VwGH Ra 2018/20/0186

VwGHRa 2018/20/01867.5.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Rechtssache der Revision des A J in L, vertreten durch Mag. Elke Weidinger, Rechtsanwältin in 8020 Graz, Brückenkopfgasse 1/VIII, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2018, Zl. W269 2170514- 1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200186.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 8. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund brachte er vor, dass er ab seinem siebten Lebensjahr im Iran gelebt habe. Er wäre von den iranischen Behörden entweder nach Afghanistan abgeschoben oder in den Krieg nach Syrien geschickt worden. Zudem könne der Revisionswerber nicht zurück nach Afghanistan, weil er zum christlichen Glauben übergetreten sei.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 28. August 2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte unter einem fest, dass eine Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei.

3 Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 16. Februar 2018 als unbegründet ab. Weiters sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Das BVwG stellte im Wesentlichen fest, dass der Revisionswerber in einer evangelischen Kirche getauft worden sei, regelmäßig die Kirche besuche und Einladungen zu Kaffeetreffen der Kirchengemeinschaft wahrnehme. Es könne jedoch nicht festgestellt werden, dass der christliche Glaube wesentlicher Bestandteil der Identität des Revisionswerbers geworden sei und er seinem derzeitigen Interesse für den christlichen Glauben im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan weiter nachkommen würde.

5 In der Beschwerde habe der Revisionswerber ausgeführt, dass er "nicht sehr gläubig" sei, "aber immer wieder die Kirche der Zeugen Jehovas" besuche. Auffallend sei sein "ständiger Richtungs- und Kirchenwechsel". Beispielsweise habe er als Begründung für den nunmehrigen Besuch der Life Church in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG angegeben, dass ihm die Kirche gut gefalle, weil die Menschen "viel netter und lieber" gewesen seien. Der Revisionswerber habe lediglich beschrieben, dass er sich in der Gemeinschaft dieser Menschen wohl und respektiert fühle. Mit diesen Ausführungen habe der Revisionswerber jedoch keine innere Glaubenshaltung dargelegt. Eine innere Konversion des Revisionswerbers zum Christentum habe somit nicht festgestellt werden können.

6 Hinsichtlich der Nichtzuerkennung subsidiären Schutzes führte das BVwG aus, dass dem Revisionswerber - einem erwachsenen, gesunden Mann mit Schulbildung und langjähriger beruflicher Erfahrung, der die Landessprache beherrsche - die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul offenstehe.

7 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die gegenständliche außerordentliche Revision. Zur Zulässigkeit der Revision bringt der Revisionswerber im Wesentlichen vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob ein Wechsel innerhalb der (christlichen) Glaubensrichtungen geeignet sei, um daraus die innere Glaubenshaltung einer Person zu verneinen oder ob ein Wechsel innerhalb der Glaubensrichtungen zur Identitäts- und Glaubensfindung einer zum Christentum konvertierenden Person erforderlich und daher zulässig sei. Auch fehle es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung dahingehend, mit welcher Intensität der christliche Glaube in Österreich von konvertierten Personen auszuüben sei. Darüber hinaus habe sich das BVwG nicht ausreichend mit der innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul auseinandergesetzt.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist in Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum entscheidend, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. VwGH 23.6.2015, Ra 2014/01/0210, mwN).

12 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass er als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen zur Überprüfung der Beweiswürdigung nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 9.11.2016, Ra 2016/19/0296, mwN).

13 Das BVwG hat sich in seinem Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es den Revisionswerber zum vorgebrachten Glaubenswechsel und den mit diesem zusammenhängenden Aktivitäten befragte - mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu seiner Konversion auseinandergesetzt und ist vertretbar zu der Auffassung gelangt, dass eine innere Überzeugung des Glaubenswechsels nicht vorliege und der Revisionswerber im Fall der Rückkehr seinem Interesse an der christlichen Kirche nicht weiter nachkommen werde.

14 Der Revision gelingt es nicht darzulegen, dass die vom BVwG vorgenommene, auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht nehmende Beweiswürdigung an einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Fehlerhaftigkeit leiden würde, insbesondere in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen worden wäre.

15 Soweit sich der Revisionswerber gegen die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative wendet, ist dem entgegenzuhalten, dass die vorliegende Revision ebenso nicht darzutun vermag, dass die Beurteilung des BVwG hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtswidrig wäre. Diesbezüglich begegnet insbesondere die Einschätzung des BVwG, der Revisionswerber finde aufgrund der aufgezeigten Umstände des Einzelfalls in der afghanischen Hauptstadt Kabul eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vor, im Ergebnis keinen Bedenken (vgl. VwGH 6.3.2018, Ra 2017/18/0413, mwN).

16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 7. Mai 2018

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