VfGH G67/2019 ua

VfGHG67/2019 ua13.12.2019

Keine Verletzung des Effizienzprinzips durch die Vereinigung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse; Einbeziehung von Personen in den Kreis der Pflichtversicherten sowie Auflösung von Betriebskrankenkassen im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art120a
B-VG Art120b
B-VG Art120c
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
B-VG Art140 Abs1 Z2
SV-OG
ZPFSG
PLABG
ASVG
VfGG §7 Abs1, §62 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2019:G67.2019

 

Spruch:

I. Die zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 protokollierten Anträge der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse und der Kärntner Gebietskrankenkasse auf Aufhebung des §23, §26, §538t, §538u, §538v und §538w des Bundesgesetzes vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG), BGBl Nr 189/1955 idF BGBl I Nr 100/2018, und des §6 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl Nr 609/1977 idF BGBl I Nr 157/2017, §40 AlVG idF BGBl I Nr 67/2013 und §42 AlVG idF BGBl I Nr 100/2018 werden abgewiesen.

II. Der zu G99, 100 und 101/2019 protokollierte Antrag der Tiroler Gebietskrankenkasse auf Aufhebung des §23, §26, §84a Abs3, §418 Abs3, §421 Abs2 letzter Satz, §426, §427 Z1, §428 Z1, §429 Z1, §430 Abs2, 3a und 4, §434 Abs2, §538t, §538u, §538v, §538w, §538x, §538y, §538z, §718 Abs6, 8a, 8b, 9, 10, 10a, 11 sowie 12 und §720 ASVG idF BGBl I Nr 100/2018 wird abgewiesen.

III. Der zu G191 und 192/2019 protokollierte Antrag der Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme, der Betriebskrankenkasse Kapfenberg, der Betriebskrankenkasse Zeltweg und der Betriebskrankenkasse Mondi auf Aufhebung des §23, §26, §538t, §538u, §538v, §538w und §718 Abs8, 8a, 9, 10 sowie 10a ASVG idF BGBl I Nr 100/2018 wird abgewiesen.

IV. Das Verfahren zu G99, 100 und 101/2019 wird hinsichtlich des Antrages auf Aufhebung des §426 Abs1 und §538v Abs3 ASVG idF BGBl I Nr 100/2018 eingestellt.

V. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

1. Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG, begehren die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (G67, 68, 69, 70 und 71/2019), die Steiermärkische Gebietskrankenkasse (G82, 83, 84, 85 und 86/2019) und die Kärntner Gebietskrankenkasse (zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019) jeweils (übereinstimmend)

I.1. §420 Abs7 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.3. §420 Abs8 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.5. §432 Abs5 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.7. §448 Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.9. §449 Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.11. §449 Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.13. §456a Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.15. §456a Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.1. §538t ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.3. §23 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.5. §26 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.7. §32 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.9. §538u ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.11. §538v ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.13. §538w ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.15. §319a ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.18. Artikel 1 Z99 SV-OG idF BGBl I 100/2018,

III.19. Artikel 1 Z100 SV-OG idF BGBl I 100/2018,

III.21. §119 ASVG "idF BGBl I 189/1955",

III.22. §315 ASVG "idF BGBl I 704/1976",

III.23. §420 Abs6 Z5 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.25. §718 Abs7a ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.27. §31 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.29. §441a ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.31. §41a ASVG idF BGBl I 98/2018,

III.33. das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG) idF BGBl I 98/2018,

III.34. Artikel 1 des Gesetzes über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung (ZPFSG) idF BGBl I 98/2018,

III.35. §6 AlVG idF BGBl I 157/2017,

III.36. §40 AlVG idF BGBl I 67/2013,

III.37. §40 AlVG idF BGBl I 100/2018,

III.40. §42 AlVG idF BGBl I 100/2018,

III.42. "in eventu Art1 des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes idF BGBl I 100/2018",

III.43. "in eventu das Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung (ZPFSG) idF BGBl I 98/2018 zur Gänze",

III.44. "in eventu das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz idF BGBl I 100/2018 zur Gänze",

oder die jeweils entsprechende Novellierungsanordnung im SV-OG, BGBl I 100/2018, kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben. Die Anträge I.2., I.4., I.6., I.8., I.10., I.12., I.14., I.16., III.2., III.4., III.6., III.8., III.10., III.12., III.14., III.16., III.17., III.20., III.24., III.26., III.28., III.30., III.32., III.38., III.39. und III.41. beziehen sich auf die entsprechenden Novellierungsanordnungen.

2. Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG, begehren ein bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse Versicherter (G67, 68, 69, 70 und 71/2019), ein bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse Versicherter (G82, 83, 84, 85 und 86/2019) und eine bei der Kärntner Gebietskrankenkasse Versicherte (zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019) jeweils (übereinstimmend)

II.1. §426 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.3. §430 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.5. §427 Z1 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.7. §421 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.9. §434 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.11. §341 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.13. §342 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.18. §30 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.20. §30a ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.22. §30b ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.24. §30c ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.26. §538z ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.1. §538t ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.3. §23 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.5. §26 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.7. §32 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.9. §538u ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.11. §538v ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.13. §538w ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.15. §319a ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.18. Artikel 1 Z99 SV-OG idF BGBl I 100/2018,

III.19. Artikel 1 Z100 SV-OG idF BGBl I 100/2018,

III.21. §119 ASVG "idF BGBl I 189/1955",

III.22. §315 ASVG "idF BGBl I 704/1976",

III.23. §420 Abs6 Z5 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.25. §718 Abs7a ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.27. §31 ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.29. §441a ASVG idF BGBl I 100/2018,

III.31. §41a ASVG idF BGBl I 98/2018,

III.33. das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG) idF BGBl I 98/2018,

III.34. Artikel 1 des Gesetzes über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung (ZPFSG) idF BGBl I 98/2018,

III.35. §6 AlVG idF BGBl I 157/2017,

III.36. §40 AlVG idF BGBl I 67/2013,

III.37. §40 AlVG idF BGBl I 100/2018,

III.40. §42 AlVG idF BGBl I 100/2018,

III.42. "in eventu Art1 des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes idF BGBl I 100/2018",

III.43. "in eventu das Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung (ZPFSG) idF BGBl I 98/2018 zur Gänze",

III.44. "in eventu das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz idF BGBl I 100/2018 zur Gänze",

oder die jeweils entsprechende Novellierungsanordnung im SV-OG, BGBl I 100/2018, kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben. Die Anträge II.2., II.4., II.6., II.8., II.10., II.12., II.14., II.15., II.16., II.17., II.19., II.21., II.23., II.25., II.27., III.2., III.4., III.6., III.8., III.10., III.12., III.14., III.16., III.17., III.20., III.24., III.26., III.28., III.30., III.32., III.38., III.39. und III.41. beziehen sich auf die entsprechenden Novellierungsanordnungen.

Zusätzlich beantragt (einzig) die bei der Kärntner Gebietskrankenkasse Versicherte (zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019) die Aufhebung des §15 PLABG idF BGBl I 98/2018 (Antrag II.28.) bzw der entsprechenden Novellierungsanordnung (Antrag II.29.).

3. Mit dem zu G99, 100 und 101/2019 protokollierten, auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützten Antrag begehrt die Tiroler Gebietskrankenkasse,

1.a. das – eine "untrennbare Einheit […] bildende – SV-OG (BGBl I 100/2018) sowie das damit in untrennbarem Zusammenhang stehende ZPFSG (BGBl I 98/2018) zur Gänze",

1.b. den – eine "untrennbare Einheit […] bildenden – Art1 SV-OG (BGBl I 100/2018) sowie das damit in untrennbarem Zusammenhang stehende ZPFSG (BGBl I 98/2018) zur Gänze",

1.c. den — eine "untrennbare Einheit […] bildenden — gesamten 8. Unterabschnitt des Abschnittes I des Zehnten Teils des ASVG idF SV-OG (BGBI I 100/2018), das damit in untrennbarem Zusammenhang stehende ZPFSG (BGBl I 98/2018) und die folgenden damit in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Normen […]:

i) §11 Abs2 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

ii) §11 Abs2 vorletzter Satz ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

iii) §12 Abs7 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

iv) §16 Abs4 und 5 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

v) §23 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) zur Gänze, da durch die bloße Aufhebung des Abs1 par cit bei gleichzeitigem Wiederaufleben der vor dem SV-OG in Kraft stehenden §23 ein grammatikalisch und systematisch nicht verständlicher Torso betreffend die sonstigen Absätze verbliebe,

vi) §26 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018), da durch die bloße Aufhebung des Abs1 par cit bei gleichzeitigem Wiederaufleben der vor dem SV-OG in Kraft stehenden §26 ein grammatikalisch und systematisch nicht verständlicher Torso betreffend die sonstigen Absätze verbliebe,

vii) §31b Abs3 zweiter Satz ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

viii) §42b Abs2 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

ix) §42b Abs4 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

x) §49 Abs6 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xi) §67c Abs1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xii) §67c Abs1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xiii) §75a ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xiv) §84a Abs3 zweiter Satz ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xv) §85 Abs2 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xvi) §152 Abs2 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018)

xvii) §319a Abs1 und 2 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xviii) §342 Abs2b und 2c ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xix) §342b Abs4 fünfter Satz idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xx) §342c Abs3 zweiter Satz idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxi) §342c Abs3 zweiter Satz idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxii) §342c Abs7 zweiter Satz idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxiii) §342c Abs12 vierter Satz idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxiv) §343d Abs2 Z2 idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxv) §347 Abs6 dritter Satz ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxvi) §360 Abs5 Einleitung ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxvii) §418 Abs3 erster Satz ASVG BGBI I 100/2018) zur Gänze (da durch die bloße Aufhebung der Wendung 'Österreichische Gesundheitskasse' ein grammatikalisch nicht verständlicher Torso übrig bliebe),

xxviii) §420 Abs6 Z5 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxix) §420 Abs7 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxx) §421 Abs2 letzter Satz ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxxi) §426 Abs1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxxii) §426 Abs2 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxxiii) §427 Z1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxxiv) §428 Z1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxxv) §429 Z1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xxxvi) §430 Abs2 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'der Österreichischen Gesundheitskasse sowie',

xxxvii) §430 Abs3a ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'der Österreichischen Gesundheitskasse sowie',

xxxviii) §430 Abs4 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'der Österreichischen Gesundheitskasse sowie',

xxxix) §432 Abs5 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xl) §434 Abs2 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xli) §441a Abs1 Z1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xlii) §441a Abs4 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'Z1 bis 5, beginnend mit 1.Jänner 2020 durch den Obmann/die Obfrau der Österreichischen Gesundheitskasse',

xliii) §443 Abs2 zweiter Satz ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xliv) §446 Abs3 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'bei der Österreichischen Gesundheitskasse,'

xlv) §447a ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) zur Gänze,

xlvi) §447f Abs18 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung ', wobei gleichzeitig eine Entlastung der Österreichischen Gesundheitskasse um diese Summe zu erfolgen hat'.

xlvii) §447h Abs1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'die Österreichische Gesundheitskasse,',

xlviii) §459d Abs1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xlix) §471i ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'Österreichische Gesundheitskasse',

I) §718 Abs4 zweiter Satz ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

li) §718 Abs6 ASVG idF SV‑OG (BGBl I 100/2018),

lii) §718 Abs6 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

Iiii) §718 Abs8a ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

liv) §718 Abs8b ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

Iv) §718 Abs9 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

Ivi) §718 Abs10 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'die Österreichische Gesundheitskasse bzw' bei ,

Ivii) §718 Abs10 Z1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'der Österreichischen Gesundheitskasse bzw,'

Iviii) §718 Abs10 Z2 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'Die Österreichische Gesundheitskasse bzw',

lix) §718 Abs10a ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'auf die Österreichische Gesundheitskasse beziehungsweise'

lx) §718 Abs11 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxi) §718 Abs12 Z1 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxii) §718 Abs12 ASVG idF SV-OG (BGBl 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'Unbeschadet der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Hauptverband sind die Bediensteten der Abteilungen 'Nationale und internationale Grundsatzangele-genheiten (KV, UV, PV)' und 'Evidenzbasierte wirtschaftliche Gesundheitsversorgung (EWG)' nach dem am 24.Oktober 2018 geltenden Dienstpostenplan und dem Anhang zur Geschäftsordnung des Verbandsvorstandes zur Vorbereitung der Zusammenführung der Gebietskrankenkassen bereits ab dem 1.April 2019 dem/der kommissarischen Leiter/Leiterin bzw dem/der leitenden Angestellten der Österrei-chischen Gesundheitskasse direkt zugeordnet.',

lxiii) §720 ASVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxiv) §7 Abs5 letzter Satz SV-EG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxv) §7a Abs1 SV-EG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxvi) §7a Abs1 zweiter Satz SV-EG idF SV-OG (BGBl I 100/2018)

lxvii) §7a Abs1 SV-EG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxviii) §9m Abs3 SV-EG idF SV-OG (BGBl I 100/2018)

lxix) §2 Abs4 PrimVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxx) §14 Abs2 PrimVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxi) §14 Abs4 PrimVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxii) §17 Abs4 PrimVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxiii) §25 Abs2 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxiv) §25 Abs3 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxv) §28 Abs1 Z3 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxvi) §31 Abs2 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxvii) §35 Abs1 Z3 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxviii) §36 Abs3 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxix) §37 Abs2 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxx) §37 Abs3 und 4 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxxi) §37a Abs2 bis 4 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxxii) §37b KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

Ixxxiii) §38 Abs1 und 3 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxxiv) §39 KBGG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxxv) §1a Z1 GSBG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxxvi) §3 Abs1 DAG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxxvii) §21 Abs9 Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

lxxxviii) §29 Abs2 Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit idF SV-OG (BGBl I 100/2018) zur

lxxxix) §29 Abs4 Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit idF SV-OG (BGBl 100/2018),

xc) §29 Abs6 Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xci) §§3 Abs2a und 3a Abs4 Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xcii) §3 Abs8 AIVG idF SV-OG (BGBI I 100/2018),

xciii) §40 Abs1 AIVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xciv) §44 Abs2 AIVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xcv) §66a Abs6 AIVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xcvi) §7 Abs1 Z1 SUG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung 'und Personen, die bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankenversichert waren, bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankversichert',

xcvii) §3 Abs2 DLSG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xcviii) §4 Abs5 DLSG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

xcix) §5 Abs1 und 2 DLSG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

c) §6 Abs1 und 2 DLSG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

ci) §7 Abs2 DSLG idF SV-OG (BGBl I 100/2018) hinsichtlich der Wendung ', zur Koordinierung mit der österreichischen Gesundheitskasse',

cii) §22 Abs2 KOVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

ciii) §26 Abs2 erster und zweiter Satz KOVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

civ) §28 Abs2 erster Satz KOVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cv) §68 KOVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cvi) §73 Abs2 KOVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cvii) §74 Abs6 KOVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cviii) §75 KOVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cix) §89 Abs1 zweiter Satz KOVG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cx) §12 Abs1 Opferfürsorgegesetz idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cxi) §12 Abs2 erster Satz Opferfürsorgegesetz idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cxii) §29 letzter Satz HEG idF SV-OG (BGBl 100/2018),

cxiii) §4 Abs2 Z2 VOG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cxiv) §7a Abs1 zweiter Satz VOG idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cxv) §11 Abs1 Z2 Lohn-und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz idF SV-OG (BGBl I 100/2018),

cxvi) §13 Abs7 Lohn-und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz idF SV-OG (BGBl I 100/2018)."

 

2. "Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof eine gänzliche Aufhebung des SV-OG (BGBl I 100/2018) für überschießend oder die bislang gestellten Anträge für zu wenig präzise bzw eine untrennbare Einheit mit dem ZPFSG als nicht gegeben erachten sollte", das ZPFSG, BGBl I 98/2018, zur Gänze sowie §538t Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018,

3. §426 Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018 (dieser Antrag wurde später zurückgezogen),

4. §449 Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018,

5. §432 Abs5 ASVG idF BGBl I 100/2018,

6. §448 Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018,

7. §456a Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018,

8. §449 Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018,

9. §432 Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018,

10. §538v Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018,

11. in §538w [gemeint: §538v] Abs3 ASVG idF BGBl I 100/2018 den Satz "Der/Die Vorsitzende hat der Gruppe der Dienstgeber/innen anzugehören; der/die Stellvertreter/in hat der Gruppe der Dienstnehmer/innen anzugehören." (dieser Antrag wurde später zurückgezogen),

12. §538v Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018,

13. in §538w Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018 die Wendung "unbeschadet der aufsichtsbehördlichen Genehmigung (§§448 und 449 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I. Nr 100/2018)",

14. "§420 Abs6 Z5 und 7 ASVG idF BGBl I 100/2018",

kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben und stellte zu allen Anträgen (ausgenommen Antrag 5) einen oder mehrere Eventualanträge.

4. Mit dem zu G191 und 192/2019 protokollierten, auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützten Antrag begehren die Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme, die Betriebskrankenkasse Kapfenberg, die Betriebskrankenkasse Zeltweg und die Betriebskrankenkasse Mondi sowie ein bei der erstantragstellenden Betriebkrankenkasse versicherter Pensionist (fünftantragstellender Versicherter),

I.1. §718 Abs8 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.3. §718 Abs8a ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.5. §718 Abs8b ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.7. §718 Abs9 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.9. §718 Abs10 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.11. §718 Abs10a ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.13. §5a ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.15. §5b ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.17. §152 Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.19. §538t ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.21. §23 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.23. §26 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.25. §538u ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.27. §538v ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.29. §538w ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.31. §319a ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.34. Artikel 1 Z99 SV-OG idF BGBl I 100/2018,

I.35. Artikel 1 Z100 SV-OG idF BGBl I 100/2018,

I. 37. "§119 ASVG idF BGBl I 189/1955",

I.38. "§315 ASVG idF BGBl I 704/1976",

I.39. §5 Abs1 Z9 ASVG idF BGBl I 100/2018,

I.41. "in eventu Art1 des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes idF BGBl I 100/2018,"

I.42. "in eventu das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz idF BGBl I 100/2018 zur Gänze"

oder die jeweils entsprechende Novellierungsanordnung im SV-OG, BGBl I 100/2018, (darauf beziehen sich die Anträge I.2., I.4., I.6., I.8., I.10., I.12., I.14., I.16., I.18., I.20., I.22., I.24., I.26., I.28., I.30., I.32., I.33., I.36. und I.40.) kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben. Zusätzlich beantragt (einzig) der fünftantragstellende Versicherte weiters noch die Aufhebung des

II.1. §426 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.3. §430 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.5. §427 Z1 ASVG idF BGBl I 100/2018,

II.7. §421 ASVG idF BGBl I 100/2018

oder der entsprechenden Novellierungsanordnung (Anträge II.2., II.4., II.6. und II.8.) im SV-OG, BGBl I 100/2018.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Am 22. Dezember 2018 wurde im Bundesgesetzblatt das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG), BGBl I 100/2018, kundgemacht. Es ändert mit seinem Art1 das ASVG (89. Novelle zum ASVG), mit seinen Art2 bis 7 sowie 11 bis 52 verschiedene weitere Gesetze (darunter mit Art20 das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977), hebt mit Art10 das Notarversicherungsgesetz 1972 auf und schafft mit seinen Art8 und 9 zwei neue Bundesgesetze, nämlich das Notarversorgungsgesetz (NVG 2020) und das Bundesgesetz zur Überführung der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates in eine Versorgungsanstalt des österreichischen Notariates. Die 89. Novelle zum ASVG (Art1 SV-OG) tritt gemäß der Schlussbestimmung des §718 ASVG idF dieser Novelle (diese Schlussbestimmung trat mit 23. Dezember 2018 in Kraft) überwiegend zum 1. Jänner 2020 in Kraft (§718 Abs1 Z3 ASVG), einzelne Änderungen traten jedoch bereits zum 1. Jänner 2019 (so u. a. die §§538t bis 538z ASVG idF BGBl I 100/2018) bzw zum 1. April 2019 in Kraft (§718 Abs1 Z1 und 2 ASVG idF BGBl I 100/2018).

2. Die §§119, 315, 319a, 413, 456a, 538t bis 538z und 718 bis 720 ASVG (§119 in der Stammfassung; §315 idF BGBl 704/1976; §413 idF BGBl I 87/2013; §§319a, 456a, 538t bis 538z und 718 bis 720 idF des SV-OG, BGBl I 100/2018) lauten wie folgt:

"§119. Die Leistungen der Krankenversicherung werden auch gewährt, wenn es sich um die Folgen eines Arbeitsunfalles (§§175 und 176) oder um eine Berufskrankheit (§177) handelt.

 

FÜNFTER TEIL

Beziehungen der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) zueinander und Ersatzleistungen. Haftung des Dienstgebers bei Arbeitsunfällen

 

ABSCHNITT I

Beziehungen der Versicherungsträger zueinander

 

1. UNTERABSCHNITT

Ersatzansprüche im Verhältnis zwischen Kranken- und Unfallversicherung

 

Ersatzanspruch des Trägers der Krankenversicherung

 

§315. Der Träger der Unfallversicherung hat dem Träger der Krankenversicherung die Aufwendungen, die dieser für die Krankenbehandlung des Versehrten und die wiederkehrenden Geldleistungen aus der Krankenversicherung bei der durch einen Arbeitsunfall verursachten Krankheit oder bei einer Berufskrankheit ab dem ersten Tag der fünften Woche nach dem Arbeitsunfall beziehungsweise nach dem Beginn der Berufskrankheit gemacht hat, nach Maßgabe der Bestimmungen der §§317 und 318 zu ersetzen.

 

Besonderer Pauschbetrag

 

§319a. (1) Die Ersatzansprüche im Verhältnis zwischen den Gebietskrankenkassen, Betriebskrankenkassen - ausgenommen die Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe - sowie der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, soweit nicht Abs6 anzuwenden ist, zu der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt werden durch die Zahlung eines jährlichen Pauschbetrages abgegolten; zwischen diesen Versicherungsträgern sind die Bestimmungen der §§315 bis 319 nicht anzuwenden.

 

(2) Für die Jahre 2018 bis einschließlich 2022 beträgt der jährliche Pauschbetrag 209 Mio. Euro.

 

[…]

 

(5) Der Pauschbetrag ist monatlich im vorhinein mit einem Zwölftel dem Hauptverband zu überweisen; dieser hat die einlangenden Beträge nach einem Schlüssel unter Berücksichtigung der Zahl der Versicherten und der eingetretenen Arbeitsunfälle bei den im Abs1 genannten Krankenversicherungsträgern auf diese aufzuteilen.

 

(6) Die Bestimmungen der Abs1 und 2 sind auf die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, soweit diese Anstalt sowohl Träger der Krankenversicherung als auch Träger der Unfallversicherung für Personen nach §28 Z3 lita bis c ist, mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß der aus Mitteln der Unfallversicherung für Personen nach §28 Z3 lita bis c zu leistende jährliche Pauschbetrag für das Kalenderjahr 1975 10,7 Millionen Schilling zu betragen hat. Bei der Festsetzung des Pauschbetrages für die folgenden Kalenderjahre sind die Aufwendungen der von der Versicherungsanstalt durchgeführten Krankenversicherung zu berücksichtigen.

 

Entscheidungen über Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern (und dem Hauptverband)

 

§413. (1) Über Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern in Verwaltungssachen, ausgenommen Streitigkeiten nach §412 Abs1, sowie Streitigkeiten zwischen dem Hauptverband und den Versicherungsträgern entscheidet der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, soweit es sich jedoch um Angelegenheiten der Kranken- und Unfallversicherung handelt, der Bundesminister für Gesundheit.

 

(2) In Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich beider Bundesminister fallen, entscheidet der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit.

 

(3) Durch die Einleitung eines Verfahrens nach Abs1 zur Entscheidung über Zahlungsverpflichtungen werden diese Verpflichtungen nicht gehemmt.

 

Geschäftsordnungen der Verwaltungskörper

 

§456a. (1) Die einzelnen Verwaltungskörper der Versicherungsträger und des Dachverbandes haben zur Regelung der Vorgangsweise bei der Wahrnehmung der ihnen obliegenden Geschäfte für ihre jeweiligen Zuständigkeitsbereiche Geschäftsordnungen zu beschließen, die insbesondere nähere Bestimmungen über die ordnungsgemäße Einberufung und Abwicklung der Sitzungen (Verhandlungsleitung, Berichterstattung, Antragsrechte, Protokollführung usw) zu enthalten haben.

 

(2) Die Geschäftsordnungen (samt Anhang) der Verwaltungskörper und jede ihrer Änderungen sind innerhalb von vier Wochen nach der Beschlussfassung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Genehmigung vorzulegen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Grundsätze der jeweiligen Mustergeschäftsordnung eingehalten werden.

 

(3) Die Geschäftsordnungen der Verwaltungsräte haben Anhänge zu enthalten, in denen der Zeitpunkt und der Wortlaut ihrer Beschlüsse anzuführen sind, mit denen sie einzelne ihrer Obliegenheiten dem Obmann/der Obfrau oder die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten, insbesondere jener nach §432 Abs1 Z1 bis 4, dem Büro des Versicherungsträgers übertragen haben. Diese Anhänge sind in ihrer jeweils gültigen Form unverzüglich allen Versicherungsvertreter/inne/n des Versicherungsträgers sowie der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Kenntnis zu bringen und außerdem im Internet zu verlautbaren.

 

(4) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hat bis längstens 1. April 2019 durch Verordnung für den Verwaltungsrat und die Hauptversammlung gesonderte Mustergeschäftsordnungen aufzustellen, wobei die Mustergeschäftsordnung für den Verwaltungsrat auch einen Anhang nach Abs3 zu enthalten hat. Diese Mustergeschäftsordnungen gelten so lange unmittelbar als Geschäftsordnungen für die genannten Verwaltungskörper, bis für den einzelnen Verwaltungskörper eine Geschäftsordnung nach Abs1 erlassen worden ist.

 

(5) Die Abs3 und 4 sind auf die Verwaltungskörper des Dachverbandes sinngemäß anzuwenden.

 

8. Unterabschnitt

Zusammenführung der Gebietskrankenkassen

 

Österreichische Gesundheitskasse – Errichtung

 

§538t. (1) Die Burgenländische, Kärntner, Niederösterreichische, Oberösterreichische, Salzburger, Steiermärkische, Tiroler, Vorarlberger und Wiener Gebietskrankenkasse werden ab 1. April 2019 mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2020 zur Österreichischen Gesundheitskasse zusammengeführt. Die Österreichische Gesundheitskasse ist Versicherungsträger im Sinne des §32.

 

(2) Alle Rechte und Verbindlichkeiten der im Abs1 genannten Gebietskrankenkassen gehen mit 1. Jänner 2020 auf die Österreichische Gesundheitskasse über. Sie ist ab 1. Jänner 2020 zur Durchführung der Verwaltungs- und Leistungssachen zuständig, die nach den am 31. Dezember 2019 geltenden Vorschriften von den in Abs1 genannten Gebietskrankenkassen zu besorgen sind. Der Österreichischen Gesundheitskasse obliegt die Erstellung der Rechnungsabschlüsse, der Geschäftsberichte (§444 Abs1) und der statistischen Nachweisungen (§444 Abs2) für das Jahr 2019 für die im Abs1 genannten Gebietskrankenkassen.

 

(3) Personen, die am 31. Dezember 2019 in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskrankenkasse stehen, sind ab 1. Jänner 2020 Bedienstete der Österreichischen Gesundheitskasse.

 

Österreichische Gesundheitskasse – Versicherungsvertreter/innen und Konstituierung der Verwaltungskörper

 

§538u. (1) Die Versicherungsvertreter/innen der Österreichischen Gesundheitskasse sind erstmals bis 31. März 2019 nach den Bestimmungen der §§420 ff. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 in die Hauptversammlung und die Landesstellenausschüsse zu entsenden, wobei die Entsendung mit 1. Jänner 2020 wirksam wird. Unvereinbarkeitsbestimmungen sind mit Wirksamkeit der Entsendung anzuwenden.

 

(2) Die Mitglieder des Überleitungsausschusses (§538v) sind ab 1. Jänner 2020 die Mitglieder des Verwaltungsrates der Österreichischen Gesundheitskasse. Der/Die Vorsitzende des Überleitungsausschusses und der/die Stellvertreter/in des/der Vorsitzenden übernehmen ab 1. Jänner 2020 die Funktion des/der Obmannes/Obfrau und des/der Stellvertreters/Stellvertreterin.

 

(3) Die Hauptversammlung (§419 Z2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) und die Landesstellenausschüsse (§419 Z3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) sind vom Verwaltungsrat nach dessen erstmaligem Zusammentreten einzuberufen. Hinsichtlich der Angelobung der Versicherungsvertreter/innen gilt §431 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018.

 

(4) Die Amtsdauer nach §425 beginnt für alle Verwaltungskörper mit 1. Jänner 2020.

 

Überleitungsausschuss – Errichtung

 

§538v. (1) Für den Zeitraum 1. April 2019 bis 31. Dezember 2019 wird ein Überleitungsausschuss nach den für den Verwaltungsrat maßgeblichen Bestimmungen der §§420 ff. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 gebildet. Die Mitglieder des Überleitungsausschusses dürfen keinem anderen Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers oder des Hauptverbandes angehören. Die §§448 und 449 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 sind hinsichtlich des Überleitungsausschusses sinngemäß anzuwenden. Kommt ein gültiger Beschluss (Abs3) des Überleitungsausschusses nicht zustande, so kann der/die Vorsitzende, wenn wichtige Interessen der Österreichischen Gesundheitskasse gefährdet scheinen, die Angelegenheit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Entscheidung vorlegen. Sind finanzielle Interessen des Bundes berührt, so ist das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen herzustellen.

 

(2) Im Fall der Verhinderung der im Abs1 genannten Versicherungsvertreter/innen kann eine Übertragung des Stimmrechtes nach §420 Abs4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 erfolgen. Im Übrigen finden für die Mitglieder des Überleitungsausschusses die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über die Versicherungsvertreter/innen in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 sinngemäß Anwendung.

 

(3) Die Mitglieder des Überleitungsausschusses sind erstmals von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur konstituierenden Sitzung so einzuladen, dass der Überleitungsausschuss ab 1. April 2019 seine Aufgaben und Obliegenheiten nach §538w wahrnehmen kann. Mit seinem ersten Zusammentreten ist der Überleitungsausschuss konstituiert. In der konstituierenden Sitzung wählen die Mitglieder des Ausschusses aus ihrer Mitte eine/n Vorsitzende/n und eine/n Stellvertreter/in; das an Lebensjahren älteste Mitglied führt hierbei den Vorsitz. Der/Die Vorsitzende hat der Gruppe der Dienstgeber/innen anzugehören; der/die Stellvertreter/in hat der Gruppe der Dienstnehmer/innen anzugehören. Der Ausschuss ist bei Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder beschlussfähig. Er fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit, sofern im §432 Abs3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 nichts anderes bestimmt ist. Der Ausschuss wird vom Vorsitzenden/von der Vorsitzenden, bei dessen/deren Verhinderung vom seinem/ihrem Stellvertreter/seiner/ihrer Stellvertreterin einberufen. Der Überleitungsausschuss hat sich zur zweckmäßigen Erfüllung seiner Aufgaben auf Basis der von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erlassenden Mustergeschäftsordnung eine Geschäftsordnung zu geben.

 

(4) Die Organisation der Bürogeschäfte des Überleitungsausschusses obliegt bis zur Bestellung des leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse (§538w Abs4) einem/einer von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu bestellenden/zu bestellender kommissarischen Leiter/in, der/die von den leitenden Angestellten der Gebietskrankenkassen (des Hauptverbandes) zu unterstützen ist. Für die Durchführung der Bürogeschäfte des Überleitungsausschusses sowie die Vorbereitungshandlungen der Zusammenführung der Versicherungsträger ist der kommissarische Leiter/die kommissarische Leiterin bzw der/die bestellte leitende Angestellte ausschließlich dem Überleitungsausschuss verantwortlich. Der/Die kommissarische Leiter/Leiterin kann sich zur Erfüllung seiner/ihrer Aufgaben der Infrastruktur der Gebietskrankenkassen (des Hauptverbandes) bedienen. Mit Bestellung des/der leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse geht diese Aufgabe auf diese/n über, wobei er/sie von den leitenden Angestellten der Gebietskrankenkassen (des Hauptverbandes) zu unterstützen ist. In den Angelegenheiten des §538w sind die leitenden Angestellten der Gebietskrankenkassen an die Weisungen des kommissarischen Leiters/der kommissarischen Leiterin bzw des/der bestellten leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse gebunden.

 

(5) Der Überleitungsausschuss kann in der Zeit bis 31. Dezember 2019 Rechte und Pflichten für die Österreichische Gesundheitskasse begründen. Der Hauptverband hat diese Rechte und Pflichten bis 31. Dezember 2019 wahrzunehmen. Der zur Ausführung der Tätigkeit des Überleitungssauschusses erforderliche sowie auf Grund seiner Beschlüsse anfallende Aufwand ist anteilsmäßig im Verhältnis der Anspruchsberechtigten der Gebietskrankenkassen zum Stichtag 1. Jänner 2018 zu tragen. Zur Ermittlung der jeweiligen Anteile sind diese Aufwendungen beim Hauptverband in einem eigenen Rechenkreis darzustellen.

 

Überleitungsausschuss – Aufgaben

 

§538w. (1) Folgende Beschlüsse aus dem Wirkungsbereich der Verwaltungskörper der Gebietskrankenkassen sind, unbeschadet der aufsichtsbehördlichen Genehmigungsrechte (§§448 und 449 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018), allein durch den Überleitungsausschuss zu fassen:

1. Beschlüsse betreffend EDV und Informatik, mit welchen die Verfügungen über einen 100 000 Euro übersteigenden Betrag getroffen werden;

2. sämtliche Beschlüsse betreffend

a. Leiter/innen des gehobenen und des höheren Dienstes sowie Angestellte des bereichsleitenden und des leitenden Dienstes nach der DO. A, soweit diese im Verwaltungsdienst tätig sind,

b. Ärzte und Ärztinnen, die nach §37 Z1 und 2 DO. B eingereiht sind,

c. Höherreihungen außerhalb der am 30. Juni 2018 gültigen Dienstpostenpläne,

d. Personalaufnahmen im Verwaltungsbereich und

e. Beschlüsse betreffend Angelegenheiten gemäß dem Fünften Abschnitt (Personal) des Bundesgesetzes über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge – PLABG, BGBl I Nr 100/2018.

 

(2) Der Überleitungsausschuss kann sämtliche Beschlüsse, für deren Wirksamkeit die Zustimmung der Kontrollversammlung erforderlich ist, vor Beschlussfassung im Vorstand der jeweiligen Gebietskrankenkasse an sich ziehen und über diese Angelegenheiten selbst entscheiden. Darüber hinaus kann er auch sämtliche Entscheidungen, die in den Aufgabenbereich des Vorstandes (§434) der Gebietskrankenkassen fallen und die sich auf die Zusammenführung der Versicherungsträger auswirken, jederzeit an sich ziehen. Im Übrigen haben die Vorstände der zusammenzuführenden Versicherungsträger die ihnen nach diesem Bundesgesetz zukommenden Aufgaben und Obliegenheiten bis 31. Dezember 2019 zu erfüllen.

 

(3) Der Überleitungsausschuss hat unter sinngemäßer Anwendung des §443 für das Jahr 2020 eine konsolidierte Gebarungsvorschaurechnung zu erstellen, sowie längstens bis 31. Dezember 2019 einen Jahresvoranschlag zu beschließen.

 

(3a) Der Überleitungsausschuss hat die für die Zusammenführung der Gebietskrankenkassen erforderlichen vorbereitenden Handlungen zu setzen.

 

(4) Der Überleitungsausschuss hat für die Österreichische Gesundheitskasse mit Wirkung ab 1. Juli 2019 den/die leitende/n Angestellte/n und dessen/deren drei ständige Stellvertreter/innen sowie mit Wirkung ab 1. Jänner 2020 den leitenden Arzt/die leitende Ärztin und dessen/deren ständige/n Stellvertreter/in für jeweils 5 Jahre (§460 Abs3a) zu bestellen; hinsichtlich der Bestellung dieser Personen nach dem 31. Dezember 2019 sind die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Verwaltungskörper berufen.

 

(5) Die Gebietskrankenkassen haben dem Überleitungsausschuss auf sein Verlangen sämtliche zur Erfüllung der diesem nach diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben erforderlichen Mitteilungen zu machen. Der Ausschuss kann die notwendigen Erhebungen durch eines oder mehrere seiner Mitglieder auch unmittelbar bei den einzelnen Versicherungsträgern durchführen.

 

(6) Der Überleitungsausschuss kann zu allen Sitzungen der Verwaltungskörper der Gebietskrankenkassen Vertreter/innen entsenden, denen beratende Funktion zukommt. Er ist von jeder Sitzung der Verwaltungskörper ebenso in Kenntnis zu setzen wie die Mitglieder dieser Verwaltungskörper; es sind ihm auch die diesen zur Verfügung gestellten Behelfe (Sitzungsprotokolle, Tagesordnungen, Ausweise, Berichte und andere Behelfe) zu übermitteln.

 

Allgemeine Unfallversicherungsanstalt – Versicherungsvertreter/innen und Konstituierung der Verwaltungskörper

 

§538x. (1) In die Verwaltungskörper der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt nach den Bestimmungen der §§420 ff. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 sind die Versicherungsvertreter/innen bis 31. März 2019 zu entsenden. Die Entsendung wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen wirksam. Unvereinbarkeitsbestimmungen sind mit Wirksamkeit der Entsendung anzuwenden.

 

(2) Die Entsendung in den Verwaltungsrat (§419 Z1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) wird mit 1. April 2019 wirksam. Dieser hat bis 31. Dezember 2019 ausschließlich die Aufgaben nach §538w wahrzunehmen, ab 1. Jänner 2020 seine Aufgaben und Obliegenheiten nach §432 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018. Abweichend von §538w Abs4 kann die Bestellung der stellvertretenden leitenden Angestellten bis spätestens 31. Dezember 2019 vorgenommen werden. Vom 1. April 2019 bis 31. Dezember 2019 dürfen die Mitglieder des Verwaltungsrates keinem anderen Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers oder des Hauptverbandes angehören.

 

(3) Die Entsendungen in die Hauptversammlung (§419 Z2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) und in die Landesstellenausschüsse (§419 Z3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) werden mit 1. Jänner 2020 wirksam. Diese Verwaltungskörper haben ihre Aufgaben ab diesem Zeitpunkt wahrzunehmen.

 

(4) Die Mitglieder des Verwaltungsrates der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt sind erstmals von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur konstituierenden Sitzung so einzuladen, dass der Verwaltungsrat ab 1. April 2019 seine Aufgaben und Obliegenheiten nach §538w wahrnehmen kann. Mit seinem ersten Zusammentreten ist der Verwaltungsrat konstituiert. In der konstituierenden Sitzung wählen die Mitglieder des Verwaltungsrates aus ihrer Mitte eine/n Vorsitzende/n und eine/n Stellvertreter/in; das an Lebensjahren älteste Mitglied führt hierbei den Vorsitz. Er/Sie muss der Gruppe der Dienstgeber/innen angehören. Der/Die Stellvertreter/in hat jener Gruppe anzugehören, der nicht der/die Vorsitzende angehört. Der Verwaltungsrat ist bei Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder beschlussfähig. Er fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Der Verwaltungsrat wird vom Vorsitzenden/von der Vorsitzenden, bei dessen/deren Verhinderung von seinem/ihrem Stellvertreter/seiner/ihrer Stellvertreterin einberufen. Der Verwaltungsrat hat sich zur zweckmäßigen Erfüllung seiner Aufgaben auf Basis der von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erlassenden Mustergeschäftsordnung eine Geschäftsordnung zu geben.

 

(5) Die Hauptversammlung und die Landesstellenausschüsse sind vom Verwaltungsrat erstmals nach dessen Konstituierung so einzuberufen, dass diese ihre Aufgaben ab 1. Jänner 2020 wahrnehmen können. Hinsichtlich der Angelobung der Versicherungsvertreter/innen gilt §431 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018.

 

(6) Die Amtsdauer nach §425 beginnt für alle Verwaltungskörper mit 1. Jänner 2020.

 

(7) Für die Durchführung der Bürogeschäfte des Verwaltungsrates ist der/die bestellte leitende Angestellte ausschließlich dem Verwaltungsrat verantwortlich.

 

Pensionsversicherungsanstalt – Versicherungsvertreter/innen und Konstituierung der Verwaltungskörper

 

§538y. (1) In die Verwaltungskörper der Pensionsversicherungsanstalt nach den Bestimmungen der §§420 ff. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 sind die Versicherungsvertreter/innen bis 31. März 2019 zu entsenden. Die Entsendung wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen wirksam. Unvereinbarkeitsbestimmungen sind mit Wirksamkeit der Entsendung anzuwenden.

 

(2) Die Entsendung in den Verwaltungsrat (§419 Z1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) wird mit 1. April 2019 wirksam. Dieser hat bis 31. Dezember 2019 ausschließlich die Aufgaben nach §538w wahrzunehmen, ab 1. Jänner 2020 seine Aufgaben und Obliegenheiten nach §432 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018. Abweichend von §538w Abs4 kann die Bestellung der stellvertretenden leitenden Angestellten bis spätestens 31. Dezember 2019 vorgenommen werden. Vom 1. April 2019 bis 31. Dezember 2019 dürfen die Mitglieder des Verwaltungsrates keinem anderen Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers oder des Hauptverbandes angehören.

 

(3) Die Entsendungen in die Hauptversammlung (§419 Z2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) und in die Landesstellenausschüsse (§419 Z3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) werden mit 1. Jänner 2020 wirksam. Diese Verwaltungskörper haben ihre Aufgaben ab diesem Zeitpunkt wahrzunehmen.

 

(4) Die Mitglieder des Verwaltungsrates der Pensionsversicherungsanstalt sind erstmals von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur konstituierenden Sitzung so einzuladen, dass der Verwaltungsrat ab 1. April 2019 seine Aufgaben und Obliegenheiten nach §538w wahrnehmen kann. Mit seinem ersten Zusammentreten ist der Verwaltungsrat konstituiert. In der konstituierenden Sitzung wählen die Mitglieder des Verwaltungsrates aus ihrer Mitte eine/n Vorsitzende/n und eine/n Stellvertreter/in; das an Lebensjahren älteste Mitglied führt hierbei den Vorsitz. Der/Die Vorsitzende hat der Gruppe der Dienstnehmer/innen anzugehören; der/die Stellvertreter/in hat der Gruppe der Dienstgeber/innen anzugehören. Der erstmalige Wechsel des Vorsitzes nach §430 Abs2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 erfolgt mit 1. Juli 2020. Der Verwaltungsrat ist bei Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder beschlussfähig. Er fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Der Verwaltungsrat wird vom Vorsitzenden/von der Vorsitzenden, bei dessen/deren Verhinderung von seinem/ihrem Stellvertreter/seiner/ihrer Stellvertreterin einberufen. Der Verwaltungsrat hat sich zur zweckmäßigen Erfüllung seiner Aufgaben auf Basis der von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erlassenden Mustergeschäftsordnung eine Geschäftsordnung zu geben.

 

(5) Die Hauptversammlung und die Landesstellenausschüsse sind vom Verwaltungsrat erstmals nach dessen Konstituierung so einzuberufen, dass diese ihre Aufgaben ab 1. Jänner 2020 wahrnehmen können. Hinsichtlich der Angelobung der Versicherungsvertreter/innen gilt §431 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018.

 

(6) Die Amtsdauer nach §425 beginnt für alle Verwaltungskörper mit 1. Jänner 2020.

 

(7) Für die Durchführung der Bürogeschäfte des Verwaltungsrates ist der/die bestellte leitende Angestellte ausschließlich dem Verwaltungsrat verantwortlich.

Dachverband der Sozialversicherungsträger – Mitglieder und Konstituierung der Verwaltungskörper

 

§538z. (1) Der/Die jeweilige Vorsitzende des Verwaltungsrates bzw Überleitungsausschusses der Sozialversicherungsträger sowie deren Stellvertreter/in sind ab 15. April 2019 Mitglieder der Überleitungskonferenz, die in sinngemäßer Anwendung des §441a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 zu bilden ist. Die §§448 und 449 sind hinsichtlich des Überleitungsausschusses sinngemäß anzuwenden.

 

(2) Die Mitglieder der Überleitungskonferenz sind ab 1. Jänner 2020 die Mitglieder der Konferenz und haben ab diesem Zeitpunkt ihre Aufgaben und Obliegenheiten nach §441c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 wahrzunehmen.

 

(3) Die Hauptversammlung besteht ab 1. Jänner 2020 aus den in §441b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 genannten Personen. Sie hat ihre Aufgaben ab diesem Zeitpunkt wahrzunehmen. Die Hauptversammlung ist von der Überleitungskonferenz erstmals nach deren Konstituierung so einzuberufen, dass sie ihre Aufgaben ab 1. Jänner 2020 wahrnehmen kann. Hinsichtlich der Angelobung der Mitglieder gilt §431 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018.

 

(4) Die Amtsdauer nach §425 beginnt für alle Verwaltungskörper mit 1. Jänner 2020.

 

(5) Die Mitglieder der Überleitungskonferenz sind erstmals von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur konstituierenden Sitzung so einzuladen, dass die Überleitungskonferenz ab 15. April 2019 ihre Aufgaben und Obliegenheiten nach Abs7 wahrnehmen kann. Mit ihrem ersten Zusammentreten ist die Überleitungskonferenz konstituiert. Den Vorsitz führt der/die Vorsitzende des Überleitungsausschusses für die Österreichische Gesundheitskasse. Die Überleitungskonferenz wird vom Vorsitzenden/von der Vorsitzenden, bei dessen/deren Verhinderung von dem/der Stellvertreter/in einberufen. Die Überleitungskonferenz hat sich zur zweckmäßigen Erfüllung ihrer Aufgaben auf Basis der von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erlassenden Mustergeschäftsordnung eine Geschäftsordnung zu geben.

 

(6) Die Überleitungskonferenz hat bis 31. Dezember 2019 ausschließlich die Aufgaben nach Abs7 wahrzunehmen. Für die Beschlussfähigkeit und die Beschlussfassung gilt §441a Abs2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018. Kommt ein gültiger Beschluss der Überleitungskonferenz nicht zustande, so kann der/die Vorsitzende, wenn wichtige Interessen des Dachverbandes gefährdet scheinen, die Angelegenheit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Entscheidung vorlegen. Sind finanzielle Interessen des Bundes berührt, so ist das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen herzustellen.

 

(7) Die Aufgaben der Überleitungskonferenz sind:

1. die Bestellung des Büroleiters/der Büroleiterin mit Wirkung ab 1. Juli 2019;

2. Erstellung des Voranschlags für 2020;

3. Vorbereitung der Überstellung der Mitarbeiter/innen des Hauptverbandes;

4. Vorbereitungshandlungen in Bezug auf die künftigen Aufgaben des Dachverbandes sowie Übertragung derselben an die Sozialversicherungsträger.

 

(8) Die Organisation der Bürogeschäfte der Überleitungskonferenz obliegt bis zur Bestellung des Büroleiters/der Büroleiterin des Dachverbandes (Abs7 Z1) einem/einer von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu bestellenden/zu bestellender kommissarischen Leiter/in, der/die von den leitenden Angestellten des Hauptverbandes zu unterstützen ist. Mit Bestellung des Büroleiters/der Büroleiterin des Dachverbandes geht diese Aufgabe auf diese/n über, wobei er/sie von den leitenden Angestellten des Hauptverbandes zu unterstützen ist. In den Angelegenheiten des Abs7 sind die leitenden Angestellten des Hauptverbandes an die Weisungen des kommissarischen Leiters/der kommissarischen Leiterin bzw des/der bestellten Büroleiters/Büroleiterin des Dachverbandes gebunden.

 

(9) Das Büro des Hauptverbandes hat die Überleitungskonferenz bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Der Hauptverband hat der Überleitungskonferenz auf ihr Verlangen sämtliche zur Erfüllung der dieser nach diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben erforderlichen Mitteilungen zu machen. Der Ausschuss kann die notwendigen Erhebungen durch eines oder mehrere seiner Mitglieder auch unmittelbar bei den einzelnen Versicherungsträgern durchführen.

 

(10) Die Überleitungskonferenz kann zu allen Sitzungen der Verwaltungskörper des Hauptverbandes Vertreter/innen entsenden, denen beratende Funktion zukommt. Sie ist von jeder Sitzung der Verwaltungskörper ebenso in Kenntnis zu setzen wie die Mitglieder dieser Verwaltungskörper; es sind ihr auch die diesen zur Verfügung gestellten Behelfe (Sitzungsprotokolle, Tagesordnungen, Ausweise, Berichte und andere Behelfe) zu übermitteln.

 

Schlussbestimmungen zu Art1 des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 (89. Novelle)

 

§718. (1) Es treten in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 in Kraft:

1. mit 1. Jänner 2019 die §§51 Abs1 Z2, 53a Abs1, 319a Abs2, 447f Abs18, 456a sowie der 8. Unterabschnitt des Abschnittes I des Zehnten Teiles samt Überschrift;

2. mit 1. April 2019 §716 Abs7;

3. mit 1. Jänner 2020 die Überschrift zu §3, die §§3 Abs1 und 4, 5 Abs1 Z3 litb und c sowie Z8 und 9, 5a und 5b samt Überschriften, 7 Z2 lita und c, Z3 litb, Z4, 8 Abs1 Z1 lita sublitbb und cc, Abs1 Z3 lite, 9 erster Satz, 11 Abs2, 12 Abs7, 14 Abs2 erster Satz, 15 Abs3 Z3, 16 Abs4 und 5, 17 Abs1 Z1 lita und Abs2, die Überschrift zu Abschnitt III des Ersten Teiles, der erste und zweite Unterabschnitt des Abschnittes III des Ersten Teiles samt Überschriften, der 3. Unterabschnitt des Abschnittes III des Ersten Teiles samt Überschriften, 31, 31a Abs1 erster Satz, Abs3 Z1 litb, Abs4 letzter Satz, Abs7 erster Satz, Abs8 dritter und vierter Satz, Abs9 letzter Satz und Abs10 zweiter Satz, 31b Abs1 erster und zweiter Satz, Abs2 erster, zweiter, fünfter und neunter Satz, Abs2a, Abs3 zweiter Satz sowie Abs4 erster und letzter Satz, 31c Abs2 Z6 und Abs4 zweiter Satz, 31d Abs1, Abs2 Einleitung und Abs3 erster Satz, die Überschrift zum 5. Unterabschnitt des Abschnittes III des Ersten Teiles, 32 Abs1 und 2, 32a Abs3, 37c erster Satz, 37d erster Satz, 41 Abs1 und 4 erster Satz, 42a, 42b Abs2, 4 sowie Abs5 erster und zweiter Satz, 49 Abs4 erster Satz, Abs6 und 7 Einleitung sowie Abs9 Z5, 51d Abs4 erster Satz, 53b Abs1 und 3, 67a Abs5 letzter Satz und Abs5a, 67b Abs5, 67c Abs1, 70 Abs1 erster Satz und Abs2 erster Satz sowie Abs4, 70a Abs1 und 3, 73 Abs2, 4 und 5, 74 Abs3 Z3, 75a samt Überschrift, 80a Abs6 und 8, 80c Abs1, Abs2 erster Satz und Abs4, 81 Abs1 erster Satz, Abs2, Abs2a, Abs2b erster Satz und Abs3 letzter Satz, 81a, 82 Abs1 erster Satz und Abs3 erster Satz sowie Abs5 erster Satz, 84 Abs6, 84a Abs1 erster Satz, Abs2 Einleitung, Abs3 und Abs5 Z2 sowie letzter Satz, 84c, 85 Abs2, 99 Abs3 Z1 litb, 109 erster und zweiter Satz, 110 Abs1 Z1, Z2 lita und b sowie Z3 und Abs4, 123 Abs9 lite, 131 Abs1, 132a Abs6, 132b Abs2 erster Satz, Abs4 und 6, 132c Abs3 erster Satz, 135 Abs3a, 136 Abs5 und 6, 143c Abs2 erster und zweiter Satz, 144 Abs1 erster Satz und Abs6, 148 Z3 zweiter Satz, Z8 zweiter Satz und Z10 zweiter Satz, 149 Abs1 erster Satz, Abs3 erster und zweiter Satz, Abs3a, Abs3b erster Satz und Abs4 zweiter Satz, 152 samt Überschrift, 153 Abs4a, 153a Abs3 erster und zweiter Satz sowie Abs5 erster und zweiter Satz, 154a Abs7 vorletzter Satz, 155 Abs4, 194 erster Satz, 213a Abs4 erster Satz, 231 Z1 litb, 232 Abs3, 243 Abs1 Z1 und Z2 lith, 307c zweiter Satz, 307d Abs2 Z1, 307g Abs3 und 4, die Überschrift zum Fünften Teil, 318 Abs1 Einleitung, 319a Abs1 und Abs5 erster Halbsatz, die Überschrift zum 4. Unterabschnitt des Fünften Teiles, 321 Abs2, 322 Abs2, 322a Abs1, Abs2 erster Satz, Abs6, Abs7 erster Halbsatz und Abs8 erster Halbsatz, 322b Abs1 erster Satz sowie Abs2 dritter und vierter Satz, die Überschrift zum Sechsten Teil, 338 Abs1 erster, dritter und vierter Satz, 339 Abs1 erster und zweiter Satz, die Überschrift zu Abschnitt II des Sechsten Teiles, 340 Abs1 und 3, 340a zweiter Satz, 341 Abs1, 342 Abs1 Einleitungssatz und Abs1 Z3 und 6 sowie Abs2b und 2c, 342a Abs4 dritter Satz und Abs5 erster Satz, 342b Abs1 zweiter und dritter Satz, Abs2 Z7 sowie Abs4, 342c Abs3 zweiter Satz, Abs7 zweiter Satz, Abs12 vierter Satz und Abs13 erster Satz, 342d Abs1 und Abs2 letzter Satz, 343 Abs1 zweiter und fünfter Satz und Abs1a, 343a Abs1 erster Halbsatz, 343b Abs1, 343c Abs1, 343d Abs1 Z3 und 4 sowie Abs2 Z2, 343e Abs1 erster Satz, Abs2 erster Satz sowie Abs4 dritter und vierter Satz, 343f erster bis dritter Satz, 345 Abs1 letzter Satz, 346 Abs2 dritter Satz, Abs4 Z3 und Abs5 vierter und fünfter Satz, 347 Abs2 erster Satz, Abs3, 3a, 4, 6 dritter und vierter Satz sowie Abs7, 347b Abs2 erster und zweiter Satz sowie Abs3, 348 Abs1, Abs2 zweiter Satz und Abs4 erster Satz, die Überschrift zu Abschnitt III des Sechsten Teiles, 348a Abs1 zweiter Satz, Abs3 Einleitung sowie Abs4 erster Satz, 348b Abs1 und 2, 348c Abs1 erster Satz, Abs2 und Abs3 vierter Satz, 348d Abs2 zweiter Satz, Abs3 erster und vierter Satz, Abs4 zweiter und vierter Satz sowie Abs5, 348e Abs1 erster und zweiter Satz sowie Abs2 zweiter Satz, 348g zweiter Satz, die Überschrift zu Abschnitt IV des Sechsten Teiles, 349 Abs2 zweiter und dritter Satz, 349a zweiter Satz, 350 Abs1 Z3 und Abs3, 351a erster Halbsatz, 351c Abs1 erster, dritter und vierter Satz, Abs2 Einleitung, Abs5 erster Satz, Abs6 fünfter Satz, Abs9a Z1 dritter Satz und Z3, Abs10 Z1 Einleitung und litb zweiter Satz, Z2 Einleitung und litb zweiter Satz, Z3 erster Satz, Z4 sowie Z5 und 11 erster, dritter und fünfter Satz, die Überschrift zu §351d, 351d Abs1 erster Satz und Abs3, 351e Abs1 zweiter Satz und Abs2 zweiter Satz, 351f Abs1 erster, dritter und vierter Satz sowie Abs2 erster Satz, 351g Abs1 erster und letzter Satz, Abs1a zweiter, dritter, vierter und letzter Satz, Abs1b letzter Satz, Abs1c zweiter Satz, Abs2 dritter und vierter Satz, Abs3, Abs4 erster und dritter Satz sowie Abs5, 351h Abs2, Abs3 erster, dritter und vierter Satz, Abs4 erster, dritter und vierter Satz sowie Abs5 erster, zweiter, vierter und fünfter Satz, 351i Abs3 zweiter Satz, 351j Abs1 vierter Satz, 354 Z1, 355 Z5, 360 Abs1 erster und zweiter Satz, Abs3 erster Satz, Abs5 sowie Abs6 erster und vierter Satz, 360a erster und zweiter Satz, 367a Abs3 erster Satz, 412a erster Satz sowie Z2 lita, 412b Abs1 und 2, 412c Abs1 bis 4, 412d Z1 und 2, 413 samt Überschrift, der Abschnitt I des Achten Teiles, die Abschnitte II und III des Achten Teiles samt Überschriften, der Abschnitt IVa des Achten Teiles samt Überschriften, 443 und 444 samt Überschriften, 446 Abs1 erster und zweiter Satz, Abs3 sowie Abs4 erster Satz, 446a erster Satz, 447 Abs1 und 1a, 447a samt Überschrift, 447f Abs3, Abs5 Z2, Abs6a, Abs7a vorletzter und letzter Satz, Abs9 erster und zweiter Satz, Abs11 zweiter Satz, Abs13 letzter Satz, Abs15 erster Satz und Abs17 erster Satz, 447g Abs2 dritter Satz, 447h samt Überschrift, 447i Abs1 erster und zweiter Satz sowie Abs4 erster Satz, der Abschnitt VI des Achten Teiles, die Überschrift zu 453, 453 Abs1 Z4, Abs2 und 3, 454 samt Überschrift, 455 Abs2 erster Satz, 456 Abs1 und 2, 457 Abs1 und 3, 458 erster Satz, 459, 459d Abs1 und Abs2 erster Satz, 459e Abs1 erster Satz, 459g Abs3 zweiter Satz, 460 Abs1, Abs1a erster Satz, Abs3, Abs3b, 4 und 4a, 460c letzter Satz, 460d erster Satz, 471i und 479 Abs2 Z4.

 

(1a) §717b in der Fassung des Pensionsanpassungsgesetzes 2019 wird durch §717b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 ersetzt.

 

(2) Es treten außer Kraft:

1. mit Ablauf des 31. Dezember 2018 die §§79c samt Überschrift, 347 Abs5;

2. mit Ablauf des 31. März 2019 §716 Abs2, 3, 5 und 6;

3. mit Ablauf des 31. Dezember 2019 die §§2 Abs2 Z15, 70 Abs3, 71 samt Überschrift, 129 samt Überschrift sowie 319a Abs6, der Abschnitt IV des Achten Teiles, 445 samt Überschrift, 447b samt Überschrift, der erste und zweite Unterabschnitt des Abschnittes II sowie der Abschnitt IIa des Neunten Teiles samt Überschriften;

4. mit Ablauf des 31. Dezember 2022 §319a samt Überschrift.

 

(3) Für die Erstattung von Beiträgen, die vor dem 1. Jänner 2019 entrichtet wurden, sind weiterhin die §§70 und 70a in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung anzuwenden; dies gilt nicht, soweit diese Beiträge zusammen mit Beiträgen, die ab 1. Jänner 2019 entrichtet wurden, für ein bestimmtes Kalenderjahr entrichtet wurden.

 

(4) §131 Abs1 tritt zu dem Zeitpunkt in Kraft, den die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz durch Verordnung festsetzt. Die Verordnung ist zu erlassen, sobald für die Österreichische Gesundheitskasse ein Gesamtvertrag nach §341 abgeschlossen wurde und ein einheitlicher Leistungskatalog wirksam wird.

 

(5) §319a samt Überschrift tritt mit 31. Dezember 2022 außer Kraft. Der im §319a Abs6 vorgesehene besondere Pauschbetrag ist von der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau an die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt letztmalig für das Jahr 2019 zu überweisen.

 

(6) Die zum 31. Dezember 2019 in Geltung stehenden Gesamtverträge der Gebietskrankenkassen mit der Österreichischen Ärztekammer, den örtlich zuständigen Ärztekammern oder der Österreichischen Zahnärztekammer sowie die zum 31. Dezember 2019 in Geltung stehenden Verträge dieser Versicherungsträger mit den Ärzten/Ärztinnen, Zahnärzten/Zahnärztinnen und anderen Vertragspartnern/Vertragspartnerinnen zur Erbringung der Leistungen der Krankenversicherung gelten bis zu neuen Vertragsabschlüssen durch die Österreichische Gesundheitskasse weiter. Die gesetzlichen Kündigungs- und Erlöschenstatbestände mit Ausnahme der §§342c Abs4 Z1 und 2 sowie 343 Abs2 Z1 und 2 bleiben von diesem Rechtsübergang unberührt.

 

(7) Die nach §§342c Abs3 und 343 Abs1 in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern bestehende Wirksamkeit der Verträge bleibt für diesen Teilbereich der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen ab dem 1. Jänner 2020 solange aufrecht, bis ein neuer Gesamtvertrag nach §14 SVSG abgeschlossen wird.

 

(7a) §420 Abs6 Z5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 ist auf Personen, die vor dem 1. Jänner 2022 als Versicherungsvertreter/innen in einen nach dem genannten Bundesgesetz neu einzurichtenden Verwaltungskörper entsendet werden, so anzuwenden, dass der Nachweis der fachlichen Eignung bis längstens zum Ablauf des 31. Dezember 2021 bei sonstiger Enthebung nach §423 Abs1 Z5 zu erbringen ist.

 

(8) Die Betriebskrankenkassen der Wiener Verkehrsbetriebe, Mondi, voestalpine Bahnsysteme, Zeltweg und Kapfenberg werden mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2020 aufgelöst.

 

(8a) Das zum Stichtag 31. Dezember 2019 vorhandene Vermögen und die Verbindlichkeiten der Betriebskrankenkassen Mondi, voestalpine Bahnsysteme, Zeltweg und Kapfenberg, abzüglich des in Abs9 genannten Betrages, gehen mit 1. Jänner 2020 auf die Österreichische Gesundheitskasse über. Dies gilt nicht, sofern und solange mittels Betriebsvereinbarung eine betriebliche Gesundheitseinrichtung im Sinne der §§5a und 5b errichtet wurde. Im Falle der Auflösung einer betrieblichen Gesundheitseinrichtung ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz die Höhe des Anteils des an den Betriebsunternehmer zu übertragenden Reinvermögens in Abhängigkeit von der Summe der bisher vom Betriebsunternehmer getragenen Verwaltungskosten festzusetzen.

 

(8b) Das zum Stichtag 31. Dezember 2019 vorhandene Vermögen einschließlich der eigenen Einrichtung und die Verbindlichkeiten der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe, abzüglich des in Abs9 genannten Betrages, gehen entsprechend dem Versichertenstand zum Stichtag 31. Dezember 2019 auf die Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau über. Die eigene Einrichtung der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe als solche geht mit 1. Jänner 2020 auf die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau über. Die Abwicklung der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe obliegt ausschließlich der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, wobei die Kosten dieser Abwicklung im Rahmen der Vermögensaufteilung zu berücksichtigen sind. Die Vermögensverteilung ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz festzulegen.

 

(9) Die Betriebsunternehmer der in Abs8 genannten Betriebe können zum Zweck der Aufrechterhaltung des für die Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen der jeweiligen Betriebskrankenkasse zum Zeitpunkt der Auflösung bestehenden Leistungsniveaus jeweils eine Privatstiftung zur Förderung der Gesundheit ihrer Beschäftigten einrichten. Dieser Stiftung ist von der jeweiligen Betriebskrankenkasse ein Anteil ihres im Jahresabschluss 2019 ausgewiesenen Reinvermögens zu widmen. Näheres ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung der Betriebsunternehmer zu regeln, wobei die Höhe des zu widmenden Anteils des Reinvermögens in Abhängigkeit von der Summe der bisher vom Betriebsunternehmer getragenen Verwaltungskosten und dem Alter der Anspruchsberechtigten festzusetzen ist.

 

(10) Bezüglich des im Abs8 verfügten Vermögensüberganges auf die Österreichische Gesundheitskasse bzw die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau wird Folgendes festgelegt:

1. Der Jahresbericht für das Geschäftsjahr 2019 der Betriebskrankenkassen ist von der Österreichischen Gesundheitskasse bzw der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zu erstellen. Alle Schriften, Bücher und Akten der Betriebskrankenkassen sind mit 1. Jänner 2020 der Österreichischen Gesundheitskasse bzw der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zu übergeben.

2. Die Österreichische Gesundheitskasse bzw die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau hat

a) zur Nachweisung der Übernahme des Vermögens der mit 31. Dezember 2019 aufgelösten Betriebskrankenkassen dieses (Aktiva/Passiva) in geeigneten Aufzeichnungen gesondert zu erfassen; abweichende Zuordnungen von Aktiva und Passiva in der Vermögensrechnung sind näher zu begründen;

b) in ihrer Schlussbilanz zum 31. Dezember 2020 in der Einzelnachweisung zu den Posten allgemeine Rücklage, Leistungssicherungsrücklage und Unterstützungsfonds die übernommenen Vermögensteile jeweils gesondert als 'Vermögensübertragung' anzugeben;

c) in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2020 jedenfalls über das übernommene Vermögen (Aktiva/Passiva) sowie über den zum 1. Jänner 2020 übernommenen Versichertenstand näher zu berichten;

d) die Aufbewahrungsfristen nach §58 der Weisungen für die Rechnungslegung und Rechnungsführung der Sozialversicherungsträger und des Hauptverbandes (Rechnungsvorschriften – RV) hinsichtlich aller übernommenen Bücher, Aufzeichnungen und sonstigen Unterlagen zu beachten.

 

(10a) Die Dienstverhältnisse von Bediensteten, die am 31. Dezember 2019 bei einer der im Abs8 genannten und mit 1. Jänner 2020 aufzulösenden Betriebskrankenkassen beschäftigt sind, gehen, sofern diese Bediensteten im Betrieb, für den die Betriebskrankenkasse errichtet war, nicht mehr weiter beschäftigt werden können, oder in der betrieblichen Gesundheitseinrichtung nicht beschäftigt werden können, auf die Österreichische Gesundheitskasse beziehungsweise im Fall der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe auf die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau über.

 

(11) Die Österreichische Gesundheitskasse hat bis längstens 31. Dezember 2020 eine Satzung und eine Krankenordnung zu erlassen, die an die Stelle der von den Gebietskrankenkassen erlassenen Satzungen bzw Krankenordnungen tritt. Bis zur Erlassung dieser Satzung (Krankenordnung) gelten die Satzungen (Krankenordnungen) der Gebietskrankenkassen im jeweiligen Bundesland weiter.

 

(12) Für die am 31. Dezember 2019 beim Hauptverband beschäftigten Bediensteten kommen mit Wirkung vom 1. Jänner 2020 folgende Regelungen zur Anwendung:

1. Die Dienstverhältnisse von Bediensteten, die nicht in einer im Abs18 genannten Abteilung beschäftigt sind, gehen im Rahmen ihrer Abteilung auf die Österreichische Gesundheitskasse über. Die Dienstverhältnisse der Mitglieder des Verbandsmanagements gehen nicht auf die Österreichische Gesundheitskasse über.

2. Durch Erklärung des Dienstgebers/der Dienstgeberin kann der/die Bedienstete entsprechend seinem/ihrem bisherigen Aufgabenbereich einer Organisationseinheit bzw einem Arbeitsplatz des Dachverbandes oder des Versicherungsträgers zur dauernden Dienstleistung zugewiesen werden.

3. Dem/Der Bediensteten bleiben die ihm/ihr aus dem bisherigen Dienstverhältnis und der auf ihn/sie anzuwendenden Dienstordnung zustehenden Rechte unverändert gewahrt.

Unbeschadet der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Hauptverband sind die Bediensteten der Abteilungen 'Nationale und internationale Grundsatzangelegenheiten (KV, UV, PV)' und 'Evidenzbasierte wirtschaftliche Gesundheitsversorgung (EWG)' nach dem am 24. Oktober 2018 geltenden Dienstpostenplan und dem Anhang zur Geschäftsordnung des Verbandsvorstandes zur Vorbereitung der Zusammenführung der Gebietskrankenkassen bereits ab dem 1. April 2019 dem/der kommissarischen Leiter/Leiterin bzw dem/der leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse direkt zugeordnet.

 

(13) Die bisher dem Hauptverband zukommende Kollektivvertragsfähigkeit verbleibt auch nach dem 1. Jänner 2020 beim Dachverband. Normen der kollektiven Rechtsgestaltung bleiben aufrecht.

 

(14) Für Bedienstete, die am 31. Dezember 2019 mit einer Funktion nach §460 Abs3a betraut sind, finden hinsichtlich der Entgeltbedingungen abweichend von §460 Abs3b die Regelungen des §36 Abs3 DO. A bzw des §36 Abs2 DO. B sinngemäß Anwendung. Diese Bediensteten dürfen jedoch auch vor Ablauf der Befristung im Rahmen der Organisationsreform mit einem Dienstposten des bereichsleitenden Dienstes oder eines anderen gehobenen Aufgabenfeldes betraut werden.

 

(15) Sozialversicherungsbedienstete, die sich am 31. Dezember 2018 in einem aufrechten Dienstverhältnis befanden, dürfen dienstgeberseitig nicht aus dem Grund der Organisationsänderungen durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 100/2018 gekündigt werden.

 

(16) Der Überleitungsausschuss bzw ab 1. Jänner 2020 die Österreichische Gesundheitskasse hat der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und dem Dachverband ab 1. Juni 2019 monatlich über den Umsetzungsstand der Zusammenführung der Gebietskrankenkassen zu berichten. Näheres über die Art und den Umfang der Berichterstattung hat die Bundesministerin mit Verordnung festzusetzen.

 

(17) Der Dachverband hat dafür Sorge zu tragen, dass für die Sozialversicherungsbediensteten die besondere Fach- und Führungskräfteausbildung einschließlich der Abschlussprüfungen (§§30a Abs1 Z3 und 30b Abs1 Z2) in Kooperation mit bestehenden Fachhochschulen ab 1. Jänner 2021 als Kolloquien erfolgen können.

 

(18) Folgende Abteilungen des Hauptverbandes, basierend auf dem Anhang zur Geschäftsordnung und dem Dienstpostenplan in der am 24. Oktober 2018 geltenden Fassung, verbleiben im Dachverband:

1. Finanz- und Rechnungswesen einschließlich Fondsverwaltung,

2. Statistik, Grundlagen und Versicherungsmathematik,

3. Dienstrecht, Akademie und Personal,

4. allgemeine Rechtsangelegenheiten, interne Revision und Organisation der Selbstverwaltung mit Ausnahme der Öffentlichkeitsarbeit,

5. trägerübergreifendes Controlling (TÜC),

6. internationale Angelegenheiten und zwischenstaatliche Sozialversicherung,

7. IT-Management inklusive SVC, Schnittstelle ITSV sowie IT-Organisation,

8. Vertragspartner Medikamente.

Unabhängig davon kann die Konferenz weitere Personalkörper oder Mitarbeiter/innen durch Beschluss an Sozialversicherungsträger übertragen.

 

(19) §456a in der am 31. Dezember 2018 geltenden Fassung ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2019 weiterhin auf die am 31. Dezember 2018 bestehenden Verwaltungskörper anzuwenden.

 

Zuständigkeitsänderungen

 

§719. Sind auf Grund von Änderungen dieses Bundesgesetzes Änderungen im sachlichen Wirkungsbereich der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) vorgesehen, so gelten auch die Zuständigkeitsvorschriften in anderen Bundesgesetzen als entsprechend geändert.

 

Ersetzung von Begriffen

 

§720. Werden in anderen Bundesgesetzen die in der linken Spalte genannten Begriffe verwendet, so treten mit 1. Jänner 2020 an deren Stelle – in der grammatikalisch richtigen Form – die in der rechten Spalte genannten Begriffe. Dies gilt nicht für die Verwendung dieser Begriffe in Schluss- und Übergangsbestimmungen sowie in In-Kraft-Tretens- und Außer-Kraft-Tretens-Bestimmungen.

 

Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger

Dachverband der Sozialversicherungsträger

Wiener Gebietskrankenkasse

Österreichische Gesundheitskasse

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse

Österreichische Gesundheitskasse

Burgenländische Gebietskrankenkasse

Österreichische Gesundheitskasse

Oberösterreichische Gebietskrankenkasse

Österreichische Gesundheitskasse

Steiermärkische Gebietskrankenkasse

Österreichische Gesundheitskasse

Kärntner Gebietskrankenkasse

Österreichische Gesundheitskasse

Salzburger Gebietskrankenkasse

Österreichische Gesundheitskasse

Tiroler Gebietskrankenkasse

Österreichische Gesundheitskasse

Vorarlberger Gebietskrankenkasse

Österreichische Gesundheitskasse

(örtlich zuständige) Gebietskrankenkasse(n)

Österreichische Gesundheitskasse

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft

Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen

Sozialversicherungsanstalt der Bauern

Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen

Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter

Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau

Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau

Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau

  

"

3. Die §§5a, 5b, 23, 26, 30, 30a, 30b, 30c, 31, 32, 41a, 75a, 84a, 152, 319a, 341, 342, 342c, 343d, 347, 360, 413, 418 bis 437, 441 bis 441f, 443, 444, 446, 447a, 447f und 448 bis 452a ASVG idF des SV-OG, BGBl I 100/2018 (§41a idF des ZFPSG, BGBl I 98/2018) lauten ab 1. Jänner 2020 wie folgt:

"Betriebsvereinbarung zur Errichtung einer betrieblichen Gesundheitseinrichtung

 

§5a. Eine Betriebsvereinbarung zur Errichtung einer von betrieblichen Gesundheitseinrichtungen anstelle von bestehenden Betriebskrankenkassen kann insbesondere Regelungen zum Kreis der Anspruchsberechtigten und zum Versicherungs-, Melde-, Beitrags- und Leistungsrecht enthalten. Anspruchsberechtigte können (freie) Dienstnehmer/innen, Lehrlinge, aus dem Dienstverhältnis ausgeschiedene (freie) Dienstnehmer/innen, Lehrlinge und deren Angehörige sein. Eine solche Betriebsvereinbarung kann auch eine Verpflichtung zur Beitragsleistung für Dienstgeber und die Personen nach dem zweiten Satz enthalten.

