beantwortet. Die protokollierten Fragen und Antworten stehen in einem logischen Konnex, so dass nie der Eindruck entstand, dass irgendetwas falsch verstanden worden wäre. Des Weiteren hat der Beschwerdeführer selbst durch seine Unterschrift bestätigt, dass es keine Verständigungsprobleme gegeben habe und ihm die Niederschrift in einer für ihn verständlichen Sprache rückübersetzt worden sei (AS 15 f). Auch aus der zeitlichen Dauer der erfolgten Einvernahme ergibt sich keine andere Beurteilung. Dazu tritt, dass den Dolmetscher als nichtamtlichen Sachverständigen eine strafrechtliche Verantwortlichkeit (§ 289 StGB) im Falle einer vorsätzlich falschen bzw. nicht vollständigen Übersetzung trifft und hätte dies bzw. eine Verurteilung wohl erhebliche Auswirkungen auf seine berufliche Existenz und ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb der Dolmetscher seine berufliche Existenz wegen des Beschwerdeführers aufs Spiel setzen sollte.
Die in der Einvernahme vor dem BFA angedeutete Beanstandung betreffend die Erstbefragung wirkt daher „nachgeschoben“ und ist nicht nachvollziehbar. Für eine unvollständige oder falsche Protokollierung von Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Erstbefragung besteht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes daher kein Ansatz.
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes stellt sich das Vorbringen des Beschwerdeführers über die angebliche Unrichtigkeit der Niederschrift als bloße Schutzbehauptung dar und ist jedenfalls nicht geeignet, deren Unrichtigkeit substantiiert darzutun.
Die Einwendungen gegen die Einvernahmesituation bei der Erstbefragung überzeugen demnach nicht und hindern insbesondere nicht die Heranziehung der Niederschrift im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Im Übrigen ist die belangte Behörde ihrer aus § 18 AsylG 2005 in Verbindung mit § 37 und § 39 Abs. 2 AVG resultierenden Pflicht, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, nachgekommen (vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0236). Namentlich hat die belangte Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hingewirkt, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Zu beachten ist überdies, dass aus § 18 AsylG 2005 keine Verpflichtung abgeleitet werden kann, Umstände ermitteln zu müssen, die ein Asylwerber gar nicht behauptet hat (vgl. VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0202). Ferner zieht § 18 AsylG 2005 nicht die Pflicht nach sich, ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen (vgl. VwGH 15.10.2018, Ra 2018/14/0143). Insbesondere kann keine Verpflichtung der belangten Behörde erkannt werden, den Beschwerdeführer zu seinem Standpunkt dienlichen Angaben durch zielgerichtete Befragung gleichsam anzuleiten.
2.2.4.1.2. Das Fluchtvorbringen beruht ausschließlich auf der behaupteten Abwendung vom Islam, Hinwendung zum Christentum und angeblich daraus resultierenden Schwierigkeiten. In den verschiedenen Einvernahmen, insbesondere vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht, schilderte der BF, dass er vor seiner Ausreise aus dem Iran eine Hauskirche bzw. Hauskirchen aufgesucht habe. In der Folge sei er von Mitarbeitern der Geheimpolizei verfolgt worden. Ihm sei aber die Flucht vor diesen gelungen. Ferner bestünde in diesem Zusammenhang ein Haftbefehl gegen seine Person.
Dem Beschwerdeführer sind nun folgende Widersprüche im Hinblick auf die Erstbefragung zur Last zu legen. Die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes verkennt nicht, dass sich die Erstbefragung § 19 Abs. 1 AsylG 2005 zufolge - wie in der Beschwerde ausgeführt (AS 317) - zwar nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat und gegen eine unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen Bedenken bestehen (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0061 mwN). Dennoch fällt im gegenständlichen Fall ins Gewicht, dass der BF bei der Erstbefragung insoweit einen anderen Geschehnisverlauf skizzierte, als er erwähnte, seit ca. neun Monaten konvertierter Christ zu sein, wobei die Polizei bereits einmal zwecks Verhaftung bei seinem Elternhaus gewesen und er einen Tag später geflüchtet sei. Des Weiteren schilderte der BF, dass er die Flucht vom Iran in die Türkei und von Istanbul nach Izmir selbst organisiert habe. Die anschließende Weiterreise sei schließlich von zwei syrischen Schleppern organisiert worden (AS 11 ff). In der Einvernahme vor dem BFA am 10.07.2018 schilderte der BF hingegen, dass er sich ca. fünf oder sechs Monate vor der Ausreise für das Christentum interessiert habe und er nach diesem Vorfall mit der Polizei noch zwei oder drei Tage im Haus eines Freundes gewesen sei bzw. habe sich dieser Vorfall ca. zwei Tage vor dem Verlasen des Iran ereignet. Dass er den Iran verlassen könne, sei dann alles von seinem Schwager organisiert worden (AS 75 ff). In der mündlichen Verhandlung behauptete der BF schließlich, im fünften Monat des Jahres 2015 - ca. drei Monate vor den Problemen, welche gleichlautend mit dem Datum des Verlassens des Heimatlandes seien - mit dem Christentum in Kontakt gekommen zu sein und dass er sich nach dem Vorfall mit der Geheimpolizei noch zwei Tage bei einem Freund und einen Tag bei seiner Schwester aufgehalten habe (OZ 22, S 7 f, 10 f). Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes wäre zu erwarten, dass die den Asylwerber selbst betreffenden ausreisekausalen Erlebnisse zuvorderst und in den Grobzügen gleichbleibend bei der ersten sich bietenden Gelegenheit dargelegt werden. Die im gegenständlichen Fall nicht stringente Darlegung solcher eigener Erlebnisse bei der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA bzw. in der mündlichen Verhandlung bezüglich der Frage, ob der BF bereits im Iran konvertiert oder im Herkunftsstaat nur am Christentum interessiert gewesen sei, der Frage, wann er erstmals mit dem Christentum in Kontakt gekommen sei, der Frage, wie lange er nach dem Vorfall mit der Geheimpolizei noch im Iran verblieben sei und der Frage, von wem die Ausreise organisiert worden sei, weckt daher ebenso Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu den ausreisekausalen Ereignissen (zur Zulässigkeit derartiger Erwägungen bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Verschaffung eines persönlichen Eindruckes vom Beschwerdeführer VwGH 24.03.2015, Ra 2014/19/0143; zur Maßgeblichkeit solcher Widersprüche vgl. VwGH 17.05.2018, Ra 2018/20/0168).
Selbst wenn die Erstbefragung keine detaillierte Aufnahme des Ausreisegrundes umfasst, wäre dennoch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu erwarten, dass vom Asylwerber nicht Schilderungen getroffen werden, welche in der Folge anders dargestellt werden. Die vom Beschwerdeführer dazu vorgetragenen Erklärungen überzeugen nicht, zumal der Beschwerdeführer sich in der Erstbefragung ausführlich zu seinen Angehörigen und auch zur Reiseroute äußerte. Die Erstbefragung nahm zudem beinahe eine dreiviertel Stunde in Anspruch, sodass auch ausreichend Zeit zur Darlegung des Standpunktes bestand. Eine plausible Erklärung, weshalb er bei der Erstbefragung einerseits und in der Einvernahme vor der belangten Behörde bzw. in der mündlichen Verhandlung anderseits zu den vorangehend erörterten Fragen widersprüchliche Ausführungen traf, ist nicht erkennbar. Auch wenn der BF anmerkt, dass er darauf hingewiesen worden sei, dass er sich kurz fassen solle (AS 317; OZ 22, S 12), so erschließt sich für das Bundesverwaltungsgericht nicht, weshalb der BF aus diesem Grund beispielsweise einmal davon sprechen sollte, noch einen Tag nach dem ausreisekausalen Vorfall im Iran verblieben zu sein und einmal auszuführen, noch für zwei oder drei Tage nach dem ausreisekausalen Vorfall im Iran verblieben zu sein (OZ 22, S 12). Wenn der Beschwerdeführer im Übrigen im Beschwerdeschriftsatz ausführt, dass die Divergenzen in den Aussagen des BF zur Frage, wann er erstmals mit dem Christentum in Kontakt gekommen sei, damit zu erklären seien, dass es sich bei den von ihm gemachten zeitlichen Angaben um Schätzungen gehandelt habe, da es ihm generell schwerfalle, sich an genaue Zeitpunkte zu erinnern, so ist dem zu entgegnen, dass sich weder der Niederschrift über die Erstbefragung noch über die Einvernahme vor der belangten Behörde ein Hinweis entnehmen lässt, dass der Beschwerdeführer derartige Schwierigkeiten hinsichtlich zeitlicher Angaben hätte. Des Weiteren lässt sich damit jedenfalls nicht erklären, weshalb der BF in der Erstbefragung erläutert, bereits seit ca. neun Monaten konvertierter Christ zu sein, während er im Zuge der Einvernahme vor der belangten Behörde lediglich zu Protokoll gab, dass er sich ca. fünf oder sechs Monate vor der Ausreise erstmals für das Christentum interessiert habe. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang schließlich auch, dass der BF trotz seiner Ausführungen in der Beschwerde nunmehr wiederum in der mündlichen Verhandlung abweichend behauptete, im fünften Monat des Jahres 2015 - somit ca. drei Monate vor den Problemen, welche gleichlautend mit dem Datum des Verlassens des Heimatlandes seien - mit dem Christentum in Kontakt gekommen zu sein. Dass es ihm schwerfalle, sich an genaue Zeitpunkte zu erinnern, erwähnte der BF hierbei ebenso wenig, was ebenfalls zeigt, dass es sich um eine reine Schutzbehauptung im Rahmen der Beschwerde handelte. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, dass der BF dermaßen widersprüchliche Antworten gegeben hat. In Anbetracht der sonstigen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens rundet das beim Studium der Erstbefragung gewonnene Bild den vom Beschwerdeführer gewonnenen Eindruck allerdings ohnehin nur ab.
Ein weiteres Indiz für die festgestellte Unglaubwürdigkeit ist ferner darin gelegen, dass der BF in der Einvernahme vor dem BFA sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG weitere unterschiedliche Angaben zu seinem Fluchtvorbringen tätigte: So gab er im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA an, dass er mit einem Freund zu Häusern gegangen sei, wo es christliche Veranstaltungen gegeben habe (AS 75). In der mündlichen Verhandlung schilderte der BF hingegen auf explizite Befragung, dass es - solange er den Hauskreis besucht habe - immer derselbe Standort gewesen sei (OZ 22, S 11). Auch auf Vorhalt dieses Widerspruchs in der mündlichen Verhandlung war der BF nicht in der Lage, eine plausible Erklärung hierfür zu erbringen, sondern beschränkte er sich auf die Feststellung, dass es ein Haus gewesen sei (OZ 22, S 11), womit aber diese Ungereimtheiten in der Darstellung des Vorbringens seitens des BF nicht entkräftet werden konnten.
Ferner erlaubt sich die erkennende Richterin auf die folgenden divergierenden Angaben des BF zu der angeblichen Festnahme eines Freundes wegen des Besuches der Hauskirche und den anschließenden Ereignissen hinzuweisen:
So gab der BF im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA am 10.07.2018 zunächst an, dass er glaublich einen Tag nach der Festnahme seines Freundes telefonisch von dieser informiert worden sei (AS 76). Dem entgegenstehend brachte er im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor, dass er an dem Tag angerufen worden sei, an dem der Hauskreis aufgeflogen sei (OZ 22, S 8). Auf Vorhalt dieser Ungereimtheiten in der mündlichen Verhandlung legte der BF dar, dass er denken würde, dass es am gleichen Tag gewesen sei, wobei er sich nicht mehr genau erinnern könne, da es schon sechs Jahre her sei (OZ 22, S 9). Diese Erklärung vermag jedoch nicht zu überzeugen, handelt es sich hierbei doch um ein wesentliches Element seines ausreisekausalen Vorbringens und müsste der BF auch noch nach Jahren in der Lage sein, dies widerspruchsfrei auszuführen.
Auch die Angaben des BF zum Standort des Fahrzeugs der Geheimpolizei, erweisen sich als grob widersprüchlich: Während er nämlich im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA anführte, dass dieses vor dem Haus der Familie gewesen sei (AS 75), schilderte der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG hingegen, dass das Fahrzeug am Anfang der Gasse seines Wohnortes gestanden sei (OZ 22, S 8). Auf einen entsprechenden Vorhalt beschränkte sich der BF in der mündlichen Verhandlung auf die Behauptung, dass er auch vor dem BFA angegeben habe, dass die Geheimpolizei am Anfang der Gasse gestanden sei (OZ 22, S 9). Dass es sich hier um eine reine Schutzbehauptung handelt, zeigt sich schon darin, dass der BF auch bereits in der Erstbefragung - ähnlich wie eben in der Einvernahme vor dem BFA - schilderte, dass die Polizei bei seinem Elternhaus gewesen sei, um ihn zu verhaften (AS 13).
Ferner erweisen sich die Angaben des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Beschäftigung und zu den Fragen, wo und wie lange sich der BF im Iran vor seiner Ausreise aufgehalten habe, als divergierend: So führte der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor der belangten Behörde zunächst aus, dass er dort bis zur Ausreise arbeiten habe können bzw. noch am Tag der Ausreise in der Firma gearbeitet habe. Demnach habe er eine Nachtschicht abgeleistet (AS 74). Wenig später erwiderte der Beschwerdeführer hingegen auf die Frage, wie lange vor der Ausreise er noch in der Firma gearbeitet habe, „2 bis 3 Tage vor dem verlassen habe ich noch in der Firma gearbeitet.“ (AS 76), wobei der Beschwerdeführer sein diesbezügliches Vorbringen in der mündlichen Verhandlung dann nochmals abänderte und schilderte, dass er es nicht mehr genau sagen könne, aber er glaublich drei bis vier Tage vor der Ausreise - im Schichtbetrieb - in dieser Firma gearbeitet habe (OZ 22, S 7). Eine nachvollziehbare Erklärung für diese Ungereimtheiten im Vorbringen konnte der BF aufgrund des zweifelsfreien Wortlautes seiner jeweiligen Aussagen nicht dartun (AS 76, 319; OZ 22, S 7). Besonders befremdlich erscheint in diesem Zusammenhang die Aussage in der Beschwerde, wonach er die erste Aussage vor dem BFA „eher abstrakt“ in dem Sinne gemeint habe, dass er bis zuletzt gearbeitet hätte und nicht etwa arbeitslos gewesen sei. Aufgrund des klaren Wortlautes der Aussage zeigt sich jedoch, dass es sich hier um bloße Ausflüchte des BF handelt. Schließlich divergieren - wie zuvor angesprochen - die Angaben zu den Fragen, wo und wie lange sich der BF im Iran vor seiner Ausreise aufgehalten habe. So behauptete der BF zunächst vor der belangten Behörde, zwei oder drei Tage im Haus eines Freundes gewesen zu sein und die Nacht vor der Ausreise bei seiner Schwester verbracht zu haben (AS 75 f). Demgegenüber gab er im Rahmen der mündlichen Verhandlung wiederum an, vor der Ausreise zwei Tage bei einem Freund und dann noch einen Tag bei seiner Schwester gewesen zu sein (OZ 22, S 7 f).
Lebensfremd und deshalb wenig glaubhaft ist, dass der Freund des Beschwerdeführers, welcher den BF im Iran für das Christentum „missioniert“ haben soll, diesen innerhalb kürzester Zeit zur Hauskirche mitgenommen haben will. Laut BF seien zwischen der „Missionierung“ - einem Gespräch über das Christentum - und der Einladung zum Hauskreis lediglich zwei bis drei Tage gelegen (OZ 22, S 10 f). Angesichts der im Iran herrschenden Verhältnisse wäre in einer derartigen Situation eine größere Vorsicht zweifelsfrei geboten gewesen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein - konvertierter - Christ im Iran offenbar ohne Weiteres gegenüber einer Person, die aus einem gläubigen Elternhaus kommt (OZ 22, S 14), nach dieser doch erst kurzen Zeit offen über Hauskirchenbesuche spricht und diese hierzu einlädt, zumal er damit auch die anderen Besucher der Hauskirche(n) in Gefahr bringen könnte. Ein derartiges Vorgehen widerspräche jeglicher Vernunft. Ebenso wenig will einleuchten, dass der BF unter Berücksichtigung der soeben angesprochenen Situation im Iran sogleich eine Hauskirche besucht haben will, obwohl er nur geringe Kenntnisse vom Christentum besessen haben kann und ihm die Gefährlichkeit eines Besuchs einer Hauskirche bewusst gewesen sein musste (vgl. OZ 22, S 12).
Aber auch die Schilderungen des Beschwerdeführers zur Frage, wie oft er eine Hausmesse besucht habe, erweisen sich als völlig unplausibel: Lebensfremd und deshalb wenig glaubhaft ist es nämlich, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung behauptete, dass er dies nicht mehr wisse, da er im Schichtbetrieb gewesen sei und nur unregelmäßig hingehen habe können. Selbst auf Vorhalt, wonach er doch zumindest ungefähr wissen müsste, wie oft er Hausmessen besucht habe, beharrte der BF darauf, sich nicht mehr erinnern zu können, wie oft er dort gewesen sei. Es sei einige Male gewesen, aber wisse er keine Zahl. Es ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, dass eine am Christentum bzw. an einer Konversion interessierte Person im Iran nicht in der Lage ist, die ungefähre Anzahl der Hauskirchenbesuch anzugeben, zumal hierbei zu berücksichtigen ist, dass es dem BF im Zuge der Einvernahme vor dem BFA sehr wohl noch möglich war, von ca. vier bis fünf Veranstaltungen zu sprechen.
Besonders hervorzuheben ist des Weiteren, dass folgende Erwägungen gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers, insbesondere dagegen, dass er tatsächlich im Iran eine Hauskirche besucht habe, sprechen: Die Angaben des Beschwerdeführers zum Inhalt und Ablauf der angeblichen Sitzungen waren vor dem Bundesverwaltungsgericht derart banal und oberflächlich, dass sie nicht darauf schließen lassen, der Beschwerdeführer habe tatsächlich im Iran an einer Hauskirche teilgenommen: „Über die Bibel, über das Alte Testament, über das Neue Testament. Ich war auch sehr oft in der Küche und machte für die anderen Kaffee oder Tee. Es war sehr freundschaftlich. […] Wenn man in das Haus kam, standen dann in der Halle sieben bis acht Stühle. Rechts davon stand dann ein Tisch mit einem Sessel und einem Computer. Während wir uns trafen wurde aus der Bibel vorgelesen. Einer hielt die Predigt aus dem Neuen Testament und es wurden Gebete gesprochen. […] Es wurde über den Opfergang von Jesus gesprochen, über die Unsterblichkeit der Seele, über das Alte Testament, über Moses, über XXXX aus der Löwengrube und, dass sein Grabmal in XXXX steht.“ (OZ 22, S 12 f). Um solche Angaben machen zu können, muss man keinesfalls tatsächlich an christlichen Sitzungen teilgenommen oder sich anderweitig näher mit dem Christentum befasst haben. Derart oberflächliche Informationen können problemlos durch Schulbildung oder allgemeinen, das heißt nicht spezifisch auf christliche Inhalte ausgerichteten, Medienkonsum, erlangt werden. Der Beschwerdeführer hatte zudem, als er am 13.04.2021 vor dem Bundesverwaltungsgericht diese Aussagen machte, bereits Jahre lang in Österreich gelebt und am Leben verschiedener christlicher Gemeinden in Österreich teilgenommen, sodass es bereits aus diesem Grunde überhaupt keine Schwierigkeit darstellen konnte, den Inhalt und Ablauf von Hauskirchensitzungen genauso einleuchtend wie nichtssagend anzugeben, ohne jemals im Iran derartige Sitzungen besucht zu haben. Dass er bei den angeblichen Treffen einen individuell einprägsamen Moment oder etwas für seinen weiteren religiösen Weg Ausschlaggebendes erlebt hätte, lässt sich den Aussagen des Beschwerdeführers ohnedies nicht entnehmen. Die Antworten des Beschwerdeführers bestanden insofern allein in den allgemeinen, in Bezug auf eine allfällige individuell religiös prägende Erfahrung gehaltlosen und phrasenhaften Aussagen.
Ebenso wenig erscheint nachvollziehbar, wie dem BF die Flucht vor den Mitarbeitern der Geheimpolizei gelungen sein soll. So legte der BF vor der belangten Behörde im Zuge der freien Schilderung seiner Fluchtgründe lediglich dar, dass er sich vor seinen Verfolgern „ganz schnell“ in einem Geschäft versteckt habe. Selbst auf die anschließende Aufforderung, den Vorfall mit dem Fahrzeug näher zu schildern, beschränkte sich der BF darauf zu erklären, dass er den Weg gewechselt habe und zu einem Geschäft gegangen sei, wo ihm der Besitzer des Geschäfts geholfen habe, dass er zu dessen Haus gelangen könne. Es erscheint völlig lebensfremd, wie dem BF auf diese von ihm geschilderte Weise, die Flucht vor den Mitarbeitern der Geheimpolizei - in der Beschattung und Verfolgung von Verdächtigen gut ausgebildeten und erprobten Beamten - geglückt sein soll. Insoweit überrascht es wenig, dass der BF in der Folge – abweichend von seinem bisherigen Vorbringen – die von ihm geschilderte Flucht vor den Mitarbeitern der Geheimpolizei in der mündlichen Verhandlung wesentlich dynamischer und dramatischer schilderte. Demnach hätten sich diese, als sie ihn gesehen haben, mit ihrem Fahrzeug in Bewegung gesetzt. Er sei dann in eine andere Richtung durch eine schmale Gasse zum Beginn einer Kreuzung gelaufen, wo ein Nachbar und Freund ein Haus habe, in dem er ein Geschäft betreibe. Dort sei er hinein und habe sich versteckt. Die Schilderung der Mitarbeiter der Geheimpolizei folgte in der mündlichen Verhandlung im Übrigen bloßen Stereotypen (Personen mit Bärten und bestimmter Zivilkleidung). Der Beschwerdeführer war insoweit auch in diesem Punkt nicht in der Lage erhellende Angaben zu tätigen.
