VwGH Ra 2018/19/0530

VwGHRa 2018/19/053026.3.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des E alias N A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. August 2018, W200 2169088- 1/17E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190530.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 12. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei von den Mullahs geschlagen und bedroht worden, weil er nicht richtig beten gelernt und die Bibel verteilt habe. Auch nehme er Unterricht über das Christentum und bereite sich auf die Taufe vor. Im Laufe des Verwaltungsverfahrens legte er ein Taufzeugnis der iranischchristlichen Gemeinde in der Evangeliumsgemeinde vor.

2 Mit Bescheid vom 2. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe festgestellt, dass der Revisionswerber Christ sei, gehe jedoch davon aus, dass er seinen christlichen Glauben in Afghanistan nicht zur Schau stellen, sondern "unterdrücken" und daher keiner asylrelevanten Gewalt ausgesetzt sein werde. Die Unterdrückung der eigenen Weltanschauung sei aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes asylrelevant und nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes grundsätzlich nicht zumutbar. Das BVwG habe bei der Interessenabwägung, ob dem Revisionswerber ein humanitäres Aufenthaltsrecht nach § 55 AsylG 2005 zu gewähren sei, nicht berücksichtigt, dass er in Afghanistan seinen christlichen Glauben nicht ausüben werde können und keine christliche Kirchengemeinschaft vorfinden werde. Das BVwG habe auch ein mangelhaftes Ermittlungserfahren hinsichtlich der Bedeutung von Festen im protestantischen, freikirchlichen Christentum in Österreich sowie der Frage durchgeführt, ob der Islam in Österreich wirklich friedlich sei, oder ob die vom Revisionswerber als Konversionsgrund behauptete Ablehnung von Gewalt und Zwang im Islam plausibel sei. Bei Vermeidung dieser Ermittlungsmängel hätte das BVwG die innere Konversion des Revisionswerbers nicht infrage gestellt.

8 Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0260; 23.1.2019, Ra 2018/19/0453; jeweils mwN).

9 Insoweit die Revision Ermittlungsmängel rügt, ist ihr zu entgegnen, dass das BVwG seine Beurteilung, beim Revisionswerber sei keine innere Konversion zum Christentum erfolgt, nicht ausschließlich darauf gestützt hat, er habe zu Ostern an keinem Gottesdienst teilgenommen. Vielmehr hat sich das BVwG im Rahmen der Beweiswürdigung auch mit den Motiven des Revisionswerbers für seine Kirchenbesuche und seinen Glaubenswechsel auseinandergesetzt und diese - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der mehrere vom Revisionswerber beantragte Zeugen einvernommen wurden -

dahingehend gewürdigt, der Revisionswerber lege damit keine innere Glaubenshaltung dar, sondern beschreibe nur den freien Lebensstil in Europa und die allgemeinen Lebensumstände in Österreich. Dass die Beweiswürdigung aber in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen (vgl. zur eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung etwa VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0453; 23.1.2019, Ra 2018/19/0712, mwN).

10 Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das BVwG seiner rechtlichen Beurteilung keineswegs die Feststellung zu Grunde gelegt, der Revisionswerber werde seinen christlichen Glauben bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat "unterdrücken". Vielmehr ist das BVwG in seiner Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangt, dass beim Revisionswerber keine innere Konversion zum Christentum stattgefunden habe und er seinem derzeitigen Interesse für den christlichen Glauben im Fall der Rückkehr nach Afghanistan nicht weiter nachkommen werde. Die Revision, die sich - wie zuvor dargelegt - nicht erfolgreich gegen die Beweiswürdigung wenden kann, entfernt sich daher mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen, der Revisionswerber werde seinen Glauben "unterdrücken" müssen und seinen christlichen Glauben in Afghanistan nicht ausüben können, vom festgestellten Sachverhalt. Schon deshalb wird mit diesem Vorbringen keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0712, mwN).

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. März 2019

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