 

Errichtung und Feststellung der Gleichartigkeit einer betrieblichen Gesundheitseinrichtung

 

§5b. (1) Zur Errichtung, Ausgestaltung und Auflösung einer von betrieblichen Gesundheitseinrichtungen anstelle von bestehenden Betriebskrankenkassen ist mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung im Sinne des §5a abzuschließen. Die betriebliche Gesundheitseinrichtung ist mit eigener Rechtspersönlichkeit einzurichten. Die Betriebsvereinbarung hat grundsätzliche Regelungen zum Kreis der Anspruchsberechtigten (wie (ehemalige) Arbeitnehmer, Familienangehörige) sowie zum Leistungs- und Beitragsrecht vorzusehen. §113 ArbVG ist sinngemäß anzuwenden.

 

(2) Der Antrag auf Ausnahme aus der Krankenversicherung ist durch den Betriebsunternehmer nach Abschluss einer Betriebsvereinbarung bis längstens 30. September 2019 zu stellen. Die Feststellung der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit im Sinne des §5 Abs1 Z9 hat in Folge durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erfolgen. Für die Beurteilung sind neben den leistungsrechtlichen auch die beitrags- und versicherungsrechtlichen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgeblich. Die Ausnahme ist durch Verordnung zu beenden, wenn wesentliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage eingetreten sind, die die Gleichartigkeit oder annähernde Gleichwertigkeit nicht mehr gewährleisten. Die Gesundheitseinrichtung ist verpflichtet, dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz die für die Beurteilung der Ausnahme aus der Krankenversicherung relevanten Unterlagen vorzulegen.

ABSCHNITT III

Versicherungsträger und ihre Zuständigkeit; Dachverband der Sozialversicherungsträger

 

1. UNTERABSCHNITT

Träger der Versicherung und ihre Aufgaben

 

Träger der Krankenversicherung

 

§23. (1) Träger der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für das ganze Bundesgebiet ist die Österreichische Gesundheitskasse mit dem Sitz in Wien.

 

(2) Der Träger der Krankenversicherung nach Abs1 führt die Krankenversicherung nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch und wirkt an der Durchführung der Unfallversicherung und der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz mit. Insbesondere obliegt es ihm, für die Krankenbehandlung der Versicherten und ihrer Familienangehörigen ausreichend Vorsorge zu treffen. Im Falle eines vertragslosen Zustandes kann die Übernahme dieser Versorgung durch die Länder vereinbart werden. Der Träger der Krankenversicherung hat diese Verpflichtung höchstens im Ausmaß der vergleichbaren ersparten Aufwendungen für ärztliche Hilfe im niedergelassenen Bereich zu übernehmen.

 

(3) Der Träger der Krankenversicherung ist berechtigt, nach den hiefür geltenden gesetzlichen Bestimmungen

1. Krankenanstalten, Heil- und Kuranstalten, sonstige Einrichtungen der Krankenbehandlung und

2. Einrichtungen zur Feststellung des Gesundheitszustandes

zu errichten, zu erwerben und zu betreiben oder sich an solchen Einrichtungen zu beteiligen. Träger der Krankenversicherung, die am 30. Juni 1994 eine Krankenanstalt im Sinne des §2 Abs1 Z1 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG), BGBl Nr 1/1957, betreiben, sind ab diesem Zeitpunkt zu deren Betrieb verpflichtet.

 

(4) Der Träger der Krankenversicherung ist berechtigt, sich davon zu überzeugen, dass die ärztlichen Anordnungen und die Bestimmungen der Krankenordnung von der versicherten Person eingehalten werden. Der Träger der Krankenversicherung ist weiters berechtigt, den Gesundheitszustand der erkrankten Person zu prüfen.

 

2. UNTERABSCHNITT

Zuständigkeit der Versicherungsträger

 

Sachliche Zuständigkeit der Träger der Krankenversicherung

 

§26. (1) Zur Durchführung der Krankenversicherung ist die Österreichische Gesundheitskasse sachlich zuständig.

 

(2) Wird ein/e Dienstnehmer/in in demselben Beschäftigungsverhältnis vorübergehend, jedoch nicht länger als drei Monate, in einer Art beschäftigt, die die Zugehörigkeit zu einem anderen Versicherungsträger begründen würde, so bleibt die Zuständigkeit des bisherigen Versicherungsträgers auch für die Dauer der vorübergehenden Beschäftigung unberührt.

 

(3) Für Personen, denen Leistungen der beruflichen Ausbildung gewährt werden (§4 Abs1 Z8), bleibt für die Dauer dieser Ausbildung jener Träger der Krankenversicherung sachlich zuständig, der die der Ausbildung zuletzt vorangegangene Krankenversicherung durchgeführt hat.

 

3. UNTERABSCHNITT

Dachverband der Sozialversicherungsträger

 

Aufgaben

 

§30. (1) Die in den §§23 bis 25 bezeichneten Versicherungsträger und die Träger der im §2 Abs2 bezeichneten Sonderversicherungen gehören dem Dachverband der Sozialversicherungsträger (im Folgenden kurz Dachverband genannt) an.

 

(2) Dem Dachverband obliegt

1. die Beschlussfassung von Richtlinien zur Förderung der Zweckmäßigkeit und Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger;

2. die Koordination der Vollziehungstätigkeit der Sozialversicherungsträger;

3. die Wahrnehmung trägerübergreifender Verwaltungsaufgaben im Bereich der Sozialversicherung.

 

(3) Die vom Dachverband beschlossenen Richtlinien und im Rahmen seines gesetzlichen Wirkungskreises gefassten Beschlüsse sind für die dem Dachverband angehörenden Versicherungsträger verbindlich.

 

Beschlussfassung von Richtlinien

 

§30a. (1) Zur Förderung der Zweckmäßigkeit und der Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger sind folgende Richtlinien zu beschließen:

1. zur Erstellung von Dienstpostenplänen der Sozialversicherungsträger unter Berücksichtigung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie unter Bedachtnahme auf sich durch den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung ergebende Rationalisierungspotentiale;

2. über die Gewährung von freiwilligen sozialen Zuwendungen an die Bediensteten der Sozialversicherungsträger (des Dachverbandes), soweit es sich nicht um Zuwendungen für die im §49 Abs3 Z17 genannten Zwecke handelt, mit der Maßgabe, dass hiefür beim jeweiligen Versicherungsträger (beim Dachverband) ein Betrag im Ausmaß eines vom Dachverband festzusetzenden Hundertsatzes der laufenden Bezüge aller Sozialversicherungsbediensteten im abgelaufenen Geschäftsjahr, höchstens jedoch 2,5% dieser laufenden Bezüge, verwendet werden kann;

3. für die fachliche Aus- und Weiterbildung der Sozialversicherungsbediensteten;

4. für die Zusammenarbeit der Versicherungsträger untereinander und mit dem Dachverband auf dem Gebiet der automationsunterstützten Datenverarbeitung mit dem Ziel der Herstellung kompatibler EDV-Strukturen und der gemeinsamen Entwicklung, Beschaffung und Anwendung der Software unter Beachtung der Grundsätze der Gesamtwirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit;

5. für die Koordinierung der Öffentlichkeitsarbeit der Sozialversicherungsträger und des Dachverbandes;

6. zur Erhebung und Verarbeitung der für die Versicherung bzw den Leistungsbezug und das Pflegegeld bedeutsamen Daten aller nach den Vorschriften dieses oder eines anderen Bundesgesetzes versicherten Personen und Leistungsbezieher;

7. über die einheitliche Verwendung der Beitragsgruppen (Tarifsystem), der Symbole und die den einzelnen Beitragsgruppen zugehörigen Versichertenkategorien;

8. über die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung (§76 Abs2 und 3) und über Form und Inhalt diesbezüglicher Anträge;

9. über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung unter Bedachtnahme auf §133 Abs2. Die Richtlinien sind vom Dachverband im übertragenen Wirkungsbereich zu erlassen; bei der Erlassung unterliegt der Dachverband den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz. In diesen Richtlinien, die für die Vertragspartner (§§338 ff) verbindlich sind, sind jene Behandlungsmethoden anzuführen, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen (zB für gewisse Krankheitsgruppen) erst nach einer ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger anzuwenden sind. Durch diese Richtlinien darf der Zweck der Krankenbehandlung nicht gefährdet werden;

10. über die Verrechnung der Kostenersätze zwischen den Versicherungsträgern (und dem Dachverband) für die Vorbereitung von Richtlinien, für die Koordination der Vollziehungstätigkeit und für die Wahrnehmung trägerübergreifender Verwaltungsaufgaben;

11. über die Durchführung, Dokumentation und Qualitätssicherung von Kontrollen im Vertragspartnerbereich nach §32a;

12. über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen; in diesen Richtlinien, die für die Vertragspartner/innen (§§338 ff) verbindlich sind, soll insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die Art und Dauer der Erkrankung bestimmt werden, inwieweit Arzneispezialitäten für Rechnung der Sozialversicherungsträger abgegeben werden können; für Arzneispezialitäten im gelben Bereich des Erstattungskodex, die an Stelle der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes einer nachfolgenden Kontrolle unterliegen, ist in diesen Richtlinien eine einheitliche Dokumentation unter Beachtung einer Rahmenvereinbarung oder Verordnung nach §609 Abs9 festzulegen; durch die Richtlinien darf der Heilzweck nicht gefährdet werden; die Richtlinien sind vom Dachverband im übertragenen Wirkungsbereich zu erlassen; bei der Erlassung unterliegt der Dachverband den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz;

13. für das Zusammenwirken der Versicherungsträger untereinander und mit dem Dachverband auf dem Gebiet der maschinellen (automationsunterstützten) Heilmittelabrechnung einschließlich Retaxierung und bei der Auswertung der Ergebnisse dieser Abrechnung mit dem Ziel der Vereinfachung des Abrechnungsvorganges und der Verbesserung der Überprüfungsmöglichkeiten;

14. für das Zusammenwirken der Versicherungsträger untereinander und mit dem Dachverband im Bereich des Vertragspartnerrechtes, der Leistungserbringung und Leistungsverrechnung sowie mit den Abgabenbehörden bei der Sozialversicherungsprüfung nach §41a;

15. für die Befreiung von der Rezeptgebühr (Herabsetzung der Rezeptgebühr) sowie für die Befreiung vom Service-Entgelt bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit der versicherten Person; in diesen Richtlinien ist der für die Befreiung (Herabsetzung) in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu umschreiben; darüber hinaus ist eine Befreiungs(Herabsetzungs)möglichkeit im Einzelfall in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse der versicherten Person sowie der Art und Dauer der Erkrankung vorzusehen; weiters ist nach Einbindung der Österreichischen Apothekerkammer und der Österreichischen Ärztekammer eine Obergrenze für die Entrichtung von Rezeptgebühren vorzusehen; diese ist ohne Berücksichtigung der Sonderzahlungen mit zwei Prozent am jährlichen Nettoeinkommen der versicherten Person für diese und ihre anspruchsberechtigten Angehörigen zu bemessen und über ein vom Dachverband einzurichtendes Rezeptgebührenkonto zu verwalten;

16. für die Befreiung vom Zusatzbeitrag (Herabsetzung des Zusatzbeitrages) für Angehörige nach §51d bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit der versicherten Person; in diesen Richtlinien ist der für die Befreiung (Herabsetzung) in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu umschreiben; darüber hinaus ist eine Befreiungs-(Herabsetzungs-)möglichkeit im Einzelfall in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse der versicherten Person vorzusehen;

17. für Gesundheitsförderung und Prävention mit Bezug auf gesundheitsrelevante Verhaltensweisen oder Verhältnisse sowie Krankheitsrisiken, präventiv beeinflussbare Krankheiten oder Bedarfe spezifischer Bevölkerungsgruppen nach §19 des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes (G-ZG), BGBl I Nr 26/2017;

18. für die Durchführung und Auswertung der Ergebnisse der Jugendlichenuntersuchungen (§132a);

19. für die Durchführung und Auswertung der Ergebnisse der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen (§132b);

20. für die Koordinierung der Aufgaben der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungsträger bei der Gewährung freiwilliger Leistungen, insbesondere für das koordinierte Zusammenwirken bei der Behandlung von Anträgen;

21. für die Vorgangsweise, insbesondere das koordinierte Zusammenwirken, der Träger der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung bei der Behandlung und Beurteilung von Leistungsansprüchen und der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Rehabilitation sowie die Koordinierung der Aufgaben der Krankenversicherungsträger im Bereich der Frühintervention zur Verhinderung des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben; bei der Aufstellung dieser Richtlinien ist insbesondere auf den §307c und auf den Rehabilitationsplan nach §30b Abs1 Z7 Bedacht zu nehmen;

22. für das Zusammenwirken des Dachverbandes und der Versicherungsträger zur Erreichung einer optimalen Auslastung der Sonderkrankenanstalten (Rehabilitationszentren), Kurheime und ähnlichen Einrichtungen im Bereich der Kran-ken-, Unfall- und Pensionsversicherung; bei der Aufstellung dieser Richtlinien ist insbesondere auf den Rehabilitationsplan nach §30b Abs1 Z7 Bedacht zu nehmen;

23. über die Zusammenarbeit der Träger der Kranken- und Unfallversicherung bei der Durchführung der Unfallheilbehandlung im Sinne des §194;

24. im übertragenen Wirkungsbereich für die einheitliche Anwendung des Bundespflegegeldgesetzes; bei der Erlassung unterliegt der Dachverband den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz;

25. für die Beurteilung von Vermögensanlagen im Sinne des §446 Abs1 und 2;

26. für die einheitliche Anwendung der Verordnungen der Europäischen Union und der zwischenstaatlichen Abkommen im Bereich der Sozialen Sicherheit;

27. für die Befreiung (Herabsetzung) von Zuzahlungen bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit nach den §§154a Abs7, 155 Abs3, 302 Abs4 und 307d Abs6; hiebei ist der in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse zu umschreiben;

28. für die Festsetzung von Obergrenzen von Zuschüssen gemäß den §§155 Abs4 und 307d Abs2 Z3 unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des (der) Versicherten;

29. über Ausnahmen von der Meldungserstattung mittels Datenfernübertragung (§41);

30. für das Zusammenwirken der Versicherungsträger untereinander und mit dem Dachverband auf dem Gebiet eines automationsunterstützten Cash Managements mit dem Ziel der bestmöglichen Veranlagung der finanziellen Mittel und der größtmöglichen Verringerung der Geldverkehrskosten;

31. für den Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten für die Mitglieder der Verwaltungskörper unter Bedachtnahme auf §3 Abs1 Gebührenstufe 3 der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl Nr 133;

32. für die Vorgangsweise, insbesondere das koordinierte Zusammenwirken, der Träger der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung zur Feststellung des Gesundheitszustandes der Leistungswerber hinsichtlich der Versicherungsfälle der geminderten Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit);

33. zur einheitlichen Vollzugspraxis der Versicherungsträger bzw bestimmter Gruppen von Versicherungsträgern im Bereich des Melde-, Versicherungs- und Beitragswesens sowie des Service-Entgelts samt Rückerstattung (§31c Abs3 bis 5) nach Anhörung der in Betracht kommenden gesetzlichen Interessenvertretungen; diese Richtlinien sind mindestens ein Mal jährlich neu zu beschließen;

34. zur einheitlichen Vollzugspraxis der Versicherungsträger im Bereich der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG), BGBl I Nr 44/2016, sowie nach den §§7d ff des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1993_459_0/1993_459_0.pdf ;

35. für die Grundsätze der Erstellung von Gutachten in Angelegenheiten der beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation (§307g Abs3);

36. für das Zusammenwirken der Versicherungsträger untereinander und mit dem Arbeitsmarktservice bei der Durchführung der medizinischen und beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation zur Erhaltung oder Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit;

37. für die trägerübergreifende Zusammenarbeit der mit der Internen Revision befassten Abteilungen der Versicherungsträger;

38. für die Zusammenarbeit der Versicherungsträger, soweit davon nicht ein Regelungsbereich betroffen wird, der Gegenstand einer anderen Richtlinie ist oder zu sein hätte.

 

(2) Der Dachverband kann die Vorbereitung der Richtlinien nach Abs1 mit Beschluss der Konferenz zur Gänze oder zum Teil auf einen oder mehrere Versicherungsträger übertragen. Wenn und soweit der Dachverband die Vorbereitung bis zum Ablauf des 30. Juni 2021 nicht überträgt, kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Übertragungen mit Verordnung vornehmen. Die Übertragung der Aufgabe mittels Verordnung gilt solange und soweit, als die Konferenz keinen eigenen Beschluss fasst.

 

(3) Die Richtlinien nach Abs1 sind im Internet zu verlautbaren.

 

(4) Die nach den Sozialversicherungsgesetzen im Internet zu verlautbarenden Rechtsvorschriften und deren Änderungen müssen

1. jederzeit ohne Identitätsnachweis und sondergebührenfrei zugänglich sein;

2. ab 1. Jänner 2002 in ihrer verlautbarten Form vollständig und auf Dauer ermittelt werden können.

Die aus der Verlautbarung im Internet zusätzlich entstehenden Kosten sind von jenen Stellen zu tragen, die diese Verlautbarung vorzunehmen haben.

 

(5) Soweit der Verlautbarung nach Abs4 ihrem Inhalt nach rechtsverbindliche Kraft zukommt, beginnt diese, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung. Schreibfehler in Verlautbarungen im Internet, ferner Verstöße gegen die innere Einrichtung der Verlautbarung (Nummerierungen, technische Verweisungen, Angabe des Freigabetages usw), werden durch Kundmachung des Dachverbandes berichtigt. Die technische Einrichtung der Verlautbarung im Internet gehört zu den Aufgaben des Dachverbandes nach 30c Abs1 Z3.

 

(6) Dem Dachverband obliegt die Führung eines Registers der nach den §§30a und 30b beschlossenen Richtlinien.

 

Koordination der Vollziehungstätigkeit

 

§30b. (1) Zur zentralen Erbringung von Dienstleistungen für die Sozialversicherungsträger gehören:

1. die Beschlussfassung von Richtlinien zur Regelung der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Verhältnisse der Bediensteten der Versicherungsträger und des Dachverbandes und der Abschluss der Kollektivverträge für die Versicherungsträger mit Ausnahme der Festsetzung der Mittel für Dienstordnungs-Pensionen nach §460b und des Sicherungsbeitrages nach §460c und §684 Abs3. In diesen Richtlinien bzw Kollektivverträgen ist ein Zusatzbeitrag zum Sicherungsbeitrag nach §460c und §684 Abs3 festzusetzen; bei der Festlegung der Höhe dieses Zusatzbeitrages ist Bedacht zu nehmen

a) auf §13a des Pensionsgesetzes 1965;

b) auf die Beitragssätze für die Dienstordnungs-Pension in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag für die Eigen- oder Hinterbliebenenpension oder für die Eigenpension, von der die Hinterbliebenenpension abgeleitet wird, wenn der jeweilige Stichtag vor dem 1. Jänner 2005 liegt und in diesem Zeitraum Anspruch auf einen monatlichen Bezug bestand, der die damals geltende monatliche Höchstbeitragsgrundlage überschritten hat.

Des Weiteren sind darin besondere Fördermaßnahmen für Frauen im Sinne der §§11 bis 11d des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GlBG), BGBl Nr 100/1993, vorzusehen. §12 Abs1 und 2 B-GlBG ist so anzuwenden, dass der Dachverband für sich und jeweils für die Versicherungsträger berichtet. Die Richtlinien dürfen den öffentlichen Interessen vom Gesichtspunkt des Sozialversicherungsrechtes nicht entgegenstehen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Versicherungsträger nicht gefährden;

2. die Beschlussfassung von Vorschriften für die Fachprüfungen der Sozialversicherungsbediensteten;

3. die Beschlussfassung von Vorschriften für die fachliche Information der Versicherungsvertreter/innen;

4. die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung (§133 Abs2) annehmen lassen. Die Arzneispezialitäten sind nach dem anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (ATC-Code) zu ordnen. Sie sind im Erstattungskodex jeweils einem der folgenden Bereiche zuzuordnen:

a) Roter Bereich (red box): Dieser Bereich beinhaltet zeitlich befristet jene Arzneispezialitäten, die erstmalig am österreichischen Markt lieferbar sind und für deren Aufnahme in den Erstattungskodex ein Antrag nach §351c Abs1 gestellt wurde. Sie unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinien nach §30a Abs1 Z12. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

b) Gelber Bereich (yellow box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, die einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten und Patientinnen aufweisen und die aus medizinischen oder gesundheitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden. Arzneispezialitäten dieses Bereiches unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinien nach §30a Abs1 Z12. Bezieht sich die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesen Bereich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient/inn/en, Mengenbegrenzung oder Darreichungsform), kann die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes durch eine nachfolgende Kontrolle der Einhaltung der bestimmten Verwendung ersetzt werden. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches höchstens der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

c) Grüner Bereich (green box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger auf Grund ärztlicher Verschreibung medizinisch und gesundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar ist. Die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesem Bereich kann sich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient/inn/en oder Darreichungsform) beziehen.

d) Die Stoffe für magistrale Zubereitungen gelten als Teil des grünen Bereiches, es sei denn, sie werden auf Grund einer Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission ausdrücklich im gelben Bereich angeführt.

Arzneispezialitäten und Stoffe für magistrale Zubereitungen können nur dann als Leistung der Krankenbehandlung auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden, wenn sie im Erstattungskodex angeführt sind (§350). In begründeten Einzelfällen ist die Erstattungsfähigkeit auch dann gegeben, wenn die Arzneispezialität nicht im Erstattungskodex angeführt ist, aber die Behandlung aus zwingenden therapeutische Gründen notwendig ist und damit die Verschreibung in diesen Einzelfällen nicht mit Arzneispezialitäten aus dem Erstattungskodex durchgeführt werden kann. Diese unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes. Die nähere Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Dachverband in der Verordnung nach §351g. Er hat dazu als beratendes Gremium eine Heilmittel-Evaluierungs-Kommission einzurichten.

5. die Besorgung der Statistik der Sozialversicherung sowie der Statistik der Pflegevorsorge im übertragenen Wirkungsbereich sowohl nach den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz als auch insoweit, als dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Dachverbandes notwendig ist; in diesem Zusammenhang Aufbau und Führung einer Statistikdatenbank mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung;

6. die Vertretung der Sozialversicherungsträger in internationalen Angelegenheiten einschließlich EU;

7. die Beschlussfassung eines Rehabilitationsplanes für die Sozialversicherungsträger;

8. die Abgabe von Stellungnahmen in wichtigen und grundsätzlichen Fragen der Sozialversicherung;

9. die Verwaltung des Ausgleichsfonds nach §447f, die Verwaltung des Fonds für Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und Gesundheitsförderung nach §447h sowie die Verwaltung des Zahngesundheitsfonds nach §447i;

10. der Abschluss von bundesweiten, trägerübergreifenden Gesamtverträgen.

 

(2) Die Richtlinien nach Abs1 Z1 und die Vorschriften nach Abs1 Z2 sowie der Erstattungskodex nach Abs1 Z4 sind im Internet zu verlautbaren. Die Richtlinien nach Abs1 Z1 können entsprechend den Abschlüssen der Kollektivverträge für die Versicherungsträger auch rückwirkend geändert werden. §30a Abs4 und 5 ist anzuwenden.

 

(3) Der Dachverband kann die Vorbereitung von Richtlinien, Vorschriften und des Rehabilitationsplanes sowie die Aufgaben nach Abs1 mit Ausnahme der Z4 und 6 mit Beschluss der Konferenz zur Gänze oder zum Teil auf einen oder mehrere Versicherungsträger übertragen. Wenn und soweit der Dachverband die Vorbereitung bis zum Ablauf des 30. Juni 2021 nicht überträgt, kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Übertragungen mit Verordnung vornehmen. Die Übertragung der Vorbereitung bzw der Aufgabe mittels Verordnung gilt solange und soweit, als die Konferenz keinen eigenen Beschluss fasst.

 

Wahrnehmung trägerübergreifender Verwaltungsaufgaben

 

§30c. (1) Zur Wahrnehmung trägerübergreifender Verwaltungsaufgaben gehören:

1. die Vergabe von einheitlichen Versicherungsnummern und deren Verknüpfung mit dem entsprechenden bereichsspezifischen Personenkennzeichen (§9 des E-Government-Gesetzes, BGBl I Nr 10/2004) zur Verwaltung personenbezogener Daten im Rahmen der der Sozialversicherung gesetzlich übertragenen Aufgaben;

2. a) die Errichtung und Führung einer zentralen Anlage zur Aufbewahrung und Verarbeitung der für die Versicherung bzw den Leistungsbezug und das Pflegegeld bedeutsamen Daten aller nach den Vorschriften dieses oder eines anderen Bundesgesetzes versicherten Personen sowie Leistungsbezieher/innen einschließlich der Leistungsbezieher/innen nach den Landespflegegeldgesetzen, wobei dann, wenn hievon für das Pflegegeld bedeutsame Daten verwendet werden, dies im übertragenen Wirkungsbereich nach den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu geschehen hat;

b) auf Grund der in dieser Anlage enthaltenen Daten nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten auf automationsunterstütztem Weg die Erfüllung der ausdrücklich gesetzlich geregelten Pflichten der Versicherungsträger zur Auskunftserteilung;

3. die Festlegung (Form und Inhalt) einheitlicher Formulare, Datensatzaufbaue und maschinell lesbarer Datenträger für den gesamten Vollzugsbereich der Sozialversicherung sowie die Schaffung der technischen Voraussetzungen für die Kundmachung von Rechtsvorschriften im Internet;

4. die Vertretung der Sozialversicherung gegenüber ausländischen Einrichtungen;

5. die Herausgabe der Fachzeitschrift 'Soziale Sicherheit' und weitere Initiativen auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit;

6. Erfassung und Verwaltung der in der Pensionsversicherung teilversicherten Personen, für die der Bund, das Arbeitsmarktservice oder ein öffentlicher Fonds die Beiträge zu zahlen hat;

7. die Errichtung und die Führung einer Pseudonymisierungsstelle zur Pseudonymisierung personenbezogener Daten über Diagnosen und Leistungen aus dem stationären und ambulanten Bereich. Soweit der Dachverband die Pseudonymisierungsstelle für Auftraggeber außerhalb des Kreises der ihm angehörenden Sozialversicherungsträger betreibt, ist er dabei im übertragenen Wirkungsbereich tätig und an die Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz gebunden;

8. der Betrieb eines elektronischen Verwaltungssystems (ELSY) für den gesamten Vollzugsbereich der Sozialversicherung (§§31a ff.);

9. die Unterstützung und Mitwirkung beim Vollzug der Vereinbarungen nach Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens und der Vereinbarung über die Zielsteuerung-Gesundheit, insbesondere durch die Erstellung trägerübergreifender Statistiken, die Erarbeitung und Überlassung standardisierter Datengrundlagen, die Entsendung von Vertreterinnen und Vertretern der Sozialversicherung (§84a Abs2 und 3) und den Betrieb einer Pseudonymisierungsstelle (Z7);

10. die Zusammenführung aller Rechenzentren der Sozialversicherungsträger und die Erstellung eines strategischen IKT-Planes.

11. die Forschung auf dem Gebiet der Sozialen Sicherheit;

12. die Einrichtung und Führung des Pensionskontos;

13. der Aufbau und die Führung einer Dokumentation des österreichischen Sozialversicherungsrechtes im übertragenen Wirkungsbereich nach den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung nach Maßgabe des Abs2.

 

(2) Die im Abs1 Z13 bezeichnete Dokumentation ist unter besonderer Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsvorschriften (Gesetze, Satzungen, Krankenordnungen, Geschäftsordnungen, Richtlinien und dergleichen) und ihrer Änderungen, der hiezu ergangenen Rechtsprechung und wissenschaftlichen Bearbeitung sowie von Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung aus dem administrativen Bereich in einer Weise aufzubauen und zu führen, dass sie im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, der Sozialversicherungsträger, des Dachverbandes sowie für Zwecke der gesetzgebenden Körperschaften des Bundes verwendbar ist. Der Zugriff zur Dokumentation ist auch den Gerichten, Universitäten und Stellen der Gebietskörperschaften, sofern die von letzteren betriebenen Rechtsdokumentationen auch der Sozialversicherung kostenlos zugänglich gemacht werden, zu ermöglichen. Die Dokumentation ist nach Maßgabe der technischen und organisatorischen Möglichkeiten gegen Ersatz der dadurch zusätzlich entstehenden Kosten den gesetzlichen beruflichen Vertretungen und anderen Stellen und Personen zugänglich zu machen; dieser Kostenersatz kann, wenn dies der Verwaltungsvereinfachung dient, in einer nach dem durchschnittlichen Ausmaß der Inanspruchnahme bemessenen Pauschalabgeltung festgesetzt werden. Der durch den Aufbau und den Betrieb der Dokumentation entstehende Aufwand ist, soweit er nicht durch die Kostenersätze der abfragenden Stellen gedeckt wird und soweit er nicht ausschließlich Interessen des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz dient und daher von diesem im Rahmen der Kostenersätze zu ersetzen ist, vom Dachverband und vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz je zur Hälfte zu tragen. Über den Aufbau und die Führung der Dokumentation (oder eines ihrer Teile) können mit Zustimmung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auch Vereinbarungen mit anderen Personen abgeschlossen werden, soweit dadurch Kosten eingespart werden können. In solchen Vereinbarungen ist vorzusehen, dass

1. die für die Dokumentation gespeicherten Daten nach Auflösung der Vereinbarung für die Dokumentation erhalten bleiben und

2. die Entscheidungsbefugnis über den Inhalt der Dokumentation und dessen Speicherungsorganisation durch sie nicht verändert wird.

 

(3) Der Dachverband kann die Aufgaben nach Abs1 mit Ausnahme der Z4 mit Beschluss der Konferenz zur Gänze oder zum Teil auf einen oder mehrere Versicherungsträger übertragen. Wenn und soweit der Dachverband die Vorbereitung bis zum Ablauf des 30. Juni 2021 nicht überträgt, kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Übertragungen mit Verordnung vornehmen. Die Übertragung der Aufgabe bzw Vorbereitung mittels Verordnung gilt solange und soweit, als die Konferenz keinen eigenen Beschluss fasst.

 

§31. Der Dachverband hat für die Krankenversicherungsträger nach diesem Bundesgesetz jährlich eine Verordnung zu erlassen, in der festgestellt wird, ob und in welcher Höhe ein Kostenbeitrag bei Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe (§135), bei Inanspruchnahme chirurgischer oder konservierender Zahnbehandlung (§153) und bei Behandlung in einer Spitalsambulanz (§26 KAKuG) im nächstfolgenden Kalenderjahr zu entrichten ist. Er hat hiebei insbesondere auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Versicherten Bedacht zu nehmen. Der Kostenbeitrag ist für die genannten Versicherungsträger einheitlich unter Zugrundelegung der von ihnen im Durchschnitt des vorangegangenen Kalenderjahres erbrachten tariflichen Leistungen festzusetzen. Diese Verordnung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz.

 

5. UNTERABSCHNITT

Rechtliche Stellung der Versicherungsträger und des Dachverbandes

 

§32. (1) Die Versicherungsträger und der Dachverband sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes und haben Rechtspersönlichkeit. Sie sind berechtigt, das Wappen der Republik Österreich in Siegeln, Drucksorten und Aufschriften zu führen.

 

(2) Der allgemeine Gerichtsstand der Versicherungsträger und des Dachverbandes ist das sachlich und örtlich zuständige Gericht ihres Sitzes.

 

Sozialversicherungsprüfung

 

§41a. (1) Die Prüfung der Einhaltung aller für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Tatsachen (Sozialversicherungsprüfung) obliegt dem Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988). Es hat sich für die Durchführung der Prüfung des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge gemäß dem Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge zu bedienen. Zur Sozialversicherungsprüfung gehört insbesondere

– die Prüfung der Einhaltung der Meldeverpflichtungen in allen Versicherungs- und Beitragsangelegenheiten und der Beitragsabrechnung,

– die Prüfung der Grundlagen von Geldleistungen (Krankengeld, Wochengeld, Arbeitslosengeld usw),

– die Beratung in Fragen von Melde-, Versicherungs- und Beitragsangelegenheiten.

 

(2) Die Österreichische Gesundheitskasse hat den Finanzämtern der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) und den Gemeinden alle für das Versicherungsverhältnis und die Beitragsentrichtung bedeutsamen Daten zur Verfügung zu stellen. Diese Daten dürfen nur in der Art und dem Umfang verarbeitet werden, als dies zur Wahrnehmung der gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung ist. Die Verarbeitung nicht notwendiger personenbezogener Daten (Ballastwissen, Überschusswissen) ist unzulässig. Personenbezogene Daten, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr benötigt werden, sind möglichst rasch zu löschen.

 

Aufwandersatz des Bundes für die in die Krankenversicherung einbezogenen Bezieher/innen von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung

 

§75a. (1) Übersteigen in einem Geschäftsjahr die gesamten Leistungsaufwendungen der Österreichischen Gesundheitskasse für die mit Verordnung nach §9 in die Krankenversicherung einbezogenen Bezieher/innen von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und für ihre anspruchsberechtigten Angehörigen die von den Ländern für diese Personen entrichteten Beiträge zur Krankenversicherung, so leistet der Bund den Unterschiedsbetrag zwischen den gesamten Leistungsaufwendungen und den für diese Personen durch die Länder geleisteten Beiträgen.

 

(2) Bei der Ermittlung der geleisteten Beiträge nach Abs1 sind auch Ersätze für Leistungsaufwendungen (geleistete Regresse), Rezeptgebühren, Kostenbeteiligungen und Beihilfen für nicht abziehbare Vorsteuer zu berücksichtigen.

 

(3) Der Bund überweist den Unterschiedsbetrag nach Abs1 an die Österreichische Gesundheitskasse. Der der Österreichische Gesundheitskasse nach Abs1 gebührende Betrag des Bundes ist monatlich im erforderlichen Ausmaß zu bevorschussen. Die Endabrechnung erfolgt, sobald die Österreichische Gesundheitskasse das endgültige Gebarungsergebnis vorlegt; jedenfalls ist die Endabrechnung jeweils bis zum 31. Oktober des Folgejahres vorzunehmen.

 

7. UNTERABSCHNITT

Mitwirkung und Beteiligung der Sozialversicherung an der Planung und Steuerung des Gesundheitswesens sowie an der Zielsteuerung-Gesundheit

 

Grundsätze

 

§84a. (1) Zur nachhaltigen Sicherstellung der Versorgung der Versicherten haben sich der Dachverband und die Sozialversicherungsträger unter Einbeziehung von wissenschaftlichen (insbesondere gesundheitsökonomischen) Erkenntnissen an einer regionen- und sektorenübergreifenden Planung im Sinne des 6. Abschnitts des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes, Steuerung und Finanzierung des Gesundheitswesens zu beteiligen. Die Vertragsparteien nach dem Sechsten Teil haben die dabei abgestimmten Planungsergebnisse (zB Österreichischer Strukturplan Gesundheit, Regionale Strukturpläne Gesundheit) in ihrem Verwaltungshandeln und bei der Planung und Umsetzung der Versorgung der Versicherten mit dem Ziel eines optimierten Mitteleinsatzes zu beachten.

 

(2) Der Dachverband hat jeweils Vertreterinnen/Vertreter nach Maßgabe

1. des §26 Abs1 G-ZG in die Bundes-Zielsteuerungskommission,

2. des §27 Abs2 G-ZG in den ständigen Koordinierungsausschuss

3. des §29 Abs1 G-ZG in die jeweiligen Gesundheitsplattformen im Rahmen der Landesgesundheitsfonds sowie

4. des §30 Abs2 Z4 G-ZG in die Bundesgesundheitskommission,

zu entsenden.

 

(3) Die gesetzlichen Krankenversicherungsträger haben nach §29 Abs2 und 3 G-ZG Vertreter/innen in die Gesundheitsplattform sowie in die Landes-Zielsteuerungskommission des jeweiligen Landesgesundheitsfonds zu entsenden. Demzufolge haben die gesetzlichen Krankenversicherungsträger jeweils insgesamt fünf Vertreter/innen in die Gesundheitsplattformen und die Landes-Zielsteuerungskommissionen der Landesgesundheitsfonds zu entsenden, und zwar vier Vertreter/in der Österreichischen Gesundheitskasse, wovon drei Vertreter/innen vom jeweiligen Landesstellenausschuss zu nominieren sind, darunter jedenfalls der/die Vorsitzende des Landesstellenausschusses und der/die Stellvertreter/in des Vorsitzenden, und ein/e Vertreter/in der Sonderversicherungsträger je Bundesland. Bei der Entsendung von Vertretern/Vertreterinnen und der Wahrnehmung der Aufgaben ist auf die Wahrung der aus der Selbstverwaltung erfließenden Rechte zu achten.

 

(4) Die Sozialversicherungsträger haben für Reformpoolprojekte, die nach dem 31. Dezember 2012 als Teil der Landes-Zielsteuerungsübereinkommen fortgeführt werden, im Bedarfsfall die erforderlichen Mittel zu überweisen.

 

(5) Für die Datenübermittlung gilt Folgendes:

1. Die Sozialversicherungsträger sind verpflichtet, auf elektronischem Weg

a) der Bundesgesundheitsagentur und den Landesgesundheitsfonds auf deren Anforderung die zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigten Daten in entsprechend aufbereiteter und nachvollziehbarer Form zu übermitteln und

b) der Bundesgesundheitsagentur und den Landesgesundheitsfonds pseudonymisierte Diagnose- und Leistungsdaten über die auf ihre Rechnung erbrachten medizinischen Leistungen in einer standardisierten und verschlüsselten Form zur Verfügung zu stellen.

2. Der Dachverband und die Sozialversicherungsträger sind verpflichtet, die personenbezogenen Daten entsprechend den Bestimmungen des §4 Abs6 des Bundesgesetzes über die Gesundheit Österreich GmbH, BGBl I Nr 132/2006 und des Bundesgesetzes über die Dokumentation im Gesundheitswesen, BGBl I Nr 745/1996, datenschutzrechtskonform auf elektronischem Weg bereitzustellen bzw zu übermitteln.

Alle personenbezogenen Daten sind vor der Übermittlung an die Bundesgesundheitsagentur, die Landesgesundheitsfonds und die im Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen genannten Stellen zur Sicherstellung der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen durch die Pseudonymisierungsstelle nach §30c Abs1 Z7 zu pseudonymisieren.

 

Gleichstellung der betrieblichen Gesundheitseinrichtungen als Vertragspartner/innen

 

§152. (1) Betriebliche Gesundheitseinrichtungen nach den §§5a und 5b sind berechtigt, am allgemeinen Versorgungssystem durch Krankenanstalten und am Verrechnungssystem der Landesgesundheitsfonds (§27b KAKuG) und des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds wie ein Krankenversicherungsträger teilzunehmen, wenn sie alle diesbezüglichen Verpflichtungen, insbesondere Beitragsleistungen, erfüllen und die zu Grunde liegenden Daten zur Verfügung stellen. Der Dachverband wird ermächtigt, die dafür notwendigen Verträge im Auftrag der betrieblichen Gesundheitseinrichtung abzuschließen.

 

(2) Die abgeschlossenen Gesamtverträge sowie die darauf beruhenden Einzelverträge, weitere Rahmen- und sonstigen Verträge samt Zusatzvereinbarungen der Österreichischen Gesundheitskasse sind auch für die betrieblichen Gesundheitseinrichtungen wirksam, wobei die Bestimmungen des Sechsten Teiles zur Anwendung kommen.

 

Besonderer Pauschbetrag

 

§319a. (1) Die Ersatzansprüche im Verhältnis zwischen der Österreichischen Gesundheitskasse zu der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt werden durch die Zahlung eines jährlichen Pauschbetrages abgegolten; zwischen diesen Versicherungsträgern sind die Bestimmungen der §§315 bis 319 nicht anzuwenden.

 

(2) Für die Jahre 2018 bis einschließlich 2022 beträgt der jährliche Pauschbetrag 209 Mio. Euro.

 

[…]

(5) Der Pauschbetrag ist monatlich im vorhinein mit einem Zwölftel dem Dachverband zu überweisen; dieser hat die einlangenden Beträge nach einem Schlüssel unter Berücksichtigung der Zahl der Versicherten und der eingetretenen Arbeitsunfälle bei den im Abs1 genannten Krankenversicherungsträgern auf diese aufzuteilen.

 

Gesamtverträge

 

§341. (1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und den freiberuflich tätigen Ärzten und Ärztinnen sowie den Gruppenpraxen werden jeweils durch Gesamtverträge geregelt. Diese sind von den Trägern der Krankenversicherung mit der Österreichischen Ärztekammer jeweils bundeseinheitlich abzuschließen. Die Konferenz kann beschließen, dass ein für alle Träger der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz verbindlicher bundeseinheitlicher Gesamtvertrag durch den Dachverband abzuschließen ist.

 

[…]

 

(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes oder für den Sitz der Gruppenpraxis geltenden Gesamtvertrages verstoßen.

 

(4) Für Verträge zwischen den Trägern der Unfall- und Pensionsversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten oder den Gruppenpraxen zum Zwecke der Leistungserbringung (§338 Abs2 erster Satz) gelten unbeschadet der Bestimmungen des §343b die Abs1 und 3 entsprechend.

 

Inhalt der Gesamtverträge

 

§342. (1) Die Gesamtverträge haben nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:

1. die Festsetzung der Zahl und der örtlichen Verteilung der Vertragsärztinnen und –ärzte (Vertrags-Gruppenpraxen) unter Bedachtnahme auf die regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) mit dem Ziel, dass unter Berücksichtigung sämtlicher ambulanter Versorgungsstrukturen, der örtlichen Verhältnisse und der Verkehrsverhältnisse, der Veränderung der Morbidität sowie der Bevölkerungsdichte und –struktur (dynamische Stellenplanung) eine ausreichende ärztliche Versorgung im Sinne des §338 Abs2 erster Satz der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten und deren Angehörigen gesichert ist; in der Regel soll die Auswahl zwischen mindestens zwei in angemessener Zeit erreichbaren Vertragsärzten oder einem Vertragsarzt und einer Vertrags-Gruppenpraxis freigestellt sein;

1a. allfällige Regelungen für Investitionsabgeltungen an den/die bisherigen/bisherige Stelleninhaber/in unter anteiliger Anrechnung auf das Honorarvolumen für den Fall, dass eine im Stellenplan enthaltene Planstelle gestrichen und somit nicht nachbesetzt wird, und weder vom/von der bisherigen Stelleninhaber/in noch von einem/einer anderen Arzt/Ärztin in dessen/deren bisherigen Räumlichkeiten oder mit dessen/deren bisherigen Einrichtungen eine vertrags- oder wahlärztliche Tätigkeit ausgeübt wird; Veräußerungserlöse sind auf die Investitionsabgeltung anzurechnen;

2. die Auswahl der Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen, Abschluß und Lösung der mit diesen zu treffenden Abmachungen (Einzelverträge);

3. die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte/Vertragsärztinnen und Vertrags-Gruppenpraxen, insbesondere auch ihre Ansprüche auf Vergütung der ärztlichen Leistung (Abs2 bis 2b) sowie die Überprüfung der Identität des Patienten/der Patientin und die rechtmäßige Verwendung der e-card; die Überprüfung ist für Patienten/Patientinnen bis zum vollendeten 14. Lebensjahr nur im Zweifelsfall vorzunehmen; weiters sind Regelungen über die Vorgehensweise bei Nichtvorlage der e-card, bei negativer Anspruchsprüfung und bei Undurchführbarkeit der Überprüfung der Identität zu treffen;

4. die Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise einschließlich Steuerungsmaßnahmen bei Heilmitteln sowie hinsichtlich der ärztlich veranlassten Kosten, zB in den Bereichen Zuweisung und Überweisung zu niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten (Gruppenpraxen), Heilbehelfe, Hilfsmittel und Transporte (Ökonomieprinzip);

5. die Ausstellung von Bescheinigungen, die für die Durchführung der Krankenversicherung erforderlich sind;

6. die Zusammenarbeit der Vertragsärzte (Vertragsärztinnen), Vertragszahnärzte (Vertragszahnärztinnen) und Vertrags-Gruppenpraxen mit dem chef- und kontrollärztlichen Dienst der Sozialversicherungsträger unter Zugrundelegung des Erstattungskodex (§30b Abs1 Z4) und der Richtlinien nach §30a Abs1 Z9 und 12;

7. die Kündigung und Auflösung des Gesamtvertrages;

8. die Verlautbarung des Gesamtvertrages und seiner Abänderungen;

9. Regelungen über Barrierefreiheit;

10. die Festlegung einer Altersgrenze (längstens bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres) für die Beendigung der Einzelverträge von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten (persönlich haftenden Gesellschafterinnen/Gesellschaftern einer Vertrags-Gruppenpraxis) sowie möglicher Ausnahmen davon bei drohender ärztlicher Unterversorgung. Kommt keine Einigung über eine Altersgrenze zustande, so gilt das vollendete 70. Lebensjahr als Altersgrenze.

 

(1a) Im Stellenplan nach Abs1 Z1 sind, sofern Primärversorgungseinheiten nach §2 Abs5 Z1 lita und Z2 des Primärversorgungsgesetzes betrieben werden sollen, deren Standorte regional und der jeweilige Primärversorgungstypus (Netzwerk oder Zentrum) zu konkretisieren sowie die Anzahl jener Stellen, die in die Primärversorgungseinheit übergeführt werden sollen, regional festzulegen und der Zeitrahmen für die Umsetzung durch Invertragnahme festzulegen.

 

(2) Die Vergütung der Tätigkeit von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten ist nach Einzelleistungen oder nach Pauschalmodellen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind jeweils in den Honorarordnungen für Einzelordinationen und für Gruppenpraxen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der jeweiligen Gesamtverträge. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit (einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe [§131]) bzw für die Tätigkeit von Vertrags-Gruppenpraxen einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme von Wahl-Gruppenpraxen enthalten.

 

(2a) Bei der Vereinbarung der Honorarordnungen sind von den Gesamtvertragspartnern mit der Zielsetzung einer qualitativ hochwertigen Versorgung, einer nachhaltig ausgeglichenen Gebarung des Trägers der Krankenversicherung und einer angemessenen Honorarentwicklung folgende Kriterien anzuwenden:

1. Die Entwicklung der Beitragseinnahmen des Krankenversicherungsträgers, wobei gesetzlich für andere Zwecke gebundene Beitragsanhebungen nicht zu berücksichtigen sind;

2. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Krankenversicherungsträgers ohne Berücksichtigung der eigenen Einrichtungen und der Verwaltungskosten;

3. die gesamtwirtschaftliche Situation (einschließlich Lohn- und Gehaltsentwicklungen);

4. die allgemeine Kostenentwicklung getrennt nach Vertragsärztinnen/Vertragsärzten sowie Vertrags-Gruppenpraxen;

5. die Auswirkung von Mengensteigerungen der ärztlichen Leistungen (Leistungen von Gruppenpraxen) auf die Ausgaben des Krankenversicherungsträgers;

6. die Ausgabenentwicklung des Krankenversicherungsträgers mit Ausnahme jener Leistungen, die nicht in Zusammenhang mit der vertragsärztlichen Hilfe stehen;

7. der Stand der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie die Auswirkungen der demographischen Entwicklung und der Veränderungen der Morbidität;

8. die im Rahmen der Planung der Gesundheitsversorgungsstruktur beschlossenen Qualitätsvorgaben.

 

(2b) Hinsichtlich der Honorierung können die Beziehungen der Österreichischen Gesundheitskasse auf regionaler Ebene durch gesamtvertragliche Honorarvereinbarungen geregelt werden, wobei darin auch eine Regelung über den Stellenplan im jeweiligen Bundesland nach Maßgabe der Abs1 Z1, Abs1a und 3 erfolgen kann. Die Honorarvereinbarungen sind zwischen der Österreichischen Gesundheitskasse und der örtlich zuständigen Ärztekammer innerhalb der Vorgaben nach Abs2 und 2a für das jeweilige Bundesland abzuschließen.

 

(2c) Die Kündigung einer gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung für ein Bundesland ist nur durch die Österreichische Gesundheitskasse bzw die jeweilige Landesärztekammer möglich. Eine solche Kündigung bewirkt die Kündigung der gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung lediglich für dieses Bundesland. Die Kündigung des bundeseinheitlichen Gesamtvertrags wird hierdurch nicht bewirkt, dieser ist jedoch für die Vertragspartner/innen in diesem Bundesland nicht anwendbar.

 

(3) Die Planungsvorgaben des RSG betreffend Primärversorgungseinheiten nach dem Primärversorgungsgesetz sind im Stellenplan wie folgt zu berücksichtigen:

1. Regelt der Stellenplan (Abs1 Z1) die Umsetzung der Planungsvorgaben und wird die Primärversorgungseinheit nach einem Auswahlverfahren nach §14 Abs2 des Primärversorgungsgesetzes dennoch als selbständiges Ambulatorium unter Vertrag genommen, so ist der Stellenplan um die im selbständigen Ambulatorium gebundenen ärztlichen Vollzeitäquivalente jeweils bei Freiwerden einer geeigneten Planstelle zu reduzieren.

2. Regelt der Stellenplan (Abs1 Z1) die Umsetzung der Planungsvorgaben vor Durchführung eines Auswahlverfahrens nach §14 Abs3 des Primärversorgungsgesetzes nicht, so ist der Stellenplan

a) im Falle des Vertragsabschlusses mit einem selbständigen Ambulatorium um die Hälfte der im selbständigen Ambulatorium gebundenen ärztlichen Vollzeitäquivalente

b) im Falle des Vertragsabschlusses mit einem Vertragspartner nach dem Sechsten Teil Abschnitt II 1. Unterabschnitt in vollem Ausmaß der in der Primärversorgungseinheit gebundenen ärztlichen Vollzeitäquivalente

jeweils bei Freiwerden einer geeigneten Planstelle zu reduzieren.

 

Vertragliche Beziehungen zu Primärversorgungseinheiten nach §8 Abs1 Z1

und 3 des Primärversorgungsgesetzes

§342c. (1) Die vertraglichen Beziehungen zu Primärversorgungseinheiten nach §8 Abs1 Z1 und 3 des Primärversorgungsgesetzes werden durch die in den folgenden Absätzen enthaltenen Bestimmungen geregelt. Der Vertragsinhalt des Primärversorgungsvertrags und des Primärversorgungs-Einzelvertrags bestimmt sich nach §8 des Primärversorgungsgesetzes.

 

(2) Für die Auswahl einer Primärversorgungseinheit, den Abschluss des Vertrags und dessen Auflösung ist §343 nicht anzuwenden.

 

(3) Die Auswahl einer Primärversorgungseinheit erfolgt nach §14 des Primärversorgungsgesetzes. Der Abschluss des Primärversorgungsvertrags und der Primärversorgungs-Einzelverträge obliegt der Österreichischen Gesundheitskasse.

 

(4) Das Vertragsverhältnis zwischen der Primärversorgungseinheit und dem

Träger der Krankenversicherung erlischt ohne Kündigung im Falle:

1. der Auflösung des Trägers der Krankenversicherung;

2. des Wirksamwerdens gesetzlicher Vorschriften, durch die die Tätigkeit des Trägers der Krankenversicherung entweder eine örtliche oder eine sachliche Einschränkung erfährt, in deren Folge die Tätigkeit einer Primärversorgungseinheit nicht mehr in Frage kommt;

3. der Auflösung der Primärversorgungseinheit;

4. der rechtskräftigen Verurteilung eines/einer Gesellschafters/Gesellschafterin der Primärversorgungseinheit, einer/eines dort freiberuflich tätigen Ärztin/Arztes oder Angehörige/n eines sonstigen Gesundheitsberufs

a) wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener gerichtlich strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe oder

b) wegen einer mit Bereicherungsvorsatz begangenen gerichtlich strafbaren Handlung;

5. einer im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufs oder eines sonstigen Gesundheitsberufs wegen groben Verschuldens strafgerichtlichen rechtskräftigen Verurteilung eines/einer Gesellschafters/Gesellschafterin der Primärversorgungseinheit, einer/eines dort freiberuflich tätigen Ärztin/Arztes oder Angehörige/n eines sonstigen Gesundheitsberufs;

6. eines wiederholten rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils, in welchem ein Verschulden eines/einer Gesellschafters/Gesellschafterin, einer dort freiberuflich tätigen Person oder der Primärversorgungseinheit im Zusammenhang mit der Ausübung der vertraglichen Tätigkeit festgestellt wird;

7. des Erreichens der jeweils festgelegten Altersgrenze mit Ablauf des jeweiligen Kalendervierteljahres.

Sobald die Vertragspartner über das Vorliegen eines Tatbestandes nach Z4 bis 6 Kenntnis erlangt haben, haben sie den jeweiligen anderen Vertragspartner darüber zu informieren. In den Fällen der Z4 bis 7 kann eine Primärversorgungseinheit das Erlöschen des Primärversorgungsvertrags verhindern, wenn sie innerhalb von vier Wochen ab dem Einlangen der Mitteilung des Trägers der Krankenversicherung oder sonstigem Informationserhalt oder nach Ablauf des jeweiligen Kalendervierteljahres, in welchem die Altersgrenze erreicht wurde, die betroffene Person aus der Primärversorgungseinheit ausschließt oder das Dienstverhältnis mit der angestellten Person beendet. Die Wiederaufnahme bzw Wiedereinstellung einer ausgeschlossenen Person in eine Primärversorgungseinheit kann nur mit Zustimmung der zuständigen Sozialversicherungsträger erfolgen. Die Rechtsfolge des Erlöschens des Primärversorgungsvertrags nach Z4 und 5 kann nicht nach §44 Abs2 StGB nachgesehen werden.

 

(5) Mit dem Erlöschen des Primärversorgungsvertrags erlöschen auch die Primärversorgungs-Einzelverträge.

 

(6) Der Träger der Krankenversicherung ist, wenn die Primärversorgungseinheit nach §8 Abs1 Z1 oder Z3 lita des Primärversorgungsgesetzes geführt wird, zur Auflösung dieses Vertragsverhältnisses verpflichtet, wenn ein/eine den ärztlichen Beruf ausübender/ausübende Gesellschafter/in einer Primärversorgungseinheit die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs verliert oder wenn ihm/ihr diese Berechtigung von Anfang an fehlte. Wird die Primärversorgung nach §8 Abs1 Z3 litb des Primärversorgungsgesetzes geführt, so ist in einem solchen Fall der Krankenversicherungsträger zur Auflösung des Primärversorgungs-Einzelvertrags verpflichtet. Abs4 letzter Satz gilt sinngemäß.

 

(7) Der Primärversorgungsvertrag kann unbeschadet der Bestimmungen der Abs4 bis 6 von beiden Teilen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist, mit Ausnahme im Falle des Abs8 Z4, zum Ende eines Kalendervierteljahres unter Angabe der Gründe schriftlich gekündigt werden. Steht eine Primärversorgungseinheit in einem Vertragsverhältnis zu mehreren Krankenversicherungsträgern, so bewirkt die Kündigung des Vertrags mit der Österreichischen Gesundheitskasse auch die Vertragsauflösung mit den übrigen Krankenversicherungsträgern nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz. Der Kündigung hat ein Schlichtungsversuch unter Beiziehung der zuständigen Ärztekammer voranzugehen. Dasselbe gilt bezüglich eines Primärversorgungs-Einzelvertrags einer/eines an einer Primärversorgungseinheit teilnehmenden freiberuflich tätigen Ärztin oder Arztes, ohne dass der Primärversorgungsvertrag als gekündigt gilt.

 

(8) Der Krankenversicherungsträger kann den Primärversorgungsvertrag aus folgenden Gründen kündigen:

1. wiederholte nicht unerhebliche oder schwerwiegende Vertrags- oder Berufspflichtverletzungen;

2. Nichterfüllung der im Primärversorgungsvertrag vereinbarten auf Kosten der Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen;

3. Änderung der Organisation der Primärversorgungseinheit oder des Versorgungskonzepts, wenn dies im Widerspruch zu den vereinbarten Planungsvorgaben steht;

4. Wegfall der dem Auswahlverfahren nach §14 des Primärversorgungsgesetzes zu Grunde gelegten Voraussetzungen oder wesentliche Änderung derselben, im zweiten Fall dann, wenn innerhalb eines Jahres keine Vertragsänderung zustande kommt; hiebei ist Abs10 zu beachten.

Die gekündigte Primärversorgungseinheit kann innerhalb von zwei Wochen die Kündigung bei der Landesschiedskommission mit Einspruch anfechten. Die Landesschiedskommission hat innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen des Einspruches über diesen zu entscheiden. Der Einspruch hat bis zum Tag der Entscheidung der Landesschiedskommission aufschiebende Wirkung. In den Fällen der Z1 und 2 kann die Primärversorgungseinheit die Kündigung des Primärversorgungsvertrags abwenden, wenn sie innerhalb von acht Wochen ab Rechtskraft der Kündigung jene Gesellschafterin/jenen Gesellschafter oder jene/jenen Ärztin oder Arzt oder sonstige/n Angehörige/n eines Gesundheitsberufs, die/der ausschließlich den jeweiligen Kündigungsgrund gesetzt hat, aus der Primärversorgungseinheit ausschließt oder das Dienstverhältnis mit der betroffenen Person beendet. Eine von der gekündigten Primärversorgungseinheit oder der ausgeschlossenen Person eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hat ohne Zustimmung des Krankenversicherungsträgers, mit Ausnahme im Falle der Z4, keine aufschiebende Wirkung.

 

(9) Der Krankenversicherungsträger kann den Primärversorgungs-Einzelvertrag aus den in Abs8 Z1, 2 und 4 genannten Gründen kündigen. Im Übrigen gilt Abs8 sinngemäß.

 

(10) Im Falle einer Kündigung nach Abs8 Z4 sind die von der Primärversorgungseinheit oder der/dem gekündigte/n freiberuflich tätige/n Ärztin oder Arzt im Vertrauen auf die Treffsicherheit der Planung eingegangenen Verpflichtungen zu berücksichtigen, indem angemessene finanzielle Abgeltungen geleistet werden oder für die Kündigung eine Frist von mindestens drei Jahren einzuhalten ist.

 

(11) Einzelverträge nach §343 mit Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin, die nach In-Kraft-Treten des Primärversorgungsgesetzes abgeschlossen werden, können unter Einhaltung der Kündigungsfrist nach §343 Abs4 gekündigt werden, wenn bei Ausschreibung die Planung einer Primärversorgungseinheit im selben Versorgungsgebiet im RSG bereits abgebildet ist und die Ärztin oder der Arzt die Beteiligung an einer Primärversorgungseinheit entgegen einer vorvertraglichen Zusage ablehnt. Eine solche Zusage ist für fünf Jahre bindend, wobei in der Ausschreibung eine abweichende Frist vereinbart werden kann.

 

(12) Schließen sich Vertragsärztinnen oder -ärzte (Vertrags-Gruppenpraxen) zu einer Primärversorgungseinheit nach dem Primärversorgungsgesetz zusammen, so erlöschen ihre bisherigen (Gruppenpraxis-)Einzelverträge. Im Falle einer Kündigung nach Abs8 Z4 leben die bisherigen (Gruppenpraxis-)Einzelverträge wieder auf. Dies gilt auch im Falle der Auflösung der Primärversorgungseinheit oder des Ausscheidens einer/eines freiberuflich tätigen Ärztin oder Arztes innerhalb von drei Jahren ab Invertragnahme. Nach Ablauf von drei Jahren gilt §342a Abs3 Z1 litb mit der Maßgabe, dass für die Mitnahme der Planstelle aus der Primärversorgungseinheit die vorherige Zustimmung der Österreichischen Gesundheitskasse und der jeweiligen Landesärztekammer erforderlich ist. Im Falle der Nachbesetzung in der Primärversorgungseinheit ist zwischen den Gesamtvertragspartnern Einvernehmen über die Anrechnung im Stellenplan herzustellen. Die nach §342 Abs1 Z10 in den jeweiligen Gesamtverträgen festgelegte Altersgrenze für die Beendigung der Einzelverträge von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten (Gesellschafterinnen/Gesellschaftern einer Vertrags-Gruppenpraxis) ist anzuwenden.

 

(13) Kommt bis 31. Dezember 2018 für die ärztlichen Leistungen ein Gesamtvertrag nach §342b mit Wirksamkeit 1. Juli 2019 nicht zustande oder tritt danach ein vertragsloser Zustand ein, so kann der Dachverband unter Bedachtnahme auf die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) für die Träger der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz Primärversorgungs-Sonderverträge mit Primärversorgungseinheiten nach §8 Abs3 und 5 des Primärversorgungsgesetzes nach einheitlichen Grundsätzen abschließen. Ein solcher Primärversorgungs-Sondervertrag bedarf der Zustimmung des Krankenversicherungsträgers, für den er abgeschlossen wird, und der zuständigen Ärztekammer. Der Primärversorgungs-Sondervertrag hat insbesondere die in den §§4 bis 6 des Primärversorgungsgesetzes vorgesehenen Anforderungen und den Leistungsumfang zu konkretisieren, im Übrigen sind die Bestimmungen der Abs1 bis 12 sinngemäß anzuwenden.

 

Zahnärzte/Zahnärztinnen

 

§343d. (1) Auf die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den Angehörigen des zahnärztlichen Berufs nach dem Zahnärztegesetz finden die Bestimmungen dieses Abschnittes mit der Maßgabe Anwendung, dass

1. an die Stelle der Österreichischen Ärztekammer und der Ärztekammern die Österreichische Zahnärztekammer sowie

2. an die Stelle des Wortes ärztlich das Wort zahnärztlich in der jeweils grammatikalisch anzuwendenden Form tritt,

3. die Beziehungen zwischen den Krankenversicherungsträgern und den Zahnärzt/inn/en sowie den Gruppenpraxen durch jeweils einen bundesweit einheitlichen Gesamtvertrag, der vom Dachverband abzuschließen ist, zu regeln sind und

4. §§342 Abs1 Z1a, Abs2b und 2c sowie 342b nicht anzuwenden sind.

 

(2) Die Bestimmungen des 3. Unterabschnittes des Abschnittes II des Sechsten Teiles sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass

1. in den Verfahren nach den §§344 Abs2 und 345 zwei Beisitzer/Beisitzerinnen durch die zuständige Landeszahnärztekammer bestellt werden,

2. die Kanzleigeschäfte der in den §§344 und 345 vorgesehenen Kommissionen kalenderjährlich abwechselnd von der Österreichischen Gesundheitskasse und den Landeszahnärztekammern jener Länder zu führen sind, in denen die betreffende Kommission eingerichtet ist oder im Einzelfall einzurichten ist.

 

Allgemeine Bestimmungen über die Kommissionen

 

§347. (1) Für die Vorsitzenden der in den §§344 bis 346 genannten Kommissionen ist je ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin, für die Mitglieder dieser Kommissionen sind je zwei Stellvertreter/Stellvertreterinnen von den gleichen Organen und auf die gleiche Weise zu bestellen wie jene. Als Mitglieder der Kommissionen können auch Funktionäre und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen der jeweiligen gesetzlichen Interessenvertretungen bestellt (entsendet) werden.

 

(2) Die in den Kommissionen nach den §§344 bis 346 tätigen Richter/innen des Dienststandes und des Ruhestandes erhalten eine Entschädigung, deren Höhe vom Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung der Österreichischen Ärztekammer und des Dachverbandes festgesetzt wird. Die übrigen Mitglieder dieser Kommissionen üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Diese Regelung gilt sinngemäß auch für die Stellvertreter/Stellvertreterinnen der Mitglieder der Kommissionen nach den §§344 bis 346, falls sie in dieser Funktion tätig werden.

 

(3) Die Gerichte, Verwaltungsbehörden, Versicherungsträger (der Dachverband), wie auch die Österreichische Ärztekammer und die Ärztekammern in den Bundesländern sind an die innerhalb der Grenzen der Zuständigkeit gefällten Entscheidungen und Beschlüsse der in den §§344 bis 346 vorgesehenen Kommissionen gebunden.

 

(3a) Die Kommissionen haben bei ihren Entscheidungen zu prüfen, ob der Dachverband und die Sozialversicherungsträger die Rahmenbedingungen nach §84a Abs1 (zB Österreichischer Strukturplan Gesundheit) oder nach §342 Abs1 Z1 (Regionale Strukturpläne Gesundheit) eingehalten haben und ihrerseits die Ergebnisse dieser Strukturpläne ihren Entscheidungen in einschlägigen Angelegenheiten zu Grunde zu legen.

 

(4) Die in den §§344 bis 346 vorgesehenen Kommissionen fassen ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit; eine Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Im Übrigen sind die Geschäftsordnungen dieser Kommissionen von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung der Österreichischen Ärztekammer und des Dachverbandes durch Verordnung zu regeln.

 

[…]

 

(6) Die Verhandlungen der Landesschiedskommission (§345) sind am Sitz des Landesgerichts der jeweiligen Landeshauptstadt, im Land Vorarlberg am Sitz des Landesgerichts Feldkirch, und die Verhandlungen der Bundesschiedskommission (§346) am Sitz des Obersten Gerichtshofes durchzuführen. Im Übrigen bleibt §40 Abs1 AVG unberührt. Die Kanzleigeschäfte der in den §§344 und 345 vorgesehenen Kommissionen sind kalenderjährlich abwechselnd von den Ärztekammern und der Österreichischen Gesundheitskasse zu führen. Die Kanzleigeschäfte der Bundesschiedskommission (§346) sind kalenderjährlich abwechselnd von der Österreichischen Ärztekammer und vom Dachverband zu führen.

 

(7) Die Kosten der Verfahren vor den in den §§344 bis 346 vorgesehenen Kommissionen tragen je zur Hälfte die in Betracht kommende gesetzliche Interessenvertretung und der beteiligte Versicherungsträger (Dachverband).

 

Rechts- und Verwaltungshilfe

 

§360. (1) Die Verwaltungsbehörden und die Gerichte sind verpflichtet, den im Vollzug dieses Bundesgesetzes an sie ergehenden Ersuchen der Versicherungsträger und des Dachverbandes im Rahmen ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit zu entsprechen. In gleicher Weise haben die Versicherungsträger (der Dachverband) den Verwaltungsbehörden und den Gerichten Verwaltungshilfe zu leisten.

 

(2) Barauslagen, die der ersuchten Stelle aus der Hilfeleistung erwachsen, mit Ausnahme von Portokosten, sind von der ersuchenden Stelle zu erstatten.

 

(3) Die Sozialversicherungsträger und der Dachverband sind berechtigt, auf automationsunterstütztem Weg Einsicht in das Grundbuch, das Adressregister, das zentrale Gewerberegister und das Firmenbuch zu nehmen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben, insbesondere zur Erbringung von Leistungen und zur Durchführung des Versicherungs-, Melde- und Beitragswesens, notwendig ist. Die Berechtigung zur Einsicht in das Grundbuch umfaßt auch die Einsichtnahme in das Personenverzeichnis. Die Berechtigung zur Einsicht in das Firmenbuch umfaßt auch die bundesweite Suche nach im Zusammenhang mit den Rechtsträgern gespeicherten Personen.

 

[…]

 

(5) Die Personenstandsbehörde hat der Österreichischen Gesundheitskasse – möglichst in automationsunterstützter Form – folgende Personenstandsfälle mitzuteilen:

1. Geburten und Vermerke über Annahmen an Kindes statt,

2. Vermerke über verwaltungsbehördliche Namensänderungen sowie Namensänderungen auf Grund zivilrechtlicher Vorgänge,

3. Eheschließungen oder Begründungen von eingetragenen Partnerschaften und Vermerke über Auflösungen von Ehen oder eingetragenen Partnerschaften,

4. Todesfälle.

 

(6) Die Sozialversicherungsträger und der Dachverband haben zur Sicherung der Unverwechselbarkeit und Richtigkeit der von ihnen verarbeiteten personenbezogenen Daten sowie zur Durchführung ihrer Verfahren das Recht, das Verfahren der Meldebehörden nach §14 Abs2 des Meldegesetzes 1991 in Anspruch zu nehmen. Sie sind verpflichtet, bei Änderungen (Feststellung, Richtigstellung usw) von Familiennamen, Vornamen, Geschlechtsangabe, Staatsbürgerschaft und Geburtsdaten sowie der ZMR-Zahl (§16 Meldegesetz 1991) mit dem Zentralen Melderegister beim Bundesminister für Inneres zum Zwecke der Führung der Gleichsetzungstabelle (§16b Meldegesetz 1991 in der Fassung des Artikels II des Bundesgesetzes BGBl I Nr 28/2001) zusammenzuarbeiten und dort geänderte personenbezogene Daten zu verarbeiten, soweit dies zur eindeutigen Identifizierung einer Person notwendig ist. Leistungsansprüche, Anwartschaften oder deren Veränderungen können aus solchen Änderungen nicht abgeleitet werden. Abfragen der Sozialversicherungsträger und des Dachverbandes aus dem Zentralen Melderegister sind auch nach dem Auswahlkriterium der Anschrift (Wohnadresse) zulässig, und zwar zur Überprüfung von Angaben über das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, soweit dies für die Feststellung eines Leistungsanspruches notwendig ist. Die Ergebnisse solcher Abfragen stellen lediglich einen Anhaltspunkt bei der Ermittlung des Tatbestandes des gemeinsamen Haushaltes dar.

 

(7) Die Abgabenbehörden und ihre Organe nach Maßgabe der Bestimmungen des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes - AVOG, BGBl Nr 18/1975, haben in ihrem Wirkungsbereich an der Vollziehung der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen mitzuwirken. Soweit Organe der Abgabenbehörden nach Maßgabe der Bestimmungen des AVOG Maßnahmen im Sinne des ersten Satzes setzen, ist ihr Handeln dem zuständigen Krankenversicherungsträger zuzurechnen.

 

Entscheidungen über Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern (und dem Dachverband)

 

§413. (1) Über Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern in Verwaltungssachen, ausgenommen Streitigkeiten nach §412 Abs1, sowie Streitigkeiten zwischen dem Dachverband und den Versicherungsträgern entscheidet die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz.

 

(2) Durch die Einleitung eines Verfahrens nach Abs1 zur Entscheidung über Zahlungsverpflichtungen werden diese Verpflichtungen nicht gehemmt.

 

ACHTER TEIL

Aufbau der Verwaltung

 

ABSCHNITT I

Verwaltungsstellen der Versicherungsträger

 

Haupt-, Landes- und Außenstellen

 

§418. (1) Die Verwaltung der Versicherungsträger ist durch Hauptstellen, durch Landesstellen nach Maßgabe der Abs3 und 4 und, soweit dies nach Abs5 vorgesehen ist, durch Außenstellen zu führen.

 

(2) Die Hauptstelle ist am Sitz des Versicherungsträgers zu errichten. Die Hauptstelle hat die Verwaltung des Versicherungsträgers zu führen, soweit nicht einzelne Aufgaben durch Gesetz den Landesstellen zugewiesen sind.

 

(3) Die Österreichische Gesundheitskasse und die Pensionsversicherungsanstalt haben in jedem Bundesland jeweils eine Landesstelle für das betreffende Bundesland einzurichten. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt hat Landesstellen in Wien für die Länder Wien, Niederösterreich und Burgenland, in Linz für das Land Oberösterreich, in Salzburg für die Länder Salzburg, Tirol und Vorarlberg sowie in Graz für die Länder Steiermark und Kärnten zu errichten.

 

(4) Die Landesstellen nach Abs3 haben die Hauptstelle in Angelegenheiten des allgemeinen Versicherten- und Dienstgeber/innenservice zu unterstützen und die im §434 Abs2 bis 4 genannten Aufgaben zu besorgen. Verantwortlicher im Sinne des Art4 Z7 DSGVO ist hinsichtlich dieser Aufgaben stets die Hauptstelle des Versicherungsträgers.

 

(5) Die Versicherungsträger können, soweit eine im Verhältnis zu den Versicherten und den Dienstgeber/inne/n örtlich nahe Verwaltung zweckmäßig ist, Außenstellen einrichten.

 

ABSCHNITT II

Verwaltungskörper der Versicherungsträger

 

Arten der Verwaltungskörper

 

§419. Die Verwaltungskörper der Versicherungsträger sind

1. der Verwaltungsrat,

2. die Hauptversammlung und

3. die Landesstellenausschüsse am Sitz der Landesstellen.

 

Versicherungsvertreter/innen

 

§420. (1) Die Verwaltungskörper bestehen aus Vertreter/inne/n der Dienstnehmer/innen und der Dienstgeber/innen (Versicherungsvertreter/innen).

 

(2) Versicherungsvertreter/innen können Personen sein, die nicht vom Wahlrecht in die gesetzgebenden Organe ausgeschlossen sind, am Tag der Berufung das 18. Lebensjahr vollendet und, wenn es sich nicht um Bedienstete von Gebietskörperschaften handelt, ihren Wohnort, Beschäftigungsort oder Betriebssitz im Sprengel des Versicherungsträgers haben. Sie müssen entweder seit mindestens sechs Monaten in Österreich als Dienstnehmer/innen oder Unternehmer/innen tätig sein oder

1. Bevollmächtigte von Dienstgeber/inne/n oder

2. Vorstandsmitglieder oder Bedienstete öffentlich-rechtlicher Interessenvertretungen oder von Organisationen der Dienstnehmer/innen bzw Dienstgeber/innen oder

3. Bedienstete von Gebietskörperschaften

sein.

 

(3) Die Versicherungsvertreter/innen müssen, soweit es sich nicht um Angehörige des im Abs2 Z2 und 3 umschriebenen Personenkreises handelt, im Zeitpunkt ihrer Entsendung dem betreffenden Versicherungsträger bzw der betreffenden Landesstelle als pflichtversicherte Dienstnehmer/innen oder Dienstgeber/innen von solchen oder als freiwillig Versicherte angehören.

 

(4) Jedes Mitglied eines Verwaltungskörpers führt in diesem eine Stimme. Das Mitglied kann jedoch auch zwei Stimmen führen, wenn es von einem anderen Mitglied schriftlich mit seiner Vertretung bei einer einzelnen Sitzung betraut worden ist. Das Recht den Vorsitz zu führen kann nicht übertragen werden. Das vertretene Mitglied ist bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit nicht mitzuzählen.