Des Weiteren ist auch die legale Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Iran zu berücksichtigen (AS 9, 72). Die Verwendung des eigenen Reisepasses bei der Ausreise deutet darauf hin, dass der Beschwerdeführer keine Bedenken hatte, sich der Passkontrolle am Flughafen XXXX zu unterziehen beziehungsweise ergeben sich daraus keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer Verfolgungshandlungen seitens der Behörden in seinem Heimatland selbst befürchtete oder zu befürchten hatte. Wenig überzeugend erscheint die in diesem Zusammenhang in der Einvernahme vor dem BFA am 10.07.2018 (AS 72) und in der mündlichen Verhandlung geäußerte Behauptung des Beschwerdeführers, aufgrund der Tätigkeit seines Schwagers bei der Polizei keine Probleme gehabt zu haben (AS 72; OZ 22, S 7, 25), zumal sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Ausreise keineswegs völlig sicher sein konnte, dass die Beziehungen seines Schwagers tatsächlich ausreichen würden, um einer Festnahme zu entgehen. Es widerstreitet den sonstigen Schilderungen, dass die Flucht des Beschwerdeführers in einem derart von mangelnder Vorsicht gekennzeichneten Kontext erfolgt sein sollte.
Schließlich darf nicht gänzlich außer Acht gelassen werden, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren keine Bescheinigungsmittel bezüglich dieser Bedrohung und/ oder Verfolgung wegen der Konversion zum Christentum übermittelte, obwohl er in der mündlichen Verhandlung noch zum Ausdruck brachte, dass sich bei seinen Verwandten im Iran ein gegen seine Person ausgestellter Haftbefehl befinde (vgl. OZ 22, S 13). Angesichts der vom BF selbst getätigten Äußerungen erschien eine Beischaffung dieses Haftbefehls jedenfalls möglich und wurde dem BF insoweit in der mündlichen Verhandlung eine dreiwöchige Frist zur Vorlage eingeräumt. Bei tatsächlichem Zutreffen des Vorbringens könnte doch vorausgesetzt werden, dass der Beschwerdeführer entsprechende Unterlagen, wie diesen Haftbefehl, welche sein Vorbringen belegen können, in Vorlage gebracht hätte, wie es auch von anderen Beschwerdeführern aus seinem Herkunftsland praktiziert wird und spricht dies somit ebenfalls gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, zumal der BF nunmehr im Zuge der Stellungnahme vom 04.05.2021 lediglich lapidar behauptete, dass der Haftbefehl nicht mehr auffindbar sei (OZ 24).
Abschließend gibt es noch einen weiteren Aspekt, der für die persönliche Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers spricht:
Der Vollständigkeit halber wird in diesem Zusammenhang festgehalten, dass, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich eine asylrelevante Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen befürchtet, er wohl bereits etwa bei seinem Aufenthalt in Griechenland, Kroatien oder Slowenien (AS 11, 73) einen Asylantrag gestellt hätte.
In diesem Zusammenhang ist auf die Richtlinie 2011/95/EG des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes zu verweisen, welche in ihrem Art. 4 Abs. 5 lit. d vorsieht, dass dann, wenn für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise fehlen, diese Aussagen keines Nachweises bedürfen, wenn der Antragsteller internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war. Wendet man diese sekundärrechtliche Norm im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung auf das gegenständliche Verfahren an, so ergibt sich um Umkehrschluss, dass gegenständlich jedenfalls - glaubwürdige - Beweise erforderlich gewesen wären.
Weiters ist auf Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes zu verweisen, wonach die Mitgliedstaaten festlegen können, dass das Prüfungsverfahren im Einklang mit den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II beschleunigt und/oder an der Grenze oder in Transitzonen nach Maßgabe von Artikel 43 durchgeführt wird, wenn nach dessen lit. h der Antragsteller unrechtmäßig in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats eingereist ist oder seinen Aufenthalt unrechtmäßig verlängert hat und es ohne stichhaltigen Grund versäumt hat, zum angesichts der Umstände seiner Einreise frühestmöglichen Zeitpunkt bei den Behörden vorstellig zu werden oder einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.
Der Beschwerdeführer musste auf seiner Reise nach Österreich zudem auch durch andere als sicher geltende Staaten reisen und wäre es ihm möglich und zumutbar gewesen schon dort um Schutz anzusuchen. Durch das Unterlassen kann geschlossen werden, dass er andere Motive als jene der Schutzsuche hat.
2.2.4.1.3. Dass der Beschwerdeführer aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit keine asylrelevanten Probleme hatte, ergibt sich daraus, dass der BF in der Einvernahme vor der belangten Behörde am 10.07.2018 zunächst lediglich allgemein die Frage bejahte, ob er in seiner Heimat jemals wegen seiner Nationalität, Volksgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt worden sei. In der Folge führte er dann vage aus, dass es bei seiner Volksgruppe eine Schande sei, dass ein Araber zu einem anderen Glauben wechsle. Sie seien gläubige Moslems, weshalb es eine Schande sei (AS 75). In der mündlichen Verhandlung bejahte der BF zwar ebenfalls als Angehöriger der arabischen Volksgruppe Probleme gehabt zu haben und schilderte im Anschluss auf Nachfrage ähnlich, dass er einem Stamm schiitischen Glaubens angehören würde, der extrem religiös bzw. fundamentalistisch eingestellt sei. Auf Wiederholung der Frage zu den diesbezüglichen Problemen gestand der BF dann jedoch ein, deswegen keine persönlichen Probleme gehabt zu haben und wiederholte lediglich, dass diese stark religiös seien (OZ 22, S 7). Insoweit revidierte der BF damit seine ursprünglichen Aussagen. Das Bundesverwaltungsgericht sieht keinen Grund an diesen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln, zumal es sich dabei nicht um ein gesteigertes, sondern um ein reduziertes Vorbringen handelt und der Beschwerdeführer aus der Richtigstellung keinen Vorteil zieht. In Anbetracht der Angaben des Beschwerdeführers ist eine asylrelevante Verfolgung(sgefahr) bzw. wohlbegründete Furcht vor einer solchen wegen der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur Volksgruppe der Araber daher auszuschließen und war zur Feststellung zu gelangen, dass der BF vor seiner Ausreise auch keine asylrelevanten Probleme aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit hatte. Aus den Länderinformationen ergeben sich auch keine Hinweise auf eine Gruppenverfolgung von Arabern im Iran.
2.2.4.1.4. Der Beschwerdeführer legte vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und in mündlichen Verhandlung ferner dar, Christ römisch-katholischen Glaubens zu sein (AS 71, 77 ff, 319 ff; OZ 22, S 14 ff).
Aufgrund dieses Vorbringens ist eine nähere Auseinandersetzung mit den religiösen Anschauungen des Beschwerdeführers erforderlich.
2.2.4.1.5. Zum behaupteten Interesse für das Christentum:
Der Beschwerdeführer vermochte aus nachfolgend dargelegten Gründen nicht zu überzeugen, dass er sich tatsächlich nachhaltig ernstlich und aus innerer Überzeugung zum Christentum bekennt.
Zur Kontextualisierung sowie zum Verständnis der in der Folge dargetanen Kriterien in Bezug auf die religiöse Identität, erweist sich die folgende kurze Darstellung des für die Beurteilung der Asylrelevanz einer Konversion gebotenen rechtlichen Rahmens als sinnvoll (siehe dazu Asyl- und Fremdenrecht, Jahrbuch 2020, Herausforderungen im gerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Herkunftsstaat Iran am Beispiel der Konversion von Dr. Barbara Herzog, Seite 159-161).
Immanente Komponenten hierfür sind zum einen die generelle Verfolgungsrelevanz im Herkunftsstaat, zum anderen das Erfordernis des Praktizierens des neuen Glaubens im Herkunftsstaat sowie ferner die ernsthafte Zuwendung zum neuen Glauben.
Die Verfolgungsrelevanz setzt generell voraus, dass die Konversion im Herkunftsstaat verboten ist, aber auch Diskriminierungen von maßgeblicher Intensität wie auch nichtstaatlichen Verfolgungen kann Asylrelevanz zukommen. Zu verweisen ist dazu generell auf den Verfolgungsbegriff der Status-Richtlinie (Artikel 9 Absatz 2 der RICHTLINIE 2011/95/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes), gemäß welchem eine (drohende) Strafverfolgung aufgrund der Konversion dann als eine Verfolgungshandlung von ausreichender Schwere zu beurteilen ist, wenn sie unverhältnismäßig oder diskriminierend ist. Dabei genügt es nicht, dass die Apostasie oder die Konversion im Herkunftsstaat generell unter Strafe gestellt ist, sondern muss diese auch vom Staat in unverhältnismäßiger oder diskriminierender Weise exekutiert respektive vollzogen werden. Ein ähnlicher Tenor findet sich auch im Urteil des EuGH vom 04.10.2018, Fathi, C-56/17 wieder, wo wie folgt ausgeführt wird: Der Umstand, dass Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Ausübung der Religionsfreiheit nach dem Recht des Herkunftslandes mit unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Sanktionen geahndet werden, reicht für die Annahme des Vorliegens einer Verfolgung im Sinne des Artikel 9 Status-RL aus, wenn erwiesen ist, dass solche Sanktionen tatsächlich angewandt werden und der Antragsteller nachweislich Gefahr läuft, ihnen bei Rückkehr in das Herkunftsland ausgesetzt zu sein (weiterer Tenor des Urteils des EuGH vom 04.10.2018, Fathi, C-56/17: zur Auslegung des Religionsbegriffs (Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b der Status-RL) wird festgehalten, dass eine Person, die Verfolgung aus religiösen Gründen geltend macht, zur Stützung ihres Vorbringens zu ihren religiösen Überzeugungen zwar keine Erklärungen abgeben oder Schriftstücke vorlegen muss, die sich auf alle Komponenten des Begriffs „Religion“ beziehen; es obliege aber dem Antragsteller dieses Vorbringen glaubhaft zu substantiieren, indem er Anhaltspunkte darlegt, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, den Wahrheitsgehalt des Vorbringens zu überprüfen. Insbesondere muss ein solcher Antragsteller – um mit seinem Antrag nicht zu scheitern – nicht unbedingt Angaben machen, dass er in der öffentlichen Sphäre Handlungen vorgenommen hat oder auch nicht, die mit diesen Überzeugungen zusammenhängen, und auch nicht die Richtigkeit seiner diesbzgl. Behauptung mittels Unterlagen nachweisen. Zur Auslegung des Verfolgungsbegriffs (Artikel 9 Status-RL) wird in diesem Urteil festgehalten, dass das Vorliegen einer Verfolgung zum einen von der Schwere der Beeinträchtigung der Religionsfreiheit und zum anderen von der Schwere der Handlung abhängt, denen der Antragsteller aufgrund der Ausübung der Religionsfreiheit in seinem Herkunftsland ausgesetzt ist. Der Umstand, dass Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Ausübung der Religionsfreiheit nach dem Recht des Herkunftslandes mit unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Sanktionen geahndet werden, reicht für die Annahme des Vorliegens einer Verfolgung im Sinne des Artikel 9 Status-RL aus, wenn erwiesen ist, dass solche Sanktionen tatsächlich angewandt werden und der Antragsteller nachweislich Gefahr läuft, ihnen bei Rückkehr in das Herkunftsland ausgesetzt zu sein).
Dem allem liegt zu Grunde, dass der Staat Kenntnis vom Religionswechsel erlangen muss und wird dies primär durch die Ausübung der neuen Religion erfolgen, womit auf die zweite Komponente, nämlich das Praktizierung des neuen Glaubens im Herkunftsstaat anzuschließen ist. Auch dafür ist es indiziert sich am Verfolgungsbegriff zu orientieren und ist dazu speziell auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 05.09.2012 Bundesrepublik Deutschland vs. Y. und Z., C71/11 und C99/11 hinzuweisen. In dieser Entscheidung wurde judiziert, dass einem Asylsuchenden der Verzicht auf die Religionsausübung nicht zumutbar ist und es sohin irrelevant ist, wenn er der Gefährdung durch Verzicht auf die religiöse Betätigung entgehen könnte. Ferner wurde darin auch judiziert, dass nicht jeder Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit, der gegen Artikel 10 Grundrechte-Charta verstößt, eine Verfolgungshandlung darstellt; dazu ist nämlich zu prüfen, ob der Asylsuchende bei der Ausübung seiner Religionsfreiheit tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt zu sein. Ergo dessen ist die Glaubenspraktizierung fundamental für die Beurteilung der Frage nach der Asylrelevanz, was wiederum indiziert, dass deren Intensität eine zentrale Bedeutung zukommen wird müssen (vgl. dazu auch EuGH Urteil vom 05.09.2012 (Bundesrepublik Deutschland vs. Y. und Z., C71/11 und C99/11): Darin hat sich der EuGH mit der Abgrenzung zwischen dem Eingriff in die Religionsfreiheit und einer Verfolgungshandlung sowie zur Vermeidung der Verfolgungsgefahr durch Verzicht der Ausübung auseinandergesetzt. (Die Behörden und Gerichte haben aufgrund der persönlichen Umstände des Asylsuchenden zu prüfen, ob er aufgrund der Ausübung der Religion in seinem Heimaland tatsächlich Gefahr läuft verfolgt oder unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung unterworfen wird. Ferner ist Artikel 2 Buchstabe c der Status-RL dahingehend auszulegen, dass sobald feststehe, dass sich der Asylsuchende im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in einer Art und Weise religiös betätigt, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzt, ist ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Dass er die Gefahr durch Verzicht auf bestimmte religiöse Betätigungen vermeiden könnte, ist grundsätzlich irrelevant).
Die dritte Komponente betrifft die ernsthafte Zuwendung zum neuen Glauben und sohin das Erfordernis, dass der Religionswechsel auf innerer Überzeugung beruht und dieser die religiöse Identität auch nachhaltig prägt.
Summa summarum lässt sich sagen, dass alle drei dargestellten Komponenten, nämlich die Verfolgungsrelevanz, das Praktizieren des Glaubens und die ernsthafte Zuwendung zum Glauben, nicht isoliert voneinander betrachtet werden können, denn das Praktizieren des Glaubens setzt die Ernsthaftigkeit der Konversion voraus, denn wenn die neue Religion die Identität einer Person nicht nachhaltig prägt, so wird diese den Glauben im Herkunftsland auch nicht praktizieren (wollen); dem geht selbstredend die generelle Frage voraus, ob die Konversion im Herkunftsstaat überhaupt Repressionen auslösen kann, folglich ob Verfolgungsrelevanz besteht, was hinsichtlich der Islamischen Republik Iran, wie sich aus den zuvor dargetanen Länderinformation ergibt, grundsätzlich zu bejahen sein wird.
Zur Prüfbarkeit der inneren Überzeugung einer Konversion (näheres dazu siehe in Asyl- und Fremdenrecht, Jahrbuch 2020, Herausforderungen im gerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Herkunftsstaat Iran am Beispiel der Konversion von Dr. Barbara Herzog, Seite 161 bis 162) ist nun auf die ständige höchstgerichtliche Judikatur hinzuweisen. Aus dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere VwGH 14.11.2007, 2004/20/0215, „Der VwGH verlangt zur Feststellung, ob ein Antragsteller tatsächlich oder nur zum Schein konvertiert ist, eine schlüssige Gesamtbeurteilung. Elemente für eine solche Gesamtbeurteilung können sein: eine nähere Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten und seinem religiösen Grundwissen sowie eine konkrete Auseinandersetzung mit Angaben etwaiger Zeugen. Mangelndes religiöses Grundwissen kann für das Vorliegen einer Scheinkonversion sprechen, ist aber nicht ausreichend.“ Auch die aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung setzt diese Judikaturlinie fort (vgl. vgl. VfGH vom 27.02.2018, E2958/2017, VfGH vom 23.09.2019, E 2272/2019-11, VwGH vom 02.09.2015, Ra 2015/19/0091, VwGH vom 20.06.2017, Ra 2017/01/0076, VwGH vom 07.05.2018, Ra 2018/20/0186, VwGH vom 18.10.2018, RA 2018/19/0236, VwGH vom 23.01.2019, Ra 2018/19/0260 und 0261, VwGH vom 14.03.2019, Ra 2018/18/0441, VwGH vom 14.03.2019, Ra 2018/18/0455, VwGH vom 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH vom 26.03.2019, Ra 2018/19/0603, VwGH vom 26.03.2019, Ra 2018/19/0530, VwGH vom 26.08.2019, Ra 2019/20/0400, VwGH vom 28.08.2019, Ra 2019/14/0129, VwGH vom 29.08.2019, Ra 2019/19/0303, VwGH vom 30.09.2019, Ra 2019/20/0437, VwGH vom 04.12.2019, Ra 2019/14/0427, VwGH vom 11.12.2019, Ra 2019/20/0538, VwGH vom 17.12.2019, Ra 2019/18/0350, VwGH vom 13.02.2020, Ra 2020/19/0002, VwGH vom 26.02.2020, Ra 2019/20/0540, VwGH vom 07.05.2020, Ra 2020/18/0125) und haben sich aus dieser Judikatur Prüfkriterien zur Überprüfbarkeit der inneren Überzeugung einer Konversion entwickelt, wie etwa die Motivation für den Religionswechsel, welche Rolle die Religion im früheren Leben des Asylsuchenden gespielt hat und wie intensiv er sich damit auseinandergesetzt hat, der Zeitpunkt der Konversion, die Taufe sowie der Ablauf des Konversionsprozesses, die Kenntnisse über die neue Religion bzw. das Christentum, Zeugenberichte von Amtsträgern christlicher Einrichtungen sowie insbesondere die religiöse Aktivität des Asylsuchenden aber auch die generelle Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden im Verfahren, welche stets in einer Gesamtschau zu beurteilen sind, und die es den Gerichten und Behörden ermöglichen können zu eruieren, ob ein Asylsuchender tatsächlich aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert ist bzw. das Christentum seine Identität nachhaltig geprägt hat. Hervorzuheben ist ein rezenter, die Revision zurückweisender, Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes in welchem dieser festhält, dass maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel seien (VwGH vom 18.9.2019, Ra 2019/18/0239) sowie ferner ein aktuelles Judikat gemäß welchem es bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten ankomme, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (VwGH vom 23.10.2019, Ra 2019/19/0376; vgl. auch VwGH vom 04.12.2019, Ra 2019/14/0427).
Was die Motivation für den Glaubenswechsel (näheres dazu siehe in Asyl- und Fremdenrecht, Jahrbuch 2020, Herausforderungen im gerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Herkunftsstaat Iran am Beispiel der Konversion von Dr. Barbara Herzog, Seite 163 bis 164) betrifft, so werden allgemeine und klischeehafte Ausführungen, wie bspw. das Christentum gefalle einfach besser, im Islam gebe es viel Krieg und Gewalt, im Islam ist alles streng und zwanghaft, im Christentum gibt es viel Liebe oder der Wunsch nach kultureller Zugehörigkeit wohl nicht ausreichend sein um eine innere Glaubenshaltung darzulegen und sind schon wegen zu häufiger Nennung respektive stereotyper Vorbringen eher negativ besetzt. Generell sollte der Entwicklungsprozess mehr im Fokus stehen und sollte der Asylsuchende in der Lage sein diesen Entwicklungsprozess nachvollziehbar darzustellen und nicht bloß in fragmentarischer Art und Weise. Auch sollte eine gewisse Affinität zu religiösen und spirituellen Erfahrungen vorhanden sein und sollte der Glaube auch schon im bisherigen Leben dominiert haben.
Was den Zeitpunkt der Konversion (näheres dazu siehe in Asyl- und Fremdenrecht, Jahrbuch 2020, Herausforderungen im gerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Herkunftsstaat Iran am Beispiel der Konversion von Dr. Barbara Herzog, Seite 164) betrifft, so wird differenziert zu beurteilen sein, in welchem Verfahrensstadium die Konversion geltend gemacht wird, denn es macht einen Unterschied, ob das Interesse für das Christentum bereits im Herkunftsland bestanden hat und der Asylsuchende mitunter auch schon im Herkunftsstaat Verfolgungshandlungen aufgrund der Konversion ausgesetzt war, er folglich vorverfolgt ausgereist ist, oder ob das Interesse für das Christentum erst als subjektiver Nachfluchtgrund geltend gemacht wird oder überhaupt erst nach erfolgloser (oft mehrfacher) Asylantragstellung. Selbstverständlich wird es nicht vertretbar sein, der Konversion, wenn sie als subjektiver Nachfluchtgrund geltend gemacht wird, schon vorweg weniger Beweiswert respektive Substanz beizumessen, aber gerade wenn sie erst nach mehrfacher erfolgsloser Asylantragstellung erstmals vorgebracht wird, wird es – wiederum in einer Gesamtschau – vertretbar sein, Opportunitätserwägungen hinter diesem Verhalten zu vermuten (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 23.03.2016, F.G. vs. Schweden 43611/11, in welcher der EGMR auch die Frage des Zeitpunktes des Konversionsvorbringens (sowie das Spannungsverhältnis zwischen initiativem Vorbringen und amtswegigen Ermittlungen) behandelt hat. In diesem Urteil hat der EGMR die Feststellung des schwedischen Gerichtes für vertretbar erachtet, dass aufgrund von interessierten Tätigkeiten die einzig und allein dem Zweck dienen, eine Aufenthaltserlaubnis im dem Staat zu erhalten, in dem der Asylantrag gestellt worden ist, keine begründete Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat des Antragstellers vorliege, wenn die opportunistische Natur dieser Tätigkeit für jedermann, einschließlich der Behörden des Landes, offensichtlich sei. Dieses Argument findet sich auch im Urteil des EGMR vom 19.12.2017 (Urteil des EGMR vom 19.12.2017, Zahl: 60342/16, A. gg. die Schweiz).
