Normen
AVG §37;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
VwGG §28 Abs3 idF 2013/I/033;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190017.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 28. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er zunächst damit, ein ruhiges Leben, bessere Arbeit und Sicherheit gewollt zu haben. Außerdem sei er in seiner Heimat vorbestraft und es werde nach ihm gefahndet, weil er in seinem Coffee Shop Alkohol ausgeschenkt habe. Im Laufe des Verfahrens brachte der Revisionswerber vor, zum Christentum konvertiert zu sein. Er legte dazu unter anderem eine Taufbestätigung und ein Schreiben des Pfarrers seiner Gemeinde vor.
2 Mit Bescheid vom 28. August 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Das BFA erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab, gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise, erließ ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot und stellte fest, dass der Revisionswerber sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet ab dem 5. März 2018 verloren habe.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 15. November 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe ab, dass dem Revisionswerber für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt und gemäß § 55 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen werde. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Die Revision bringt zur ihrer Zulässigkeit vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur "Begründungspflicht und Beweiswürdigung", insbesondere zur "Beurteilung einer (Schein)Konversion", abgewichen. So sei die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts insofern unschlüssig, als dem Revisionswerber einerseits vorgeworfen werde, über kein Detailwissen zu christlichen Glaubens- und Bibelinhalten zu verfügen, andererseits gehe das Bundesverwaltungsgericht aber davon aus, dass die Beantwortung von Wissensfragen für sich alleine nicht geeignet sei, eine Konversion im Sinn einer inneren Haltung glaubwürdig darzulegen. Diese Argumentation erweise sich als widersprüchlich. Es sei nicht erkennbar, anhand welcher Kriterien das Bundesverwaltungsgericht die Beurteilung der Glaubwürdigkeit vorgenommen habe. Außerdem sei der Pfarrer der Gemeinde des Revisionswerbers nicht einvernommen worden. Das Bundesverwaltungsgericht hätte bei Zweifel am Wahrheitsgehalt der von diesem Pfarrer ausgestellten Bestätigung eine zeugenschaftliche Einvernahme vornehmen müssen.
6 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0416, mwN).
7 Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. zB VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0236, mwN).
8 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung wendet, ist darauf zu verweisen, dass vom Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - in einer auf den Einzelfall bedacht nehmenden Beweiswürdigung dargelegt wurde, weshalb es nicht vom Vorliegen einer echten, inneren Konversion des Revisionswerbers ausgeht. Dass diese Beurteilung an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leiden würde, zeigt die Revision nicht auf.
9 So ist insbesondere die in der Revision behauptete Unschlüssigkeit nicht zu erkennen. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Revisionswerber unter anderem über sein Wissen zu Inhalten des christlichen Glaubens befragt und dabei "ergänzend" angemerkt, dass auch die Beantwortung von Wissensfragen "für sich allein betrachtet" nicht dazu geeignet sei, eine Konversion im Sinn einer inneren Haltung glaubwürdig darzulegen. Dies schließt es aber nicht aus, aus der mangelnden Kenntnis von Glaubensinhalten auf das Fehlen einer aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung zu schließen. Auch sind die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Kriterien zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beweiswürdigung zu entnehmen.
10 Was die gerügte Nichteinvernahme des Pfarrers betrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass die Frage, ob auf Basis eines konkret vorliegenden Standes eines Ermittlungsverfahrens ein "ausreichend ermittelter Sachverhalt" vorliegt oder ob weitere amtswegige Erhebungen erforderlich sind, regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine jeweils einzelfallbezogen vorzunehmende Beurteilung darstellt (vgl. VwGH 3.5.2018, Ra 2018/19/0171; 21.6.2018, Ra 2017/01/0381).
11 Im vorliegenden Fall beantragte der Revisionswerber weder die Einvernahme des Pfarrers noch war dieser bei der mündlichen Verhandlung anwesend (vgl. zur beantragten Zeugeneinvernahme VwGH 22.2.2018, Ra 2017/18/0426, und zur Einvernahmepflicht eines bei der Verhandlung anwesenden Kaplans VwGH 23.5.2017, Ra 2017/18/0028; 23.1.2019, Ra 2018/19/0260 bis 0261).
12 Ausgehend davon liegt jedenfalls kein grundsätzliche Rechtfragen aufwerfender Verfahrensmangel vor, wenn das Bundesverwaltungsgericht von weiteren amtswegigen Erhebungen abgesehen und eine Einvernahme des Pfarrers unterlassen hat.
13 Hinzu kommt, dass die Revision keinerlei Ausführungen zur Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers enthält (vgl. zu diesem Erfordernis VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0197, mwN).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 25. Februar 2019
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