 

(5) Die Tätigkeit als Mitglied eines Verwaltungskörpers erfolgt auf Grund einer öffentlichen Verpflichtung und begründet kein Dienstverhältnis zum Versicherungsträger. Hiefür gebühren Entschädigungen nach folgenden Grundsätzen:

1. Die Mitglieder der Verwaltungskörper haben Anspruch auf Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten nach Maßgabe von Richtlinien nach §30a Abs1 Z31.

2. Die Obmänner/Obfrauen und ihre Stellvertreter/innen, die Vorsitzenden der Hauptversammlungen und ihre Stellvertreter/innen sowie die Vorsitzenden der Landesstellenausschüsse und ihre Stellvertreter/innen haben Anspruch auf Funktionsgebühren. Das Nähere hat die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung des Dachverbandes durch Verordnung unter Bedachtnahme auf den örtlichen Wirkungsbereich und die Zahl der Versicherten des jeweiligen Versicherungsträgers zu bestimmen; dabei darf die für ein Jahr zustehende Funktionsgebühr 40 % des einem Mitglied des Nationalrates jährlich gebührenden Bezuges nicht übersteigen.

3. Die Mitglieder der Verwaltungskörper, soweit sie nicht unter Z2 fallen, haben Anspruch auf Sitzungsgeld, dessen Höhe durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung des Dachverbandes festzusetzen ist.

§107 Abs4 ist anzuwenden.

 

(6) Von der Entsendung in das Amt eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin sind ausgeschlossen:

1. Mitglieder des Europäischen Parlaments, des Nationalrates, des Bundesrates, der Landtage, der Bundesregierung und der Landesregierungen;

2. Bedienstete eines Versicherungsträgers und des Dachverbandes;

3. Personen, die auf Grund einer von ihnen ausgeübten Erwerbstätigkeit mit einem Versicherungsträger oder dem Dachverband in regelmäßigen geschäftlichen Beziehungen stehen;

4. Personen, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet ist;

5. Personen, deren fachliche Eignung nicht durch den Besuch einer regelmäßig vom Dachverband durchzuführenden Informationsveranstaltung für angehende Versicherungsvertreter/innen samt erfolgreich absolviertem Eignungstest nachgewiesen ist.

 

(7) Den Eignungstest nach Abs6 Z5 hat eine Prüfungskommission durchzuführen, die beim Dachverband einzurichten ist. Die Mitglieder dieser Kommission sind von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen.

 

(8) Die Prüfungskommission nach Abs7 besteht aus drei Mitgliedern. Als Prüfer/innen für die Gegenstände 'Organisationsrecht der Sozialversicherung', 'Strukturen der Selbstverwaltung und Aufsichtsrecht', 'Rechte und Pflichten der Versicherungsvertreter/innen', 'Leistungsrecht der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung' sowie 'Melde-, Versicherungs- und Beitragswesen' sind fachkundige Bedienstete des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu bestellen. Als Prüfer/innen für die Gegenstände 'Finanzierungsströme der öffentlichen Hand' und 'Grundzüge der Buchhaltung und Bilanzierung sowie volks- und betriebswirtschaftliche Grundlagen' sind fachkundige Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen zu bestellen. Näheres über die Organisation der Prüfungskommission sowie über die Gestaltung des Lehrplanes und die Anrechenbarkeit gleichwertiger Ausbildungsteile oder beruflich erworbener Qualifikationen ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen festzusetzen.

 

Bestellung der Versicherungsvertreter/innen

 

§421. (1) Die Versicherungsvertreter/innen sind von den geschäftsführenden Organen der örtlich und sachlich zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Dienstnehmer/innen und der Dienstgeber/innen unter Bedachtnahme auf ihre fachliche Eignung (§420 Abs6 Z5) und auf die einzelnen von den entsendeberechtigten Stellen jeweils zu vertretenden Berufsgruppen in die Verwaltungskörper der Versicherungsträger zu entsenden. Dabei ist die Geschlechterparität durch ein ausgewogenes Verhältnis an Versicherungsvertreterinnen und Versicherungsvertretern in den Verwaltungskörpern zu beachten.

 

(2) Die Interessenvertretungen nach Abs1 haben die Entsendung nach dem Mandatsergebnis der Wahl zu ihrem jeweiligen satzungsgebenden Organ (z. B. Vollversammlung, Hauptversammlung) auf Vorschlag der jeweils wahlwerbenden Gruppe nach dem System d‘Hondt unter sinngemäßer Anwendung von Abs5 Z1 und 2 vorzunehmen; sind die Interessenvertretungen mehrerer Länder oder eine bundesweite Interessenvertretung zur Entsendung berufen, so sind dabei die jeweiligen (bei bundesweiter Zuständigkeit: sämtliche) Landesmandatsergebnisse zusammenzuzählen. Soweit die Wirtschaftskammern zur Entsendung berechtigt sind, hat die Nominierung der Versicherungsvertreter/innen nach dem Mandatsergebnis der Wahlen zu den Fachorganisationen (Fachvertretungen) zu erfolgen. Bei der Entsendung von Versicherungsvertreter/inne/n in die Landesstellenausschüsse der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Pensionsversicherungsanstalt ist das jeweilige Wahlergebnis auf Landesebene zu berücksichtigen. Die Entsendung von Versicherungsvertreter/inne/n in die Landesstellenausschüsse der Österreichischen Gesundheitskasse erfolgt von den Interessenvertretungen nach Abs1 auf Vorschlag der jeweiligen Interessenvertretungen auf Landesebene, die bei der Erstattung ihres Vorschlages das jeweilige Wahlergebnis auf Landesebene zu berücksichtigen haben.

 

(3) Bestehen keine Interessenvertretungen nach Abs1, so sind die Versicherungsvertreter/innen der Dienstnehmer/innen/gruppe vom Österreichischen Gewerkschaftsbund, und zwar von der in Betracht kommenden Gewerkschaft, zu entsenden. Die Versicherungsvertreter/innen der Dienstgeber/innen/gruppe sind in einem solchen Fall von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf Vorschlag der Wirtschaftskammer Österreich zu entsenden.

 

(4) Unzulässig ist die gleichzeitige Entsendung ein und derselben Person als Versicherungsvertreter/in

1. sowohl in den Verwaltungsrat als auch in einen Landesstellenausschuss desselben Versicherungsträgers;

2. sowohl in einen Landesstellenausschuss als auch in die Hauptversammlung als weitere/n Versicherungsvertreter/in nach §426 Abs2 Z1 desselben Versicherungsträgers;

3. in die Verwaltungskörper mehrerer Versicherungsträger.

 

(5) Kommen mehrere entsendeberechtigte Stellen in der Gruppe der Dienstgeber/innen oder in der Gruppe der Dienstnehmer/innen in Betracht, so hat die Aufsichtsbehörde (§448) die auf die einzelnen Stellen entfallende Zahl von Versicherungsvertreter/inne/n unter Bedachtnahme auf die Zahl der pflichtversicherten Dienstnehmer/innen in den den einzelnen Stellen zugehörigen Gruppen von Dienstnehmer/inne/n oder Dienstgeber/inne/n festzusetzen. Die Zahl der pflichtversicherten Dienstnehmer/innen ist auf Grund einer Stichtagserhebung zum 1. Juli jenes Kalenderjahres zu ermitteln, das der Neubestellung der Verwaltungskörper zweitvorangeht. Die Berechnung der auf die einzelnen Stellen entfallenden Zahl von Versicherungsvertreter/inne/n hat nach dem System d‘Hondt zu erfolgen, wobei

1. die Wahlzahl ungerundet zu errechnen ist und

2. bei gleichem Anspruch mehrerer Stellen auf einen Versicherungsvertreter/eine Versicherungsvertreterin nach dieser Berechnung das Los entscheidet.

Die Aufteilung gilt jeweils für die betreffende Amtsdauer. Vor der Aufteilung der Zahl der Versicherungsvertreter/innen ist den in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen und Gewerkschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

 

(6) Die Aufsichtsbehörde hat die in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen und Gewerkschaften aufzufordern, die Vertreter/innen innerhalb einer angemessenen Frist, die mindestens einen Monat zu betragen hat, zu entsenden. Verstreicht diese Frist ungenützt, so hat die Aufsichtsbehörde selbst die Versicherungsvertreter/innen zu bestellen. Im Fall der Säumigkeit einer öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung hat die Aufsichtsbehörde dabei nach dem System d’Hondt unter Zugrundelegung des Mandatsergebnisses der Wahl zum satzungsgebenden Organ dieser Interessenvertretung unter sinngemäßer Anwendung des Abs5 Z1 und 2 vorzugehen, ohne an einen Vorschlag gebunden zu sein; Abs2 erster Satz letzter Halbsatz ist anzuwenden.

 

(7) In den Fällen der Abs5 und 6, in denen der Wirkungsbereich der örtlich und sachlich zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung der Dienstnehmer/innen sich nicht über mehr als ein Land erstreckt und eine für das gesamte Bundesgebiet zuständige öffentlich-rechtliche Interessenvertretung nicht besteht, ist der Berechnung der auf diese Gruppe von Dienstnehmer/inne/n entfallenden Zahl von Versicherungsvertreter/inne/n die Gesamtzahl der im Bundesgebiet in Betracht kommenden Dienstnehmer/innen zugrunde zu legen. Es sind sodann die Versicherungsvertreter/innen von jener Interessenvertretung zu entsenden, die für sich allein die größte Zahl von Dienstnehmer/inne/n vertritt. Diese hat dabei das Einvernehmen mit den übrigen für diese Gruppe von Dienstnehmer/inne/n in Betracht kommenden Interessenvertretungen herzustellen.

 

(8) Scheidet ein Versicherungsvertreter/eine Versicherungsvertreterin dauernd aus, so hat die Stelle, die die ausgeschiedene Person bestellt hat, für den Rest der Amtsdauer einen neuen Versicherungsvertreter/eine neue Versicherungsvertreterin zu bestellen. Ist die Neubestellung durch eine Enthebung (§423) erforderlich geworden und tritt nachträglich die Entscheidung über diese Enthebung außer Kraft, so erlöschen mit dem gleichen Zeitpunkt die rechtlichen Wirkungen der Neubestellung.

 

Ablehnung des Amtes und Recht zur Amtsausübung

 

§422. (1) Das Amt eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin darf nur aus wichtigen Gründen abgelehnt werden. Nach mindestens zweijähriger Amtsführung kann eine Wiederbestellung für die nächste Amtsdauer abgelehnt werden.

 

(2) Der Versicherungsvertreter/Die Versicherungsvertreterin hat von der Annahme seiner/ihrer Bestellung (§421) den Versicherungsträger nachweislich in Kenntnis zu setzen und ist unbeschadet des §425 zweiter Satz ab dem Zeitpunkt des Einlangens dieser Mitteilung beim Versicherungsträger zur Ausübung seines/ihres Amtes ab dem Zeitpunkt, ab dem er/sie bestellt ist, berechtigt.

 

Enthebung von Versicherungsvertreter/inne/n

 

§423. (1) Ein Versicherungsvertreter/eine Versicherungsvertreterin ist seines/ihres Amtes zu entheben:

1. wenn Tatsachen bekannt werden, die seine/ihre Bestellung ausschließen würden;

2. wenn der Versicherungsvertreter/die Versicherungsvertreterin seine/ihre Pflichten verletzt;

3. a) wenn er/sie als Vertreter/in der Dienstnehmer/innen entsendet worden ist, aber seit mehr als drei Monaten dem betreffenden Versicherungsträger nicht mehr als pflichtversicherter Dienstnehmer/pflichtversicherte Dienstnehmerin angehört, oder

b) wenn er/sie als Vertreter/in der Dienstgeber/innen entsendet worden ist, aber seit mehr als drei Monaten nicht mehr Dienstgeber/in eines/einer bei dem betreffenden Versicherungsträger pflichtversicherten Dienstnehmers/Dienstnehmerin ist,

in beiden Fällen jedoch nur, wenn er/sie nicht zu jenen Personen zählt, die im §420 Abs2 Z1 bis 3 angeführt sind;

4. wenn ein wichtiger persönlicher Grund zur Enthebung vorliegt und der Versicherungsvertreter/die Versicherungsvertreterin seine/ihre Enthebung unter Berufung darauf beantragt;

5. wenn einer der im §420 Abs6 genannten Ausschließungsgründe nach der Entsendung eingetreten ist.

Vor der Enthebung des Versicherungsvertreters/der Versicherungsvertreterin nach Z4 oder 5 ist die zur Entsendung berufene Stelle anzuhören.

 

(2) Die Enthebung der Obmänner/Obfrauen und ihrer Stellvertreter/innen sowie der Vorsitzenden der Landesstellenausschüsse und ihrer Stellvertreter/innen steht der Aufsichtsbehörde, die der sonstigen Versicherungsvertreter/innen dem Obmann/der Obfrau bzw dem/der Vorsitzenden des jeweiligen Landesstellenausschusses zu.

 

(3) Die Aufsichtsbehörde kann Versicherungsvertreter/innen auf begründeten Antrag der zur Entsendung berufenen Stelle ihres Amtes entheben.

 

(4) Vor der Enthebung eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin nach Abs1 Z1 bis 3 sowie Abs2 und 3 ist diesem/dieser Gelegenheit zur Äußerung zu geben und gleichzeitig die entsendeberechtigte Stelle (§421) zu verständigen. Der vom Obmann/der Obfrau oder vom/von der Vorsitzenden des Landesstellenausschusses enthobenen Person steht das Recht der Beschwerde zu. Sie ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses über die Enthebung bei der Aufsichtsbehörde einzubringen.

 

(5) Die Aufsichtsbehörde hat dem Antrag einer entsendeberechtigten Stelle (§421) auf Enthebung der von dieser entsendeten Versicherungsvertreter/innen zu entsprechen, wenn der Antrag wegen der Neuwahl in die betreffende Interessenvertretung innerhalb von sechs Monaten nach der Neuwahl gestellt wird. In diesem Fall entfällt die Anhörung der zu enthebenden Versicherungsvertreter/innen.

 

(6) Ist das Mitglied eines Verwaltungskörpers gleichzeitig auch Mitglied eines anderen Verwaltungskörpers bei ein und demselben Versicherungsträger (§426 Abs2), so erstreckt sich die Enthebung auch auf das Amt in anderen Verwaltungskörpern.

 

(7) Von einer Enthebung ist die Aufsichtsbehörde in Kenntnis zu setzen, die die entsendeberechtigte Stelle zur Entsendung eines neuen Versicherungsvertreters/einer neuen Versicherungsvertreterin aufzufordern hat.

 

(8) Der Beschwerde gegen die Enthebung eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin von seinem/ihrem Amt kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Die Aufhebung der Entscheidung über die Enthebung eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin wirkt nicht zurück.

 

Pflichten und Haftung der Versicherungsvertreter/innen

 

§424. Die Mitglieder der Verwaltungskörper der Versicherungsträger und des Dachverbandes haben bei der Ausübung ihres Amtes die Rechtsvorschriften zu beachten. Sie sind zur Amtsverschwiegenheit und zur gewissenhaften und unparteiischen Ausübung ihres Amtes verpflichtet. Sie haften unbeschadet des Amtshaftungs- und des Organhaftpflichtgesetzes für jeden Schaden, der dem Versicherungsträger (dem Dachverband) aus der Vernachlässigung ihrer Pflichten erwächst. Die Versicherungsträger (der Dachverband) können auf Ansprüche aus der Haftung nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde verzichten. Macht ein Versicherungsträger (der Dachverband) trotz mangelnder Genehmigung der Aufsichtsbehörde die Haftung nicht geltend, so kann diese die Haftung anstelle und auf Kosten des Versicherungsträgers (des Dachverbandes) geltend machen.

 

Amtsdauer

 

§425. Die Amtsdauer der Verwaltungskörper währt jeweils fünf Jahre. Nach Ablauf der Amtsdauer hat der alte Verwaltungskörper die Geschäfte so lange weiterzuführen, bis der neue Verwaltungskörper zusammentritt. Die Zeit der Weiterführung der Geschäfte durch den alten Verwaltungskörper zählt auf die fünfjährige Amtsdauer des neuen Verwaltungskörpers.

 

Zusammensetzung der Verwaltungskörper

 

§426. (1) Der Verwaltungsrat und die Landesstellenausschüsse bei der Österreichischen Gesundheitskasse, bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und bei der Pensionsversicherungsanstalt setzt sich je zur Hälfte aus Vertreter/inne/n der Dienstnehmer/innen und Vertreter/inne/n der Dienstgeber/innen zusammen.

 

(2) Die Hauptversammlung bei der Österreichischen Gesundheitskasse, bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und bei der Pensionsversicherungsanstalt setzt sich zusammen aus

1. zwölf Versicherungsvertreter/innen aus der Gruppe der Dienstnehmer/innen und zwölf Versicherungsvertreter/innen aus der Gruppe der Dienstgeber/innen, wobei die ersten sechs Mitglieder der jeweiligen Gruppe die Mitglieder des jeweiligen Verwaltungsrates sind,

2. den Vorsitzenden der jeweiligen Landesstellenausschüsse samt ihren Stellvertreter/inne/n,

3. jeweils drei Senior/inn/envertreter/inne/n, die vom Bundesseniorenbeirat zu entsenden sind,

4. jeweils drei Behindertenvertreter/inne/n, von denen je einer/eine vom ÖZIV Bundesverband, vom Österreichischen Behindertenrat und vom Kriegsopfer- und Behindertenverband Österreich zu entsenden ist.

Die Versicherungsvertreter/innen nach Z1, die zugleich Mitglieder des Verwaltungsrates sind, sind in der Hauptversammlung auf die Zahl der Versicherungsvertreter/innen jener Gruppe nach §421 Abs2 bis 5 anzurechnen, der sie im Verwaltungsrat angehören.

 

Verwaltungsrat

 

§427. Die Zahl der Versicherungsvertreter/innen im Verwaltungsrat beträgt:

1.

bei der Österreichischen Gesundheitskasse

12;

                            

2.

bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt

12;

                            

3.

bei der Pensionsversicherungsanstalt

12.

           

    

 

Hauptversammlung

 

§428. Die Zahl der Versicherungsvertreter/innen in der Hauptversammlung beträgt:

1.

bei der Österreichischen Gesundheitskasse

42;

                            

2.

bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt

32;

                            

3.

bei der Pensionsversicherungsanstalt

42.

        

    

 

Landesstellenausschüsse

 

§429. Die Zahl der Versicherungsvertreter/innen in jedem Landesstellenausschuss beträgt:

1. bei der Österreichischen Gesundheitskasse 10;                             

2. bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt 6;                             

3. bei der Pensionsversicherungsanstalt 6.

 

Vorsitz in den Verwaltungskörpern

 

§430. (1) Den Vorsitz im Verwaltungsrat führt der/die vom Verwaltungsrat gewählte Obmann/Obfrau. Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der/die von der Hauptversammlung gewählte Vorsitzende.

 

(2) Der Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse sowie der Pensionsversicherungsanstalt hat aus seiner Mitte zu Beginn jeder Amtsperiode auf Vorschlag der Gruppe der Dienstnehmer/innen und auf Vorschlag der Gruppe der Dienstgeber/innen je einen Obmann/eine Obfrau aus der Dienstnehmer/innen- und aus der Dienstgeber/innengruppe zu wählen. Diese führen abwechselnd jeweils für die Dauer von sechs Monaten den Vorsitz. Für die Wahl ist jeweils die einfache Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrates sowie die einfache Mehrheit der Gruppe erforderlich, der die zu wählende Person angehört. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe jener Versicherungsvertreter/innen, der die zu wählende Person angehört. Der/Die den Vorsitz nicht führende Obmann/Obfrau ist Stellvertreter/in des/der den Vorsitz führenden Obmannes/Obfrau.

 

(3) Der Verwaltungsrat der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt hat für seine Amtsdauer aus seiner Mitte einen Obmann/eine Obfrau zu wählen. Er/Sie muss der Gruppe der Dienstgeber/innen angehören. Für die Wahl ist die einfache Mehrheit sowohl aller Mitglieder des Verwaltungsrates als auch der Gruppe der Dienstgeber/innen erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe der Dienstgeber/innen. Im Anschluss an die Wahl des Obmannes/der Obfrau ist für diesen/diese aus der Mitte des Verwaltungsrates auf dieselbe Weise ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin aus der Gruppe der Dienstnehmer/innen zu wählen.

 

(3a) Die Hauptversammlung der Österreichischen Gesundheitskasse sowie der Pensionsversicherungsanstalt hat aus ihrer Mitte zu Beginn jeder Amtsperiode je eine/n Vorsitzende/n aus der Dienstnehmer/innen- und aus der Dienstgeber/innengruppe zu wählen. Diese führen abwechselnd jeweils für die Dauer von sechs Monaten den Vorsitz, beginnend mit jenem/jener Vorsitzenden, der/die nicht der Gruppe angehört, der der/die den Vorsitz führende Obmann/Obfrau des Verwaltungsrates angehört. Für die Wahl ist die einfache Mehrheit der Mitglieder der Hauptversammlung erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe jener Versicherungsvertreter/innen, der die zu wählende Person angehört. Die den Vorsitz nicht führende Person ist Stellvertreter/in der den Vorsitz führenden Person. Die Vorsitzenden dürfen weder dem Verwaltungsrat noch einem Landesstellenausschuss angehören. Darüber hinaus dürfen sie nicht derselben wahlwerbenden Gruppe angehören, der der Obmann/die Obfrau des Verwaltungsrates zuzurechnen ist.

 

(3b) Die Hauptversammlung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt hat für ihre Amtsdauer aus ihrer Mitte eine/n Vorsitzende/n zu wählen. Er/Sie muss der Gruppe der Dienstgeber/innen angehören. Für die Wahl ist die einfache Mehrheit aller Mitglieder der Hauptversammlung erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe der Dienstgeber/innen. Im Anschluss an die Wahl des/der Vorsitzenden ist für diese/n aus der Mitte der Hauptversammlung ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin aus der Gruppe der Dienstnehmer/innen zu wählen. Der/Die Vorsitzende sowie sein/seine/ihr/ihre Stellvertreter/in dürfen weder dem Verwaltungsrat noch einem Landesstellenausschuss angehören. Darüber hinaus dürfen diese Personen nicht derselben wahlwerbenden Gruppe angehören, der der Obmann/die Obfrau des Verwaltungsrates bzw sein/seine/ihr/ihre Stellvertreter/in zuzurechnen ist.

 

(4) Die Landesstellenausschüsse der Österreichischen Gesundheitskasse sowie der Pensionsversicherungsanstalt haben aus ihrer Mitte zu Beginn jeder Amtsperiode auf Vorschlag der Gruppe der Dienstnehmer/innen und auf Vorschlag der Gruppe der Dienstgeber/innen je einen Vorsitzenden/eine Vorsitzende aus der Dienstnehmer/innen- und aus der Dienstgeber/innengruppe zu wählen. Diese führen abwechselnd jeweils für die Dauer von sechs Monaten den Vorsitz. Für die Wahl ist die einfache Mehrheit aller Mitglieder des Landesstellenausschusses erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe jener Versicherungsvertreter/innen, der die zu wählende Person angehört. Der/Die den Vorsitz nicht führende Vorsitzende ist Stellvertreter/in der den Vorsitz führenden Person. Der/Die Vorsitzende und sein/ihr Stellvertreter bzw seine/ihre Stellvertreterin vertreten den jeweiligen Landesstellenausschuss in der Hauptversammlung (§426 Abs2 Z2).

 

(5) Die Landesstellenausschüsse der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt haben für ihre Amtsdauer einen Vorsitzenden/eine Vorsitzende aus ihrer Mitte zu wählen. Er/Sie muss der Gruppe der Dienstgeber/innen angehören. Für die Wahl ist die einfache Mehrheit aller Mitglieder des Landesstellenausschusses erforderlich. Im Anschluss daran ist ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin des/der Vorsitzenden zu wählen, der/die der Gruppe der Dienstnehmer/innen anzugehören hat. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe jener Versicherungsvertreter/innen, der die zu wählende Person angehört. Der/Die Vorsitzende und sein/ihr Stellvertreter bzw seine/ihre Stellvertreterin vertreten den jeweiligen Landesstellenausschuss in der Hauptversammlung (§426 Abs2 Z2).

 

(6) Die gewählten Obmänner/Obfrauen sowie die gewählten Vorsitzenden der Hauptversammlungen und der Landesstellenausschüsse und ihre Stellvertreter/innen sind, wenn sie die Annahme der Wahl dem zur Wahl berufenen Verwaltungskörper ausdrücklich erklärt haben, sogleich oder ab einem anlässlich der Wahl vom Verwaltungskörper festgelegten Zeitpunkt zur Ausübung ihrer Funktion berechtigt.

 

(7) Scheidet ein Vorsitzender/eine Vorsitzende (ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin) eines Verwaltungskörpers infolge Enthebung (§423) vom Amt als Versicherungsvertreter/in aus und tritt nachträglich die Entscheidung über diese Enthebung außer Kraft, so erlöschen mit dem gleichen Zeitpunkt die rechtlichen Wirkungen einer bereits erfolgten Wahl des Nachfolgers/der Nachfolgerin und es ist neuerlich eine entsprechende Wahl durchzuführen.

 

Angelobung der Versicherungsvertreter/innen

 

§431. Die Obmänner/Obfrauen und ihre Stellvertreter/innen, die Vorsitzenden der Hauptversammlung sowie der Landesstellenausschüsse und ihre Stellvertreter/innen sind von der Aufsichtsbehörde, die übrigen Versicherungsvertreter/innen vom Obmann/von der Obfrau bzw vom vorläufigen Verwalter/von der vorläufigen Verwalterin anzugeloben und dabei nachweislich auf ihre Pflichten nach §424 hinzuweisen.

 

ABSCHNITT III

Aufgaben der Verwaltungskörper

 

Aufgaben des Verwaltungsrates und Vertretung des Versicherungsträgers

 

§432. (1) Dem Verwaltungsrat obliegt die Geschäftsführung, soweit diese nicht gesetzlich der Hauptversammlung oder einem Landesstellenausschuss zugewiesen ist, die Vertretung des Versicherungsträgers sowie die Vorbereitung der in der Hauptversammlung zu treffenden Beschlüsse. Er kann einzelne seiner Obliegenheiten dem Obmann/der Obfrau und die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro des Versicherungsträgers übertragen. Tunlichst dem Büro zu übertragen hat der Verwaltungsrat unbeschadet seiner eigenen Verantwortlichkeit und seiner Weisungsbefugnis

1. laufende Verwaltungsgeschäfte, sofern im Einzelfall das Eineinhalbfache des für das jeweilige Jahr festgesetzten Schwellenwertes für Dienstleistungen nach §12 Abs1 Z1 BVergG 2018 nicht überschritten wird,

2. Personalangelegenheiten mit Ausnahme des bereichsleitenden und leitenden Dienstes sowie der Leiter/innen des höheren Dienstes nach der DO. A und des ärztlichen Dienstes nach §37 Z1 und 2 DO. B,

3. die Entscheidung in Leistungsangelegenheiten nach den vom Verwaltungsrat zu erlassenden Richtlinien und

4. die Vertretung des Versicherungsträgers nach außen in jenen Angelegenheiten, die nicht der Beschlussfassung des Verwaltungsrates oder der Hauptversammlung bedürfen.

Dem Verwaltungsrat ist über die laufenden Verwaltungsgeschäfte nach Z1 gemäß der Geschäftsordnung nachträglich, mindestens halbjährlich Bericht zu erstatten.

 

(2) Die Vertretungsbefugnis natürlicher Personen wird durch eine Bescheinigung der Aufsichtsbehörde oder einen Auszug aus dem die sonstigen Betroffenen erfassenden Teil des Ergänzungsregisters (§6 Abs4 in Verbindung mit §2 Z7 des E‑Government-Gesetzes, BGBl I Nr 10/2004) nachgewiesen.

 

(3) In folgenden Angelegenheiten bedürfen Beschlüsse des Verwaltungsrates zu ihrer Wirksamkeit der einfachen Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen sowohl in der Gruppe der Dienstnehmer/innen als auch in der Gruppe der Dienstgeber/innen:

 

1. die dauernde Veranlagung von Vermögensbeständen;

2. der Abschluss von Verträgen mit den im Sechsten Teil bezeichneten und sonstigen Vertragspartner/inne/n, wenn diese Verträge eine wesentliche dauernde Belastung des Versicherungsträgers herbeiführen;

3. die Erlassung von Richtlinien nach §84 Abs6 über die Verwendung der Mittel des Unterstützungsfonds;

4. der Abschluss von Landes-Zielsteuerungsübereinkommen nach dem G-ZG.

(4) Der Verwaltungsrat darf Beschlüsse

1. über die Erwerbung, Errichtung oder Erweiterung von Gebäuden oder von Einrichtungen in fremden Gebäuden, die Zwecken der Verwaltung, der Krankenbehandlung, der Anstaltspflege, der Jugendlichen- und Vorsorge(Gesunden)untersuchungen, der Erbringung von Zahnbehandlung oder Zahnersatz, der Unfallheilbehandlung, der Rehabilitation, der Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit, der Krankheitsverhütung oder der Gesundheitsvorsorge dienen sollen, sowie

2. über Umbauten von Gebäuden, wenn damit eine Änderung des Verwendungszweckes verbunden ist,

nur dann fassen, wenn ein Bedarf für das jeweilige Bauvorhaben besteht. Die Bedarfsprüfung ist vom Versicherungsträger vorzunehmen und hat sich auf den Bereich der gesamten Sozialversicherung zu erstrecken. Die Grundsätze für die Bedarfsprüfung sind von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz mit Verordnung festzulegen und haben jedenfalls Näheres über den Ablauf und den Umfang der Prüfung sowie die dabei auszuarbeitenden Unterlagen zu enthalten. Nach Abschluss des Bauvorhabens ist der Aufsichtsbehörde eine von den zuständigen Verwaltungskörpern des Versicherungsträgers gebilligte Schlussabrechnung vorzulegen.

 

(5) Beschlüsse des Verwaltungsrates über die Erstellung von Dienstpostenplänen (§460 Abs1), soweit sie sich auf die Gehaltsgruppen F (Höherer Dienst) und G (Leitender Dienst) der Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO. A) erstrecken, bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen.

 

Aufgaben der Hauptversammlung

 

§433. (1) Die Hauptversammlung des Versicherungsträgers hat jährlich mindestens zweimal zusammenzutreten. Sie ist vom Verwaltungsrat einzuberufen. Ihr ist vorbehalten:

1. die Beschlussfassung über den Jahresvoranschlag (Haushaltsplan);

2. die Beschlussfassung über den Jahresbericht des Verwaltungsrates, der aus dem durch einen beeideten Wirtschaftsprüfer/eine beeidete Wirtschaftsprüferin geprüften Rechnungsabschluss und den Statistischen Nachweisungen besteht;

3. die Beschlussfassung über die Entlastung des Verwaltungsrates;

4. die Beschlussfassung über die Satzung und Krankenordnung sowie ihre Änderungen.

 

(2) Der beeidete Wirtschaftsprüfer/Die beeidete Wirtschaftsprüferin nach Abs1 Z2 ist von der Hauptversammlung zu beauftragen.

 

(3) Über die im Abs1 Z2 bis 4 genannten Gegenstände kann nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gültig Beschluss gefasst werden. Bei Ablehnung der Entlastung hat die Aufsichtsbehörde zu entscheiden.

 

Aufgaben der Landesstellenausschüsse

 

§434. (1) Den Landesstellenausschüssen obliegt die Geschäftsführung hinsichtlich der ihnen nach den Abs2 bis 4 zugewiesenen Aufgaben. Der Landesstellenausschuss kann unbeschadet seiner eigenen Verantwortlichkeit einzelne seiner Obliegenheiten dem/der Vorsitzenden und die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro übertragen.

 

(2) Die Landesstellenausschüsse der Österreichischen Gesundheitskasse haben nach einheitlichen Grundsätzen und Vorgaben des Verwaltungsrates folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. Mitwirkung im Rahmen der Zielsteuerung-Gesundheit insbesondere bei der regionalen Planung einschließlich die Entsendung von Vertreter/innen in die Gesundheitsplattform und die Landes-Zielsteuerungskommission des jeweiligen Landesgesundheitsfonds;

2. Verhandlung gesamtvertraglicher Honorarvereinbarungen mit den freiberuflich tätigen Ärzten und Ärztinnen und den Gruppenpraxen auf regionaler Ebene einschließlich des Stellenplans nach §342 Abs1 Z1 in Verbindung mit den Abs1a und 3;

3. Beschlussfassung über die Auswahl der Vertrags(zahn)ärzte und Vertrags(zahn)ärztinnen, Vertrags-Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten auf regionaler Ebene sowie die Beendigung dieser Vertragsverhältnisse;

4. Beschlussfassung über Einzelverträge mit Hebammen, klinischen Psycholog/inn/en, Psychotherapeut/inn/en sowie Beförderungsunternehmen unter Bedachtnahme auf bestehende Gesamt-, Muster- und Rahmenverträge;

5. Verhandlung und Entscheidung über die Verwendung der am 31. Dezember 2018 vorhandenen allgemeinen Rücklage der jeweiligen Gebietskrankenkasse und Verwendung der Rücklagen für Gesundheitsreformprojekte in Abstimmung mit der Landes-Zielsteuerungskommission;

6. Entgegennahme von Leistungsanträgen;

7. Bestellung von Bevollmächtigten zur Vertretung der Anstalt bei den für ihren Sprengel in Betracht kommenden Landesgerichten als Arbeits- und Sozialgerichten bzw dem Arbeits- und Sozialgericht Wien, den Oberlandesgerichten und Landeshauptmännern/Landeshauptfrauen sowie bei anderen Behörden für die in Betracht kommenden Länder;

8. Behandlung von Anträgen an den Unterstützungsfonds;

9. Entscheidung über die Verwendung der der Landesstelle zugewiesenen Mittel aus dem Innovations- und Zielsteuerungsfonds nach §447a für Gesundheitsreformprojekte;

10. Bestellung der Landesstellenleiter/innen und deren Stellvertreter/innen auf Vorschlag des Verwaltungsrates;

11. regionale Betreuung der Versicherten, der Dienstgeber/innen und der Vertragspartner/innen.

 

(3) Die Landesstellenausschüsse der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt haben nach einheitlichen Grundsätzen und Vorgaben des Verwaltungsrates folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. Entgegennahme von Leistungsanträgen;

2. Mitwirkung an der Durchführung der Rehabilitation im Rahmen der Unfallversicherung, Gewährung von Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge und ihre Durchführung; Mitwirkung an der Feststellung aller übrigen Leistungen und Vorlage der Leistungsanträge an den zur Entscheidung zuständigen Verwaltungskörper;

3. Standesführung und Kontrolle der im Sprengel der Landesstelle wohnenden Renten(Pensions)empfänger/innen;

4. Bestellung von Bevollmächtigten zur Vertretung der Anstalt bei den für ihren Sprengel in Betracht kommenden Landesgerichten als Arbeits- und Sozialgerichte bzw dem Arbeits- und Sozialgericht Wien, den Oberlandesgerichten und Landeshauptmännern/Landeshauptfrauen sowie bei anderen Behörden für die in Betracht kommenden Länder;

5. Mitwirkung bei der Durchführung der Unfallverhütungsvorschriften, bei der Überwachung derselben durch Besichtigung der Betriebe und bei der Vorsorge für erste Hilfeleistung bei Arbeitsunfällen.

 

(4) Die Landesstellenausschüsse der Pensionsversicherungsanstalt haben nach einheitlichen Grundsätzen des Verwaltungsrates folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. Entgegennahme von Leistungsanträgen;

2. Gewährung von Leistungen aus dem Unterstützungsfonds;

3. Entsendung von Versicherungsvertreter/inne/n in den Widerspruchs‑Ausschuss nach §367a Abs3.

 

(5) Die Landesstellenausschüsse sind bei ihrer Geschäftsführung an die Weisungen des Verwaltungsrates gebunden; der Verwaltungsrat kann Beschlüsse der Landesstellenausschüsse aufheben oder ändern.

 

Sitzungen

 

§435. (1) Die Sitzungen der Verwaltungskörper sind nichtöffentlich. Der/Die leitende Angestellte und seine/ihre Stellvertreter/innen sind berechtigt, an den Sitzungen der Verwaltungskörper mit beratender Stimme teilzunehmen. Der Obmann/Die Obfrau kann die Teilnahme von Bediensteten des Versicherungsträgers verfügen.

 

(2) Der ordnungsmäßig einberufene Verwaltungskörper ist bei Anwesenheit des/der Vorsitzenden und von mindestens der Hälfte der Versicherungsvertreter/innen beschlussfähig. Der/Die Vorsitzende ist auf die erforderliche Mindestzahl von anwesenden Versicherungsvertreter/inne/n anzurechnen. Ein gültiger Beschluss bedarf – wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – der Zustimmung der Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen.

 

(3) In den Sitzungen der Verwaltungskörper hat auch der/die Vorsitzende Stimmrecht. Bei Stimmengleichheit gibt seine/ihre Stimme den Ausschlag; dies gilt nicht für die im §430 Abs2, 3a und 4 genannten Vorsitzenden.

 

(4) Die im §426 Abs2 Z3 und 4 genannten Mitglieder nehmen an den Sitzungen der Hauptversammlung mit beratender Stimme teil.

 

(5) Verstoßen Beschlüsse eines Verwaltungskörpers gegen eine Rechtsvorschrift oder in einer wichtigen Frage gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit der Gebarung des Versicherungsträgers, so hat der Obmann/die Obfrau oder der/die Vorsitzende des Landesstellenausschusses ihre Durchführung vorläufig aufzuschieben und unter gleichzeitiger Angabe der Gründe für seine/ihre Vorgangsweise die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen.

 

Teilnahme der Betriebsvertretung

 

§436. (1) An den Sitzungen des Verwaltungsrates, der Hauptversammlung und der Landesstellenausschüsse ist die Betriebsvertretung des Versicherungsträgers mit zwei Vertreter/inne/n mit beratender Stimme teilnahmeberechtigt.

 

(2) Das nach dem Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl Nr 22/1974, in Betracht kommende Organ der Betriebsvertretung hat dem Obmann/der Obfrau des Versicherungsträgers die für die Teilnahme an den Sitzungen der Verwaltungskörper vorgesehenen Vertreter/innen namhaft zu machen. Diese Vertreter/innen sind von jeder Sitzung des Verwaltungskörpers ebenso in Kenntnis zu setzen wie die Mitglieder dieses Verwaltungskörpers; es sind ihnen auch die diesen zur Verfügung gestellten Behelfe (Tagesordnung, Ausweise, Berichte und andere Behelfe) zu übermitteln.

 

Veröffentlichung von Beschlüssen

 

§437. Die Beschlüsse des Verwaltungsrates sind im Internet zu veröffentlichen.

 

ABSCHNITT IVa

Verwaltungskörper des Dachverbandes

 

Arten der Verwaltungskörper

 

§441. Die Verwaltungskörper des Dachverbandes sind

1. die Konferenz der Sozialversicherungsträger (im Folgenden kurz Konferenz genannt) und

2. die Hauptversammlung der Sozialversicherungsträger (im Folgenden kurz Hauptversammlung genannt).

 

Konferenz

 

§441a. (1) Die Konferenz besteht aus den Obmännern/Obfrauen und ihren Stellvertretern/Stellvertreterinnen

1. der Österreichischen Gesundheitskasse,

2. der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt,

3. der Pensionsversicherungsanstalt,

4. der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen und

5. der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau.

 

(2) Die Konferenz ist beschlussfähig, wenn mindestens sieben Mitglieder anwesend sind. Ein gültiger Beschluss erfordert Einstimmigkeit, wobei jedem Mitglied eine Stimme zukommt. Kommt kein gültiger Beschluss zustande und wird die Angelegenheit auf Antrag eines Mitgliedes der Konferenz in einer weiteren Sitzung behandelt, so bedarf ein gültiger Beschluss der Zustimmung von mindestens sieben Mitgliedern.

 

(3) Die Beschlüsse der Konferenz sind im Internet zu veröffentlichen.

 

(4) Die Konferenz hat aus ihrer Mitte zu Beginn jeder Amtsperiode zwei Vorsitzende zu wählen. Diese führen abwechselnd jeweils für die Dauer von sechs Monaten den Vorsitz. Die den Vorsitz nicht führende Person ist Stellvertreter/in der den Vorsitz führenden Person. Für die Wahl ist die Mehrheit nach Abs2 erforderlich. Bei der Wahl ist zu bestimmen, welcher/welche Vorsitzende im ersten halben Jahr der Amtsperiode den Vorsitz führt.

 

(5) Der/Die Vorsitzende hat insbesondere für die rechtzeitige Einberufung der Konferenz zu sorgen, die Konferenz zu leiten und die Sitzungspolizei wahrzunehmen. Die näheren Bestimmungen sind in einer von der Konferenz zu beschließenden Geschäftsordnung (§456a) zu treffen.

 

Hauptversammlung

 

§441b. (1) Die Hauptversammlung besteht aus

1. den vorsitzführenden Obmännern/Obfrauen der Verwaltungsräte der im §441a Abs1 genannten Versicherungsträger,

2. den Vorsitzenden der Hauptversammlung und deren Stellvertreter/innen der im §441a Abs1 genannten Versicherungsträger,

3. drei Senior/inn/envertreter/inne/n, die vom Bundesseniorenbeirat zu entsenden sind,

4. drei Behindertenvertreter/inne/n, von denen je einer/eine vom ÖZIV Bundesverband, vom Österreichischen Behindertenrat und vom Kriegsopfer- und Behindertenverband Österreich zu entsenden ist.

 

(2) Die Hauptversammlung ist beschlussfähig, wenn zumindest die Hälfte ihrer stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist. Ein gültiger Beschluss bedarf – wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – der Zustimmung der Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen. Die im Abs1 Z3 und 4 genannten Mitglieder haben beratende Stimme.

 

(3) Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der/die jeweilige Vorsitzende der Hauptversammlung jenes Trägers, der auch den Vorsitz in der Konferenz führt. Dieser wird vertreten von seinem/ihrem/seiner/ihrer Stellvertreter/in.

 

(4) Dem/Der Vorsitzenden obliegt die Vertretung der Hauptversammlung gegenüber den Versicherungsträgern. Er/Sie hat insbesondere für die rechtzeitige Einberufung der Hauptversammlung Sorge zu tragen, die Sitzungen der Hauptversammlung zu leiten und die Sitzungspolizei wahrzunehmen. Die näheren Bestimmungen sind in einer von der Hauptversammlung zu beschließenden 'Geschäftsordnung der Hauptversammlung' (§456a) zu treffen.

 

Aufgaben der Konferenz

 

§441c. (1) Der Konferenz obliegt die Besorgung aller Aufgaben des Dachverbandes, die nicht ausdrücklich der Hauptversammlung zugewiesen sind. Sie vertritt den Dachverband nach außen.

 

(2) Die Konferenz kann unter Aufrechterhaltung ihrer eigenen Verantwortlichkeit die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro des Dachverbandes übertragen; §432 Abs1 letzter Satz ist sinngemäß anzuwenden.

 

(3) Die Konferenz hat einen Jahresbericht des Dachverbandes und der bei ihm errichteten Fonds zu erstellen, der aus dem Rechnungsabschluss und den statistischen Nachweisungen besteht.

 

Aufgaben der Hauptversammlung

 

§441d. (1) Die Hauptversammlung hat mindestens zweimal im Jahr zusammenzutreten.

 

(2) Der Hauptversammlung obliegt

1. die Beschlussfassung über den von der Konferenz vorgelegten Jahresvoranschlag (Haushaltsplan einschließlich Investitionsplan) des Dachverbandes; dieser ist der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Kenntnis zu bringen;

2. die Genehmigung des durch einen beeideten Wirtschaftsprüfer/eine beeidete Wirtschaftsprüferin geprüften Rechnungsabschlusses;

3. die Entlastung der Konferenz; diese ist der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Kenntnis zu bringen.

 

(3) Der beeidete Wirtschaftsprüfer/Die beeidete Wirtschaftsprüferin nach Abs2 Z2 ist von der Hauptversammlung zu beauftragen.

 

Büro des Dachverbandes

 

§441e. (1) Die Leitung des Büros des Dachverbandes obliegt dem Büroleiter/der Büroleiterin des Dachverbandes, der/die von der Konferenz im Wege einer öffentlichen Stellenausschreibung für eine Funktionsperiode von vier Jahren bestellt wird. Dabei ist das Stellenbesetzungsgesetz, BGBl I Nr 26/1998, anzuwenden, wobei Wiederbestellungen zulässig sind. Auf die gleiche Weise kann ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin des Büroleiters/der Büroleiterin des Dachverbandes bestellt werden.

 

(2) Der Büroleiter/Die Büroleiterin des Dachverbandes und sein/ihr Stellvertreter bzw seine/ihre Stellvertreterin sind an die Weisungen der Konferenz gebunden; sie haben der Konferenz regelmäßig über die ihnen übertragenen Aufgaben zu berichten und alle Aufklärungen zu geben und alle Unterlagen vorzulegen, die die Konferenz zur Ausübung ihrer Tätigkeit benötigt.

 

Zielsteuerung-Sozialversicherung

 

§441f. (1) Die Konferenz hat nach Anhörung der Versicherungsträger zur Koordinierung des Verwaltungshandelns der Versicherungsträger im Rahmen ihrer Zuständigkeit Ziele zu beschließen. Sie hat sich dabei eines Zielsteuerungssystems entsprechend den Weisungen nach §444 Abs5 zu bedienen.

 

(2) Die Konferenz hat spätestens im Dezember eines jeden Jahres gesundheits- und sozialpolitische Ziele

1. für das folgende Kalenderjahr und

2. für eine mittelfristige Periode zu beschließen.

 

(3) Das Zielsteuerungssystem hat jedenfalls strategische Ziele, operative Ziele sowie Maßnahmen und Kennzahlen zu enthalten, wobei jedenfalls Finanzziele und Verwaltungskostenziele/Verwaltungskostensenkung, gegebenenfalls ein Verwaltungskostendeckel, gesondert für jeden Sozialversicherungsträger und den Dachverband vorzusehen sind.

 

(4) Der/Die Vorsitzende der Konferenz hat dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und dem Bundesministerium für Finanzen laufend über die Erarbeitung der strategischen und operativen Ziele zu berichten. Vor Beschlussfassung nach Abs1 sind die Ziele mit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und dem Bundesminister für Finanzen abzustimmen.

 

(5) Über die Bestimmungen der Abs1 bis 4 hinaus ist für die Österreichische Gesundheitskasse zwischen der Hauptstelle und den Landesstellen für das Verwaltungshandeln ein Zielsteuerungssystem zu implementieren.

 

ABSCHNITT V

Vermögensverwaltung

 

Jahresvoranschlag und Gebarungsvorschaurechnung

 

§443. (1) Die Versicherungsträger und der Dachverband haben für jedes Geschäftsjahr einen Voranschlag und im Zusammenhang damit vierteljährlich für den Bereich der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung eine rollierende Gebarungsvorschaurechnung zu erstellen. Für die Österreichische Gesundheitskasse ist dies sowohl je Bundesland als auch für den gesamten Bereich des Versicherungsträgers zu erstellen, wobei die Versicherten den einzelnen Bundesländern auf Grund des Beschäftigungsortes (§3 Abs4) bzw bei Pensionisten/Pensionistinnen auf Grund des Wohnortes zuzuordnen sind. Es ist sicherzustellen, dass den Versicherten im jeweiligen Bundesland eine Summe entsprechend den Beiträgen, die im jeweiligen Bundesland entrichtet wurden, zur Verfügung steht.

 

(2) Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Der der Gebarungsvorschau zu Grunde zu legende Planungszeitraum sind die dem jeweiligen Geschäftsjahr nächstfolgenden vier Geschäftsjahre.

 

Rechnungsabschluss und Nachweisungen

 

§444. (1) Die Versicherungsträger und der Dachverband haben für jedes Geschäftsjahr einen Rechnungsabschluss, der jedenfalls aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlussbilanz zum Ende des Jahres bestehen muss und durch einen beeideten Wirtschaftsprüfer/eine beeidete Wirtschaftsprüferin geprüft wurde, und einen Geschäftsbericht zu verfassen und dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vorzulegen.

 

(2) Die Versicherungsträger und der Dachverband haben statistische Nachweisungen zu verfassen und dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Verfügung zu stellen.

 

(3) Die Versicherungsträger und der Dachverband haben die nach §441f festgelegten Ziele jährlich zu evaluieren.

 

(4) Die Versicherungsträger und der Dachverband haben über die in den Abs1 bis 3 angeführten Inhalte einen Jahresbericht zu erstellen.

 

(5) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hat nach Anhörung des Dachverbandes und nach Abstimmung mit dem Bundesminister für Finanzen Weisungen zu erlassen für

1. die Rechnungsführung inklusive Gebarungsvorschau, die Rechnungslegung sowie die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Jahresberichtes (Abs1 und 4),

2. die statistischen Nachweisungen (Abs2) sowie

3. die Zielsteuerung nach §441f und deren Evaluierung (Abs3) hinsichtlich deren Struktur und Prozesse.

Bei der Erlassung der Weisungen ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Rechnungsabschlüsse und die statistischen Nachweisungen auch für die Zwecke der Zielsteuerung herangezogen werden können.

 

(6) Die Träger der Sozialversicherung und der Dachverband haben den Jahresbericht im Internet nach den Weisungen gemäß Abs5 zu veröffentlichen. Die vom Verwaltungsrat/von der Hauptversammlung beschlossene Erfolgsrechnung ist jedenfalls binnen vier Monaten nach der Beschlussfassung im Internet zu verlautbaren.

 

Schulden-, Vermögens- und Liquiditätsmanagement

 

§446. (1) Die Versicherungsträger (der Dachverband) haben bei der Vermögensverwaltung sowie beim Schulden- und Liquiditätsmanagement die Grundsätze nach §2a des Bundesfinanzierungsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Die zur Anlage verfügbaren Mittel der Versicherungsträger (des Dachverbandes) sind grundsätzlich zinsbringend anzulegen. Anlagesicherheit und Liquidität haben Vorrang gegenüber der Erzielung eines angemessenen Ertrages. Die Mittel dürfen im Sinne der Anlagesicherheit unbeschadet des Abs3 und des §447 nur angelegt werden:

1. in verzinslichen Schuldverschreibungen (verzinslichen Wertpapieren), die in Euro von Mitgliedstaaten (bzw deren Teilstaaten, Bundesländern, Provinzen) des EWR begeben wurden, deren Bonität als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird, oder

2. in verzinslichen Schuldverschreibungen, die in Euro von Kreditinstituten begeben wurden, deren Bonität als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird und die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR haben, oder

3. in auf Euro lautenden Einlagen bei Kreditinstituten, deren Bonität als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird und die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR haben, oder

4. in verzinslichen Schuldverschreibungen (Emissionen), deren Bonität als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird und die von Emittenten/Emittentinnen mit Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR begeben wurden, oder

5. in Unternehmensanleihen von Emittenten/Emittentinnen, deren Bonität als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird und die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR haben, oder

6. in Fonds im Sinne des Investmentfondsgesetzes 2011, BGBl I Nr 77/2011, die den Kriterien nach den Z1 bis 5 entsprechen.

Für die Beurteilung der Bonität können Mindest-Ratings der vom Markt anerkannten Rating-Agenturen herangezogen werden. Veranlagungen in nachrangige Schuldverschreibungen (nachrangige Wertpapiere) sind nicht zulässig.

 

(2) Der Einsatz derivativer Instrumente im Sinne der Arten von Derivatgeschäften nach Anhang II Abs1 lita bis d der Verordnung (EU) Nr 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr 646/2012 , ABl. Nr L 176 vom 27.06.2013 S. 1, zuletzt geändert durch die Delegierte Verordnung (EU) 2015/1556 , ABl. Nr L 244 vom 19.09.2015 S. 9, ist zulässig, wenn er nachweislich zur Absicherung bestehender Positionen nach Abs1 dient.

 

(3) Zu ihrer Wirksamkeit bedürfen Beschlüsse der Verwaltungskörper über Vermögensveranlagungen, die in den Abs1 und 2 nicht erwähnt sind, bei der Österreichischen Gesundheitskasse, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, der Pensionsversicherungsanstalt, dem Pensionsinstitut und dem Dachverband der Genehmigung des Bundesministers/der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz. Kriterien für die Genehmigung der beabsichtigten Vermögensveranlagung sind jedenfalls Anlagensicherheit, Liquidität und Ertragsangemessenheit. Es ist jeweils das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen herzustellen. Gegenstand solcher Beschlüsse können sowohl konkrete Vermögensanlagen in einem einzelnen Fall als auch durch gemeinsame Gruppenmerkmale gekennzeichnete und voraussichtlich vorzunehmende Vermögensanlagen sein.

 

(4) Der Versicherungsträger (der Dachverband) hat dafür zu sorgen, dass die Veranlagung durch Personen erfolgt, die dafür fachlich geeignet sind und eine entsprechende Berufserfahrung nachweisen können. Für jede Vermögensanlage ist begleitend ein Risikomanagement durchzuführen. Eine angemessene Funktionstrennung zwischen der Veranlagung und dem Risikomanagement ist zu gewährleisten.

 

Innovations- und Zielsteuerungsfonds der Österreichischen Gesundheitskasse

 

§447a. (1) Bei der Österreichischen Gesundheitskasse ist ein Innovations- und Zielsteuerungsfonds einzurichten, der der Finanzierung von Gesundheitsreformprojekten in den Landesstellen, insbesondere zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung, zur Umsetzung von Präventionsmaßnahmen, e‑Health‑Anwendungen und zur Zielsteuerung nach §441f Abs5 dient.

 

(2) Die Mittel des Innovations- und Zielsteuerungsfonds werden aufgebracht durch

1. Übertragung von 0,8% der Beitragseinnahmen der Österreichischen Gesundheitskasse an den Fonds und

2. die pauschale Beihilfe nach §1a GSBG in Höhe von 100 Millionen Euro.

Nähere Regelungen sind durch die Geschäftsordnung zu treffen. Dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und dem Bundesministerium für Finanzen ist im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit zu berichten.

 

ABSCHNITT VI

Aufsicht des Bundes

 

Aufsichtsbehörde

 

§448. (1) Die Versicherungsträger und der Dachverband samt ihren Anstalten und Einrichtungen unterliegen der Aufsicht des Bundes. Die Aufsicht ist von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auszuüben.

 

(2) Der Aufsicht des Bundes unterliegen auch die im Rahmen von Finanzierungs- und Betreibermodellen nach §81 Abs2 errichteten (gegründeten) Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung bzw Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an denen der Dachverband oder mindestens ein Versicherungsträger im Rahmen eines solchen Finanzierungs- und Betreibermodells beteiligt ist. Dies gilt jedenfalls so lange, als die Beteiligung des Dachverbandes bzw der Versicherungsträger ein Ausmaß von mindestens 50% umfasst oder die Gesellschafts- oder Stimmrechtsanteile mindestens 50% betragen. Im Fall einer Minderheitsbeteiligung des Dachverbandes bzw der Versicherungsträger sind die Aufsichtsrechte des Bundes in geeigneter Weise sicherzustellen.

 

(3) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz kann bestimmte Bedienstete ihres Bundesministeriums mit der Aufsicht über die Versicherungsträger und den Dachverband betrauen; der Bundesminister für Finanzen kann zu den Sitzungen der Verwaltungskörper der Versicherungsträger und des Dachverbandes einen Vertreter/eine Vertreterin zur Wahrung der finanziellen Interessen des Bundes entsenden. Den mit der Ausübung der Aufsicht bzw mit der Wahrung der Interessen des Bundes betrauten Bediensteten und ihren Stellvertreter/inne/n sind Aufwandsentschädigungen zu gewähren, deren Höhe 14% bzw für die Stellvertreter/innen 7% des Gehaltes eines Abgeordneten zum Nationalrat entspricht und die monatlich auszuzahlen sind. Bei mehrfacher Aufsichtstätigkeit gebührt nur eine, und zwar die jeweils höhere Aufwandsentschädigung.

 

(4) Der Vertreter/Die Vertreterin der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz kann gegen Beschlüsse eines Verwaltungskörpers, die gegen eine Rechtsvorschrift oder in wichtigen Fragen (§449 Abs2) gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen oder die die finanziellen Interessen des Bundes berühren, Einspruch mit aufschiebender Wirkung erheben. Der Vertreter/Die Vertreterin des Bundesministers für Finanzen kann Einspruch mit aufschiebender Wirkung gegen Beschlüsse erheben, die die finanziellen Interessen des Bundes berühren oder in wichtigen Fragen (§449 Abs2) gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen. Der/Die Vorsitzende hat die Durchführung des Beschlusses, gegen den Einspruch erhoben wurde, vorläufig aufzuschieben und die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen. Bei einem Einspruch des Vertreters/der Vertreterin des Bundesministers für Finanzen hat die Aufsichtsbehörde die Entscheidung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu treffen.

 

Aufgaben der Aufsicht

 

§449. (1) Die Aufsichtsbehörde hat die Gebarung der Versicherungsträger und des Dachverbandes zu überwachen und darauf hinzuwirken, dass im Zuge dieser Gebarung nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird. Sie kann ihre Aufsicht auf Fragen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erstrecken. Sie soll sich in diesen Fällen auf wichtige Fragen beschränken und in das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger und des Dachverbandes nicht unnötig eingreifen. Die Aufsichtsbehörde kann in Ausübung des Aufsichtsrechtes Beschlüsse der Verwaltungskörper aufheben.

 

(2) Wichtige Fragen im Sinne des Abs1 sind insbesondere die Einhaltung der im Rahmen der Zielsteuerung nach §441f abgestimmten Ziele, die Sicherstellung einer nachhaltig ausgeglichenen Gebarung sowie Beschlüsse, deren finanzielle Auswirkungen ein Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen. Auch alle Angelegenheiten nach §432 Abs3 sind wichtige Fragen im Sinne des Abs1.

 

(3) Der Aufsichtsbehörde sind auf Verlangen alle Bücher, Rechnungen, Belege, Urkunden, Wertpapiere, Schriften und sonstige Bestände vorzulegen und alle zur Ausübung des Aufsichtsrechtes geforderten Mitteilungen zu machen; alle Verlautbarungen sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich zur Kenntnis zu bringen. Diese Verpflichtung trifft die Träger der Pensionsversicherung als Empfänger/innen des Bundesbeitrages nach §80 auch gegenüber dem Bundesminister für Finanzen. Die Aufsichtsbehörde kann die Satzungen und Krankenordnungen jederzeit überprüfen und Änderungen solcher Bestimmungen verlangen, die mit dem Gesetz in Widerspruch stehen oder dem Zweck der Versicherung zuwiderlaufen. Wird diesem Verlangen nicht binnen drei Monaten entsprochen, so kann sie die erforderlichen Verfügungen von Amts wegen treffen.

 

(4) Die Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass die Verwaltungskörper mit einer bestimmten Tagesordnung zu Sitzungen einberufen werden. Wird dem nicht entsprochen, so kann sie die Sitzungen selbst anberaumen und die Verhandlungen leiten. Sie kann zu allen Sitzungen Vertreter/innen entsenden, denen beratende Stimme zukommt. Die Aufsichtsbehörde, der/die mit der Aufsicht betraute Bedienstete der Aufsichtsbehörde und der Vertreter/die Vertreterin des Bundesministers für Finanzen sind von jeder Sitzung der Verwaltungskörper ebenso in Kenntnis zu setzen wie die Mitglieder dieser Verwaltungskörper; es sind ihnen auch die diesen zur Verfügung gestellten Behelfe (Tagesordnung, Ausweise, Berichte und andere Behelfe) zu übermitteln. Auf Verlangen des Vertreters/der Vertreterin der Aufsichtsbehörde oder des Vertreters/der Vertreterin des Bundesministers für Finanzen ist die Beschlussfassung zu bestimmten Tagesordnungspunkten zu vertagen. Dieses Verlangen kann für ein und denselben Tagesordnungspunkt höchstens zwei Mal erfolgen.

 

(5) Die Aufsichtsbehörde ist berechtigt, die Versicherungsträger (den Dachverband) amtlichen Untersuchungen zu unterziehen, wobei sie sich bei Untersuchungen der Versicherungsträger der Mitwirkung des Dachverbandes sowie geeigneter Sachverständiger bedienen kann. Bei Untersuchungen der Pensionsversicherungsanstalt kann der Bundesminister für Finanzen durch einen Vertreter/eine Vertreterin mitwirken. Die Aufsichtsbehörde hat eine solche amtliche Untersuchung anzuordnen, wenn der Bundesminister für Finanzen dies zur Wahrung der finanziellen Interessen des Bundes verlangt.

 

Entscheidungsbefugnis

 

§450. (1) Die Aufsichtsbehörde hat vorbehaltlich der gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeit anderer Stellen und unbeschadet der Rechte Dritter bei Streit über Rechte und Pflichten der Verwaltungskörper und deren Mitglieder sowie über die Auslegung der Satzung zu entscheiden.

 

(2) Die Aufsichtsbehörde ist berechtigt, wenn ein Träger der Krankenversicherung seiner Verpflichtung zur Abfuhr der anderen Stellen gebührenden Beiträge oder zur Weiterleitung der für fremde Rechnung eingehobenen Beiträge, Umlagen und dergleichen nicht nachkommt, die zur Sicherstellung der pünktlichen Abfuhr erforderlichen Veranlassungen namens des säumigen Trägers der Krankenversicherung selbst zu treffen.

 

Vorläufige Geschäftsführung und Vertretung

 

§451. (1) Die Aufsichtsbehörde ist berechtigt, die Verwaltungskörper, wenn sie ungeachtet zweimaliger schriftlicher Verwarnung gesetzliche oder satzungsmäßige Bestimmungen außer Acht lassen, aufzulösen und die vorläufige Geschäftsführung und Vertretung vorübergehend einem vorläufigen Verwalter/einer vorläufigen Verwalterin zu übertragen. Diesem/Dieser ist ein Beirat zur Seite zu stellen, der im gleichen Verhältnis wie der aufgelöste Verwaltungskörper aus Vertreter/inne/n der Dienstgeber/innen und der Dienstnehmer/innen bestehen soll und dessen Aufgaben und Befugnisse von der Aufsichtsbehörde bestimmt werden. Die §§420 Abs2 bis 6 und 432 sind auf die Mitglieder des Beirates entsprechend anzuwenden. Der vorläufige Verwalter/Die vorläufige Verwalterin hat binnen acht Wochen vom Zeitpunkt seiner/ihrer Bestellung an die nötigen Verfügungen wegen Neubestellung des Verwaltungskörpers nach §421 zu treffen. Ihm/Ihr obliegt die erstmalige Einberufung der Verwaltungskörper.

 

(2) Die Bestimmungen des Abs1 über die Auflösung eines Verwaltungskörpers und die Übertragung der vorläufigen Geschäftsführung und Vertretung auf einen vorläufigen Verwalter/eine vorläufige Verwalterin sind entsprechend anzuwenden, solange und soweit ein Verwaltungskörper die ihm obliegenden Geschäfte nicht ausführt.

 

(3) Verfügungen des vorläufigen Verwalters/der vorläufigen Verwalterin, die über den Rahmen laufender Geschäftsführung hinausgehen, wie insbesondere derartige Verfügungen über die dauernde Anlage von Vermögensbeständen im Wert von mehr als 14 534,57 €, über den Abschluss von Verträgen, die den Versicherungsträger für länger als sechs Monate verpflichten, und über den Abschluss, die Änderung oder Auflösung von Dienstverträgen mit einer Kündigungsfrist von mehr als drei Monaten oder von unkündbaren Dienstverträgen, bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.

 

Kosten der Aufsicht

 

§452. Die Kosten der von der Aufsichtsbehörde angeordneten Maßnahmen belasten den Versicherungsträger (Dachverband). Zur Deckung der durch die Aufsicht erwachsenden sonstigen Kosten haben die Versicherungsträger und der Dachverband durch Entrichtung einer Aufsichtsgebühr beizutragen. Deren Höhe hat die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung des betreffenden Versicherungsträgers (des Dachverbandes) zu bestimmen.

 

Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht

 

§452a. Gegen Bescheide der Aufsichtsbehörde und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht kann Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden."

 

4. Das PLABG, Art1 BGBl I 98/2018 (ohne Berücksichtigung der Änderungen durch Art65 BGBl I 104/2019 ab 1. Juli 2020), lautet wie folgt (siehe zum Inkrafttreten §26 PLABG):

"Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG)

 

Inhaltsverzeichnis

 

1. AbschnittPrüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge

 

§1.

Einrichtung

§2.

Organisation

§3.

Aufgaben

§4.

Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge

§5.

Allgemeine Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen

§6.

Zurechnung

 

2. AbschnittPrüfungsbeirat beim Bundesminister für Finanzen

 

§7.

Einrichtung des Prüfungsbeirats

§8.

Aufgaben des Prüfungsbeirats

§9.

Sitzungen des Prüfungsbeirats

 

3. AbschnittVerfahren

 

§10.

Grundsätze

§11.

Anforderungsrecht

§12.

Informationsaustausch

§13.

Revision

 

4. AbschnittDatenschutz

 

§14.

Datenverarbeitung

 

5. AbschnittPersonal

 

§15.

Verwendung von Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse

§16.

Personalaufwand

§17.

Refundierung

§18.

Individuelle Beendigung

§19.

Übermittlung personenbezogener Daten

§20.

Sonstige Bestimmungen

 

6. AbschnittKostentragung und Schlussbestimmungen

 

§21.

Entgelt für die Dienstleistungserbringung an die Österreichische Gesundheitskasse

§22.

Begriffsbestimmung

§23.

Geschlechtsneutrale Bezeichnung

§24.

Verweise auf andere Bundesgesetze

§25.

Vollziehung

§26.

Inkrafttreten

 

 

  

 

1. Abschnitt

Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge

 

Einrichtung

 

§1. Der Bundesminister für Finanzen hat einen Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge (PLAB) einzurichten. Der Wirkungsbereich des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet.

 

Organisation

 

§2. (1) Die Leitung des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge erfolgt durch den Vorstand. Ihm obliegt insbesondere die organisatorische, personelle, wirtschaftliche und finanzielle Leitung.

 

(2) Dem Vorstand können für die fachliche Leitung Fachvorstände zur Seite gestellt werden. Einer der Fachvorstände hat im Fall der Verhinderung des Vorstandes dessen Aufgaben als sein Stellvertreter wahrzunehmen.

 

Aufgaben

 

§3. Dem Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge obliegt

1. die Durchführung der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (§4) im Auftrag des Finanzamtes der Betriebsstätte des Arbeitgebers (§81 des Einkommensteuergesetzes 1988 – EStG 1988, BGBl Nr 400/1988);

2. die Durchführung von allgemeinen Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen nach Maßgabe des §5 Abs1 und 2.

 

Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge

 

§4. Die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge stellt eine Außenprüfung gemäß §147 der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, dar und umfasst

1. die Lohnsteuerprüfung gemäß §86 EStG 1988,

2. die Sozialversicherungsprüfung gemäß §41a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl Nr 189/1955, und

3. die Kommunalsteuerprüfung gemäß §14 des Kommunalsteuergesetzes 1993, BGBl Nr 819/1993.

 

Allgemeine Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen

 

§5. (1) Die Organe des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge sind berechtigt, für Zwecke der Erhebung von lohnabhängigen Abgaben und Beiträgen die allgemeinen Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen gemäß §143 bis §146 BAO und gemäß §42 und §43 ASVG durchzuführen.

 

(2) Der Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge hat allgemeine Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen (§143 bis §146 BAO bzw §42 und §43 ASVG) auf Anforderung

1.

des Finanzamts der Betriebsstätte (§81 EStG 1988),

2.

der Österreichischen Gesundheitskasse oder

3.

der Gemeinde

durchzuführen.

 

  

(3) Die Organe des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge sind berechtigt, für die Erfüllung ihrer Aufgaben (§3) die Befugnisse gemäß §12 des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010, BGBl I Nr 9/2010, wahrzunehmen.

 

Zurechnung

 

§6. Das Organ des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge wird

1. bei der Durchführung

– der Lohnsteuerprüfung als Organ des Finanzamtes der Betriebsstätte (§81 EStG 1988),

– der Sozialversicherungsprüfung als Organ der Österreichischen Gesundheitskasse,

– der Kommunalsteuerprüfung als Organ der jeweils einhebungsberechtigten Gemeinde tätig;

2. bei der Durchführung von allgemeinen Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen als Organ der mit der Einhebung der betreffenden Abgaben oder Beiträge betrauten Stelle tätig.

 

2. Abschnitt

Prüfungsbeirat beim Bundesminister für Finanzen

 

Einrichtung des Prüfungsbeirats

 

§7. (1) Für Zwecke der Kooperation und der Koordinierung in Angelegenheiten der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge ist ein Prüfungsbeirat beim Bundesminister für Finanzen einzurichten.

 

(2) Der Prüfungsbeirat besteht aus

1. zwei Vertretern des Bundesministers für Finanzen,

2. zwei Vertretern der für die Erhebung der Lohnsteuer zuständigen Finanzämter,

3. zwei Vertretern des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz,

4. zwei Vertretern der Österreichischen Gesundheitskasse,

5. einem Vertreter des Österreichischen Gemeindebundes sowie

6. einem Vertreter des Österreichischen Städtebundes.

 

(3) Jede entsendende Institution hat Ersatzmitglieder zu benennen, die ein von der Institution entsendetes Mitglied bei dessen Verhinderung zu vertreten haben. Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) des Prüfungsbeirates werden von der jeweiligen Institution für die Dauer von fünf Jahren entsendet. Die Wiederbestellung ist zulässig.

 

(4) Der Vorsitzende wird vom Bundesminister für Finanzen aus dem Kreis seiner Vertreter bestellt. Der Stellvertreter des Vorsitzenden wird von der Österreichischen Gesundheitskasse aus dem Kreis ihrer Vertreter bestellt.

 

(5) Der Vorsitzende und der Stellvertreter des Vorsitzenden werden für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Eine Wiederbestellung ist nur einmal zulässig.

 

Aufgaben des Prüfungsbeirats

 

§8. (1) Dem Prüfungsbeirat obliegen

1. die Festlegung von Grundsätzen für die Erstellung des Prüfungsplans unter besonderer Beachtung des Ressourcenbedarfs für Bedarfsprüfungen,

2. die Festlegung von Grundsätzen für die Anforderung gemäß §5 Abs2 und §11,

3. die Kooperation und Koordinierung zwischen den jeweils entsendenden Institutionen sowie

4. die Festlegung von Grundsätzen für die Aus- und Fortbildung der Bediensteten des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge.

 

(2) Für den Zeitraum ab 1. April 2019 bis 31. Dezember 2019 obliegt dem Prüfungsbeirat die unterstützende Mitwirkung im Zusammenhang mit der Planung und Vorbereitung der Zuweisung der von §15 Abs1 erfassten Bediensteten. Für diesen Zeitraum gilt §7 mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Vertreter der Österreichischen Gesundheitskasse die Vertreter des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger treten.

 

Sitzungen des Prüfungsbeirats

 

§9. (1) Der Prüfungsbeirat tritt mindestens zweimal jährlich zusammen. Der Vorsitzende beruft die Sitzungen ein. Im Fall der Verhinderung des Vorsitzenden obliegt die Einberufung dem Stellvertreter des Vorsitzenden.

 

(2) Die Sitzungen des Prüfungsbeirats sind nicht öffentlich. Er ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist.

 

(3) Beschlüsse fasst der Prüfungsbeirat mit einfacher Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Im Fall der Verhinderung des Vorsitzenden gibt die Stimme des Stellvertreters des Vorsitzenden den Ausschlag.

 

(4) Für die Beschlussfassung der Geschäftsordnung und jede ihrer Änderungen ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der Stimmen aller anwesenden Mitglieder des Beirates erforderlich.

 

(5) Das Nähere über die Sitzungen und die Beschlussfassung hat die vom Prüfungsbeirat zu beschließende Geschäftsordnung zu bestimmen.

 

(6) Die Tätigkeit der Mitglieder des Prüfungsbeirats ist ehrenamtlich. Die Mitglieder haben gegenüber der sie entsendenden Institution Anspruch auf Ersatz der ihnen aus ihrer Tätigkeit im Prüfungsbeirat erwachsenden Barauslagen.

 

3. Abschnitt

Verfahren

 

Grundsätze

 

§10. (1) Auf die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge sind die für Außenprüfungen maßgeblichen Vorschriften der BAO anzuwenden.

 

(2) Der Prüfungsauftrag ist vom Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) zu erteilen.

 

(3) Das Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988), die Österreichische Gesundheitskasse und die Gemeinden sind an das Prüfungsergebnis nicht gebunden. Soll in einer Erledigung von den Sachverhaltsfeststellungen des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge abgewichen werden, ist dies dem Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge vor der Erledigung mitzuteilen.

 

Anforderungsrecht

 

§11. Der Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge hat auf Anforderung der Österreichischen Gesundheitskasse eine Sozialversicherungsprüfung oder auf Anforderung einer Gemeinde eine Kommunalsteuerprüfung durchzuführen.

 

Informationsaustausch

 

§12. (1) Der Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge hat das Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) hinsichtlich der Lohnsteuerprüfung, die Österreichische Gesundheitskasse hinsichtlich der Sozialversicherungsprüfung und die jeweils einhebungsberechtigte Gemeinde hinsichtlich der Kommunalsteuerprüfung elektronisch

1. von der Prüfung sowie vom Inhalt des Prüfungsberichtes zu verständigen,

2. auf Ersuchen über den Stand der Prüfung und Zwischenergebnisse zu informieren sowie

3. auf Ersuchen die für ein Rechtsmittelverfahren gegen Bescheide, denen eine Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge vorausgegangen ist, erforderlichen Informationen zu übermitteln.

 

(2) Die Österreichische Gesundheitskasse und die Gemeinde haben unverzüglich nach erfolgter Verständigung von der Prüfung gemäß Abs1 Z1 dem Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) ohne Aufforderung die für die Prüfung maßgeblichen Ergebnisse von allgemeinen Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen elektronisch zu übermitteln.