Was die Taufe und den Ablauf des Konversionsprozesses (näheres dazu siehe in Asyl- und Fremdenrecht, Jahrbuch 2020, Herausforderungen im gerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Herkunftsstaat Iran am Beispiel der Konversion von Dr. Barbara Herzog, Seite 164-166) betrifft, so wird es bei der Taufe selbst eine Rolle spielen, ob der Asylsuchende beschreiben kann, was die Taufe grundsätzlich bedeutet, was sie für ihn ganz persönlich bedeutet und wie er den Taufprozess erlebt hat. Von besonderer Relevanz ist zweifelsohne auch die Dauer der Taufvorbereitung. Es macht einen Unterschied, ob der Schutzsuchende ein einjähriges Katechumenat bis zur Taufe absolviert hat oder ob die Taufe bereits einige Tage oder Wochen nach dem ersten Kontakt mit einer Glaubensgemeinschaft, welcher gelegentlich auch nur über das Internet besteht bzw. aufrechterhalten wird, vollzogen wird. Gelegentlich kommt auch ein gehäufter Kirchen- und Glaubensrichtungswechsel vor und könnte auch aufgrund eines volatilen Verhaltens auf eine mangelnde Ernsthaftigkeit geschlossen werden. Zu beachten gilt stets auch die Entscheidung des VwGH aus dem Jahr 2006, der zufolge es für die Beurteilung der Frage, ob eine Konversion vorliegt, nicht auf den Formalakt der Taufe, sondern lediglich auf die religiöse Einstellung des Asylwerbers ankommt (vgl. VwGH vom 21.12.2006, 2005/20/0624); Mutatis-Muntandis bedeutet dies aber auch, dass lediglich der Formalakt der Taufe für die Asylgewährung nicht ausreichend sein kann.
Da mit der Konversion neue Glaubensgrundsätze, religiöse Traditionen und Bräuche übernommen werden, kann auch vorausgesetzt werden, dass sich eine zum Christentum konvertierte Person intensiver mit der neuen Glaubenslehre auseinandersetzt und sollten daher gewisse theologische Grundkenntnisse (näheres dazu siehe in Asyl- und Fremdenrecht, Jahrbuch 2020, Herausforderungen im gerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Herkunftsstaat Iran am Beispiel der Konversion von Dr. Barbara Herzog, Seite 166-167) vorhanden sein. Wesentlich ist auch die Beurteilung, ob das Katechismus- bzw. Bibelwissen auswendig eingelernt wirkt oder ob der Asylsuchende den Sinn dahinter versteht. Von Relevanz wird sein, dass der Asylsuchende erklären kann, was bestimmte Glaubenssätze im Christentum für ihn nun persönlich bedeuten und ob er den spirituellen Hintergrund des Bibelwissens bzw. dessen Sinn versteht und welche Erfahrungen er mit der neuen Religion gemacht hat und wie sich die Religion in seinem Leben manifestiert hat.
Der religiösen Aktivität (näheres dazu siehe in Asyl- und Fremdenrecht, Jahrbuch 2020, Herausforderungen im gerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Herkunftsstaat Iran am Beispiel der Konversion von Dr. Barbara Herzog, Seite 167-171) kommt zweifellos eine immense Bedeutung zu; dies insbesondere unter Beachtung des Umstandes, dass die Gefährdungsprognose das Praktizieren des neuen Glaubens im Herkunftsstaat voraussetzt (vgl. EUGH-Urteils vom 05.09.2012). Für die Gefährdungsprognose wird es maßgeblich darauf ankommen, wie der Asylsuchende gegenwärtig, in einem Land in welchem er vor Sanktionen sicher ist, seinen neuen Glauben lebt, denn daraus kann abgeleitet werden, ob und wie er im Falle einer Rückkehr diesen leben wird. Es kommt bei der Prüfung daher ganz wesentlich darauf an, wie sich der christliche Glaube in äußerlichen Aktivitäten manifestiert hat (Beleuchtung der aktiven Mitgliedschaft in der christlichen Gemeinde, regelmäßige und aktive Besuche von christlichen Veranstaltungen und Gottesdiensten, Motiv für den Kirchenbesuch (Gründe wie: durch Freunde aufmerksam gemacht, Treffen von Freunden, Pflege von sozialen Kontakten, Möglichkeit sich mit Leuten zu unterhalten, Leute sind dort sehr nett und man hat dort die Liebe der Menschen empfunden, werden wohl kein Indiz für eine gelebte innere Überzeugung darstellen. Damit beschreibt der Asylsuchende nämlich lediglich, dass er sich in der Gemeinschaft dieser Menschen wohl und respektiert fühlt; keineswegs macht er damit jedoch deutlich, dass er von den religiösen Lehren der jeweiligen Kirche überzeugt ist und vor allem nicht, dass er von einem religiösen Glauben erfasst ist). Einen hohen Stellenwert wird sicherlich ein exponiertes öffentliches religiöses Wirken sowie auch der Proselytismus einnehmen. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des EGMR vom Dezember 2017 (Urteil des EGMR vom 19.12.2017, Zahl: 60342/16, A. gg. die Schweiz), in welcher dieser einen Verstoß gegen Art. 2 und 3 EMRK ausgeschlossen hat und die Beurteilung der schweizerischen Behörden als nicht unangemessen angesehen, wonach konvertierte Personen, die bei den iranischen Behörden – auch wegen anderer Taten als ihrem Glaubensübertritt – nicht bereits bekannt seien und beabsichtigten, ihren Glauben diskret zu praktizieren, keiner Verfolgungsgefahr ausgesetzt seien. Im gegenständlichen Fall hat der iranische Asylsuchende, nach einem bereits abgelehnten Asylantrag, eine Konversion zum Christentum geltend gemacht. Das Schweizer Gericht hat die abweisende Entscheidung, unter Bezugnahme auf Herkunftsländerquellen begründet, aus denen sich ergibt, dass nur besonders exponierte Personen einer Verfolgung ausgesetzt sind, da den iranischen Behörden bekannt sei, dass Konversionsvorbringen in manchen Fällen im Ausland nur zu Asylerlangung erstattet würden und wurde insbesondere festgehalten, dass keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Asylsuchende seinen Glauben öffentlich ausübe oder gar missioniere. Der EGMR hat diese Begründung in diesem konkreten (Einzel-)Fall für unbedenklich erachtet.
Letztlich kommt auch den Zeugenberichten (näheres dazu siehe in Asyl- und Fremdenrecht, Jahrbuch 2020, Herausforderungen im gerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Herkunftsstaat Iran am Beispiel der Konversion von Dr. Barbara Herzog, Seite 171-173) eine gewisse Bedeutung zu und kommt es gerade beim Vorbringen der Konversion häufig vor, dass Amtsträger christlicher Einrichtungen (Pfarrer oder Dekane) als Zeugen namhafte gemacht werden. Die Judikatur des VwGH zur Zeugenbefragung ist grundsätzlich relativ restriktiv und wird es generell als relevant erachtet, in der Beschwerde namhaft gemachte Pfarrer als Zeugen zu befragen (VwGH 13.02.2020, Ra 2019/19/0472, VwGH 13.02.2020, Ra 2020/19/0002, VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0350, VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0355). Jedoch betont der VwGH auch, dass die Angaben des Zeugen stets in einer Gesamtschau zu beurteilen sind (VwGH 30.09.2019, Ra 2019/20/0437, VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0603, VwGH 22.02.2018, RA 2017/18/0426, VwGH 23.05.2017, Ra 2017/18/0028, VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0117, VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381). Zeugen können sicherlich dahingehend mitwirken, indem sie Angaben zum christlichen Leben des Asylsuchenden machen können, sie bekanntgeben können, wie oft er den Gottesdienst besucht, ob und inwiefern er sich in die Arbeit der Religionsgemeinschaft einbringt und wie aktiv sich sein christliches Leben gestaltet. Die Relevanz der Zeugenaussage wird sicherlich auch von der Aussagekraft des Zeugen abhängen, ob er bspw. nur angibt, den Asylsuchenden getauft zu haben und ihn gelegentlich in der Kirche zu sehen oder ob er Angaben zu einer langjährigen Begleitung und gemeinsamen Arbeit in der Kirche machen kann. Was für den Zeugenbeweis gilt, gilt grundsätzlich auch für Bestätigungsschreiben über die religiöse Identifizierung von kirchlichen Amtsträgern und ist deren Beweiswert ebenso im Rahmen einer Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen.
In ihrer Entscheidung, namentlich auch in der Beweiswürdigung und bei der Feststellung des Sachverhaltes, sind die belangte Behörde und das Bundesverwaltungsgericht nach dem geltenden Recht jedoch nicht an die Erwägungen Dritter gebunden – und zwar auch nicht an die Erwägungen von Pfarrern, Pastoren, Geistlichen und sonstigen kirchlichen oder religiösen Repräsentanten, die im Rahmen ihrer Funktion darüber befinden, ob jemand die Voraussetzungen dafür aufweise, das Sakrament der Taufe zu empfangen (vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0538; siehe auch VwGH vom 11.10.2019, Ra 2019/01/0367, zu als „pastorales Gutachten“ titulierten Schreiben, sowie VwGH 26.02.2020, Ra 2019/20/0540).
Auch der generellen Glaubwürdigkeit (näheres dazu siehe in Asyl- und Fremdenrecht, Jahrbuch 2020, Herausforderungen im gerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Herkunftsstaat Iran am Beispiel der Konversion von Dr. Barbara Herzog, Seite 173) des Asylsuchenden im Verfahren kommt Bedeutung zu und ist auch dieses Kriterium bei der Prüfung heranzuziehen. Dieses Prüfkriterium aber als prioritäres Argument für die Unglaubwürdigkeit der Konversion heranzuziehen, wird wohl nicht ausreichend sein, wie dies auch der VwGH in ständiger Rechtsprechung judiziert (vgl. auch VwGH 02.09.2015, Ra 2015/19/0091).
Gemessen an der höchstgerichtlichen österreichischen und europäischen Judikatur kommt es bei der Prüfbarkeit der inneren Überzeugung ganz maßgeblich auf eine schlüssige Gesamtbeurteilung unter Berücksichtigung aller Prüfelemente an und nimmt dabei das religiöse Verhalten bzw. die religiöse Aktivität des Asylsuchenden eine prioritäre Rolle ein; dies auch im Hinblick auf die generelle Asylrelevanz und Verfolgungsprognose (Glaubenspraktizierung im Herkunftsstaat).
Für den gegenständlichen Fall ergibt sich demnach Folgendes:
Vorab ist festzuhalten, dass die Feststellungen, wie und wann der Beschwerdeführer (in Österreich) mit dem christlichen Glauben in Berührung kam und insbesondere zur Römisch-Katholischen Kirche Zugang fand und inwieweit er an deren Gemeinschaftsleben in den jeweiligen Gemeinden teilnahm bzw. teilnimmt und sich engagiert(e), aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers und des vom Bundesverwaltungsgericht als Zeugen einvernommenen Pfarrers KonsR XXXX sowie des Bestätigungsschreibens des Pfarrers der römisch-katholischen Pfarrgemeinde XXXX zu treffen waren. Grundlagen für die Feststellungen zur Taufe und Vorbereitung darauf sind ebenfalls die Aussagen des Beschwerdeführers und des Zeugen Pfarrer KonsR XXXX ; der Beschwerdeführer hat außerdem eine Bestätigung bezüglich der Zulassung zu den Sakramenten der Eingliederung, einen Taufschein und einen Auszug aus dem Taufbuch vorgelegt. Dass der Beschwerdeführer formal gegenüber den österreichischen Behörden aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten ist, ergibt sich aus der Vorlage einer diesbezüglich unbedenklichen Urkunde.
Zu den religiösen Kenntnissen:
Es wird zwar nicht in Abrede gestellt, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung laut seinen Ausführungen gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht mittlerweile das wichtigste Gebet der Christen, nämlich das Vater unser, das Ave Maria und das Glaubensbekenntnis, kannte, wobei er das Ave Maria und das Glaubensbekenntnis auch zumindest zum Teil wiedergeben konnte. Ferner waren dem BF bereits in der Einvernahme vor dem BFA die „Zehn Gebote“ zumindest teilweise bekannt. Bezüglich ihm geläufiger Kirchenlieder beschränkte sich der BF in der mündlichen Verhandlung jedoch einzig auf die Erwähnung des Hallelujas, welches beim Betreten der Kirche intoniert werde. Was das Tischgebet betrifft, verwies der BF erneut auf das „Vater unser“ hin. Der Beschwerdeführer schilderte in groben Zügen den Aufbau und die Unterteilung der Bibel korrekt. So führte der BF in der mündlichen Verhandlung aus, dass das Alte Testament aus 47 Büchern besteht. Ganz genau umfasst der katholische alttestamentliche Kanon allerdings insgesamt 46 Bücher. Die anschließenden Ausführungen des Beschwerdeführers zum Aufbau des Alten Testaments waren insgesamt dürftig, mag er auch gewusst haben, dass die ersten fünf Bücher die fünf Bücher des Moses sind und sogenannte prophetische Bücher existieren. Tatsächlich besteht das Alte Testament aus Gesetzesbüchern, Geschichtsbüchern, Lehrbüchern, poetischen und prophetischen Büchern. Die Gesetzesbücher bzw. die fünf Büches Moses - Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri und Deuteronomium - waren dem Beschwerdeführer wiederum bekannt und wusste er, dass die fünf Bücher des Moses die Thora bilden. Ferner war es ihm möglich gewesen, zumindest zwei weitere Bücher namentlich zu benennen. Der BF wusste zwar ferner, dass das Neue Testament aus 27 Büchern besteht. Der BF war aber nicht in der Lage, umfassende Kenntnisse zum Aufbau des Neuen Testaments vorzuweisen. Tatsächlich besteht das Neue Testament aus den geschichtlichen Büchern des Neuen Testaments (Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes), den Geschichten der Apostel, den Briefen des Neuen Testaments und dem prophetischen Buch des Neuen Testaments (Offenbarung des Johannes). Im Übrigen konnte der BF in der mündlichen Verhandlung lediglich drei Evangelisten namentlich benennen und kann sein Wissen über die Evangelisten Lukas und Johannes lediglich als oberflächlich bezeichnet werden bzw. ist es überhaupt als falsch zu qualifizieren. Dem Beschwerdeführer war des Weiteren bewusst, dass Brot und Wein bei der Wandlung eine besondere Symbolik zukommen und konnte er ein christliches Symbol, nämlich das Kreuz, benennen. Der Beschwerdeführer war jedoch nicht in der Lage, weitere christliche Symbole, wie beispielsweise die Taube, den Fisch, die Buchstaben A & O (Gott ist der Anfang und das Ende), das Wasser oder den Baum (Halt, Heimat, Geborgenheit und Sicherheit) zu benennen. Dem BF war hingegen der Begriff der Dreifaltigkeit und der Name des aktuellen Papstes bekannt. Kenntnisse über das Konklave hatte er allerdings nicht. Der Beschwerdeführer konnte ebenso wenig Wissen über den Begriff „ICHTHYS vorweisen. Es war dem Beschwerdeführer nicht möglich auszuführen, dass dieser für I = Jesus, CH = Christus, TH = Gott, Y = Sohn und S = Retter steht. Der Beschwerdeführer war schließlich nicht in der Lage, Symbole der Taufe, nämlich etwa Wasser, Kerze oder Taufkleid, zu benennen. Dem BF war nicht bekannt, aus welcher Religion heraus das Christentum entstand bzw. welcher Religion, nämlich dem Judentum, Jesus angehört habe. Es mag zwar nicht überbewertet werden, aber der BF konnte auch keine Kenntnisse über den Dreifaltigkeitssonntag nachweisen. Überraschend erscheint vor allem, dass der BF in der Einvernahme vor dem BFA am 10.07.2018 den 25. Dezember - die Geburt von Jesus - als letzten christlichen Feiertag benannte. Geringe Kenntnisse hatte der Beschwerdeführer schließlich auch zum christlichen Fest Pfingsten. Der BF wusste zwar, dass der Pfingstsonntag der 50. Tag der Osterzeit ist. Befragt, was zu Pfingsten gefeiert werde, erwiderte der BF aber fälschlicherweise „Das ist 50 Tage nach der Auferstehung, dass Jesus wieder zu seinen Freunden zurückkommt.“ Tatsächlich ist der Festinhalt die Sendung des Geistes Gottes zu den Jüngern Jesu und seine bleibende Gegenwart in der Kirche. Dem BF war es daher nicht möglich solche Kenntnisse über seine neue Religion vorzuweisen, die von einem aus innerer Überzeugung zur christlichen Religion Konvertierten erwartet werden können.
Zudem ist anzumerken, dass letztlich auch die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung mit denen der Beschwerdeführer den Inhalt der Hausmessen und den Ablauf der Zusammenkünfte in der Hauskirche beschrieben hat, den Eindruck erwecken, dass er nur über oberflächliche Kenntnisse von der christlichen Religion verfügt: „Über die Bibel, über das Alte Testament, über das Neue Testament. Ich war auch sehr oft in der Küche und machte für die anderen Kaffee oder Tee. Es war sehr freundschaftlich. […] Wenn man in das Haus kam, standen dann in der Halle sieben bis acht Stühle. Rechts davon stand dann ein Tisch mit einem Sessel und einem Computer. Während wir uns trafen wurde aus der Bibel vorgelesen. Einer hielt die Predigt aus dem Neuen Testament und es wurden Gebete gesprochen. […] Es wurde über den Opfergang von Jesus gesprochen, über die Unsterblichkeit der Seele, über das Alte Testament, über Moses, über XXXX aus der Löwengrube und, dass sein Grabmal in XXXX steht.“
Wenngleich die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes der Frage, über welches Wissen ein angeblicher Konvertit über seinen angeblichen neuen Glauben verfügt, kein überzogenes Gewicht beimessen will, ist es doch bemerkenswert, dass der Beschwerdeführer, der sich (laut eigener, allerdings unzutreffender Aussage) bereits mehrere Monate vor seiner Ausreise aus dem Iran mit dem Christentum befasste und nach seiner Einreise Ende 2015 tatsächlich am Leben in christlichen Gemeinden in Österreich teilnimmt, bislang nur oberflächliche Kenntnisse über das Christentum und den römisch-katholischen Glauben hat (vgl. die obigen Ausführungen). Dass er, wie bereits ausgeführt, auch jetzt nur oberflächliche Kenntnisse über das Christentum hat, spricht nicht für eine eingehende Auseinandersetzung mit dem angeblichen neuen Glauben.
Wenn sich der Beschwerdeführer vereinzelt in Ansätzen inhaltlich zutreffend äußerte, stützt dies die getroffene Feststellung, dass der Beschwerdeführer in den vergangenen Jahren - er lebt seit Ende 2015 in Österreich - ein gewisses Interesse am Christentum entwickelt und sich damit befasst hat, es lässt aber im Gesamtkontext keinesfalls den Schluss zu, er identifiziere sich mit dem christlichen Glauben.
Insgesamt zeugen die Antworten des Beschwerdeführers davon, dass er sich nicht aus echtem Interesse mit dem Christentum auseinandersetzt(e).
Zur Motivation für den Glaubenswechsel:
Größeres Gewicht als fehlendes Wissen hat freilich der Umstand, dass der Beschwerdeführer – trotz eingehender Befragung – in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht abermals nicht schlüssig darlegen konnte, dass er sich aus Überzeugung vom Islam ab- und dem Christentum zugewandt habe sowie dass und aus welchen Gründen er sich mit dem Christentum identifiziere. So hat er Fragen, die auf seine persönliche Glaubensüberzeugung und seinen persönlichen Bezug zum Christentum oder zum römisch-katholischen Glauben gerichtet waren, weitgehend oberflächlich und gerade ohne erkennbaren persönlichen Bezug zur Religion und zu seiner Glaubensüberzeugung beantwortet.
Schon unter Bedachtnahme auf den persönlichen Lebensweg des Beschwerdeführers sind die behauptete Abwendung vom Islam und die Hinwendung zum Christentum nicht plausibel. Weder in den Aussagen vor der Behörde noch in den schriftlichen Eingaben trat zutage, dass Religion generell im Leben des Beschwerdeführers einen bedeutsamen Stellenwert hätte, er auf der Suche nach einer Möglichkeit gewesen wäre, ein individuelles Bedürfnis nach Religiosität zu befriedigen und/ oder die Erfüllung insofern – aus nachvollziehbaren Gründen – nicht im Islam gefunden hätte. Insoweit verneinte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung - mögen seine Eltern den islamischen Glauben auch praktiziert haben - die Frage, ob er ein strenggläubiger Moslem gewesen sei, wobei er dies folgendermaßen präzisierte: „Nein, nicht sehr viel. Ich habe den Islam nicht praktiziert.“ An anderer Stelle führte der BF zuvor ähnlich aus, dass er zwar gebürtiger Moslem, sein Kontakt zur Religion vor dem Christentum aber nicht gut gewesen sei. Er habe eine sehr leichte religiöse Überzeugung besessen und erst durch das Christentum den Glauben gefunden (OZ 22, S 14). In diesem Zusammenhang ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer auf die Frage "[…] Wenn man nicht gläubig ist und auch kein Interesse an der Religion hat, mutet es doch seltsam an, dass man dann plötzlich Interesse hat zu konvertieren. Möchten Sie dazu etwas sagen? […]" erwiderte „Das stimmt, ich hatte keine besondere Hinwendung zur Religion. Allerdings ist das Christentum keine Religion, sondern ein Weg zur Rettung der Seele.“, was insofern überraschend erscheint als der Beschwerdeführer, dass Christentum - die weltweit größte Religion - hierbei explizit nicht als Religion, sondern als Weg zur Rettung der Seele bezeichnet.
