VwGH Ra 2019/20/0538

VwGHRa 2019/20/053811.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in den Rechtssachen der Revisionen 1. der Z S M, und 2. des A F D, beide vertreten durch Dr. Peter Krömer und Mag.a Michaela Krömer, LL.M., Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts

je vom 9. September 2019, 1. W211 2219324-1/11E und

2. W211 2219323-1/6E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200538.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter des (im Jahr 2006 geborenen) Zweitrevisionswerbers. Sie stammen aus dem Iran und stellten am 12. Mai 2018 Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2 Mit den Bescheiden je vom 15. April 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diese Anträge ab, erteilte den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Iran zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde jeweils mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit den Erkenntnissen je vom 9. September 2019 als unbegründet ab. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zulässig sei. 4 Dagegen erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 3. Oktober 2019, E 3585-3586/2019-5, die Behandlung derselben ablehnte und die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurden die gegenständlichen Revisionen eingebracht.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die revisionswerbenden Parteien bekämpfen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, das zum Ergebnis gelangte, es liege im Fall der Erstrevisionswerberin keine aus innerer Überzeugung erfolgte Konversion zum Christentum vor. 9 Insoweit ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 26.8.2019, Ra 2019/20/0400, mwN).

10 Die revisionswerbenden Parteien unternehmen mit ihrem Vorbringen letztlich lediglich den Versuch darzulegen, dass es anhand der vorliegenden Beweismittel möglich wäre, auch zur Feststellung eines anderen Sachverhaltes kommen zu können. Es wird aber nicht aufgezeigt, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts unvertretbar wären.

11 Gemäß dem nach § 17 VwGVG auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anzuwendenden § 45 AVG bedürfen Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises (§ 45 Abs. 1 AVG). Im Übrigen hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 45 Abs. 2 AVG).

12 Der mit § 45 Abs. 2 AVG normierte Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass die Behörde bei der Beweiswürdigung nicht an feste Beweisregeln gebunden ist, sondern den Wert der aufgenommenen Beweise nach bestem Wissen und Gewissen nach deren innerem Wahrheitsgehalt zu beurteilen hat (vgl. VwGH 17.9.2019, Ra 2019/14/0434, mwN).

13 Soweit geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht habe "nicht gewertet (somit nivelliert)", dass die Erstrevisionswerberin getauft worden sei und dass es ausschließlich der Kirche und nicht dem Bundesverwaltungsgericht "überlassen" sei, zu beurteilen, ob jemand die Voraussetzungen aufweise, um das Sakrament der Taufe zu empfangen, ist in Anbetracht der angeführten Rechtslage nicht zu sehen, weshalb die Behörde oder das Verwaltungsgericht an die Erwägungen Dritter gebunden wäre. Dass die Erstrevisionswerberin im Juni 2019 getauft wurde, hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner beweiswürdigenden Überlegungen im Übrigen berücksichtigt. 14 Von den revisionswerbenden Parteien werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 11. Dezember 2019

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