 

(3) Dem Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge sind für Zwecke der Erfüllung der Aufgaben gemäß §3 vom Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) alle für die Erhebung von lohnabhängigen Abgaben, von der Österreichischen Gesundheitskasse alle für das Versicherungsverhältnis und die Beitragsentrichtung und von den Gemeinden alle für die Erhebung der Kommunalsteuer bedeutsamen Daten elektronisch zur Verfügung zu stellen. Daten, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr benötigt werden, sind möglichst rasch zu löschen.

 

Revision

 

§13. Der Bundesminister für Finanzen ist berechtigt, gegen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes über Beschwerden gegen Bescheide, denen eine Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge vorausgegangen ist, Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Das Bundesverwaltungsgericht hat Ausfertigungen solcher Entscheidungen unverzüglich dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.

 

4. Abschnitt

Datenschutz

 

Datenverarbeitung

 

§14. Die Verarbeitung personenbezogener Daten (insbesondere die gemäß §12 Abs3 erlangten personenbezogenen Daten sowie die Versicherungsnummer gemäß §31 Abs4 Z1 ASVG) durch den Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge ist zulässig, wenn sie für Zwecke der Erfüllung der Aufgaben gemäß §3, für den Informationsaustausch gemäß §12 Abs1 oder sonst zur Erfüllung seiner Aufgaben oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die ihm übertragen wurde, erforderlich ist.

 

5. Abschnitt

Personal

 

Verwendung von Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse

 

§15. (1) Bedienstete der Österreichischen Gesundheitskasse, die zum 1. Oktober 2018 als Bedienstete einer Gebietskrankenkasse

1 überwiegend dem administrativen Bereich der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben – GPLA angehörten, oder

2. überwiegend als Prüfer im Zusammenhang mit der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben – GPLA im Sinne des §4 tätig waren, oder

3. überwiegend als Erhebungs- und Kontrollorgan im Zusammenhang mit der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben – GPLA im Sinne des §5 Abs1 tätig waren, oder

4. überwiegend mit juristischen Tätigkeiten bzw überwiegend mit Leitungstätigkeiten der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben – GPLA befasst waren, oder

5. überwiegend im Competence Center GPLA (CC-GPLA) mit dem IT Betrieb, der Einhaltung des Service Level Agreements, der operativen Steuerung des Betriebs und der Weiterentwicklung für die Prüfsoftware befasst waren,

werden von der Österreichischen Gesundheitskasse nach Maßgabe der Abs3 bis 8 auf unbeschränkte Dauer dem Bund zur Dienstleistung im Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge spätestens mit Wirksamkeit zum 1. Jänner 2020 zugewiesen, soweit sie am 31. Dezember 2019 unbefristet beschäftigt waren. Die Zuweisung kann aus wichtigen, in der Person des Bediensteten gelegenen Gründen unterbleiben oder beendet werden. Das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz – AÜG, BGBl Nr 196/1988, ist auf die Zuweisungsregelungen nach diesem Bundesgesetz nicht anwendbar.

 

(2) Die zugewiesenen Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse werden in die durch den Bundesminister für Finanzen einzurichtende Dienstbehörde bzw Personalstelle eingegliedert, bleiben aber hinsichtlich ihrer dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung Angestellte der Österreichischen Gesundheitskasse. Die für die Bediensteten nach Abs1 bisher anzuwendenden Rechtsvorschriften bleiben für die Dauer der Zuweisung weiterhin anwendbar, sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes vorgesehen ist.

 

(3) Die Fachaufsicht über die gemäß Abs1 zugewiesenen Bediensteten kommt den nach den organisationsrechtlichen Bestimmungen in diesem Bundesgesetz zuständigen vorgesetzten Organen des Bundes zu.

 

(4) Die über die nach Abs1 zugewiesenen Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse bestehende Dienstaufsicht wird an die für die Fachaufsicht zuständigen Organe des Bundes nach Abs3 insoweit übertragen, als es sich nicht um die Begründung oder Beendigung eines Dienstverhältnisses zur Österreichischen Gesundheitskasse handelt. In allen übrigen Fällen ist das Einvernehmen mit dem nach Abs3 berufenen Organ herzustellen.

 

(5) Die gemäß Abs1 zugewiesenen Bediensteten haben einen Anspruch auf Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Bund und können bis 30. November 2021, die Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Bund nach den Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 – VBG, BGBl Nr 86/1948 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2022 durch Erklärung erwirken. Das Beisetzen einer Bedingung macht die Erklärung unwirksam. Die im Rahmen der Zuweisung zum Bund zurückgelegte Dienstzeit ist nach Maßgabe der Regelungen für zeitabhängige Ansprüche anzurechnen.

 

(6) Sollten sich in der Zeit zwischen Abgabe der Erklärung und der Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Bund die anzuwendenden Rechtsvorschriften ändern, gelangt für den die Erklärung abgebenden Bediensteten bis zur Aufnahme in das Dienstverhältnis zum Bund die jeweils günstigere Regelung zur Anwendung.

 

(7) Die Zuweisung individueller Bediensteter gemäß Abs1 kann vom Bund aus wichtigen Gründen vorzeitig beendet werden. Die Zuweisung endet spätestens mit Übernahme in ein Dienstverhältnis gemäß Abs5 oder mit Pensionsantritt.

 

(8) Auf Schäden, die von einem zugewiesenen Bediensteten verursacht werden, kommen die Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes, BGBl Nr 80/1965, des Organhaftpflichtgesetzes – OrgHG, BGBl Nr 181/1967, und des Amtshaftungsgesetzes – AHG, BGBl Nr 20/1949, zur Anwendung.

 

Personalaufwand

 

§16. (1) Die Anzahl und Qualifikation der gemäß §15 Abs1 dem Bund zugewiesenen Bediensteten richtet sich nach der Anzahl und Qualifikation der Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse, die zum Stichtag 1. Oktober 2018 als Bedienstete einer Gebietskrankenkasse im Bereich der Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben – GPLA sowie im Competence Center GPLA (CC-GPLA) tätig sind.

 

(2) Zu der Anzahl nach Abs1 zum Stichtag 1. Oktober 2018 sind auch Bedienstete einzurechnen, die im Zeitpunkt dieses Stichtages dem Bereich der Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben – GPLA sowie dem Competence Center GPLA (CC-GPLA) angehörten und insbesondere karenziert sind oder gemäß den §§3 und 5 des Mutterschutzgesetzes 1979 nicht beschäftigt werden dürfen oder Präsenzdienst bzw Zivildienst leisten oder vorübergehend zur Dienstleistung in einen anderen Bereich der Krankenversicherungsträger zugewiesen wurden.

 

Refundierung

 

§17. Für die im §15 Abs1 zugewiesenen Bediensteten hat der Bund der Österreichischen Gesundheitskasse den Aufwand der Dienstbezüge einschließlich einer Abgeltung für Abfertigungs- oder Pensionsansprüche bzw Beiträge zu einer Pensionskasse nach der Dienstordnung A für Verwaltungsangestellte bei den Sozialversicherungsträgern zu ersetzen. Der konkrete Ersatz der Kosten, die diesbezügliche Refundierungsobergrenze und die näheren Modalitäten, insbesondere die Aufschlüsselung der Kosten, sind durch gesonderte Vereinbarung zu regeln. Dienstbezüge sind sämtliche den zugewiesenen Bediensteten gemäß der Dienstordnung A für Verwaltungsangestellte bei den Sozialversicherungsträgern gezahlten wiederkehrenden oder einmaligen Geldleistungen (ständige Bezüge und nichtständige Bezüge). Die Art und die Höhe der ersatzfähigen Dienstbezüge richten sich nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes und erhöhen sich gemäß der Dienstordnung A für Verwaltungsangestellte bei den Sozialversicherungsträgern unbeschadet der in Arbeitsverträgen, Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen getroffenen günstigeren Regelungen, sofern keine andere Art der Valorisierung vorgesehen ist.

 

Individuelle Beendigung

 

§18. Die individuelle Beendigung eines gemäß §15 Abs1 zugewiesenen Bediensteten bewirkt für den Bund keine Reduktion des zum Stichtag 1. Oktober 2018 nach Anzahl und Qualifikation festgelegten Kontingents gemäß §16. Der Ersatz des Aufwandes der Dienstbezüge durch den Bund gemäß §17 reduziert sich aber diesfalls im entsprechenden Ausmaß.

 

Übermittlung personenbezogener Daten

 

§19. Die jeweiligen Gebietskrankenkassen bzw die Österreichische Gesundheitskasse sind zur Wahrnehmung der in den §§15 bis 17 enthaltenen Bestimmungen verpflichtet, die erforderlichen personenbezogenen Daten bezüglich der in §15 Abs1 zugewiesenen Bediensteten dem Bundesminister für Finanzen zur Verfügung zu stellen. Die von den jeweiligen Gebietskrankenkassen bzw der Österreichischen Gesundheitskasse übermittelten personenbezogenen Daten werden vom Bundesministerium für Finanzen gemäß den datenschutzrechtlichen Bestimmungen zweckentsprechend verarbeitet.

 

Sonstige Bestimmungen

 

§20. Die Sozialversicherungsanstalten in Form der Gebietskrankenkassen bzw die Österreichische Gesundheitskasse sind verpflichtet, bis 31. Dezember 2021 für eine einheitliche Anwendung ihrer Dienstordnungen zu sorgen.

 

6. Abschnitt

Kostentragung und Schlussbestimmungen

 

Entgelt für die Dienstleistungserbringung an die Österreichische Gesundheitskasse

 

§21. Für die Durchführung der Sozialversicherungsprüfung hat die Österreichische Gesundheitskasse dem Bundesministerium für Finanzen bis längstens 31. März des Folgejahres ein Entgelt zu leisten. Das konkrete Entgelt und die näheren Modalitäten, insbesondere die Aufschlüsselung des Entgelts, sind durch gesonderte Vereinbarung zu regeln.

 

Begriffsbestimmung

 

§22. Unter Erhebung im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle der Durchführung der Abgabenvorschriften und der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften dienenden behördlichen Maßnahmen zu verstehen.

 

Geschlechtsneutrale Bezeichnung

 

§23. Die in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen.

 

Verweise auf andere Bundesgesetze

 

§24. Wenn in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

 

Vollziehung

 

§25. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Finanzen betraut.

 

Inkrafttreten

 

§26. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft; dies gilt nicht für die §§7 bis 9, die mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten.

 

(2) Zum 31. Dezember 2019 noch nicht abgeschlossene gemeinsame Prüfungen lohnabhängiger Abgaben, die vom Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) oder einer Gebietskrankenkasse beauftragt wurden, sind vom Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge fortzuführen. Die Wirksamkeit des bereits erteilten Prüfungsauftrages bleibt unberührt.

 

(3) Für zum 31. Dezember 2019 noch nicht abgeschlossene gemeinsame Prüfungen lohnabhängiger Abgaben, die von der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau beauftragt wurden, sind die vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes für gemeinsame Prüfungen lohnabhängiger Abgaben geltenden Bestimmungen weiterhin anzuwenden."

5. Die §§6, 40, §42 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl 609/1977, idF BGBl I 157/2017 (§6), idF BGBl I 67/2013 (§40) und idF BGBl I 100/2018 (§42), lauten wie folgt:

"ARTIKEL II

Leistungen

 

§6. (1) Als Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung werden gewährt:

1. Arbeitslosengeld;

2. Notstandshilfe;

3. Bevorschussung von Leistungen aus der Pensionsversicherung;

4. Weiterbildungsgeld;

5. Bildungsteilzeitgeld;

6. Altersteilzeitgeld;

6a. Teilpension – erweiterte Altersteilzeit;

7. Übergangsgeld nach Altersteilzeit;

8. Übergangsgeld;

9. Umschulungsgeld.

 

(2) Als Versicherungen aus der Arbeitslosenversicherung werden gewährt:

1. Krankenversicherung für Bezieher der Leistungen nach Abs1 Z1 bis 5 sowie 7 bis 9;

2. Unfallversicherung für Bezieher der Leistungen nach Abs1 Z1, 2, 4, 5 und 9 nach Maßgabe des §40a;

3. Pensionsversicherung für Bezieher der Leistungen nach Abs1 Z1, 2, 4, 5 und 7 bis 9.

 

[…]

 

(3) Als Versicherungen aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung werden Krankenversicherung, Unfallversicherung und Pensionsversicherung für Bezieher einer Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes nach dem Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG), BGBl Nr 313/1994, gewährt.

 

(4) Als Versicherungen aus Mitteln des Bundes werden Krankenversicherung und Pensionsversicherung für Dienstnehmer und Arbeitslose bei Sterbebegleitung, bei Begleitung von schwerst erkrankten Kindern und bei Pflegekarenz nach Maßgabe der §§29 bis 32 gewährt.

 

Abschnitt 4

Krankenversicherung der Leistungsbezieher

 

§40. (1) Die Bezieher von Leistungen nach §6 Abs1 Z1 bis 5 sowie 7 bis 9 sind während des Leistungsbezuges bei der Gebietskrankenkasse ihres Wohnortes krankenversichert. Für diese Versicherung gelten die Vorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes über die gesetzliche Krankenversicherung für Pflichtversicherte, soweit sich nicht aus den folgenden Bestimmungen Abweichendes ergibt.

 

(2) Abweichend von Abs1 sind Personen, die während ihres letzten anspruchsbegründenden Dienstverhältnisses bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau krankenversichert waren, bei dieser Versicherungsanstalt, sowie Bezieher, die während des letzten anspruchsbegründenden Dienstverhältnisses bei einer Betriebskrankenkasse krankenversichert waren, bei dieser Betriebskrankenkasse krankenversichert, wenn sie Arbeitslosengeld für eine Bezugsdauer gemäß §18 Abs2 litb oder c oder für eine verlängerte Bezugsdauer gemäß §18 Abs5 oder Umschulungsgeld erhalten. Dies gilt auch, wenn nach Erschöpfung der Bezugsdauer einer derartigen Leistung Notstandshilfe bezogen wird oder ein Anspruch auf Krankenversicherung gemäß §34 besteht. Abweichend von Abs1 sind weiters Personen, die Bildungsteilzeitgeld beziehen, bei jenem Krankenversicherungsträger versichert, bei dem sie auf Grund ihres Arbeitsverhältnisses versichert sind.

 

(3) Die Bezieher von Leistungen gemäß §6 Abs1 Z1 bis 3 sowie 7 bis 9 sind überdies während der Zeit zwischen dem Ende der Anspruchsberechtigung auf die Leistungen der Krankenversicherung und dem Beginn (Wiederbeginn) des Anspruches auf eine Leistung gemäß §6 Abs1 Z1 bis 3 sowie 7 bis 9 bei fehlender Schutzfrist nach §122 Abs2 Z2 ASVG für längstens sechs Wochen in gleicher Weise wie während der Schutzfrist des §122 Abs2 ASVG krankenversichert.

 

Beiträge und Meldungen zur Krankenversicherung

 

§42. (1) Die Aufwendungen der Träger der Krankenversicherung für an Leistungsbezieher nach diesem Bundesgesetz zu erbringende Leistungen sind durch einen Krankenversicherungsbeitrag in der Höhe von 7,55 vH der bezogenen Leistung, ohne Berücksichtigung eines allfälligen Zusatzbetrages gemäß §20 Abs6, abzugelten.

 

(2) Überdies sind die Aufwendungen der Träger der Krankenversicherung für an Leistungsbezieher nach diesem Bundesgesetz zu erbringende Leistungen für Krankengeld vom 4. bis 56. Krankenstandstag pro Krankenstandsfall abzugelten. Die Abgeltung hat monatlich gemeinsam mit dem Krankenversicherungsbeitrag auf der Grundlage der Anzahl der entsprechenden Krankenstandstage und der durchschnittlichen Höhe der Leistungen des zweitvorangegangenen Jahres in der Höhe eines Zwölftels der entsprechenden Jahresaufwendungen zu erfolgen. Nach Vorliegen der Anzahl der entsprechenden Krankenstandstage und der durchschnittlichen Höhe der Leistungen des jeweiligen Vorjahres ist der Differenzbetrag zwischen geleisteter und auf Grund der Jahresdaten ermittelter Höhe der Abgeltung im zweiten Quartal des laufenden Jahres auszugleichen.

 

(3) Die Beiträge zur Krankenversicherung werden aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung bestritten.

 

(4) Meldungen, die nach den Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung dem Dienstgeber obliegen, hat die regionale Geschäftsstelle zu erstatten. Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz kann durch Verordnung Bestimmungen über die Vereinfachung des Meldewesens und über die Art der Entrichtung der Beiträge erlassen.

 

(5) Abweichend von Abs1 beträgt der Beitrag zur Krankenversicherung in den Jahren 2005 bis 2007 7,5 vH und ab dem Jahr 2008 7,65 vH der bezogenen Leistung."

 

6. §40 AlVG idF BGBl I 100/2018 lautet ab 1. Jänner 2020 wie folgt:

"Abschnitt 4

Krankenversicherung der Leistungsbezieher

 

§40. (1) Die Bezieher von Leistungen nach §6 Abs1 Z1 bis 5 sowie 7 bis 9 sind während des Leistungsbezuges bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankenversichert. Für diese Versicherung gelten die Vorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes über die gesetzliche Krankenversicherung für Pflichtversicherte, soweit sich nicht aus den folgenden Bestimmungen Abweichendes ergibt.

 

(2) Abweichend von Abs1 sind Personen, die Bildungsteilzeitgeld beziehen, bei jenem Krankenversicherungsträger versichert, bei dem sie auf Grund ihres Arbeitsverhältnisses versichert sind, oder haben, wenn sie von der Krankenversicherung ausgenommen sind, Anspruch auf Leistungen jener betrieblichen Gesundheitseinrichtung, der sie auf Grund ihres Arbeitsverhältnisses zugehörig sind. An die Stelle der Beiträge zur Krankenversicherung treten entsprechende Beitragsleistungen an jene Rechtsträger, die die Leistungen der betrieblichen Gesundheitseinrichtung tragen.

 

(3) Die Bezieher von Leistungen gemäß §6 Abs1 Z1 bis 3 sowie 7 bis 9 sind überdies während der Zeit zwischen dem Ende der Anspruchsberechtigung auf die Leistungen der Krankenversicherung und dem Beginn (Wiederbeginn) des Anspruches auf eine Leistung gemäß §6 Abs1 Z1 bis 3 sowie 7 bis 9 bei fehlender Schutzfrist nach §122 Abs2 Z2 ASVG für längstens sechs Wochen in gleicher Weise wie während der Schutzfrist des §122 Abs2 ASVG krankenversichert."

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019

1.1. Die Antragsteller zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92, 93, 100 und 101/2019legen ihre Bedenken im Wesentlichen übereinstimmend (auszugsweise) wie folgt dar (Zitat aus G67, 68, 69, 70 und 71/2019):

"III. Zur Verfassungswidrigkeit der §§23, 26, 538t ASVG ('Fusionierung'); §§538u, 538v, 538w ASVG ('Überleitungsausschuss')

 

1. Einleitung

 

Die einzelnen Selbstverwaltungskörper – sohin auch die Gebietskrankenkassen – genießen zwar keinen Bestandsschutz. Der Gesetzgeber ist bei deren Auflösung aber an das allgemeine Sachlichkeitsgebot gebunden, sodass die Auflösung schlüssig begründet sein muss und die Fusionierung gegenüber dem bisherigen System Vorteile aufweisen muss. Diesen Anforderungen wird die gegenständliche Zusammenlegung der GKKs jedoch nicht gerecht.

 

Die Materialien begründen die Fusionierung primär mit einer Einsparung von Verwaltungskosten. Konkret sollen in den kommenden vier Jahren 1 Milliarde EUR eingespart werden. Hierzu fehlen jedoch detaillierte Berechnungen, was insbesondere auch auf eine mangelnde Planung der Zusammenlegung zurückzuführen ist. Darüber hinaus sind die Verwaltungskosten in der Krankenversicherung bereits derzeit (auch im internationalen Vergleich) auffallend niedrig; sie machen lediglich 1,97 % der Ausgaben der Versicherungsträger aus. Die Einsparungsmöglichkeiten in diesem Bereich sind ebenfalls sehr gering.

 

Einsparungen in einer angemessenen Höhe sind durch die Zusammenlegung sohin nicht erzielbar. Es kommt vielmehr zu einer Vielzahl an zusätzlichen Kosten. Zunächst fallen bereits Fusionskosten in unverhältnismäßiger Höhe an, was auch an der unzureichenden Planung der Zusammenlegung liegt. Doch auch nach erfolgter Fusionierung entstehen langfristig neue Kosten. Die Verwaltungskosten werden also nicht nur nicht gesenkt werden, sondern steigen sogar an. Dies zeigt auch das Beispiel der Zusammenlegung der steirischen Gemeinden im Jahr 2015, wo die Verwaltungskosten langfristig (pro Kopf um 1,5 %) in den fusionierten Gemeinden anstiegen. Mit Mehrkosten ist außerdem aufgrund eines Wegfalls der bislang bestehenden Zuflüsse nach §1a GSBG (Verlust von 35 Millionen EUR), einer neu geschaffenen Zahlungsverpflichtung iHv 17,7 Millionen EUR an den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds sowie einer Streichung des besonderen Pauschbetrags bei Beibehaltung der Vorleistungspflicht der Krankenversicherung für Arbeitsunfallopfer, zu rechnen.

 

Durch die Fusionierung per se kommt es auch weder zu einer Leistungsharmonisierung oder Leistungsverbesserung, was eine Zusammenlegung der GKKs rechtfertigen könnte. Die gesamte Novelle enthält keine einzige wesentliche Änderung im Leistungsrecht. Es ist nicht ausreichend, die Fusionierung bloß in der Hoffnung durchzuführen, in weiterer Folge mit freigewordenen (allerdings liegen diese bloß in geringer Höhe vor) Mitteln in einem weiteren Schritt eine Leistungsharmonisierung oder Verbesserungen im Leistungsbereich zu erreichen (die Materialien sprechen von der Schaffung von 'Rahmenbedingungen'). Diese Ziele könnten überdies auch ohne Zusammenlegung erreicht werden.

 

Durch die Zentralisierung der Krankenkassen kommt es sogar zu einer Verschlechterung der Leistungen für die Versicherten. Denn sämtliche Entscheidungen für 7,2 Millionen Versicherte (das sind 82 % der Bevölkerung Österreichs) werden fortan auf zentraler Ebene getroffen. Hierdurch ist es nicht mehr wie bisher möglich, auf die regionalen Unterschiede einzugehen. Bereits aufgrund geographischer Unterschiede (Stadt/Land), dem unterschiedlichen Durchschnittsalter der Bevölkerung sowie dem verschiedenen Ausmaß an Erwerbstätigkeit in den Bundesländern ist eine einheitliche Regelung, die für alle Bundesländer gilt, nicht zweckdienlich. Das Leistungsangebot hängt sohin notwendigerweise von demografischen, sozioökonomischen und geografischen Bedingungen ab. Alle wesentlichen Leistungsanbieter und Akteure sind auf Landesebene organisiert. Hier werden auch die wesentlichen Rahmenbedingungen geschaffen, die für die Ausgestaltung des Leistungsangebotes der Krankenversicherung relevant sind. Insbesondere die Erstantragstellerin hat ein sehr gutes Versorgungsangebot auf regionaler Ebene etabliert.

 

Erschwerend kommt hinzu, dass im Verwaltungsrat (dem neu geschaffenen zentralen Entscheidungsorgan) der ÖGK eine Vertretung aller Bundesländer nicht gewährleistet ist.

 

Eine weitere Unsachlichkeit liegt in der Zusammensetzung des in der ÖGK versicherten Personenkreises begründet. Denn aufgrund der durch die Fusionierung erfolgten völligen Neuordnung des Systems der Krankenversicherung hätte der Gesetzgeber hinsichtlich der Abgrenzung des im Sozialversicherungsträger zusammengefassten Personenkreises zu beachten gehabt, inwiefern die künftigen Mitglieder ein gemeinsames Interesse aufweisen und in einem personellen und sachlichen Zusammenhang zueinander stehen. Trotz der Nähe einiger (ehemaliger) VAEB-Versicherter (etwa Liftwarte und andere Beschäftigte von Bergbahnen, Salinenarbeiter und -angestellte, Busfahrer bei privaten Verkehrsbetrieben, Arbeiter und Angestellte in der Mineralölindustrie) zu den ÖGK-Versicherten wurden diese der neu geschaffenen BVAEB zugewiesen und somit in eine Krankenkasse mit völlig unterschiedlichen Berufsgruppen wie Universitätsprofessoren und Staatsanwälten zusammengelegt.

 

Die Zusammenlegung verstößt auch gegen die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Selbstverwaltung (Art120a ff B‑VG). Denn der Gesetzgeber darf nur Personen zur selbständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse gelegen und geeignet sind, durch sie gemeinsam besorgt zu werden, durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern zusammenfassen (VfSlg 8215/1977). Allerdings ist es hinsichtlich der Versicherten der ÖGK bereits fraglich, ob ein 'überwiegendes gemeinsames Interesse' vorliegt, weil durch die Fusionierung 85 % der Gesamtbevölkerung in der ÖGK zusammengefasst werden, gleichzeitig jedoch unterschiedliche Bedürfnisse und somit Interessen hinsichtlich des Leistungsangebots bestehen. Denn wie soeben ausgeführt, sind in den einzelnen Bundesländern aufgrund von regionalen Unterschieden verschiedene Leistungsangebote erforderlich.

 

Die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen ist sohin ineffizient, nachteilig und berücksichtigt nicht mehr die regionalen Besonderheiten. Ausreichend gewichtige Vorteile, die die Fusionierung rechtfertigen würden, liegen sohin nicht vor. Die angefochtenen Bestimmungen sind sohin unsachlich und als verfassungswidrig aufzuheben. Sollte der VfGH dieser Ansicht nicht folgen und die Zusammenlegung nicht beanstanden, so sind jedoch jedenfalls nachfolgende Aspekte der Neuregelung (Punkt IV – XIII) verfassungswidrig.

 

Dazu im Detail:

 

2. Verstoß gegen das allgemeine Sachlichkeitsprinzip (Art7 B‑VG, Art2 StGG)

 

Gemäß Art120a B‑VG können Personen zur selbstständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse gelegen und geeignet sind, durch sie gemeinsam besorgt zu werden, durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern zusammengefasst werden. Zu dieser 'sonstigen Selbstverwaltung' zählen auch die Sozialversicherungsträger (Öhlinger, Die Bedeutung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, DRdA 2002, 191; Stöger in Mosler/Müller/Pfeil, ASVG-Kommentar, §32 ASVG Rz 8 mwN).

 

Als Selbstverwaltungskörpern obliegt den Krankenkassen – sohin auch der Erstantragstellerin – die Durchführung der sozialen Krankenversicherung, die im gemeinsamen Interesse der für die gesetzlich zu einer Risikogemeinschaft zusammengefassten Pflichtversicherten liegt. Diesbezüglich besteht Weisungsfreiheit. Weisungsbefugnisse staatlicher Organe werden im Gesetz explizit angeführt und konnten nur im übertragenen Wirkungsbereich bestehen.

 

Innerhalb der gesetzlichen Grenzen regeln die Sozialversicherungsträger die Rechte und Pflichten der Versicherten sowie der Beitragsschuldner durch Satzung (§453 Abs1 ASVG). §23 ASVG ermächtigt die Träger der Krankenversicherung darüber hinaus, nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften Krankenanstalten zu errichten, zu erwerben und zu betreiben. Die Sozialversicherungsträger handeln dabei weisungsfrei (Art120b Abs1 B‑VG), unterliegen jedoch der Aufsicht des Bundes (§448 ff ASVG). Sie haben darüber hinaus den Auftrag, über generelle und Einzel-Verträge mit den verschiedenen Gesundheitsleistungsanbietern wie Ärzten, Therapeuten, Krankenanstalten, Bandagisten, Rettungs- und Transportanbietern uvm den Versicherten ein den gesetzlichen Vorgaben entsprechendes Versorgungsangebot zur Verfügung zu stellen (vgl sechster Teil des ASVG, §135 Abs2 ASVG uvm).

 

Der Gesetzgeber hat gemäß Art120c Abs2 B‑VG die Erfüllung der Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers durch Beiträge der Mitglieder oder sonstige Mittel sicherzustellen. Die Höhe der Beiträge in der Krankenversicherung ist in §51 Abs1 ASVG geregelt. Die Beiträge werden vom zuständigen Träger der Krankenversicherung eingehoben (§58 Abs4 ASVG). Die Mittel der Sozialversicherung dürfen gemäß §81 Abs1 ASVG nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zulässigen Zwecke verwendet werden. Innerhalb dieser Grenzen liegt die Entscheidung über die Mittelverwendung im Ermessen des Sozialversicherungsträgers.

 

Art120a B‑VG schützt bei all dem die Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern als solche. Deren Einrichtung liegt im Organisationsplan der Bundesverfassung (VfSlg 8215/1977), wobei der Gesetzgeber Selbstverwaltungskörper nur entsprechend den vom VfGH in seiner Judikatur ausgearbeiteten Grundsätzen gestalten darf (siehe etwa VfSlg 17.023/2003, 17.869/2006; VfGH 23.6.2014, G87/2013, G29/2014; 01.12.2014, V53/2014, G68/2014).

 

Die Verfassung eröffnet dem Gesetzgeber sohin die Möglichkeit zur Schaffung von Selbstverwaltungskörpern. Deren Einrichtung und die Organisation von einzelnen Selbstverwaltungskörpern ist aber dem Gesetzgeber überlassen. Zwar trifft diesen keine Verpflichtung zur Schaffung von Selbstverwaltungskörpern; sobald er sich aber hierzu entschließt ist er an das Sachlichkeitsgebot gebunden (VfSlg 18.731/2009).

 

Art120a B‑VG verleiht den einzelnen Selbstverwaltungskörpern sohin keinen Bestandsschutz (VfSlg 19.919/2014). Der einfache Gesetzgeber kann diese auflösen, ist hierbei jedoch, wie bereits erwähnt, an das aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Sachlichkeitsgebot gebunden. Demnach bedarf jede Änderung, vor allem aber die Auflösung einer Selbstverwaltungseinrichtung, einer schlüssigen sachlichen Begründung. Die Fusionierung muss sohin zum gegenständlichen System Vorteile bringen.

 

Der VfGH geht davon aus, dass die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit von Strukturänderungsmaßnahmen von einer Vielzahl an Umständen abhängig sind. Es sprächen sohin stets Umstände für die Maßnahme; gleichzeitig lägen allerdings auch Umstände vor, an denen gemessen sie nicht erforderlich, ja vielleicht sogar unzweckmäßig sei (VfSlg 10.637/1985, 11.372/1987, 11.629/1988, 11.858/1988). Dies sei jedoch unvermeidlich und mache die Maßnahme an sich noch nicht unsachlich (VfSlg 17.488/2005).

 

Gegenständlich liegen allerdings nicht bloß 'auch' Umstände vor, die gegen eine Fusionierung der Gebietskrankenkassen zur ÖGK sprechen; vielmehr handelt es sich – wie in weiterer Folge detailliert dargelegt wird – um gewichtige Argumente, welche die möglichen positiven Seiten einer Zusammenlegung deutlich überwiegen.

 

Es gilt sohin zu prüfen, ob die gegenständlich bekämpfte Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen im Einzelnen dem Sachlichkeitsgebot (auch in Hinblick auf das Effizienzprinzip; VfSlg 14.473/1996) entspricht. Es ist zu analysieren, ob sich das Gesetz im Lichte der zu erwartenden künftigen Entwicklung als sachlich und nachvollziehbar erweist (VfSlg 19.894/2014).

 

2.1 Keine ausreichende Planung der Fusionierung

 

Gemäß einer Studie der Harvard Business School scheitern zwischen 70 und 90 % aller Fusionen (Christensen ua, The New M&A Playbook, Harvard Business Review 89, 2011/3; siehe auch Hewitt, M&A Transactions and the Human Capital Key to Success – Global Report, 2009); in mehr als 50 % der Fusionen wird der Unternehmenswert vernichtet (Rathje, Zusammenhalt in der Zwischenzeit: neue Ansätze zur Erhaltung von Unternehmenskultur in der M&APlanung, interculture journal: Online-Zeitschrift für interkulturelle Studien 2006, 103, mit Verweis auf Habeck/Kröger/Träm, Wi(e)der das Fusionsfieber, 2002, 5). Insbesondere bei der Fusionierung von Krankenhauszusammenschlüssen haben Studien herausgefunden, dass 40 % der Krankenhauszusammenschlüsse nicht erfolgreich sind (Brast & Borchers, 2010) oder die Mehrzahl der Fusionen von Krankenhäusern nicht die gesetzten Ziele erreicht (Steffen/Offermanns, Erfolgskritische Faktoren von Krankenhausfusionen, 2011, 10 mwN).

 

Als einen der Hauptgründe hierfür nennt die Studie der Harvard Business School die unrealistischen Erwartungshaltungen der Entscheidungsträger bezüglich der erhofften Steigerung sowie die zu hohen Ausgaben bei der Fusion.

 

Um diese Fehler zu vermeiden bedarf es einer intensiven Vorbereitung, zu der insbesondere eine detaillierte Auseinandersetzung mit der finanziellen Lage vor der Zusammenlegung und den erwarteten Resultaten danach zählt. Es ist sohin eine Strategie erforderlich, welche die Fusionsziele klar und messbar definiert (Fiedler/Sponheurer, Public Merger erfolgreich managen, in Huber/Jansen/Plamper, Public Merger – Strategien für Fusionen im öffentlichen Sektor, 2004, 98). Die Planung der gegenständlichen Fusionierung lässt dies jedoch vermissen (siehe sogleich Punkt 1.2). Insbesondere fehlt es an einer Fusions-Due-Diligence, die auf der Grundlage von Datenanalysen Fusionskosten, Fusionspotenziale und mögliche Fusionswege mit entsprechender Tiefe analysiert und bewertet (Stein-Hardenberg Institut, Stellungnahme zur Neugestaltung der österreichischen Sozialversicherungsträger, 22).

 

Ebenso liegen gegenständlich sowohl unrealistische Erwartungshaltungen bzgl des durch die Fusionierung ermöglichten Einsparungspotentials (sogleich Punkt 1.2.a) als auch unverhältnismäßig hohe Fusionskosten (siehe Punkt 1.3.a) vor.

 

Die gegenständliche Fusionierung der GKKs zur ÖGK soll über einen Zeitraum von nur neun Monaten (01.04.2019 – 31.12.2019; RV 329 BlgNR 26. GP  20) stattfinden; der Rechnungshof kritisierte allerdings bereits den Zeitraum von einem Jahr für die Fusion der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten als zu kurz (Rechnungshof, Reihe Bund 2007/8, 1). Bereits diese viel zu kurze Zeitspanne verhindert eine ordnungsgemäße und wirtschaftlich durchdachte Zusammenlegung. Hinzu kommt, dass Personen, die bisher für eine GKK oder den Hauptverband eine Organstellung wahrgenommen haben, ex lege von einer Tätigkeit in dem für die Fusionierung zuständigen Überleitungsausschuss ausgeschlossen sind (§538v ASVG idF BGBl I 100/2018). Der Überleitungsausschuss wird sohin mit Personen besetzt sein, denen es vollkommen an Erfahrung in der Krankenversicherung mangelt. Dennoch ist diesem Überleitungsausschuss die Durchführung der Fusionierung übertragen (RV 329 BlgNR 26. GP  20).

 

Im Zuge der Vorbereitung der Zusammenlegung wurde eine Einbindung der Betroffenen – insb der GKKs, um deren Zusammenschluss es schließlich geht und die als einzige über jahrzehntelange Erfahrungen im Bereich der Krankenversicherung aufweisen, gänzlich unterlassen; von einem professionellen Vorgehen (im Sinne einer Change-Strategie) ist in keiner Weise zu sprechen (vgl Mayerhofer, Fusionsbedingte Integration verschiedener Organisationen, Handbuch Fusionsmanagement, 2003, 8). Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die insgesamt über 10.511 Mitarbeiter der GKKs, die fortan für die ÖGK tätig sein sollen (§538t Abs3 ASVG idF BGBl I 100/2018), bislang in die Vorbereitung der Fusion einbezogen wurden (Hauptverband, Verwaltungsstatistik 2017). Aus Mitarbeitersicht handelt es sich jedoch ebenfalls um eine grundlegende Veränderung; dies auch aufgrund der völligen Entmachtung der einzelnen Bundesländer (Landesstellenausschüsse), sodass mit Widerständen zu rechnen sein wird (Stein-Hardenberg Institut, Stellungnahme 15). Die mangelnde Einbeziehung der GKKs sowie der Mitarbeiter ist auch aus einer Parlamentarischen Anfragebeantwortung zur Sozialversicherungsreform ersichtlich. Auf eine diesbezügliche Frage wurde lediglich die ausweichende Antwort gegeben, dass 'immer wieder Gespräche mit Vertretern der Sozialversicherung geführt worden seien', ohne jedoch konkrete Fakten zu nennen. Eine Antwort bezüglich der Einbeziehung der Dienstnehmer wurde gänzlich unterlassen (Parlamentarische Anfragebeantwortung, 3311/AB-BR/2018 vom 21.12.2018 zu 3583/J-BR, 2).

 

Für eine adäquate Vorbereitung der Fusionierung hätte es auch einer Evaluierung der Organisationsunterschiede in den einzelnen GKKs bedürfen. Denn nur wenn erhoben wird, in welchen Bereichen Differenzen tatsächlich bestehen und wie diese ausgestaltet sind, lässt sich ein Plan entwickeln, wie auf effiziente und kostengünstige Weise eine Vereinheitlichung herbeigeführt werden kann (Stein-Hardenberg Institut, Stellungnahme 16).

 

Darüber hinaus findet gegenständlich keine Fusionierung von zwei Unternehmen statt; es werden gleich neun (sowohl in Hinblick auf ihre Mitglieder, die finanzielle Situation, Mitarbeiter und Aufgabe) große Krankenversicherungsträger zu einem verschmolzen. Chancenreicher sind Fusionierungen, bei denen ein kleines Unternehmen in ein großes verschmolzen wird (Schneider/Jenewein, Fusion regionaler Gebietskrankenkassen, Volkswirtschaftliche Analyse von Fusionen sowie regionalwirtschaftliche Auswirkungen für Oberösterreich, 2018, 32). Da dies gegenständlich nicht der Fall ist, bedürfte es umso mehr einer detaillierten Vorbereitung der Zusammenlegung.

 

Eine Fusionierung ist nicht mit der bloßen Zusammenlegung (dh mit 01.01.2020) beendet. Vielmehr bedarf es nach diesem Zeitpunkt – oftmals langjährigen – Anpassungen der bislang neun unterschiedlichen Systeme aufeinander, was durch die zusätzlichen Änderungen in den Organen und der personellen Wechsel zusätzlich erschwert wird. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwiefern dieser Aspekt bei der Schaffung der gegenständlichen Novelle berücksichtigt wurde (Schneider/Jenewein, Fusion 32).

 

Sollte die Fusionierung tatsächlich scheitern, so hätte dies schwerwiegende Folgen, die 7,2 Millionen Österreicher betreffen. Denn der Schaden wäre keinesfalls auf bloß nicht eingetretene Verwaltungseinsparungen begrenzt. Ein Scheitern würde zu einer Verschlechterung des gesamten österreichischen Gesundheitssystems führen, dessen Auswirkungen für die Versicherten unmittelbar spürbar wären. Da die Fusionierung das bestehende – gut funktionierende – System der Krankenversicherung völlig zerschlägt, wäre auch eine Rückkehr zum bisherigen System nicht, bzw erst nach einiger Zeit nach einem finanziell (sehr teuren) Wiederaufbau möglich.

 

Es wäre daher von besonderer Wichtigkeit, mögliche Fehlentwicklungen frühestmöglich zu erkennen, was insbesondere durch eine laufende Evaluierung erreicht werden könnte. Der Gesetzgeber hat jedoch mit der Novelle BGBl I 100/2018 die Kontrollversammlung (§419 Abs1 Z3 ASVG aF) abgeschafft und an deren Stelle kein ähnliches Organ (sohin ein Selbstverwaltungsorgan oder ein an ein solches weisungsgebundenes Organ) der inneren Kontrolle (wie dies im Unternehmensrecht durchgängig der Fall ist und zum internationalen und nationalen Standard zählt; vgl zB §§85 und 107 AVG, §82 AktG, §§22 Abs1 GmbHG, §22 Abs1 GenG) vorgesehen. Das völlige Fehlen einer internen Kontrolle widerspricht sohin auch den allgemein anerkannten Grundsätzen des Unternehmensrechts; der Gesetzgeber hat dem Versicherungsträger jegliche Möglichkeit genommen, Missstände rechtzeitig zu erkennen.

 

Dieser Umstand kann auch nicht durch die nunmehr erweiterten Aufsichtskompetenzen des Bundes kompensiert werden. §436 Abs1 ASVG aF verpflichtete die Kontrollversammlung zur ständigen Überwachung der gesamten Gebarung des Versicherungsträgers und zur Berichterstattung über ihre Wahrnehmungen. Es war also eine ständige Überwachung (nicht nur eine nachgehende Kontrolle) der Gebarung eingerichtet (Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm §437 ASVG Rz 4). Bei der Übertragung der Aufsichtsrechte an die BMASGK als Aufsichtsbehörde wurde von einem System der ständigen Überwachung auf ein System der nachstehenden Kontrolle umgestellt. Die Aufsichtsbehörde kann gem §449 Abs1 letzter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 Beschlüsse der Verwaltungskörper aufheben. Eine Beeinspruchung von Beschlüssen mit aufschiebender Wirkung ist gem §448 Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018 nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

 

Für einen Selbstverwaltungskörper ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass eine ständige interne Kontrolle eingerichtet ist, um zeitgerecht und im eigenen Verantwortungsbereich Missstände zu erkennen und zu korrigieren. Eine solche umfassende Aufsicht durch eine Bundesbehörde würde aber zu weit in die verfassungsgesetzlich gesicherte Autonomie des Selbstverwaltungskörpers eingreifen, weshalb diese zwingend intern einzurichten ist.

 

2.2 Ziel der Zusammenlegung: Einsparung von Verwaltungskosten

 

Laut RV und WFA besteht das vorrangige Ziel der Fusionierung der Gebietskrankenkassen in der Einsparung von Verwaltungskosten. Hierbei steht insbesondere die Reduzierung des Personalbedarfs samt des dazugehörigen Sachaufwands (zB Nichtnachbesetzung nach Pensionierungen aufgrund von Prozessvereinfachungen), das Beschaffungswesen (insbesondere die EDV, Zusammenlegung von Rechenzentren, Druckstraßen) sowie ein einheitlich organisiertes Facility Management im Vordergrund (WFA 329 BlgNR 26. GP  2).

Weder die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, noch die WFA legen jedoch dar, wie die Einsparungen konkret ausgestaltet sind. Es fehlt sowohl eine detaillierte Aufstellung der Einsparungen, als auch mathematische Analysen, Vergleiche zum bisherigen System und sonstige Berechnungen, die die Zielsetzung nachvollziehbar machen.

 

Eine 'Berechnung' der Einsparungen findet sich in den WFA in einem einzelnen Absatz. Darin heißt es:

 

'Unter der Annahme einer linear ansteigenden Einsparung von bis zu 30% der Personal- und Sachaufwendungen der Sozialversicherung wird im Jahr 2020 ein Einsparungspotential von rd. € 99 Millionen[.] erreicht. Dies steigt dann in den kommenden Jahren auf ca. € 433 Millionen[.] an; das bedeutet eine Effizienzsteigerung von insgesamt ca. € 1 Mrd. in 4 Jahren. Durch das Zielsteuerungssystem soll sichergestellt werden, dass die durch diese Effizienzsteigerung freiwerdenden Mittel für verbesserte Leistungen an die Versicherten zur Verfügung gestellt werden.' (WFA 329 BlgNR 26. GP  2; 7 f)

 

Die Berechnung zieht den Wert des Jahres 2017 in Höhe von rund 1,23 Milliarden Euro an Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand der Sozialversicherung heran und schreibt diese für die kommenden Jahre unter Zugrundelegung der Steigerungsraten aus den Planrechnungen der Sozialversicherungsträger fort (WFA 329 BlgNR 26. GP  10). Der genannte Wert, der aus dem Statistischen Handbuch der österreichischen Sozialversicherung 2018 stammt (Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Statistisches Handbuch der österreichischen Sozialversicherung 2018, Tabelle 5.05), umfasst jedoch die Aufwendungen sämtlicher im Hauptverband zusammengefasster Versicherungsträger und nicht bloß der GKKs, sodass er keine taugliche Ausgangsbasis darstellt. Außerdem sind die im Hauptverband zusammengefassten Versicherungsträger sehr unterschiedlich von der Reform betroffen. Der Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand der Krankenversicherung beträgt nur 479 Millionen EUR, jener der Unfallversicherung 126,1 Millionen EUR. Die Pensionsversicherung, die den höchsten Verwaltungsaufwand von 622,7 Millionen EUR aufweist, ist jedoch von der Reform praktisch gar nicht erfasst. Dies hat zur Folge, dass die Personaleinsparungen durch die Fusionierung noch geringer ausfallen werden, als dies selbst in den Erläuterungen angenommen wird: Die angenommenen Einsparungen beim Personal- und Sachaufwendungen des Verwaltungsbereichs mit einem linearen Anstieg von 30 % auf Basis der gesamten Personal- und Sachaufwendungen haben daher den logischen Effekt, dass in der Krankenversicherung nicht 30 % sondern ein noch höherer Anteil an Einsparungen zu leisten wäre. Dies ergibt sich wie oben ausgeführt aus der geringen Betroffenheit der Pensionsversicherung. In concreto hätte dies zur Folge, dass die Krankenversicherung bis 2023 mehr als 30 % des Personals einzusparen hätte. Dies zöge für die Kundenbetreuung, das Meldewesen und sämtliche weitere Verwaltungsagenden (Ärzteabrechnung, Wahlarzthilfe, etc) massive negative Folgen (unzumutbare Verzögerungen) nach sich. Eine fundierte Berechnungsgrundlage zu dieser heiklen Thematik findet sich sohin nicht in der WFA.

 

Auffallend ist auch, dass die genannten Beträge im Ministerialentwurf in gänzlich anderen Höhen angegeben wurden (75/ME 26. GP  2 f). Nach den Ausführungen in der 'neuen' WFA zur Regierungsvorlage werden die Einsparungen bei den Personal- und Sachaufwendungen des Verwaltungsbereiches bereits ab 2020 und damit deutlich früher (im Ministerialentwurf erst ab 2023) und mit einem linearen Anstieg auf 30 % (anstatt 10 %) auch in deutlich größerer Höhe erwartet (sohin 1.050 Millionen EUR gegenüber 351 Millionen EUR). Dies zeigt, dass die Berechnungen zur Effizienzsteigerung in der Regierungsvorlage wenn überhaupt nur grobe Schätzungen sind, bei denen ein konkretes Mengen- bzw Preisgerüst fehlt. Der lineare Verlauf der Minderausgaben entspricht daher einer bloßen Annahme für die Darstellung der WFA und ist so nicht zu erwarten.

 

In dem oben zitierten Absatz wird somit die bloße Behauptung aufgestellt, in vier Jahren eine Einsparung von 1 Milliarde Euro zu erzielen. Detaillierte Berechnungen hierzu fehlen jedoch, sodass ein Nachvollziehen des Zustandekommens dieses Betrages (wie sich auch aus den zahlreichen Stellungnahmen zur Regierungsvorlage ergibt) unmöglich ist (vgl auch Stein-Hardenberg Institut, Stellungnahme 5). Auch finden sich keine Ausführungen zu den Fusionierungskosten sowie laufenden Mehrkosten, die aufgrund der Zusammenlegung anfallen werden (im Detail siehe Punkt 1.3.b). Diese müssten jedoch von den erwarteten Gewinnen in Abzug gebracht werden.

 

Die soeben aufgezeigte Darstellung der finanziellen Auswirkungen der Fusionierung lässt sohin weder auf eine ordnungsgemäße und sorgfältige Planung der Zusammenlegung schließen, noch entspricht sie den Anforderungen des §17 BHG. Sie unterscheidet sich von den öffentlich genannten finanziellen Zielsetzungen, ist unvollständig und basiert nicht auf nachvollziehbaren Grundlagen. Damit ist sie nicht geeignet, dem Gesetzgeber eine aussagekräftige Entscheidungsgrundlage zu bieten.

 

Auch der Rechnungshof kritisiert in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf die Darstellung der finanziellen Auswirkungen als ungenügend und geht davon aus, dass das Nettoergebnis der vorgeschlagenen Maßnahmen in den ersten fünf Jahren selbst ohne Berücksichtigung der Fusionskosten deutlich negativ sein wird (35/SN-75/ME 9 ). Es bedürfte sohin einer betriebswirtschaftlichen Analyse der Veränderungskosten. Doch auch ohne detaillierte Kostenaufstellung sei leicht ersichtlich, dass die Fusionierung eine Vielzahl an (finanziellen) Nachteilen mit sich bringt.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf die 'Effizienzstudie' (Efficiency Review of Austria's Social Insurance and Healthcare System 2017) der Londoner School of Economics (LSE) hingewiesen, auf die in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage ausdrücklich verwiesen wird (RV 329 BlgNR 26. GP  1). Die Studie wurde im Dezember 2017 vom Sozialminister zur Effizienz im österreichischen Sozialversicherungs- und Gesundheitsbereich in Auftrag gegeben. Die LSE führte in der Studie aus, dass Österreich bereits über ein (sehr) gutes Gesundheitssystem, vor allem hinsichtlich der Bereiche Leistungsniveau, Zugang zu Leistungen, Verwaltungseffizienz und Gesundheitsausgaben verfügt. Daher kam die LSE zu dem Ergebnis, dass Österreich 'keine Revolution, sondern vorsichtige, aufeinander aufbauende Veränderungen [brauche], weil das System in Österreich auf soliden Beinen steht und gut funktioniert. Wichtiger als die Diskussion über die Anzahl von Sozialversicherungsträgern in Österreich ist, die Qualität des Systems weiter zu verbessern.'.

 

a. Einsparungen in der genannten Höhe sind jedoch nicht möglich

 

Erklärtes Ziel der Fusionierung ist sohin die Reduktion von Verwaltungskosten und die Verbesserung der Leistungen an die Versicherten mit den freigewordenen finanziellen Mitteln.

 

Allerdings sind die Verwaltungskosten bereits derzeit auffallend niedrig. Die Verwaltungskosten stellen nur 1,97 % der Ausgaben der Versicherungsträger dar (LSE, Effizienzstudie 551). Die Höhe der Verwaltungskosten schwankt hinsichtlich der einzelnen Versicherungsträger. Während jene der Gebietskrankenkassen nahezu gleich und allesamt sehr niedrig sind, haben die BVA, die SVB und die VAEB die höchsten Ausgaben. Würde man diese Versicherungsträger sohin (gegenständlich geht es schließlich nur um die Fusionierung der Gebietskrankenkassen) wegrechnen, so würde sich hinsichtlich dieser sogar ein noch niedrigerer Prozentsatz ergeben (LSE, Effizienzstudie 545, Figure 167).

 

Die LSE Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass die Einsparungsmöglichkeiten bei den Verwaltungskosten gering sind. Viel größeres Einsparungspotential liegt laut der Studie in anderen Bereichen, wie etwa den Spitalsaufenthalten oder bei Medikamentenkosten (LSE, Effizienzstudie, 474, 600, 443). Zwar spricht sie sich auch für eine Senkung der Verwaltungskosten aus, empfiehlt zur Erreichung dieses Ziels jedoch nicht eine Zusammenlegung der GKKs (LSE, Effizienzstudie Punkt 8.2.3, S 552). Außerdem betrifft die Forderung hinsichtlich der Senkung der Verwaltungskosten hauptsächlich die VAEB (LSE Studie, Figure 167, S 545).

 

Auch eine Studie der OECD schätzt das österreichische Krankenversicherungssystem, insbesondere auch aufgrund der geringen Verwaltungskosten, durchaus positiv ein (OECD, Tackling Wasteful Spending on Health, 2017, 234).

 

In Hinblick auf die gegenständliche Fusionierung war auch an die BMASGK eine parlamentarische Anfrage hinsichtlich der Verwaltungskosten der GKKs gestellt worden (Anfrage vom 25.07.2018, 1475/J 26. GP). Die Anfragebeantwortung umfasst den Zeitraum von 2011 bis 2017 und listet für die einzelnen Gebietskrankenkassen sowohl den Verwaltungsaufwand als auch dessen Anteil an den Gesamtaufwendungen auf. Dabei ergibt sich folgendes Bild: Bei allen Gebietskrankenkassen machte der Verwaltungsaufwand nur wenige Prozent (zumeist knapp über 2 %) aus und bei allen Versicherungsträgern konnte in der genannten Zeitspanne eine Reduktion erreicht werden (Beilage 1 der Anfragebeantwortung vom 25.09.2018, 1475/J, 26. GP).

 

Auch im internationalen Vergleich sind die Verwaltungskosten der österreichischen Gebietskrankenkassen als gering einzustufen (LSE, Effizienzstudie 551; siehe auch Figure 169 und 172).

 

Es darf auch nicht vergessen werden, dass durch die Zusammenfassung einer größeren Anzahl von Versicherten in einem Träger die Verwaltungskosten pro Versichertem nicht linear abnehmen. Vielmehr zeichnet die Kostenentwicklung eine U‑Kurve (WIFO, Gemeindestruktur und Gemeindekooperation, 2010, 23 f). Das bedeutet: Je nach Branche und inhaltlicher Aufgabenstellung steigen die zu erwartenden Gestellungskosten einer Organisation ab dem Überschreiten einer kritischen Größe wieder an. Dieses Modell ist nicht nur theoretisch, sondern auch in Praxis und Empirie gut beschrieben. Für den Bereich der Krankenversicherung wird die ideale Organisationsgröße in der Schweiz etwa mit 750.000 Polizzen beziffert (Sheldon, Die Kosteneffizienz der Schweizer Krankenversicherungen 1994-2001, 2004, 60). Die geplante ÖGK ist etwa zehnmal größer als dieser Idealwert.

 

Auch die Annahme, dass große Kassen kostengünstiger arbeiten als kleine, lässt sich nicht belegen (Rürup, GKV: Verwaltungskosten und Kassengröße, 02.04.06; der Autor untersuchte den Zusammenhang zwischen Verwaltungskosten und Kassenzusammenlegungen anhand der Daten der GKV-Statistik). Die vorliegenden Daten legten sogar eher den umgekehrten Schluss nahe, dass Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung mit zunehmender Größe kostenungünstiger arbeiten. Dies ist auch insofern nachvollziehbar, als größere Kassen die Tendenz aufweisen, den Verwaltungsapparat aufgrund bürokratischer Eigendynamiken laufend zu vergrößern (Schneider/Jenewein, Fusion 11). Bei größeren Organisationsstrukturen braucht es insb aufgrund von längeren Kommunikationswegen und mehreren Hierarchieebenen mehr Koordinationsaufwand und ausgefeilten internen Kontrollsystemen, wodurch der Steuerungsaufwand im Vergleich zu kleineren Organisationen erheblich steigt (Stein-Hardenberg Institut, Stellungnahme 12).

 

Hingewiesen sei an dieser Stelle auch auf die fehlenden Einsparungsmöglichkeiten bei Funktionärsgebühren in nennenswerter Höhe. Nach Ansicht des Gesetzgebers soll die Einsparung von Verwaltungskosten auch durch eine Reduzierung der Funktionäre erreicht werden. Dies ist jedoch in dem erforderlichen Umfang gar nicht möglich. Denn gem §420 Abs5 ASVG (aF und nF) ist die Tätigkeit als Mitglied eines Verwaltungskörpers grundsätzlich als Ehrenamt ausgestaltet. Es steht sohin neben dem Ersatz von Reise- und Aufenthaltskosten bloß ein Sitzungsgeld in der Höhe von 42,00 EUR pro Sitzungstag zu. Nur die Vorsitzenden der Verwaltungskörper samt deren Stellvertreter haben einen Anspruch auf monatliche Funktionsgebühren. Im Vergleich zu dem Gesamtaufwand (allerdings hinsichtlich sämtlicher Versicherungsträger) in Höhe von über 60 Milliarden Euro stellt dies gerade einmal 0,009 Prozent dar. Darüber hinaus legte die Bundesministerin in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zu diesem Thema (Parlamentarische Anfragebeantwortung 25.09.2018, 1464/AB) offen, dass die gesamten Sitzungsgelder, Funktionsgebühren, Reise- und Aufenthaltskosten für die Versichertenvertreter im Vorjahr gerade einmal bei 5,67 Millionen Euro lagen. Bei der Erstantragstellerin lagen die Funktionärskosten im Jahr 2017 bei 227.208,52 Euro, das Gesamtbudget dahingegen bei rund 2 Milliarden Euro. Einsparungsmaßnahmen in einem Bereich, der bereits derzeit nur derart geringe Kosten verursacht, rechtfertigen jedoch keinesfalls die Fusionierung.

 

Die Verwaltungskosten der Gebietskrankenkassen sind sohin bereits derzeit auffallend niedrig. Einsparungen sind zwar auch bei bereits niedrigen Ausgaben theoretisch immer möglich (wobei allerdings auch daraus folgende Qualitätseinbußen zu beachten sind, siehe dazu Punkt 1.3.c), allerdings können die Einsparungen nur einen sehr geringen Betrag ausmachen. Von den nicht einmal 2 % Verwaltungskosten ist eine Reduktion sohin kaum mehr möglich (im Detail zu den Verwaltungsausgaben der Versicherungsträger siehe Hauptverband, Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung, 2018, 6 ff; Hauptverband, Statistisches Handbuch der österreichischen Sozialversicherung, 2018, Abb 5.08). Die erwarteten Einsparungen betragen daher auch keine Höhe, mit der die Leistungen an die Versicherten effizient verbessert werden können. Diesbezüglich müsste sohin auf einer anderen Ebene angesetzt werden. Eine Möglichkeit wäre, Kosten in einem Bereich einzusparen, in dem eine deutliche Reduktion der Ausgaben denkbar ist. Ebenso bedürfte es einer Verlagerung des Schwerpunkts der Betrachtung auf jene Problemfelder, die einer Verbesserung von Leistungen noch im Wege stehen; die Fusionierung selbst löst kein Versorgungsziel. Die Leistungsverbesserungen werden zurzeit insbesondere auf regionaler Ebene vorangetrieben (siehe ausführlich Punkt 1.3.c.i). Doch genau diese laufende Verbesserung wird durch die Zusammenlegung verhindert. Die Fusionierung vermag einerseits schon per se nicht zu Verbesserungen im Leistungswesen führen. Andererseits vereitelt sie die bereits stattfindenden Weiterentwicklungen.

 

Selbst wenn es durch die Fusionierung zu einer Einsparung an Verwaltungskosten kommen sollte, so führt dies nicht automatisch zu einer Verbesserung der Versicherungsleistungen. Es bedarf sohin eines weiteren Schrittes, die freigewordenen finanziellen Mittel auch tatsächlich effizient einzusetzen. Die Fusionierung soll auch nach Ansicht des Gesetzgebers daher nur mittelbar Verbesserungen bewirken. Die hierfür notwendigen Schritte erfordern jedoch einer selbstständigen Ausarbeitung und Umsetzung. Ob die angedachten Einsparungen in der Verwaltung also tatsächlich eine Verbesserung für die Versicherten bewirken, ist in höchstem Maße ungewiss. Die bloß möglichen Verbesserungen vermögen die vielen durch die Zusammenlegung bewirkten Nachteile sohin keineswegs aufzuwiegen. Prägnant ausgedrückt: Mehr Geld bei einer Krankenkasse bewirkt für den einzelnen Versicherten für sich genommen noch keinerlei Vorteil. Erst die organisatorische Umsetzung in Form von besseren Leistungen wird für Patienten spürbar – diese organisatorische Umsetzung erfordert aber wiederum zumindest in der Entwicklungs- und Verhandlungsphase Ressourcen, die als Verwaltungsaufwand zu verbuchen sind.

 

Selbst wenn der VfGH die Ansicht vertreten sollte, dass unabhängig von den bereits bestehenden niedrigen Verwaltungskosten eine Reduktion stets zu begrüßen sei, so darf dies jedoch nicht mit derart vielen Nachteilen wie gegenständlich verbunden sein (siehe sogleich Punkt 1.3).

 

b. Keine Verbesserung der Leistungen für die Versicherten durch Fusionierung; keine Leistungsharmonisierung

 

Die angedachten (siehe jedoch soeben Punkt 1.2.a) Einsparungen in der Verwaltung sollen zu einer besseren Versorgung der Versicherten verwendet werden. Die Fusionierung dient nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers im Endeffekt sohin dem Zweck, den versicherten Personen mehr bzw bessere Leistungen bieten zu können. Ebenso dient sie dazu, eine nachhaltige Leistungsharmonisierung sicherzustellen (RV 329 BlgNR 26. GP  1, 2).

 

Das derzeitige System der Gesundheitsversorgung in Österreich steht auf soliden Beinen. Die Fusionierung bricht dieses System auf, ohne jedoch zu gewährleisten, dass die bisher erbrachten Leistungen (sowohl im Service, als auch in der Versorgung) weitergeführt werden können.

 

Wie genau die Verbesserung der Leistungen durch die Fusionierung erfolgen soll, ist jedoch einerseits völlig unklar und andererseits ist die Fusionierung per se hierzu nicht einmal abstrakt geeignet:

 

(i) Keine Verbesserung im Leistungssystem

 

Das Ziel der Leistungsverbesserung kann durch die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen nicht erreicht werden. Sämtliche Gesetzesänderungen der Novelle BGBl I 100/2018 betreffen – soweit sie die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen berühren – bloß Änderungen in der Struktur des Verwaltungsbereiches. Hierzu zählen die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Fusionierung stehenden Veränderungen der Organe, der Finanzierung, des Dachverbandes oä.

 

Die gesamte Novelle enthält keine einzige wesentliche Änderung im Leistungsrecht. Weder gewährt eine Gesetzesbestimmung zusätzliche Leistungen, noch wird ein einfacherer und besserer Zugang zu Gesundheitsleistungen gewährleistet, eine Angleichung der Leistungen zwischen den einzelnen Versicherten vorgenommen oder eine Senkung von Kosten der Versicherten normiert. Dahingegen ändert der Gesetzgeber die Gremienzusammensetzung der Organe, wo über Satzung, Krankenordnung etc die Leistungspolitik der ÖGK bestimmt wird, wodurch Leistungseinschnitte zu erwarten sind (siehe Punkt 1.3.c).

 

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage selbst findet sich auch die Aussage, wonach durch die Zusammenführung der Gebietskrankenkassen 'die Voraussetzungen für eine zeitnahe Harmonisierung der Leistungen in den neu zusammengefassten Versichertengemeinschaften geschaffen [werden], damit mehr Fairness im Sozialversicherungssystem entsteht' (RV 329 BlgNR 26. GP  4). Die WFA sprechen diesbezüglich von der 'Schaffung von Rahmenbedingungen', die die Selbstverwaltung bei Erfüllung ihrer Aufgaben stärkt; die Effizienzsteigerungen würden nachhaltig das Leistungsangebot der Sozialversicherungsträger sichern (WFA 329 BlgNR 26. GP  2). Aus den Materialien ergibt sich sohin eindeutig, dass sich aus der Zusammenlegung keine unmittelbaren positiven Auswirkungen auf die Leistungen an die Versicherten ergeben. Hierbei handelt es sich jedoch um die Kernaufgabe einer Krankenversicherung. Diese dient im Endeffekt einzig und alleine dem Zweck, ihre Versicherten im Krankheitsfall adäquat und einheitlich zu versorgen. Die Fusionierung der GKKs zur ÖGK stellt eine tiefgreifende Umstrukturierung [des] österreichischen Gesundheitssystems mit einer Vielzahl an negativen Folgen dar (siehe im Detail sogleich Punkt 1.3.c). Um diese Nachteile aufzuwiegen, bedürfte es sohin jedenfalls einer deutlichen Verbesserung der Leistungen an die Versicherten. Eine bloße 'Hoffnung', wie sie in der Regierungsvorlage ausgedrückt wird, dass man durch die Fusionierung die 'Rahmenbedingungen' hierfür schaffe, reicht hierfür keineswegs. Dies umso weniger, als mit keinem Wort erwähnt ist, wie diese Verbesserung im Leistungsrecht aussehen soll.

 

Die Gesetzesänderung verwirklicht nicht einmal das in der Regierungsvorlage genannte Ziel, Mehrfachversicherungen abzuschaffen. Es werden lediglich 'bürokratische Hürden' bei der Beitragserstattung als auch die Differenzvorschreibung beseitigt. Für dieses Ergebnis bedarf es der Fusionierung jedenfalls nicht.

 

Auch die Effizienzstudie kommt zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der Versicherungsträger für ein effizientes Versicherungssystem nicht von Bedeutung ist (LSE, Effizienzstudie 26).

 

Vielmehr bräuchte es etwa eine Verbesserung in folgenden Bereichen: Verbesserte Angebotsplanung, Steigerung der Qualität im niedergelassenen Bereich, Verbesserungen in der Primärversorgung und vieles mehr. Die LSE Studie liefert hierzu auch einige konkrete Hinweise. Hierbei handelt es sich um komplexe Themen die sich durch eine Fusionierung nicht lösen lassen.

 

Die Fusionierung der Gebietskrankenkassen bringt den Versicherten sohin keinen Vorteil hinsichtlich der ihnen zu erbringenden Leistungen. Eine sachliche Rechtfertigung für die Zusammenlegung liegt sohin nicht vor.

 

(ii) Keine Leistungsharmonisierung durch die Fusionierung

 

Ein weiteres Ziel der Zusammenlegung ist die Harmonisierung der Leistungen. Damit ist – vereinfacht gesagt – gemeint, dass für die gleichen Beiträge auch die gleichen Leistungen von den verschiedenen Versicherungsträgern erbracht werden sollen; diesbezüglich bestehende Unterschiede zwischen den Versicherungsträgern gilt es sohin zu beseitigen.

 

Eine Leistungsharmonisierung lässt sich auf verschiedenen Wegen herbeiführen: Für manche Bereiche genügt eine diesbezügliche Anpassung der Krankenordnungen und Satzungen der einzelnen Versicherungsträger, ein zweiter Bereich erfordert eine Änderungen der Verträge und Honorarordnungen und ein dritter Bereich bedarf gesetzlicher Anpassungen (im Detail siehe LSE, Effizienzstudie 704ff).

 

Schon vor der gegenständlichen Novelle galt für alle Versicherten der GKKs in allen wesentlichen Leistungsbereichen das exakt gleiche Leistungsrecht, das unmittelbar durch gesetzliche Regelungen im ASVG determiniert ist. Dies gilt für die ärztliche Hilfe und gleichgestellte Leistungen (also incl Psycho-, Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie und klinische Psychologie; §135 ASVG), Spitalsleistungen (§144 ff ASVG), Medikamentenversorgung (§136 ASVG), Zahnbehandlung (§153 Abs3 ASVG), und viele mehr.

 

Lediglich in einigen begrenzten Leistungsbereichen sah das ASVG, oft über ein gesetzlich definiertes Mindestmaß hinausgehende, Regelungsmöglichkeiten in den Satzungen der Gebietskrankenkassen vor, die nicht zuletzt dem Ausgleich von finanziellen Unterschieden oder unterschiedlicher Bedürfnisse der Versicherten dienen sollten (§121 Abs3 ASVG aF). In diesem Bereich der satzungsmäßigen Leistungsunterschiede hat die Sozialversicherung sogar schon deutlich vor Beauftragung der LSE zur Effizienzstudie in Eigenverantwortung große Harmonisierungsschritte eingeleitet, die demnach auch in der Studie (LSE, Effizienzstudie 240 f) mehrfach positiv hervorgehoben wurden. Diesbezüglich kam es in den letzten Jahren wiederholt in wichtigen Bereichen zu Leistungsharmonisierungen (zB Zuschuss für Rollstühle, FSME-Impfungen, die einheitliche Gewährung von Familienzuschlägen bei Krankengeld; im Detail siehe Hauptverband, Presseinformation aktuell, 'Gleiche Leistung für gleiches Geld'); weitere Harmonisierungen bezüglich satzungsmäßigen Leistungen sind in Planung. Es sind nur mehr wenige Bereiche offen, in denen die Gebietskrankenkassen unterschiedliche Leistungen vorsehen.

 

Entsprechend konnte der Verbandsvorsitzende des Hauptverbandes, Alexander Biach, am 03.10.2017 den Abschluss der Leistungsharmonisierung mittels umfassender Pressemitteilung berichten ('Leistungsharmonisierung: Gleiche Leistung für gleiches Geld', Pressemitteilung des Hauptverbandes vom 03.10.2017). Das legitime politische Ziel einer Leistungsharmonisierung (jedenfalls bezogen auf die Gebietskrankenkassen) bedarf daher keinerlei Organisationseingriffe oder gar der Auflösung bestehender Selbstverwaltungskörper, sondern war bereits durch die verantwortliche Selbstverwaltung im Wesentlichen erledigt.

 

Das Ziel der Leistungsharmonisierung ist sohin grundsätzlich durchaus von Bedeutung, allerdings wurde dieses durch die bereits umgesetzten Maßnahmen bereits fast vollständig erreicht.

 

Darüber hinaus würde es zur Erreichung einer Leistungsharmonisierung nicht der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen bedürfen. Wie sich auch in der Vergangenheit zeigte, handelt es sich durchwegs um Bereiche, welche die Versicherungsträger selbst anpassen können und hierzu auch willens sind oder geringfügige Gesetzesänderungen erfordern. Keinesfalls ist jedoch für die Herbeiführung von Leistungsharmonisierung die Fusionierung der Gebietskrankenkassen erforderlich. Diese Auffassung wird im Ergebnis auch in der Effizienzstudie der LSE vertreten, die ein eigenes Kapitel der Frage der rechtlichen Umsetzung von Leistungsharmonisierung widmet (LSE, Effizienzstudie 714 ff). Eine Fusionierung wird nicht vorgeschlagen; vielmehr seien die bereits erwähnten Maßnahmen (Gesetzesänderung etc) ausreichend (LSE, Effizienzstudie 242 f). Alle diesbezüglichen Empfehlungen der LSE wären als 'gelindere Mittel' zur Erreichung des legitimen Ziels einer Leistungsharmonisierung zu qualifizieren.

 

Zudem wäre die durch die Fusionierung vorgenommene Organisationsänderung auch ungeeignet, tatsächlich (noch) bestehende Leistungsunterschiede zwischen Versichertengruppen zu beseitigen. Hinzu kommt, dass jedenfalls Leistungsunterschiede zwischen den ÖGK-Versicherten und den Versicherten der übrigen Krankenkassen (insb SVS, BVEAB) bestehen bleiben.

 

Die mangelnde Notwendigkeit einer Fusionierung zur Erreichung von Leistungsharmonisierung zeigt sich auch daran, dass das novellierte Gesetz keine diesbezüglichen Bestimmungen enthält. Ebenso wird die Leistungsharmonisierung in den Materialien bloß als allgemeines Ziel genannt.

 

Angemerkt sei an dieser Stelle auch, dass sich die LSE-Studie in ihrer Kritik an bestehenden Leistungsunterschiedene auf die Unterschiede zwischen ASVG-Versicherten und den anderen Versichertengruppen (insb zum Bereich der Krankenfürsorge) bezieht (LSE, Effizienzstudie Kapitel 5.2.6, 9.4), was durch fehlende oder zu schwache Mechanismen des Solidarausgleichs verschärft wird (LSE, Effizienzstudie Kapitel 4.2, insb 4.2.6). Diese Unterschiede werden durch die Reform bzw das SV-OG keineswegs verringert, sondern tendenziell sogar verstärkt.

 

c. Mehreinnahmen durch gute Beitragseinnahmenentwicklung unabhängig von der Fusionierung

 

In den WFA wird noch eine weitere finanzielle Auswirkung der Gesetzesänderung genannt. Durch die Tatsache, dass die Umstrukturierung zu einem Zeitpunkt stattfände, in dem eine gute Beschäftigungssituation und damit zusammenhängend eine gute Beitragseinnahmenentwicklung vorläge, können deutliche Mehreinnahmen erzielt werden (WFA 329 BlgNR 26. GP  2). Zur Verdeutlichung dieser Annahme findet sich in den WFA eine – sehr kurze – Darstellung der Entwicklung der Beschäftigung und der Lohnentwicklung. In den Jahren 2012 bis 2017 seien die Beitragseinnahmen gestiegen und in den Jahren 2018 bis 2023 werde ebenso eine deutliche Steigerung erwartet.

 

Zu der prognostizierten Beitragssteigerung kommt es jedoch – soweit die Berechnungen stimmen – jedenfalls; also unabhängig von einer Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen. Denn der erwartete Anstieg von Beschäftigung und Lohn ist von einer Fusionierung völlig losgelöst und steht mit einer solchen in keinerlei Zusammenhang.

 

2.3 'Einsparungen' in keinem Verhältnis zu den durch die Zusammenlegung bewirkten Nachteilen

 

Selbst wenn man zur Ansicht gelangen sollte, dass, die erhoffte Einsparung von Verwaltungskosten grundsätzlich ein taugliches Ziel für die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen darstellt, so steht die Fusionierung dennoch außer jedem Verhältnis zu den daraus resultierenden Nachteilen. Bei diesen handelt es sich insbesondere um die Fusionskosten, durch die Zusammenlegung bewirkte laufende Mehrkosten sowie eine Verschlechterung der Leistungen für die Versicherten.

 

a. Fusionskosten

 

Die im Zuge der Fusionierung anfallenden Kosten müssten von den zu erwartenden Einsparungen in Abzug gebracht werden. Nach dem derzeitigen Plan erreichen sie jedoch eine solche Höhe, dass sie jedenfalls außer Verhältnis zu möglichen – im Ergebnis jedoch nicht vorliegenden – Vorteilen der Fusionierung stehen. Die Erstantragstellerin ist sich bewusst, dass es sich bei Fusionskosten – mögen sie auch über einige Zeit hinweg anfallen – um einmalige Ausgaben handelt. Dennoch wäre es sachwidrig, eine Fusionierung durchzuführen, wenn dieser einerseits keine ausreichenden Erhebungen bezüglich der anfallenden Kosten vorangegangen sind und andererseits die Fusionierungskosten eine derartige Höhe erreichen, dass sie im Vergleich zu den geringen Einsparungen völlig unverhältnismäßig erscheinen.