Auch mit Blick auf die weiteren Angaben des Beschwerdeführers ist eine aus Überzeugung geschehene Abwendung vom Islam oder eine grundsätzliche Ablehnung des Islams nicht glaubhaft, zumal er selbst vorbrachte, doch bis zu einem gewissen Grad über Kenntnisse hinsichtlich des islamischen Glaubens zu verfügen (OZ 22, S 14). So ist zu bedenken, dass der Beschwerdeführer von sich aus - etwa im Rahmen der freien Schilderung der Flucht- und Asylgründe vor der Behörde (vgl. AS 75) - nicht einmal den Versuch unternahm, zu erörtern, dass und weshalb er den Islam ablehne. Es wäre davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der sich tatsächlich aufgrund persönlicher Erfahrungen und/ oder Erlebnisse aus Überzeugung vom Islam abgewandt hat, ein entsprechendes Vorbringen im Verfahren zu seinem Antrag auf internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt erstattet. Die Vorgehensweise des Beschwerdeführers belegt einmal mehr, dass sein Vorbringen konstruiert ist. Auf die Frage, warum er sich im Iran für das Christentum interessiert habe, erwiderte der BF in der mündlichen Verhandlung dann unter Ignorierung der Fragestellung lapidar „Als Mohammad mich missionierte und mir eine Bibel gab, hat mir das Christentum so gut gefallen. Der Islam hatte mir davor schon längere Zeit nicht mehr gefallen.“ (OZ 22, S 10). Nochmals danach befragt, was damals, als er noch im Iran gelebt habe, ausschlaggebend gewesen sei, dass er sich für das Christentum interessiert habe, gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung dann an: „Das Christentum hat mein Herz berührt, ich hatte das Gefühl vom Heiligen Geist berührt worden zu sein. Die Geburt von Jesus durch die jungfräuliche Maria hat mich auch sehr beeindruckt." (OZ 24, S 15). Insoweit fiel auch die Antwort auf diese Frage eher dürftig aus. Wäre sein Herz tatsächlich vom Christentum berührt worden bzw. hätte er tatsächlich das Gefühl gehabt, vom Heiligen Geist berührt worden zu sein und hätte es die angebliche Bedeutung für den Beschwerdeführer gehabt, hätte er es gewiss bereits in der Einvernahme vor der belangten Behörde vorgebracht. Was die Geburt von Jesus durch die jungfräuliche Maria betrifft, so ist wiederum darauf zu verweisen, dass dies dem BF ohnehin bereits aus dem Islam bekannt gewesen sein müsste, zumal die jungfräuliche Empfängnis auch im Koran festgehalten ist. Insoweit kann dies ebenso wenig dafür ausschlaggebend gewesen sein, dass er sich plötzlich wenige Monate vor seiner Ausreise für das Christentum interessiert habe. Auf die Fragen „Warum haben Sie sich gerade dem Christentum zugewandt und nicht einer anderen Religion? Was war ausschlaggebend für die Zuwendung zum Christentum.“ erwiderte der BF in der mündlichen Verhandlung abermals floskelhaft: „Weil der Weg zu Gott nur über Jesus Christus führt.“ (OZ 22, S 15). Ähnlich klischeehaft beantwortete der BF bereits zuvor in der Einvernahme vor dem BFA die Fragen „Woran glauben Sie? Was bedeutet Christentum für Sie?“. So beschränkte sich der BF hierbei auf die Stereotypen „Es bedeutet für mich Erlösung und ohne Sünden leben zu können. Nachgefragt: Liebe habe ich auch gelernt.“ (AS 77).
Hinzu tritt, dass die im Vorabsatz wiedergegebenen Antworten bezüglich der Motive für das Interesse am Christentum insofern überraschen, als der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor der belangten Behörde – befragt, warum er sich genau für das Christentum entschieden und vom islamischen Glauben abgewandt habe - zum Ausdruck brachte, dass er sehr viele Filme in den Veranstaltungen gesehen habe. In einem Film sei eine Frau gesteinigt worden und Jesus habe gesagt, wer keine Sünde habe, solle den ersten Stein werfen. Im Islam gebe es einen Film, wo man eine Frau steinige und gebe es im Islam keine Gerechtigkeit (AS 77). Diese Filme erwähnte der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nicht mehr. Im Ergebnis konnte den - ohnehin dürftigen - Ausführungen des Beschwerdeführers insoweit nicht hinreichend deutlich entnommen werden, ob sein Glaubenswechsel seine Ursache nun im Wesentlichen in der Berührung durch den Heiligen Geist und/ oder im Umstand, wonach der Weg zu Gott nur über Jesus Christus führe und/ oder in den christlichen Filmen hat, zumal er gleichzeitig an anderer Stelle in der mündlichen Verhandlung eingesteht, kein Schlüsselerlebnis gehabt zu haben. Abschließend ist diesbezüglich anzumerken, dass es doch verwundert, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich war, vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht gleichbleibend anzugeben, weshalb er sich entschieden habe, dem christlichen Glauben beizutreten, handelt es sich bei einem Glaubenswechsel doch um ein einschneidendes Ereignis, welches eine deutliche Zäsur im Leben eines Menschen darstellt.
Davon, dass einer echten, inneren Konversion zu einer anderen Religion zwingend ein Schlüsselerlebnis vorangehen muss, geht das Bundesverwaltungsgericht zwar nicht aus. Der Beschwerdeführer konnte allerdings weder ein Schlüsselerlebnis schildern, noch konnte er die angebliche Hinwendung zum Christentum und die Motivation dafür anderweitig plausibel darlegen.
Insoweit die erkennende Richterin in der mündlichen Verhandlung schließlich zu erhellen versuchte, inwieweit sich der BF mit verschiedenen Religionen auseinandergesetzt habe, so tritt hinzu, dass der BF auf die Aufforderung/ Frage “Wenn Sie sich von Ihrer bisherigen Religion abgewandt haben, wäre es eine logische Konsequenz, dass Sie sich auch mit den anderen Religionen auseinandergesetzt haben. Erklären Sie die Unterschiede zu den anderen Religionen und warum Sie sich nicht für eine dieser Religion entschieden haben?“ unter Ignorierung der Fragestellung lediglich plattitüdenhaft erwiderte, dass er die Bibel gelesen habe und zu dem Entschluss gekommen sei, dass der einzige Weg um Gott zu erreichen über das Christentum führe (OZ 22, S 15). Ebenso wenig erreichte die Antwort des BF auf die Fragen, ob er sich auch mit anderen christlichen Strömungen befasst habe und wenn ja, warum er sich nicht für eine dieser entschieden habe, eine besondere inhaltliche Tiefe. Der BF führte lediglich aus, dass er sich auch mit dem protestantischen Glauben auseinandergesetzt habe, er sich dann aber für den katholischen Zweig entschieden habe, weil dieser vollständiger sei, was bedeuten würde, dass die Katholiken sieben Sakramente besitzen und - im Gegensatz zu den Protestanten - bei jedem Gottesdienst die Kommunion empfangen werden könne (OZ 22, S 17). Inhaltlich reicht diese Aussage letztlich nicht über Alltagswissen hinaus. In dieses Bild passt es im Übrigen auch, dass der BF die Frage, welche christliche Strömung es noch gebe, zwar im Ansatz beantworten konnte. So erklärte der BF wörtlich: „Protestant, Katholik und Orthodox.“ Kenntnisse über den orthodoxen Glauben konnte er jedoch nicht nachweisen, sondern einzig die Bedeutung des Wortes „orthodox“ angeben. Was die Aufforderung an den BF betrifft, die Unterschiede der katholischen Strömung von der evangelischen Strömung zu beschreiben, so reicht auch diese Antwort („Beim katholischen kann der Priester nicht heiraten, beim protestantischen schon. Im katholischen wird auch die Maria, die Mutter von Jesus, als Heilige verehrt und angebetet. Im protestantischen betetet man nur zu Gott und zu Jesus. Im katholischen gibt es die Kindstaufe, im protestantischen nicht. Im katholischen Glauben werden alle Gebote eingehalten und neben der Bibel werden noch andere Bücher für wichtig erachtet, beim protestantischen nicht.“) nicht über Alltagswissen hinaus und besitzt der letzte Satz der Aussage kaum Erklärungswert. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern die Frage der zölibatären Lebensführung katholischer Geistlicher, die Marienverehrung in der Römisch-Katholischen Kirche oder die Frage der Kinder- bzw. Erwachsenentaufe für die Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers von Relevanz ist. Der Beschwerdeführer hat etwa mit keinem Wort auch nur angedeutet, aus welchen persönlichen oder z. B. auch theologischen Überlegungen er der einen oder anderen Variante der Taufe den Vorzug gebe. Abgesehen davon zeugt die Antwort des Beschwerdeführers von Unkenntnis und damit von einem Mangel an Interesse am Christentum, wird doch die Kindertaufe auch in protestantischen Kirchen sehr wohl praktiziert; vgl. z. B. https://de.wikipedia.org/wiki/Taufe#Kindertaufe (21.06.2021); https://de.wikipedia.org/wiki/Kindertaufe#Evangelisch (21.06.2021); https://www.evang-wien.at/taufe (21.06.2021). Nichtssagend ist schließlich die Behauptung des BF, wonach im römisch-katholischen Glauben – im Gegensatz zum protestantischen Glauben - alle Gebote eingehalten und neben der Bibel noch andere Bücher für wichtig erachtet werden würden. Auch hier zeigt sich die Unkenntnis des Beschwerdeführers, zumal er nicht in der Lage war, die von ihm thematisierten Bücher, die im römisch-katholischen Glauben neben der Bibel als wichtig erachtet werden würden, zu benennen.
Auf die Fragen "Was hat Ihnen am Islam missfallen? Warum war diese für Sie nicht mehr akzeptabel?“ und "Was ist im Christentum besser als im Islam?" sowie auf die im Anschluss erfolgte Aufforderung „Nennen Sie zwei konkrete Merkmale dafür, weshalb aus Ihrer Sicht das Christentum besser zu Ihnen passt als der Islam!“ (OZ 22, S 14 f) reagierte der Beschwerdeführer im Wesentlichen mit flacher, oberflächlicher Kritik am Islam und gleichermaßen undifferenziert positiven Aussagen zum Christentum, womit er seine angebliche Abwendung vom Islam und Hinwendung zum Christentum nicht schlüssig erklären konnte. So sagte der Beschwerdeführer gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht: „Der Islam ist eine aggressive Religion." (OZ 22, S 14). Diese bisweilen in Allgemeinplätzen bestehende Schwarz-Weiß-Malerei zwischen Islam und Christentum wird weder der einen noch der anderen Religion gerecht (vgl. insbesondere – zur Liebe zwischen Gott und dem Menschen – 3:31-32 [Koran] und – zur Liebe zwischen Mann und Frau – 30:21 [Koran]. Umgekehrt sind im Hinblick auf Gewalt im Christentum etwa zahlreiche Bibelstellen (z. B. Gen 9,5-6; Ex 15,3-7; Offb 19,11-21) und im Hinblick auf gewaltsame Auseinandersetzungen die allgemein bekannte Gewaltausübung im Rahmen der so genannten Kreuzzüge und – sogar zwischen unterschiedlichen christlichen Konfessionen und deren Vertretern – der Dreißigjährige Krieg sowie der Nordirlandkonflikt zu bedenken, wobei die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes freilich nicht übersieht, dass Religion jeweils nur einen Teilaspekt der Auseinandersetzung darstellt(e). Insoweit der BF zudem schilderte „Im Islam werden die Taten nach dem Tode gemessen. Im Christentum werden die Sünden durch die Hinwendung zu Jesus und der Taufe vergeben.“, so zeigt sich darin die Unausgewogenheit und Einseitigkeit der Darstellung durch den Beschwerdeführer, da er somit gänzlich ignorierte, dass (auch) im Koran Gott („Allah“) als barmherzig und gnädig (z. B. 1:1; 59:22 [Koran]) und als jemand, der auch vergeben kann sowie vergibt (z. B. 29:7; 57:28 [Koran]), beschrieben wird. Dass der Beschwerdeführer auf der Suche nach Vergebung der Sünden gewesen wäre und diese erst oder nur im Christentum gefunden hätte und das Christentum aufgrund der „Liebe an Gott und den anderen Menschen“ besser zu ihm passe, ist weder mit Blick auf seine persönliche Lebenssituation/-geschichte noch unter Bedachtnahme auf Glaubensinhalte bzw. textliche Grundlagen des Islam einsichtig.
Zur Taufe und zum Konversionsprozess in Österreich:
Angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich erst nach seiner Einreise in das Bundesgebiet Anfang 2016 mit dem Christentum in Berührung kam, ist nicht plausibel, dass seiner – mag diese auch erst rund 16 Monate nach seiner Einreise erfolgt sein - Taufe am 23.04.2017 eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben voranging und dass sich der Beschwerdeführer aus religiöser Überzeugung in einer christlichen Religion taufen ließ. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass der BF weder in der Einvernahme vor dem BFA noch in der mündlichen Verhandlung von sich aus über den Taufunterricht berichtete und es sich bei den getroffenen Ausführungen um lediglich allgemeine Phrasen handelte. Demnach werde im Taufvorbereitungskurs alles über diesen Glauben unterrichtet. Auf Nachfrage schilderte der BF, dass es sich hierbei um die Geschichten von Jesus, die im Buch bzw. in der Heiligen Schrift stünden, handle (AS 78). In der mündlichen Verhandlung führte der BF diesbezüglich aus: „Dieser dauerte ein Jahr und wurde freitags für die Dauer von zwei Stunden abgehalten. Über die Taufe, über die Gebete, Altes Testament, Neues Testament, Maria und das Leben von Jesus.“ Das erkennende Gericht kommt daher zum Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer in Wahrheit nicht die Taufe als spirituelles Ereignis wichtig gewesen ist, sondern es ihm vielmehr ausschließlich um die Tatsache der absolvierten Taufe ging, um in seinem Asylverfahren sich bessere Chancen auszurechnen. Dementsprechend oberflächlich war auch die Antwort über die Inhalte dieses Taufvorbereitungskurses. Auch hier konnte der Beschwerdeführer in keiner Weise eine tiefergehende Auseinandersetzung mit biblischen Inhalten wiedergeben, was für das erkennende Gericht nur den Schluss zulässt, dass die Taufe für den Beschwerdeführer kein besonders einschneidendes Erlebnis darstellte.
Die Schlussfolgerung, dass sich der Beschwerdeführer nicht eingehend mit seiner angeblich neuen Glaubensrichtung auseinandergesetzt hat, muss das Bundesverwaltungsgericht auch daraus ziehen, dass die Kontaktaufnahme mit der Römisch-Katholischen Kirche lediglich mithilfe zweier Freunde erfolgte, die den als Zeugen beantragten Pfarrer ansprachen und diesen zum Aufsuchen der Flüchtlingsunterkunft bewegen konnten, wo sich insgesamt 20 Personen befanden, die sich für das Christentum interessiert hätten (OZ 22, S 25 f).
Dazu hält das erkennende Gericht fest, dass der Beschwerdeführer eben nicht bestrebt war, dass er aus Interesse für eine bestimmte Glaubensrichtung den Kontakt mit einer christlichen Religionsgemeinschaft in Österreich herstellte, sondern dass er sich für jenen christlichen Zweig entschied, welcher ihm von Dritten (zwei Freunden) durch deren Kontaktaufnahme mit dem örtlichen Pfarrer vermittelt wurde. Konkrete - eine gewisse Tiefe aufweisende - Antworten, warum er sich gerade diese Religionsgemeinschaft aussuchte, was ihm dort aus religiöser Sicht mehr gefallen hätte als in anderen Kirchen, konnte der Beschwerdeführer nicht geben, insbesondere ließ der Beschwerdeführer Ausführungen vermissen, dass er sich auch aus religiösen Gründen für die eine oder die andere Kirche entschieden hätte. Dass der Beschwerdeführer jene Gemeinde auswählte, die ihm von dritten Personen vermittelt worden sei, ist zwar naheliegend, lässt jedoch keine Rückschlüsse zu, weswegen ihm diese Religionsgemeinschaft derart wichtig wäre und er sich dort zugehörig fühle. Auf alle Fälle brachte der Beschwerdeführer keine Gründe vor, die Rückschlüsse darauf zulassen, dass ihm die Auslegung "evangelisch" oder „römisch-katholisch“ oder „orthodox“ des Christentums besonders wichtig wäre oder er sich besonders mit dieser auseinandergesetzt hätte.
Insoweit zeigten sich die Antworten des Beschwerdeführers auf diese Fragen weithin oberflächlich und spiegelt sich auch in den anschließenden Aussagen wider, dass sich der Beschwerdeführer nicht umfassend mit den verschiedenen christlichen Glaubensrichtungen auseinandersetzte, bevor er der Römisch-Katholischen Kirche beitrat. So erwiderte der Beschwerdeführer auf die Frage, warum er sich gerade für die Römisch-Katholische Kirche entschieden habe, insbesondere unter Beachtung des Umstandes, dass es sich bei der Glaubensgemeinschaft im Iran um eine protestantische Einrichtung gehandelt habe, lediglich „Im Iran gab es in meinem Umfeld nur einen protestantischen Hauskreis. Als ich nach Österreich kam erkundigte ich mich, mir wurde die katholische Kirche als eine komplette Kirche genannt, eine ausgereifte Kirche, die auch alle sieben Sakramente berücksichtig.“ Warum sich der Beschwerdeführer für die Römisch-Katholische Kirche entschieden habe, konnte der Beschwerdeführer hiermit aber nicht schlüssig erörtern, sondern beschränkte er sich auf einfaches Allgemeinwissen zur Anzahl der Sakramente der Römisch-Katholischen Kirche.
Es wird zwar nicht in Abrede gestellt, dass es dem Beschwerdeführer nach Aufforderung, den Ablauf des Gottesdiensts in seiner katholischen Kirche und die religiöse Bedeutung der einzelnen Abschnitte zu beschreiben, zumindest in groben Zügen möglich war, den Ablauf eines Gottesdiensts wiederzugeben und die religiöse Bedeutung der einzelnen Abschnitte des Gottesdienstes zumindest ansatzweise darzulegen (OZ 22, S 18), was aber letztlich nicht verwundert, wenn man bedenkt, dass der BF bereits jahrelang Gottesdienste im Bundesgebiet besucht hat. Dennoch darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der BF hinsichtlich des Gottesdienstablaufs kaum inhaltliche Angaben, sondern vor allem organisatorische Elemente und Handlungsabläufe benennen kann. Selbiges gilt im Übrigen bei genauer Betrachtung der Antwort des BF auf die Frage, wie er heuer Ostern gefeiert habe. So erwiderte der BF „Wir waren in der Kirche, der Priester hat gebetet, wir haben uns gegenseitig frohe Ostern gewünscht und der Priester verteilte Eier.“ (OZ 22, S 21). Schließlich darf in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass der BF die Frage, wie er sich auf das letzte große christliche Fest vorbereitet habe, völlig ignorierte und lediglich ausführte, dass das letzte Fest Ostern gewesen sei. Ansonsten beschränkte er sich darauf festzuhalten, dass er in der Kirche gewesen sei, um mit der Gemeinde die Auferstehung zu feiern. Er ließ jedoch völlig unerwähnt, ob bzw. wie er sich auf dieses christliche Hochfest vorbereitete. Die Antwort des Beschwerdeführers zeugt nicht davon, dass er christliche Feste, mit einem ausgeprägten religiösen Bewusstsein beginge.
Des Weiteren ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer zwar sichtlich bemüht war, bei Beantwortung der Frage „Was war für Sie ihr ganz persönliches, besonderes, Erlebnis an der Taufe?“ einen persönlichen Bezug herzustellen und sein persönliches Empfinden bei der Taufe zu schildern indem er ausführte „Ja ich hatte ein besonderes Gefühl der Reinheit, der Leichtigkeit und der Dankbarkeit.“ (OZ 22, S 16; vgl. im Übrigen bereits AS 78). Dem Beschwerdeführer war es jedoch nicht möglich, vor dem Bundesverwaltungsgericht die rituelle Bedeutung der Taufe umfassend zu schildern. Wörtlich führte der BF dürftig aus: „Es bedeutet das Wegwaschen der Sünden mithilfe des Wassers und eine Wiedergeburt im Glauben.“ Dies verwundert, zumal es sich bei der Taufe - einem Glaubenswechsel bzw. der Aufnahme in eine neue Glaubensgemeinschaft - doch um ein einschneidendes Ereignis, welches eine deutliche Zäsur im Leben eines Menschen darstellt, handelt. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der BF die Taufe als christliche Feier der Aufnahme eines neuen Mitgliedes in die christliche Gemeinschaft benennen kann, zumal Aufnahmeriten oder rituelle Waschungen in vielen Religionen üblich sind. Auch in anderen Bereichen wie Vereinen, Organisationen usw. gibt es Feste oder Feiern, bei denen neue Mitglieder in die Gemeinschaft aufgenommen werden. In dieses Bild passt es ferner, dass der BF nicht in der Lage war, die Symbole der Taufe, nämlich Wasser, Kerze und Taufkleid, zu benennen. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung entgegnete der BF zunächst lediglich „Zur Zeit von Jesus?“. Nach Wiederholung der Frage durch die erkennende Richterin gestand der BF dann ein, die Frage nicht zu verstehen, nur um nach abermaliger Wiederholung der Frage und ausführlicher Erklärung unter Ignorierung der Fragestellung anzugeben „Wenn man getauft wird, wird man durch den Heiligen Geist beseelt, die Kraft Gottes strömt durch einen.“ Ferner ist noch zu erwähnen, dass der BF angab, sich nicht erinnern zu können, aber zu glauben, keine besondere Kleidung während der Taufe getragen zu haben, was insbesondere deshalb verwundert, da das Tragen eines Taufkleides für die Reinheit (von der Sünde) steht. Dies zeigt auch, dass der Beschwerdeführer diesem Moment keine besondere Wichtigkeit beigemessen hat, andernfalls ihm dies noch zweifelsfrei erinnerlich wäre (OZ 22, S 16 f). Schließlich gab sich der BF zwar einen christlichen Taufnamen, konnte die Bedeutung des Namens wiedergeben und in groben Zügen Angaben zur biblischen Figur XXXX tätigen, womit jedoch dennoch kein nennenswerter persönlicher Bezug zum Ausdruck kommt, zumal er zum Ausdruck brachte, dass er sich diesen christlichen Namen im Wesentlichen lediglich ausgewählt habe, weil er ihm gut gefallen habe und das Grabmal des Namensgebers in der Nähe seines Wohnortes gelegen sei (OZ 22, S 17, 32; vgl. im Übrigen bereits AS 78). Angesichts der äußerst ungenauen Aussagen zum Namensgeber ist ein intensives und von echtem Interesse getragenes Bibelstudium, sei es in Bibelrunden, Kursen oder in individueller Form, ausgeschlossen.
In diesem Zusammenhang ist ebenso verwunderlich, dass der Beschwerdeführer zwar bereits am 23.04.2017 getauft wurde und insoweit dem christlichen Glauben beitrat, den Austritt aus dem Islam erklärte er jedoch erst rund zweieinhalb Jahre später – im November 2019 - schriftlich.
Eine aus Überzeugung geschehene Abwendung vom Islam oder eine grundsätzliche Ablehnung des Islams hat er insgesamt nicht glaubhaft gemacht.
Zur religiösen Aktivität und dem Leben entsprechend der christlichen Werte:
Dass der Beschwerdeführer eine Bibel besitzt und diese (zumindest im Rahmen von Kursen und dergleichen) liest, bezweifelt das Bundesverwaltungsgericht nicht. Dieser Umstand kann jedoch ebenso wenig als Hinweis auf eine Konversion zum Christentum aus innerer Überzeugung gewertet werden, zumal der Beschwerdeführer die Frage in der mündlichen Verhandlung zum Aufbau der Bibel nur teilweise bzw. nur oberflächlich beantworten konnte. Dies spricht jedenfalls gegen eine eingehende Auseinandersetzung mit der Bibel. Ebenso wenig wird in Abrede gestellt, dass der Beschwerdeführer auf die Fragen, wie er seinen neuen Glauben in Österreich lebe, welche christlichen Werte sein Leben prägen würden und an welchen Geboten der neuen Religion er seine tägliche Lebensführung ausrichte, eine Antwort gab, in der er einen persönlichen Bezug herzustellen versuchte. Bisweilen wirkten die Ausführungen jedoch beliebig und mit Blick auf die Biografie des Beschwerdeführers unglaubhaft, wenn dieser etwa behauptete, seine tägliche Lebensführung an den „Zehn Geboten“ auszurichten, zumal er im Jänner 2020 einen Ladendiebstahl begangen hat und er diesen im Zuge der mündlichen Verhandlung zunächst sogar noch leugnete. Erst gegen Ende der Verhandlung gestand er ein, dass dies ein Fehler gewesen sei. Weder die Straftat noch das Leugnen derselben sind jedoch mit einem christlichen Leben zu vereinbaren (OZ 22, S 20 f, 24 f). Auch hat der BF die Fragen, warum er in die Kirche gehe bzw. welches Motiv er für den Kirchenbesuch habe, weitgehend oberflächlich beantwortet. So gab er zur Antwort, dass sich die Gläubigen in der Kirche versammeln würden, um gemeinsam zu beten und einander nahe zu sein bzw. Kirche bedeute Gemeinschaft. Dass und weshalb es dem Beschwerdeführer ein seiner religiösen Überzeugung entspringendes persönliches Bedürfnis wäre, die Kirche zu besuchen, lässt die Antwort nicht erkennen.
Ebenso wenig war es dem BF möglich, ein außergewöhnliches Engagement in einer christlichen Gemeinde oder ein intensives Leben seines Glaubens anzuführen. Der BF beschränkte sich diesbezüglich auf die Ausführungen, wonach er sonntags die Kirche besuche, in der Bibel lese und zu den Mahlzeiten bete. Darüber hinaus führt er Hilfstätigkeiten in einer christlichen Gemeinde aus. Beispielsweise übernimmt er Garten- und Pflegearbeiten im Bereich der Grünanlagen und des Friedhofes der Kirche.
Naturgemäß kann aufgrund des soeben umschriebenen Verhaltens des BF auch nicht davon ausgegangen werden, dass der BF missionierend tätig ist oder tätig sein wird, setzt eine solche Aktivität doch ein diesbezügliches proaktives Verhalten voraus, den Glauben anderen Personen näherbringen zu wollen. Dass der Beschwerdeführer ernsthaft versuche, anderen Personen die christliche Religion näherzubringen, ist angesichts der mangelnden persönlichen Identifikation des Beschwerdeführers mit dem christlichen Glauben und seinem nur oberflächlichen Wissen daher weder plausibel noch glaubhaft. Hervorgehoben sei in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer zwar vor der belangten Behörde behauptete, in Österreich zu missionieren. Ebenso bejahte er bereits im Iran missionierende Tätigkeiten ausgeführt zu haben (AS 77, 80). Seine jeweiligen Aussagen hierzu gestalteten sich jedoch völlig vage und lassen insoweit eine ernsthafte Missionierung durch den Beschwerdeführer nicht glaubhaft erscheinen. Demnach habe er im Iran mit drei Freunden und einem Bruder über den neuen Glauben gesprochen, wobei er seinem Bruder gesagt habe, dass er seinen Glauben nicht gewechselt habe, was für sich bereits gegen eine Missionierung durch den BF spricht. Ähnlich vage beschrieb er seine Missionierungstätigkeit in Österreich auf folgende Weise „Wir reden mit anderen Menschen. Ich rede über diesen Glauben“. Konkrete Angaben diesbezüglich fehlen allerdings. Auffällig erscheint hier auch die förmliche Distanzierung des BF bei der Beschreibung seiner Missionierungstätigkeit. So spricht er in der Wir-Form und von diesem Glauben. Schließlich erwähnte er in der mündlichen Verhandlung bei der Befragung nach seinen christlichen Aktivitäten eine Missionierung ohnehin mit keinem Wort mehr (OZ 22, S 22). Eine missionarische Tätigkeit kann somit freilich nicht erblickt werden. Aus den bisherigen Erwägungen ist auch auszuschließen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Iran dort missionarisch tätig werden würde. Im Übrigen erinnert das Bundesverwaltungsgericht an die Antwort des Beschwerdeführers auf die Frage, was für ihn die wichtigsten Unterschiede zwischen Islam und den anderen Religionen seien (OZ 22, S 15). Angesichts dieser Antwort ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich in der Lage sein könnte, die Unterschiede zwischen dem muslimischen und dem christlichen Gott nachvollziehbar darzulegen und damit jemanden zur Hinwendung zum christlichen Glauben zu veranlassen. Von einer missionarischen Tätigkeit des BF, welche die Weitergabe von Glaubenslehre, die Verkündung des Glaubens und die Bekehrung zu dem betreffenden Glauben beinhaltet, kann beim BF aufgrund der bisherigen Ausführungen daher nicht ausgegangen werden.
Die nach außen hin gesetzten sichtbaren Aktivitäten des BF, wie der Gottesdienstbesuch und der Besuch sonstiger Veranstaltungen der christlichen Gemeinden, vermögen nach Ansicht der erkennenden Richterin nicht, die dargelegten Mängel, welche gegen einen tatsächlichen Glaubens- bzw. Gesinnungswandel des BF sprechen, zu kompensieren. Das Bundesverwaltungsgericht geht hierbei von reinen Scheinaktivitäten des BF aus, um sich im Asylverfahren einen Aufenthaltsstatus zu erschleichen.
Unter Berücksichtigung der vagen, allgemeinen und kurz gehaltenen Schilderungen zu den Beweggründen für die Hinwendung zum christlichen Glauben, zu seinen religiösen Aktivitäten und zum Praktizieren seines Glaubens in Österreich kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer seinen Glauben gewechselt hat.
Da es bei einem Glaubenswechsel um eine enge persönliche Gottesbindung mit dem dauerhaften und ernsthaften Bedürfnis geht, ein durch und durch christlich geprägtes Leben zu führen, gelingt es dem BF durch seine Ausführungen und seinen Lebenswandel nicht, eine innerlich vollzogene Konversion glaubhaft zu machen. Hinsichtlich seines Lebenswandels muss auf den von ihm vor dem Bundesverwaltungsgericht eingestandenen Ladendiebstahl verwiesen werden. Dass er sich zu dieser Straftat hinreißen ließ, obwohl er sich in einem laufenden Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz befindet, in dem er Verfolgung aus religiösen Gründen wegen Wechsels der Religion vom Islam zum Christentum behauptet, zeugt von besonders geringer Wertschätzung der ihm eröffneten Möglichkeiten und lässt die Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels stark bezweifeln.
Zu den Zeugenberichten:
Auch unter Berücksichtigung der Aussagen des vom Bundesverwaltungsgericht einvernommenen Zeugen und des vorgelegten Bestätigungsschreibens der römisch-katholischen Pfarrgemeinde XXXX ist weder ein Abfall vom Islam noch eine echte, innere Konversion zum Christentum glaubhaft.
Wie zuvor ausgeführt, legte das Bundesverwaltungsgericht die Aussagen im Hinblick darauf, wie und wann der Beschwerdeführer zur Römisch-Katholischen Kirche, insbesondere zu den römisch-katholischen Pfarrgemeinden XXXX und XXXX , Zugang fand, wann er Mitglied der Römisch-Katholischen Kirche wurde, inwieweit er an einem Vorbereitungskurs zur Taufe teilnahm und wann seine Taufe erfolgte, inwieweit er am Gemeinschaftsleben in den verschiedenen christlichen Gemeinden teilnahm bzw. teilnimmt und sich engagiert(e), ohnedies den Feststellungen zugrunde.
Das Bestätigungsschreiben der vom BF besuchten christlichen Gemeinde XXXX sagt ansonsten über die Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers nichts aus, sondern lässt sich dem Schreiben darüber hinaus hauptsächlich entnehmen, dass der Beschwerdeführer durchwegs über positive Charaktereigenschaften verfügt.
Auch die Angaben des vom Bundesverwaltungsgericht als Zeugen einvernommenen Pfarrers der Pfarre XXXX lassen nicht den Schluss zu, dass sich der Beschwerdeführer tatsächlich vom Islam ab- und aus Überzeugung dem Christentum zugewandt habe. So legte der Zeuge dar, dass er den BF seit Februar 2016 kennt. Er habe ihn im Rahmen des etwa einjährigen Taufvorbereitungskurses mit etwa zwanzig anderen Personen kennengelernt. Insoweit traf der Zeuge lediglich eine allgemeine Charakterisierung seines Verhältnisses zum Beschwerdeführer. Die Angaben des Zeugen, auf die Aufforderung, das christliche Leben des Beschwerdeführers zu beschreiben, sind vielfach allgemein gehalten und erlauben nur wenig Rückschlüsse auf die tatsächliche Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers: „Soweit er in XXXX war, kann ich nur angeben, dass er immer da war, wenn wir kirchliche Feste gefeiert haben.“ bzw. „Nach der Taufe war das für uns abgeschlossen. Später haben die Asylwerber selber Kontakt mit uns aufgenommen. Sehr viele haben in der Gemeinde oder der Pfarre gearbeitet.“ (OZ 22, S 29). Auf die Frage, ob der BF eine bestimmte Funktion innerhalb der Kirche einnehme, konnte der Zeuge nur ausführen, dass der BF wie jede andere Person auch in die Kirche gehe. Abgesehen von der Tatsache, wonach es sich beim Kirchenbesuch offensichtlich um keine besondere Funktion in Zusammenhang mit der Glaubensausübung handelt, erwähnte der Zeuge in diesem Zusammenhang weder eine besondere religiöse Überzeugung des Beschwerdeführers, noch besondere Kenntnisse bezüglich ihres gemeinsamen Glaubens. Letztlich konnte der Zeuge anführen, dass der Beschwerdeführer an den Gottesdiensten und den christlichen Festen in XXXX , XXXX und Linz teilnahm bzw. teilnimmt. Dem Zeugen bleibt seine persönliche Deutung unbenommen, wonach dieser beim BF und anderen „Flüchtlingen“ einen aufrichtigen Glauben und eine echte Begeisterung festgestellt haben will. Dennoch ist nochmals anzumerken, dass die – wenn auch regelmäßige und häufige – Teilnahme an kirchlichen Veranstaltungen keineswegs Ausdruck einer (tiefen) religiösen Überzeugung sein muss und konkret im Falle des Beschwerdeführers auch nicht ist, mag der Zeuge diesen äußeren Vorgängen auch eine größere Bedeutung beimessen. Dass sich der Beschwerdeführer in gewissem Ausmaß in römisch-katholischen Gemeinden engagiert und integriert ist, hat das Bundesverwaltungsgericht ohnedies festgestellt. Angesichts der übrigen Umstände geht das Bundesverwaltungsgericht jedoch davon aus, dass der Beschwerdeführer zwar (mittlerweile) ein gewisses Interesse am Christentum hat, dass sein Engagement jedoch zum einen asyltaktisch begründet ist und zum anderen daher rührt, dass er in Österreich gesellschaftlich Anschluss finden und soziale Kontakte zu Österreichern knüpfen möchte, jedenfalls die Gemeinschaft und Freundlichkeit der anderen Gemeindemitglieder genießt.
Das Bundesverwaltungsgericht stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer eine entsprechende Entscheidung kommuniziert und öffentlichkeitswirksam religiöse Erklärungen abgegeben hat. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt diese Aussagen des Zeugen und die Ausführungen im Bestätigungsschreiben somit zur Kenntnis, muss aber darauf hinweisen, dass es im Beschwerdeverfahren, wie oben ausgeführt, grundsätzlich allein ihm obliegt, in einer Gesamtbetrachtung zu beurteilen, ob eine echte, innere Konversion oder eine Scheinkonversion vorliegt. Generell ist zu bedenken, dass derartige Äußerungen naturgemäß nur den persönlichen Eindruck, den der Verfasser eines Schreibens oder der Zeuge vom Beschwerdeführer hat, wiedergeben können. Das Bundesverwaltungsgericht trifft seine Feststellungen auf einer wesentlich breiteren Grundlage an Beweismitteln und hat sich ein umfassendes Bild von der aktuellen (!) Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers gemacht. Unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen, der Aussagen und des Aussageverhaltens des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und aller sonstigen Beweismittel und Erwägungen musste das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass sich der Beschwerdeführer nicht tatsächlich vom Islam abgewandt hat sowie dass er nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert und dass der christliche Glaube nicht wesentlicher Bestandteil seiner Identität ist (vgl. auch VwGH 30.09.2019, Ra 2019/20/0437).
Abschließende bzw. generelle Ausführungen zur festgestellten Scheinkonversion:
Abschließend wird nochmals auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Ausreisegründe aus dem Iran hingewiesen, die nach Meinung der erkennenden Richterin umso mehr darauf hindeuten, dass der Beschwerdeführer auch bei seiner angegebenen Konversion nicht glaubwürdig ist, ansonsten er nicht schon zu Verfolgungshandlungen im Iran unglaubwürdige Sachverhalte geschildert hätte. Die Unglaubwürdigkeit der diesbezüglichen Angaben zeigt, dass der Beschwerdeführer bereit ist, unwahre Angaben zu tätigen, nur um ein eventuell asylrelevantes Vorbringen zu präsentieren.
Schließlich ist bezüglich der behaupteten Hinwendung zum Christentum bzw. der Konversion nochmals darauf hinzuweisen, dass es nicht genügt, sich auf die Aneignung von Allgemeinwissen zu einer bestimmten Glaubensrichtung zu beschränken, sondern kann von einer Person, welche für sich in Anspruch nimmt, zu einem anderen Glauben konvertiert zu sein, erwartet werden bzw. müsste es dieser geradezu ein Anliegen sein, von sich aus frei und eigeninitiativ über Glaubensinhalte zu sprechen und zu diskutieren, was im vorliegenden Fall jedoch deutlich zu verneinen ist. Nochmals ist zu betonen, dass eine Person, die, wie der BF behauptet, zum christlichen Glauben konvertiert zu sein, ein größeres Engagement und eine größere Begeisterung auf die gestellten Fragen zeigen müsste und kann davon ausgegangen werden, dass die Antworten substantiierter und detailreicher erfolgen als die Ausführungen des BF.
Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 26.3.2019, Ra 2018/19/0530, sowie VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0303-6 mwN).
Die Behauptung eines „Interesses am Christentum“ reicht zur Darlegung einer inneren Glaubensüberzeugung und damit zur Geltendmachung einer asylrechtlich relevanten Konversion zum Christentum nicht aus (vgl. auch VwGH 20.06.2017, Ra 2017/01/0076).
Nach Ansicht der erkennenden Richterin ist in den allgemeinen und oberflächlichen Angaben des BF kein plausibler Grund für die Hinwendung des BF zum Christentum erkennbar. Eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit einem anderen, neuen Glauben geht naturgemäß mit einer längeren Zeitspanne, in der man sich intensiv mit Inhalten und Standpunkten der betreffenden Glaubensinhalte beschäftigt, einher und ist eine tatsächliche Hinwendung zu diesem Glauben erst der darauffolgende Schritt.
Dass sich der BF mit den Inhalten des neuen Glaubens tiefgreifend auseinandergesetzt hat, bevor er den Wunsch äußerte, diesen neuen Glauben anzunehmen, geht jedoch aus seinen diesbezüglichen Angaben nicht hervor.
Die erkennende Richterin kommt daher ebenso klar und zweifelsfrei zu dem Schluss, dass bei Gesamtbetrachtung die genannten Faktoren nicht ausreichen, um von einer tatsächlichen, ernsthaften Konversion auszugehen; auf die im hg. Erkenntnis wiedergegebenen Ausführungen des BF sei verwiesen, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass sich der BF intensiv mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt und sich in weiterer Folge ernsthaft und nachhaltig dem Christentum zugewandt hat bzw. im Falle einer Rückkehr im Iran deshalb in das Blickfeld der Behörden geraten oder missionierend bzw. in einer herausgehobenen Position tätig sein wird.
Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers haben iranische Behörden zwar bereits vor seiner Ausreise Kenntnis von seiner angeblichen Hinwendung zum Christentum erlangt. Dieses Vorbringen ist, wie das Bundesverwaltungsgericht umfassend dargelegt hat, jedoch nicht glaubhaft.
Dass die Behörden nach seiner Ausreise von den in der Folge entfalteten christlichen Aktivitäten und seiner Scheinkonversion erfahren hätten, hat der Beschwerdeführer weder glaubhaft vorgebracht noch gibt es glaubhafte Hinweise darauf. Zur Vollständigkeit ist in diesem Zusammenhang auf die Aussagen des beantragten Zeugen in der mündlichen Verhandlung einzugehen, wonach einerseits eine Person namens XXXX , welche dreimal bei der Taufvorbereitung anwesend gewesen sei, nun nach deren Rückkehr für den persischen Geheimdienst arbeite und andererseits ein Anwalt namens XXXX den von ihm getauften Personen Vorwürfe wegen ihrer Konversion gemacht habe einzugehen. Auch dem BF drohe daher Gefahr, da XXXX die vom Zeugen hier getauften Asylwerber kennen würde und der Rechtsanwalt zudem damit drohe, die getauften Personen bei einer Rückkehr anzuzeigen (OZ 22, S 27 f). Es ist diesbezüglich besonders hervorzuheben, dass diese Schilderungen zu einer allfälligen Rückkehrgefährdung durch diese Personen nicht vom Beschwerdeführer, sondern lediglich von dem beantragten Zeugen artikuliert wurden. Die Aussagen bezüglich dieser Gefährdung erweisen sich ferner wegen ihrer völlig vagen Formulierung und Pauschalität als unglaubhaft. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass der beantragte Zeuge von einer angeblichen Gefahr durch diese Personen selbst wiederum nur von Dritten erfahren haben will. Was die Ausführungen zu XXXX betrifft, so habe er dies von einer Person von der Kirche in Wien erfahren, wobei er in der mündlichen Verhandlung nicht einmal wusste, wie diese Person heiße. Dass XXXX gefährlich sei, hätten ihm wiederum lediglich die von ihm getauften Asylwerber mitgeteilt (OZ 22, S 28). Des Weiteren erscheint es unplausibel, dass der beantragte Zeuge laut seiner Aussage bezüglich der Angelegenheit mit XXXX keine Anzeige bei den österreichischen Behörden erstattete, da dieser ohnehin bereits im Iran sei, während er dies wegen des ebenfalls in den Iran zurückgekehrten XXXX sehr wohl für erforderlich gehalten haben will. An der Anzeigeerstattung in letzterer Angelegenheit bestehen allerdings ohnehin auch erhebliche Zweifel, zumal der beantragte Zeuge trotz der in der mündlichen Verhandlung eingeräumten Frist von drei Wochen zur Vorlage keine entsprechende Anzeigebestätigung in Vorlage brachte. Stattdessen legte der Zeuge ein von ihm verfasstes Schreiben vor, in welchem er im Wesentlichen seine in der mündlichen Verhandlung getätigten Aussagen wiederholte (OZ 23), wobei er nunmehr zwar einerseits in der Angelegenheit XXXX seine Ansprechperson in Wien benannte, andererseits seine Ausführungen insoweit wieder abschwächte, als XXXX lediglich seit längerer Zeit verdächtigt werden würde, im Dienst des persischen Geheimdienstes zu stehen. Der Beschwerdeführer selbst erwähnte jedenfalls ein derartiges Vorbringen weder vor der belangten Behörde noch im Beschwerdeverfahren. Etwaige Probleme mit einem in den Iran zurückgekehrten Geheimdienstmitarbeiter oder Rechtsanwalt erwähnte der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang mit keinem Wort. Anknüpfend an die bisherigen Erwägungen zu seinem Ausreisegrund und seiner angeblichen Hinwendung zum christlichen Glauben in Österreich ist somit festzuhalten, dass es sich hierbei um gänzlich unsubstantiierte und damit unglaubhafte – von dritter Seite aufgestellte – Behauptungen handelt. Im Ergebnis muss dies als der Versuch von dritter Seite betrachtet werden, ein neues Bedrohungsszenario zu konstruieren, um eine Verfolgungsgefahr vorzugeben.