 

Zur Durchführung der Zusammenlegung bedarf es unter anderem der Einsetzung eines Überleitungsausschusses, der Vergabe von externen Verträgen zur Begleitung der Umstrukturierung, Personalaufwendungen (zB Aufwendungen für Bedienstete, die mit fusionsbedingten Arbeiten betraut sind; Schulungskosten), Sachaufwand (zB Beratungsleistungen, enorme Adaptierungen im IT-Bereich und im Corporate Design sowie Übersiedlungskosten) und Investitionskosten (zB Umbaumaßnahmen, EDV-Erweiterungen; WFA 329 BlgNR 26. GP  1). Ebenso fallen Kosten in Zusammenhang mit Honoraren für die Begleitung durch externe Berater, Abfindungen für ehemalige Vorstände, einer Reduktion des Anbieterkreises bei diversen Anschaffungen (fehlender Anreiz Rabatte einzuräumen), der Ausstellung neuer Krankenversicherungskarten, Zusatzkosten für Fortbildungen, erhöhten Reisekosten und Kosten für einen einheitlichen Ärztevertrag (bei diesem Punkt ist laut Experten der AK mit 500 Millionen EUR zu rechnen) an (Prüfbericht des Bundesrechnungshofs zur freiwilligen Vereinigung von Krankenkassen der gesetzlichen Krankenversicherung, 14.01.2011). Außerdem fallen bereits zum jetzigen Zeitpunkt durch Verzögerungen und Umplanungen bei aktuellen Bauprojekten Fusionskosten in Millionenhöhe an.

 

Darüber hinaus sei angemerkt, dass der Aufwand im Zusammenhang mit Fusionen mit der Anzahl an Versicherten in einer Kasse ansteigt. Denn während bei einer Fusion einer kleinen und einer großen Kasse die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass der Aufbau, die Organisation und die Abläufe der großen Kasse einfach in die fusionierte Kasse übernommen werden können, ist dies bei einer Fusion von größeren Kassen wesentlich komplizierter. Hier sind im Regelfall neue Aufgaben- und Organisationsstrukturen aufzubauen (Schneider/Jenewein, Fusion 32). Sogar hinsichtlich der Zusammenlegung der SVA und der SVB (sohin bloß zweier Versicherungsträger) werden nur für das erste Jahr etwa Fusionskosten in der Höhe von 10,5 Millionen EUR erwartet (siehe etwa Der Standard, Erste Kassenfusion kostet allein heuer 10,5 Millionen Euro, abrufbar unter https://derstandard.at/2000097283679/Erste-Kassenfusion-kostet-allein-heuer-10-5-Millionen-Euro ). Zur erwarteten Höhe der Fusionierungskosten bei der Zusammenlegung der GKKs gehen jedoch weder die WFA noch die Erläuternden Bemerkungen der RV ein.

 

Im Jahr 2003 war es zu einer Fusion der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten gekommen. Der Rechnungshof stellte in seinem diesbezüglichen Bericht fest, dass der Zusammenschluss aufgrund der verlorenen hohen Adaptierungskosten unwirtschaftlich war (Rechnungshof, Fusion der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten, Reihe Bund 2007/8, Punkt 34.4 S 97). Denn es waren hierbei Fusionskosten von über 114,8 Millionen Euro angefallen. Bei dem genannten Zusammenschluss waren lediglich zwei Versicherungsträger beteiligt. Gegenständlich sollen jedoch die neun Gebietskrankenkassen zu einem einzigen Träger vereinigt werden. Es ist sohin naheliegend, dass die hierfür anfallenden Fusionskosten den Betrag von 114,8 Millionen Euro um ein Vielfaches übersteigen (siehe bereits den von der Arbeiterkammer [Stellungnahme der Bundesarbeiterkammer zum Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG), 49/SN-75/ME 26. GP  3, 7] veranschlagten Aufwand von 500 Millionen EUR nur für die Kosten eines einheitlichen Ärztevertrags).

 

Bei der Prüfung dieser Fusionierung kritisierte der Rechnungshof mehrere Punkte, die zu vermeidbaren Mehraufwendungen an Fusionskosten geführt hatten (Rechnungshof, Fusion der Pensionsversicherungsanstalten 49). Im Zuge der Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten formulierte der Rechnungshof klare Empfehlungen für künftige Fusionen im Sozialversicherungsbereich, um die hieraus resultierenden Kosten niedrig zu halten (Rechnungshof, Fusion der Pensionsversicherungsanstalten 100). Unter anderem nannte er die Notwendigkeit eines Einsparungsauftrags, der hinsichtlich Zeitbezug und Höhe eindeutig definiert ist, eine klare Definition und konkrete Zielvorgaben hinsichtlich des Fusionsaufwands sowie dessen Erfassung und die Aufstellung einer Kosten–Nutzen–Berechnung zur Entscheidung über die Ausgestaltung der regionalen Verwaltungsstrukturen. All diesen Erfordernissen entspricht die gegenständliche Fusionierung nicht. Nach Ansicht des Rechnungshofs weist die gegenständliche Fusionierung sohin dieselben Problemfelder, wie jene der Pensionsversicherungsanstalt auf (35/SN-75/ME 9 ).

 

Bereits hieraus ist zu schließen, dass eine ordnungsgemäße Berechnung der Fusionskosten tatsächlich nicht stattgefunden hat und diese (auch in einer Gesamtbetrachtung) in keinem Verhältnis zu den angedachten Vorteilen der Zusammenlegung stehen.

 

b. Mehrkosten durch die Zusammenlegung

 

Durch die Fusionierung werden nicht nur die erhofften Ziele nicht erreicht und es entstehen hierbei Fusionskosten, sondern auch nach der Zusammenlegung fallen höhere Kosten an, die bei Beibehaltung der Gebietskrankenkassen nicht entstanden wären.

 

(i) Verwaltungskosten werden steigen

 

Die Annahme, durch die Fusionierung könnten Mehrgleisigkeiten in der Verwaltung der einzelnen Gebietskrankenkassen beseitigt und auf diese Weise (Verwaltungs-)kosten eingespart werden, ist in dieser Absolutheit nicht richtig. Einerseits ist – wie bereits in Punkt 1.2.a dargelegt – eine Einsparung in der in den Materialien genannten Höhe gar nicht möglich. Darüber hinaus ist zu beachten, dass durch die Zusammenlegung auch langfristig neue Kosten entstehen; die Verwaltungskosten also nicht nur nicht gesenkt werden, sondern sogar ansteigen. Dies zeigt etwa das Beispiel der Zusammenlegung von steirischen Gemeinden im Jahr 2015 (siehe hierzu auch VfSlg 19.894/2014): Nach der Zusammenlegung sind in 91 % der Gemeinden die Verwaltungskosten gestiegen. Die Verwaltungskosten pro Kopf erhöhten sich nach der Fusionierung vom Jahr 2016 auf 2017 pro Kopf um 1,5 %. Einsparungen konnten in den ersten drei Jahren nach der Gemeindestrukturreform sohin nicht verzeichnet werden (Addendum Wie viel Reform bleibt von der Partnerschaft? abrufbar unter https://www.addendum.org/gemeindefusionen/kaum-einsparungen/ ).

 

Bezüglich der Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten konnte das Einsparungsziel bei den Verwaltungskosten ebenso nicht erreicht werden (Rechnungshof, Fusion der Pensionsversicherungsanstalten 58). Dabei wären Einsparungen von Verwaltungskosten im Rahmen dieser Fusionierung zumindest möglich gewesen. Denn vor der Fusionierung waren in der Regel an jeder Landeshauptstadt zwei Landesstellen vorhanden gewesen. Diese Doppelgleisigkeit auf regionaler Ebene hätte im Rahmen einer Zusammenlegung tatsächlich Einsparungsmöglichkeiten denkbar erscheinen lassen (zB durch Reduktion des Kundenservice-Bereichs auf einen pro Landeshauptstadt, Reduktion auf bloß ein Gebäude etc). Gegenständlich ist ein solches Einsparungspotential jedoch bereits dem Grunde nach nicht gegeben. Denn die neun GKKs weisen keinerlei regional überschneidende Strukturen auf, wo an einem Standort zwei oder mehr Services gebündelt werden könnten.

 

Ebenso zeugt die Kassenfusionierung in Deutschland von einem fusionsbedingten Anstieg der Verwaltungskosten. In den Jahren 2007 bis 2009 war es dort gleich mehrfach zu Zusammenlegungen gekommen, die vom deutschen Bundesrechnungshof überprüft wurden (vgl dazu auch Platzer, RPG 2018, 47 ff). Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die Einsparungsziele der Fusionierung – dieselben wie gegenständlich – vielfach nicht erreicht werden konnten und hob die Wichtigkeit eines aussagekräftigen Fusionskonzepts hervor (Deutscher Bundesrechnungshof, Kapitel 1502 Titel 636 06, Bemerkung Nr 70). Der deutsche Bundesrechnungshof führte in seinem Bericht weiters aus, dass bei fünf von sechs untersuchten Fusionen die Netto-Verwaltungskosten nach der Fusion über den Verwaltungskosten der bisherigen Krankenkassen lagen; die Steigerung betrug bis zu 18 %. Vier von sieben Krankenkassen konnten ihre Netto-Verwaltungskosten in den drei auf das Fusionsjahr folgenden Jahren nicht senken. In einem Fall stiegen die Netto-Verwaltungskosten in diesem Zeitraum um 20 % (bundesweiter Anstieg 2 %). Den Verwaltungsausgaben stehen nämlich zusätzlich aus der Fusion resultierende Mehrausgaben gegenüber, sodass Fusionen nicht zwangsläufig zu wirtschaftlichen Vorteilen führen (Prüfbericht des Bundesrechnungshofes zur freiwilligen Vereinigung von Krankenkassen der gesetzlichen Krankenversicherung, 14.01.2011).

 

(ii) Wegfall von Zuflüssen aus §1a GSBG

 

Durch eine im Zuge der Fusionierung erfolgte Änderung im GSBG kommt es sogar zu einem Verlust von Einnahmen für den Bereich der Krankenversicherung, der sich bis zum Jahr 2020 zu Lasten der ÖGK mit etwa 35 Millionen EUR pro Jahr niederschlagen wird. Denn bislang normierte §447a ASVG aF, dass der beim Hauptverband errichtete Ausgleichsfonds eine ausreichende Liquidität der Gebietskrankenkassen zu gewährleisten und nach Maßgabe der vorhandenen Mittel entsprechend bestimmter Regelungen Zahlungen an die Gebietskrankenkassen zu leisten hat. Die Mittel des Ausgleichfonds wurden unter anderem durch den Pauschalbeitrag nach §1 Abs2 GSBG aufgebracht (§447a Abs3 Z2 ASVG aF). Über den Ausgleichsfonds flossen sohin finanzielle Mittel des GSBG an die GKKs. Durch die Fusionierung der Gebietskrankenkassen entfallen die Bestimmungen über den Ausgleichsfonds mit 01.01.2020 als gegenstandslos (RV 329 BlgNR 26. GP  18).

 

Stattdessen wird bei der ÖGK ein Innovations- und Zielsteuerungsfonds eingerichtet, der der Finanzierung von Gesundheitsreformprojekten dienen soll (§447a Abs1 idF BGBl I 100/2018). Die Mittel werden durch die pauschale Beihilfe nach §1a GSBG aufgebracht (§447a Abs2 Z1 ASVG idF BGBl I 100/2018). Der sich aus §1a GSBG ergebende Betrag von 135,2 Millionen Euro kam bislang (über den Ausgleichsfonds) den Gebietskrankenkassen zu Gute. Durch die Gesetzesänderung werden jedoch bloß 100 Millionen Euro für den Innovations- und Zielsteuerungsfonds der Österreichischen Gesundheitskasse (§447a Abs2 Z1 ASVG idF BGBl I 100/2018) und 30 Millionen der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen zugewiesen werden (RV 329 BlgNR 26. GP  39). Es kommt hierdurch sohin zu einem künftigen Verlust von 35 Millionen Euro.

 

In einer Verordnung auf Basis des §447 f Abs18 ASVG idF BGBl I 100/2018 ist festzulegen, dass die Hälfte dieser 30 Millionen Euro für die Spitalsfinanzierung unter gleichzeitiger Entlastung der ÖGK um diesen Betrag zu widmen sind (siehe auch RV 329 BlgNR 26. GP  39), wodurch es – unter der Voraussetzung der Erlassung der Verordnung – nur zu einer Kompensation eines Teiles des Betrages kommen könnte.

 

(iii) Zusätzliche Kosten iHv 14,7 Millionen Euro jährlich

 

Krankenanstalten, die über Landesgesundheitsfonds finanziert werden, sind verpflichtet, erkrankte Personen in die allgemeine Gebührenklasse aufzunehmen (§148 iVm §145 ASVG). Soweit im Sprengel des Versicherungsträgers keine solche Krankenanstalt besteht, kann der Erkrankte auch in eine andere (private) Krankenanstalt eingewiesen werden, mit der der leistungszuständige Versicherungsträger in einem Vertragsverhältnis steht (§149 Abs1 ASVG). Leistungen dieser Krankenanstalten werden – vereinfacht gesagt – mit einer pauschalen Zahlung der Versicherungsträger in der Höhe von 76.306.475,88 EUR pro Jahr abgegolten, der an den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) zu leisten ist (§149 Abs3 ASVG). Dieser Betrag wird jedes Jahr um einen im Gesetz genau festgelegten Prozentsatz erhöht (§149 Abs3a ASVG).

 

Die gegenständliche Novelle sieht vor, dass sich im Jahr 2019 der in Abs3 genannte Betrag zusätzlich zum jährlichen Prozentsatz um 14,7 Millionen Euro erhöht (§149 Abs3a ASVG nF; RV 329 BlgNR 26. GP  12). Diese Bestimmung tritt gem §718 Abs1 Z3 ASVG idF BGBl I 100/2018 mit 01.01.2020 in Kraft. Mit dieser Erhöhung der Mittel des PRIKRAF soll gem der RV auch eine Erweiterung der Mitglieder um die Privatklinik Währing mittels Aufnahme in die Anlage 1 zum PRIKRAF-Gesetz bereits mit 1. Jänner 2019 verbunden sein.

 

Der genannte Betrag wird die ÖGK sohin zusätzlich mit 14,7 Millionen Euro jährlich belasten. Hierbei handelt es sich (ebenso wie der pauschalierte Unfallkosten-Ersatz; siehe sogleich Punkt 1.3.b.iv) zwar nicht um eine Belastung, die unmittelbar aus der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen resultiert. Allerdings ist dieser Betrag ebenso ein Resultat der Novelle und müsste daher als Negativposten bei der Kostenaufstellung der sich aus der Gesetzesänderung ergebenden finanziellen Auswirkungen genannt sein. Er verdeutlicht überdies die Sachwidrigkeit der Novelle: Nicht nur, dass die Fusionierung zu einer Vielzahl an gewichtigen Nachteilen führt, sie entzieht der Krankenkasse auch in unsachlicher Weise finanzielle Mittel. Darüber hinaus ist zu bezweifeln, dass ohne den Fusionsvorgang eine Einführung dieser zusätzlichen finanziellen Verpflichtung stattgefunden hätte.

 

(iv) Streichung des besonderen Pauschbetrags bei Beibehaltung der Vorleistungspflicht der Krankenversicherung für Arbeitsunfallopfer

 

§319a ASVG sieht einen 'besonderen Pauschbetrag' vor, mit dem wechselseitige Ersatzansprüche zwischen Unfall- und Krankenversicherungsträgern abgegolten werden sollen.

 

Der wirtschaftliche Hintergrund dieser Regelung stellt sich wie folgt dar: Zwischen den Zuständigkeitsfeldern der Unfallversicherung und der Krankenversicherung andererseits bestehen im Grenzbereich Überschneidungen: Die Unfallversicherung (UV) versorgt in ihren sieben Unfallkrankenhäusern (stationär und ambulant) auch Nicht-UV-Leistungsfälle, also etwa verunfallte Kinder und Pensionisten, Opfer von außerbetrieblichen Verkehrs-, sowie Freizeit- und Sportunfällen. Umgekehrt versorgt die Krankenversicherung (KV) alle Opfer von Arbeitsunfällen und Patienten von Berufskrankheiten, die nicht in eines der sieben Unfallkrankenhäuser eingeliefert werden, sondern über das von der KV finanzierte öffentliche Spitalswesen sowie über das niedergelassene Vertragsarztsystem versorgt werden. Die einzelnen Versicherungsträger erbringen daher Leistungen, die bei richtiger Zurechnung ein jeweils anderer Versicherungsträger erbringen müsste. Die wechselseitige Pauschalverrechnung dient dabei dem finanziellen Ausgleich der sich wechselseitig aufbauenden Verrechnungen und der administrativen Vereinfachung und der Sicherstellung einer raschen und reibungslosen Versorgung der Versicherten, unabhängig von einer versicherungsrechtlichen Prüfung der jeweiligen Leistungszuständigkeit zwischen Kranken- und Unfallversicherung.

 

Hier kommt es durch die Neuregelung in zweierlei Hinsicht zu Veränderungen: §718 Abs5 ASVG idF BGBl I 100/2018 sieht nun einerseits vor, dass der 'besondere Pauschbetrag' nach §319a ASVG ab 31.12.2022 außer Kraft tritt, und schafft andererseits die zuvor gegebene Valorisierung ab (im Detail Hattenberger in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm §319a ASVG, Rz 6; vgl RV 329 BlgNR 26. GP  13).

 

Gem §319a Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018 beträgt der jährliche Pauschbetrag für die Jahre 2018 bis einschließlich 2022 jeweils (fix und ohne Valorisierung) 209 Millionen EUR. Dies ist eine klare Verschlechterung gegenüber der bisherigen Regelung, und zwar in folgendem Ausmaß:

 

i) Im Jahr 2018 haben die Krankenversicherungsträger tatsächlich 208,78 Millionen EUR erhalten. Wäre der Pauschbetrag – so wie zuvor im ASVG vorgesehen – valorisiert worden, so hätte die Zahlung 234,52 Millionen EUR betragen müssen. Dies ergibt sich aus folgender Tabelle, in welcher – für die Jahre 2014 bis 2018 – die jeweiligen IST-Beträge und jene Beträge angegeben sind, die sich bei Fortführung der Valorisierung ergeben hätten:

 

 

Die Minderleistungen (insgesamt für alle Krankenkassen) belaufen sich somit auf

 

8,26 Millionen EUR im Jahre 2015

14,22 Millionen EUR im Jahre 2016

18,90 Millionen EUR im Jahr 2017 und

25,74 Millionen EUR im Jahr 2018

 

In Summe beträgt dies für den Zeitraum 2015 bis 2018 bereits 67,12 Millionen EUR, und erhöht sich jährlich weiter.

 

ii) Vom Gesamtbetrag entfallen 18,8862 % auf die Erstantragstellerin. Dieser Prozentsatz ist in jährlichen Beschlüssen des Vorstandes des Hauptverbandes festgelegt. Auch der das Jahr 2019 betreffende Antrag vom 22.01.2019 sieht diesen Prozentsatz vor.

 

Vom obigen Gesamtbetrag in Höhe von 67,12 Millionen EUR entfällt daher ein Fehlbetrag von EUR 12,68 Millionen auf die Erstantragstellerin für den Zeitraum 2015 bis 2018, und alleine auf das Jahr 2018 ein Fehlbetrag von 4,86 Millionen. Für das Jahr 2019 (und die Folgejahre) ist ein noch höherer Fehlbetrag zu erwarten, und ab 2023 entfällt der bisherige Pauschbetrag überhaupt zur Gänze. Der Entfall der Valorisierung bzw der Entfall des Pauschbetrages ab 2023 führt daher zu einem entsprechenden, auch konkret wie oben berechnet bezifferbaren Schaden für die Erstantragstellerin (siehe dazu auch Punkt IV).

 

c. Verschlechterung der Leistungen für die Versicherten

 

Ein weiterer, außerordentlich gewichtiger, Nachteil der Fusionierung liegt in einer dadurch bedingten Verschlechterung der Leistungen für die Versicherten.

 

Durch die Fusionierung der Gebietskrankenkassen kommt es zu einer Zusammenfassung sämtlicher unselbstständig Erwerbstätiger und sonstiger nach dem ASVG Versicherter in einem einzigen Versicherungsträger. Dieser umfasst 7,2 Millionen Versicherte, was 82 % der Bevölkerung Österreichs ausmacht. Sämtliche Entscheidungen für diese Versicherten werden fortan auf zentraler Ebene getroffen. Dies geschieht gemäß der Regierungsvorlage auch durch die Zusammenführung der bestehenden Organe zum Verwaltungsrat. Diesem obliegt grundsätzlich die Geschäftsführung der ÖGK (§432 ASVG idF BGBl I 100/2018). Zu seinen Kompetenzen zählen unter anderem der Abschluss des Gesamtvertrags; ihm kommt auch die Budget- sowie Personalhoheit zu (RV 329 BlgNR 26. GP  2).

 

Bislang lagen diese Kompetenzen der ÖGK bei den Gebietskrankenkassen (zwar schlossen nicht sie selbst, sondern der Hauptverband für sie die Gesamtverträge ab, allerdings waren die GKKs Vertragspartner). Diesen kam die Stellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zu; als solche verfügten sie über Rechtspersönlichkeit (§§23, 32 ASVG aF). Sie hoben die Versicherungsbeträge ein und verfügten über Budgethoheit und waren Vertragspartner der Gesamtverträge (§341 ASVG aF).

 

Anstelle der Gebietskrankenkassen verbleiben in den Ländern nunmehr bloße unselbstständige Landesstellen ohne Rechtspersönlichkeit, die der ÖGK zuzurechnen sind (§418 Abs3 ASVG idF BGBl I 100/2018). Die Landesstellen verfügen über Landesstellenausschüsse. Diesen ist ex lege die Wahrnehmung gewisser – großteils nur aus Mitwirkungsrechten bestehenden – Aufgaben zugewiesen, wobei allerdings eine Weisungsgebundenheit an den Verwaltungsrat der ÖGK in allen Themenbereichen besteht (§434 Abs5 ASVG). Es verbleiben ihnen unter diesen Prämissen lediglich einige wenige Kompetenzen, wie die Vereinbarung von Honorar-Zu- und Abschlägen, die Entgegennahme von Leistungsanträgen und ähnliche kleinere Agenden. Bei der Vereinbarung von medizinischen Versorgungsleistungen wie etwa Rollstühlen, Therapien und Transportleistungen, kommen den Landesstellenausschüssen dahingegen keine Kompetenzen zu. Auch die Vergabe von Aufträgen, vom Bau bis zur Belieferung mit medizinischem Verbrauchsmaterial und Lebensmitteln für die Kurheime ist nicht den Landesstellen zugeordnet und fällt damit in die Zuständigkeit der Zentrale. Gleiches gilt für den Abschluss von Kooperationen etwa mit Land, Spitälern, oder Rettungsorganisationen sowie für die Dienstpostenplanung oder interne Personalentscheidungen. Es fehlt den Landesstellen sohin an jeglicher Möglichkeit, die Versorgung im jeweiligen Bundesland eigenständig zu gestalten und das regionale Gesundheitssystem zu planen.

 

(i) Nur durch regionale GKK Wahrnehmung der regionalen Erfordernisse möglich

 

Die bisherige Regelung der regionalen Gebietskrankenkassen ermöglichte es, regional und individuell auf die Bedürfnisse der Bevölkerung in den einzelnen Ländern einzugehen. Bereits aufgrund geographischer Unterschiede (Stadt/Land), dem unterschiedlichen Durchschnittsalter der Bevölkerung sowie dem verschiedenen Ausmaß an Erwerbstätigkeit in den Bundesländern ist eine einheitliche Regelung, die für alle Bundesländer gilt, nicht zweckdienlich. Das Leistungsangebot hängt sohin notwendigerweise von demografischen, sozioökonomischen und geografischen Bedingungen ab. In ländlichen Gebieten etwa ist es sinnvoll, dass ein Hausarzt umfangreichere Leistungen anbietet, als etwa in einer Stadt, um den Patienten längere Anfahrtswege zu ersparen.

 

Eine Zusammenlegung führt zu einer Verschlechterung der medizinischen Versorgung (so etwa auch Ulrich, Gesundheitssystem: regionale Strukturen versus Zentralismus, ZGP 2/2013, 59, der Österreich explizit von der Zusammenlegung der Krankenkassen abrät). Die bislang bestehende Funktionsweise, auf regionale Bedürfnisse einzugehen, hat sich bewährt. Denn sie ermöglichte es, die gesetzlich vorgegebenen Leistungen bundesweit (jedoch erforderlichenfalls differenziert nach regionalen Bedürfnissen) in sehr ähnlicher Qualität und Verfügbarkeit anzubieten – und dies unter sehr unterschiedlichen faktischen Rahmenbedingungen organisieren zu können.

 

So ist sowohl die Umsetzungs-Gesetzgebung für das Spitalswesen als auch die ökonomische Steuerung der einzelnen Krankenanstalten über die Landesfonds bei den Ländern angesiedelt (vgl Art12 Abs1 Z1 B‑VG, §§148, 447 f ASVG). Ähnlich dazu ist auch der Sozialbereich, insbesondere der Bereich der Alten- und Pflegeheime sowie die mobilen Dienste und die Hauskrankenpflege, das Rettungswesen, und vieles mehr im Wesentlichen Ländersache. All dies stellt insbesondere für die Krankenversicherungsträger nach dem ASVG (sohin den bisherigen Gebietskrankenkassen; künftig der ÖGK) ganz wesentliche Rahmenbedingungen dar, die in der Angebotsstruktur- und Stellenplanung für medizinische Vertragspartner, der konkreten organisatorischen Leistungsumsetzung (!) etwa in Form von Verträgen und Kooperationen, im Nahtstellenmanagement und vielen anderen Verwaltungsbereichen zu berücksichtigen sind. Dies kann anhand folgender Beispiele illustriert werden:

 

Zwischen dem Bereich der (spezialisierten) Spitalsambulanzen und dem niedergelassenen Fachärztebereich gibt es Überschneidungen hinsichtlich der dort erbringbaren Leistungen. Wo beispielsweise hoch spezialisierte Fachambulanzen für Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen oder neurolinguistische Fragestellungen bestehen, müssen und sollen keine parallelen Angebote bei (in diesen Themen weniger spezialisierten) Fachärzten vorgehalten werden. Umgekehrt müssen, wo solche Spezialambulanzen fehlen, solche Leistungen über die niedergelassenen Fachärzte organisiert und bereitgestellt werden.

 

Für die Bereitstellung von (allgemeinmedizinischen) Bereitschaftsdiensten an Wochenenden und Tagesrand- bzw Nachtzeiten bedarf es einer engen Abstimmung und Verflechtung mit dem Land (als zuständige Behörde für die Wochentags-Randzeiten) und der jeweiligen Ärztekammer sowie insbesondere mit den Rettungsdiensten. Nun sind diese Bereiche etwa in Wien mit dem Ärztefunkdienst und der Berufsrettung völlig anders organisiert als etwa in Oberösterreich oder Vorarlberg.

 

Um eine gut funktionierende Versorgung Älterer und pflegebedürftiger Menschen sicherzustellen, bedarf es einer engen Zusammenarbeit und Abstimmung mit den vorhandenen Strukturen und Anbietern im Sozialbereich (Sozialhilfeverbände, mobile Dienste und Hauskrankenpflege), aber auch den Rettungs- und Transportanbietern.

 

Eine Verbesserung in der Versorgung schwerwiegender, komplexer oder auch chronischer Krankheitsbilder erfordert Modelle der 'Integrierten Versorgung', also einer optimalen Koordination der verschiedenen beteiligten Leistungsanbieter (vgl Rechnungshof, Versorgung von Schlaganfallpatienten in Oberösterreich und der Steiermark, 2012). Um etwa die Versorgung von Schlaganfall-Patienten so zu optimieren, dass möglichst viele Patienten dieses dramatische Ereignis nicht nur überleben, sondern auch möglichst wenige bleibende neurologische Folgeschäden erleiden, bedarf es einer übergreifenden Prozessoptimierung nach dem Motto 'time-is-brain'. Dies beginnt bei der richtigen Erkennung von Schlaganfällen (va Bevölkerungs-Information, niedergelassene Ärzte, Rettungsdienste) um die Patienten nicht nur möglichst rasch sondern auch in die richtige Versorgungseinheit (spezialisierte 'stroke unit') zu befördern ('time-to-door'), einen möglichst kurzen Zeitablauf bis zur Initiierung der Behandlung ('time-to-needle'), einen optimierten Behandlungsprozess bis hin zu einer optimal abgestimmten Rehabilitation (bereits begleitend im Krankenhaus, und zeitlich wie auch therapeutisch bestmöglich abgestimmt als Folge-Rehabilitation im stationären und ambulanten Bereich). Auch hier zeigt sich, dass praktisch alle relevanten Kooperationspartner auf Landesebene organisiert sind.

 

All diese Beispiele illustrieren, dass die Landesebene bisher völlig zu Recht die zentrale Ebene für die Umsetzung der – bundesweit einheitlichen – Vorgaben für das Leistungsangebot darstellte, weil praktisch alle wesentlichen Leistungsanbieter und Akteure auf dieser Ebene organisiert sind, und hier auch die wesentlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden die für die Ausgestaltung des Leistungsangebotes der Krankenversicherung relevant sind.

 

Die für die Landesstellenausschüsse vorgesehenen (Rest-)Kompetenzen innerhalb der streng zentralistisch organisierten ÖGK (vgl §434 ASVG idF BGBl I 100/2018) sind, wie bereits zu Beginn dieses Punktes ausgeführt, hierfür völlig unzureichend.

 

Gerade auch die Erstantragstellerin hat über Jahrzehnte bewiesen, wie höchste Kunden- und Qualitätsorientierung bei gleichzeitig gesunder finanzieller Gebarung geleistet werden kann, obwohl die Erstantragstellerin zu Beginn der 1990er Jahre sowohl hinsichtlich des Gesamtergebnisses als auch der Verwaltungskosten Schlusslicht unter den GKKs war. Ermöglicht wurde dies durch einen professionellen Veränderungsprozess, der von Selbstverwaltung und Management unter Einbindung der Belegschaft getragen wurde (Wesenauer, Von der Balanced Scorecard zum Erfolgsplan®. Erfolgreiche Strategien systemisch entwickeln und umsetzen, 2008). Die Erstantragstellerin verfügt derzeit über ein hervorragend ausgebautes und bestens an die regionalen Bedürfnisse angepasstes Gesundheitswesen.

 

In vielen Bereichen nahm die Erstantragstellerin eine Vorreiterrolle ein. So wurde im Jänner 2017 im oberösterreichischen Enns das erste Primärversorgungszentrum im Vollausbau eröffnet. Viele Träger ziehen seither Konzept und Richtlinien der Erstantragstellerin für die Planung eigener Primärversorgungseinheiten als Vorbild heran.

 

Zudem hat die Erstantragstellerin im IT-Bereich einige Standard-Produkte entwickelt, die nun österreichweit bei allen Trägern eingesetzt werden. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Software der Leistungen der Gebietskrankenkassen (LGKK), das Elektronische Datenaustausch-Portal (ELDA) und die Risikoauffälligkeitsanalyse im Dienstgeberbereich (RAD).

 

Auch im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention hat die Erstantragstellerin wesentliche Grundlagenarbeit geleistet. Vor 25 Jahren rief sie die Betriebliche Gesundheitsförderung ins Leben. Mittlerweile übernahmen alle Gebietskrankenkassen Idee und Konzept. Auch international hat sich die Erstantragstellerin hier einen Namen gemacht: So beheimatet sie die österreichische Kontaktstelle des europäischen 'Network for Workplace Health Promotion'. Aktuell betreuen die Experten der betrieblichen Gesundheitsförderung 250 Betriebe in ganz Oberösterreich.

 

Dieses Bemühen um eine optimale Versorgung der Versicherten schlägt sich auch in den regelmäßig durchgeführten Kundenbefragungen nieder: Die Erstantragstellerin verfügt über die zufriedensten Kunden aller Krankenkassen. Zudem bejahten 86% der Befragten, dass die Erstantragstellerin wichtig für Oberösterreich ist.

 

Die bislang bestehende Funktionsweise, auf regionale Unterschiede einzugehen, ist sohin besonders sinnvoll und zielführend, weil sie es ermöglicht, die gesetzlich vorgegebenen Leistungen bundesweit in sehr ähnlicher Qualität und Verfügbarkeit anzubieten – und dies unter sehr unterschiedlichen faktischen Rahmenbedingungen organisieren zu können.

 

(ii) Zentrale ÖGK wird bedeutender Rolle der bisherigen GKKs nicht gerecht

 

Die Rolle der Gebietskrankenkassen ist in den vergangenen Jahrzehnten weit über die einer reinen Sozialversicherung, die Leistungsanträge von Versicherten prüft und in der Folge Leistungen gewährt oder ablehnt, hinausgewachsen. Da sie jeweils mehr als 80 % der jeweiligen Landesbevölkerung versichern, wurden ihnen insbesondere über die Gesamtverträge mit Ärzten und anderen Gesundheitsberufen wesentliche ordnungspolitische Aufgaben in der Angebots- und Angebotsstrukturplanung für die Bevölkerung (vgl zB §342 ASVG), in der damit eng verbundenen Steuerung der Gesundheitsausgaben bzw der Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems sowie zunehmend in der Koordination und Vernetzung des zunehmend komplexeren, differenzierteren und vielschichtigeren medizinischen Versorgungssystems zuteil. Deutliches Zeichen für diese zunehmend bedeutsame Rolle ist die Einbeziehung der Sozialversicherung als gleichberechtigte Partnerin zu den Finanzausgleichsverhandlungen nach Art15a B‑VG im Gesundheitskapitel und, daraus resultierend, seit 2012 die entsprechende Rolle neben Bund und Ländern im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit (vgl das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz G-ZG).

 

Die so vor allem von den GKKs geschaffenen Angebotsstrukturen im jeweiligen Bundesland, die von der Ärztestellenplanung über Programme der Integrierten Versorgung bis zur Gesundheitsförderung und Prävention reichten, bildeten in der Folge auch im Wesentlichen die Grundlage für die regionale Versorgung der Versicherten der bundesweiten Versicherungsträger für Selbstständige, Bauern, öffentlich Bedienstete etc. So unterscheidet sich etwa die Zahl der Vertragsärzte mit sogenannten §2-Kassenverträgen (federführend von den GKKs verhandelt) nur wenig von der Zahl der Vertragsärzte der 'bundesweiten Kassen' (LSE, Effizienzstudie, Band I, Tabelle auf S 65).

 

Ebenso kam den Gebietskrankenkassen eine bedeutsame Rolle beim Arbeitnehmerschutz zu. Denn im Rahmen des Versicherungswesens und der Beitragsprüfung (§41a ASVG aF) wurde auch kontrolliert, ob Arbeitnehmer ordnungsgemäß angemeldet sind, deren Kollektivverträge eingehalten und Überstunden richtig ausbezahlt werden. Auch diese wichtige Funktion der GKKs geht bei einer zentralen ÖGK verloren (im Detail hierzu siehe Punkt XII.).

 

(iii) Zentrale ÖGK führt zu weniger Verantwortlichkeit und damit zu einer Verschlechterung der Leistungen

 

Ein weiterer Aspekt, weshalb es durch die Fusionierung zu einer Verschlechterung der Leistung kommt, ist jener, dass durch Zentralisierung weniger Verantwortlichkeit entsteht. Denn im Rahmen einer zentralen Organisation geht die Möglichkeit eines Vergleichs der regionalen Krankenkassen miteinander verloren. Ein solcher ist jedoch in einer dezentralen Struktur zum Setzen von Anreizen für Veränderungen und Innovation unbedingt notwendig und führt zu Effizienzsteigerungen. Darüber hinaus sind die derzeit bestehenden Unterschiede zwischen den GKKs auch insofern für eine Leistungsverbesserung von Bedeutung, als sich aufgrund dieser Unterschiede im Rahmen eines Benchmarking Rückschlüsse etwa auf die Effizienz der einzelnen Kassen ziehen lassen. Dadurch können wertvolle Ergebnisse für eine laufende Verbesserung des Systems als Ganzes gewonnen werden. Als Folge der Fusionierung werden derartige Unterschiede künftig nicht mehr bestehen (schließlich gibt es statt neun GKKs nur mehr eine österreichweite Gesundheitskasse), sodass auch keine Möglichkeit mehr besteht, durch Vergleiche laufend Verbesserungen herbeizuführen (Schneider/Jenewein, Fusion 39 f mwN).

 

Des Weiteren kann bei kleineren Kassen eine deutlich größere soziale Kontrolle über die in Anspruch genommenen Leistungen bestehen, weil sich diese kleineren Kassen in einem weniger anonymen Umfeld bewegen bzw die Identifikation der Versicherten mit 'ihrer' Krankenkasse entsprechend hoch ist (Riedler im Gespräch mit Ulrich, Experteninterview: Fusionierung von Krankenkassen, ZGP 2013, 56, 58). Auch die Tendenz, den Verwaltungsapparat aufgrund von bürokratischen Eigendynamiken laufend zu vergrößern, ist bei kleinen, regionalen Kassen im Vergleich zu einer großen Kasse deutlich geringer, was zu eher geringeren Verwaltungskosten führt (Schneider/Jenewein, Fusion, 26).

 

(iv) Keine Gewährleistung einer regionalen Verteilung der Funktionäre im Verwaltungsrat

 

Zur Problematik der Zentralisierung kommt erschwerend hinzu, dass das entscheidungsbefugte Organ der ÖGK – der Verwaltungsrat (§§419, 432 Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018) – nicht mit Vertretern sämtlicher Bundesländer besetzt ist.

 

Der Verwaltungsrat setzt sich aus nur 12 Personen zusammen (§427 Z1 ASVG). Diese werden von den geschäftsführenden Organen der örtlich und sachlich zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Dienstnehmer und der Dienstgeber entsandt (§421 Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018). Die geschäftsführenden Organe haben bei der Entsendung der Vertreter die gesetzlichen Regelungen (§421 ASVG) zu beachten. Davon abgesehen sind sie in ihrer internen Willensbildung aber völlig frei. Es bestehen sohin keine rechtlichen Regelungen, wonach bei einer Entsendung durch die Bundesarbeitskammer (und Wirtschaftskammer Österreich) als zuständige öffentlich-rechtliche Interessenvertretung in verfassungskonformer Weise auf eine regionale Verteilung der Funktionäre Rücksicht zu nehmen wäre (siehe auch Punkt VI.).

 

(v) Ergebnis

 

Zentralisierung beruht auf einem systemtheoretischen Verständnis von Menschen, Systemen und Organisationen, das sehr schlicht ist. Es hat das Bild einer Maschine vor Augen, wonach sich bei Betätigung eines Knopfs in Wien in Klaffer im oberen Mühlviertel oder in Schwanenstadt das Verhalten und Handeln der Personen nicht nur ändert, sondern im Sinne von Qualität, Patientenorientierung und Effizienz auch verbessert. Alle Forschungsergebnisse der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften im Bereich Verhaltensänderung und strategischem Handeln und im Bereich Governance, Steuerung und Organisationsentwicklung widerlegen solch 'simple' Annahmen aber beeindruckend, was auch an mehreren Stellen dieser Beschwerde zur Sprache kommt. An dieser Stelle sei auf die ehemalige Direktorin des Max–Planck–Instituts für Gesellschaftsforschung und international anerkannte Forscherin im Bereich politische Steuerung und Steuerungsprobleme Prof Renate Mayntz verwiesen. Diese hat konkret auf die Probleme von zentralen Steuerungsansätzen hingewiesen (Mayntz, Soziale Dynamik und politische Steuerung, 1997, 194 ff): Implementationsproblem, Motivationsproblem, Wissensproblem, und Steuerbarkeitsproblem. Mit einem Zusammenschluss aller Gebietskrankenkassen werden auf allen vier Ebenen zusätzliche Probleme erzeugt und verstärkt. Die Folge werden schlechtere Ergebnisse im Sinne der Bevölkerungsgesundheit, der Qualität der medizinischen Versorgung, der Patientenzufriedenheit und der Kosteneffizienz des Systems sein – insbesondere wird aber eine Innovations- und Weiterentwicklungsblockade eintreten.

 

Die Auflösung der regionalen Krankenkassen führt sohin zu einer Verschlechterung der Leistungen an die Versicherten. Denn nunmehr werden die relevanten Entscheidungen sämtlicher mit Leistungen zusammenhängender Fragen (Leistungsverteilung, Angebote, etc) auf zentraler Ebene für ganz Österreich getroffen. Dadurch ist es nicht mehr im gleichen Maße möglich, auf regionale Unterschiede einzugehen. Es kommt durch die Fusionierung sohin auch bezüglich der Leistungen zu einer Verschlechterung, sodass von einer sachlichen Rechtfertigung des Zusammenschlusses keinesfalls gesprochen werden kann.

 

d. Weniger Personal bedeutet schlechteres Service

 

Die in der Regierungsvorlage als Einsparungsmaßnahme bezeichneten Personalreduktionen führen ohne entsprechende begleitende Prozessveränderungen zu einem unmittelbaren Nachteil für die Versicherten. Denn die Personalreduktion betrifft 30 %, sohin 6.000 Angestellte. Schon bislang liegt Österreich mit der Verwaltungskennzahl Bedienstete pro 1.000 Versicherte im internationalen Vergleich sehr gut. Ein Angestellter der Sozialversicherung betreut 1.064 Versicherte. Infolge der Personalreduktion wird er zukünftig jedoch für rund 1.500 Versicherte zuständig sein, sodass es zu Einbußen an Qualität im Servicebereich kommt (49/SN-75ME 26. GP 10).

 

e. Zusammenlegung führt zu einer Vielzahl an weiteren Sachwidrigkeiten

 

Die Zusammenlegung führt zu einer Vielzahl an weiteren Sachwidrigkeiten, die nachfolgend kurz erläutert werden. Einige dieser Aspekte werden als eigenständige Verfassungswidrigkeit geltend gemacht. Doch selbst wenn der VfGH die Ansicht vertritt, dass die jeweiligen nachstehenden Regelungen nicht verfassungswidrig sind, so zeugen sie dennoch von einer groben Nachteiligkeit der Fusionierung, sodass diese – vor dem Hintergrund des Art7 B‑VG – jedenfalls nicht als sachlich gerechtfertigt erscheint.

 

(i) Störung des föderalistischen Systems

 

Die föderale Struktur der Krankenversicherung ist als Ausgleich dafür anzusehen, dass das Sozialversicherungswesen gemäß Art10 Abs1 Z11 B‑VG Zuständigkeit des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung (unmittelbare Bundesverwaltung; Art102 Abs2 B‑VG) ist (Bußjäger, Unterlage zum Positionspapier über die Reform der Sozialversicherungen, 11.04.2018, 13). Die GKKs dienen in diesem System der Sicherstellung regionaler Gesundheitsversorgung. Durch die Schaffung einer Einheitskasse wird dieses grundlegende System nun übergangen.

 

(ii) Änderung der Organstruktur

 

Nach Art120a ff B‑VG braucht es mehrere Organe in der Selbstverwaltung, die einerseits die Geschäftsführung und andererseits die Kontrollfunktion ausüben.

 

Durch die gegenständliche Novelle werden allerdings gemäß den Materialien die bislang bestehenden Selbstverwaltungsgremien Vorstand, Generalversammlung und Kontrollversammlung in einem Organ zusammengeführt (RV 329 BlgNR 26. GP  2). §419 ASVG idF BGBl I 100/2018 normiert, dass als Verwaltungskörper der Versicherungsträger der Verwaltungsrat, die Hauptversammlung und die Landesstellenausschüsse am Sitz der Landesstellen bestehen.

 

Die bisherige Kontrollversammlung hat neben der gesamten Gebarung des Versicherungsträgers auch die Buch- und Kassenführung sowie den Rechnungsabschluss zu überprüfen (§436 ASVG aF). Die Kontrollversammlung der Erstantragstellerin tagte immer am Tag nach einer Vorstandssitzung und sohin mindestens viermal jährlich. So waren zeitnahe Entscheidungen garantiert und ein 'Entscheidungsstau', der zu Mehrkosten führen würde (zB im Baubereich durch die laufende Preisentwicklung und das Termingeschäft), wurde auf diese Weise vermieden. Die neu geschaffene Hauptversammlung hingegen soll lediglich zweimal im Jahr zusammenkommen (§433 Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018). Die Kontrollfunktion kann in dieser Form nicht adäquat ausgeübt werden. Überdies ist mit Verzögerungen bei wichtigen Entscheidungen zu rechnen.

 

Zwar sieht das SV-OG eine Ausweitung der Aufsichtskompetenzen der BMASGK als Aufsichtsbehörde auch im Zusammenhang mit der Gebarungskontrolle vor, doch kann diese eine interne Überprüfung wie sie durch die Kontrollversammlung eingerichtet war, nicht ersetzen. Durch §436 Abs1 ASVG aF war eine ständige Überwachung (nicht nur eine nachgehende Kontrolle) der Gebarung vorgesehen (Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm §437 ASVG Rz 4). Diese ermöglichte dem Sozialversicherungsträger, Missstände zeitgerecht und intern in eigener Verantwortung zu erkennen und zu beheben. Die Gebarungskontrolle durch die Aufsichtsbehörde ist im Grundsatz als nachträgliche Kontrolle mit dem Recht der BMASGK auf Aufhebung der Beschlüsse der Verwaltungskörper (§449 Abs1 letzter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018) eingerichtet und kann daher nicht die ständige Kontrolle durch ein selbstverwaltungsinternes Organ ersetzen.

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf die komplette und ersatzlose Beseitigung der Bestimmungen im bisherigen §436 ASVG ('Aufgaben der Kontrollversammlung') hinzuweisen. Die genannte Regelung sah die für diese Kontrollfunktion erforderlichen Rechte des Kontrollorgans vor, insbesondere das Recht auf Einsichtnahme, Beleg- und Unterlageneinsicht, Auskunftspflichten für das Management und vieles mehr. Der Gesetzgeber erachtete es bisher als erforderlich, solche Klarstellungen auf gesetzlicher Ebene zu verankern, um die Selbstverwaltung überhaupt dazu zu befähigen, in so großen und komplexen Organisationen wie den Sozialversicherungsträgern ihre Kompetenzen in Geschäftsführung und Kontrolle wahrnehmen zu können, und nicht (nur) vom hauptamtlichen Büro bzw Management abhängig zu sein. Die ersatzlose Streichung dieser in der Praxis bedeutsamen Rechte verstärkt den Eindruck, dass die Selbstverwaltung in der ÖGK nicht mehr die wesentlichen Agenden in Geschäftsführung und Kontrolle haben wird, sondern in ihrer Rolle gegenüber dem Management stark zurückgedrängt wird, was auch ihre theoretisch weitreichenden Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse in der Praxis ins Leere laufen lässt. Man stelle sich hier etwa die Effektivität der (abstrakten) parlamentarischen Kontroll- und Untersuchungsrechte ohne entsprechende konkrete (verfassungs-)gesetzliche Bestimmungen vor.

 

(iii) Drohende Monopolstellung der ÖGK bezüglich Heilbehelfen und Hilfsmitteln

 

Gem §133 ASVG (aF und nF) umfasst die Krankenbehandlung neben ärztlicher Hilfe auch Heilmittel und Heilbehelfe. §137 ASVG (aF und nF) enthält die Voraussetzungen, unter denen der Versicherungsträger die Kosten für Heilbehelfe zu übernehmen hat. Die Bereitstellung von Heilbehelfen an den Versicherten erfolgt über Vertragspartner. Solche Verträge können als Gesamtverträge gem §349 Abs3 ASVG oder in Ermangelung einer zuständigen gesetzlichen berufliche[n] Vertretung als Einzelvertrag abgeschlossen werden. Auch wenn Gesamtverträge nach bisheriger Rechtslage durch den Hauptverband abgeschlossen wurden, so war dennoch die jeweilige GKK Vertragspartner, die dem Gesamtvertrag auch zustimmen musste (§341 Abs1 ASVG aF).

 

Durch den Zusammenschluss der GKK zur ÖGK sind solche Gesamtverträge nur mehr mit der ÖGK abzuschließen; regionale Gesamtverträge für Heilbehelfe und Hilfsmittel wird es sohin nicht mehr geben. Dadurch wird jedoch die Verhandlungsposition der ÖGK gestärkt, ist sie schließlich im Bereich der Krankenversicherung der einzig mögliche Vertragspartner. Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage kommt ihr sohin quasi Monopolstellung zu. Eine solche Monopolstellung ist jedoch in Hinblick auf die Vertragspartner unsachlich.

 

3. Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Selbstverwaltung (Art120a B‑VG)

 

Gemäß Art120a Abs1 B‑VG können Personen zur selbständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse gelegen und geeignet sind, durch sie gemeinsam besorgt zu werden, durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern zusammengefasst werden (grundlegend VfSlg 8215/1977). Erforderlich dabei ist das Vorliegen beider Elemente und damit eine eindeutige Gruppenbezogenheit der Verwaltungsaufgaben im Hinblick auf die Mitglieder der Selbstverwaltung (VfSlg 18.548/2008).

 

Innerhalb des Kreises der Versicherten muss sohin eine Interessenparallelität herrschen (VfSlg 19.919/2014). Daraus folgt, dass – ausgehend vom Wirkungsbereich eines Selbstverwaltungskörpers – nur solche Personen in einem Selbstverwaltungskörper zusammengefasst werden dürfen, die im Hinblick auf diesen Wirkungsbereich in gleicher Weise betroffen sind. Bei der sachgerechten Abgrenzung der umfassten Personen kommt dem Gesetzgeber ein gewisser Gestaltungsspielraum zu; dieser ist allerdings durch den Gleichheitsgrundsatz und das Sachlichkeitsprinzip begrenzt. Beim Vorliegen der Voraussetzung des 'gemeinsamen Interesses' kommt es auf die tatsächlichen wirtschaftlichen, finanziellen, sozialen oder sonstigen Interessen zusammengefasster Personen an (Rill/Stolzlechner in Kneihs/Lienbacher [Hrsg], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 6. Lfg [2010], Art120a B‑VG Rz 17).

 

Die dem Selbstverwaltungskörper vom Gesetzgeber zugewiesene Aufgabe muss weiters geeignet sein, durch die im Selbstverwaltungskörper zusammengefasste Personen besorgt zu werden (VfSlg 19.885/2014). Hierbei ist darauf abzustellen, ob der betreffende Selbstverwaltungskörper dazu über ausreichende Ressourcen (Personal, Finanzmittel, Räumlichkeiten etc) verfügt (Rill/Stolzlechner in Rill/Schäffer, Art120a B‑VG Rz 18). Die Eignung der Angelegenheit ist sohin zur Leistungsfähigkeit des Selbstverwaltungskörpers in Beziehung zu setzen (VwSlg 7348/A). Die Aufgabe der Krankenversicherung liegt primär in der Erbringung jener Leistungen, die der Versicherte benötigt und auf die er einen Anspruch hat.

 

Hinsichtlich der Versicherten der ÖGK ist es bereits fraglich, ob ein 'überwiegendes gemeinsames Interesse' vorliegt. Denn durch die Fusionierung sind 80 – 85 % der Gesamtbevölkerung in der ÖGK zusammengefasst. Insbesondere bestehen unterschiedliche Bedürfnisse und somit Interessen hinsichtlich des Leistungsangebots. Denn wie in Punkt III.2.3.c ausgeführt, sind in den einzelnen Bundesländern aufgrund von regionalen Unterschieden verschiedene Leistungsangebote erforderlich. Die ÖGK ist allerdings zentralistisch strukturiert; die Länder (im regionalen Sinne) verfügen über keinerlei effektive Mitspracherechte (siehe Punkt IX.). Ebenso wenig ist eine adäquate Repräsentation von Vertretern der einzelnen Länder bzw Regionen im Verwaltungsrat sichergestellt. Aufgrund mangelnder gesetzlicher Bestimmungen wäre es sogar möglich, dass nur Angehörige eines einzigen Bundeslands im Verwaltungsrat vertreten sind. Dennoch überträgt der Gesetzgeber der ÖGK die Aufgabe, für jedes einzelne Bundesland das Leistungsangebot zu regeln. Die Versicherten in Wien etwa haben jedoch kein Interesse daran, wie viele Hausärzte in einem bestimmten Dorf in Vorarlberg angesiedelt sind. Die Leistungsverteilung (das Leistungsangebot) in den Bundesländern liegt sohin nur im Interesse jener Versicherten, die dort ansässig sind. Die Zusammenfassung fast der ganzen Bevölkerung Österreichs zur ÖGK führt sogar dazu, dass die Interessen der Versicherten gegenläufig sind. Denn wenn sich die ÖGK etwa zum Ausbau des Leistungsangebots in einem Bundesland entscheidet, so werden hierfür finanzielle Mittel aufgewendet, die durch Beiträge sämtlicher Versicherten aufgebracht wurden. Die zugewiesenen finanziellen Mittel werden sohin nur in dem bestimmten Bundesland verwendet, nicht jedoch in einem anderen, wo nach den dort ansässigen Versicherten ebenso ein Bedürfnis nach einem größeren Leistungsangebot bestehen würde.

 

Die Aufgabe der Krankenkasse ist bereits aus diesem Grund nicht geeignet, zentral für Versicherte in sämtlichen Bundesländern durch die ÖGK besorgt zu werden. Darüber hinaus ist die ÖGK aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung nicht fähig, die Leistungen zu erbringen; das Gesetz ermöglicht schließlich keine ausreichende Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten.

 

Ebenso ist durch die Zugehörigkeit sämtlicher ehemaliger GKK-Versicherter zur ÖGK deren demokratische Legitimation nicht mehr gewährleistet (im Detail siehe Punkt V; vgl Lachmayer/Öhlinger, Verfassungsrechtliche Fragen zur Errichtung einer Österreichischen Gesundheitskasse, in Berka/Th.Müller/Schörghofer [Hrsg], Die Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich. Verfassungsrechtliche Grundprobleme, 2019, 50 f).

 

Angemerkt sei auch, dass sämtliche Fusionierungen, die bislang vom VfGH auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft wurden, die Zusammenlegung von gleichartigen Körperschaften zu einer größeren, jedoch wieder gleichartigen Körperschaft zum Gegenstand hatten. So handelt es sich etwa bei Gemeindezusammenlegungen um die Fusionierung von sich in der Struktur und dem inneren Aufbau völlig gleichenden Selbstverwaltungskörpern; sie verfügen über dieselben Organe, die nach denselben Grundsätzen gebildet werden (vgl etwa VfSlg 19.894/2014 mwN). Auch nach der Zusammenlegung blieb diese Struktur gleich. Dahingegen weist die ÖGK im Vergleich zu den GKKs eine grundlegend andere Struktur auf. Auch erfolgten im Zuge der Fusionierung eine Vielzahl an begleitenden Maßnahmen und weiteren Veränderungen, die direkte Auswirkungen auf die Arbeitsweise der ÖGK haben, wie etwa der Entzug von finanziellen Mitteln oder die grundlegende Änderung in der Leistungsverteilung; Punkt 1.3.b.ii ff und Punkt IX.).

 

Ebenso verstößt die Fusionierung gegen das Subsidiaritätsprinzip. Dieses bildet den Kern der Selbstverwaltung: Eine kleinere Einheit soll Aufgaben, die nur sie selbst betreffen, auch selbst besorgen (Öhlinger, Die Verankerung von Selbstverwaltung und Sozialpartnerschaft in der Bundesverfassung, JRP 2008, 186, 189; Cerny, Gedanken zur sozialen Selbstverwaltung, DRdA 2018, 296). Zwar bezieht sich dieses Prinzip im Grunde auf das Verhältnis zwischen Selbstverwaltungskörper und Staat. Allerdings ist es auch auf die Größe des Selbstverwaltungskörpers anwendbar. Solange sich die gemeinsamen Interessen von Personen auch auf kleinerer Ebene (dh in den einzelnen Bundesländern) regeln lassen und bei einer Zusammenfassung sämtlicher GKK-Versicherten auch das gemeinsame Interesse weniger wird, muss die Selbstverwaltung auch auf regionaler Ebene stattfinden.

 

4. Zusammensetzung des in der ÖGK versicherten Personenkreises unsachlich

 

Wie bereits ausgeführt steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, Selbstverwaltungskörper zu bilden, aufzulösen oder zusammenzulegen; er ist hierbei allerdings an das allgemeine Sachlichkeitsgebot gebunden. Durch die Fusionierung der GKKs kommt es zu einer völligen Neuordnung des Systems der Krankenversicherung. Der Gesetzgeber ist sohin angehalten, bei Bildung neuer Selbstverwaltungskörper deren Ausgestaltung von Grund auf zu überdenken und nicht bloß bereits Bestehendes zu übernehmen. So sind insbesondere auch hinsichtlich der Abgrenzung des im Sozialversicherungsträger zusammengefassten Personenkreises Überlegungen anzustellen, inwiefern die künftigen Mitglieder ein gemeinsames Interesse aufweisen und in einem personellen und sachlichen Zusammenhang zueinander stehen.

 

4.1 Fusionierung der VAEB und der BVA zur BVAEB

 

Durch die Fusionierung der GKKs sind deren Versicherte fortan Mitglieder der ÖGK. Der Gesetzgeber ging augenscheinlich davon aus, dass sämtliche in den GKKs versicherte Personen im Sinne des Art120a B‑VG einen Personenkreis mit überwiegend gleichen Interessen darstellen (siehe jedoch Punkt III.2). Denn es ist schon von vornherein nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber durch gleiche Interessenlagen verbundene Personengruppen in jeweils eigenständigen Selbstverwaltungskörpern zusammenfasst, wenn dabei die Grenzen zulässiger Selbstverwaltung nicht überschritten werden (VfSlg 12.417/1990).

 

Die ÖGK-Versicherten stehen nach Ansicht des Gesetzgebers sohin in engem personellem und sachlichem Zusammenhang. Gerade vor dem Hintergrund der völlig neuen Zusammensetzung des Selbstverwaltungskörpers ÖGK erscheint es in höchstem Maße fraglich, weshalb der Gesetzgeber nicht auch andere Personen, die dieselben Interessen wie die ÖGK-Versicherten aufweisen und hinsichtlich derer auch sonst ein enger Zusammenhang besteht, nicht ebenfalls in die ÖGK aufgenommen hat. Konkret handelt es sich hierbei um bestimmte Personengruppen, die bislang in der VAEB versichert waren.

 

Denn neben der bereits ausführlich erläuterten Fusionierung der GKKs kommt es auch zu einer Zusammenlegung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) und der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) zur Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB). Hierzu wurden die bislang bei der VAEB in der Kranken- und Unfallversicherung versicherten Personen (inklusive freier Dienstnehmer und Lehrlinge) in das B-KUVG übertragen. Für die Zuordnung von Personen zu diesem Sozialversicherungsträger kommt es gemäß den Materialien darauf an, zu welchem Dienstgeber ein (öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches) Dienstverhältnis besteht. Bei der BVAEB sind all jene unselbständig Beschäftigten versichert, die ein Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft haben, bei einem Unternehmen tätig sind, das in der Vergangenheit ein Staatsbetrieb war, oder ein Dienstverhältnis zu einem Unternehmen haben, das Tätigkeiten ausführt, die in der Vergangenheit üblicherweise ein Staatsbetrieb ausgeführt hat (zB Schienenverkehrsunternehmen; RV 329 BlgNR 26.GP  4). Die Materialien begründen diese Zuordnung damit, dass es keinen Unterschied machen könne, ob eine Tätigkeit für einen früheren Staatsbetrieb ausgeübt wird oder für ein später gegründetes privates Unternehmen. Ebenso sei hinsichtlich Beschäftigten von Unternehmen, die in einem Bereich tätig sind, der mit den hier erfassten früheren Staatsbetrieben eng verknüpft ist (zB Betrieb von Speisewagen), die Zuordnung zum selben Sozialversicherungsträger konsequent.

 

4.2. Zugehörigkeit von in der BVAEB versicherten Personen zur ÖGK

 

Allerdings umfasst die Zuordnung der ehemaligen VAEB-Versicherten zur BVAEB auch Gruppen von Beschäftigten, hinsichtlich derer es fraglich erscheint, nach welchen Kriterien der Gesetzgeber die Zuordnung vorgenommen hat. Denn mehrere Personengruppen weisen weitaus stärkere Bezüge zu den GKKs bzw zur ÖGK auf. Teilweise handelte es sich bislang sogar um ASVG-Versicherte. So unterlagen etwa Privatbahnbedienstete oder Bergbaubeschäftigte hinsichtlich der Barleistungen dem ASVG. [Die b]Bislang nach dem ASVG in der VAEB vollversicherte Personengruppe soll jedoch nunmehr der Kranken- und Unfallversicherung nach dem B-KUVG unterliegen. Für den Bereich der Pensionsversicherung sind für diese Personengruppe jedoch weiterhin die Bestimmungen des ASVG maßgeblich (RV 329 BlgNR 26. GP 7).

 

Bei den genannten Personengruppen handelt es sich unter anderem um Liftwarte und andere Beschäftigte von Bergbahnen, Salinenarbeiter und –angestellte, Busfahrer bei privaten Verkehrsbetrieben, Arbeiter und Angestellte in der Mineralölindustrie sowie generell im Anwendungsbereich des §2 Berggesetz 1975. Denn diese finden sich nun in einer Versichertengemeinschaft mit Beamtengruppen wie Universitätsprofessoren und Gymnasiallehrerinnen, Staatsanwälten und Mitarbeitern der Finanzbehörden wieder. Einen schlüssigen Zusammenhang dafür, wie der Gesetzgeber hier Arbeitnehmergruppen zusammenfasst, bzw aus der ÖGK ausklammert, ist nicht zu finden. Das bezieht sich sowohl auf die Rechtsform des versicherungsbegründenden Arbeitsverhältnisses (privat- vs öffentlich-rechtlich) als auch auf besondere, leistungsrechtlich bedeutsame Bedarfssituationen dieser Gruppen wie etwa besondere berufliche Gefahren und Gesundheitsbelastungen oder andere sozialrechtlich bedeutsamen Risiken. In all diesen Fragen bestehen weitaus engere Parallelen zu Arbeitnehmergruppen etwa in der chemischen Industrie oder, etwa im Hinblick auf Unfallrisiken, zur Forstwirtschaft.

 

Die Zuordnung der genannten Personengruppen zur BVAEB lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass diese in 'ehemaligen Staatsbetrieben' beschäftigt waren. Denn wenn auch in der Vergangenheit eine diesbezügliche Abgrenzung durchaus sinnvoll erschien bzw sich als historisch gewachsen darstellte (vgl Frank in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm §475 ASVG; IA 423/A 22. GP  6 f) wäre durch die Schaffung der ÖGK die Gelegenheit gewesen, diese alten Strukturen zu überdenken. Denn das Dienstverhältnis solcher Personen ist nicht anders ausgestaltet als jenes von bereits bislang in den GKKs Versicherten. Ebenso finden sich keine Unterschiede hinsichtlich des Eintritts eines Krankheitsfalls, die eine solche Zuordnung rechtfertigen würden (im Detail Punkt V.3).

 

Durch die Zuordnung der genannten Personengruppen zu den ehemaligen BVA-Versicherten wird es nötig sein, für die beiden völlig unterschiedlichen Versichertengruppen eigene Regelwerke zu schaffen. Dies widerspricht jedoch den Grundsätzen der Selbstverwaltung, wo gerade Personen mit überwiegend gleichen Interessen zusammengefasst werden sollen, weil für diese im Allgemeinen dieselben Regelungen gelten. Bei einer Zuordnung zur ÖGK wäre dies nicht im gleichen Maße notwendig, weisen die Personengruppen doch mehr Gemeinsamkeiten mit den ASVG-Versicherten auf.

 

Diese willkürliche Zusammenfassung von Personengruppen mit völlig unterschiedlichen Risiken und Beschäftigungsverhältnissen verstärkt den Eindruck, dass der Gesetzgeber in der Ausarbeitung des SV-OG weder die Vorgaben des Art120b B‑VG noch die diesbezügliche Rechtsprechung des VfGH vor Augen hatte, sondern rein politischen und damit unsachlichen Zwecken gefolgt ist.

 

Dieser Eindruck kann auch nicht dadurch entkräftet werden, dass schon bisher die genannten Personengruppen in der VAEB, und nicht in den GKKs versichert waren.

 

Denn zum einen bezeichnet ja auch die Bundesregierung das vorliegende Organisationsgesetz nicht als intrasystematische, unter Einbeziehung der Betroffenen entstandene Weiterentwicklung des Organisationsaufbaus, sondern als radikale Neugestaltung einschließlich Änderungen am Aufbau der Entscheidungsorgane, was die Frage nach der systematischen und sachlichen Zusammenfassung von Personengruppen in neuer Schärfe aufs Tapet bringt (zB RV 329 BlgNR 26. GP  1). Zum anderen sind die bestehenden Sozialversicherungsträger ja historisch aus (genossenschaftlichen) Zusammenschlüssen von Arbeitnehmergruppen entstanden, wobei Bergleute und Eisenbahner recht früh einen hohen Organisationsgrad erreicht haben und daher vor allem in der Frühzeit der Sozialversicherung auch eigene Wege in deren Organisation gegangen sind. Wenn der Gesetzgeber aber nun alle nicht-öffentlich-rechtlichen Arbeitnehmer in einer Selbstverwaltungskörperschaft zusammenfasst, stellt sich die Frage, warum er diese Gruppen nicht in die ÖGK einbezieht.

 

5. Zur Verfassungswidrigkeit der Einrichtung des Überleitungsausschusses (§§538u, 538v, 538w ASVG idF BGBl I 100/2018)

 

Wie soeben ausführlich erläutert ist die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur ÖGK verfassungswidrig. Aus diesem Grund ist auch die Bildung eines Überleitungsausschusses verfassungswidrig; diese bereiten schließlich eine sachwidrige Zusammenlegung vor und sind verfassungswidrig zusammengesetzt (Punkt V, VI).

 

[…]

 

IV. Zur Verfassungswidrigkeit der §§319a, 119, 315 ASVG ('besonderer Pauschbetrag')

 

1. Verstoß gegen das allgemeine Sachlichkeitsprinzip (Art7 B‑VG)

 

Wie soeben in Punkt III.2.3.b.iv ausgeführt, tritt der besondere Pauschbetrag nach §319a ASVG gem §718 Abs5 ASVG ab dem 01.01.2022 außer Kraft und wird bis dahin mit 209 Millionen EUR bei Entfall der jährlichen Valorisierung festgesetzt. Diese Bestimmung ist jedoch grob unsachlich und verstößt daher gegen das allgemeine Sachlichkeitsprinzip (Art7 B‑VG).

 

Ohne jegliche finanzielle Berechnungsgrundlage geht die RV davon aus, dass der Pauschbetrag wiederholt als nicht die tatsächlichen Aufwendungen abbildend kritisiert wurde und daher nur noch bis zum Ablauf des Jahres 2022 geleistet werden soll (RV 329 BlgNR 26. GP  12 f). Durch die Abschaffung der Valorisierung ('Deckelung') entsteht der Erstantragstellerin alleine im Jahr 2018 ein finanzieller Schaden von 4,86 Millionen EUR (zur Berechnung und der Höhe der Fehlbeträge im Detail siehe Punkt III.2.3.b.iv). Eine sachliche Rechtfertigung für die Streichung des Pauschbetrags und die Abschaffung der Valorisierung ist nicht ersichtlich und ergibt sich – wie aufgezeigt – auch nicht aus den Materialien. Derartig ausgeprägte finanzielle Eingriffe in komplexe Ausgleichsmechanismen zwischen völlig unterschiedlich finanzierten und auch rechtlich komplett verschieden strukturierten Leistungssystemen bedürfen jedoch im Besonderen entsprechende valide Berechnungen.

 

Hinzu kommt, dass die Krankenversicherung für Arbeitsunfallopfer eine nur mehr historisch erklärbare versicherungsfremde 'Vorleistungspflicht' trifft. §119 ASVG legt fest, dass die Leistungen der Krankenversicherung auch gewährt werden, wenn es sich um die Folgen eines Arbeitsunfalls oder um eine Berufskrankheit handelt. Zur Vermeidung von Doppelleistungen wurde die sogenannte Vorleistungspflicht der Krankenversicherung eingeführt: In den ersten vier Wochen werden sämtliche Leistungen durch die KV getragen – bislang ohne Kostenersatz, nicht einmal in Form einer Anrechnung auf die Pauschale nach §319a ASVG. Erst ab dem ersten Tag der 5. Woche (29. Tag) gebührt derzeit Kostenersatz von der Unfallversicherung an die Krankenversicherung (§315 ASVG aF).

 

Die Krankenversicherung übernimmt somit, über den im Ausgleichsmechanismus des §319a ASVG hinaus, einen großen Teil der Leistungspflichten der Unfallversicherung. Das untermauern auch aktuelle Statistiken: Von insgesamt 22.633 erfassten Krankenstandsfällen aufgrund eines Arbeitsunfalls weisen 18.991 Fälle eine Dauer von unter 29 Tagen auf (LGKK-Statistik der OÖGKK zum Jahr 2017).

 

Durch die angefochtenen Bestimmungen werden sohin der Krankenkasse einerseits bislang gewährte finanzielle Mittel nicht mehr gewährt und gleichzeitig bleibt jedoch eine einseitige Leistungspflicht bestehen. Diese Regelungen stehen jedoch in untrennbarem Zusammenhang, sodass die Streichung des Pauschbetrags noch unsachlicher erscheint. Hierzu ist anzumerken, dass sich im RIS bei §315 der Vermerk 'Außerkrafttretensdatum 31.12.2019' findet. Allerdings ergibt sich weder aus der Regierungsvorlage, noch aus der Textgegenüberstellung noch aus BGBl I 100/2018, dass diese Bestimmung tatsächlich aufgehoben wird.

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf die unterschiedlichen Finanzierungszusammenhänge und Leistungszwecke von Unfall- und Krankenversicherung hinzuweisen: Im Gegensatz zur Unfallversicherung, die zur Gänze aus Dienstgeberbeiträgen finanziert wird und der Haftungsablöse des Dienstgebers bei ansonsten für ihn direkt haftungswirksamen Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten dient, wird die Krankenversicherung zum deutlich überwiegenden Teil aus Versichertenbeiträgen finanziert. Eine zweckfremde Verwendung von KV-Mitteln für Unfallversicherungsleistungen würde die Gruppe aller GKK-Versicherten (also nicht nur der pflichtversicherten Erwerbstätigen, sondern ebenso der versicherten Pensionisten, Selbstversicherten usw) unsachlich belasten. Gleichzeitig wird damit die Gruppe der Dienstgeber, die von der Gruppe der ASVG- bzw GKK-Versicherten völlig verschieden ist, unsachlich entlastet, indem die GKK-Versicherten für die Haftungsablöse der Dienstgeber aufkommen müssen. Die für die Versorgungsleistungen der GKK-Versicherten zur Verfügung stehenden Mittel und damit die entsprechenden Leistungen werden im gleichen Atemzug geschmälert. Hierin liegt hinsichtlich des Zweitantragstellers auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art7 B‑VG; siehe hierzu auch Punkt VIII).

 

Es ist auch festzuhalten, dass die Deckelung und in der Folge Abschaffung der Pauschalverrechnung nach §319a ASVG im Kontext mit der bereits vorgenommenen Absenkung des Unfallversicherungsbeitrags von 1,3 % auf 1,2 % sowie mit den ua im Regierungsprogramm 2017–2022 (S 115, Absenkung auf 0,8 Prozent) explizit angekündigten noch viel weitreichenderen Beitragssenkungen in der Unfallversicherung zu verstehen ist.

 

Die §§319a, 119 ASVG, sowie die Wortfolge: 'ab dem ersten Tag der fünften Woche nach dem Arbeitsunfall beziehungsweise nach dem Beginn der Berufskrankheit gemacht hat,' in §315 ASVG sind daher aufzuheben.

 

2. Verstoß gegen das Grundrecht auf Eigentum (Art5 StGG, Art1 1.ZPEMRK)

 

Aus denselben wie soeben in Punkt 1 dargelegten Gründen verstoßen die §§319a, 119 und 315 ASVG auch gegen das Grundrecht auf Eigentum.

 

Denn durch die Einsparungen der AUVA beim 'Besonderen Pauschbetrag' nach §319a haben die GKKs (2019) bzw die ÖGK (2020–2022) finanzielle Nachteile im Ausmaß von 90,58 Millionen zu tragen (Berechnungen: AK / HVB).

 

[…]

XIII. Zur Verfassungswidrigkeit der §§6, 40, 42 AlVG ('Arbeitslosenversicherung')

 

1. Verstoß gegen das allgemeine Sachlichkeitsprinzip (Art7 B‑VG)

 

Die Gebietskrankenkassen waren bislang die zur Durchführung der Krankenversicherung nach dem ASVG zuständigen Versicherungsträger (§§23 Abs1 Z1, 26 Abs1 Z1 ASVG aF). Mit der Novelle BGBl I 100/2018 geht diese Kompetenz auf die ÖGK über. Sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage sind in der Krankenversicherung der GKKs bzw der ÖGK zunächst die unselbstständig Erwerbstätigen (Dienstnehmer, Lehrlinge, den Dienstnehmern gleichgestellte freie Dienstnehmer), mitversicherte Angehörige sowie freiwillig Versicherte und Pensionisten versichert. Dies ist auch sachgerecht: Die genannten Personengruppen stehen in engem persönlichen und sachlichen Zusammenhang, bilden eine Risikogemeinschaft, zahlen Beiträge ein und erhalten im Gegenzug im Krankheitsfall die entsprechenden Leistungen.