Das Bundesverwaltungsgericht muss daher davon ausgehen, dass nur Personen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers von seinen christlichen Aktivitäten in Österreich Kenntnis haben können, die dieser selbst informiert hat. Dass es sich hierbei um Personen handeln könnte, von denen der Beschwerdeführer etwas zu befürchten haben könnte, widerspräche jeglicher Lebenserfahrung, zumal er weiterhin mit seiner Familie in Kontakt steht. Der Beschwerdeführer könnte seinen Angehörigen oder seinem Umfeld schließlich glaubhaft und plausibel darlegen, dass seine christlichen Aktivitäten in Österreich keineswegs Ausdruck innerer Überzeugung oder Identifikation mit diesem Glauben waren, sondern allein der Erlangung des Status des Asylberechtigten dienen sollten.
Der VwGH verlangt zur Feststellung, ob ein Antragsteller tatsächlich oder nur zum Schein konvertiert ist, eine schlüssige Gesamtbeurteilung. Elemente für eine solche Gesamtbeurteilung können sein: eine nähere Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten und seinem religiösen Grundwissen sowie eine konkrete Auseinandersetzung mit Angaben etwaiger Zeugen. Mangelndes religiöses Grundwissen kann für das Vorliegen einer Scheinkonversion sprechen, ist aber nicht ausreichend.“ Auch die aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung setzt diese Judikaturlinie fort (vgl. vgl. VfGH vom 27.02.2018, E2958/2017, VfGH vom 23.09.2019, E 2272/2019-11, VwGH vom 02.09.2015, Ra 2015/19/0091, VwGH vom 20.06.2017, Ra 2017/01/0076, VwGH vom 07.05.2018, Ra 2018/20/0186, VwGH vom 18.10.2018, RA 2018/19/0236, VwGH vom 23.01.2019, Ra 2018/19/0260 und 0261, VwGH vom 14.03.2019, Ra 2018/18/0441, VwGH vom 14.03.2019, Ra 2018/18/0455, VwGH vom 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH vom 26.03.2019, Ra 2018/19/0603, VwGH vom 26.03.2019, Ra 2018/19/0530, VwGH vom 26.08.2019, Ra 2019/20/0400, VwGH vom 28.08.2019, Ra 2019/14/0129, VwGH vom 29.08.2019, Ra 2019/19/0303, VwGH vom 30.09.2019, Ra 2019/20/0437, VwGH vom 04.12.2019, Ra 2019/14/0427, VwGH vom 11.12.2019, Ra 2019/20/0538, VwGH vom 17.12.2019, Ra 2019/18/0350, VwGH vom 13.02.2020, Ra 2020/19/0002, VwGH vom 26.02.2020, Ra 2019/20/0540, VwGH vom 07.05.2020, Ra 2020/18/0125).
Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/18/0426; 23.5.2017, Ra 2017/18/0028; 18.10.2018, Ra 2018/19/0236). Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten (vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381). Auch ist das Verwaltungsgericht nicht an Erwägungen Dritter (hier: Römisch-Katholische Kirche) gebunden VwGH vom 11.12.2019, Ra 2019/20/0538 bis 0539-3).
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang zum wiederholten Male, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Verbindung mit einer (beabsichtigten) Konversion nur dann in Betracht kommt, wenn die Hinwendung zu dem angeblich neuen Glauben auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht nur auf Opportunitätserwägungen beruht.
Nur, wenn die Konversion des Betroffenen die religiöse Identität des Schutzsuchenden in dieser Weise prägt, kann ihm nicht angesonnen werden, in seinem Heimatland auf die Religionsausübung zu verzichten, um staatlichen Verfolgungsmaßnahmen zu entgehen.
Eine derartige Prägung ist unter anderem aufgrund eines nicht existenten - eigeninitiativen und ernsthaften - Agierens hinsichtlich der Aneignung christlicher Glaubensinhalte entschieden zu verneinen. Gerade von einer Person, welche von einem Glauben so überzeugt ist, dass sie zu diesem konvertiert, ist zu erwarten, dass diese von sich aus darüber spricht und es ihr geradezu ein Anliegen ist, diesbezügliche Ausführungen zu machen und ihre Begeisterung kundzutun, was jedoch im vorliegenden Fall nicht glaubhaft geschehen ist.
Daran vermag auch der Formalakt der Taufe nichts zu ändern, kann alleine aus solchen äußeren Faktoren, welche jedoch nichts über die tatsächliche innere Haltung des BF aussagen, doch keine Konversion des BF mit allen bereits mehrfach umschriebenen Voraussetzungen und Folgewirkungen abgeleitet werden.
Hervorzuheben ist an dieser Stelle auch die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur, der zufolge es für die Beurteilung der Frage, ob eine Konversion vorliegt, nicht auf den Formalakt der Taufe, welcher im gegebenen Fall zwar vorliegt, sondern auf die religiöse Einstellung des Asylwerbers ankommt (vgl. VwGH vom 21.12.2006, 2005/20/0624).
Im Übrigen brachte der BF auch keine sonstigen Bescheinigungsmittel in Vorlage und wurden auch keine weiteren Zeugen geltend gemacht, zu denen der BF in Verbindung mit der behaupteten Konversion steht respektive welche Auskunft über sein religiöses Leben geben könnten. Nach Maßgabe der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs waren weitere Ermittlungen, namentlich Zeugeneinvernahmen, daher nicht geboten.
Konversion (lat.: conversio ‚Umwendung, Umkehr‘) bedeutet die Übernahme von neuen Glaubensgrundsätzen, religiösen Traditionen und Bräuchen sowie möglicherweise auch anderen Teilen der mit der fremden Religion verbundenen Kultur durch eine konvertierende Person. Die Angaben des Beschwerdeführers zu einer Konversion zum Christentum sind aus den dargelegten Erwägungen des BFA und der erkennenden Richterin nicht als glaubwürdig zu qualifizieren und ist daher davon auszugehen, dass die Konversion des BF zum Christentum lediglich vorgebracht wurde, um Vorteile im Asylverfahren zu erwirken.
Somit bleibt festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall lediglich eine Scheinkonversion vorliegt, da der BF zwar getauft ist, das Vorbringen hinsichtlich eines Interesses für das Christentum jedoch in keiner Weise substantiiert erstattet wurde.
Hinsichtlich der Konversion (hier: zum Christentum) ist schließlich auch nochmals auf das Urteil des EGMR vom 19.12.2017, Zahl: 60342/16, A. gg. die Schweiz zu verweisen, in welchem dieser festhält, dass eine Konversion nur bei Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit zu Verfolgung im Iran führt:
Der Tenor dieses Urteils lautet wie folgt:
1. Die Ablehnung des Asylantrags des zum Christentum übergetretenen Beschwerdeführers ist fehlerfrei. Er wurde zu seinem Glaubensübertritt persönlich befragt und sein Asylantrag in mehreren Verfahren von zwei Instanzen geprüft (in Abgrenzung zu EGMR, Urteil F.G. gegen Schweden vom 23.3.2016, Nr. 43611/11, wo keine Prüfung der Konversion stattgefunden hatte - siehe EGMR-Rechtsprechungsübersicht in Asylmagazin 4-5/2016).2. Unter Berücksichtigung einschlägiger Berichte über die Situation von zum Christentum konvertierten Muslime im Iran ist die Einschätzung der Schweizer Behörden adäquat, dass Konvertiten im Iran nur dann dem Risiko einer Misshandlung ausgesetzt sind, wenn sie durch die öffentliche Ausübung ihres Glaubens die Aufmerksamkeit der iranischen Behörden erregen. Zum Christentum Übergetretene, die ihren Glauben diskret pflegten, hätten demgegenüber kein Risiko zu befürchten.3. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt, dass für ihn die öffentliche Ausübung wesentlich ist. Daher unterscheidet sich seine Situation von dem Fall, der dem Urteil des EuGH vom 5.9.2012 in der Rechtssache Deutschland gegen Y. und Z. (C-71/11 und C-99/11 – asyl.net: M19998) zugrunde lag. In diesem Fall war für die Betroffenen die öffentliche Ausübung ihres Glaubens essentiell für die Bewahrung ihrer religiösen Identität.4. Die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran würde nicht zu einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK führen.
Dies bedeutet für den gegenständlichen Fall, dass der Beschwerdeführer aufgrund bloßer Scheinkonversion und zumal das Vorbringen hinsichtlich eines Interesses für das Christentum in keiner Weise substantiiert erstattet wurde, auch nicht in der Lage ist, seinen Glauben öffentlich zu leben und dadurch die Aufmerksamkeit der iranischen Behörden zu erregen, geschweige denn andere Muslime zu missionieren, weswegen im gegenständlichen Fall eine Gefährdung des Beschwerdeführers nicht erkannt werden kann (vgl. auch VwGH vom 12.12.2018, Ra 2018 19 0368-10).
Bei Gesamtbetrachtung der Angaben des Beschwerdeführers und der hier dargelegten Beweiswürdigung, welche in Einklang mit der zitierten aktuellen Judikatur steht, war daher von der Unglaubhaftigkeit der Angaben des BF zu seinem erstatteten Asylgrund der Hinwendung bzw. Konversion zum Christentum auszugehen.
2.2.4.2. In einer Gesamtschau war dem Beschwerdeführer aufgrund sämtlicher zuvor getroffener Ausführungen sowie auch des persönlichen Eindruckes in der mündlichen Verhandlung die persönliche Glaubwürdigkeit abzusprechen.
Infolgedessen und aufgrund der vorstehenden Beweiswürdigung kann das Bundesverwaltungsgericht auch keine zur Gewährung von internationalem Schutz führende Rückkehrgefährdung erkennen und ergibt sich eine solche auch nicht aus der allgemeinen Lage im Iran zum Entscheidungszeitpunkt. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Iran einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/ oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.
Abschließend erlaubt sich die erkennende Richterin diesbezüglich auf die nachfolgenden Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung zu verweisen.
2.2.5. Zur Lage im Herkunftsstaat:
2.2.5.1. Die getroffenen Feststellungen zur Situation im Iran gründen sich nunmehr auf die dem BF mit Note vom 11.03.2021 und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.04.2021 nachweislich zur Kenntnis gebrachten aktuellen Länderfeststellungen zur allgemeinen Situation im Iran, denen der Beschwerdeführer nicht entgegentreten ist. Der BF bzw. der Vertreter der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation verzichteten auf eine Stellungnahme (OZ 22, S 31). Das Bundesverwaltungsgericht hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Es ist allgemein zu den Feststellungen auszuführen, dass es sich bei den herangezogenen Quellen zum Teil um staatliche bzw. staatsnahe Institutionen handelt, die zur Objektivität und Unparteilichkeit verpflichtet sind.
Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates über den berichtet wird zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann.
Bei Berücksichtigung der soeben angeführten Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen unter Berücksichtigung der Natur der Quelle und der Intention derer Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin um ausreichend ausgewogenes Material.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
2.2.5.2. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel kann nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran eine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2 oder 3 EMRK oder des 6. und des 13. ZPEMRK bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer hätte auch nicht um sein Leben zu fürchten, es würde ihm nicht jegliche Existenzgrundlage oder notwendige medizinische Versorgung fehlen. Vgl. die folgenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die vom Beschwerdeführer geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat fußen in erster Linie auf der - nicht zutreffenden - Prämisse einer echten, inneren Konversion zum Christentum. Festgehalten wird, dass sich aus den dem Verfahren zugrunde gelegten Länderfeststellungen ergibt, dass Konvertiten Verfolgung und Bestrafung, bis hin zur Todesstrafe drohen kann. Eine tatsächliche Konversion des Beschwerdeführers wurde im gegenständlichen Fall verneint.
Auch ansonsten hat der Beschwerdeführer kein substantiiertes Vorbringen erstattet und hat nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachgewiesen, dass ihm im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 2 oder 3 EMRK oder dem 6. und dem 13. ZPEMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers in den Iran bedeutet nicht allein wegen der dort vorherrschenden allgemeinen Situation eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte.
Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bestehen zwar latente Spannungen und es kommt verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sowie (vor allem in Minderheitenregionen) zu terroristischen Zwischenfällen, im gesamten Iran herrscht aber nicht ein derart hohes Niveau an willkürlicher Gewalt, dass der Beschwerdeführer allein durch seine Anwesenheit einem realen Risiko für seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer lebte in der Provinz Chuzestan im Südwesten des Iran und brachte diesbezüglich keine Probleme vor.
Allein der Umstand, dass eine Person (im Ausland) einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr in den Iran keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Im gegebenen Fall ist den iranischen Behörden nicht bekannt, dass und mit welcher Begründung der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Wenn Rückkehrer in einzelnen Fällen zu ihrem Auslandsaufenthalt befragt werden, geht damit keine psychische und auch keine physische Folter einher. Selbst Personen, die das Land illegal verlassen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren, jedenfalls wenn sie sonst keine weiteren Straftaten begangen haben.
Ungeachtet der angespannten Wirtschaftslage und der ebenso angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt ist die Grundversorgung jedenfalls durch staatliche Hilfe und das islamische Spendensystem gesichert. Im Iran besteht ein differenziertes Sozialversicherungssystem; kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Das Gesundheitssystem ist fast flächendeckend, laut WHO haben 98 % aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung. Seit der islamischen Revolution hat sich das Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die medizinische Versorgung ist in Teheran in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich. Freilich ist die spezialisierte, medizinische Versorgung in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard.
Weiters ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen, dass die Menschenrechtssituation im Allgemeinen zwar unbefriedigend ist, die Grundversorgung für die Bevölkerung aber gesichert ist. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern. Der Beschwerdeführer hat durch seine Familienangehörigen auch weiterhin ein soziales Netz im Iran und kann seinen Lebensunterhalt als junger, im Wesentlichen gesunder und arbeitsfähiger Mann selbst bestreiten.
Dass dem Beschwerdeführer aufgrund sonstiger Umstände (schwere Erkrankung, sonstige besondere Vulnerabilität) die Gründung einer neuen Existenz im Iran nicht möglich wäre, ergibt sich aus den Feststellungen ebenfalls nicht. Zusammengefasst ergibt sich daher aus den Länderfeststellungen kein Hindernis an der Durchsetzung einer negativen Asylentscheidung gegen den Beschwerdeführer.
Unter Bedachtnahme auf die festgestellte Lage im Herkunftsstaat und auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers (insbesondere Schulbildung, Arbeitsfähigkeit, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse in Farsi und Arabisch, Gesundheitszustand, Sozialisation im Herkunftsstaat, familiäre Anknüpfungspunkte) ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr die wirtschaftliche Wiedereingliederung möglich sein wird. Er wird in der Lage sein, jedenfalls die notdürftigsten Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz, auch in medizinischer Hinsicht, zu decken. Außergewöhnliche Umstände, die dem entgegenstünden, sind weder in Bezug auf die allgemeine Lage im Iran noch auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers feststellbar.
2.2.5.3. Der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen nicht entgegen (vgl. nochmals OZ 22, S 31). Zur Vollständigkeit erlaubt sich die erkennende Richterin anzumerken, dass auf die Schlussfolgerungen, die der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz aus den von der Behörde herangezogenen Länderinformationen hinsichtlich der Sicherheitsbehörden, Folter und unmenschliche Behandlung, den Haftbedingungen, Rechtsschutz/ Justizwesen, zur Todesstrafe und zu den Christen (es handelt sich um eine ältere Version des Länderinformationsblatts der Staatendokumentation für den Iran vom 03.07.2018) gezogen hat (AS 319 ff), nicht einzugehen ist, zumal diese Unterlagen aus dem Jahr 2018 und älter stammen und daher mangels Aktualität für die Lageeinschätzung nicht (mehr) maßgeblich sind. Ferner basieren diese Schlussfolgerungen (auch) in erster Line auf der Prämisse einer tatsächlichen Abwendung vom Islam als konvertierter Christ. All dies liegt, wie das Bundesverwaltungsgericht ausführlich und unter umfassender Bedachtnahme auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers sowie die aktuelle Situation im Iran begründet hat, nicht vor. Zur Lage im Iran und speziell zur Religionsfreiheit sowie zur Thematik Konversion wurden seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nunmehr aktuelle Erkenntnisquellen herangezogen, dem Beschwerdeführer zur Äußerung zugemittelt und konnten aufgrund dessen die oben angeführten Feststellungen zur gegenwärtigen Lage im Iran getroffen werden.
Wenn in der Beschwerde des Weiteren vorgebracht wird, dass sich die Spannungen zwischen dem Iran und den USA bzw. dem Iran und Israel seit der Kündigung des Atomabkommens durch die USA deutlich erhöht hätten und eine weitere Eskalation der Lage zu befürchten sei. Vor allem Rückkehrer aus dem westlichen Ausland würden dies bei einer Rückkehr in Form von besonders strengen Kontrollen zu spüren bekommen und sei natürlich zu befürchten, dass sich auch die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage aufgrund der angekündigten Sanktionen weitere verschlechtern werde und künftig die Hardliner im Land wieder mehr zu sagen haben werden, stellt sich dies letztlich lediglich als die in die Zukunft gerichtete Einschätzung der zum damaligen Zeitpunkt bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation dar. Eine potentielle - individuelle - Gefährdung oder Bedrohung des Beschwerdeführers mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit kann jedenfalls derzeit - unter Berücksichtigung der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen und der vorangehend getätigten beweiswürdigenden Ausführungen - hinsichtlich dieses Themenbereichs nicht erkannt werden (vgl. auch die diesbezüglichen Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung).
Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers kann unter Zugrundelegung der mit dem BF in der mündlichen Verhandlung am 13.04.2021 erörterten und ihm zuvor schriftlich zur Kenntnis gebrachten Länderinformationen und der medial ausführlich kolportierten Entwicklungen im Herkunftsland bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt (vgl. Weekly epidemiological update – 06. July 2021 (who.int)). Unabhängig davon liegen sowohl im Hinblick auf sein Alter als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach der BF bei einer allfälligen COVID-19 Infektion einer besonderen Risikogruppe angehören würde.
Eine besondere Auseinandersetzung mit der Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit des Staates einschließlich diesbezüglicher Feststellungen ist nur dann erforderlich, wenn eine Verfolgung durch Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen festgestellt wird (vgl. VwGH vom 02.10.2014, Ra 2014/18/0088). Da der Beschwerdeführer jedoch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes keine von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehende Verfolgung zu gewärtigen hat, sind spezifische Feststellungen zum staatlichen Sicherheitssystem sowie zur Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit im Herkunftsstaat nicht geboten. Selbiges gilt im Übrigen für die Frage bezüglich des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers.
Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht. Vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist. Die Verfolgung kann gemäß § 3 Abs. 2 AsylG auch auf so genannten objektiven oder subjektiven Nachfluchtgründen beruhen.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine „Verfolgungsgefahr“, wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN, VwGH 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine Verfolgung, die bereits stattgefunden hat („Vorverfolgung“), für sich genommen nicht hinreichend (vgl. VwGH 03.05.2016, Ra 2015/18/0212).
3.1.2. Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion (hier: zum Christentum) in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst; vgl. z. B. jeweils mwN VwGH 24.10.2001, 99/20/0550 und VwGH 17.09.2008, 2008/23/0675. Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem neuen (hier: christlichen) Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend; vgl. VwGH 30.06.2005, 2003/20/0544 und VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210, zum Herkunftsstaat Marokko.
Der VwGH verlangt zur Feststellung, ob ein Antragsteller tatsächlich oder nur zum Schein konvertiert ist, eine schlüssige Gesamtbeurteilung. Elemente für eine solche Gesamtbeurteilung können sein: eine nähere Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten und seinem religiösen Grundwissen sowie eine konkrete Auseinandersetzung mit Angaben etwaiger Zeugen. Mangelndes religiöses Grundwissen kann für das Vorliegen einer Scheinkonversion sprechen, ist aber nicht ausreichend.“ Auch die aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung setzt diese Judikaturlinie fort (vgl. vgl. VfGH vom 27.02.2018, E2958/2017, VfGH vom 23.09.2019, E 2272/2019-11, VwGH vom 02.09.2015, Ra 2015/19/0091, VwGH vom 20.06.2017, Ra 2017/01/0076, VwGH vom 07.05.2018, Ra 2018/20/0186, VwGH vom 18.10.2018, RA 2018/19/0236, VwGH vom 23.01.2019, Ra 2018/19/0260 und 0261, VwGH vom 14.03.2019, Ra 2018/18/0441, VwGH vom 14.03.2019, Ra 2018/18/0455, VwGH vom 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH vom 26.03.2019, Ra 2018/19/0603, VwGH vom 26.03.2019, Ra 2018/19/0530, VwGH vom 26.08.2019, Ra 2019/20/0400, VwGH vom 28.08.2019, Ra 2019/14/0129, VwGH vom 29.08.2019, Ra 2019/19/0303, VwGH vom 30.09.2019, Ra 2019/20/0437, VwGH vom 04.12.2019, Ra 2019/14/0427, VwGH vom 11.12.2019, Ra 2019/20/0538, VwGH vom 17.12.2019, Ra 2019/18/0350, VwGH vom 13.02.2020, Ra 2020/19/0002, VwGH vom 26.02.2020, Ra 2019/20/0540, VwGH vom 07.05.2020, Ra 2020/18/0125).
3.1.3. Art 10 Abs 1 lit b der Statusrichtlinie definiert Religion insbesondere als theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Geschützt ist die Entscheidung aus innerer Überzeugung religiös zu leben, wie auch die Entscheidung, aufgrund religiösen Desinteresses jegliche religiöse Betätigung zu unterlassen. Der einzelne darf sich zu seiner religiösen Grundeinstellung nach außen bekennen und an religiösen Riten im öffentlichen Bereich teilnehmen (OVG Sachsen, 03.04.2008, B 36/06, zitiert nach Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht (2016), § 3 AsylG 2005, K40).
Im Sinne der Statusrichtlinie liegt eine begründete Furcht des Antragstellers vor Verfolgung vor, sobald nach Auffassung der zuständigen Behörden im Hinblick auf die persönlichen Umstände des Antragstellers vernünftigerweise anzunehmen ist, dass er nach Rückkehr in sein Herkunftsland religiöse Betätigungen vornehmen wird, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen. Bei der individuellen Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling können die Behörden dem Antragsteller nicht zumuten, auf diese religiösen Betätigungen zu verzichten; vgl. EuGH 05.09.2012, C-71/11 bzw. C-99/11.
Ferner kommt es nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs darauf an, ob der Asylwerber aufgrund der Ausübung der Religionsfreiheit in seinem Herkunftsland u. a. tatsächlich Gefahr läuft, verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden; vgl. EuGH 05.09.2012, C-71/11 bzw. C-99/11. Das mit Todes- oder Freiheitsstrafe bewehrte Verbot von Handlungen, die der Staatsreligion des Herkunftslands der Person, die internationalen Schutz beantragt, zuwiderlaufen, kann eine „Verfolgungshandlung“ iSd Art 9 der Statusrichtlinie darstellen, sofern die Behörden dieses Landes Verstöße gegen dieses Verbot in der Praxis mit solchen Strafen ahnden; vgl. EuGH 04.10.2018, C-56/17.
3.1.4. Subsumiert man den vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt den relevanten und im Lichte der zitierten Judikatur auszulegenden Rechtsvorschriften, ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers war in seiner Gesamtheit bezüglich seines Religionswechsels - wie in der Beweiswürdigung detailliert ausgeführt - nicht als glaubwürdig zu qualifizieren, weshalb es auch nicht der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Der Beschwerdeführer wurde in seinem Herkunftsstaat nämlich nicht verfolgt und er hat diesen auch nicht aus wohlbegründeter Furcht vor einer Verfolgung im oben genannten Sinn verlassen. Hervorzuheben ist noch einmal, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe im Iran eine Hauskirche besucht und sei deswegen von den iranischen Behörden gesucht worden, nicht glaubhaft ist. Im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat wäre der Beschwerdeführer auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer derartigen Verfolgungsgefahr ausgesetzt.
Eine Verfolgung iSd § 3 Abs. 1 AsylG 2005 wegen einer tatsächlichen Abwendung vom Islam und einer echten inneren Konversion zum Christentum scheidet im Falle des Beschwerdeführers jedenfalls aus, weil sich dieser, wie festgestellt, weder (wahrhaftig) vom Islam abgewandt noch aus echter innerer Überzeugung zum Christentum hingewandt hat.
Durch die von ihm tatsächlich ausgeübten christlichen Aktivitäten, die Taufe, die bloß formale Zuwendung zum Christentum ohne innere Überzeugung (Scheinkonversion) und den ebenso bloß formal, zum Zweck der Asylerlangung, in Österreich erklärten Austritt aus der Islamischen Religionsgemeinschaft droht dem Beschwerdeführer, sollten Angehörige, das soziale Umfeld, sonstige Privatpersonen oder die Behörden im Herkunftsstaat davon Kenntnis erlangen oder haben, im gegebenen Fall und im Lichte der Lage im Herkunftsstaat, wie das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls begründet festgestellt hat, nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Verfolgung iSd des § 3 Abs. 1 AslyG. Auch ein allenfalls unterstellter Glaubensabfall vermag gegenständlich keine asylrelevante Verfolgungsgefahr bzw. wohlbegründete Furcht vor einer solchen zu begründen.
Im Lichte der in das Verfahren integrierten Länderinformationen ist der Schluss zu ziehen, dass aus der lediglich formalen, bzw. zum Schein erfolgenden Konversion zum christlichen Glauben - wie sie in casu allenfalls vorliegen mag - ohne dem Vorliegen einer exponierten Tätigkeit bzw. außenwirksamen Praktizierung des christlichen Glaubens, keine asylrechtlich relevante Gefährdung resultiert.
Auch ist im Lichte der Scheinkonversion des BF, nicht davon auszugehen, dass der BF das Bedürfnis hat, im Rückkehrfall die christliche Religion zu praktizieren, nach außen zu tragen oder gar missionarisch tätig zu sein.
Der Beschwerdeführer nimmt in Österreich - wie viele iranische Konvertiten - an kirchlichen Veranstaltungen, wie etwa Gottesdiensten, teil. Der BF hat sich jedoch nicht in leitender Funktion exponiert und kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dieser missionierend tätig ist.
Dass dies dem BF im Rückkehrfall in asylrelevanter Weise zum Nachteil gereicht, kann aufgrund der in der Beweiswürdigung getroffenen Ausführungen, wonach nicht davon auszugehen ist, dass die Person des BF für die iranischen Behörden in irgendeiner Weise von Interesse ist und unter Beobachtung steht und es somit keinen ersichtlichen Grund gibt, wie die Aktivitäten des BF den iranischen Behörden bekannt werden sollten, nicht festgestellt werden.
Auch gemäß den in das Verfahren aufgenommenen Länderfeststellungen, betreffen Repressionen vor allem missionierende Christen und sehen sich christliche Konvertiten aufgrund der Ausübung ihres Glaubens willkürlichen Festnahmen und Verhaftungen ausgesetzt. Dass der BF, welcher lediglich zum Schein konvertiert ist, den christlichen Glauben ausübt, ist naturgemäß auszuschließen und kann auch umso weniger davon ausgegangen werden, dass es dem BF ein Anliegen ist, missionierend tätig zu sein.
Aus den Länderfeststellungen sowie den vom Bundesverwaltungsgericht bei der Bearbeitung ähnlich gelagerter, den Iran betreffender Verfahren gewonnenen Wahrnehmungen ist letztlich auch zu schließen, dass nur iranische Staatsangehörige, die sich als Folge ihrer missionarischen Betätigung für das Regime deutlich von der breiten Masse abheben (Kirchenführer, in der Öffentlichkeit besonders aktive Personen), Gefahr laufen, dass sich die iranischen Sicherheitsbehörden und die Justiz mit ihnen befassen.
Im Hinblick darauf, dass der iranische Staat nicht jegliche Tätigkeit seiner Staatsbürger verfolgen kann, muss sich sein Interesse auf Personen beschränken, die aufgrund ihrer exponierten Stellung, ihres Einflusses auf andere iranische Staatsbürger und eines herausragenden Engagements eine potentielle Gefahr für den ausschließlichen Machtanspruch des Regimes im Iran darstellen könnten.
Das Verhalten des BF erweist sich aber nicht als derart markant, dass es geeignet erscheint, einen erhöhten Ermittlungsaufwand bei den iranischen Behörden auszulösen. Ein asylrelevantes Verfolgungsrisiko ist nach Ansicht der erkennenden Richterin daher nicht gegeben.
3.1.5. Im Hinblick auf die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur arabischen Volksgruppe folgt aus den unter Zugrundelegung der Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen, dass eine Gruppenverfolgung von Arabern im Iran nicht besteht. Das Bundesverwaltungsgericht stellt nicht in Abrede, dass Araber im Iran generell Diskriminierungen und Benachteiligungen ausgesetzt sind. Diese erreichen jedoch im Allgemeinen nicht die Intensität von Verfolgungshandlungen. Unter Bedachtnahme darauf, dass die Araber ca. 3 % der 82 Millionen Einwohner des Iran ausmachen, kann nicht erkannt werden, dass regelmäßig (Verfolgungsintensität erreichende) Maßnahmen zielgerichtet gegen die Angehörigen der arabischen Volksgruppe gesetzt werden. Wie aus den Länderinformationen hervorgeht, werden Araber nicht schlechthin (politisch) verfolgt; betroffen sein können, z. B. von willkürlicher Inhaftierung, Ahwazi-Araber, wenn sie Journalisten oder politische Aktivisten sind, die sich für Minderheitenrechte einsetzen. Dass der Beschwerdeführer Journalist oder politischer Aktivist wäre, der sich für Minderheitenrechte einsetzt oder sonst zu seiner Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe individuelle Momente hinzutreten würden, die mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verfolgung wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit führen würden, hat der Beschwerdeführer weder (glaubhaft) vorgebracht noch ist dergleichen sonst hervorgekommen.
3.1.6. Nach den getroffenen Feststellungen gibt es schließlich keine Anhaltspunkte dafür, dass Iraner, die aus dem Ausland in den Iran zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass ein Asylantrag allein nach vorliegenden Erkenntnissen keine staatlichen Repressionen auslöst. Bei Rückkehr kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch iranische Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, besonders zu Kontakten während dieser Zeit. Eine asylrelevante Verfolgung ist darin aber nicht erkennbar.
Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung im gegebenen Fall nicht existent ist.
In einer Gesamtschau sämtlicher Umstände und mangels Vorliegens einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides somit abzuweisen.
3.2. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran
3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht (Abs 3 leg cit).
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).
3.2.2. Weder auf der Grundlage der im gegenständlichen Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen, welchen der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist, noch vor dem Hintergrund des persönlichen Vorbringens des Beschwerdeführers ist ersichtlich, dass er bei einer Rückführung in sein Heimatland in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Gefährdung im Sinne des Artikel 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechtes des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers (die Todesstrafe wurde zwar nicht abgeschafft, es bestehen jedoch keine glaubhaften Hinweise, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklichte, welche im Iran mit der Todesstrafe bedroht ist) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Im Iran erfolgen weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert, noch ist nach den seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des BVwG getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, weshalb auch kein „real Risk“ (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen ist.
Besondere Umstände (zB schwere Krankheit, entsprechend der Judikatur des EGMR), die ausnahmsweise gegen eine Rückkehr sprechen würden, sind im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen.
3.2.2.1. Nach der Rechtsprechung können auch lebensbedrohende Ereignisse wie etwa das Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0142). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung dieser Frage unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137). Außergewöhnliche Umstände liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (VwGH 11.11.2015, Ra 2015/20/0196, mwN).
Der Beschwerdeführer hat weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.
In der Vergangenheit erlitt der Beschwerdeführer multisegmentale breitbasige Diskusherniationen mit Recessuseinengung L3/4 links mit Bedrängung L4 links und L4/5 rechts mit Bedrängung L5 rechts. Aktuell ist der BF abgesehen von immer wieder auftretenden Schmerzen im Rücken- und Beinbereich gesund. Eine Schmerzbehandlung erfolgt medikamentös. Ausweislich der Feststellungen ist die Gesundheitsversorgung als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung werden kostenfrei zur Verfügung gestellt. Das - einstige - Leiden des Beschwerdeführers ist jedenfalls keine ernste bzw. lebensbedrohliche Erkrankung und wurde auch insoweit weder substantiiert vorgebracht, dass der Beschwerdeführer im Rückkehrfall unzureichenden Zugang zur medizinischen Versorgung hätte, noch, dass eine dauerhafte Behandlungsnotwendigkeit bestehen würde oder eine gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Fall einer Rückführung in den Herkunftsstaat zu befürchten sei.
3.2.2.2. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung in den Iran dort die notdürftigste Lebensgrundlage fehlte. Aus den vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Länderfeststellungen, welchen von Seiten des Beschwerdeführers nicht substantiiert entgegengetreten wurde, ist zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung im Iran - mag die Wirtschaftsleistung aufgrund der Sanktionen der USA auch zurückgegangen sein - gewährleistet ist und ist diesbezüglich zum Entscheidungszeitpunkt auch keine Verschlechterung bekannt.
Der Beschwerdeführer ist weiters - abgesehen von den immer wieder auftretenden Schmerzen im Rücken- und Beinbereich - ein gesunder, aktiver und junger Mann von etwa 37 Jahren, der im Iran nach allgemeiner Lebenserfahrung bei einer Rückkehr auch mit der Unterstützung seiner Familie rechnen könnte. In concreto leben eine Schwester und ein Bruder in seinem Herkunftsstaat und ist es diesen Verwandten des Beschwerdeführers sicherlich möglich, den Beschwerdeführer zu unterstützen und ihm zumindest vorübergehend Unterkunft zu gewähren. Triftige Gründe, weshalb ihm seine Geschwister nicht helfen könnten, konnte der BF nicht darlegen. Im Übrigen wird der BF nach allgemeiner Lebenserfahrung darüber hinaus über einen Bekannten- und Freundeskreis verfügen, gab er doch nicht zu Protokoll, vor seiner Ausreise in völliger sozialer Isolation gelebt zu haben. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist somit jedenfalls ein soziales Netz vorhanden. Aus der Reise des Beschwerdeführers nach Österreich ist ersichtlich, dass er mobil und in der Lage ist, auch in einer für ihn fremden Umgebung sein Leben zu meistern. Er spricht die Sprache der Majoritätsbevölkerung Farsi, Arabisch und zudem etwas Deutsch. Im Übrigen verfügt der Beschwerdeführer über eine mehrjährige Schulausbildung sowie Berufserfahrung als Techniker für Bewässerungsanlagen in einem großen landwirtschaftlichen Betrieb. Es ist daher nicht ersichtlich, warum dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung im Iran, auch an anderen Orten bzw. in anderen Landesteilen des Iran, zumindest durch Gelegenheitsarbeiten, nicht möglich und zumutbar sein sollte. Es wäre dem Beschwerdeführer letztlich auch zumutbar, durch eigene und notfalls wenig attraktive und seiner Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. ihn schon bei der Ausreise unterstützende Personen, Hilfsorganisationen, religiös-karitativ tätige Organisationen - erforderlichenfalls unter Anbietung seiner gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können. Der Beschwerdeführer brachte auch selbst vor, vor seiner Ausreise im Iran als Techniker für Bewässerungsanlagen in einem großen landwirtschaftlichen Betrieb tätig gewesen zu sein und es bestehen keine substantiierten Hinweise dafür, dass er hierzu nach seiner Rückkehr nicht wiederum in der Lage sein sollte.
Aus den getroffenen Länderfeststellungen ergibt sich, dass die Grundversorgung der Bevölkerung im Iran sehr wohl gesichert ist. Der Beschwerdeführer ist nach allgemeiner Lebenserfahrung arbeitsfähig und ist daher davon auszugehen, dass er ohne jedes substantiierte Vorbringen nicht als im Sinne der EMRK gefährdet anzusehen ist.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass sich die wirtschaftliche Situation im Iran schlechter darstellt als in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. in Österreich, aus den Berichten geht aber keinesfalls hervor, dass sie dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.
Wiederum ist festzuhalten, dass zum Entscheidungszeitpunkt keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen (alle unterschiedslos treffenden) Sicherheitslage oder der wirtschaftlich-sozialen Lage im Iran ergeben würde; auch hierzu ist seitens des Beschwerdeführers in der Beschwerde oder in der mündlichen Verhandlung kein konkretes Vorbringen erfolgt.
3.2.2.3. Die aktuelle Lage im Iran stellt sich derzeit auch nicht so dar, dass nun bereits ein generelles Abschiebehindernis bzw. eine generelle Gefährdung aus Sicht der EMRK (Art. 3) gegeben ist. Gegenteiliges ist auch den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen und dem BF zur Kenntnis gebrachten Länderinformationen nicht zu entnehmen. Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bestehen zwar latente Spannungen und es kommt verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sowie (vor allem in Minderheitenregionen) zu terroristischen Zwischenfällen, im Iran herrscht aber nicht ein derart hohes Niveau an willkürlicher Gewalt, dass der Beschwerdeführer allein durch seine Anwesenheit einem realen Risiko für seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer lebte zuletzt in der Stadt XXXX in der Provinz Chuzestan, wo seine Geschwister nach wie vor ohne Probleme leben, und brachte diesbezüglich auch keine Probleme vor.
In diesem Zusammenhang ist auch auf das Urteil des EGMR vom 09.03.2010, Fall R.C., Appl. 41.827/07 zu verweisen, wonach zwar die im Iran herrschende, sehr angespannte Situation nicht außer Acht gelassen werden dürfe, in welcher der Respekt für die grundlegenden Menschenrechte seit den Wahlen 2009 erheblich abgenommen habe, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen allein die Rückführung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat aber noch nicht als unzulässig iSd Art. 3 EMRK erscheinen lassen.
Auch der Verfassungsgerichtshof entschied mit Erkenntnis vom 20. September 2010, U 1863/09-12, unter Hinweis auf das im Vorabsatz erwähnte Urteil des EGMR, dass bei einer Rückkehr in den Iran bezüglich der Prüfung der Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung neben der zuvor erwähnten Berücksichtigung der angespannten Situation auch die speziellen Risiken bedacht werden müssen, denen Iraner ausgesetzt sind, wenn sie, ohne über Beweismittel für ihre legale Ausreise aus dem Iran zu verfügen, in ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssen. Auf Grund aktueller Länderberichte stehe fest, dass diese besonders leicht einer genauen Überprüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Ausreise aus dem Iran unterzogen werden. Diesfalls wäre es wahrscheinlich, dass ein Iraner ohne gültige Ausreisepapiere die Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitsbehörden auf sich ziehen und seine Vergangenheit dabei offengelegt würde. Diese beiden Gesichtspunkte zusammen können dazu führen, dass die Ausweisung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat angesichts der gegenwärtigen Umstände eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung darstellt. Dieses Judikat ist im konkreten Fall nun aber nicht einschlägig, da der Beschwerdeführer gegen Ende 2015 - im Unterschied zur genannten VfGH-Judikatur – den Herkunftsstaat offenbar legal verlassen hat, und zu keinem Zeitpunkt ins Blickfeld des iranischen Staates geraten ist, den Iran nicht vorverfolgt verlassen hat und sein Vorbringen bezüglich des ernsthaften Interesses am Christentum als unglaubhaft gewertet wird, weshalb letztlich keine Gefährdung vorliegt.
Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0137-14 zur Frage der Zuerkennung von subsidiärem Schutz, in welchem sich der VwGH mit der Frage einer Rückkehrgefährdung iSd Art. 3 EMRK aufgrund der bloßen allgemeinen Lage (hier: Irak), insbesondere wegen wiederkehrenden Anschlägen und zum anderen einer solchen wegen – kumulativ mit der allgemeinen Lage – zu berücksichtigenden individuellen Faktoren, befasst hat und die Revision gegen das Erkenntnis des BVwG als unbegründet abgewiesen wurde.
Wie bereits oben ausgeführt, besteht für den Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall weder von staatlicher noch von privater Seite eine Verfolgungsgefahr aufgrund seines behaupteten Ausreisevorbringens, da dieses als nicht glaubhaft erachtet wurde. Der Beschwerdeführer hat insbesondere nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachgewiesen, dass ihm aus diesen Gründen im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. auch die diesbezüglichen Ausführungen in der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. Die Konversion zum Christentum wurde als bloße Scheinkonversion erachtet.
Es wird von Seiten der erkennenden Richterin nicht verkannt, dass Personen, welche aus Sicht des iranischen Regimes dessen absoluten Machtanspruch nicht anerkennen durchaus in Gefahr schweben können, unmenschlich und erniedrigend behandelt bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden; eine allgemeine Gefahr - als ein auch den Beschwerdeführer treffendes reales Risiko einer relevanten Verletzung der Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK unterworfen zu werden - ist aber im gegebenen Fall - mangels Glaubhaftigkeit des Vorbringens zur Frage einer Konversion - nicht zu sehen. Den herangezogenen Länderfeststellungen kann schließlich entnommen werden, dass sogar Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Auslandsvertretung ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren können.
Auch die aktuelle allgemein bekannte COVID-19-Pandemie führt nicht dazu, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfüllt wären. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass schon aus dem Begriff der Pandemie folgt, dass sich die Atemwegserkrankung COVID-19 länder- und kontinentübergreifend ausbreitet. Es handelt sich hierbei definitionsgemäß um eine weltweite Problematik und kein Staat der Welt kann absolute Sicherheit vor dieser Erkrankung bieten, was die aktuellen Entwicklungen in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika belegen. Es handelt sich weder bei der Pandemie noch bei den von den verschiedenen Staaten weltweit ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung bzw. Verhinderung der Ausbreitung um auf den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers beschränkte Phänomene. In diesem Zusammenhang weist das Bundesverwaltungsgericht daraufhin, dass sich laut der World Health Organization im Iran, der ca. 82 Millionen Einwohner hat (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Iran, generiert am: 29.01.2021, Version 2, S 44), die Zahl der bestätigten COVID-19-Erkrankungen auf 3.254.818 und die Zahl der Todesfälle auf 84.792 beläuft (vgl. Weekly epidemiological update – 6. July 2021 (who.int)). Das Bestehen einer außergewöhnlichen Situation im Iran kann vor diesem Hintergrund nicht erkannt werden. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes nicht zur notorischen Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer allfälligen Erkrankung an COVID-19 zählt (vgl. auch die COVID-19-Risikogruppe-Verordnung, BGBl II 203/2020). Eine durch die Lebensumstände im Zielstaat bedingte Verletzung des Art. 3 EMRK setzt in jedem Fall nach der Rechtsprechung eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr voraus. Die bloße Möglichkeit eines dem Art. 3 EMRK widersprechenden Nachteiles reicht hingegen nicht aus, um Abschiebungsschutz zu rechtfertigen (VwGH vom 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174). Nach der derzeitigen Sachlage und der festgestellten Anzahl an Infizierten wäre daher eine mögliche Ansteckung des Beschwerdeführers im Iran mit COVID-19 und ein diesbezüglicher außergewöhnlicher Krankheitsverlauf allenfalls spekulativ. Eine reale und nicht auf Spekulationen gegründete Gefahr ist somit nicht zu erkennen (vgl. dazu VwGH vom 07.09.2020, Ra 2020/20/0314-6). Ergänzend ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer sonstige Bedenken bezüglich der Rückkehrsituation im Lichte der COVID-19-Pandemie nicht dargelegt hat, sondern in der mündlichen Verhandlung auf eine Stellungnahme verzichtete.
Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.
Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.
Somit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abzuweisen.
3.3. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und der Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§ 57 AsylG und § 52 FPG):
3.3.1. Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
3.3.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
3.3.2.1. Der Beschwerdeführer befindet sich seit etwa Mitte Dezember 2015 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet wurde.