 

Allerdings sind auch noch weitere Personengruppen in den GKKs bzw der ÖGK krankenversichert. Hierbei handelt es sich etwa um Bezieher von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe (§40 Abs1 [idF vor der Novelle BGBl I 100/2018 bzw idF nach der genannten Novelle] iVm §6 Abs1 Z1 und Z2 AlVG; §2 Abs2 ASVG) sowie von Mindestsicherung (vgl Art8, 20 der Vereinbarung nach Art15a B‑VG, BGBl I 2010/96). Das Versicherungsverhältnis im Falle der Arbeitslosigkeit zu den GKKs bzw zur ÖGK besteht jedoch unabhängig davon, bei welcher Versicherung die betroffene Person während ihres letzten aufrechten Arbeitsverhältnisses versichert war. So werden etwa auch Vertragsbedienstete (BVA bzw BVAEB) mit Eintritt des Versichertenfalls 'Arbeitslosigkeit' in die GKKs bzw die ÖGK transferiert. Zum Stichtag 31.01.2019 waren bei der Erstantragstellerin 1.441 Personen aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit versichert, die eine Leistung vom AMS der [oder] eine bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen haben, davor jedoch keine Versicherungszeit bei der Erstantragstellerin erworben hatten.

 

Vor der gegenständlichen Novelle waren Personen, die während ihres letzten anspruchsbegründenden Dienstverhältnisses bei der VAEB krankenversichert waren, bei dieser Versicherungsanstalt (sohin nicht bei den GKKs), sowie Bezieher, die während des letzten anspruchsbegründenden Dienstverhältnisses bei einer Betriebskrankenkasse krankenversichert waren, bei dieser Betriebskrankenkasse krankenversichert, wenn sie Arbeitslosengeld für eine Bezugsdauer gemäß §18 Abs2 litb oder c oder für eine verlängerte Bezugsdauer gemäß §18 Abs5 oder Umschulungsgeld erhalten haben. Dies galt auch, wenn nach Erschöpfung der Bezugsdauer einer derartigen Leistung Notstandshilfe bezogen wurde oder ein Anspruch auf Krankenversicherung gemäß §34 bestand.

 

Durch die Novelle BGBl I 100/2018 wurden die genannten Personengruppen jedoch ebenfalls im Falle der Arbeitslosigkeit der ÖGK zugewiesen (RV 329 BlgNR 26. GP  40), sodass nunmehr auch BVEAB [BVAEB] (vormals VAEB) Versicherte im Falle der Arbeitslosigkeit jedenfalls bei der ÖGK versichert sind. Den Materialien zufolge soll für die Krankenversicherung arbeitsloser Personen künftig ausschließlich die ÖGK zuständig sein. Bisherige, nur historisch erklärbare, Abweichungen der Zuständigkeit für bestimmte Gruppen von Arbeitslosen sollen nicht mehr gelten, wodurch eine Vereinfachung und Vereinheitlichung erreicht werden solle (RV 329 BlgNR 26. GP  40).

 

Der Gesetzgeber ordnet den GKKs bzw der ÖGK sohin praktisch alle problematischen Lebenssituationen zu. Die GKKs bzw die ÖGK ist in unsachlicher Weise für die genannten Personengruppen erst ab Eintritt einer Situation zuständig, die um ein Vielfaches mehr an Leistungen von den Versicherungsträgern erfordert. Denn Arbeitslose kosten in der Krankenbehandlung um einiges mehr als aktiv Erwerbstätige, was die praktischen Auswirkungen dieser Unsachlichkeit noch verstärkt. Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2013 konnte zeigen, dass Arbeitslose doppelt so oft an psychischen Erkrankungen, Depression und Angststörungen leiden; die Mortalität ist 1,6 mal so hoch wie bei erwerbstätigen Personen (Herbig/Dragano/Angerer, Gesundheitliche Situation von langzeitarbeitslosen Menschen, Deutsches Ärzteblatt 2013/23-24, 413 ff). Auch treten kardiovaskuläre Probleme, wie Herzinfarkte und Schlaganfälle, nach dem Wechsel vom Job in die Arbeitslosigkeit häufiger auf. Ergänzend dazu ist auch die Lebenszufriedenheit niedriger, die sich durch die längere Dauer der Arbeitslosigkeit noch verstärkt (Gündel et al, Macht Arbeitslosigkeit krank? in Gündel/Glaser/Angerer [Hrsg], Arbeiten und gesund bleiben, 2014, 17). Am Beispiel der Erstantragstellerin waren bei den arbeitslosen Versicherten die Kosten mit durchschnittlich 107,3 EUR (Männer 87,0 EUR, Frauen 131,1 EUR) pro Person um rund 39 % höher (OÖ Gebietskrankenkasse [2016]: Sekundärdatenanalyse aus FOKO Datenbank [EDV-Tool zur Ermittlung der Eigen- und Folgekosten ärztlicher Leistungen und Verordnungen] der OÖ Gebietskrankenkasse [2. Quartal 2015]). Der Unterschied fiel bei den Heilmittel-Verordnungen sogar noch deutlicher aus. Betrugen die Kosten der Heilmittel-Verordnungen bei den erwerbstätigen Versicherten im Durchschnitt 39,6 EUR (Männer 39,1 EUR, Frauen 40,4 EUR) waren diese bei den arbeitslosen Versicherten mit durchschnittlich 74,4 EUR (Männer 83,4 EUR, Frauen 63,8 EUR) fast doppelt so hoch. Bei den Krankenhausaufenthalten wurde die Anzahl der Krankenhaustage der beiden Gruppen verglichen. Auch hier zeigte sich im 2. Quartal 2015 ein deutlicher Unterschied zwischen den Erwerbstätigen und den Arbeitslosen. Die Arbeitslosen verbrachten mit durchschnittlich 0,88 Tagen deutlich mehr Zeit im Krankenhaus als die Erwerbstätigen (0,31 Tage).

 

Trotz dieses hohen Risikos erhalten die GKKs bzw die ÖGK keine vollständige Abgeltung ihrer Aufwendungen (§42 AlVG; vgl RV 649 BlgNR 22. GP  25; Pfeil, Rechtsprobleme bei Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz der österreichischen Sozialversicherung im Rahmen der 'Effizienzstudie' behandelte Rechtsfragen, SozSi 2017, 447, 463). Eine sachliche Rechtfertigung der Zuweisung von arbeitslosen Personen, die grundsätzlich nicht bei den GKKs bzw der ÖGK versichert sind, liegt sohin nicht vor.

 

2. Verstoß gegen die Grundsätze der Selbstverwaltung (Art120a B‑VG)

 

Gem Art120a B‑VG können Personen zur selbständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse gelegen und geeignet sind, durch sie gemeinsam besorgt zu werden, durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern zusammengefasst werden (grundlegend VfSlg 8215/1977). Bei der sachgerechten Abgrenzung der umfassten Personen kommt dem Gesetzgeber ein gewisser Gestaltungsspielraum zu; dieser ist allerdings durch den Gleichheitsgrundsatz und das Sachlichkeitsprinzip begrenzt (im Detail siehe bereits Punkt III.3).

 

Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen jedoch gegen diese Grundsätze. Denn hinsichtlich der in den GKKs (der ÖGK) 'regulär' Versicherten (sohin Dienstnehmer, Lehrlinge, den Dienstnehmern gleichgestellte freie Dienstnehmer) und Personen, die grundsätzlich in einem anderen Sozialversicherungsträger versichert sind (etwa in der [B]VAEB) besteht keine überwiegende Interessensgleichheit. Vielmehr unterscheiden sich diese Gruppen nach Ansicht des Gesetzgebers derart voneinander, dass er zwei unterschiedliche Selbstverwaltungskörper geschaffen hat. Diese Personen nur für den Fall der Arbeitslosigkeit wieder in einen dieser Versicherungskörper zusammenzuführen entbehrt jedoch mangels sachlichen bzw personellen Zusammenhangs – insbesondere liegt wie erläutert kein vergleichbares Risiko vor – jeglicher Rechtfertigung.

 

[…]"

 

1.2. Die Bundesregierung hat zu den zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 protokollierten Anträgen(im Wesentlichen übereinstimmende) Äußerungen erstattet, in denen die Zulässigkeit der Anträge teilweise bestritten wird; in der Sache tritt sie den in diesen Anträgen erhobenen Bedenken (auszugsweise) wie folgt entgegen:

"1. Zu den Bedenken, wonach die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse unsachlich und nicht effizient sei:

 

1.1.A. Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur österreichischen Gesundheitskasse aus verschiedenen Gründen unsachlich sei.

 

1.1.B. Die Bundesregierung verkennt nicht, dass der Verfassungsgerichtshof Regelungen betreffend die Staatsorganisation auf ihre Sachlichkeit prüft. Dabei hat jedoch – soweit ersichtlich – die grundsätzliche Frage, ob Regelungen der Staatsorganisation überhaupt am Sachlichkeitsgebot gemessen werden können, keine ausführliche Erörterung erfahren. Die Bundesregierung geht zunächst davon aus, dass das allgemeine Sachlichkeitsgebot – mangels positiver Regelung im Verfassungsrecht – seinen Sitz in Art7 B‑VG hat, wonach alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind. Eine Regelung der Staatsorganisation kann aber also solche (in der Regel) weder zu einer Ungleichbehandlung der Staatsbürger führen, noch sind die Staatsbürger Adressaten einer solchen Regelung. Die Bundesregierung hegt daher Zweifel, dass das Staatsorganisationsrecht im Schutzbereich des aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot gelegen ist (vgl Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz, 2008, 275 ff).

 

Sollte der Verfassungsgerichtshof an seiner bisherigen Auffassung, wonach auch Regelungen der Staatsorganisation am Sachlichkeitsgebot gemessen werden können, festhalten, weist die Bundesregierung darauf hin, dass eine straffere Gestaltung dieser Staatsorganisation per se das Gebot der Sachlichkeit erfüllt; auch werden im Folgenden die einzelnen, von den Antragstellern vorgebrachten Argumente, die gegen die Sachlichkeit der angefochtenen Bestimmungen sprechen könnten, entkräftet.

 

1.2.A. Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse unzulässig sei, da damit keine Einsparungen verbunden seien und langfristig neue Kosten entstünden.

 

1.2.B. Die Bundesregierung hält zunächst fest, dass sich die Beurteilung der Sachlichkeit und Effizienz der Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger sich weder aus einem Gesetzestext noch aus Erläuterungen dazu ergeben kann. Einer im Gesetz oder in den Erläuterungen darzulegenden 'Planung' der Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskassen kann es daher von vornherein nicht bedürfen. Die Bundesregierung hat, um die Effizienz der Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger nachzuweisen, eine ökonomische Studie in Auftrag gegeben. Aus dieser geht hervor, dass es sich die Ausführungen der Antragsteller im Tatsächlichen als unrichtig erweisen. Diese Studie wird von der Bundesregierung als Beilage zum Inhalt ihrer Äußerung erhoben.

 

1.3.A. Die Antragsteller erachten es als unsachlich, dass im Zuge der Vorbereitung der Zusammenlegung eine Einbindung der Betroffenen gänzlich unterlassen worden sei. Außerdem würden Vorkehrungen fehlen, die eine Kontrolle der Zusammenlegung gewährleisten, um Fehlentwicklungen in der Zukunft vorzubeugen. Solche Kontrolleinrichtungen seien zwingend intern einzurichten, um Missstände innerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs zu korrigieren.

 

1.3.B. Ein verfassungsrechtliches Gebot zur Einbindung der von der Zusammenlegung Betroffenen besteht nicht. Die Erlassung von Gesetzen hat vielmehr durch die zuständigen Organe der Gesetzgebung zu erfolgen; diese sind demokratisch legitimiert. Allfällige in der Zukunft liegende Fehlentwicklungen, deren Eintritt nicht vorhergesehen werden kann, können eine gesetzliche Bestimmung nicht mit Verfassungswidrigkeit belasten. Auch ist es nicht Aufgabe eines Selbstverwaltungskörpers, Missstände, die Folge einer gesetzlichen Regelung sein können, zu korrigieren, da den Organen der Selbstverwaltungskörper von Verfassung wegen eine Korrektur gesetzlicher Regelungen verwehrt ist. Vielmehr sind auch die Organe der Selbstverwaltungskörper als Organe der Vollziehung an das Legalitätsprinzip gebunden (Art18 Abs1 B‑VG).

 

1.4.A. Die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse unzulässig sei, da nicht auch eine damit verbundenen Leistungsharmonisierung vorgenommen wurde. Die Antragsteller führen in diesem Zusammenhang auch aus, dass es der Zusammenlegung nicht bedurft hätte, da das Leistungsrecht bereits weitgehend angeglichen sei.

 

1.4.B. Für die Bundesregierung sind die Argumente der Antragstellerin nicht nachvollziehbar und in sich widersprüchlich. Zum einen handelt es sich bei der Neuordnung der Sozialversicherung um eine (erste) organisatorische Maßnahme, die den Ausgang für ein modernes Sozialversicherungsrecht bilden soll. Zum anderen zeigt die beispielhafte Aufzählung der Antragsteller, wonach das Leistungsrecht der bestehenden Krankenversicherungsträger bereits weitgehend harmonisiert sei, dass dies eine Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger umso mehr rechtfertigt. Fragen der Organisation von und der Aufgabenbesorgung durch Organe sind aber dem Grunde nach voneinander zu trennen. Lediglich eine Organisation, die die Aufgabenbesorgung verunmöglicht, könnte sich als unsachlich erweisen. Diesbezüglich bringen die Antragsteller jedoch nichts vor (was auch nur schwer möglich wäre).

 

1.5.A. Die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse sei zudem unsachlich, da regionale Gegebenheiten nicht beachtet werden; eine Vertretung aller Bundesländer im Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse sei nicht gegeben; eine Zusammenfassung von 85% der Gesamtbevölkerung in einer Gesundheitskasse sei unzulässig, da nicht davon gesprochen werden könne, dass diese ein 'überwiegendes gemeinsames Interesse' iSv. Art120a Abs1 B‑VG haben. Außerdem sei das föderalistische System gestört; die bisherige föderale Struktur der Krankenversicherung sei als Ausgleich dafür anzusehen, dass das Sozialversicherungswesen gemäß Art10 Abs1 Z11 B‑VG in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sei. Die Zusammenlegung verstoße schließlich gegen das Subsidiaritätsprinzip.

 

1.5.B. Nach Ansicht der Bundesregierung gebietet es das föderale System der Bundesverfassung nicht, dass bestimmte Angelegenheiten, die in Vollziehung Bundessache sind, durch föderal organisierte Selbstverwaltungskörper zu besorgen sind, da diese Angelegenheiten nicht nur durch Selbstverwaltungskörper, sondern auch durch staatliche Behörden besorgt werden können. Art102 Abs2 B‑VG sieht zudem vor, dass die Angelegenheiten des Sozialversicherungswesens in unmittelbarer Bundesverwaltung, also durch eine (einzige) Bundesbehörde besorgt werden können; von dieser Ermächtigung hat der Bund jedoch – mit wenigen Ausnahmen (vgl §545a ASVG) – keinen Gebrauch gemacht.

 

Auch die Behauptung, dass von einem 'gemeinsamen' Interesse der im Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personenmehrheit nicht mehr gesprochen [werden] kann, wenn 85% der Wohnbevölkerung in einem Krankenversicherungsträger vereinigt werden, erweist sich als unrichtig: Stellt man außer Streit, dass alle auf Grund des ASVG bei einem Krankenversicherungsträger (idR einer Gebietskrankenkasse) versicherten Personen ein gemeinsames Interesse haben, würde dies nahelegen, dass alle diese Personen ein Interesse haben, gemeinsam demselben Krankenversicherungsträger anzugehören. Dass auf Grund des Beschäftigungsortes, der idR maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit der Gebietskrankenkasse ist (vgl §30 ASVG), die 'Gemeinsamkeit' des Interesses verloren geht, scheint nicht nahe zu liegen. Vielmehr ist die bisherige Ausgestaltung der Organisation der Krankenversicherungsträger anhand (idR) föderaler Gesichtspunkte historisch bedingt.

 

Allenfalls könnte aus den Bestimmungen über die sonstige Selbstverwaltung (Art120a bis 120c B‑VG) bei teleologischer Betrachtungsweise folgen, dass eine Selbstverwaltung der gesamten Wohnbevölkerung unzulässig sei, da diesfalls nur eine Aufgabenbesorgung in staatlicher Verwaltung 'geeignet' sei. Im vorliegenden Zusammenhang mag es allerdings mit diesem Problemaufriss sein Bewenden haben: Das SV-OG fasst die österreichische Gesamtbevölkerung nämlich nicht in der Österreichischen Gesundheitskasse zusammen, sondern sieht – unter Bedachtnahme auf verschiedene Formen der Beschäftigung – als Träger der Krankenversicherung die Österreichische Gesundheitskasse, die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau sowie die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vor. Auch der bisherigen Organisation der Sozialversicherung ist die Einrichtung 'großer' Selbstverwaltungskörper (sowohl in territorialer als auch in personeller Hinsicht) nicht fremd, gehören doch der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt etwa 4,8 Millionen Versicherte an. Vor dem Hintergrund der bei Erlassung der B‑VG-Novelle BGBI. I Nr 2/2008, mit welcher die sonstige Selbstverwaltung verfassungsrechtlich positiv geregelt wurde, bestehenden Zuständigkeiten der Unfallversicherungsanstalt ist von der Zulässigkeit der Vollziehung des Sozialversicherungsrechts auch durch 'große' Selbstverwaltungskörper auszugehen, deutet doch diese Novelle nicht darauf hin, dass mit ihrem Inkrafttreten Regelungen betreffend eine der wesentlichen Einrichtungen des Sozialversicherungswesens unzulässig werden sollten.

 

Auch das Argument, wonach sich das Fehlen des gemeinsamen Interesses, ja sogar die 'Gegenläufigkeit' der Interessen daran zeigt, dass das Leistungsangebot durch die bisherigen Gebietskrankenkassen und damit de facto auch länderweise durch die jeweiligen Satzungsregelungen länderweise unterschiedlich geregelt werden kann, verfängt nicht, da es – auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – zulässig ist (und auch geboten sein kann), dass auf Grund von Unterschieden innerhalb der im Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personenmehrheit (die dessen ungeachtet auf Grund ihres 'gemeinsamen' Interesses zusammengefasst werden), das Beitrags- und Leistungsrecht differenzierend ausgestaltet wird, um diesen Unterschieden Rechnung zu tragen (vgl etwa VfSlg 11.469/1987, 15.859/2000).

 

Auch das 'Subsidiaritätsprinzip' steht der Zusammenlegung nicht entgegen. Mag dieses 'Prinzip' in Bezug auf die Gemeinden positivrechtlich verankert sein, als diesen bestimmte Aufgaben von Verfassung wegen vorbehalten sind, so fehlt eine entsprechende Anordnung in Bezug auf die sonstige Selbstverwaltung. Die Antragsteller wollen dieses 'Subsidiaritätsprinzip' aber darüber hinaus nicht auf die Aufgabenbesorgung, sondern auf die Organisation der Selbstverwaltung angewendet wissen. Diesbezüglich enthält das B‑VG jedoch keine Vorgaben.

 

1.6.A. Der Zweitantragsteller vertritt zudem die Auffassung (Antrag Seiten 123 ff), dass es auf Grund der regional unterschiedlichen Interessen der Versicherten erforderlich wäre, dass Entscheidungen über die Leistungsverteilung auf regionaler Ebene zu treffen sind. Zur Wahrung der regional unterschiedlichen Interessen könnten etwa Mitwirkungsrechte der Landesstellenausschüsse vorgesehen werden. Auch der Abschluss von Gesamtverträgen im Vertragspartnerrecht müsse auf die föderale Gestaltung des Gesundheitswesens abgestimmt sein.

 

1.6.B. Nach Ansicht der Bundesregierung folgt aus der Zulässigkeit der Einrichtung der Österreichischen Gesundheitskasse, dass diese ihre Aufgaben auch zentral wahrnimmt.

 

Das Bedenken im Hinblick auf den Abschluss österreichweiter Gesamtverträge geht insofern ins Leere, als durch verschiedene Maßnahmen dafür Sorge getragen wird, dass regionale Verhältnisse hinreichend Berücksichtigung finden: Dazu zählen beispielsweise die Möglichkeit regionaler Stellenpläne inklusive Honorarvereinbarungen mit den niedergelassenen Ärzten, sowie die Beteiligung der Landesstellenausschüsse in der Zielsteuerung-Gesundheit (§434 Abs2 Z1 und 2 ASVG in der Fassung des SV-OG).

 

Darüber hinaus gibt es bereits nach geltender Rechtslage auch für den Bereich der Gebietskrankenkassen bundesweite Gesamtverträge; so werden etwa die Beziehungen der Krankenversicherungsträger zu Primärversorgungseinheiten durch einen bundesweit einheitlichen Gesamtvertrag geregelt, der für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit der Österreichischen Ärztekammer für die Landesärztekammern abzuschließen ist (§342b ASVG).

 

1.7.A. Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass es besonderer Organe der Österreichischen Gesundheitskasse bedürfe, die eine Kontrollfunktion (wie die bisherige Kontrollversammlung) ausüben; diese Kontrollfunktion könne durch die Hauptversammlung nicht ausgeübt werden, da diese nur zwei Mal im Jahr zusammenkommt.

 

1.7.B. Den Antragstellern ist zunächst zuzustimmen, dass die neue Organisationsstruktur keine Kontrolle des Verwaltungshandelns der Versicherungsträger durch ein Gremium vorsieht, das der derzeitigen Kontrollversammlung entspricht, allerdings wurde stattdessen ein effizienteres System der Kontrolle eingerichtet, das zum einen in einem Ausbau der internen Revision und zum anderen in einer verstärkten Aufsicht durch das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und das Bundesministerium für Finanzen besteht. Darüber hinaus dürfen bestimmte Beschlüsse nur mit qualifizierter Mehrheit gefasst werden, wodurch ein Ersatz für das Zustimmungsrecht der Kontrollversammlung zu bestimmten Beschlüssen des Vorstandes geschaffen wird.

 

So sieht §30a Abs1 Z37 ASVG in der Fassung des SV-OG eine besondere Richtlinienkompetenz des Dachverbandes vor, die die Regelung der trägerübergreifenden Zusammenarbeit jener Abteilungen der Versicherungsträger, die mit der internen Revision befasst sind, ermöglicht.

 

Durch eine demonstrative Aufzählung in §449 ASVG in der Fassung des SV-OG werden die Aufsichtsbefugnisse näher präzisiert, indem festgelegt wird, hinsichtlich welcher 'wichtigen Fragen' eine Zweckmäßigkeitsaufsicht besteht.

 

Auch jene Angelegenheiten, die gemäß §432 Abs3 ASVG in der Fassung des SV‑OG vom Verwaltungsrat nur mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden können, zählen zu den wichtigen Fragen.

 

In Summe wird durch das neue Kontrollregime das Kontrollrecht nicht verringert, sondern im Gegenteil ausgebaut. Dies schlägt sich zwar in der Organstruktur nicht nieder, vermeidet aber eine doppelte Beschlussfassung in Vorstand und Kontrollversammlung. In der Praxis war damit die Entscheidungsfindung schwerfällig, brachte aber in der Regel kein Mehr an Kontrolle mit sich, da die Beschlüsse dieser Organe durch nahezu die gleichen Organisationseinheiten des Büros vorbreitet wurden.

 

Schließlich ist noch auf §444 Abs1 ASVG in der Fassung des SV-OG hinzuweisen, wonach die Versicherungsträger und der Dachverband für jedes Geschäftsjahr dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz einen (aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlussbilanz zum Jahresende bestehenden) Rechnungsabschluss vorzulegen haben, der durch einen beeideten Wirtschaftsprüfer geprüft wurde.

 

1.8.A. Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass die Abgrenzung des bei der Österreichischen Gesundheitskasse versicherten Personenkreises unsachlich sei. Es gebe nämlich auch Personen, deren Interessen jenen der bei der Österreichischen Gesundheitskasse Versicherten entsprechen, die aber bei einem anderen Krankenversicherungsträger (der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau) versichert sind.

 

1.8.B. Das Argument der Antragsteller läuft darauf hinaus, dass es verfassungsrechtlich geboten wäre, alle Personen mit einem gemeinsamen Interesse in demselben Selbstverwaltungskörper zusammenzufassen. Wäre dies zutreffend, würde sich auch das bisherige System der Organisation der Krankenversicherung auf Grund des ASVG als verfassungswidrig erweisen, weil auch nach der bisherigen Rechtslage die auf Grund des ASVG Krankenversicherten, die ein gemeinsames Interesse haben, in verschiedenen Selbstverwaltungskörpern (den Gebiets- und Betriebskrankenkassen) zusammengefasst waren. Allein die Zusammenlegung der bisherigen Gebiets- und Betriebskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse kann jedoch nicht bewirken, dass die bei einem anderen Krankenversicherungsträger Versicherten nun auch bei der Österreichischen Gesundheitskasse versichert sein müssten. Wenn aber die Zuordnung der Bediensteten von 'ehemaligen Staatsbetrieben' zu besonderen Krankenversicherungsträgern 'sinnvoll' erschien und sich als 'historisch gewachsen' darstellte, hat sich daran durch die Schaffung einer Österreichischen Gesundheitskasse nichts geändert. Die Argumentation der Antragsteller lässt zudem unberücksichtigt, dass die Sozialversicherungsgesetze verschiedentlich Ausnahmen von der Pflichtversicherung vorsehen und damit bestimmte Personen von einem Selbstverwaltungskörper ausnehmen, obwohl diese dem Grunde nach dieselben Interessen wie die Pflichtversicherten haben, aber anderweitig versorgt sind (vgl die §§5 bis 7 ASVG).

 

In Bezug auf Zusammenlegung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau geht die Bundesregierung zunächst davon aus, dass die öffentlich Bediensteten und Bedienstete ehemaliger Staatsunternehmen über ein gemeinsames Interesse verfügen und daher ihre Zusammenfassung in der zukünftigen Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zulässig ist. Daraus folgt, dass auch eine Einbeziehung der sonstigen, bislang bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau Versicherten (die über ein gemeinsames Interesse mit den Bediensteten ehemaliger Staatsunternehmen verfügen), zulässig sein wird.

 

Für die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung sollte es nämlich keinen Unterschied machen, ob ein unselbständig Beschäftigter bei einem ehemaligen Staatsunternehmen angestellt ist oder bei einem Unternehmen, das zwar dieselbe Tätigkeit ausübt aber von Beginn an privatrechtlich organisiert war. Schließlich sind vom Versichertenkreis der zukünftigen Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau Personen umfasst, die für ein Unternehmen tätig sind, das in einem Bereich tätig ist, der mit dem Tätigkeitsbereich der hier erfassten Betriebe eng verbunden ist (zB Betrieb von Speisewagen).

 

2. Zu den Bedenken, wonach der besondere Pauschbetrag gemäß den §§319a, 119 und 315 ASVG unsachlich sei:

 

2.1.A. Gemäß §119 ASVG werden die Leistungen der Krankenversicherung auch gewährt, wenn es sich um die Folgen eines Arbeitsunfalls oder um eine Betriebskrankheit handelt. Die §§315 ff ASVG regeln die Ersatzansprüche im Verhältnis zwischen Kranken- und Unfallversicherung. §319a ASVG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2019 geltenden Fassung sieht vor, dass die Ersatzansprüche zwischen den Gebietskrankenkassen, Betriebskrankenkassen – ausgenommen die Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe – sowie der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau zu der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt durch die Zahlung eines jährlichen Pauschbetrages abgegolten werden. Der Pauschbetrag wurde für das Kalenderjahr 2018 mit 208,78 Millionen Euro festgesetzt (avsv Nr 159/2017). Durch das SV-OG wurde §319a Abs1 ASVG an die Neuorganisation der Sozialversicherung angepasst. §319a Abs2 ASVG sieht vor, dass der jährliche Pauschbetrag für die Jahre 2018 bis einschließlich 2022 209 Millionen Euro beträgt. Diese Bestimmung ist gemäß §718 Abs1 Z1 ASVG mit 1. Jänner 2019 in Kraft getreten. Gemäß §718 Abs2 Z4 und Abs5 ASVG wird §319a ASVG samt Überschrift mit 31. Dezember 2022 außer Kraft treten.

 

Die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass die 'Streichung des Pauschbetrages' und die 'Abschaffung der Valorisierung' bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Leistungspflicht gemäß §119 ASVG unsachlich sei.

 

2.1.B. Auf Grund des bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 geltenden §319a Abs2 ASVG betrug der Pauschbetrag für das Kalenderjahr 1975 255,1 Millionen Schilling. An die Stelle dieses Betrages trat für jedes Kalenderjahr ein anderer Betrag, der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger festzusetzen war, wobei der Hauptverband die Veränderungen der Aufwendungen zu berücksichtigen hatte. In der Praxis haben sich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Krankenversicherungsträgern und dem Unfallversicherungsträger ergeben, wie hoch die von den Krankenversicherungsträgern getätigten Aufwendungen tatsächlich waren.

 

Vor dem Hintergrund dieser Meinungsverschiedenheiten sieht das SV-OG nun vor, dass diese pauschale Abgeltung von Aufwendungen abgeschafft werden soll. Durch die Aufhebung des §319a ASVG mit 31. Dezember 2022 (vgl §718 Abs2 Z4 und Abs5 ASVG) werden die §§315 und 316 ASVG zur Anwendung gelangen. Danach hat der Träger der Unfallversicherung dem Träger der Krankenversicherung die Aufwendungen, die dieser für die Krankenbehandlung des Versehrten und die wiederkehrenden Geldleistungen aus der Krankenversicherung bei der durch einen Arbeitsunfall verursachten Krankheit oder bei einer Berufskrankheit ab dem ersten Tag der fünften Woche nach dem Arbeitsunfall beziehungsweise nach dem Beginn der Berufskrankheit gemacht hat, zu ersetzen. Der Träger der Krankenversicherung hat dem Träger der Unfallversicherung die Aufwendungen, die dieser für die Krankenbehandlung des Versehrten und die wiederkehrenden Geldleistungen aus der Unfallversicherung bei der durch einen Arbeitsunfall verursachten Krankheit oder bei einer Berufskrankheit in den ersten vier Wochen nach dem Arbeitsunfall beziehungsweise nach dem Beginn der Berufskrankheit gemacht hat, zu ersetzen. Hintergrund für die Ersatzansprüche ist somit die Erbringung von Leistungen in Zeiträumen, in denen jeweils der andere Träger zu leisten gehabt hätte. Umfang der Ersatzansprüche sind die genannten Aufwendungen in den angeführten Zeiträumen. Es wird daher statt einer pauschalen Abgeltung zu einer 'Einzelabrechnung' der gegenseitigen Ersatzansprüche auf Grundlage der tatsächlichen Aufwendungen kommen.

 

Freilich kann es – wie bei jedem Verhältnis von konkreter und pauschalierter Abgeltung – der Fall sein, dass die Abgeltung in Form einer Einzelabrechnung für die Krankenversicherungsträger ungünstiger ist als bei pauschaler Abgeltung. Verfassungswidrig wird die Einzelabrechnung dadurch naturgemäß aber nicht.

 

Auch der Umstand, dass der besondere Pauschbetrag gemäß §319a Abs2 ASVG vorübergehend nicht valorisiert wird, lässt die angefochtene Bestimmung nicht per se als unsachlich erscheinen, solange der besondere Pauschbetrag als solcher in angemessener Höhe gebührt. Da gemäß §319 Abs2 ASVG die Höhe des besonderen Pauschbetrags sogar etwas über jener des bislang den Krankenversicherungsträgern gebührenden Pauschbetrags liegt (209 Millionen Euro statt 208,78 Millionen Euro) wird nicht davon auszugehen sein, dass dieser Pauschbetrag an sich unsachlich ist.

 

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass ihr auf Grund der Abschaffung der Valorisierung des besonderen Pauschbetrags allein für das Jahr 2018 ein finanzieller Schaden von 4,86 Millionen Euro entsteht. Für die Bundesregierung ist dies schon deshalb nicht nachvollziehbar, da der besondere Pauschbetrag für das Jahr 2018 gemäß §319a Abs2 ASVG gegenüber der Festsetzung durch den Hauptverband auf Grund des §319a Abs2 ASVG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 geltenden Fassung sogar geringfügig erhöht wurde. Auch die jährlichen Erhöhungen des besonderen Pauschbetrages, die für die Berechnung der kumulierten Auswirkungen angenommen werden, können nicht nachvollzogen werden und erscheinen als überhöht angesetzt: Rechnerisch wurde nämlich eine jährliche Steigerung von über 4 Prozent angenommen, nach den vorliegenden Informationen hingegen betrug die Steigerungsrate des Pauschbetrags gemäß §319a Abs2 ASVG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 geltenden Fassung für die Jahre 2014 bis 2018 insgesamt rund 3,6 Prozent (was eine durchschnittliche jährliche Steigerungsrate von unter 1 Prozent ergibt).

 

2.2.A. Die Antragsteller vertreten darüber hinaus die Auffassung, dass die Verwendung von Mitteln der Krankenversicherung für Zwecke der Unfallversicherung auf Grund der unterschiedlichen Finanzierung dieser Versicherungszweige unzulässig sei.

 

2.2.B. Wenngleich mit der zukünftigen Abschaffung des besonderen Pauschbetrages gemäß §319a ASVG für den Ersatz der Aufwendungen des Krankenversicherungsträgers §315 ASVG zur Anwendung gelangen wird, werden dem Krankenversicherungsträger Aufwendungen, die dieser im Rahmen seiner Vorleistungspflicht gemäß §119 ASVG bis zum Ende der vierten Woche nach dem Arbeitsunfall bzw nach dem Beginn der Berufskrankheit gemacht hat, nicht ersetzt.

 

Die Vorleistungspflicht der Krankenversicherungsträger, nämlich Leistungen auf Grund der Versicherungsfälle des Arbeitsunfalls und der Berufskrankheit zu erbringen, war schon in der Stammfassung des ASVG enthalten und wurde aus der (deutschen) Reichsversicherungsordnung (dRGBI. 1911 S. 509) übernommen (vgl schon §1501 der Stammfassung der Reichsversicherungsordnung). Grund dafür ist, dass in nahezu allen Versicherungsfällen des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit eine Abgrenzung zwischen der Leistungszuständigkeit der Krankenversicherung und der Unfallversicherung vorzunehmen ist (siehe Tomandl, in Tomandl [Hrsg.], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 33. Lfg., 329); die Vorleistungspflicht der Krankenversicherungsträger entbindet von der Vornahme der Zuständigkeitsabgrenzung und dient damit der Verwaltungsökonomie.

 

Die Krankenversicherungsträger auf Grund des ASVG werden durch ihre (nicht jedenfalls abzugeltende) Vorleistungspflicht aber auch nicht in unzulässiger Weise zur Finanzierung der Unfallversicherung herangezogen. Die Pflicht der Krankenversicherungsträger, Leistungen auf Grund der Versicherungsfälle des Arbeitsunfalls und der Berufskrankheit zu erbringen, besteht nicht nur für die Österreichische Gesundheitskasse (die Gebietskrankenkassen und sonstigen Krankenversicherungsträger auf Grund des ASVG), sondern auch für die Krankenversicherungsträger auf Grund des BSVG und des GSVG (siehe §75a BSVG bzw §79 Abs3 GSVG). Auch für diese Krankenversicherungsträger ist vorgesehen, dass ein Ersatz der Aufwendungen, die sie bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheit erbringen, erst ab dem ersten Tag der fünften Woche nach dem Eintritt des Versicherungsfalles gebührt (§169a BSVG bzw §178 GSVG). Die von den Antragstellern behauptete einseitige Finanzierung der bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt zusammengefassten Personenmehrheit durch Leistungen der Österreichischen Gesundheitskasse (den Gebietskrankenkassen und sonstigen Krankenversicherungsträger[n] auf Grund des ASVG) trifft daher nicht zu.

 

3.[…]

10. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Zuständigkeit der Österreichischen Gesundheitskasse in Bezug auf Bezieher von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung:

 

10.A. Gemäß §6 Abs2 AIVG werden für Bezieher bestimmter Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung[,] Krankenversicherung, Unfallversicherung und Pensionsversicherung 'als Versicherungen aus der Arbeitslosenversicherung' gewährt. Gemäß §40 Abs1 AIVG sind die Bezieher dieser Geldleistungen während des Leistungsbezuges bei der Gebietskrankenkasse ihres Wohnortes krankenversichert. §40 Abs2 AIVG sieht davon eine Abweichung vor, nämlich ua dass Personen, die während ihres letzten anspruchsbegründenden Dienstverhältnisses bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau krankenversichert waren, bei dieser Versicherungsanstalt krankenversichert sind. Auf Grund der geltenden Rechtslage waren bei der Erstantragstellerin zum Stichtag 31.01.2019 1.441 Personen auf Grund des Bezugs von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung krankenversichert, ohne dass diese Personen vor dem Bezug dieser Geldleistungen bei ihr krankenversichert gewesen wären. Hinzu kommt, dass durch das SV-OG §40 Abs2 AIVG so geändert wird, dass Personen, die während des Bezugs von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung bislang bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau krankenversichert waren, in Zukunft bei der Österreichischen Gesundheitskasse versichert sein werden. Nach Ansicht der Antragsteller sei die Zuordnung der Bezieher bestimmter Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung zur Österreichischen Gesundheitskasse unzulässig, da die bei der Österreichischen Gesundheitskasse (bislang den Gebietskrankenkassen und sonstigen Krankenversicherungsträgern auf Grund des ASVG) Versicherten und die Bezieher von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung keine gemeinsame Risikogruppe bilden würden. Außerdem würden Arbeitslose in verstärktem Ausmaß Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch nehmen, wofür die Österreichische Gesundheitskasse (bislang die Gebietskrankenkassen und andere Krankenversicherungsträger) keine vollständige Abgeltung ihrer Aufwendungen erhielten.

 

10.B. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass nach geltender Rechtslage Personen, die eine Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung beziehen und zuvor bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau krankenversichert waren, nicht schlechthin während des Bezugs von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung weiterhin bei der genannten Versicherungsanstalt krankenversichert sind. Dies gilt nur für bestimmte Fälle, nämlich jene, in denen die Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung über einen längeren Zeitraum gebühren (die Fälle des §18 Abs2 litb und c AIVG), also Fälle, in denen – in der Regel – ein besonderes Naheverhältnis zur Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (oder einer Betriebskrankenkasse) besteht. Im Allgemeinen sind die Bezieher von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung bei der Gebietskrankenkasse ihres Wohnortes (zukünftig: der Österreichischen Gesundheitskasse) krankenversichert. Eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel wird zukünftig nur noch bestehen für Personen, die Bildungsteilzeitgeld beziehen, und (vereinfacht gesprochen) für Personen, die auf Grund von Schulungsmaßnahmen eine längere Bezugsdauer von Arbeitslosengeld oder einen Anspruch auf Umschulungsgeld haben.

 

Zwar mag es zutreffen, dass nach der geltenden und zukünftigen Rechtslage Personen allein auf Grund des Bezugs von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung bei der Österreichischen Gesundheitskasse (den Gebietskrankenkassen und sonstigen Krankenversicherungsträgern auf Grund des ASVG) krankenversichert sind, obwohl bis zum Eintritt des Versicherungsfalls der Arbeitslosigkeit eine Zugehörigkeit zu diesem Versicherungsträger nicht gegeben war. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass solche Fälle nur von untergeordnetem Ausmaß sind.

 

Aus den gesetzlichen Regelungen betreffend das Sozialversicherungsrecht ergibt sich, dass die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe an sich nicht auf Dauer angelegt ist. So kann durch den Wechsel zwischen selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit oder durch den Wechsel des Dienstgebers eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung auf Grund des ASVG beginnen, aus welcher der Versicherte unmittelbar nach Beginn der Pflichtversicherung Anspruch auf Leistungen hat, ohne dass es einer bestimmten Wartezeit bedürfte, seine Zugehörigkeit zur Risikogruppe demnach erst von kurzer Dauer ist.

 

Um für die Bezieher von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht eine[n] eigenen Krankenversicherungsträger schaffen zu müssen, ist es daher nur möglich, als zuständigen Krankenversicherungsträger den bisherigen oder einen anderen Krankenversicherungsträger vorzusehen. Dabei ist zu beachten, dass die Bezieher von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht zwingend eine Risikogruppe mit jenen Personen bilden, die beim bisherigen Krankenversicherungsträger versichert sind, da ungewiss ist, ob der Arbeitslose in Zukunft einer Erwerbstätigkeit nachgeht, die eine Pflichtversicherung bei demselben Krankenversicherungsträger begründet. Da Voraussetzung des Bezugs von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung die Arbeitswilligkeit ist, der Arbeitslose also bereit sein muss, eine Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer iSv. §4 Abs2 ASVG anzunehmen (vgl §9 Abs1 AIVG) vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Zuordnung dieser Personen zum Krankenversicherungsträger auf Grund des ASVG sachlich ist, wird es doch in der Regel der Fall sein, dass die Bezieher von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung später einer Erwerbstätigkeit nachkommen die eine Pflichtversicherung auf Grund des ASVG begründet.

 

Um die beim Krankenversicherungsträger zusammengefassten Personen nicht einseitig zu belasten, sieht §42 Abs1 AIVG vor, dass die Aufwendungen der Träger der Krankenversicherung durch einen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 7,65% der bezogenen Leistungen abzugelten ist; außerdem sieht §42 Abs2 AIVG vor, dass der Bezug von Krankengeld vom 4. bis zum 56. Krankenstandstag aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung abgegolten werden (siehe auch §43a AIVG betreffend die Abdeckung des Aufwandes auf Grund von Schutzfristverlängerungen).

 

Der Gesetzgebung kommt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der Frage, wie die in einem Selbstverwaltungskörper zusammengefasste Personengruppe abzugrenzen ist, ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl VfSlg 19.751/2013 mwN). Da die Zuordnung von Beziehern von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung zur Österreichischen Gesundheitskasse (den Gebietskrankenkassen und sonstigen Krankenversicherungsträgern auf Grund des ASVG) in sich sachlich ausgestaltet ist, vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Gesetzgebung von ihrem Gestaltungsspielraum in zulässiger Weise Gebrauch gemacht hat.

 

11. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind.

 

[…]"

 

2. Zu G99, 100 und 101/2019:

2.1. Die Tiroler Gebietskrankenkasse bringt zu ihrer Antragslegitimation vor, sie sei ein dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger angehörender Selbstverwaltungskörper iSd Art120a bis 120c B‑VG, der rund 560.000 Mitglieder zähle. Mit dem SV-OG und dem ZPFSG solle nunmehr die seit Jahrzehnten bewährte Struktur beseitigt werden. Ihre Bedenken entsprechen der Sache nach im Wesentlichen jenen der 21 Mitglieder des Bundesrates bzw der Oberösterreichischen, der Steiermärkischen und der Kärntner Gebietskrankenkasse (vgl oben III.1.1. sowie das heutige Erkenntnis zu G78, 79, 80 und 81/2019 ua).

2.2. Mit Schriftsatz vom 26. April 2019 zog die Tiroler Gebietskrankenkasse ihre auf §426 Abs1 bzw auf §538v Abs3 ASVG idF BGBl I 100/2018 zielenden Anträge 3. und 11. zurück.

2.3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages teilweise bestreitet und den im Antrag erhobenen Bedenken in der Sache im Wesentlichen mit denselben Argumenten entgegentritt, die sie bereits in den Verfahren zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019 (vgl oben III.1.2. sowie das heutige Erkenntnis zu G78, 79, 80 und 81/2019 ua) dargelegt hat.

3. Zu G191 und 192/2019

3.1. Die Antragsteller zu G191 und 192/2019, vier Betriebskrankenkassen und ein Pensionist, der bei der erstantragstellenden Betriebskrankenkasse krankenversichert ist, legen ihre Bedenken auszugsweise wie folgt dar:

"1. Einleitung

 

Die einzelnen Selbstverwaltungskörper – sohin auch die Betriebskrankenkassen – genießen zwar keinen Bestandsschutz. Der Gesetzgeber ist bei deren Auflösung aber an das allgemeine Sachlichkeitsgebot gebunden, sodass die Auflösung schlüssig begründet sein muss und die Fusionierung gegenüber dem bisherigen System Vorteile aufweisen muss. Diesen Anforderungen wird die gegenständliche Zusammenlegung der BKKs jedoch nicht gerecht.

 

Die Materialien begründen die Fusionierung primär mit einer Einsparung von Verwaltungskosten, die sich derzeit aufgrund der Struktur der bestehenden 21 Sozialversicherungsträger und ihrer Doppel- und Mehrgleisigkeiten ergeben würden (RV 329 BIgNR 26. GP 1). Ebenso sollen die BKKs aufgrund der im Zuge der Novelle vorgesehenen 'Bereinigung der Trägerlandschaft' aufgelöst werden (RV 329 BIgNR 26. GP 5).

 

Die Einsparung von Verwaltungskosten stellt jedoch keine taugliche Rechtfertigung für die Auflösung der BKKs (sowie deren grds angedachte Fusionierung zur ÖGK) dar. Denn deren Verwaltungskosten werden im Regelfall durch den Betriebsunternehmer bestritten, sodass weder die Versicherten noch der Staat hierfür aufkommen muss. Ebenso wenig ist der bloße Wunsch nach einer 'Bereinigung der Trägerlandschaft' als geeignete Begründung für die Auflösung der BKKs zu qualifizieren. Denn dieses Ziel kann nur in Kombination mit daraus resultierenden Vorteilen einen Rechtfertigungsgrund darstellen, ist jedoch keinesfalls als Selbstzweck zu betrachten.

 

Konkret sollen in den kommenden vier Jahren 1 Milliarde EUR eingespart werden. Hierzu fehlen jedoch detaillierte Berechnungen, was insbesondere auch auf eine mangelnde Planung der Zusammenlegung zurückzuführen ist. Darüber hinaus sind die Verwaltungskosten in der (gesamten) Krankenversicherung bereits derzeit (auch im internationalen Vergleich) auffallend niedrig; sie machen lediglich 1,97 % der Ausgaben der Versicherungsträger aus. Im Bereich der BKKs ist dieser Betrag nochmals um Einiges niedriger und liegt bei lediglich 0,60% der Ausgaben. Die Einsparungsmöglichkeiten in diesem Bereich sind ebenfalls sehr gering.

 

Einsparungen in einer angemessenen Höhe sind durch die Zusammenlegung sohin nicht erzielbar. Es kommt vielmehr zu einer Vielzahl an zusätzlichen Kosten. Zunächst fallen bereits Fusionskosten in unverhältnismäßiger Höhe an, was auch an der unzureichenden Planung der Zusammenlegung liegt. Doch auch nach erfolgter Fusionierung entstehen langfristig neue Kosten. Die Verwaltungskosten werden also nicht nur nicht gesenkt werden, sondern steigen sogar an. Dies zeigt auch das Beispiel der Zusammenlegung der steirischen Gemeinden im Jahr 2015, wo die Verwaltungskosten langfristig (pro Kopf um 1,5 %) in den fusionierten Gemeinden anstiegen. Mit Mehrkosten ist außerdem aufgrund eines Wegfalls der bislang bestehenden Zuflüsse nach §1a GSBG (Verlust von 35 Millionen EUR), einer neu geschaffenen Zahlungsverpflichtung iHv 17,7 Millionen EUR an den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds sowie einer Streichung des besonderen Pauschbetrags bei Beibehaltung der Vorleistungspflicht der Krankenversicherung für Arbeitsunfallopfer, zu rechnen.

 

Durch die Fusionierung per se kommt es auch weder zu einer Leistungsharmonisierung oder Leistungsverbesserung, was eine Auflösung der BKKs (bzw die Fusionierung zur ÖGK) rechtfertigen könnte. Die gesamte Novelle enthält keine einzige wesentliche Änderung im Leistungsrecht. Es ist nicht ausreichend, die Fusionierung bloß in der Hoffnung durchzuführen, in weiterer Folge mit freigewordenen (allerdings liegen diese bloß in geringer Höhe vor) Mitteln in einem weiteren Schritt eine Leistungsharmonisierung oder Verbesserungen im Leistungsbereich zu erreichen (die Materialien sprechen von der Schaffung von 'Rahmenbedingungen'). Diese Ziele könnten überdies auch ohne Zusammenlegung erreicht werden.

 

Durch die Zentralisierung der Krankenkassen kommt es sogar zu einer Verschlechterung der Leistungen für die Versicherten. Denn sämtliche Entscheidungen für 7,2 Millionen Versicherte (das sind 82 % der Bevölkerung Österreichs) werden fortan auf zentraler Ebene getroffen. Hierdurch ist es nicht mehr wie bisher möglich, auf die Unterschiede hinsichtlich der einzelnen Versicherungsgruppen einzugehen. Aufgrund der betrieblichen Besonderheiten und der derzeit bestehenden Versichertennähe ist eine einheitliche Regelung, die für alle Bundesländer gilt, nicht zweckdienlich.

 

Eine weitere Unsachlichkeit liegt in der Zusammensetzung des in der ÖGK versicherten Personenkreises begründet. Denn aufgrund der durch die Fusionierung erfolgten völligen Neuordnung des Systems der Krankenversicherung hätte der Gesetzgeber hinsichtlich der Abgrenzung des im Sozialversicherungsträger zusammengefassten Personenkreises zu beachten gehabt, inwiefern die künftigen Mitglieder ein gemeinsames Interesse aufweisen und in einem personellen und sachlichen Zusammenhang zueinander stehen. Dennoch ordnet der Gesetzgeber eine Auflösung sämtlicher BKKs an, sieht jedoch nur hinsichtlich der Erst- bis Viertantragstellerin deren Fusionierung zur ÖGK vor. Die Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe wird dahingegen mit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zusammengelegt.

 

Die Zusammenlegung verstößt auch gegen die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Selbstverwaltung (Art120a ff B‑VG). Denn der Gesetzgeber darf nur Personen zur selbständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse gelegen und geeignet sind, durch sie gemeinsam besorgt zu werden, durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern zusammenfassen (VfSlg 8215/1977). Allerdings ist es hinsichtlich der Versicherten der ÖGK bereits fraglich, ob ein 'überwiegendes gemeinsames Interesse' vorliegt, weil durch die Fusionierung 85 % der Gesamtbevölkerung in der ÖGK zusammengefasst werden, gleichzeitig jedoch unterschiedliche Bedürfnisse und somit Interessen hinsichtlich des Leistungsangebots bestehen.

 

Die Zusammenlegung der Betriebskrankenkassen ist sohin ineffizient, nachteilig und berücksichtigt nicht mehr die betriebsspezifischen Besonderheiten. Ausreichend gewichtige Vorteile, die die Fusionierung rechtfertigen würden, liegen sohin nicht vor. Die angefochtenen Bestimmungen sind sohin unsachlich und als verfassungswidrig aufzuheben. Sollte der VfGH dieser Ansicht nicht folgen und die Zusammenlegung als solche nicht beanstanden, so sind jedoch jedenfalls bestimmte, in den Punkten IV-VII dargelegte Aspekte der Neuregelung verfassungswidrig.

 

2. Verstoß gegen das allgemeine Sachlichkeitsprinzip (Art7 B‑VG, Art2 StGG)

 

Gemäß Art120a B‑VG können Personen zur selbstständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse gelegen und geeignet sind, durch sie gemeinsam besorgt zu werden, durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern zusammengefasst werden. Zu dieser 'sonstigen Selbstverwaltung' zählen auch die Sozialversicherungsträger (Öhlinger, Die Bedeutung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, DRdA 2002, 191; Stöger in Mosler/Müller/Pfeil, ASVG-Kommentar, §32 ASVG Rz 8 mwN).

 

Als Selbstverwaltungskörpern obliegt den Krankenkassen – sohin auch der Erst-bis Viertantragstellerin – die Durchführung der sozialen Krankenversicherung, die im gemeinsamen Interesse der für die gesetzlich zu einer Risikogemeinschaft zusammengefassten Pflichtversicherten liegt. Diesbezüglich besteht Weisungsfreiheit. Weisungsbefugnisse staatlicher Organe werden im Gesetz explizit angeführt und konnten nur im übertragenen Wirkungsbereich bestehen.

 

Innerhalb der gesetzlichen Grenzen regeln die Sozialversicherungsträger die Rechte und Pflichten der Versicherten sowie der Beitragsschuldner durch Satzung (§453 Abs1 ASVG). §23 ASVG ermächtigt die Träger der Krankenversicherung darüber hinaus, nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften Krankenanstalten zu errichten, zu erwerben und zu betreiben. Die Sozialversicherungsträger handeln dabei weisungsfrei (Art120b Abs1 B‑VG), unterliegen jedoch der Aufsicht des Bundes (§448 ff ASVG). Sie haben darüber hinaus den Auftrag, über generelle und Einzel-Verträge mit den verschiedenen Gesundheitsleistungsanbietern wie Ärzten, Therapeuten, Krankenanstalten, Bandagisten, Rettungs- und Transportanbietern uvm den Versicherten ein den gesetzlichen Vorgaben entsprechendes Versorgungsangebot zur Verfügung zu stellen (vgl sechster Teil des ASVG, §135 Abs2 ASVG uvm).

 

Der Gesetzgeber hat gemäß Art120c Abs2 B‑VG die Erfüllung der Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers durch Beiträge der Mitglieder oder sonstige Mittel sicherzustellen. Die Höhe der Beiträge in der Krankenversicherung ist in §51 Abs1 ASVG geregelt. Die Beiträge werden vom zuständigen Träger der Krankenversicherung eingehoben (§58 Abs4 ASVG). Die Mittel der Sozialversicherung dürfen gemäß §81 Abs1 ASVG nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zulässigen Zwecke verwendet werden. Innerhalb dieser Grenzen liegt die Entscheidung über die Mittelverwendung im Ermessen des Sozialversicherungsträgers.

 

Art120a B‑VG schützt bei all dem die Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern als solche. Deren Einrichtung liegt im Organisationsplan der Bundesverfassung (VfSlg 8215/1977), wobei der Gesetzgeber Selbstverwaltungskörper nur entsprechend den vom VfGH in seiner Judikatur ausgearbeiteten Grundsätzen gestalten darf (siehe etwa VfSlg 17.023/2003, 17.869/2006; VfGH 23.6.2014, G87/2013, G29/2014; 01.12.2014, V53/2014, G68/2014).

 

Die Verfassung eröffnet dem Gesetzgeber sohin die Möglichkeit zur Schaffung von Selbstverwaltungskörpern. Deren Einrichtung und die Organisation von einzelnen Selbstverwaltungskörpern ist aber dem Gesetzgeber überlassen. Zwar trifft diesen keine Verpflichtung zur Schaffung von Selbstverwaltungskörpern; sobald er sich aber hierzu entschließt ist er an das Sachlichkeitsgebot gebunden (VfSlg 18.731/2009).

 

Art120a B‑VG verleiht den einzelnen Selbstverwaltungskörpern sohin keinen Bestandsschutz (VfSlg 19.919/2014). Der einfache Gesetzgeber kann diese auflösen, ist hierbei jedoch, wie bereits erwähnt, an das aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Sachlichkeitsgebot gebunden. Demnach bedarf jede Änderung, vor allem aber die Auflösung einer Selbstverwaltungseinrichtung, einer schlüssigen sachlichen Begründung. Die Fusionierung muss sohin zum gegenständlichen System Vorteile bringen.

 

Der VfGH geht davon aus, dass die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit von Strukturänderungsmaßnahmen von einer Vielzahl an Umständen abhängig sind. Es sprächen sohin stets Umstände für die Maßnahme; gleichzeitig lägen allerdings auch Umstände vor, an denen gemessen sie nicht erforderlich, ja vielleicht sogar unzweckmäßig sei (VfSlg 10.637/1985, 11.372/1987; 11.629/1988; 11.858/1988). Dies sei jedoch unvermeidlich und mache die Maßnahme an sich noch nicht unsachlich (VfSlg 17.488/2005).

 

Gegenständlich liegen allerdings nicht bloß 'auch' Umstände vor, die gegen eine Auflösung der Betriebskrankenkassen (sowie deren Fusionierung zur ÖGK) sprechen; vielmehr handelt es sich – wie in weiterer Folge detailliert dargelegt wird – um gewichtige Argumente, welche die möglichen positiven Seiten einer Auflösung bzw Zusammenlegung deutlich überwiegen.

 

Es gilt sohin zu prüfen, ob die gegenständlich bekämpfte Auflösung und Fusionierung im Einzelnen dem Sachlichkeitsgebot (auch in Hinblick auf das Effizienzprinzip; VfSlg 14.473/1996) entspricht. Es ist zu analysieren, ob sich das Gesetz im Lichte der zu erwartenden künftigen Entwicklung als sachlich und nachvollziehbar erweist (VfSlg 19.894/2014).

 

Gegenständlich machen die Antragsteller eine Verletzung des Sachlichkeits-gebots aufgrund der verfassungswidrigen Auflösung der Betriebskrankenkassen als Selbstverwaltungskörper sowie deren Fusionierung zur ÖGK geltend. Der Gesetzgeber sieht in den §§5a, 5b ASVG nF allerdings die Möglichkeit vor, anstatt einer Eingliederung in die ÖGK betriebliche Gesundheitseinrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu errichten. Hierbei handelt es sich jedoch um keinen Träger der Krankenversicherung (§23 ASVG nF) und keinen Selbstverwaltungskörper.

 

Durch die Novelle kommt es sohin ex lege jedenfalls zur Auflösung der bestehenden Selbstverwaltungskörper. Sowohl die Fusionierung zur ÖGK als auch die Schaffung der betrieblichen Gesundheitseinrichtungen müsste sohin für die Versicherten Vorteile zum bisherigen System bringen. Dies ist jedoch hinsichtlich keiner der beiden Alternativen der Fall:

 

2.1 Keine sachliche Rechtfertigung hinsichtlich der Schaffung von 'betrieblichen Gesundheitseinrichtungen'

 

Mit den §§5a, 5b ASVG eröffnet der Gesetzgeber den Betriebskrankenkassen – zumindest in der Theorie – die Möglichkeit, eine Fusionierung zur ÖGK zu vermeiden. Bei den 'betrieblichen Gesundheitseinrichtungen' handelt es sich allerdings nicht um Träger der Krankenversicherung (§§23, 26 ASVG nF; vgl auch RV 329 BIgNR 26. GP 40). Von einem Selbstverwaltungskörper kann sohin keinesfalls gesprochen werden. Sie sind zwar mit eigener Rechtspersönlichkeit einzurichten (§5b Abs1 2. Satz ASVG nF, es handelt sich lediglich um juristische Personen des Privatrechts), allerdings finden sich im Gesetz keinerlei genauere Ausführungen hierzu. Die Materialien qualifizieren die betrieblichen Gesundheitseinrichtungen als 'private Wohlfahrtseinrichtungen' (RV 329 BIgNR 26. GP 3). Wenn der Gesetzgeber jedoch die Auflösung von Selbstverwaltungskörpern normiert und an deren Stelle die Schaffung einer anderen Art von Einrichtungen vorsieht, so wäre er verpflichtet, sowohl deren Rechtsnatur, als auch die hierfür erforderlichen Voraussetzungen und die Ausgestaltung dieser Einrichtungen exakt zu determinieren. Anderenfalls besteht dieses Wahlrecht bloß in der Theorie. Denn es ist den Betriebsunternehmern – und auch den Versicherten – nicht zuzumuten, 'auf gut Glück' eine derartige Einrichtung zu schaffen, ohne über deren Ausgestaltung, Rechte und Pflichten genauestens informiert zu sein.

 

Bereits die durch die Novelle ins ASVG eingeführten Begrifflichkeiten verhindern aufgrund ihrer Unschärfe die Bildung von betrieblichen Gesundheitseinrichtungen. Diese sind eindeutig keine Versicherungsträger. Dennoch nimmt das Gesetz an mehreren Stellen auf 'Versicherungsträger' Bezug, an denen auch die Gesundheitseinrichtungen umfasst seien müssten (so etwa hinsichtlich der Rückerstattung bei der Spitalsfinanzierung, siehe §322a ASVG).

 

Die mangelnde Determinierung der Ausgestaltung betrieblicher Gesundheitseinrichtungen bewirkt auch eine steuerliche Schlechterstellung und damit zusätzliche Ausgaben bzw einen Entnahmeentfall. Die für eine betriebliche Gesundheitseinrichtung notwendige Gemeinnützigkeit ist gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen. Ebenso würde der Bundesbeitrag für Pensionisten nicht mehr überwiesen werden, was zu einer großen Finanzierungslücke führen würde.

 

Auch lässt der Gesetzgeber eine Regelung vermissen, wonach die betrieblichen Gesundheitseinrichtungen zur Erlassung von Bescheiden ermächtigt wären (§361 ASVG aF und nF). Den betrieblichen Gesundheitseinrichtungen kommt somit keine, mit Betriebskrankenkassen vergleichbare Stellung hinsichtlich der Autonomie der Regelung der Beziehungen zu ihren Versicherten zu.

 

Aus §718 Abs8a ASVG neu ergibt sich zwar, dass das Vermögen der bisherigen Betriebskrankenkassen auf die betrieblichen Gesundheitseinrichtungen übergehen würde. Allerdings ist die bloße Verfügbarkeit über (bestehende) finanzielle Mittel alleine nicht ausreichend, um den Versicherten ein gutes, auf ihre Bedürfnisse abgestimmtes Leistungsangebot zu gewähren (vgl auch §81 ASVG nF, der nur auf 'Versicherungsträger' anwendbar ist). Denn die Beziehungen zwischen den Ärzten und den Trägern der Sozialversicherung werden durch privatrechtliche Verträge geregelt (§338 Abs1 ASVG aF). Bei diesen Verträgen handelt es sich zunächst um Gesamtverträge, welche bislang zwischen der Ärztekammer und dem Hauptverband (für den jeweiligen Versicherungsträger) abgeschlossen wurden (§341 ASVG aF). Nach der Rechtslage vor dem SV-OG waren die Betriebskrankenkassen als Träger der Krankenversicherung zu qualifizieren und gehörten als solche dem Hauptverband an (§30 ASVG aF). Der Abschluss des Gesamtvertrags bedurfte der Zustimmung des jeweiligen Krankenversicherungsträgers, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird (§341 Abs1 ASVG aF). Gegen den Willen einer BKK konnte sohin kein Gesamtvertrag zustande kommen; diese selbst (und nicht der Hauptverband) war auch Vertragspartei, und hat in der Praxis daher durchwegs auch die Verhandlungen (gemeinsam mit dem Geschäftsausschuss der GKK) selbst geführt.

 

Die Novelle sieht nur vor, dass die Gesamtverträge der ÖGK, die darauf beruhenden Einzelverträge, weitere Rahmen- und sonstigen Verträge samt Zusatzvereinbarungen auch für die betrieblichen Gesundheitseinrichtungen wirksam sind (§152 Abs2 ASVG nF). Diesen kommen bei der Ausgestaltung der Verträge allerdings keinerlei Mitspracherechte zu; mangels Krankenversicherungsträger-Eigenschaft sind sie auch nicht Mitglied des Dachverbandes. Es ist ihnen sohin nicht möglich, auf die spezifische Situation 'ihrer' Versicherten Rücksicht zu nehmen. Eine eigenständige Gestaltung des Leistungsrechts findet nicht statt. Darüber hinaus fehlen künftig auch die gesetzlichen Voraussetzungen für den Abschluss von Verträgen der betrieblichen Gesundheitseinrichtung mit der Ärztekammer, insb da die betriebliche Gesundheitseinrichtung nicht als Körperschaft öffentlichen Rechts ausgestaltet ist.

 

Die Schaffung der betrieblichen Gesundheitseinrichtungen soll zunächst mittels Betriebsvereinbarung geschehen (§5a 1. Satz ASVG nF). Bereits hierin liegt eine Verfassungswidrigkeit begründet: Die Betriebskrankenkassen sind nicht nur für die derzeit im Betrieb beschäftigten Personen zuständig, sondern auch für deren Angehörige sowie für ehemalige Beschäftigte (Pensionisten). Die beiden letztgenannten Personengruppen werden durch den Betriebsrat jedoch nicht repräsentiert.

 

Nach Abschluss der Betriebsvereinbarung hat die BMASGK die Gleichwertigkeit (insbesondere hinsichtlich des Leistungsrechts) festzustellen. Es hängt sohin von einer staatlichen Stelle ab, ob eine derartige Einrichtung geschaffen werden kann. Ebenso ist eine Auflösung grds jederzeit möglich; dies auch in dem – sehr unkonkreten und gesetzlich nicht näher determinierten – Fall der 'wesentlichen Änderungen der Sach- oder Rechtslage'. Insbesondere das Abstellen auf die Änderung der 'Rechtslage' vermag für den Betriebsunternehmer sowie die Versicherten große Unsicherheiten hinsichtlich des künftigen Bestehens der Einrichtung zu bewirken.

 

Es kommt sohin jedenfalls zu einer Auflösung der bestehenden Selbstverwaltungskörper 'Betriebskrankenkasse', ohne der Möglichkeit der Schaffung von diesen entsprechenden 'neuen' Selbstverwaltungskörpern. Dies auch aufgrund der bei der Schaffung von betrieblichen Gesundheitseinrichtungen gesetzlich festgelegten Hürden sowie der Abhängigkeit von der 'Zustimmung' des Staates. Aus diesem Grund ist es der Erst- bis Viertantragstellerin gar nicht praktisch möglich, von ihrer 'Wahlmöglichkeit' Gebrauch zu machen; zu viele Fragen sind ungeklärt. Es wird sohin zu einer Fusionierung der BKKs zur ÖGK kommen. Doch auch diese Alternative ist unsachlich und aus diesem Grund verfassungswidrig.

 

2.2 Keine sachliche Rechtfertigung hinsichtlich der Fusionierung der Betriebskrankenkassen zur ÖGK

 

2.2.1 Keine ausreichende Planung der Fusionierung

 

Gemäß einer Studie der Harvard Business School scheitern zwischen 70 und 90 % aller Fusionen (Christensen ua, The New M&A Playbook, Harvard Business Review 89, 2011/3; siehe auch Hewitt, M&A Transactions and the Human Capital Key to Success - Global Report, 2009); in mehr als 50 % der Fusionen wird der Unternehmenswert vernichtet (Rathje, Zusammenhalt in der Zwischenzeit: neue Ansätze zur Erhaltung von Unternehmenskultur in der M&A Planung, interculture journal: Online-Zeitschrift für interkulturelle Studien 2006, 103, mit Verweis auf Habeck/Kröger/Träm, Wi(e)der das Fusionsfieber, 2002, 5). Insbesondere bei der Fusionierung von Krankenhauszusammenschlüssen haben Studien herausgefunden, dass 40 % der Krankenhauszusammenschlüsse nicht erfolgreich sind (Brast & Borchers, 2010) oder die Mehrzahl der Fusionen von Krankenhäusern nicht die gesetzten Ziele erreicht (Steffen/Offermanns, Erfolgskritische Faktoren von Krankenhausfusionen, 2011, 10 mwN).

 

Als einen der Hauptgründe hierfür nennt die Studie der Harvard Business School die unrealistischen Erwartungshaltungen der Entscheidungsträger bezüglich der erhofften Steigerung sowie die zu hohen Ausgaben bei der Fusion.

 

Um diese Fehler zu vermeiden bedarf es einer intensiven Vorbereitung, zu der insbesondere eine detaillierte Auseinandersetzung mit der finanziellen Lage vor der Zusammenlegung und den erwarteten Resultaten danach zählt. Es ist sohin eine Strategie erforderlich, welche die Fusionsziele klar und messbar definiert (Fiedler/Sponheurer, Public Merger erfolgreich managen, in Huber/Jansen/Plamper, Public Merger – Strategien für Fusionen im öffentlichen Sektor, 2004, 98). Die Planung der gegenständlichen Fusionierung lässt dies jedoch vermissen (siehe sogleich Punkt 2.2). Insbesondere fehlt es an einer Fusions-Due-Diligence, die auf der Grundlage von Datenanalysen Fusionskosten, Fusionspotenz[t]iale und mögliche Fusionswege mit entsprechender Tiefe analysiert und bewertet (Stein-Hardenberg Institut, Stellungnahme zur Neugestaltung der österreichischen Sozialversicherungsträger, 22).

 

Ebenso liegen gegenständlich sowohl unrealistische Erwartungshaltungen bzgl des durch die Fusionierung ermöglichten Einsparungspotentials (sogleich Punkt 2.2.a) als auch unverhältnismäßig hohe Fusionskosten (siehe Punkt 2.3.a) vor.

 

Die gegenständliche Fusionierung der BKKs und GKKs zur ÖGK soll über einen Zeitraum von nur neun Monaten (01.04.2019 – 31.12.2019; RV 329 BlgNR 26. GP  20) stattfinden; der Rechnungshof kritisierte allerdings bereits den Zeitraum von einem Jahr für die Fusion der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten als zu kurz (Rechnungshof, Reihe Bund 2007/8, 1). Bereits diese viel zu kurze Zeitspanne verhindert eine ordnungsgemäße und wirtschaftlich durchdachte Zusammenlegung. Hinzu kommt, dass Personen, die bisher für eine KK oder den Hauptverband eine Organstellung wahrgenommen haben, ex lege von einer Tätigkeit in dem für die Fusionierung zuständigen Überleitungsausschuss ausgeschlossen sind (§538v ASVG idF BGBI I 100/2018). Der Überleitungsausschuss wird sohin mit Personen besetzt sein, denen es vollkommen an Erfahrung in der Krankenversicherung mangelt. Dennoch ist diesem Überleitungsausschuss die Durchführung der Fusionierung übertragen (RV 329 BlgNR 26. GP  20).

 

Im Zuge der Vorbereitung der Zusammenlegung wurde eine Einbindung der Betroffenen – insb der BKKs, um deren Zusammenschluss es schließlich geht und die als einzige über jahrzehntelange Erfahrungen im Bereich der Krankenversicherung aufweisen, gänzlich unterlassen; von einem professionellen Vorgehen (im Sinne einer Change-Strategie) ist in keiner Weise zu sprechen (vgl Mayerhofer, Fusionsbedingte Integration verschiedener Organisationen, Handbuch Fusionsmanagement, 2003, 8).

 

Für eine adäquate Vorbereitung der Fusionierung hätte es auch einer Evaluierung der Organisationsunterschiede in den einzelnen BKKs und GKKs bedürfen. Denn nur wenn erhoben wird, in welchen Bereichen Differenzen tatsächlich bestehen und wie diese ausgestaltet sind, lässt sich ein Plan entwickeln, wie auf effiziente und kostengünstige Weise eine Vereinheitlichung herbeigeführt werden kann (Stein-Hardenberg Institut, Stellungnahme 16).

 

Darüber hinaus findet gegenständlich keine Fusionierung von zwei Unternehmen statt; es werden gleich neun (sowohl in Hinblick auf ihre Mitglieder, die finanzielle Situation, Mitarbeiter und Aufgabe) große (Gebiets‑)Krankenversicherungsträger sowie möglicherweise vier Betriebskranken-Versicherungsträger zu einem verschmolzen. Chancenreicher sind Fusionierungen, bei denen ein kleines Unternehmen in ein großes verschmolzen wird (Schneider/Jenewein, Fusion regionaler Gebietskrankenkassen, Volkswirtschaftliche Analyse von Fusionen sowie regionalwirtschaftliche Auswirkungen für Oberösterreich, 2018, 32). Da dies gegenständlich nicht der Fall ist, bedürfte es umso mehr einer detaillierten Vorbereitung der Zusammenlegung.

 

Eine Fusionierung ist nicht mit der bloßen Zusammenlegung (dh mit 01.01.2020) beendet. Vielmehr bedarf es nach diesem Zeitpunkt – oftmals langjährigen – Anpassungen der bislang neun unterschiedlichen Systeme aufeinander, was durch die zusätzlichen Änderungen in den Organen und der personellen Wechsel zusätzlich erschwert wird. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwiefern dieser Aspekt bei der Schaffung der gegenständlichen Novelle berücksichtigt wurde (Schneider/Jenewein, Fusion 32).

 

Sollte die Fusionierung tatsächlich scheitern, so hätte dies schwerwiegende Folgen, die 7,2 Millionen Österreicher betreffen. Denn der Schaden wäre keinesfalls auf bloß nicht eingetretene Verwaltungseinsparungen begrenzt. Ein Scheitern würde zu einer Verschlechterung des gesamten österreichischen Gesundheitssystems führen, dessen Auswirkungen für die Versicherten unmittelbar spürbar wären. Da die Fusionierung das bestehende – gut funktionierende – System der Krankenversicherung völlig zerschlägt, wäre auch eine Rückkehr zum bisherigen System nicht, bzw erst nach einiger Zeit nach einem finanziell (sehr teuren) Wiederaufbau möglich.

 

Es wäre daher von besonderer Wichtigkeit, mögliche Fehlentwicklungen frühestmöglich zu erkennen, was insbesondere durch eine laufende Evaluierung erreicht werden könnte. Der Gesetzgeber hat jedoch mit der Novelle BGBl I 100/2018 die Kontrollversammlung (§419 Abs1 Z3 ASVG aF) abgeschafft und an deren Stelle kein ähnliches Organ (sohin ein Selbstverwaltungsorgan oder ein an ein solches weisungsgebundenes Organ) der inneren Kontrolle (wie dies im Unternehmensrecht durchgängig der Fall ist und zum internationalen und nationalen Standard zählt; vgl zB §§85 und 107 AVG, §82 AktG, §§22 Abs1 GmbHG, §22 Abs1 GenG) vorgesehen. Das völlige Fehlen einer internen Kontrolle widerspricht sohin auch den allgemein anerkannten Grundsätzen des Unternehmensrechts; der Gesetzgeber hat dem Versicherungsträger jegliche Möglichkeit genommen, Missstände rechtzeitig zu erkennen.

 

Dieser Umstand kann auch nicht durch die nunmehr erweiterten Aufsichtskompetenzen des Bundes kompensiert werden. §436 Abs1 ASVG aF verpflichtete die Kontrollversammlung zur ständigen Überwachung der gesamten Gebarung des Versicherungsträgers und zur Berichterstattung über ihre Wahrnehmungen. Es war also eine ständige Überwachung (nicht nur eine nachgehende Kontrolle) der Gebarung eingerichtet (Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm §437 ASVG Rz 4). Bei der Übertragung der Aufsichtsrechte an die BMASGK als Aufsichtsbehörde wurde von einem System der ständigen Überwachung auf ein System der nachstehenden Kontrolle umgestellt. Die Aufsichtsbehörde kann gem §449 Abs1 letzter Satz ASVG idF BGBI I 100/2018 Beschlüsse der Verwaltungskörper aufheben. Eine Beeinspruchung von Beschlüssen mit aufschiebender Wirkung ist gem §448 Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018 nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

 

Für einen Selbstverwaltungskörper ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass eine ständige interne Kontrolle eingerichtet ist, um zeitgerecht und im eigenen Verantwortungsbereich Missstände zu erkennen und zu korrigieren. Eine solche umfassende Aufsicht durch eine Bundesbehörde würde aber zu weit in die verfassungsgesetzlich gesicherte Autonomie des Selbstverwaltungskörpers eingreifen, weshalb diese zwingend intern einzurichten ist.