3.3.3. Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
3.3.3.1. Der Beschwerdeführer ist als iranischer Staatsangehöriger kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
3.3.4. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
3.3.4.1. Insoweit eine Tante mütterlicherseits in der Bundesrepublik Deutschland lebt, ist schon deshalb mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme keine Trennung von einer im Bundesgebiet zurückbleibenden Person verbunden, was nach VwGH 26.03.2015, 2013/22/0284, eine Berücksichtigung der Beziehungen in der Interessenabwägung freilich nicht obsolet macht. Zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit, wie etwa gegenseitige Unterhaltsgewährung oder eine anderweitige wechselseitige immaterielle Unterstützung, auf die ein Teil zwingend angewiesen wäre, sind im Verfahren bezüglich dieser Person nicht hervorgekommen und wurde auch nicht behauptet. Ein schützenswertes Familienleben im Sinn der zitieren Rechtsprechung liegt daher nicht vor, zumal der Beschwerdeführer nicht einmal darlegte, dass es mit dieser Person beispielsweise zu Begegnungen bei gelegentlichen Besuchen kommt.
In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Verwandten oder sonstige nahen Angehörigen. Die sozialen Kontakte, die der Beschwerdeführer ansonsten in Österreich unterhält, sind nicht als Familienleben, sondern als Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK zu qualifizieren.
Die aufenthaltsbeendende Maßnahme bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens.
Sohin blieb zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung einen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf ein Privatleben in Österreich darstellt.
3.3.4.2. Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.
In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187; vgl. auch VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN). Es kann jedoch auch nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen „kann“ und somit schon allein auf Grund eines Aufenthaltes von weniger als drei Jahren von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen gegenüber den privaten Interessen auszugehen wäre (vgl. VwGH 05.06.2019, Ra 2019/18/0078, mwN). Erst bei einem (knapp unter) zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden kann regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich ausgegangen werden (vgl. VwGH 14.04.2016; Ra 2016/21/0029).
Liegt - wie im vorliegenden Fall - eine noch eher kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vor, so wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allerdings regelmäßig erwartet, dass die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich ist, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu rechtfertigen (vgl. etwa VwGH 10.04.2019 Ra 2019/18/0049, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 28.02.2019, Ro 2019/01/0003, mwN; dort auch zur Bedeutung einer Lehre iZm Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK).
Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013; vgl zum unsicheren Aufenthaltsstatus zuletzt auch die Entscheidungen des VwGH vom 27.6.2019, Ra 2019/14/0142 und vom 4.4.2019, Ra 2019/21/0015).
Für den gegenständlichen Fall ergibt sich Folgendes:
Die bisherige Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers beträgt seit etwa Mitte Dezember 2015 etwa fünf Jahre und sechs Monate, womit sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht als überaus lang erweist, um bereits jetzt von einer außergewöhnlichen schützenswerten dauernden Integration zu sprechen. Dass das Asylverfahren in Österreich, welches ab Mitte Dezember 2015 Grundlage für den hiesigen Aufenthalt des BF gewesen war, etwa fünf Jahre und sechs Monate bis zur nunmehrigen Entscheidung andauerte, kann dem BF aber nicht angelastet werden; es handelt sich um keine Folgeantragsstellung. In Anbetracht des Umstandes, dass der Antrag auf internationalen Schutz unbegründet war, er versuchte diesen mit einem nicht glaubhaften bzw. nicht asylrelevanten Sachverhalt zu begründen und der Beschwerdeführer zur Antragstellung illegal in das Bundesgebiet von Österreich eingereist war, sind aber gravierende öffentliche Interessen festzustellen, die für eine aufenthaltsbeendende Rückkehrentscheidung sprechen. Diese Interessen überwiegen in ihrer Gesamtheit das private Interesse des Beschwerdeführers am weiteren Verbleib, selbst wenn er im Bundesgebiet soziale Kontakte knüpfte, Deutschkurse besucht(e) und einfache Deutschkenntnisse erlangt hat, in den Jahren 2018 und 2019 einer Remunerationstätigkeit für den öffentlichen Raum in seiner damaligen Wohnortgemeinde nachging, zusätzlich während seines Aufenthalts im dortigen Grundversorgungsquartier für Asylwerber unterstützende Tätigkeiten verrichtete, zudem in der Vergangenheit freiwillig - nicht näher präzisierte – Arbeiten „in der Nachbarschaft“ und „in der Landwirtschaft“ übernahm, in der römisch-katholischen Pfarrgemeinde XXXX regelmäßig Hilfstätigkeiten bei Putzaktionen, im Gartenbereich der Kirche und auf dem örtlichen Friedhof durchführt(e) und sein zukünftiges Leben hier gestalten will sowie ihm die Dauer des Verfahrens nicht zuzurechnen ist. Private Interessen von Fremden am Verbleib im Gastland sind jedenfalls weniger stark zu gewichten, wenn diese während eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz begründet werden, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt nicht von vornherein von einem positiven Ausgang des Verfahrens ausgehen konnte und sein Status bis zum Abschluss des Verfahrens ungewiss ist. Auch nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bewirkt in Fällen, in denen das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen der Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Art. 8 EMRK (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055 mwN). Der Beschwerdeführer reiste Mitte Dezember 2015 in das Bundesgebiet ein, bereits im August 2018 erging der erste - abweisende - Bescheid des BFA. Der Beschwerdeführer durfte daher gemäß der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz rund zweieinhalb Jahre nach seiner Einreise seinen zukünftigen Aufenthalt nicht mehr als gesichert betrachten und nicht mehr darauf vertrauen, in Zukunft in Österreich verbleiben zu können (vgl. VwGH 29.04.2010, 2010/21/0085).
Der BF hielt sich ab Mitte Dezember 2015 für etwa fünf Jahre und sechs Monate in Österreich auf. Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Österreich.
Der Beschwerdeführer verfügt über normale soziale Kontakte. Von einer gesellschaftlichen Integration im beachtlichen Ausmaß ist jedoch nicht auszugehen, zumal der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren lediglich eine Unterstützungserklärung eines Freundes bzw. Unterkunftgebers in Vorlage brachte und er auch - außer zu dieser Person - keine näheren Ausführungen zu seinem Freundeskreis in der mündlichen Verhandlung traf. Es wird zwar nicht in Abrede gestellt, dass der BF diesen Freund/ Unterkunftgeber im Falle von regelmäßig auftretenden depressiven Episoden mental und im Haushalt unterstützt. Es besteht jedoch auch hinsichtlich dieser Beziehung kein über übliche Bekanntschafts- und Freundschaftsverhältnisse hinausgehendes inniges Verhältnis, geschweige denn Abhängigkeitsverhältnis. Abgesehen von der Mitgliedschaft in der Römisch-Katholischen Kirche und Teilnahme an deren Gemeinschaftsleben besteht auch keine Integration in hiesige Vereine oder Organisationen. Zwar kommt den persönlichen Beziehungen des BF im Rahmen der Interessensabwägung eine geringe Bedeutung zu, dies ändert jedoch nichts daran, dass diese Freundschaften und Bekanntschaften erst während des unsicheren Aufenthaltes entstanden sind und macht er hiermit keine Umstände geltend, die seine persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet maßgeblich verstärken könnten (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 26. November 2009, Zl. 2007/18/0311), zumal die Aktivitäten und Kontakte des Beschwerdeführers im Rahmen der christlichen Gemeinden zumindest auch teilweise der Erlangung von Asyl dienen sollen.
Soweit der BF über private Bindungen in Österreich verfügt, ist zudem darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Abschiebung in den Iran gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass der BF hierdurch gezwungen wird, den Kontakt zu jenen Personen, die ihm in Österreich nahe stehen, gänzlich abzubrechen. Auch hier steht es ihm frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch kurzfristige Urlaubsaufenthalte) aufrecht zu erhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es dem Beschwerdeführer - zumal über ihn (soweit ersichtlich) auch kein Rückkehrverbot verhängt wurde - bei der asylrechtlichen Ausweisung nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 861, mwN). Auch den Kontakt zu seiner in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Tante mütterlicherseits könnte der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat durch Telekommunikation und etwaige Besuche weiterhin pflegen.
Der Beschwerdeführer besuchte mehrere Deutschkurse und absolvierte eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 im März 2019 erfolgreich. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich am 13.04.2021 von den einfachen Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers selbst ein Bild machen. Der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, stellen zweifellos ein Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich dar. Die gesamte Stufe "A" (A1 und A2) bezieht sich nach dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichts auf den Standard der elementaren Sprachverwendung und reichen die derartigen Ausbaustufen aber bis zum Stand "C2", welcher einer nahezu muttersprachlichen Verwendung der jeweiligen Sprache – hier Deutsch – gleichkommt. Ausgehend davon wird mit den elementaren Sprachkenntnissen auf dem Niveau A1 nach dem etwa fünfeinhalbjährigen Aufenthalt ein nur unterdurchschnittliches Engagement beim Spracherwerb dargetan.
Zugunsten des Beschwerdeführers ist zu berücksichtigen, dass er in den Jahren 2018 und 2019 einer Remunerationstätigkeit für den öffentlichen Raum in seiner damaligen Wohnortgemeinde nachging. Des Weiteren verrichtete er zusätzlich während seines Aufenthalts im dortigen Grundversorgungsquartier für Asylwerber unterstützende Tätigkeiten. Beispielsweise führte er Grünpflege-, Reinigungs- und Entsorgungsarbeiten durch. Der Beschwerdeführer übernahm ferner in der Vergangenheit freiwillig - nicht näher präzisierte – Arbeiten „in der Nachbarschaft“ und „in der Landwirtschaft“. Auch in der römisch-katholischen Pfarrgemeinde XXXX führt(e) er regelmäßig Hilfstätigkeiten bei Putzaktionen, im Gartenbereich der Kirche und auf dem örtlichen Friedhof durch. Im Übrigen war und ist der Beschwerdeführer weder ehrenamtlich noch gemeinnützig tätig.
Der Beschwerdeführer hat hierorts keine belegten Anknüpfungspunkte in Form einer legalen Erwerbstätigkeit oder anderweitiger maßgeblicher wirtschaftlicher Interessen und ist zum Entscheidungszeitpunkt zur Sicherstellung seines Auskommens auf Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber angewiesen. Hinsichtlich der mehrfachen Versuche des BF eine Beschäftigung zu finden, muss festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer hierdurch während seines bisherigen Aufenthalts in Österreich keine ernsthafte Bereitschaft zeigte, sich um legale Arbeit zu bemühen, zumal es ihm auch möglich gewesen wäre, ein Gewerbe anzumelden und als Selbständiger tätig zu werden. Ebenso wäre dem Beschwerdeführer die Möglichkeit offen gestanden, haushaltstypische Leistungen in Privathaushalten (z.B. Gartenarbeit, Hilfe beim Weihnachtsputz) zu übernehmen („Dienstleistungsscheck“).
Insgesamt ist keine ins Gewicht fallende Integration des BF in die österreichische Gesellschaft, insbesondere durch eine (ausreichende) Erwerbstätigkeit beziehungsweise ein reguläres Beschäftigungsverhältnis, erkennbar.
Der Beschwerdeführer hat sich in der Zeit, in der er sich im Bundesgebiet aufhält, ansonsten auch nicht nennenswert integriert. Diese Schlussfolgerung ist insbesondere angesichts der mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit, der abgesehen von der Römisch-Katholischen Kirche fehlenden Mitgliedschaft in hiesigen Organisationen und Vereinen und den nicht besonders ausgeprägten privaten Beziehungen zu österreichischen Staatsangehörigen und in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen zu ziehen.
Darüber hinaus sind keine weiteren maßgeblichen Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass dem Recht auf Privat- und Familienleben des BF in Österreich im Verhältnis zu den legitimen öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung eine überwiegende und damit vorrangige Bedeutung zukommen lassen würde.
Für die beschwerdeführende Partei spricht jedenfalls, dass diese unzweifelhaft über Ansätze einer sozialen Integration verfügt, die durch die in Österreich entstandenen sozialen Kontakte, die absolvierten Deutschkurse sowie die erfolgreich abgelegte Deutschprüfung auf dem Niveau A1 belegt wurden. Hieraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in seinem unmittelbaren Lebensumfeld nicht in sozialer Isolation lebt, sondern mit einem überschaubaren Personenkreis in Kontakt steht beziehungsweise zum Teil Freundschaften aufbaute, was zumindest eine ansatzweise Integration in sozialer Hinsicht begründet. Wie bereits erwähnt, wird auch nicht verkannt, dass der BF in der Vergangenheit einer Remunerationstätigkeit in seiner damaligen Wohnortgemeinde XXXX nachging, zusätzlich während seines Aufenthalts im dortigen Grundversorgungsquartier für Asylwerber unterstützende Tätigkeiten verrichtete, in der Vergangenheit freiwillig - nicht näher präzisierte – Arbeiten „in der Nachbarschaft“ und „in der Landwirtschaft“ übernahm und auch in der römisch-katholischen Pfarrgemeinde XXXX regelmäßig Hilfstätigkeiten bei Putzaktionen, im Gartenbereich der Kirche und auf dem örtlichen Friedhof durchführt(e). Die Kontakte, die der Beschwerdeführer zu Einheimischen unterhält, deuten zwar grundsätzlich auf eine gewisse gesellschaftliche Integration hin. Es verwundert – unter Bedachtnahme darauf, dass der Beschwerdeführer von März 2016 bis Juli 2020 in zwei zwischen etwa 4.300 und 5.300 Einwohner zählenden Gemeinden in ländlicher Umgebung wohnte – aber auch nicht, dass er die angebotene Hilfe und die gebotenen Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung und zu ehrenamtlichen/gemeinnützigen Arbeiten angenommen hat. Eine besondere Integrationsleistung des Beschwerdeführers ist darin noch nicht zu erkennen.
Insgesamt ist keine die Interessen am Verbleib im Bundesgebiet entscheidend verstärkende Integration festzustellen, weil der Verwaltungsgerichtshof eben davon ausgeht, dass selbst die perfekte Beherrschung der deutschen Sprache sowie eine vielfältige soziale Vernetzung und Integration noch keine über das übliche Maß hinausgehende Integrationsmerkmale bedeuten (vgl. VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029). Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer seit seiner Einreise durchgängig auf Leistungen aus der Grundversorgung angewiesen war und er als nicht selbsterhaltungsfähig anzusehen ist.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichts der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).
Letztlich ist die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes der beschwerdeführenden Partei in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu verneinen, zumal der VwGH in seiner Entscheidung vom 20.12.2018, Ra 2018/21/0213, einen Zeitraum von acht Jahren zwischen der erstmaligen erstinstanzlichen Aberkennung des Status des Asylberechtigten in Verbindung mit der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und der verfahrensgegenständlichen Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch das Bundesverwaltungsgericht als außerordentlich lange Verfahrensdauer iSd § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG erachtete.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187; vgl. auch VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN).
Liegt - wie im vorliegenden Fall - eine noch eher kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vor, so wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allerdings regelmäßig erwartet, dass die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich ist, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu rechtfertigen (vgl. etwa VwGH 10.04.2019 Ra 2019/18/0049, mwN). Erst bei einem (knapp unter) zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden kann regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich ausgegangen werden; vgl. VwGH 14.04.2016; Ra 2016/21/0029.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 28.2.2019, Ro 2019/01/0003, mwN; dort auch zur Bedeutung einer Lehre iZm Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK).
Im gegenständlichen Verfahren befindet sich der BF seit etwa fünf Jahren und sechs Monaten in Österreich. Zwischen der Antragstellung durch den Beschwerdeführer und der Entscheidung durch die belangte Behörde liegen etwas mehr als zweieinhalb Jahre. Von der Vorlage der Beschwerde bis zur Entscheidung durch das Verwaltungsgericht vergingen etwa zwei Jahre und neun Monate. In dieser Zeit führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer und ein Zeuge einvernommen wurden.
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass, wie der Verwaltungsgerichthof anerkannt hat, die im Jahr 2015 einsetzende extrem hohe Zahl an Verfahren für die belangte Behörde – ungeachtet der vom Bund getroffenen bzw. weiterhin zu treffenden personellen Maßnahmen zur Verfahrensbewältigung – sohin unzweifelhaft eine extreme Belastungssituation darstellt, die sich in ihrer Exzeptionalität von sonst allenfalls bei (anderen) Behörden auftretenden, herkömmlichen Überlastungszuständen ihrem Wesen nach, und sohin grundlegend, unterscheidet. Für den Verwaltungsgerichtshof ist es notorisch, dass sich in einer derartigen Situation die Einhaltung von gesetzlichen Erledigungsfristen in bestimmten Fällen als schwierig erweisen kann, zumal die Verpflichtung der belangten Behörde, dafür Sorge zu tragen, dass durch organisatorische Vorkehrungen eine rasche Entscheidung möglich ist, in der dargestellten Ausnahmesituation zwangsläufig an Grenzen stoßen muss (vgl. VwGH 24.05.2016, Ro 2016/01/0001).
Unter Bedachtnahme auf die zitierten Entscheidungen kann nicht erkannt werden, dass die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist. Ferner darf nicht übersehen werden, dass der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum keine Schritte setzte, welche zur Beschleunigung des Verfahrens hätten beigetragen, etwa indem er sein Vorbringen richtigstellte. Hierzu ist auch anzuführen, dass es auch einem Asylwerber mit dem Wissen, Ausbildungsstand, bisherigen Lebensweg und den Kenntnissen des BF aus seiner Laiensphäre erkennbar war oder erkennbar sein musste, dass die Erstattung eines wahrheitswidrigen oder nicht asylrelevanten Vorbringens nicht zur Beschleunigung des Verfahrens, sondern zu dessen Gegenteil beiträgt.
Auch der Verfassungsgerichtshof erblickte in einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen kosovarischen (ehemaligen) Asylwerber keine Verletzung von Art. 8 EMRK, obwohl dieser im Laufe seines rund achtjährigen Aufenthaltes seine Integration u.a. durch gute Kenntnisse der deutschen Sprache, Besuch von Volkshochschulkursen in den Fachbereichen Rechnen, Computer, Deutsch, Englisch, Engagement in einem kirchlichen Verein, erfolgreiche Kursbesuche des Ausbildungszentrums des Wiener Roten Kreuzes und ehrenamtliche Mitarbeit beim Österreichischen Roten Kreuz sowie durch die Vorlage einer bedingten Einstellungszusage eines Bauunternehmers unter Beweis stellen konnte (VfGH 22.09.2011, U 1782/11-3, vgl. ähnlich auch VfGH 26.09.2011, U 1796/11-3).
Das Bundesverwaltungsgericht kann aber auch sonst keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr des Beschwerdeführers erkennen: Der Beschwerdeführer beherrscht nach wie vor die Sprachen Farsi und Arabisch, sodass auch seine Resozialisierung und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit an keiner Sprachbarriere scheitert und von diesem Gesichtspunkt her möglich ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort zwei Geschwister leben. Insoweit kann trotz der bereits etwas längeren Abwesenheit (etwa fünfeinhalb Jahre) aus seinem Heimatland Iran nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zurecht finden würde, zumal der BF vor seiner Ausreise auch als Techniker für Bewässerungsanlagen in einem großen landwirtschaftlichen Betrieb tätig gewesen ist. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Iran - letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055). Zur Resozialisierung im Heimatland hat der Verwaltungsgerichtshof wie folgt festgestellt: Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in mehreren (mit dem vorliegenden vergleichbaren) Fällen zum Ausdruck gebracht, die von Fremden geltend gemachten Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Heimatland vermögen deren Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht in entscheidender Weise zu verstärken, sondern seien vielmehr - letztlich auch als Folge des seinerzeitigen, ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich vorgenommenen Verlassens ihres Heimatlandes - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (VwGH 30.6.2016, Ra 2016/21/0076).
Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass im Falle des Beschwerdeführers zwar durchaus Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet sowie eine ansatzweise erfolgte Integration erkannt werden können, welche sich vor allem in den Bemühungen des Beschwerdeführers um eine soziale Eingliederung in die Gesellschaft manifestieren.
Von einer nachhaltigen und außergewöhnlichen Integration, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung im Sinne oben zitierter Judikatur ausnahmsweise überwiegen würde, kann im Falle des Beschwerdeführers jedoch keinesfalls gesprochen werden und mindert - wie dargelegt - insbesondere der Umstand, wonach die nunmehr vorgebrachten Integrationsschritte zu einem Zeitpunkt gesetzt wurden, als er nicht auf einen gesicherten Verbleib vertrauen konnte, das Gewicht seiner Bemühungen.
Würde sich darüber hinaus ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").
Angesichts der - somit in ihrem Gewicht erheblich geminderten - Gesamtinteressen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich neben den gefährdeten Sicherheitsinteressen insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf (vgl. dazu im Allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.09.2007, B 1150/07).
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist daher davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt somit, dass der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG wider den Beschwerdeführer keine gesetzlich normierten Hindernisse entgegenstehen.
Die belangte Behörde hat in ihrer Entscheidung im Übrigen zutreffend eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 unterlassen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101, dargelegt hat, bietet das Gesetz keine Grundlage dafür, in Fällen, in denen - wie hier - eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen wird, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen.
3.3.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.3.5.1. Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
3.3.6. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
3.3.6.1. Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
3.3.6.2. Anzumerken ist ferner, dass die Vollziehung der Außerlandesbringung in die Zuständigkeit des BFA fällt und diesbezüglich die aktuellen Umstände in Bezug auf die Covid-19-Pandemie entsprechend zu berücksichtigen sein werden.
Zu B) Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die unter Punkt 2. bis 3. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht der erkennenden Richterin auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, zur Frage der Konversion, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben, abgeht.
Ebenso wird zu diesen Themen keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert. In Bezug auf die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides liegt das Schwergewicht zudem in Fragen der Beweiswürdigung.
Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs übertragbar. Die fehlenden Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 ergeben sich aus durch den klaren Wortlaut der Bestimmung eindeutig umschriebene Sachverhaltselemente, deren Vorliegen im Fall des Beschwerdeführers nicht einmal behauptet wurde. Die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat knüpft an die zitierte Rechtsprechung zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides an.
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