 

2.2 Ziel der Zusammenlegung: Einsparung von Verwaltungskosten

 

Laut RV und WFA besteht das vorrangige Ziel der Fusionierung der Gebiets- und Betriebskrankenkassen in der Einsparung von Verwaltungskosten. Hierbei steht insbesondere die Reduzierung des Personalbedarfs samt des dazugehörigen Sachaufwands (zB Nichtnachbesetzung nach Pensionierungen aufgrund von Prozessvereinfachungen), das Beschaffungswesen (insbesondere die EDV, Zusammenlegung von Rechenzentren, Druckstraßen) sowie ein einheitlich organisiertes Facility Management im Vordergrund (WFA 329 BIgNR 26. GP 2).

 

Weder die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, noch die WFA legen jedoch dar, wie die Einsparungen konkret ausgestaltet sind. Es fehlt sowohl eine detaillierte Aufstellung der Einsparungen, als auch mathematische Analysen, Vergleiche zum bisherigen System und sonstige Berechnungen, die die Zielsetzung nachvollziehbar machen.

 

Eine 'Berechnung' der Einsparungen findet sich in den WFA in einem einzelnen Absatz. Darin heißt es:

 

'Unter der Annahme einer linear ansteigenden Einsparung von bis zu 30% der Personal- und Sachaufwendungen der Sozialversicherung wird im Jahr 2020 ein Einsparungspotential von rd. € 99 Millionen[.] erreicht. Dies steigt dann in den kommenden Jahren auf ca. € 433 Millionen[.] an; das bedeutet eine Effizienzsteigerung von insgesamt ca. € 1 Mrd. in 4 Jahren. Durch das Zielsteuerungssystem soll sichergestellt werden, dass die durch diese Effizienzsteigerung freiwerdenden Mittel für verbesserte Leistungen an die Versicherten zur Verfügung gestellt werden.' (WFA 329 BlgNR 26. GP  2; 7 f)

 

Die Berechnung zieht den Wert des Jahres 2017 in Höhe von rund 1,23 Milliarden Euro an Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand der Sozialversicherung heran und schreibt diese für die kommenden Jahre unter Zugrundelegung der Steigerungsraten aus den Planrechnungen der Sozialversicherungsträger fort (WFA 329 BIgNR 26. GP 10). Der genannte Wert, der aus dem Statistischen Handbuch der österreichischen Sozialversicherung 2018 stammt (Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Statistisches Handbuch der österreichischen Sozialversicherung 2018, Tabelle 5.05), umfasst jedoch die Aufwendungen sämtlicher im Hauptverband zusammengefasster Versicherungsträger und nicht bloß der BKKs und GKKs, sodass er keine taugliche Ausgangsbasis darstellt. Außerdem sind die im Hauptverband zusammengefassten Versicherungsträger sehr unterschiedlich von der Reform betroffen. Der Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand der Krankenversicherung beträgt nur 479 Millionen EUR, jener der Unfallversicherung 126,1 Millionen EUR. Die Pensionsversicherung, die den höchsten Verwaltungsaufwand von 622,7 Millionen EUR aufweist, ist jedoch von der Reform praktisch gar nicht erfasst. Dies hat zur Folge, dass die Personaleinsparungen durch die Fusionierung noch geringer ausfallen werden, als dies selbst in den Erläuterungen angenommen wird: Die angenommenen Einsparungen bei Personal- und Sachaufwendungen des Verwaltungsbereichs mit einem linearen Anstieg von 30 % auf Basis der gesamten Personal- und Sachaufwendungen haben daher den logischen Effekt, dass in der Krankenversicherung nicht 30 % sondern ein noch höherer Anteil an Einsparungen zu leisten wäre. Dies ergibt sich wie oben ausgeführt aus der geringen Betroffenheit der Pensionsversicherung. In concreto hätte dies zur Folge, dass die Krankenversicherung bis 2023 mehr als 30 % des Personals einzusparen hätte. Dies zöge für die Kundenbetreuung, das Meldewesen und sämtliche weitere Verwaltungsagenden (Ärzteabrechnung, Wahlarzthilfe, etc) massive negative Folgen (unzumutbare Verzögerungen) nach sich. Eine fundierte Berechnungsgrundlage zu dieser heiklen Thematik findet sich sohin nicht in der WFA.

 

Auffallend ist auch, dass die genannten Beträge im Ministerialentwurf in gänzlich anderen Höhen angegeben wurden (75/ME 26. GP  2 f). Nach den Ausführungen in der 'neuen' WFA zur Regierungsvorlage werden die Einsparungen bei den Personal- und Sachaufwendungen des Verwaltungsbereiches bereits ab 2020 und damit deutlich früher (im Ministerialentwurf erst ab 2023) und mit einem linearen Anstieg auf 30 % (anstatt 10 %) auch in deutlich größerer Höhe erwartet (sohin 1.050 Millionen EUR gegenüber 351 Millionen EUR). Dies zeigt, dass die Berechnungen zur Effizienzsteigerung in der Regierungsvorlage wenn überhaupt nur grobe Schätzungen sind, bei denen ein konkretes Mengen- bzw Preisgerüst fehlt. Der lineare Verlauf der Minderausgaben entspricht daher einer bloßen Annahme für die Darstellung der WFA und ist so nicht zu erwarten.

 

In dem oben zitierten Absatz wird somit die bloße Behauptung aufgestellt, in vier Jahren eine Einsparung von 1 Milliarde Euro zu erzielen. Detaillierte Berechnungen hierzu fehlen jedoch, sodass ein Nachvollziehen des Zustandekommens dieses Betrages (wie sich auch aus den zahlreichen Stellungnahmen zur Regierungsvorlage ergibt) unmöglich ist (vgl auch Stein-Hardenberg Institut, Stellungnahme 5). Auch finden sich keine Ausführungen zu den Fusionierungskosten sowie laufenden Mehrkosten, die aufgrund der Zusammenlegung anfallen werden (im Detail siehe Punkt 2.3.b). Diese müssten jedoch von den erwarteten Gewinnen in Abzug gebracht werden.

 

Die soeben aufgezeigte Darstellung der finanziellen Auswirkungen der Fusionierung lässt sohin weder auf eine ordnungsgemäße und sorgfältige Planung der Zusammenlegung schließen, noch entspricht sie den Anforderungen des §17 BHG. Sie unterscheidet sich von den öffentlich genannten finanziellen Zielsetzungen, ist unvollständig und basiert nicht auf nachvollziehbaren Grundlagen. Damit ist sie nicht geeignet, dem Gesetzgeber eine aussagekräftige Entscheidungsgrundlage zu bieten.

 

Auch der Rechnungshof kritisiert in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf die Darstellung der finanziellen Auswirkungen als ungenügend und geht davon aus, dass das Nettoergebnis der vorgeschlagenen Maßnahmen in den ersten fünf Jahren selbst ohne Berücksichtigung der Fusionskosten deutlich negativ sein wird (35/SN-75/ME 9 ). Es bedürfte sohin einer betriebswirtschaftlichen Analyse der Veränderungskosten. Doch auch ohne detaillierte Kostenaufstellung sei leicht ersichtlich, dass die Fusionierung eine Vielzahl an (finanziellen) Nachteilen mit sich bringt.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf die 'Effizienzstudie' (Efficiency Review of Austria's Social Insurance and Healthcare System 2017) der Londoner School of Economics (LSE) hingewiesen, auf die in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage ausdrücklich verwiesen wird (RV 329 BIgNR 26. GP 1). Die Studie wurde im Dezember 2017 vom Sozialminister zur Effizienz im österreichischen Sozialversicherungs- und Gesundheitsbereich in Auftrag gegeben. Die LSE führte in der Studie aus, dass Österreich bereits über ein (sehr) gutes Gesundheitssystem, vor allem hinsichtlich der Bereiche Leistungsniveau, Zugang zu Leistungen, Verwaltungseffizienz und Gesundheitsausgaben verfügt. Daher kam die LSE zu dem Ergebnis, dass Österreich 'keine Revolution, sondern vorsichtige, aufeinander aufbauende Veränderungen [brauche], weil das System in Österreich auf soliden Beinen steht und gut funktioniert. Wichtiger als die Diskussion über die Anzahl von Sozialversicherungsträgern in Österreich ist, die Qualität des Systems weiter zu verbessern.'.

 

a. Einsparungen in der genannten Höhe sind jedoch nicht möglich

 

Erklärtes Ziel der Fusionierung ist sohin die Reduktion von Verwaltungskosten und die Verbesserung der Leistungen an die Versicherten mit den freigewordenen finanziellen Mitteln.

 

Allerdings sind die Verwaltungskosten der Krankenversicherungsträger bereits derzeit auffallend niedrig. Die Verwaltungskosten stellen nur 1.97 % der Ausgaben der Versicherungsträger dar (LSE, Effizienzstudie 551). Die Höhe der Verwaltungskosten schwankt hinsichtlich der einzelnen Versicherungsträger (LSE, Effizienzstudie, 545). Während jene der Gebietskrankenkassen nahezu gleich und allesamt sehr niedrig sind, haben die BVA, die SVB und die VAEB die höchsten Ausgaben. Die geringsten Verwaltungskosten weisen die Betriebskrankenkassen auf: EUR 17,75 pro Versicherten. So fallen gegenüber dem Durchschnitt der GKKs (=EUR 52,57) sogar um zwei Drittel weniger an Verwaltungskosten pro Versichertem an. Würde man die übrigen Versicherungsträger sohin (gegenständlich geht es schließlich nur um die Fusionierung der Betriebskrankenkassen) wegrechnen, so würde sich hinsichtlich dieser sogar ein noch niedrigerer Prozentsatz ergeben (LSE, Effizienzstudie 545, Figure 167).

 

Hinsichtlich der Betriebskrankenkassen sind 'Einsparungen' schon ganz grundlegend nicht zu erwarten. Dies jedoch nicht nur aus dem Grund, dass die Verwaltungskosten schon derzeit auffallend niedrig sind. Noch wichtiger in diesem Zusammenhang ist jedoch die Tatsache, dass überhaupt kein öffentliches Interesse an Einsparungen in diesem Bereich besteht. Denn die Verwaltungskosten werden im Regelfall ausschließlich vo[m] Betriebsunternehmer getragen. Dieser ist der einzige, der an der Reduktion ein Interesse haben könnte. Für den Staat oder die Versicherten hat die Höhe der Verwaltungskosten keinerlei Bedeutung. Wenn der VfGH daher die Schaffung der ÖGK in Hinblick auf die Einsparung von Verwaltungskosten grundsätzlich für sinnvoll und erstrebenswert erachtet, so kann dies keinesfalls mit Blick auf die Betriebskrankenkassen gelten. Sollte es sohin tatsächlich zu einer Fusionierung der GKKs kommen, so müssten dennoch – mangels sachlicher Rechtfertigung – die Betriebskrankenkassen in ihrer bisherigen Form bestehen bleiben.

 

Die LSE Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass die Einsparungsmöglichkeiten bei den Verwaltungskosten gering sind. Viel größeres Einsparungspotential liegt laut der Studie in anderen Bereichen, wie etwa den Spitalsaufenthalten oder bei Medikamentenkosten (LSE, Effizienzstudie, 474, 600, 443). Zwar spricht sie sich auch für eine Senkung der Verwaltungskosten aus, empfiehlt zur Erreichung dieses Ziels jedoch nicht eine Auflösung der BKKs bzw deren Fusionierung in die ÖGK (LSE, Effizienzstudie Punkt 8.2.3, S 552). Außerdem betrifft die Forderung hinsichtlich der Senkung der Verwaltungskosten hauptsächlich die VAEB (LSE Studie, Figure 167, S 545).

 

Auch eine Studie der OECD schätzt das österreichische Krankenversicherungssystem, insbesondere auch aufgrund der geringen Verwaltungskosten, durchaus positiv ein (OECD, Tackling Wasteful Spending on Health, 2017, 234). Auch im internationalen Vergleich sind die Verwaltungskosten der österreichischen Gebietskrankenkassen als gering einzustufen (LSE, Effizienzstudie 551; siehe auch Figure 169 und 172).

 

Es darf auch nicht vergessen werden, dass durch die Zusammenfassung einer größeren Anzahl von Versicherten in einem Träger die Verwaltungskosten pro Versichertem nicht linear abnehmen. Vielmehr zeichnet die Kostenentwicklung eine U-Kurve (WIFO, Gemeindestruktur und Gemeindekooperation, 2010, 23 f). Das bedeutet: Je nach Branche und inhaltlicher Aufgabenstellung steigen die zu erwartenden Gestellungskosten einer Organisation ab dem Überschreiten einer kritischen Größe wieder an. Dieses Modell ist nicht nur theoretisch, sondern auch in Praxis und Empirie gut beschrieben. Für den Bereich der Krankenversicherung wird die ideale Organisationsgröße in der Schweiz etwa mit 750.000 Polizzen beziffert (Sheldon, Die Kosteneffizienz der Schweizer Krankenversicherungen 1994-2001, 2004, 60). Die geplante ÖGK ist etwa zehnmal größer als dieser Idealwert.

 

Auch die Annahme, dass große Kassen kostengünstiger arbeiten als kleine, lässt sich nicht belegen (Rürup, GKV: Verwaltungskosten und Kassengröße, 02.04.06; der Autor untersuchte den Zusammenhang zwischen Verwaltungskosten und Kassenzusammenlegungen anhand der Daten der GKV-Statistik). Die vorliegenden Daten legten sogar eher den umgekehrten Schluss nahe, dass Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung mit zunehmender Größe kostenungünstiger arbeiten. Dies ist auch insofern nachvollziehbar, als größere Kassen die Tendenz aufweisen, den Verwaltungsapparat aufgrund bürokratischer Eigendynamiken laufend zu vergrößern (Schneider/Jenewein, Fusion 11). Bei größeren Organisationsstrukturen braucht es insb aufgrund von längeren Kommunikationswegen und mehreren Hierarchieebenen mehr Koordinationsaufwand und ausgefeilten internen Kontrollsystemen, wodurch der Steuerungsaufwand im Vergleich zu kleineren Organisationen erheblich steigt (Stein-Hardenberg Institut, Stellungnahme 12).

 

Die Verwaltungskosten der Betriebskrankenkassen (als auch der GKKs) sind sohin bereits derzeit auffallend niedrig. Einsparungen sind zwar auch bei bereits niedrigen Ausgaben theoretisch immer möglich (wobei allerdings auch daraus folgende Qualitätseinbußen zu beachten sind, siehe dazu Punkt 2.3.c), allerdings können die Einsparungen nur einen sehr geringen Betrag ausmachen. Von den nicht einmal 2 % Verwaltungskosten ist eine Reduktion sohin kaum mehr möglich (im Detail zu den Verwaltungsausgaben der Versicherungsträger siehe Hauptverband, Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung, 2018, 6 ff; Hauptverband, Statistisches Handbuch der österreichischen Sozialversicherung, 2018, Abb 5.08). Die erwarteten Einsparungen betragen daher auch keine Höhe, mit der die Leistungen an die Versicherten effizient verbessert werden können. Diesbezüglich müsste sohin auf einer anderen Ebene angesetzt werden. Eine Möglichkeit wäre, Kosten in einem Bereich einzusparen, in dem eine deutliche Reduktion der Ausgaben denkbar ist. Ebenso bedürfte es einer Verlagerung des Schwerpunkts der Betrachtung auf jene Problemfelder, die einer Verbesserung von Leistungen noch im Wege stehen; die Fusionierung selbst löst kein Versorgungsziel. Die Fusionierung vermag einerseits schon per se nicht zu Verbesserungen im Leistungswesen führen. Andererseits vereitelt sie die bereits stattfindenden Weiterentwicklungen.

 

Selbst wenn es durch die Fusionierung zu einer Einsparung an Verwaltungskosten kommen sollte, so führt dies nicht automatisch zu einer Verbesserung der Versicherungsleistungen. Es bedarf sohin eines weiteren Schrittes, die freigewordenen finanziellen Mittel auch tatsächlich effizient einzusetzen. Die Fusionierung soll auch nach Ansicht des Gesetzgebers daher nur mittelbar Verbesserungen bewirken. Die hierfür notwendigen Schritte erfordern jedoch einer selbstständigen Ausarbeitung und Umsetzung. Ob die angedachten Einsparungen in der Verwaltung also tatsächlich eine Verbesserung für die Versicherten bewirken, ist in höchstem Maße ungewiss. Die bloß möglichen Verbesserungen vermögen die vielen durch die Zusammenlegung bewirkten Nachteile sohin keineswegs aufzuwiegen. Prägnant ausgedrückt: Mehr Geld bei einer Krankenkasse bewirkt für den einzelnen Versicherten für sich genommen noch keinerlei Vorteil. Erst die organisatorische Umsetzung in Form von besseren Leistungen wird für Patienten spürbar – diese organisatorische Umsetzung erfordert aber wiederum zumindest in der Entwicklungs- und Verhandlungsphase Ressourcen, die als Verwaltungsaufwand zu verbuchen sind.

 

Selbst wenn der VfGH die Ansicht vertreten sollte, dass unabhängig von den bereits bestehenden niedrigen Verwaltungskosten eine Reduktion stets zu begrüßen sei, so darf dies jedoch nicht mit derart vielen Nachteilen wie gegenständlich verbunden sein (siehe sogleich Punkt 2.3).

 

Aus dem soeben Ausgeführten ergibt sich, dass schon alleine durch die Zusammenlegung der Gebiets- sowie Betriebskrankenkassen keine Einsparungen bei den Verwaltungskosten in relevanter Höhe möglich sind.

 

b. Keine Verbesserung der Leistungen für die Versicherten durch Fusionierung; keine Leistungsharmonisierung

 

Die angedachten (siehe jedoch soeben Punkt 2.2.a) Einsparungen in der Verwaltung sollen zu einer besseren Versorgung der Versicherten verwendet werden. Die Fusionierung dient nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers im Endeffekt sohin dem Zweck, den versicherten Personen mehr bzw bessere Leistungen bieten zu können. Ebenso dient sie dazu, eine nachhaltige Leistungsharmonisierung sicherzustellen (RV 329 BlgNR 26. GP  1, 2).

 

Das derzeitige System der Gesundheitsversorgung in Österreich steht auf soliden Beinen. Die Fusionierung bricht dieses System auf, ohne jedoch zu gewährleisten, dass die bisher erbrachten Leistungen (sowohl im Service, als auch in der Versorgung) weitergeführt werden können.

 

Wie genau die Verbesserung der Leistungen durch die Fusionierung erfolgen soll, ist jedoch einerseits völlig unklar und andererseits ist die Fusionierung per se hierzu nicht einmal abstrakt geeignet:

 

(i) Keine Verbesserung im Leistungssystem

 

Das Ziel der Leistungsverbesserung kann durch die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen nicht erreicht werden. Sämtliche Gesetzesänderungen der Novelle BGBI I 100/2018 betreffen – soweit sie die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen berühren – bloß Änderungen in der Struktur des Verwaltungsbereiches. Hierzu zählen die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Fusionierung stehenden Veränderungen der Organe, der Finanzierung, des Dachverbandes oä.

 

Die gesamte Novelle enthält keine einzige wesentliche Änderung im Leistungsrecht. Weder gewährt eine Gesetzesbestimmung zusätzliche Leistungen, noch wird ein einfacherer und besserer Zugang zu Gesundheitsleistungen gewährleistet, eine Angleichung der Leistungen zwischen den einzelnen Versicherten vorgenommen oder eine Senkung von Kosten der Versicherten normiert. Dahingegen ändert der Gesetzgeber die Gremienzusammensetzung der Organe, wo über Satzung, Krankenordnung etc die Leistungspolitik der ÖGK bestimmt wird, wodurch Leistungseinschnitte zu erwarten sind (siehe Punkt 2.3.c).

 

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage selbst findet sich auch die Aussage, wonach durch die vorgesehene Zusammenführung von Sozialversicherungsträgern 'die Voraussetzungen für eine zeitnahe Harmonisierung der Leistungen in den neu zusammengefassten Versichertengemeinschaften geschaffen [werden], damit mehr Fairness im Sozialversicherungssystem entsteht' (RV 329 BlgNR 26. GP  4). Die WFA sprechen diesbezüglich von der 'Schaffung von Rahmenbedingungen', die die Selbstverwaltung bei Erfüllung ihrer Aufgaben stärkt; die Effizienzsteigerungen würden nachhaltig das Leistungsangebot der Sozialversicherungsträger sichern (WFA 329 BlgNR 26. GP  2). Aus den Materialien ergibt sich sohin eindeutig, dass sich aus der Zusammenlegung keine unmittelbaren positiven Auswirkungen auf die Leistungen an die Versicherten ergeben. Hierbei handelt es sich jedoch um die Kernaufgabe einer Krankenversicherung. Diese dient im Endeffekt einzig und alleine dem Zweck, ihre Versicherten im Krankheitsfall adäquat und einheitlich zu versorgen. Die Fusionierung der BKKs und GKKs zur ÖGK stellt eine tiefgreifende Umstrukturierung des österreichischen Gesundheitssystems mit einer Vielzahl an negativen Folgen dar (siehe im Detail sogleich Punkt 2.3.c). Um diese Nachteile aufzuwiegen, bedürfte es sohin jedenfalls einer deutlichen Verbesserung der Leistungen an die Versicherten. Eine bloße 'Hoffnung', wie sie in der Regierungsvorlage ausgedrückt wird, dass man durch die Fusionierung die 'Rahmenbedingungen' hierfür schaffe, reicht hierfür keineswegs. Dies umso weniger, als mit keinem Wort erwähnt ist, wie diese Verbesserung im Leistungsrecht aussehen soll.

 

Die Gesetzesänderung verwirklicht nicht einmal das in der Regierungsvorlage genannte Ziel, Mehrfachversicherungen abzuschaffen. Es werden lediglich 'bürokratische Hürden' bei der Beitragserstattung als auch die Differenzvorschreibung beseitigt. Für dieses Ergebnis bedarf es der Fusionierung jedenfalls nicht.

 

Auch die Effizienzstudie kommt zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der Versicherungsträger für ein effizientes Versicherungssystem nicht von Bedeutung ist (LSE, Effizienzstudie 26).

 

Vielmehr bräuchte es etwa eine Verbesserung in folgenden Bereichen: Verbesserte Angebotsplanung, Steigerung der Qualität im niedergelassenen Bereich, Verbesserungen in der Primärversorgung und vieles mehr. Die LSE Studie liefert hierzu auch einige konkrete Hinweise. Hierbei handelt es sich um komplexe Themen die sich durch eine Fusionierung nicht lösen lassen.

 

Die Fusionierung der Gebietskrankenkassen bringt den Versicherten sohin keinen Vorteil hinsichtlich der ihnen zu erbringenden Leistungen. Eine sachliche Rechtfertigung für die Zusammenlegung liegt sohin nicht vor.

 

(ii) Keine Leistungsharmonisierung durch die Fusionierung

 

Ein weiteres Ziel der Zusammenlegung ist die Harmonisierung der Leistungen. Damit ist – vereinfacht gesagt – gemeint, dass für die gleichen Beiträge auch die gleichen Leistungen von den verschiedenen Versicherungsträgern erbracht werden sollen; diesbezüglich bestehende Unterschiede zwischen den Versicherungsträgern gilt es sohin zu beseitigen.

 

Eine Leistungsharmonisierung lässt sich auf verschiedenen Wegen herbeiführen: Für manche Bereiche genügt eine diesbezügliche Anpassung der Krankenordnungen und Satzungen der einzelnen Versicherungsträger, ein zweiter Bereich erfordert eine Änderung der Verträge und Honorarordnungen und ein dritter Bereich bedarf gesetzlicher Anpassungen (im Detail siehe LSE, Effizienzstudie 704 ff).

 

Schon vor der gegenständlichen Novelle galt für alle Versicherten der BKKs und GKKs in allen wesentlichen Leistungsbereichen das exakt gleiche Leistungsrecht, das unmittelbar durch gesetzliche Regelungen im ASVG determiniert ist. Dies gilt für die ärztliche Hilfe und gleichgestellte Leistungen (also incl Psycho-, Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie und klinische Psychologie; §135 ASVG), Spitalsleistungen (§144 ff ASVG), Medikamentenversorgung (§136 ASVG), Zahnbehandlung (§153 Abs3 ASVG), und viele mehr.

 

Lediglich in einigen begrenzten Leistungsbereichen sah das ASVG, oft über ein gesetzlich definiertes Mindestmaß hinausgehende, Regelungsmöglichkeiten in den Satzungen der Versicherungsträger vor, die nicht zuletzt dem Ausgleich von finanziellen Unterschieden oder unterschiedlicher Bedürfnisse der Versicherten dienen sollten (§121 Abs3 ASVG aF). In diesem Bereich der satzungsmäßigen Leistungsunterschiede hat die Sozialversicherung sogar schon deutlich vor Beauftragung der LSE zur Effizienzstudie in Eigenverantwortung große Harmonisierungsschritte eingeleitet, die demnach auch in der Studie (LSE, Effizienzstudie 240 f) mehrfach positiv hervorgehoben wurden. Diesbezüglich kam es in den letzten Jahren wiederholt in wichtigen Bereichen zu Leistungsharmonisierungen (zB Zuschuss für Rollstühle, FSME-Impfungen, die einheitliche Gewährung von Familienzuschlägen bei Krankengeld; im Detail siehe Hauptverband, Presseinformation aktuell, 'Gleiche Leistung für gleiches Geld'); weitere Harmonisierungen bezüglich satzungsmäßigen Leistungen sind in Planung. Es sind nur mehr wenige Bereiche offen, in denen die Krankenkassen unterschiedliche Leistungen vorsehen.

 

Entsprechend konnte der Verbandsvorsitzende des Hauptverbandes, Alexander Biach, am 03.10.2017 den Abschluss der Leistungsharmonisierung mittels umfassender Pressemitteilung berichten ('Leistungsharmonisierung: Gleiche Leistung für gleiches Geld', Pressemitteilung des Hauptverbandes vom 03.10.2017). Das legitime politische Ziel einer Leistungsharmonisierung bedarf daher keinerlei Organisationseingriffe oder gar der Auflösung bestehender Selbstverwaltungskörper, sondern war bereits durch die verantwortliche Selbstverwaltung im Wesentlichen erledigt.

 

Das Ziel der Leistungsharmonisierung ist sohin grundsätzlich durchaus von Bedeutung, allerdings wurde dieses durch die bereits umgesetzten Maßnahmen bereits fast vollständig erreicht.

 

Darüber hinaus würde es zur Erreichung einer Leistungsharmonisierung nicht der Auflösung bzw Zusammenlegung der Betriebskrankenkassen bedürfen. Wie sich auch in der Vergangenheit zeigte, handelt es sich durchwegs um Bereiche, welche die Versicherungsträger selbst anpassen können und hierzu auch willens sind oder geringfügige Gesetzesänderungen erfordern. Keinesfalls ist jedoch für die Herbeiführung von Leistungsharmonisierung die Auflösung der Betriebskrankenkassen erforderlich. Diese Auffassung wird im Ergebnis auch in der Effizienzstudie der LSE vertreten, die ein eigenes Kapitel der Frage der rechtlichen Umsetzung von Leistungsharmonisierung widmet (LSE, Effizienzstudie 714 ff). Eine Fusionierung wird nicht vorgeschlagen; vielmehr seien die bereits erwähnten Maßnahmen (Gesetzesänderung etc) ausreichend (LSE, Effizienzstudie 242 f). Alle diesbezüglichen Empfehlungen der LSE wären als 'gelindere Mittel' zur Erreichung des legitimen Ziels einer Leistungsharmonisierung zu qualifizieren.

 

Zudem wäre die durch die Fusionierung vorgenommene Organisationsänderung auch ungeeignet, tatsächlich (noch) bestehende Leistungsunterschiede zwischen Versichertengruppen zu beseitigen. Hinzu kommt, dass jedenfalls Leistungsunterschiede zwischen den ÖGK-Versicherten und den Versicherten der übrigen Krankenkassen (insb SVS, BVEAB) bestehen bleiben.

 

Die mangelnde Notwendigkeit einer Fusionierung zur Erreichung von Leistungsharmonisierung zeigt sich auch daran, dass das novellierte Gesetz keine diesbezüglichen Bestimmungen enthält. Ebenso wird die Leistungsharmonisierung in den Materialien bloß als allgemeines Ziel genannt.

 

Angemerkt sei an dieser Stelle auch, dass sich die LSE-Studie in ihrer Kritik an bestehenden Leistungsunterschiedeeistungsunterschiede] auf die Unterschiede zwischen ASVG-Versicherten und den anderen Versichertengruppen (insb zum Bereich der Krankenfürsorge) bezieht (LSE, Effizienzstudie Kapitel 5.2.6, 9.4), was durch fehlende oder zu schwache Mechanismen des Solidarausgleichs verschärft wird (LSE, Effizienzstudie Kapitel 4.2, insb 4.2.6). Diese Unterschiede werden durch die Reform bzw das SV-OG keineswegs verringert, sondern tendenziell sogar verstärkt.

 

c. Mehreinnahmen durch gute Beitragseinnahmenentwicklung unabhängig von der Fusionierung

 

In den WFA wird noch eine weitere finanzielle Auswirkung der Gesetzesänderung genannt. Durch die Tatsache, dass die Umstrukturierung zu einem Zeitpunkt stattfände, in dem eine gute Beschäftigungssituation und damit zusammenhängend eine gute Beitragseinnahmenentwicklung vorläge, können deutliche Mehreinnahmen erzielt werden (WFA 329 BIgNR 26. GP 2). Zur Verdeutlichung dieser Annahme findet sich in den WFA eine – sehr kurze – Darstellung der Entwicklung der Beschäftigung und der Lohnentwicklung. In den Jahren 2012 bis 2017 seien die Beitragseinnahmen gestiegen und in den Jahren 2018 bis 2023 werde ebenso eine deutliche Steigerung erwartet.

 

Zu der prognostizierten Beitragssteigerung kommt es jedoch – soweit die Berechnungen stimmen – jedenfalls; also unabhängig von einer Auflösung der Betriebskrankenkassen und Schaffung der ÖGK. Denn der erwartete Anstieg von Beschäftigung und Lohn ist von einer Fusionierung völlig losgelöst und steht mit einer solchen in keinerlei Zusammenhang.

 

2.3 'Einsparungen' in keinem Verhältnis zu den durch die Zusammenlegung bewirkten Nachteilen

 

Selbst wenn man zur Ansicht gelangen sollte, dass die erhoffte Einsparung von Verwaltungskosten grundsätzlich ein taugliches Ziel für die Zusammenlegung der Betriebskrankenkassen darstellt, so steht die Fusionierung dennoch außer jedem Verhältnis zu den daraus resultierenden Nachteilen. Bei diesen handelt es sich insbesondere um die Fusionskosten, durch die Zusammenlegung bewirkte laufende Mehrkosten sowie eine Verschlechterung der Leistungen für die Versicherten.

 

a. Fusionskosten

 

Die im Zuge der Fusionierung anfallenden Kosten müssten von den zu erwartenden Einsparungen in Abzug gebracht werden. Nach dem derzeitigen Plan erreichen sie jedoch eine solche Höhe, dass sie jedenfalls außer Verhältnis zu möglichen – im Ergebnis jedoch nicht vorliegenden – Vorteilen der Fusionierung stehen. Die Erst- bis Viertantragstellerin ist sich bewusst, dass es sich bei Fusionskosten – mögen sie auch über einige Zeit hinweg anfallen – um einmalige Ausgaben handelt. Dennoch wäre es sachwidrig, eine Fusionierung durchzuführen, wenn dieser einerseits keine ausreichenden Erhebungen bezüglich der anfallenden Kosten vorangegangen sind und andererseits die Fusionierungskosten eine derartige Höhe erreichen, dass sie im Vergleich zu den geringen Einsparungen völlig unverhältnismäßig erscheinen.

 

Zur Durchführung der Zusammenlegung bedarf es unter anderem der Einsetzung eines Überleitungsausschusses, der Vergabe von externen Verträgen zur Begleitung der Umstrukturierung, Personalaufwendungen (zB Aufwendungen für Bedienstete, die mit fusionsbedingten Arbeiten betraut sind; Schulungskosten), Sachaufwand (zB Beratungsleistungen, enorme Adaptierungen im IT-Bereich und im Corporate Design sowie Übersiedlungskosten) und Investitionskosten (zB Umbaumaßnahmen, EDV-Erweiterungen; WFA 329 BIgNR 26. GP 1). Ebenso fallen Kosten in Zusammenhang mit Honoraren für die Begleitung durch externe Berater, Abfindungen für ehemalige Vorstände, einer Reduktion des Anbieterkreises bei diversen Anschaffungen (fehlender Anreiz Rabatte einzuräumen), der Ausstellung neuer Krankenversicherungskarten, Zusatzkosten für Fortbildungen, erhöhten Reisekosten und Kosten für einen einheitlichen Ärztevertrag (bei diesem Punkt ist laut Experten der AK mit 500 Millionen EUR zu rechnen) an (Prüfbericht des Bundesrechnungshofs zur freiwilligen Vereinigung von Krankenkassen der gesetzlichen Krankenversicherung, 14.01.2011). Erst kürzlich ging aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung der BMASGK hervor, dass mit Fusionskosten in Höhe von 400 Millionen EUR zu rechnen sein wird (Parlamentarische Anfragebeantwortung 15.07.2019 zu 3594/J, 3553/AB). Außerdem fallen bereits zum jetzigen Zeitpunkt durch Verzögerungen und Umplanungen bei aktuellen Bauprojekten Fusionskosten in Millionenhöhe an.

 

Darüber hinaus sei angemerkt, dass der Aufwand im Zusammenhang mit Fusionen mit der Anzahl an Versicherten in einer Kasse ansteigt. Denn während bei einer Fusion einer kleinen und einer großen Kasse die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass der Aufbau, die Organisation und die Abläufe der großen Kasse einfach in die fusionierte Kasse übernommen werden können, ist dies bei einer Fusion von größeren Kassen wesentlich komplizierter. Hier sind im Regelfall neue Aufgaben- und Organisationsstrukturen aufzubauen (Schneider/Jenewein, Fusion 32). Sogar hinsichtlich der Zusammenlegung der SVA und der SVB (sohin bloß zweier Versicherungsträger) werden nur für das erste Jahr etwa Fusionskosten in der Höhe von 10,5 Millionen EUR erwartet (siehe etwa Der Standard, Erste Kassenfusion kostet allein heuer 10,5 Millionen Euro, abrufbar unter https://derstandard.at/2000097283679/Erste-Kassenfusion-kostet-allein-heuer-10-5-Millionen-Euro ). Zur erwarteten Höhe der Fusionierungskosten bei der Zusammenlegung der GKKs gehen jedoch weder die WFA noch die Erläuternden Bemerkungen der RV ein.

 

Im Jahr 2003 war es zu einer Fusion der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten gekommen. Der Rechnungshof stellte in seinem diesbezüglichen Bericht fest, dass der Zusammenschluss aufgrund der verlorenen hohen Adaptierungskosten unwirtschaftlich war (Rechnungshof, Fusion der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten, Reihe Bund 2007/8, Punkt 34.4 S 97). Denn es waren hierbei Fusionskosten von über 114,8 Millionen Euro angefallen. Bei dem genannten Zusammenschluss waren lediglich zwei Versicherungsträger beteiligt. Gegenständlich sollen jedoch die neun Gebietskrankenkassen sowie wahrscheinlich die vier Betriebskrankenkassen zu einem einzigen Träger vereinigt werden. Es ist sohin naheliegend, dass die hierfür anfallenden Fusionskosten den Betrag von 114,8 Millionen Euro um ein Vielfaches übersteigen (siehe bereits den von der Arbeiterkammer [Stellungnahme der Bundesarbeiterkammer zum Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG), 49/SN-75/ME 26. GP  3, 7] veranschlagten Aufwand von 500 Millionen EUR nur für die Kosten eines einheitlichen Ärztevertrags).

 

Bei der Prüfung dieser Fusionierung kritisierte der Rechnungshof mehrere Punkte, die zu vermeidbaren Mehraufwendungen an Fusionskosten geführt hatten (Rechnungshof, Fusion der Pensionsversicherungsanstalten 49). Im Zuge der Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten formulierte der Rechnungshof klare Empfehlungen für künftige Fusionen im Sozialversicherungsbereich, um die hieraus resultierenden Kosten niedrig zu halten (Rechnungshof, Fusion der Pensionsversicherungsanstalten 100). Unter anderem nannte er die Notwendigkeit eines Einsparungsauftrags, der hinsichtlich Zeitbezug und Höhe eindeutig definiert ist, eine klare Definition und konkrete Zielvorgaben hinsichtlich des Fusionsaufwands sowie dessen Erfassung und die Aufstellung einer Kosten-Nutzen-Berechnung zur Entscheidung über die Ausgestaltung der regionalen Verwaltungsstrukturen. All diesen Erfordernissen entspricht die gegenständliche Fusionierung nicht. Nach Ansicht des Rechnungshofs weist die gegenständliche Fusionierung sohin dieselben Problemfelder, wie jene der Pensionsversicherungsanstalt auf (35/SN-75/ME 9 ).

 

Bereits hieraus ist zu schließen, dass eine ordnungsgemäße Berechnung der Fusionskosten tatsächlich nicht stattgefunden hat und diese (auch in einer Gesamtbetrachtung) in keinem Verhältnis zu den angedachten Vorteilen der Zusammenlegung stehen.

 

b. Mehrkosten durch die Zusammenlegung

 

Durch die Fusionierung werden nicht nur die erhofften Ziele nicht erreicht und es entstehen hierbei Fusionskosten, sondern auch nach der Zusammenlegung fallen höhere Kosten an, die bei Beibehaltung der Gebietskrankenkassen nicht entstanden wären.

 

(i) Verwaltungskosten werden steigen

 

Die Annahme, durch die Fusionierung könnten Mehrgleisigkeiten in der Verwaltung der einzelnen Gebietskrankenkassen beseitigt und auf diese Weise (Verwaltungs-)kosten eingespart werden, ist in dieser Absolutheit nicht richtig. Einerseits ist – wie bereits in Punkt 2.2.a dargelegt – eine Einsparung in der in den Materialien genannten Höhe gar nicht möglich. Darüber hinaus ist zu beachten, dass durch die Zusammenlegung auch langfristig neue Kosten entstehen; die Verwaltungskosten also nicht nur nicht gesenkt werden, sondern sogar ansteigen. Dies zeigt etwa das Beispiel der Zusammenlegung von steirischen Gemeinden im Jahr 2015 (siehe hierzu auch VfSlg 19.894/2014): Nach der Zusammenlegung sind in 91 % der Gemeinden die Verwaltungskosten gestiegen. Die Verwaltungskosten pro Kopf erhöhten sich nach der Fusionierung vom Jahr 2016 auf 2017 pro Kopf um 1,5 %. Einsparungen konnten in den ersten drei Jahren nach der Gemeindestrukturreform sohin nicht verzeichnet werden (Addendum Wie viel Reform bleibt von der Partnerschaft? abrufbar unter https://www.addendum.org/gemeindefusionen/kaum-einsparungen/ ).

 

Bezüglich der Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten konnte das Einsparungsziel bei den Verwaltungskosten ebenso nicht erreicht werden (Rechnungshof, Fusion der Pensionsversicherungsanstalten 58). Dabei wären Einsparungen von Verwaltungskosten im Rahmen dieser Fusionierung zumindest möglich gewesen. Denn vor der Fusionierung waren in der Regel an jeder Landeshauptstadt zwei Landesstellen vorhanden gewesen. Diese Doppelgleisigkeit auf regionaler Ebene hätte im Rahmen einer Zusammenlegung tatsächlich Einsparungsmöglichkeiten denkbar erscheinen lassen (zB durch Reduktion des Kundenservice-Bereichs auf einen pro Landeshauptstadt, Reduktion auf bloß ein Gebäude etc). Gegenständlich ist ein solches Einsparungspotential jedoch bereits dem Grunde nach nicht gegeben. Denn die vier BKKs und die neun GKKs weisen keinerlei regional überschneidende Strukturen auf, wo an einem Standort zwei oder mehr Services gebündelt werden könnten.

 

Ebenso zeugt die Kassenfusionierung in Deutschland von einem fusionsbedingten Anstieg der Verwaltungskosten. In den Jahren 2007 bis 2009 war es dort gleich mehrfach zu Zusammenlegungen gekommen, die vom deutschen Bundesrechnungshof überprüft wurden (vgl dazu auch Platzer, RPG 2018, 47 ff). Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die Einsparungsziele der Fusionierung – dieselben wie gegenständlich – vielfach nicht erreicht werden konnten und hob die Wichtigkeit eines aussagekräftigen Fusionskonzepts hervor (Deutscher Bundesrechnungshof, Kapitel 1502 Titel 636 06, Bemerkung Nr 70). Der deutsche Bundesrechnungshof führte in seinem Bericht weiters aus, dass bei fünf von sechs untersuchten Fusionen die Netto-Verwaltungskosten nach der Fusion über den Verwaltungskosten der bisherigen Krankenkassen lagen; die Steigerung betrug bis zu 18 %. Vier von sieben Krankenkassen konnten ihre Netto-Verwaltungskosten in den drei auf das Fusionsjahr folgenden Jahren nicht senken. In einem Fall stiegen die Netto-Verwaltungskosten in diesem Zeitraum um 20 % (bundesweiter Anstieg 2 %). Den Verwaltungsausgaben stehen nämlich zusätzlich aus der Fusion resultierende Mehrausgaben gegenüber, sodass Fusionen nicht zwangsläufig zu wirtschaftlichen Vorteilen führen (Prüfbericht des Bundesrechnungshofes zur freiwilligen Vereinigung von Krankenkassen der gesetzlichen Krankenversicherung, 14.01.2011).

 

Hinzu kommt, dass die Verwaltungskosten der Betriebskrankenkassen aufgrund der Leistungspflicht der Betriebsunternehmer (§445 ASVG) bislang keinerlei Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Kasse hatte. Durch die Fusionierung muss der Anteil der Verwaltungskosten der Betriebskrankenkassen nun erstmals von der Kasse selbst aufgebracht werden. Hierdurch kommt es jedenfalls zu einer enormen Steigerung: Von 0 % Kostenbelastung für den Versicherungsträger zu 100 %.

 

(ii) Streichung des besonderen Pauschbetrags bei Beibehaltung der Vorleistungspflicht der Krankenversicherung für Arbeitsunfallopfer

 

§319a ASVG sieht einen 'besonderen Pauschbetrag' vor, mit dem wechselseitige Ersatzansprüche zwischen Unfall- und Krankenversicherungsträgern abgegolten werden sollen.

 

Der wirtschaftliche Hintergrund dieser Regelung stellt sich wie folgt dar: Zwischen den Zuständigkeitsfeldern der Unfallversicherung und der Krankenversicherung andererseits bestehen im Grenzbereich Überschneidungen: Die Unfallversicherung (UV) versorgt in ihren sieben Unfallkrankenhäusern (stationär und ambulant) auch Nicht-UV-Leistungsfälle, also etwa verunfallte Kinder und Pensionisten, Opfer von außerbetrieblichen Verkehrs-, sowie Freizeit- und Sportunfällen. Umgekehrt versorgt die Krankenversicherung (KV) alle Opfer von Arbeitsunfällen und Patienten von Berufskrankheiten, die nicht in eines der sieben Unfallkrankenhäuser eingeliefert werden, sondern über das von der KV finanzierte öffentliche Spitalswesen sowie über das niedergelassene Vertragsarztsystem versorgt werden. Die einzelnen Versicherungsträger erbringen daher Leistungen, die bei richtiger Zurechnung ein jeweils anderer Versicherungsträger erbringen müsste. Die wechselseitige Pauschalverrechnung dient dabei dem finanziellen Ausgleich der sich wechselseitig aufbauenden Verrechnungen und der administrativen Vereinfachung und der Sicherstellung einer raschen und reibungslosen Versorgung der Versicherten, unabhängig von einer versicherungsrechtlichen Prüfung der jeweiligen Leistungszuständigkeit zwischen Kranken- und Unfallversicherung.

 

Hier kommt es durch die Neuregelung in zweierlei Hinsicht zu Veränderungen: §718 Abs5 ASVG idF BGBI I 100/2018 sieht nun einerseits vor, dass der 'besondere Pauschbetrag' nach §319a ASVG ab 31.12.2022 außer Kraft tritt, und schafft andererseits die zuvor gegebene Valorisierung ab (im Detail Hattenberger in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm §319a ASVG, Rz 6; vgl RV 329 BIgNR 26. GP 13).

 

Gem §319a Abs2 ASVG idF BGBI I 100/2018 beträgt der jährliche Pauschbetrag für die Jahre 2018 bis einschließlich 2022 jeweils (fix und ohne Valorisierung) 209 Millionen EUR. Dies ist eine klare Verschlechterung gegenüber der bisherigen Regelung, und zwar in folgendem Ausmaß:

 

i) Im Jahr 2018 haben die Krankenversicherungsträger tatsächlich 209,0 Millionen EUR erhalten. Wäre der Pauschbetrag – so wie zuvor im ASVG vorgesehen – valorisiert worden, so hätte die Zahlung 234,52 Millionen EUR betragen müssen. Dies ergibt sich aus folgender Tabelle, in welcher – für die Jahre 2014 bis 2018 – die jeweiligen IST-Beträge und jene Beträge angegeben sind, die sich bei Fortführung der Valorisierung ergeben hätten:

 

Die Minderleistungen (insgesamt für alle Krankenkassen) belaufen sich somit auf

 

8,26 Millionen EUR im Jahre 2015

14,22 Millionen EUR im Jahre 2016

18,90 Millionen EUR im Jahr 2017 und

25,52 Millionen EUR im Jahr 2018

 

In Summe beträgt dies für den Zeitraum 2015 bis 2018 bereits 66,90 Millionen EUR, und erhöht sich jährlich weiter.

 

ii) Vom Gesamtbetrag entfallen 0,3795% auf die Erst- bis Viertantragstellerin. Dieser Prozentsatz ist in jährlichen Beschlüssen des Vorstandes des Hauptverbandes festgelegt. Auch der das Jahr 2019 betreffende Antrag vom 22.01.2019 sieht diesen Prozentsatz vor.

 

Vom obigen Gesamtbetrag in Höhe von 66,90 Millionen EUR entfällt daher ein Fehlbetrag von EUR 0,254 Millionen auf die Erst- bis Viertantragstellerin für den Zeitraum 2015 bis 2018, und alleine auf das Jahr 2018 ein Fehlbetrag von 0,097 Millionen. Für das Jahr 2019 (und die Folgejahre) ist ein noch höherer Fehlbetrag zu erwarten, und ab 2023 entfällt der bisherige Pauschbetrag überhaupt zur Gänze. Der Entfall der Valorisierung bzw der Entfall des Pauschbetrages ab 2023 führt daher zu einem entsprechenden, auch konkret wie oben berechnet bezifferbaren Schaden für die Erst- bis Viertantragstellerin (siehe dazu auch Punkt IV).

 

c. Verschlechterung der Leistungen für die Versicherten

 

Ein weiterer, außerordentlich gewichtiger, Nachteil der Fusionierung liegt in einer dadurch bedingten Verschlechterung der Leistungen für die Versicherten.

 

Durch die Fusionierung der Betriebs- und Gebietskrankenkassen kommt es zu einer Zusammenfassung sämtlicher unselbstständig Erwerbstätiger und sonstiger nach dem ASVG Versicherter in einem einzigen Versicherungsträger. Dieser umfasst 7,2 Millionen Versicherte, was 82 % der Bevölkerung Österreichs ausmacht. Sämtliche Entscheidungen für diese Versicherten werden fortan auf zentraler Ebene getroffen. Dies geschieht gemäß der Regierungsvorlage auch durch die Zusammenführung der bestehenden Organe zum Verwaltungsrat. Diesem obliegt grundsätzlich die Geschäftsführung der ÖGK (§432 ASVG idF BGBl I 100/2018). Zu seinen Kompetenzen zählen unter anderem der Abschluss des Gesamtvertrags; ihm kommt auch die Budget- sowie Personalhoheit zu (RV 329 BIgNR 26. GP 2).

 

Bislang lagen diese Kompetenzen der ÖGK bei den Betriebskrankenkassen (zwar schlossen nicht sie selbst, sondern der Hauptverband für sie die Gesamtverträge ab, allerdings waren die BKKs Vertragspartner). Diesen kam die Stellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zu; als solche verfügten sie über Rechtspersönlichkeit (§§23, 32 ASVG aF). Sie hoben die Versicherungsbeträge ein und verfügten über Budgethoheit und waren Vertragspartner der Gesamtverträge (§341 ASVG aF).

 

Durch die vollständige Auflösung der Betriebskrankenkassen verfügen deren Versicherte in der ÖGK über keinerlei Vertreter, die sich für deren spezifische Situation einsetzen.

 

(i) Nur durch BKKs Wahrnehmung der Interessen ihrer Versicherten möglich

 

Die bisherige Regelung der Betriebskrankenkassen ermöglichte es, spezifisch und individuell auf die Bedürfnisse der Versicherten des jeweiligen Betriebes einzugehen. Dies war insbesondere aufgrund der geringen Anzahl der Versicherten pro BKK möglich (insgesamt 29.634 Versicherte bei der Erst- bis Viertantragstellerin, davon 12.910 bei der Erstantragstellerin, 10.151 bei der Zweitantragstellerin, 4.092 bei der Drittantragstellerin und 2.481 bei der Viertantragstellerin), aber auch wegen der betrieblich bedingten räumlichen Nähe der Krankenkasse zum Versicherten. Die Liegenschaften, auf denen sich die Verwaltungsgebäude der Versicherten befinden, liegen zumeist/stets am Betriebsgelände. Hierdurch kann ein persönlicher Kontakt und Austausch mit den Versicherten gewährleistet werden. Diesen werden einerseits lange Wegzeiten zur Erledigung von Anträgen, Einreichungen etc erspart und dadurch auch die Fehlzeiten im Betrieb gering gehalten. Auf der anderen Seite kann durch die Pflege des persönlichen Kontakts auf die spezifischen Bedürfnisse (selbstverständlich im Rahmen der rechtlichen Regelungen), sogar des einzelnen (!) Versicherten, Rücksicht genommen werden. Dies äußert sich etwa in der unbürokratischen und schnellen Behandlung dringender Anliegen, als auch in der Möglichkeit, in gewissen Fällen Kulanz zu zeigen. Darüber hinaus kann durch den engen Kontakt zwischen ärztlichem Dienst, Arbeitsmedizin, Betriebsräten und Abteilungsleitern bei einem krankheitsbedingten Arbeitsplatzwechsel rascher reagiert werden und so im besten Fall ein Krankenstand verkürzt und Folgeerkrankungen vermieden werden.

 

Da bei den BKK die Verwaltungskosten von den Betriebsunternehmern getragen werden, stehen aus den Beiträgen höhere finanzielle Mittel zur Verfügung. Dadurch ist es den Betriebskrankenkassen möglich, ihr Leistungsangebot spezifisch auf ihre Versicherten anzupassen. Ebenso verfügen die Erst- bis Viertantragstellerin über ein zusätzliches Leistungsangebot. So eröffnete die Zweitantragstellerin etwa ein eigenes Zahnambulatorium für ihre Versicherten und die Erstantragstellerin ein physikalisches Ambulatorium an zwei Standorten, in dem unter anderem Massagen, Physiotherapie und Gesundheitsprogramme angeboten werden. Die Drittantragstellerin bezahlt ihren Versicherten unter bestimmten Voraussetzungen 14-tägige Erholungsaufenthalte als Vorsorgemaßnahme. Die Viertantragstellerin ist stark in der betrieblichen Gesundheit engagiert, die auf die Betriebsunternehmen abgestimmt ist.

 

Trägerübergreifend wurde eine psychologische Beratungsstelle eingerichtet, die – im Unterschied zum öffentlichen Angebot – schnelle und unkomplizierte Hilfe leistet. Die Beratungsstelle ist als Erstberatung konzipiert und vermittelt die Versicherten im Bedarfsfall direkt an die jeweilig kompetente Einrichtung weiter.

 

Ein weiterer gewichtiger Vorteil der Betriebskrankenkassen gegenüber dem System der GKKs oder der ÖGK liegt in der Besetzung der Verwaltungsorgane. Zwar werden diese – ebenso wie jene der GKKs – grundsätzlich von der Wirtschaftskammer bzw der Bundesarbeitskammer entsendet. In der Praxis wird den gesetzlichen Interessensvertretungen jedoch ein personeller Vorschlag unterbreitet, der im Regelfall angenommen wird (vgl §421 Abs1b ASVG aF). Bei den Versichertenvertreter[n] handelt es sich als Resultat ausschließlich um Personen, die ein Naheverhältnis zum Betrieb aufweisen und mit den Gegebenheiten und Bedürfnissen der Versicherten bestens vertraut sind. So sind die Versichertenvertreter zumeist Betriebsräte oder Geschäftsführer oder leitende Angestellte. Auch auf diese Weise kann eine Versichertennähe – und sohin ein exakt auf die Bedürfnisse der Versicherten abgestimmtes Leistungsangebot – erreicht werden.

 

Zuletzt wird auch nochmals auf die Tatsache hingewiesen, dass die Verwaltungskosten der BKKs vom Betriebsunternehmer aufgebracht werden. Hierin liegt ein enormer Vorteil für die Versicherten, der jene der GKKs (bzw der künftigen ÖGK) nicht zukommt. Den Versicherten der BKKs stehen sohin im Vergleich mit anderen Krankenversicherungsträgern mehr finanzielle Mittel zur Verfügung.

 

(ii) Zentrale ÖGK wird bedeutender Rolle der bisherigen BKKs nicht gerecht

 

Die Rolle der Betriebskrankenkassen geht weit über die einer reinen Sozialversicherung, die Leistungsanträge von Versicherten prüft und in der Folge Leistungen gewährt oder ablehnt, hinaus. Wie bereits oben ausgeführt, ist es den BKKs durch ihre örtliche und inhaltliche Nähe zum Betrieb und den Versicherten möglich, auf spezifische Anforderungen im jeweiligen Betrieb individuell einzugehen. Die Erst- bis Viertantragstellerin sind intensiv in der betrieblichen Gesundheit engagiert, die auf die Betriebsunternehmen abgestimmt ist. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen den BKKs und den Betriebsunternehmern konnte nicht nur den Dienstnehmern eine bessere und zielgerichtete Versorgung im Einzelfall gewährt werden, sondern auch die Krankenstandquote deutlich reduziert werden.

 

Diese Abstimmung der Leistungen auf die Bedürfnisse im einzelnen Betrieb kann die zentrale ÖGK nicht erreichen, was zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Situation für die Versicherten der BKKs führt.

 

(iii) Zentrale ÖGK führt zu weniger Verantwortlichkeit und damit zu einer Verschlechterung der Leistungen

 

Ein weiterer Aspekt, weshalb es durch die Fusionierung zu einer Verschlechterung der Leistung kommt, ist jener, dass durch Zentralisierung weniger Verantwortlichkeit entsteht. Denn im Rahmen einer zentralen Organisation geht die Möglichkeit eines Vergleichs der einzelnen Krankenkassen miteinander verloren. Ein solcher ist jedoch in einer dezentralen Struktur zum Setzen von Anreizen für Veränderungen und Innovation unbedingt notwendig und führt zu Effizienzsteigerungen. Darüber hinaus sind die derzeit bestehenden Unterschiede zwischen den BKKs und GKKs auch insofern für eine Leistungsverbesserung von Bedeutung, als sich aufgrund dieser Unterschiede im Rahmen eines Benchmarking Rückschlüsse etwa auf die Effizienz der einzelnen Kassen ziehen lassen. Dadurch können wertvolle Ergebnisse für eine laufende Verbesserung des Systems als Ganzes gewonnen werden. Als Folge der Fusionierung werden derartige Unterschiede künftig nicht mehr bestehen, sodass auch keine Möglichkeit mehr besteht, durch Vergleiche laufend Verbesserungen herbeizuführen (Schneider/Jenewein, Fusion 39 f mwN).

 

Des Weiteren kann bei kleineren Kassen eine deutlich größere soziale Kontrolle über die in Anspruch genommenen Leistungen bestehen, weil sich diese kleineren Kassen in einem weniger anonymen Umfeld bewegen bzw die Identifikation der Versicherten mit 'ihrer' Krankenkasse entsprechend hoch ist (Riedler im Gespräch mit Ulrich, Experteninterview: Fusionierung von Krankenkassen, ZGP 2013, 56, 58). Auch die Tendenz, den Verwaltungsapparat aufgrund von bürokratischen Eigendynamiken laufend zu vergrößern, ist bei kleinen Kassen im Vergleich zu einer großen Kasse deutlich geringer, was zu eher geringeren Verwaltungskosten führt (Schneider/Jenewein, Fusion, 26).

 

(iv) Ergebnis

 

Die Auflösung der Betriebskrankenkassen führt aus den genannten Gründen zu einer Verschlechterung der Leistungen an die Versicherten. Es kommt durch die Fusionierung sohin auch bezüglich der Leistungen zu einer Verschlechterung, sodass von einer sachlichen Rechtfertigung des Zusammenschlusses keinesfalls gesprochen werden kann.

 

d. Zusammenlegung führt zu einer Vielzahl an weiteren Sachwidrigkeiten

 

Die Zusammenlegung führt zu einer Vielzahl an weiteren Sachwidrigkeiten, die nachfolgend kurz erläutert werden. Einige dieser Aspekte werden als eigenständige Verfassungswidrigkeit geltend gemacht. Doch selbst wenn der VfGH die Ansicht vertritt, dass die jeweiligen nachstehenden Regelungen nicht verfassungswidrig sind, so zeugen sie dennoch von einer groben Nachteiligkeit der Fusionierung, sodass diese – vor dem Hintergrund des Art7 B‑VG – jedenfalls nicht als sachlich gerechtfertigt erscheint.

 

(i) Änderung der Organstruktur

 

Nach Art120a ff B‑VG braucht es mehrere Organe in der Selbstverwaltung, die einerseits die Geschäftsführung und andererseits die Kontrollfunktion ausüben.

 

Durch die gegenständliche Novelle werden allerdings gemäß den Materialien die bislang bestehenden Selbstverwaltungsgremien Vorstand, Generalversammlung und Kontrollversammlung in einem Organ zusammengeführt (RV 329 BIgNR 26. GP 2). §419 ASVG idF BGBI I 100/2018 normiert, dass als Verwaltungskörper der Versicherungsträger der Verwaltungsrat, die Hauptversammlung und die Landesstellenausschüsse am Sitz der Landesstellen bestehen.

 

Die bisherige Kontrollversammlunq hat neben der gesamten Gebarung des Versicherungsträgers auch die Buch- und Kassenführung sowie den Rechnungsabschluss zu überprüfen (§436 ASVG aF). Die Sitzungen der Verwaltungskörper der Erst- bis Viertantragstellerin fanden am gleichen Tag statt, wobei zunächst der Vorstand, dann die Kontrollversammlung und zuletzt die Generalversammlung tagte – dies jeweils viermal jährlich und zusätzlich bei besonderem Bedarf. So waren zeitnahe Entscheidungen garantiert und ein 'Entscheidungsstau', der zu Mehrkosten führen würde (zB im Baubereich durch die laufende Preisentwicklung und das Termingeschäft) wurde auf diese Weise vermieden. Die neu geschaffene Hauptversammlung hingegen soll lediglich zweimal im Jahr zusammenkommen (§433 Abs1 ASVG idF BGBI I 100/2018). Die Kontrollfunktion kann in dieser Form nicht adäquat ausgeübt werden. Überdies ist mit Verzögerungen bei wichtigen Entscheidungen zu rechnen.

 

Zwar sieht das SV-OG eine Ausweitung der Aufsichtskompetenzen der BMASGK als Aufsichtsbehörde auch im Zusammenhang mit der Gebarungskontrolle vor, doch kann diese eine interne Überprüfung wie sie durch die Kontrollversammlung eingerichtet war, nicht ersetzen. Durch §436 Abs1 ASVG aF war eine ständige Überwachung (nicht nur eine nachgehende Kontrolle) der Gebarung vorgesehen (Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm §437 ASVG Rz 4). Diese ermöglichte dem Sozialversicherungsträger, Missstände zeitgerecht und intern in eigener Verantwortung zu erkennen und zu beheben. Die Gebarungskontrolle durch die Aufsichtsbehörde ist im Grundsatz als nachträgliche Kontrolle mit dem Recht der BMASGK auf Aufhebung der Beschlüsse der Verwaltungskörper (§449 Abs1 letzter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018) eingerichtet und kann daher nicht die ständige Kontrolle durch ein selbstverwaltungsinternes Organ ersetzen.

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf die komplette und ersatzlose Beseitigung der Bestimmungen im bisherigen §436 ASVG ('Aufgaben der Kontrollversammlung') hinzuweisen. Die genannte Regelung sah die für diese Kontrollfunktion erforderlichen Rechte des Kontrollorgans vor, insbesondere das Recht auf Einsichtnahme, Beleg- und Unterlageneinsicht, Auskunftspflichten für das Management und vieles mehr. Der Gesetzgeber erachtete es bisher als erforderlich, solche Klarstellungen auf gesetzlicher Ebene zu verankern, um die Selbstverwaltung überhaupt dazu zu befähigen, in so großen und komplexen Organisationen wie den Sozialversicherungsträgern ihre Kompetenzen in Geschäftsführung und Kontrolle wahrnehmen zu können, und nicht (nur) vom hauptamtlichen Büro bzw Management abhängig zu sein. Die ersatzlose Streichung dieser in der Praxis bedeutsamen Rechte verstärkt den Eindruck, dass die Selbstverwaltung in der ÖGK nicht mehr die wesentlichen Agenden in Geschäftsführung und Kontrolle haben wird, sondern in ihrer Rolle gegenüber dem Management stark zurückgedrängt wird, was auch ihre theoretisch weitreichenden Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse in der Praxis ins Leere laufen lässt. Man stelle sich hier etwa die Effektivität der (abstrakten) parlamentarischen Kontroll- und Untersuchungsrechte ohne entsprechende konkrete (verfassungs-)gesetzliche Bestimmungen vor.

 

(ii) Drohende Monopolstellung der ÖGK bezüglich Heilbehelfen und Hilfsmitteln

 

Gem §133 ASVG (aF und nF) umfasst die Krankenbehandlung neben ärztlicher Hilfe auch Heilmittel und Heilbehelfe. §137 ASVG (aF und nF) enthält die Voraussetzungen, unter denen der Versicherungsträger die Kosten für Heilbehelfe zu übernehmen hat. Die Bereitstellung von Heilbehelfen an den Versicherten erfolgt über Vertragspartner. Solche Verträge können als Gesamtverträge gem §349 Abs3 ASVG oder in Ermangelung einer zuständigen gesetzlichen berufliche[n] Vertretung als Einzelvertrag abgeschlossen werden. Auch wenn Gesamtverträge nach bisheriger Rechtslage durch den Hauptverband abgeschlossen wurden, so war dennoch die jeweilige BKK Vertragspartner, die dem Gesamtvertrag auch zustimmen musste (§341 Abs1 ASVG aF).

 

Durch die Auflösung der BKKs und deren Fusionierung zur ÖGK sind solche Gesamtverträge nur mehr mit der ÖGK abzuschließen. Dadurch wird jedoch die Verhandlungsposition der ÖGK gestärkt, ist sie schließlich im Bereich der Krankenversicherung der einzig mögliche Vertragspartner. Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage kommt ihr sohin quasi Monopolstellung zu. Eine solche Monopolstellung ist jedoch in Hinblick auf die Vertragspartner unsachlich.

 

3. Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Selbstverwaltung (Art120a B‑VG)

 

Gemäß Art120a Abs1 B‑VG können Personen zur selbständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse gelegen und geeignet sind, durch sie gemeinsam besorgt zu werden, durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern zusammengefasst werden (grundlegend VfSlg 8215/1977). Erforderlich ist dabei das Vorliegen beider Elemente und damit eine eindeutige Gruppenbezogenheit der Verwaltungsaufgaben im Hinblick auf die Mitglieder der Selbstverwaltung (VfSlg 18.548/2008).

 

Innerhalb des Kreises der Versicherten muss sohin eine Interessenparallelität herrschen (VfSlg 19.919/2014). Daraus folgt, dass – ausgehend vom Wirkungsbereich eines Selbstverwaltungskörpers – nur solche Personen in einem Selbstverwaltungskörper zusammengefasst werden dürfen, die im Hinblick auf diesen Wirkungsbereich in gleicher Weise betroffen sind. Bei der sachgerechten Abgrenzung der umfassten Personen kommt dem Gesetzgeber ein gewisser Gestaltungsspielraum zu; dieser ist allerdings durch den Gleichheitsgrundsatz und das Sachlichkeitsprinzip begrenzt. Beim Vorliegen der Voraussetzung des 'gemeinsamen Interesses' kommt es auf die tatsächlichen wirtschaftlichen, finanziellen, sozialen oder sonstigen Interessen zusammengefasster Personen an (Rill/Stolzlechner in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 6. Lfg (2010), Art120a B‑VG Rz 17).

 

Die dem Selbstverwaltungskörper vom Gesetzgeber zugewiesene Aufgabe muss weiters geeignet sein, durch die im Selbstverwaltungskörper zusammengefasste Personen besorgt zu werden (VfSlg 19.885/2014). Hierbei ist darauf abzustellen, ob der betreffende Selbstverwaltungskörper dazu über ausreichende Ressourcen (Personal, Finanzmittel, Räumlichkeiten etc) verfügt (Rill/Stolzlechner in Rill/Schäffer, Art120a B‑VG Rz 18). Die Eignung der Angelegenheit ist sohin zur Leistungsfähigkeit des Selbstverwaltungskörpers in Beziehung zu setzen (VwSlg 7348/A). Die Aufgabe der Krankenversicherung liegt primär in der Erbringung jener Leistungen, die der Versicherte benötigt und auf die er einen Anspruch hat.

 

Hinsichtlich der Versicherten der ÖGK ist es bereits fraglich, ob ein 'überwiegendes gemeinsames Interesse' vorliegt. Denn durch die Fusionierung sind 80 – 85 % der Gesamtbevölkerung in der ÖGK zusammengefasst. Insbesondere bestehen unterschiedliche Bedürfnisse und somit Interessen hinsichtlich des Leistungsangebots. Denn wie in Punkt III.2.3.c ausgeführt, sind hinsichtlich der Versicherten der Erst- bis Viertantragstellerin verschiedene Leistungsangebote erforderlich. Dennoch überträgt der Gesetzgeber der ÖGK die Aufgabe, für sämtliche Versicherte das Leistungsangebot zu regeln. Die Zusammenfassung fast der ganzen Bevölkerung Österreichs zur ÖGK führt sogar dazu, dass die Interessen der Versicherten gegenläufig sind. Denn wenn sich die ÖGK etwa zum Ausbau des Leistungsangebots in einem bestimmten Bereich entscheidet, so werden hierfür finanzielle Mittel aufgewendet, die durch Beiträge sämtlicher Versicherten aufgebracht wurden. Die zugewiesenen finanziellen Mittel werden sohin nur für diesen Bereich verwendet, nicht jedoch für einen anderen, an dem eine andere Versichertengruppe ein vielleicht sogar größeres Interesse hätte. Im Gegensatz dazu werden bei den Betriebskrankenkassen die Beiträge zur Gänze für Leistungen an die Versicherten verwendet und so Vorteile sowohl für Dienstnehmer als auch für Dienstgeber erzeugt. Die höheren finanziellen Mittel ermöglichen es den BKKs bessere Leistungen für die Versicherten und eine geringere Krankenstandquote zugunsten der Dienstgeber zu erreichen.

 

Die Aufgabe der Krankenkasse ist bereits aus diesem Grund nicht geeignet, zentral durch die ÖGK besorgt zu werden. Darüber hinaus ist die ÖGK aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung nicht fähig, die Leistungen zu erbringen; das Gesetz ermöglicht schließlich keine ausreichende Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen innerhalb dieser – äußerst großen und vielfältigen – Versicherten-'Gemeinschaft'.

 

Ebenso ist durch die Zugehörigkeit sämtlicher ehemaliger GKK-Versicherter zur ÖGK deren demokratische Legitimation nicht mehr gewährleistet (im Detail siehe Punkt V; vgl Lachmayer/Öhlinger, Verfassungsrechtliche Fragen zur Errichtung einer Österreichischen Gesundheitskasse, in Berka/Th. Müller/Schörghofer (Hrsg), Die Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich. Verfassungsrechtliche Grundprobleme, 2019, 50 f).

 

Angemerkt sei auch, dass sämtliche Fusionierungen, die bislang vom VfGH auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft wurden, die Zusammenlegung von gleichartigen Körperschaften zu einer größeren, jedoch wieder gleichartigen Körperschaft zum Gegenstand hatten. So handelt es sich etwa bei Gemeindezusammenlegungen um die Fusionierung von sich in der Struktur und dem inneren Aufbau völlig gleichenden Selbstverwaltungskörpern; sie verfügen über dieselben Organe, die nach denselben Grundsätzen gebildet werden (vgl etwa VfSlg 19.894/2014 mwN). Auch nach der Zusammenlegung blieb diese Struktur gleich. Dahingegen weist die ÖGK im Vergleich zu den GKKs und den BKKs eine grundlegend andere Struktur auf. Auch die fusionierten Versicherungsträger selbst (BKK - GKK) sind gänzlich anders organisiert.

 

Ebenso verstößt die Fusionierung gegen das Subsidiaritätsprinzip. Dieses bildet den Kern der Selbstverwaltung: Eine kleinere Einheit soll Aufgaben, die nur sie selbst betreffen, auch selbst besorgen (Öhlinger, Die Verankerung von Selbstverwaltung und Sozialpartnerschaft in der Bundesverfassung, JRP 2008, 186, 189; Cerny, Gedanken zur sozialen Selbstverwaltung, DRdA 2018, 296). Zwar bezieht sich dieses Prinzip im Grunde auf das Verhältnis zwischen Selbstverwaltungskörper und Staat. Allerdings ist es auch auf die Größe des Selbstverwaltungskörpers anwendbar. Solange sich die gemeinsamen Interessen von Personen auch auf kleinerer Ebene (dh mittels Betriebskrankenkassen) regeln lassen und bei einer Zusammenfassung sämtlicher BKK und GKK-Versicherten auch das gemeinsame Interesse weniger wird, muss die Selbstverwaltung auch auf regionaler Ebene stattfinden.

 

4. Zur Verfassungswidrigkeit der Einrichtung des Überleitungsausschusses (§§538u, 538v, 538w ASVG idF BGBI I 100/2018)

 

Wie soeben ausführlich erläutert ist die Zusammenlegung der Betriebskrankenkassen zur ÖGK verfassungswidrig. Aus diesem Grund ist auch die Bildung eines Überleitungsausschusses verfassungswidrig; diese bereiten schließlich eine sachwidrige Zusammenlegung vor und sind verfassungswidrig zusammengesetzt (Punkt V, VI).

 

[…]

 

VII. Zur Verfassungswidrigkeit des §718 Abs8a, Abs9 ASVG ('Übergang des Vermögens')

 

1. Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art7 B‑VG, Art2 StGG)

 

Die gegenständliche Verfassungswidrigkeit wird vom Fünftantragsteller geltend gemacht.

 

1.1 Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte

 

Die Sozialversicherungsträger – sohin auch die Erst- bis Viertantragstellerin – haben das unter anderem aufgrund der Beitragsleistungen ihrer Versicherten (sohin auch des Fünftantragstellers) erwirtschaftete Vermögen nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder (sonst) zulässigen Zwecke zu verwenden (§81 ASVG aF und nF). Soweit ein Versicherungsträger Rücklagen bildet (Rebhahn, Finanzierungsverantwortung des Bundes für die Gesetzliche Krankenversicherung, 2008, 4) sind diese grundsätzlich zur Deckung der Leistungsansprüche seiner Versicherten heranzuziehen (vgl Kahl/Wimmer, Zur Finanzierung von Krankenkassen und zur Verwendung von Beitragseinnahmen, RdM 2012, 249, 250 f). Sohin sind sämtliche Finanzmittel für die Sozialversicherungsträger zweckgebunden. Sie stehen zwar im Eigentum des Sozialversicherungsträgers, dieser hat sie jedoch im Sinne der in ihm zusammengefassten Personengruppe 'treuhändig' zu verwalten (Öhlinger/Lachmayer, Verfassungsrechtliche Fragen bei Errichtung einer bundesweiten Gebietskrankenkasse, Rechtswissenschaftliches Fachgutachten 30.10.2017, 37). Die Versicherten haben sohin ein verfassungsrechtlich geschütztes (siehe sogleich) Interesse daran, dass die ua durch ihre Beiträge aufgebrachten finanziellen Mitteln (sohin auch Rücklagen) auch ihnen zu Gute kommen (Rebhahn, Finanzierungsverantwortung 31).

 

Allerdings wird dieses Vermögen künftig nur noch in sehr eingeschränktem Ausmaß den Versicherten der Erst- bis Viertantragstellerin zur Verfügung stehen – einen Rechtsanspruch auf dieses 'Ersparte' gibt es nicht mehr (§718 Abs8a ASVG idF BGBI I 100/2018). Lediglich im Falle der Schaffung von betrieblichen Gesundheitseinrichtungen würde das Vermögen der ehemaligen BKK bei dieser Einrichtung verbleiben (§718 Abs8a ASVG idF BGBl I 100/2018). Allerdings handelt es sich diesfalls weder um einen Krankenversicherungsträger, noch um einen Selbstverwaltungskörper, sodass de facto nicht von einer 'Wahlmöglichkeit' der BKK zwischen betrieblicher Gesundheitseinrichtung und Fusionierung zur ÖGK gesprochen werden kann (siehe hierzu bereits Punkt III.2.1). Hinzu kommt, dass zwar die Verfügung über das Vermögen theoretisch der (über Rechtspersönlichkeit verfügendenden) Gesundheitseinrichtung zukäme, diese allerdings in der Praxis sämtliche relevanten Entscheidungen nicht treffen kann. Dies einerseits bereits durch deren fehlende Einbeziehung bei der Verhandlung von Gesamt- und Einzelverträgen, als auch durch entfallende finanzielle Mittel und Zuwendungen wie zB den Belastungsausgleich der Krankenversicherungsträger für Anstaltspflege.

 

Durch die Fusionierung und dem damit zusammenhängenden Untergang der Rechtspersönlichkeit der Erst- bis Viertantragstellerin wird deren Vermögen, bestehend aus Allgemeiner Rücklage (Erstantragstellerin 2018: 22,3 Millionen EUR; Zweitantragstellerin: 20,9 Millionen EUR; Drittantragstellerin: 11,6 Millionen EUR; Viertantragstellerin: 14,8 Millionen EUR), Leistungssicherungsrücklage (Erstantragstellerin 2018: 2,7 Millionen EUR; Zweitantragstellerin: 1,9 Millionen EUR; Drittantragstellerin: 0,8 Millionen EUR; Viertantragstellerin: 0,5 Millionen EUR) und Besonderer Rücklage (Erstantragstellerin 2018: 72,5 TEUR; Zweitantragstellerin: 3,7 TEUR; Drittantragstellerin: 5,6 TEUR; Viertantragstellerin: 52,9 TEUR), das in Form von Anlagevermögen wie Immobilien, Mobilien und Wertpapieren iHv insgesamt 65,3 Millionen EUR (Erstantragstellerin 2018: 25,2 Millionen EUR; Zweitantragstellerin: 22,6 Millionen EUR; Drittantragstellerin: 1,9 Millionen EUR; Viertantragstellerin: 15,5 Millionen EUR) vorhanden ist, sohin auf die Rechtsnachfolgerin ÖGK übertragen und kann somit für sämtliche Versicherte der ÖGK verwendet werden. Dieses Vermögen wurde jedoch durch Beiträge der Versicherten und Dienstgeber sowie durch andere Erträge (Rezeptgebühren, e-card Gebühren etc) aus dem 'Verantwortungsbereich' der Erstantragstellerin durch ihre Versicherten und deren Dienstgeber erwirtschaftet. Im Unterschied zur 'Aufteilung' der Rücklagen der GKKs auf sämtliche ÖGK-Versicherten im Zuge der Fusionierung kommt es hinsichtlich des Vermögens der BKKs zu einer noch größeren Vermischung. Denn wie bereits ausgeführt verfügen die Erst- bis Viertantragstellerin jeweils nur über einige (Zehn-)tausende Versicherte. Werden von diesen aufgebrachte Rücklagen auch tatsächlich für sie verwendet, so kommt es zu einem sehr 'treffsicheren' Einsatz dieser finanziellen Mittel: Sie werden genau für jene Personen genutzt, die zu ihrer Bildung beigetragen haben. Bei den GKKs ist die Verwendung bereits auf ein Bundesland bezogen. Im Rahmen der ÖGK würden die von den Versicherten der Erst- bis Viertantragstellerin angesparten Rücklagen dahingegen für völlig andere Personengruppen verwendet werden.

 

Lediglich in §718 Abs9 ASVG idF BGBl I 100/2018 wird vorgesehen, dass der Betriebsunternehmer [z]um Zweck der Aufrechterhaltung des für die Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen der jeweiligen Betriebskrankenkasse zum Zeitpunkt der Auflösung bestehenden Leistungsniveaus jeweils eine Privatstiftung zur Förderung der Gesundheit ihrer Beschäftigten einrichten kann. Dieser Stiftung ist von der jeweiligen Betriebskrankenkasse ein Anteil ihres im Jahresabschluss 2019 ausgewiesenen Reinvermögens zu widmen. Näheres ist durch Verordnung der BMASGK nach Anhörung der Betriebsunternehmer zu regeln, wobei die Höhe des zu widmenden Anteils des Reinvermögens in Abhängigkeit von der Summe der bisher vom Betriebsunternehmer getragenen Verwaltungskosten und dem Alter der Anspruchsberechtigten festzusetzen ist.

 

Gemäß dieser gesetzlichen Regelung kann durch die Stiftung jedenfalls nur ein Teil des Reinvermögens für die Versicherten der BKK gesichert werden. Nicht erfasst sind jedoch andere Vermögenswerte, wie Immobilien oder Anteile an Unternehmen. Darüber hinaus ist die Widmung durch den Staat genauer festzulegen, sodass der Gestaltungsspielraum des Betriebsunternehmers erheblich geschmälert wird. Hinzu kommt, dass sowohl im Zuge der Errichtung der Stiftung (Stiftungseingangssteuer) als auch aufgrund laufender finanzieller Belastungen (etwa KESt) das von den Versicherten der Erst- bis Viertantragstellerin aufgebrachte Vermögen vermindert wird. Durch das Modell der Stiftung steht den Versicherten sohin ein geringerer Betrag zur Verfügung.

 

Die Regelung des §718 Abs9 ASVG ist sohin nicht ausreichend, um den grundsätzlichen Übergang des Vermögens auf die ÖGK zu rechtfertigen.

 

In der soeben dargestellten Rechtslage liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art7 B‑VG). Denn obwohl nur die Versicherten der Erst- bis Viertantragstellerin (sohin auch der Fünftantragsteller) zum Aufbau des Vermögens beigetragen haben, wird dieses nunmehr für sämtliche Versicherten der ÖGK verwendet. Es kommt sohin zu einer verfassungswidrigen Gleichbehandlung, weil auch Personen, die nicht zu dessen Finanzierung beigetragen haben (sohin alle in der ÖGK Versicherten, die zuvor nicht bei der Erst- bis Viertantragstellerin versichert waren) in gleichem Maße von diesem profitieren wie jene, die hierzu einen finanziellen Beitrag geleistet haben.

 

Hierfür liegt auch keine sachliche Rechtfertigung vor. Man könnte insbesondere nicht argumentieren, dass sämtliche Versicherte einer KK jeweils zum Aufbau von Vermögen bzw Rücklagen ihrer KK beigetragen haben, und diese finanziellen Mitteln gesammelt nunmehr allen ÖGK-Versicherten zur Verfügung stehen sollen, sodass die Regelung sachlich gerechtfertigt wäre. Denn nicht alle Krankenkassen haben Rücklagen aufgebaut. Während es der Erst- bis Viertantragstellerin, unter anderem aufgrund von strategischer wirtschaftlicher Entscheidungen gelungen ist, kontinuierlich steigende Rücklagen zu bilden, war dies bei anderen Krankenversicherungsträgern in diesem Umfang nicht immer möglich.

 

Auch der VfGH hat bereits festgehalten, dass es unzulässig ist, Beitragseinnahmen, 'und seien es auch Überschüsse oder Rücklagen', einer Versichertengemeinschaft an eine andere Versichertengemeinschaft zu übertragen, sofern zwischen diesen Versichertengemeinschaften kein persönlicher und sachlicher Zusammenhang besteht (VfSlg 17.677/2005; 17.172/2004; 6039/1969). Der VfGH hat auch bereits ausdrücklich ausgesprochen, dass 'auch im Falle der Bildung einer Solidargemeinschaft aller Krankenversicherungsträger nicht schon der Umstand, dass ein Versicherungsträger Überschüsse besitzt, während ein anderer Versicherungsträger defizitär ist, solche Überweisungen sachlich zu rechtfertigen' vermag (VfSlg 17.172/2004).

 

Zwar liegt gegenständlich nicht bloß eine Übertragung von finanziellen Mitteln eines Versicherungsträgers auf einen anderen vor, sondern diese erfolgt im Rahmen einer Fusionierung. Trotzdem lassen sich die Ausführungen des VfGH auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen. Denn die Verfassungswidrigkeit ist aus dem Blickwinkel der Versicherten zu beurteilen. Diese haben ua durch ihre Beiträge zum Aufbau des Vermögens beigetragen und darauf vertraut, dass dieses wiederum für ihre Krankenversicherung verwendet wird. Durch die Fusionierung geht dieses Vermögen jedoch auf die ÖGK über, sodass es in Folge für sämtliche Versicherten der ÖGK verwendet wird. Jener Teil, der tatsächlich den Versicherten einer BKK zu Gute kommt, ist sohin stark vermindert bzw lässt sich nicht mehr identifizieren. Dies geschieht jedoch unabhängig davon, ob die Erst- bis Viertantragstellerin durch die Fusionierung ihre Rechtspersönlichkeit verliert, oder ob das Vermögen trotz Fortbestand der Erst- bis Viertantragstellerin auf die ÖGK übergeht und sohin einem viel größeren Personenkreis zur Verfügung steht.

 

Es fehlt auch ein personeller (und sachlicher) Zusammenhang, der eine Verwendung der Rücklagen auch für die Versicherungsnehmer anderer BKKs oder GKKs rechtfertigen würde. Denn die sachliche Zuständigkeit einer BKK erstreckt sich grds auf die Beschäftigten in jenen Betrieben, für die sie errichtet sind, und für die in den Einrichtungen der Betriebskrankenkassen zur Krankenbehandlung Beschäftigte[n] (§26 ASVG aF). Auch wenn es sich bei den nach dem ASVG krankenversicherten Personen um eine Versichertengemeinschaft handelt, ist diese doch nach sachlichen Gesichtspunkten auf verschiedene BKKs sowie nach örtlichen Gesichtspunkten auf die neun Gebietskrankenkassen aufgeteilt; sämtliche Krankenkassen haben – ungeachtet der einheitlichen gesetzlichen Grundlagen zum Beitrags- und Leistungsrecht – die Krankenversicherung der in ihre örtliche und sachliche Zuständigkeit fallenden Personen selbständig und unabhängig durchzuführen. Das betrifft jedenfalls auch die Verantwortung für die finanzielle Gebarung (VfSlg 19.158/2010).

 

Die Versicherten einer BKK stehen sohin (auch im Lichte der Rechtsprechung des VfGH) in keinem personellen Zusammenhang zu den Versicherten einer anderen BKK oder gar einer GKK. Denn sie zahlen ausschließlich Beiträge an eine BKK und erhalten auch nur von dieser Leistungen. Auch im Lichte der Rsp des VfGH besteht kein personeller Zusammenhang. Jene Entscheidungen, in denen der VfGH einen solchen Zusammenhang angenommen hat, sind nicht mit dem gegenständlichen Fall vergleichbar. In VfSlg 6039/1969 sowie VfSlg 5241/1966 etwa wurde ein solcher Zusammenhang aufgrund der Tatsache bejaht, dass die Versicherten, zu deren Gunsten die Überweisung an den begünstigten Versicherungsträger erfolgte, auch beim belasteten Versicherungsträger versichert waren. Zwischen den Versicherten der belasteten und der begünstigten Sozialversicherungsträger bestand daher eine Versicherungs(Risken)gemeinschaft im weiteren Sinn. Hierin lag die Begründung, dass die Überweisungen damals vom VfGH als sachlich gerechtfertigt angesehen wurden (vgl Eberhard, Nichtterritoriale Selbstverwaltung, 2014, 193).

 

Gegenständlich fehlt jedoch jeder Zusammenhang zwischen den Beiträgen der Angehörigen der einen BKK und dem Leistungsanspruch der Angehörigen der anderen BKK oder GKK (VfSlg 10.451/1985).

 

Ebenso hat der VfGH in seinem genannten Erkenntnis VfSlg 17.172/2004 ausgesprochen, dass es aus verfassungsrechtlicher Sicht allerdings nicht schlechthin unzulässig sei, besondere Nachteile, die einem Versicherungsträger (einer Versichertengemeinschaft) auf Grund einer bestimmten Gestaltung des Gesamtsystems entstehen, durch Zahlungen zwischen den Versicherungsträgern auszugleichen. Gegenständlich handelt es sich jedoch nicht um den Ausgleich eines Nachteils der im 'Gesamtsystem' liegt. Vielmehr würden die Versicherten von GKKs, die in der Vergangenheit keine derart gute Finanzgebarung wie die Erst- bis Viertantragstellerin aufweisen konnten, bevorzugt werden. Der 'Nachteil' liegt sohin nicht im Gesamtsystem, sondern lediglich in den weniger positiven Abschlüssen anderer KKs.

 

Als Folge der Verwendung der Rücklagen der Erst- bis Viertantragstellerin für sämtliche ÖGK-Versicherten wird es auch zu einem Abfall des Leistungsniveaus kommen. Hierin liegt eine weitere Ungleichbehandlung begründet. Denn einerseits war es der Erst- bis Viertantragstellerin durch die Beiträge der Versicherten sowie einer erfolgreichen Wirtschaftsweise möglich, ein effizientes und bedarfsorientiertes Gesundheitssystem aufzubauen. Andererseits ergibt sich diese Besserstellung gegenüber den GKKs bereits aus der Finanzierungsstruktur der BKKs: Aufgrund der Verpflichtung des Betriebsunternehmers, für die Verwaltungskosten aufzukommen, können die Beiträge der Versicherten tatsächlich nur für das Leistungssystem genutzt werden – dies bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts, also lange vor Inkrafttreten des ASVG. Da die angefochtenen Bestimmungen nunmehr allerdings eine Verwendung der Rücklagen der Erst- bis Viertantragstellerin für sämtliche in der ÖGK Versicherte vorsehen, steht im Verhältnis weniger Geld als derzeit für die Versicherten der Erst- bis Viertantragstellerin zur Verfügung. Sohin wird es nicht mehr möglich sein, den aufgrund der hohen Rücklagen aufgebauten Leistungsstandard aufrechtzuerhalten, was zu einer Verschlechterung der medizinischen Versorgung für die ehemaligen BKK-Versicherten führen wird. Denn bislang stand grundsätzlich das gesamte Vermögen der BKKs im Rahmen der rechtlichen Vorgaben für den Ausbau und die Verbesserung des Leistungsangebots zur Verfügung. Da künftig die finanziellen Mittel für alle ÖGK-Versicherten verwendet werden, bleibt weniger für die BKK-Versicherten. Für die Versicherten jener KKs, deren finanzielle Situation sich nicht so gut wie jene der Erst- bis Viertantragstellerin erweist, ist die neue Regelung von Vorteil; für die Versicherten der Erst- bis Viertantragstellerin ist diese Regelung jedoch nachteilig.

 

Hierin liegt jedoch ein – durch die angefochtenen Bestimmungen aufgrund des Übergangs der Rücklagen auf die ÖGK zur Verwendung für alle fusionierten KKs bewirkter – Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Denn es werden ohne sachliche Rechtfertigung sämtliche ÖGK-Versicherte gleichbehandelt, obwohl nur jene der Erst- bis Viertantragstellerin zum Aufbau der Rücklagen und dadurch zum derzeitigen hohen Leistungsniveau beigetragen haben.

 

Der undifferenzierte Übergang des gesamten Vermögens der GKKs auf die ÖGK zur Verwendung für sämtliche Versicherte ist sohin gleichheitswidrig.

 

1.2 Verstoß gegen das allgemeine Sachlichkeitsprinzip (Art7 B‑VG)

 

Aus den in Punkt 1.1 genannten Gründen verstoßen die gegenständlichen Bestimmungen auch gegen das allgemeine Sachlichkeitsprinzip.

 

1.3 Verletzung des Vertrauensschutzes (Art7 B‑VG)

 

Der VfGH hat in ständiger Rechtsprechung (zB VfSlg 11.665/1988 sowie 14.846/1997) dargetan, dass keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen gewährleistet, sodass es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. In dieser Rechtsprechung kommt jedoch auch zum Ausdruck, dass die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, sachlich begründbar sein muss. Weiters wird darin die Auffassung vertreten, dass auch Eingriffe in bestehende Rechtspositionen, die an sich sachlich gerechtfertigt sind, nicht die Minderung erworbener Rechte jedweder Art in jedweder Intensität sachlich begründen können (VfSlg 11.309/1987). Dabei hat der VfGH auch zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber den Gleichheitssatz dann verletzt, wenn er bei Änderung der Rechtslage plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift, auf deren Bestand der Normunterworfene mit guten Gründen vertrauen konnte und auch nicht besondere Umstände vorliegen, die den Eingriff rechtfertigen (zB VfSlg 11.288/1987, 12.186/1989, 12.568/1990, 13.461/1993). Ob ein berechtigtes Vertrauen vorliegt, ist im konkreten Einzelfall zu beurteilen (VfSlg 15.936/2000).

 

Die Versicherten der Erst- bis Viertantragstellerin trugen durch ihre Beiträge wesentlich zum Aufbau deren Vermögens bei. Da, wie soeben ausgeführt, jede BKK nur für ihre Versicherten zuständig ist, konnten diese auch darauf vertrauen, dass die Beiträge sowie die daraus gebildeten Rücklagen auch bloß für den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen BKK verwendet werden.

 

Aufgrund der guten finanziellen Gebarung, der hohen Rücklagen und dem Finanzierungssystem der BKKs (vgl §445 ASVG) war es der Erst- bis Viertantragstellerin auch möglich, ein besseres Gesundheitssystem aufzubauen als dies etwa den GKKs gelang. Da die angefochtenen Bestimmungen nunmehr allerdings eine Verwendung der Rücklagen der Erst- bis Viertantragstellerin für sämtliche in der ÖGK Versicherte vorsieht, steht im Verhältnis weniger Geld als derzeit für die Versicherten der Erst- bis Viertantragstellerin zur Verfügung. Sohin wird es nicht mehr möglich sein, den aufgrund der hohen Rücklagen aufgebauten Leistungsstandard aufrecht zu erhalten[,] was zu einer Verschlechterung der medizinischen Versorgung dieser ehemaligen BKK-Versicherten führen wird. Hierin liegt jedoch ein – durch die angefochtenen Bestimmungen aufgrund des Übergangs der Rücklagen auf die ÖGK zur Verwendung für alle fusionierten KKs bewirkter – Verstoß gegen das Vertrauensprinzip. Denn die Versicherten der Erst- bis Viertantragstellerin durften wie bereits ausgeführt darauf vertrauen, dass deren Vermögen auch tatsächlich nur für sie verwendet wird und damit der bereits bestehende hohe Leistungsstandard aufrechterhalten wird.

 

Darüber hinaus wird nach der Rechtsprechung des VfGH das Vertrauen insbesondere in solchen Fällen geschützt, in denen die Rechtsunterworfenen in berechtigtem Vertrauen in den Fortbestand einer gewissen Rechtslage bestimmte Dispositionen hinsichtlich der Lebensführung getroffen haben, die sich nun nicht mehr ohne weiteres korrigieren lassen. Solche Dispositionen wurden auf Grundlage der bisherigen Rechtslage getroffen. Denn bei einem Versicherungsträger wie der Erst- bis Viertantragstellerin, die aufgrund guter finanzieller Gebarung ihren Versicherten ein hohes Leistungsniveau bietet, ist der Abschluss einer privaten Zusatzversicherung nicht unbedingt erforderlich. Da jedoch nunmehr der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Fusionierung eingeschränkt wird, entsteht für den einzelnen Versicherten potentiell die Notwendigkeit, Leistungsschutzlücken durch Abschluss einer Privatversicherung auszugleichen (Öhlinger/Lachmayer, Verfassungsrechtliche Fragen 29). Allerdings ist der Abschluss einer Privatversicherung nicht zu jedem Zeitpunkt möglich bzw leistbar. Einerseits ist es möglich, aufgrund von Vorerkrankungen keinen Versicherungsschutz zu erhalten, oder aber die Prämien sind in einer solchen Höhe zu bezahlen, dass der Vertragsabschluss nicht rentabel ist. Durch die Fusionierung müssen die Versicherten jedoch zu einem nicht von ihnen gewählten Zeitpunkt zum Abschluss einer Privatversicherung in Erwägung ziehen.

 

Im Übrigen wird auf die Ausführungen in Punkt 1.1 verwiesen.

 

[…]"

 

3.2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken im Wesentlichen mit denselben Argumenten entgegentritt, die sie bereits im Verfahren zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019 dargelegt hat; darüber hinaus führt sie Folgendes aus:

"1. Zu den §§5a, 5b, 23, 26, 718 ASVG ('Auflösung der Betriebskrankenkassen; Fusionierung'), Punkt III. des Antrags:

 

1.1.A. Die Antragstellerinnen vertreten die Auffassung, dass die Auflösung der Betriebskrankenkassen unzulässig sei, da die Einsparung von Verwaltungskosten keine taugliche Rechtfertigung darstelle. Die Verwaltungskosten werden nämlich nicht durch die Versicherten oder von staatlicher Seite getragen, sondern vom Betriebsunternehmer bestritten.

 

1.1.B. Zutreffend ist, dass die Verwaltungskosten der Betriebskrankenkassen, anders als jene der Gebietskrankenkassen, gemäß §445 ASVG vom Betriebsunternehmer zu bestreiten sind.

 

Ob durch die Neuorganisation der Krankenversicherungsträger mit einer Effizienzsteigerung und damit mit Einsparungen im Bereich der Verwaltungskosten zu rechnen ist, hängt nach Ansicht der Bundesregierung jedoch nicht davon ab, wer die Verwaltungskosten für den Krankenversicherungsträger zu tragen hat, sondern ist davon unabhängig.

 

Durch die Auflösung der Betriebskrankenkassen (und die Aufhebung der Kostentragungsregelung des §445 ASVG) wird zudem der Betriebsunternehmer finanziell entlastet. Die Verpflichtung der Betriebsunternehmer, die Verwaltungskosten für die Betriebskrankenkassen zu bestreiten, belastet diese im Vergleich zu sonstigen Arbeitgebern in nachteiliger Weise und ist daher rechtfertigungsbedürftig (vgl Mayer, Betriebskrankenkassen und Verfassung, ecolex 1993, 563). Die Abschaffung dieser besonderen Kostentragungsregelung kann daher keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken begegnen.

 

Vor dem Hintergrund, dass das Beitrags- und Leistungsrecht nach ASVG nicht danach differenziert, ob sachlich zuständiger Versicherungsträger eine Gebietskrankenkasse oder eine Betriebskrankenkasse ist, scheint ein ausreichender persönlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den bei diesen Krankenversicherungsträgern Versicherten vorzuliegen, der eine Zuordnung dieser Personengruppen zur Österreichischen Gesundheitskasse rechtfertigt.

 

1.2.A. Die Antragstellerinnen vertreten darüber hinaus die Auffassung, dass die Möglichkeit, betriebliche Gesundheitseinrichtungen zu errichten, sachlich nicht gerechtfertigt und zudem nicht ausreichend determiniert sei.

 

1.2.B. Die Bundesregierung pflichtet den Antragstellerinnen zunächst bei, dass es sich bei einer betrieblichen Gesundheitseinrichtung gemäß den §§5a und 5b ASVG in der Fassung des SV-OG um keinen Krankenversicherungsträger nach ASVG und auch nicht um einen Selbstverwaltungskörper im Sinn der Art120a ff B‑VG handelt (vgl auch Eberhard, Die Veränderung des rechtlichen Status von Betriebskrankenkassen durch das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz— SV‑OG, in Berka/Th. Müller/Schörghofer [Hrsg.], Die Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich, 2019, 93 [104]). Die Leistungen, die die betriebliche Gesundheitseinrichtung gegenüber ihren Anspruchsberechtigten erbringt, sind auch keine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern beruhen auf einem privatrechtlichen Vertrag. Erbringt die betriebliche Gesundheitseinrichtung Leistungen, die jenen der gesetzlichen Krankenversicherung gleichwertig sind, führt dies dazu, dass die Leistungsberechtigten durch Verordnung aus der Krankenversicherung nach ASVG ausgenommen werden.

 

Dieses System der Ausnahme aus der gesetzlichen Sozialversicherung ist keine Besonderheit der betrieblichen Gesundheitseinrichtungen, sondern ist im ASVG auch für andere Bereiche, in denen dem ASVG äquivalente Leistungen auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags erbracht werden, vorgesehen (vgl §5 Abs1 Z3 ASVG). Einer näheren gesetzlichen Regelung einer solchen — auf privatrechtlichem Vertrag beruhenden — Versorgung bedarf es nicht.

 

2. Zu §718 Abs8a und 9 ASVG ('Übergang des Vermögens'), Punkt VII. des Antrags:

 

2.A. Die Antragstellerinnen erachten es als gleichheitswidrig, dass das Vermögen (theoretisch auch: die Verbindlichkeiten) der Betriebskrankenkassen gemäß §718 Abs8a ASVG auf die Österreichische Gesundheitskasse übergeht.

 

2.B. Die Bundesregierung verweist zunächst auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, wonach es zulässig ist, Sozialversicherungsträger zu Zahlungen an andere Sozialversicherungsträger zu verpflichten, wenn zwischen den Versichertengruppen ein ausreichender sachlicher und persönlicher Zusammenhang besteht (vgl VfSlg 10.451/1985, 17.172/2004, 17.677/2005). Umso eher muss ein Vermögensübergang zulässig sein, wenn zwischen den Versichertengruppen nicht nur der genannte Zusammenhang besteht, sondern diese Versichertengruppen zu einer einzigen Versichertengruppe zusammengefasst werden.

 

§718 Abs9 ASVG nimmt zudem Rücksicht darauf, dass den Betriebsunternehmer gemäß §445 ASVG die Verpflichtung trifft, bestimmte Kosten für die Betriebskrankenkasse zu tragen. Richtet der Betriebsunternehmer eine Privatstiftung zur Förderung der Gesundheit seiner Beschäftigten ein, geht das Vermögen der Betriebskrankenkassen nicht zur Gänze auf die Österreichische Gesundheitskasse über, sondern ist der Stiftung von der jeweiligen Betriebskrankenkasse ein Anteil ihres im Jahresabschluss 2019 ausgewiesenen Reinvermögens zu widmen, wobei die Höhe des zu widmenden Reinvermögensanteils in Abhängigkeit von der Summe der bisher vom Betriebsunternehmer getragenen Verwaltungskosten und dem Alter der Anspruchsberechtigten festzusetzen ist. Wird eine betriebliche Gesundheitseinrichtung gemäß den §§5a und 5b ASVG eingerichtet, geht zudem das gesamte Vermögen der Betriebskrankenkasse auf die betriebliche Gesundheitseinrichtung über.

 

3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat die Anträge zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019, zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019, zu G99, 100 und 101/2019 und zu G191 und 192/2019 gemäß den §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG mit neun weiteren, zu G78, 79, 80 und 81/2019 ua Zahlen protokollierten Anträgen zur gemeinsamen Verhandlung verbunden und über sie nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und anschließend beschlossener Trennung von den neun weiteren, zu G78, 79, 80 und 81/2019 ua Zahlen protokollierten Anträgen erwogen:

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Im Allgemeinen

1.1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003, 19.894/2014).

1.1.1.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2017). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit der Antragsteller solche Normen anficht, durch die seine (rechtlich geschützten) Interessen aktuell beeinträchtigt sind und die mit diesen in untrennbarem Zusammenhang stehen; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013, V68/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, durch die die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht aktuell beeinträchtigt sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden, die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen offensichtlich trennbar, führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (vgl VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

1.1.1.2. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist die Zulässigkeit der vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützten Anträge wie folgt zu beurteilen:

1.1.2. Zu den Anträgen der Oberösterreichischen, der Steiermärkischen und der Kärntner Gebietskrankenkasse (G67, 68, 69, 70 und 71/2019, G82, 83, 84, 85 und 86/2019 und G89, 90, 91, 92 und 93/2019):

1.1.2.1. Die Anträge der Oberösterreichischen, der Steiermärkischen und der Kärntner Gebietskrankenkasse entsprechen einander (weitgehend) sowohl in der Formulierung der Bedenken als auch in der Begründung der Antragslegitimation als auch in der konkreten Formulierung der Aufhebungsanträge, weshalb auf sie unter einem eingegangen werden kann:

1.1.2.2. Die drei antragstellenden Gebietskrankenkassen wählen bei der Formulierung ihrer Aufhebungsanträge (jeweils Abschnitt XV. der Schriftsätze) nahezu durchgehend die Vorgangsweise, sowohl die Aufhebung näher bezeichneter Bestimmungen des ASVG, des PLABG und des AlVG als auch die Aufhebung des Novellierungstextes in den jeweiligen Novellierungsanordnungen des SV-OG, BGBl I 100/2018, bzw des ZPFSG, BGBl I 98/2018, zu begehren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Anfechtung einer Novellierungsanordnung jedoch nur dann zulässig, wenn eine Bestimmung durch die betreffende Novelle aufgehoben worden ist und sich das Bedenken gegen diese Aufhebung richtet, die Verfassungswidrigkeit also auf keinem anderen Wege beseitigt werden kann (vgl zB VfSlg 19.658/2012, 20.213/2017 mwN sowie zuletzt VfGH 12.6.2019, G34/2019 ua). Schon aus diesem Grund sind die (jeweiligen) Anträge I.2., I.4., I.6., I.8., I.10., I.12., I.14., I.16., III.2., III.4., III.6., III.8., III.10., III.12., III.14., III.16., III.17., III.20., III.24., III.26., III.28., III.30., III.32., III.38., III.39. und III.41. als unzulässig zurückzuweisen.

Diese Überlegungen gelten nicht für die Anträge III.18. und III.19., welche die Aufhebung jener Novellierungsanordnungen zum Gegenstand haben, die §319a Abs6 ASVG mit Ablauf des Jahres 2019 bzw §319a ASVG zur Gänze mit Ablauf des Jahres 2022 ersatzlos beseitigen; auf diese Anträge ist daher noch einzugehen (unten IV. 1.1.2.5.).

1.1.2.3. Die drei antragstellenden Gebietskrankenkassen wenden sich ua gegen die §§31, 41a, 420 Abs6 Z5, Abs7 und 8, 432 Abs5, 441a, 448 Abs4 sowie 449 Abs2 und 4 ASVG idF BGBl I 100/2018. Diese Regelungen treten erst zum 1. Jänner 2020 in Kraft und richten sich (schon aus diesem Grund) nicht an die Gebietskrankenkassen, sondern an die Österreichische Gesundheitskasse oder an andere Rechtsträger.

Die antragstellenden Gebietskrankenkassen bringen in diesem Zusammenhang zu ihrer Antragslegitimation übereinstimmend vor, sie seien als Rechtsvorgänger der Österreichischen Gesundheitskasse legitimiert, diese Vorschriften zu bekämpfen; die Rechtsverletzungen geschähen bezüglich eines noch nicht rechtlich existenten Rechtssubjekts, könnten aber bereits durch dessen Rechtsvorgänger aufgegriffen werden. Damit sind sie jedoch nicht im Recht:

Selbst wenn die Österreichische Gesundheitskasse kraft §538t Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018 mit Wirkung vom 1. Jänner 2020 in alle "Rechte und Verbindlichkeiten" der Gebietskrankenkassen eintritt, folgt daraus doch nicht, dass die Gebietskrankenkassen bis zur Entstehung der Österreichischen Gesundheitskasse schlechthin deren künftige Rechte zu vertreten legitimiert wären. Da sich die (jeweiligen) Anträge III.27. (§31 ASVG idF des SV-OG), III.31. (§41a idF des ZPFSG), I.1., I.3. und III.23. (§420 Abs6 Z5, Abs7 und 8 idF des SV-OG), I.5. (§432 Abs5 leg. cit.), III.29. (§441a leg. cit.), I.7. (§448 Abs4 leg. cit.), I.9. (§449 Abs2 leg. cit.) und I.11. (§449 Abs4 leg. cit.) nur auf künftige Belange der Österreichischen Gesundheitskasse und nicht auf Fragen der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen beziehen, sind diese Anträge der Gebietskrankenkassen daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.2.4. Gemäß dem (zum 1. Jänner 2019 in Kraft getretenen) §538t Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018 werden die Burgenländische, Kärntner, Niederösterreichische, Oberösterreichische, Salzburger, Steiermärkische, Tiroler, Vorarlberger und Wiener Gebietskrankenkasse "ab 1. April 2019 mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2020 zur Österreichischen Gesundheitskasse zusammengeführt". Alle Rechte und Verbindlichkeiten dieser Gebietskrankenkassen gehen mit 1. Jänner 2020 auf die Österreichische Gesundheitskasse über (§538t Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018). Die (ebenfalls bereits zum 1. Jänner 2019 in Kraft getretenen) §§538u, 538v und 538w ASVG idF BGBl I 100/2018 regeln in diesem Zusammenhang die Konstituierung der neuen Verwaltungskörper und des Überleitungsausschusses sowie dessen Aufgaben.

Die drei antragstellenden Gebietskrankenkassen wenden sich primär gegen diese "Fusionierung" (§538t ASVG idF BGBl I 100/2018) und die damit verbundene Überleitungsorganisation (§§538u, 538v und 538w ASVG idF BGBl I 100/2018). Die Zusammenlegung sei sachlich nicht gerechtfertigt und verstoße gegen die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Selbstverwaltung nach den Art120a ff. B‑VG. Aus diesem Grund seien auch die genannten Überleitungsbestimmungen mit Verfassungswidrigkeit belastet. Zur Zulässigkeit ihrer Anträge führen die antragstellenden Gebietskrankenkassen an, der mit der Auflösung eines Selbstverwaltungskörpers verbundene Verlust der Rechtspersönlichkeit stelle jedenfalls einen Eingriff in ihre Rechtssphäre dar (Hinweis auf VfSlg 19.894/2014). Der Eingriff sei unmittelbar (Hinweis auf VfSlg 19.919/2014, 17.488/2005), eindeutig bestimmt und aktuell. So nehme der Überleitungsausschuss bereits mit 1. April 2019 seine Tätigkeit auf. Hinsichtlich der endgültigen Fusion zum 1. Jänner 2020 sei es den antragstellenden Gebietskrankenkassen nicht zuzumuten, mit der Antragstellung bis dahin zuzuwarten, zum einen, weil Vorbereitungshandlungen zu setzen seien, zum anderen, weil sie mit diesem Zeitpunkt ihre Rechtspersönlichkeit verlören (Hinweis auf VfSlg 19.894/2014). Ein zumutbarer anderer Weg zur Bekämpfung der angefochtenen Bestimmungen stehe nicht zur Verfügung.

Die Bundesregierung ist diesem Vorbringen zur Zulässigkeit der Anträge der drei betroffenen Gebietskrankenkassen dem Grunde nach nicht entgegengetreten.

Der Antrag der antragstellenden Gebietskrankenkassen auf Aufhebung der §§23, 26, 538t, 538u, 538v und 538w ASVG idF BGBl I 100/2018 (Anträge III.1., III.3., III.5., III.9., III.11. und III.13.) ist zulässig: Die mit §538t ASVG idF BGBl I 100/2018 vorgesehene Zusammenlegung "ab 1. April 2019 mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2020" greift ebenso wie das Recht der Überleitungsorganisation, das ua die Geschäftsgebarung der antragstellenden Gebietskrankenkassen bereits seit 1. April 2019 einschränkt (§538w leg. cit.), schon derzeit aktuell und unmittelbar in die Rechtssphäre der antragstellenden Gebietskrankenkassen ein (vgl VfSlg 17.488/2005, 19.894/2014, 19.919/2014). Ein anderer – zumutbarer – Weg, die Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, besteht nicht (vgl abermals VfSlg 19.894/2014). Die §§23 und 26 ASVG idF BGBl I 100/2018, die mit 1. Jänner 2020 in Kraft treten, stehen in Zusammenhang damit, weshalb ihre Anfechtung ebenfalls zulässig ist.

1.1.2.5. Die drei zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85, und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 antragstellenden Gebietskrankenkassen wenden sich weiters gegen die §§119, 315 und 319a ASVG, im Besonderen gegen die Regelung des "besonderen Pauschbetrages" nach §319a leg. cit. und sein Auslaufen mit Ablauf des Jahres 2022. Zur Zulässigkeit ihres Antrages bringen sie – lediglich – vor, dass §319a ASVG idF BGBl I 100/2018 dazu führe, dass dem jeweiligen Krankenversicherungsträger "bislang zustehende finanzielle Mittel nicht mehr gewährt werden". Die §§119 und 315 ASVG würden dem jeweiligen Krankenversicherungsträger (im Verhältnis zum Unfallversicherungsträger) eine unvergütete Leistungspflicht auferlegen, der mit finanziellen Mitteln entsprochen werde, die durch Beiträge der Versicherten aufgebracht würden.

Gemäß §119 ASVG (in der – durch das SV-OG – nicht berührten Stammfassung) sind die Leistungen der Krankenversicherung auch zu gewähren, wenn es sich um die Folgen eines Arbeitsunfalls oder um eine Berufskrankheit handelt. Gemäß dem (durch das SV-OG ebenfalls unverändert gebliebenen) §315 ASVG hat der Träger der Unfallversicherung dem Träger der Krankenversicherung (nur) die Aufwendungen, die dieser für die Krankenbehandlung des Versehrten und die wiederkehrenden Geldleistungen aus der Krankenversicherung bei der durch einen Arbeitsunfall verursachten Krankheit oder bei einer Berufskrankheit ab dem ersten Tag der fünften Woche nach dem Arbeitsunfall beziehungsweise nach dem Beginn der Berufskrankheit gemacht hat, nach Maßgabe der Bestimmungen der §§317 und 318 leg. cit. zu ersetzen. §319a ASVG dispensiert die Anwendbarkeit der §§315 bis 319 im Verhältnis zwischen (ua) den Gebietskrankenkassen (ab 2020 der Österreichischen Gesundheitskasse) und der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und gilt die Ersatzansprüche durch die Zahlung eines jährlichen Pauschbetrages ab. Diesen Pauschbetrag setzt §319a Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018 (in Geltung seit 1. Jänner 2019; §718 Abs1 Z1 ASVG idF BGBl I 100/2018) für die Jahre 2018 bis einschließlich 2022 mit jährlich 209 Millionen Euro fest, den die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt monatlich im Vorhinein mit einem Zwölftel dem Hauptverband zu überweisen hat. Der Hauptverband hat die einlangenden Beträge nach einem Schlüssel unter Berücksichtigung der Zahl der Versicherten und der eingetretenen Arbeitsunfälle bei den von Abs1 leg. cit. umfassten Krankenversicherungsträgern auf diese aufzuteilen (§319a Abs5 leg. cit.). Gemäß §718 Abs2 Z4 und Abs5 ASVG idF BGBl I 100/2018 tritt §319a ASVG mit Ablauf des Jahres 2022 (ersatzlos) außer Kraft.

Die §§315 bis 319a ASVG regeln die "Beziehungen der Versicherungsträger zueinander", im Besonderen die "Ersatzansprüche im Verhältnis zwischen Kranken- und Unfallversicherung" (so die Abschnitts- bzw Unterabschnittsüberschrift vor §315 leg. cit.). Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern aus diesem Unterabschnitt des ASVG zählen zu den Verwaltungssachen (§355 Z5 ASVG), über die gemäß §413 Abs1 ASVG der zuständige Bundesminister (mit Bescheid) entscheidet (vgl Souhrada in: Sonntag [Hrsg.] ASVG10 [2019] §319a ASVG Rz 5). Zwar ist mit §319a ASVG idF BGBl I 100/2018 der von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt zu zahlende Betrag durch das Gesetz konkret bestimmt, der den Krankenversicherungsträgern jeweils zustehende Betrag ist allerdings erst nach Maßgabe von §319a Abs5 leg. cit. "aufzuteilen". Den antragstellenden Gebietskrankenkassen stand mit der Möglichkeit, ein Streitentscheidungsverfahren nach §413 ASVG zu initiieren, ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, ihre Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl VfSlg 16.406/2001), weshalb ihre gegen die §§119, 315 und 319a ASVG gerichteten Anträge III.15., III.18., III.21. und III.22. als unzulässig zurückzuweisen sind. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob Art1 Z100 SV-OG, wonach §319a ASVG mit 31. Dezember 2022 ersatzlos außer Kraft tritt (§718 Abs2 Z4 und Abs5 ASVG), gegenwärtig schon einen aktuellen Rechtseingriff begründen könnte, auch für Antrag III.19., der deshalb ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen ist.

1.1.2.6. Weitere Bedenken hegen die drei zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 antragstellenden Gebietskrankenkassen gegen mehrere Bestimmungen der Bundesaufsicht über die Österreichische Gesundheitskasse:

Wenn die drei antragstellenden Gebietskrankenkassen jeweils mit ihrem Aufhebungsantrag I.15. die Aufhebung des §456a Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018 betreffend die "Mustergeschäftsordnungen" begehren, hält dem die Bundesregierung in Bezug auf den ersten Satz dieser Bestimmung entgegen, dass die Anfechtung der einer Verordnung zugrunde liegenden gesetzlichen Ermächtigung nur dann zulässig sei, wenn die – unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifende – Verordnung bereits erlassen wurde und gemeinsam mit der Verordnungsermächtigung angefochten werde (Hinweis auf VfGH 5.3.2014, G20/2013). Da die beiden bereits seit 1. April 2019 in Geltung stehenden Mustergeschäftsordnungen für den Verwaltungsrat (BGBl II 85/2019) bzw für die Hauptversammlung (BGBl II 84/2019) nicht angefochten würden, sei der Antrag unzulässig.

Der Einwand der Bundesregierung trifft zu: §456a Abs4 erster Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 begründet eine Verordnungsermächtigung an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz. Die Anfechtung einer Verordnungsermächtigung durch auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützten Antrag ist nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unzulässig, da durch eine derartige Verordnungsermächtigung die Rechtsstellung eines Normunterworfenen unmittelbar nicht beeinträchtigt werden kann. Sie wird erst über die Erlassung der Verordnung für die Normunterworfenen wirksam (vgl zB VfSlg 11.730/1988, 12.752/1991, 13.318/1992, 13.635/1993, 14.781/1997, 15.316/1998, sowie zuletzt etwa VfGH 19.11.2015, G586/2015; 25.11.2016, G197/2016). Entsprechendes gilt für §456a Abs4 zweiter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018, der seine Wirkung nur in Verbindung mit einer erlassenen Mustergeschäftsordnung entfaltet; dazu haben die Antragsteller jedoch kein Vorbringen erstattet. Die jeweiligen Anträge I.15. sind daher schon aus diesem Grund unzulässig.

Ungeachtet dessen, dass §456a Abs2 zweiter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 mit Erkenntnis vom heutigen Tag im Verfahren zu G78, 79, 80 und 81/2019 ua aufgehoben worden ist, ist Antrag I.13. wegen der Zumutbarkeit eines anderen Weges, die Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, unzulässig, weil der angefochtene Genehmigungsvorbehalt bescheidmäßig zu erledigende Genehmigungsverfahren vorsieht.

1.1.2.7. Die drei zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 antragstellenden Gebietskrankenkassen wenden sich auch gegen §41a ASVG idF BGBl I 98/2018 und das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG), Art1 BGBl I 98/2018: Indem diese Bestimmungen die zuvor den Krankenversicherungsträgern obliegende Sozialversicherungsprüfung der Finanzverwaltung überantworteten, würde unsachlich in das Recht auf Selbstverwaltung eingegriffen. Zur Begründung eines Rechtseingriffes führen die Antragsteller aus, dass §41a ASVG idF BGBl I 98/2018 sowie das PLABG der Österreichischen Gesundheitskasse "eine ihr zugehörige Aufgabe durch gesetzliche Anordnung" entziehen würden, womit ein Eingriff in das Recht auf Selbstverwaltung der Österreichischen Gesundheitskasse vorliege. Da die Österreichische Gesundheitskasse Gesamtrechtsnachfolgerin der neun Gebietskrankenkassen sei (§538t ASVG idF BGBl I 100/2018), könnten die antragstellenden Gebietskrankenkassen diese Verfassungswidrigkeit "für ihre künftige Rechtsnachfolgerin" geltend machen. Da die Rechtsverletzung bezüglich eines noch nicht rechtlich existenten Rechtssubjektes erfolge, könne sie bereits durch dessen Rechtsvorgänger aufgegriffen werden. Der Eingriff sei infolge von Vorwirkungen auch bereits aktuell. §15 PLABG sehe nämlich vor, dass Bedienstete der Österreichischen Gesundheitskasse, die bis zum 1. Oktober 2018 als Bedienstete einer Gebietskrankenkasse überwiegend mit gewissen, im Gesetz genannten Aufgaben in Zusammenhang mit GPLA-Aufgaben beschäftigt waren, "spätestens mit Wirksamkeit zum 1. Jänner 2020" dem Bund zugewiesen würden. Gemäß den Erläuterungen (Erläut zur RV 328 BlgNR 26. GP , 6) sei es erforderlich, die Umsetzungs- und Vorbereitungsmaßnahmen für die in §15 Abs1 PLABG erfasste Gruppe von Bediensteten so rechtzeitig anzustoßen, damit die Funktionsfähigkeit gewährleistet sei. Da die Funktionsfähigkeit mit 1. Jänner 2020 bereits gewährleistet sein müsse, sei es unerlässlich, dass die Vorbereitungshandlungen bereits ausreichende Zeit früher stattfänden. Es sei somit "jederzeit damit zu rechnen, dass derartige Vorbereitungshandlungen stattfinden". Darüber hinaus solle der Prüfungsbeirat seine Tätigkeit bereits mit 1. April 2019 aufnehmen.

Die Bundesregierung hält diesen Antrag für zu weit gefasst und demnach für teilweise unzulässig. Damit ist sie im Recht:

1.1.2.8. Eine Anfechtung des gesamten PLABG wäre nur im Fall eines Zusammenhanges sämtlicher Bestimmungen dieses Gesetzes oder dann zulässig, wenn gegen alle Bestimmungen – klar zugeordnete – Bedenken vorgebracht würden. Dies ist nicht der Fall. Weder erheben die antragstellenden Gebietskrankenkassen Bedenken gegen alle Regelungen des PLABG, noch stehen alle Bestimmungen dieses Gesetzes in einem Zusammenhang mit jenen Bestimmungen, gegen welche Bedenken erhoben wurden. Vielmehr werden gegen jene Bestimmungen des Gesetzes, die sich lediglich auf die Lohnsteuerprüfung und die Kommunalsteuerprüfung beziehen, keine gesonderten Bedenken geltend gemacht. Die Anträge III.33. und III.34. sind daher als unzulässig zurückzuweisen (zur Unzulässigkeit von Antrag III.31. betreffend §41a ASVG siehe bereits oben IV. 1.1.2.3.). Die drei zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 antragstellenden Gebietskrankenkassen wenden sich schließlich gegen die §§6, 40 und 42 AlVG. Nach diesen Bestimmungen seien Bezieher von Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe bei den Gebietskrankenkassen bzw ab 2020 bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankenversichert, und zwar unabhängig davon, bei welcher Versicherung die betroffene Person während ihres letzten aufrechten Arbeitsverhältnisses versichert gewesen sei. So würden etwa auch Vertragsbedienstete (BVA bzw BVAEB) mit Eintritt des Versicherungsfalles der Arbeitslosigkeit zu den Gebietskrankenkassen bzw zur Österreichischen Gesundheitskasse "transferiert". Hinzu kämen mit der Novelle BGBl I 100/2018 auch noch ehedem bei der VAEB krankenversicherte Arbeitslose. Der Gesetzgeber ordne den Gebietskrankenkassen (schon derzeit) bzw der Österreichischen Gesundheitskasse (ab 2020) "praktisch alle problematischen Lebenssituationen zu" und diese würden "in unsachlicher Weise für die genannten Personengruppen erst ab Eintritt einer Situation zuständig, die um ein Vielfaches mehr an Leistungen von den Versicherungsträgern" erfordere, da "Arbeitslose […] in der Krankenbehandlung um einiges mehr als aktiv Erwerbstätige [kosten würden]". Trotz dieses hohen Risikos erhielten die Gebietskrankenkassen bzw künftig die Österreichische Gesundheitskasse gemäß §42 AlVG "keine vollständige Abgeltung ihrer Aufwendungen". Hiefür liege keine sachliche Rechtfertigung vor, weshalb entgegen Art120a B‑VG auch Personengruppen mit unterschiedlichen Interessenlagen zusammengefasst würden. Da die genannten Bestimmungen "bereits vor der Novelle BGBl I 100/2018 ihrem wesentlichen Inhalt nach in Kraft standen", seien die antragstellenden Gebietskrankenkasse selbst davon betroffen. Da es zu einer Zuordnung von grundsätzlich bei anderen Versicherungsträgern versicherten Personen zu den antragstellenden Gebietskrankenkassen komme, liege sowohl ein Eingriff in ihr Recht auf Selbstverwaltung als auch eine Unsachlichkeit vor.

Die Bundesregierung hält die diesbezüglichen Anträge der erstantragstellenden Gebietskrankenkassen hinsichtlich §6 AlVG für zu weit gefasst. §6 AlVG regle im Wesentlichen die Arten von Leistungen, die im Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit aus der Arbeitslosenversicherung gewährt würden, darunter verschiedene Geldleistungen (Abs1) sowie Versicherungsleistungen (Abs2 und 3) wie auch die Krankenversicherung. Da im vorliegenden Antrag kein Vorbringen betreffend die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, die auch die Krankenversicherung umfasse, an sich erstattet würde und §6 AlVG auch in keinem untrennbaren Zusammenhang mit den übrigen angefochtenen Bestimmungen stünde, erweise sich der Antrag der erstantragstellenden Gebietskrankenkassen, soweit die Aufhebung von §6 AlVG idF BGBl I 157/2017 begehrt werde, als unzulässig. Weiters erweise sich die Antragstellung in Bezug auf §40 AlVG idF BGBl I 100/2018, der erst zum 1. Jänner 2020 in Kraft trete, mangels aktueller Betroffenheit ebenfalls als unzulässig.

Die Anträge der drei Gebietskrankenkassen wenden sich gegen die §§6, 40 und 42 AlVG in der bereits aktuell in Geltung stehenden Fassung, weiters aber auch gegen §40 AlVG idF BGBl I 100/2018, der erst zum 1. Jänner 2020 in Kraft treten wird (§79 Abs164 AlVG idF BGBl I 100/2018). Wie die Bundesregierung zutreffend angemerkt hat, fehlt es den antragstellenden Gebietskrankenkassen im Hinblick auf §40 AlVG idF BGBl I 100/2018 an der aktuellen Betroffenheit, weshalb Antrag III.37. (jeweils) als unzulässig zurückzuweisen ist. Hingegen sind die (jeweiligen) Anträge III.35., III.36. und III.40. im Hinblick auf die in den §§6, 40 iVm 42 AlVG idgF geregelte Verpflichtung der Gebietskrankenkassen zur Tragung von Aufwendungen zulässig.

1.1.2.9. Zu den (jeweiligen) Eventualanträgen III.42., III.43. und III.44.: Mit Antrag III.42. begehren die antragstellenden Gebietskrankenkassen die Aufhebung "in eventu" von "Art1 des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes idF BGBl I 100/2018"; mit Antrag III.43. "in eventu [des Gesetzes] über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung (ZPFSG) idF BGBl I 98/2018 zur Gänze", schließlich mit Antrag III.44. "in eventu [des] Sozialversicherungs-Organisationsgesetz[es] idF BGBl I 100/2018 zur Gänze".

Auf diese Eventualanträge ist schon deshalb nicht einzugehen, weil sie offen lassen, worauf sie sich beziehen. Unklar ist insbesondere, ob sie in Bezug auf jeden der vorangehenden (zumindest) 41 Aufhebungsanträge zu verstehen sind, ob nur in Bezug auf den unmittelbar vorangehenden Antrag (III.41. und die jeweils folgenden) oder ob sie etwa nur für den Fall gestellt sein sollten, dass kein einziger der vorangehenden (zahlreichen) Aufhebungsanträge zulässig sein sollte. Die Eventualanträge III.42., III.43. und III.44. sind daher schon aus diesem Grund wegen Unbestimmtheit (§15 Abs2 VfGG) als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.2.10. Damit ergibt sich, dass die Anträge der drei zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 antragstellenden Gebietskrankenkassen in Bezug auf die §§23, 26, 538t, 538u, 538v und 538w ASVG idF BGBl I 100/2018 (Anträge III.1., III.3., III.5., III.9., III.11. und III.13.) – da insofern auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind – zulässig sind. Im Übrigen sind sie aus den jeweils dargelegten Gründen als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.3. Zum Antrag der Tiroler Gebietskrankenkasse (G99, 100 und 101/2019)

1.1.3.1. Die Tiroler Gebietskrankenkasse hat ihre Anträge 3 (betreffend Aufhebung von §426 Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018) und 11 (betreffend Aufhebung von §538v Abs3 ASVG idF BGBl I 100/2018) mit Schriftsatz vom 26. April 2019 zurückgezogen. Insoweit ist das Verfahren einzustellen.

1.1.3.2. Mit ihrem ersten Hauptantrag wendet sich die Tiroler Gebietskrankenkasse gegen die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse. Wie bereits oben (IV. 1.1.2.4.) ausgeführt, sind die Gebietskrankenkassen von dieser Zusammenlegung aktuell und unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen; ein anderer zumutbarer Weg, die Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, ist nicht vorhanden.

1.1.3.2.1. Mit Antrag 1.a. begehrt die Tiroler Gebietskrankenkasse die Aufhebung des SV-OG sowie des ZPFSG zur Gänze. Das SV-OG bilde eine "untrennbare Einheit", das ZPFSG stehe damit in "untrennbarem Zusammenhang". Mit Antrag 1.b. wird die Aufhebung von Art1 SV‑OG sowie des ZPFSG begehrt; ersterer Artikel bilde eine "untrennbare Einheit" und das ZPFSG stehe damit in untrennbarem Zusammenhang.

1.1.3.2.2. Beim SV-OG bzw dem ZPFSG handelt es sich um "Sammelgesetze", die in 52 bzw vier Artikel gegliedert sind. Das SV‑OG ändert neben dem ASVG 47 weitere Gesetze, erlässt drei neue Gesetze und hebt ein Gesetz auf; mit dem ZPFSG wird nicht nur das PLABG erlassen (Art1 leg. cit.), sondern werden neben dem ASVG (Art4 leg. cit.) mit Art2 des Gesetzes auch das Einkommenssteuergesetz und mit Art3 leg. cit. auch das Kommunalsteuergesetz geändert. Neben dem Umstand, dass diese Gesetze überwiegend Novellierungsanordnungen enthalten, deren Anfechtung nur ganz ausnahmsweise zulässig ist, wobei eine solche Ausnahme hier nicht vorliegt, ist es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, einen pauschal gegen ein Sammelgesetz gerichteten Antrag auf die zur Beseitigung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeiten notwendigerweise anzufechtenden bzw aufzuhebenden Bestimmungen zu reduzieren (vgl etwa VfGH 2.3.2015, G140/2014). Die Anträge 1.a. und 1.b. sind damit schon aus diesem Grund unzulässig.

1.1.3.2.3. Die antragstellende Tiroler Gebietskrankenkasse begründet ihre Antragslegitimation zu ihrem Antrag 1. samt den daran anknüpfenden Eventualanträgen damit, dass §538t Abs1 und 2 ASVG idF BGBl I 100/2018 infolge Zusammenführung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse und des damit verbundenen Übergangs aller Rechte und Pflichten aktuell in ihre Rechtssphäre eingreife. Dieses Vorbringen ist zutreffend. Darlegungen zur Frage, inwiefern weitere Bestimmungen, insbesondere das ZPFSG, in ihre Rechtssphäre eingreifen würden, fehlen jedoch in diesem Zusammenhang. Damit ist Eventualantrag 1.c. zum ersten Hauptantrag (nur) in jenem Umfang zulässig, als er §538t ASVG idF BGBl I 100/2018 und davon nicht offenkundig trennbare Regelungen zum Gegenstand hat.

Vor diesem Hintergrund erweist sich Eventualantrag 1.c. zum ersten Hauptantrag teilweise, nämlich im Hinblick auf §23, §26, §84a Abs3, §418 Abs3, §421 Abs2 letzter Satz, §426, §427 Z1, §428 Z1, §429 Z1, §430 Abs2, 3a und 4, §434 Abs2, §538t, §538u, §538v, §538w, §538x, §538y, §538z, §718 Abs6, 8a, 8b, 9, 10, 10a, 11 und 12 sowie §720 ASVG idF BGBl I 100/2018 als zulässig. Im Übrigen ist Eventualantrag 1.c. zum ersten Hauptantrag, da er sich auf Vorschriften bezieht, die offenkundig trennbar sind, unzulässig. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Eventualanträge zum ersten Hauptantrag.

1.1.3.3. Mit ihrem Antrag 2 begehrt die Tiroler Gebietskrankenkasse, "für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof eine gänzliche Aufhebung des SV-OG(BGBl I 100/2018) für überschießend oder die bislang gestellten Anträge für zu wenig präzise bzw eine untrennbare Einheit mit dem ZPFSG als nicht gegeben erachten sollte", das ZPFSG, BGBl I 98/2018, zur Gänze sowie §538t Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018, aufzuheben. Dabei handelt es sich allerdings nicht um einen – an sich zulässigen – an ein Hauptbegehren anknüpfenden Eventualantrag, sondern um ein Begehren, das nur dann als erhoben gelten soll, wenn der Verfassungsgerichtshof eine der Bedingung entsprechende Rechtsmeinung (nicht) teilt, und der damit schon dann als nicht gestellt anzusehen wäre, wenn die Bedingung nicht eintritt, zB wenn der Hauptantrag aus anderen als den vom Antragsteller angenommenen Gründen ab- oder zurückgewiesen wird. Eine bedingte Anfechtung dieser Art widerspricht jedoch den Erfordernissen an ein bestimmtes Begehren im Sinne des §15 Abs2 VfGG (vgl zB VfSlg 14.781/1997, 16.589/2002). Antrag 2 und die dazu gestellten Eventualanträge, die an dieselbe Bedingung geknüpft sind, sind daher – unbeschadet der Zulässigkeit der Antragstellung zu §538t Abs2 ASVG (IV. 1.1.3.2.3.) – mangels Bestimmtheit (§15 Abs2 VfGG) als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.3.4. Die Anträge 4 (Aufhebung von §449 Abs2 ASVG idF BGBl I 100/2018), 5 (Aufhebung von §432 Abs5 ASVG idF BGBl I 100/2018), 6 (Aufhebung von §448 Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018) und 8 (Aufhebung von §449 Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018) sind aus den oben IV. 1.1.2.3. genannten Gründen unzulässig, auf die verwiesen wird. Auch der Verweis der – bereits in Geltung stehenden – Bestimmung des §538w Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018 auf die §§448 und 449 leg. cit., worauf sich die Tiroler Gebietskrankenkasse zur Begründung der Aktualität des Eingriffs beruft, führt schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil diese Bestimmung in den Anträgen 4, 5, 6 und 8 nicht mitangefochten wurde. Antrag 7 auf Aufhebung von §456a Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018 ist aus den oben IV. 1.1.2.6 dargelegten Gründen unzulässig, auf die ebenfalls verwiesen wird.

1.1.3.5. Mit Antrag 9 begehrt die Tiroler Gebietskrankenkasse die Aufhebung von §432 Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018. Sie erachtet die verpflichtende Übertragung von Aufgaben des Verwaltungsrates an das Büro des Versicherungsträgers als verfassungswidrig. Die angefochtene Bestimmung tritt erst mit 1. Jänner 2020 in Kraft (§718 Abs1 Z3 ASVG idF BGBl I 100/2018). Die Tiroler Gebietskrankenkasse legt nicht dar, inwiefern sie von dieser Regelung aktuell betroffen sein sollte. Der Antrag ist daher unzulässig.

1.1.3.6. Mit Antrag 10 begehrt die Tiroler Gebietskrankenkasse die Aufhebung von §538v Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018, der bereits zum 1. Jänner 2019 in Kraft getreten ist (§718 Abs1 Z1 ASVG idF BGBl I 100/2018) und der die Errichtung des "Überleitungsausschusses" regelt. Konkret bringt die Tiroler Gebietskrankenkasse jedoch nur Bedenken gegen den ersten und zweiten Satz des §538v Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018 vor, wonach der Überleitungsausschuss nach den für den Verwaltungsrat maßgeblichen Bestimmungen der §§420 ff. leg. cit., sohin insbesondere auch unter Beachtung von §420 Abs6 Z5 und §426 Abs1 leg. cit., zu bilden ist bzw wonach die Mitglieder des Überleitungsausschusses keinem anderen Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers oder des Hauptverbandes angehören dürfen. Zwar sind dem Überleitungsausschuss nach §538w Abs1 leg. cit. ua bereits aktuell bestimmte Beschlüsse aus dem Wirkungsbereich der Gebietskrankenkassen vorbehalten. Daraus folgt jedoch noch nicht, dass auch das innere Organisationsrecht des Überleitungsausschusses rechtliche Interessen der Tiroler Gebietskrankenkasse unmittelbar berührt (vgl in dem Zusammenhang VfSlg 10.353/1985, 18.946/2009). Der Antrag und die dazugehörigen Eventualanträge sind daher nicht zulässig.

1.1.3.7. Mit Antrag 12 samt Eventualanträgen wendet sich die Tiroler Gebietskrankenkasse gegen §538v Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018. Bedenken formuliert sie (nur) einerseits gegen die staatliche Bestellung eines kommissarischen Leiters der Bürogeschäfte des Überleitungsausschusses (erster Satz leg. cit.) und andererseits gegen die Weisungsbefugnis des kommissarischen Leiters gegenüber leitenden Angestellten der Gebietskrankenkassen (letzter Satz leg. cit.). Mit diesen Bestimmungen würde in ihr Selbstverwaltungsrecht eingegriffen.

Die Organisation der Bürogeschäfte des Überleitungsausschusses obliegt dem kommissarischen Leiter nur bis zur Bestellung des leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse (§538v Abs4 erster Satz iVm §538w Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018). Auch die Weisungsbefugnis des kommissarischen Leiters endet mit der Bestellung des leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse (§538v Abs4 letzter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018: "bzw des/der bestellten leitenden Angestellten"). Gemäß §538w Abs4 ASVG idF BGBl I 100/2018 hatte der Überleitungsausschuss für die Österreichische Gesundheitskasse den leitenden Angestellten mit Wirkung ab 1. Juli 2019 zu bestellen. Dies ist nach den Vorbringen in der mündlichen Verhandlung auch bereits geschehen. Die Regelungen des §538v Abs4 erster und letzter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 über die Bestellung und die Weisungsbefugnisse des kommissarischen Leiters greifen daher keinesfalls aktuell in die Rechtssphäre der antragstellenden Tiroler Gebietskrankenkasse ein. Antrag 12 und der daran geknüpfte Eventualantrag sind daher mangels Legitimation unzulässig.

1.1.3.8. Wenn die Tiroler Gebietskrankenkasse schließlich mit Antrag 13 eine Verfassungswidrigkeit des aufsichtsbehördlichen Genehmigungsvorbehaltes ("unbeschadet der aufsichtsbehördlichen Genehmigungsrechte") in §538w Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018 vorbringt, der bereits aktuell in die Rechtssphäre der Antragstellerin eingreife, ist ihr entgegenzuhalten, dass mit der Möglichkeit, allfällige aufsichtsbehördliche Genehmigungen verweigernde Bescheide im Rechtsmittelweg zu bekämpfen, gleichzeitig ein anderer zumutbarer Weg eröffnet war, verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Genehmigungsvorbehalt an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, weshalb auch dieser Antrag mangels Legitimation zurückzuweisen ist.

1.1.3.9. Antrag 14 auf Aufhebung von §420 Abs6 Z5 und Abs7 ASVG idF BGBl I 100/2018 erweist sich als unzulässig, weil diese Bestimmung, die erst zum 1. Jänner 2020 in Kraft tritt, nicht aktuell in die Rechtssphäre der Tiroler Gebietskrankenkasse eingreift.

1.1.4. Zu den Anträgen dreier Versicherter bei der Oberösterreichischen, der Steiermärkischen und der Kärntner Gebietskrankenkasse (G67, 68, 69, 70 und 71/2019, G82, 83, 84, 85 und 86/2019 und G89, 90, 91, 92 und 93/2019)

1.1.4.1. Die drei jeweils zweitantragstellenden Versicherten wählen (wie bereits die Erstantragsteller; dazu IV. 1.1.2.2.) bei der Formulierung ihrer Aufhebungsanträge (jeweils Punkt XV. der Schriftsätze) nahezu durchgehend die Vorgangsweise, sowohl die Aufhebung näher bezeichneter Bestimmungen des ASVG, des PLABG und des AlVG als auch die Aufhebung des Novellierungstextes in den jeweiligen Novellierungsanordnungen des SV-OG, BGBl I 100/2018, bzw des ZPFSG, BGBl I 98/2018, zu begehren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Anfechtung einer Novellierungsanordnung jedoch nur dann zulässig, wenn eine Bestimmung durch die betreffende Novelle aufgehoben worden ist und sich das Bedenken gegen diese Aufhebung richtet, die Verfassungswidrigkeit also auf keinem anderen Wege beseitigt werden kann (vgl zB VfSlg 19.658/2012, 20.213/2017 mwN sowie zuletzt VfGH 12.6.2019, G34/2019 ua). Schon aus diesem Grund sind die Anträge II.2., II.4., II.6., II.8., II.10., II.12., II.14., II.15., II.16., II.17., II.19., II.21., II.23., II.25., II.27., III.2., III.4., III.6., III.8., III.10., III.12., III.14., III.16., III.17., III.20., III.24., III.26., III.28., III.30., III.32., III.38., III.39. und III.41., hinsichtlich der Zweitantragstellerin zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 weiters Antrag II.29.,als unzulässig zurückzuweisen.

Diese Überlegungen gelten nicht für die Anträge III.18. und III.19., welche die Aufhebung jener Novellierungsanordnungen zum Gegenstand haben, welche §319a Abs6 ASVG mit Ablauf des Jahres 2019 bzw §319a ASVG zur Gänze mit Ablauf des Jahres 2022 ersatzlos beseitigen; auf diese Antragspunkte ist daher unten (vgl IV. 1.1.4.3.) noch näher einzugehen.

1.1.4.2. Die drei jeweils zweitantragstellenden Versicherten wenden sich zunächst gegen die Zusammenlegung "ihrer" Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (§§23, 26 und 538t ASVG idF BGBl I 100/2018) und die damit verbundenen Überleitungsbestimmungen (§§538u, 538v und 538w ASVG idF BGBl I 100/2018). Zu ihrer Antragslegitimation bringen sie vor, es liege ein Rechtseingriff vor, da sie bislang (jeweils) "bei der rechtmäßig errichteten und handelnden Erstantragstellerin versichert" waren. Durch die Fusionierung würden die Zweitantragsteller zu Versicherten der verfassungswidrig entstandenen Österreichischen Gesundheitskasse. Auch kämen sämtliche, in weiterer Folge als verfassungswidrig monierten Bestimmungen, die bloß ein Resultat der Zusammenlegung seien, nunmehr für die Zweitantragsteller zur Anwendung. Darüber hinaus würden die Zweitantragsteller durch die Fusionierung in ihrem Recht, "nur mit Personen mit überwiegend gleichen Interessen in einem Selbstverwaltungskörper zusammengefasst zu werden, verletzt".

Die diesbezüglichen Anträge der zweitantragstellenden Versicherten (Anträge III.1., III.3., III.5., III.7., III.9., III.11. und III.13.) sind jedoch unzulässig, weil es bis zum 31. Dezember 2019 (jedenfalls) an einer aktuellen Betroffenheit fehlt, während ab 1. Jänner 2020 ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der verfassungsrechtlichen Bedenken zur Verfügung steht (etwa im Wege eines Antrages auf Rückzahlung behauptetermaßen ungebührlich entrichteter Krankenversicherungsbeiträge nach §69 ASVG mit der Begründung, die Beitragsentrichtung erweise sich im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit ihrer Pflichtmitgliedschaft zur Österreichischen Gesundheitskasse als unrichtig [vgl VfSlg 14.198/1995, 14.244/1995], um sich auf diesem Weg letztlich gegen die Zugehörigkeit zur Österreichischen Gesundheitskasse zur Wehr zu setzen [vgl VfSlg 10.511/1985, 12.752/1991]).

1.1.4.3. Die Bedenken der zweitantragstellenden Versicherten richten sich weiters – ebenso wie die der erstantragstellenden Gebietskrankenkassen (dazu oben IV. 1.1.2.5.) – gegen die §§119, 315 und 319a ASVG, im Besonderen das System des "besonderen Pauschbetrages" nach §319a leg. cit. und sein Auslaufen mit Ablauf des Jahres 2022. Zur Zulässigkeit ihres Antrages bringen sie vor, dass §319a ASVG idF BGBl I 100/2018 dazu führe, dass dem jeweiligen Krankenversicherungsträger "bislang zustehende finanzielle Mittel nicht mehr gewährt werden". Die §§119 und 315 ASVG würden dem jeweiligen Krankenversicherungsträger (im Verhältnis zum Unfallversicherungsträger) eine unvergütete Leistungspflicht auferlegen, der mit finanziellen Mitteln entsprochen werde, die durch Beiträge der Versicherten (wie der Zweitantragsteller) aufgebracht würden. Die Zweitantragsteller würden daher in ihrem Recht verletzt, wonach ihre Beiträge nur für Tätigkeiten des Versicherungsträgers für dessen Mitglieder – und nicht für Außenstehende – zu verwenden seien.

Die Zweitantragsteller übersehen dabei, dass die §§315 und 319a ASVG die "Beziehungen der Versicherungsträger zueinander" (so auch die Abschnittsüberschrift vor §315 ASVG) zum Gegenstand haben. Diese Rechtsvorschriften berühren die Rechtssphäre der Zweitantragsteller nicht. Bloße wirtschaftliche Reflexwirkungen reichen aber nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht aus, um die Legitimation zur Erhebung eines Gesetzesprüfungsantrages nach Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG zu begründen (vgl nur zB VfSlg 14.274/1995, 14.463/1996, 14.477/1996, 16.969/2003, 17.443/2005). Die Aufhebungsanträge zu den Anträgen III.15., III.18., III.19., III.21. und III.22. sind damit unzulässig.

1.1.4.4. Die Zweitantragsteller zu den genannten Anträgen monieren einen Verstoß der §§426 und 430 ASVG idF BGBl I 100/2018 betreffend die "paritätische Besetzung des Verwaltungsrates der ÖGK" gegen die Art7 und 120c B‑VG. Die in diesen Bestimmungen vorgesehene Parität von Dienstnehmer- und Dienstgebervertretern in den Selbstverwaltungsgremien der Österreichischen Gesundheitskasse würde eine erhebliche Beeinträchtigung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts der Zweitantragsteller auf Mitwirkung bei der Bildung der sie als Mitglied der Österreichischen Gebietskrankenkasse verwaltenden Organe bedeuten und die wirksame Vertretung ihrer Interessen verhindern. Dieser Mangel an Einflussmöglichkeit hinsichtlich der Hälfte der Versicherungsvertreter in den Verwaltungsorganen – die gemäß Art120c Abs1 B‑VG zur Gänze aus dem Kreis der Mitglieder zu bilden seien – sei daher zweifellos als Rechtseingriff zu werten (Hinweis auf VfSlg 14.535/1996).

Abgesehen davon, dass die angefochtenen §§426 und 430 ASVG idF BGBl I 100/2018 erst zum 1. Jänner 2020 in Kraft treten, ist den zweitantragstellenden Versicherten entgegenzuhalten, dass sie weder nach bisheriger noch nach künftiger Rechtslage ein (unmittelbares) Wahl- oder Entsenderecht und somit einen einfachgesetzlich eingeräumten Rechtsanspruch auf eine bestimmte Zusammensetzung der Verwaltungskörper der Krankenversicherungsträger haben, der durch die in Rede stehenden Regelungen berührt werden könnte. Die §§426 und 430 ASVG idF BGBl I 100/2018 berühren daher die Zweitantragsteller nicht in ihrer subjektiven Rechtssphäre (vgl VfSlg 10.353/1985, 17.767/2006). Die Aufhebungsanträge zu den Anträgen II.1. und II.3. sind damit unzulässig.

1.1.4.5. Die Zweitantragsteller wenden sich weiters gegen die §§427 Z1 und 421 ASVG idF BGBl I 100/2018 hinsichtlich der "Mitgliederzahl des Verwaltungsrats". Die in diesen Bestimmungen vorgesehene Anzahl von bloß zwölf Versicherungsvertretern im Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse stehe einer wirksamen Repräsentation ihrer Interessen entgegen. Die Vertretung von mehr als sieben Millionen Versicherten durch lediglich sechs Dienstnehmervertreter unterschreite deutlich den demokratischen Mindeststandard, der bei der Bildung von Selbstverwaltungsorganen verfassungsrechtlich geboten sei, um die bestehende Interessenvielfalt der Mitglieder des Selbstverwaltungskörpers abzubilden. Die Bestimmung greife daher eindeutig in das Recht der Zweitantragsteller auf eine wirksame Vertretung ihrer Interessen ein.

Für dieses Vorbringen gilt das zum zuvor erhobenen Vorbringen gegen die paritätische Besetzung des Verwaltungsrates Gesagte (IV. 1.1.4.4.) sinngemäß. Die Anträge II.5. und II.7. sind daher (schon aus diesem Grund) zurückzuweisen.

1.1.4.6. Soweit die Versicherten als Zweitantragsteller vorbringen, die Prüfung der fachlichen Eignung von Versicherungsvertretern durch einen Eignungstest (§420 Abs6 Z5 ASVG idF BGBl I 100/2018) greife in ihre Rechtssphäre, konkret in ihr Recht, "nur durch solche Personen vertreten zu werden, die auch durch [sie] demokratisch legitimiert sind", ein, ist ihnen entgegenzuhalten, dass §420 Abs6 Z5 ASVG idF BGBl I 100/2018 lediglich eine Einschränkung der nach §421 leg. cit. zur Entsendung befugten Stellen (wozu die Zweitantragsteller nicht zählen) normiert, weshalb die diesbezüglichen Anträge (III.23. und III.25.) mangels unmittelbarer rechtlicher Betroffenheit unzulässig sind, zumal sie auch nicht vorbringen, selbst von der Funktion als Versicherungsvertreter ausgeschlossen zu sein.

1.1.4.7. Die drei antragstellenden Versicherten machen der Sache nach geltend, dass die Rücklagen und das sonstige Vermögen jener Gebietskrankenkassen, denen sie angehören, und das auch mit ihren Beiträgen gespeist worden sei, nach der Kassenzusammenlegung allen Mitgliedern der Österreichischen Gesundheitskasse, auch jenen, die kraft ehemaliger Zugehörigkeit zu einer anderen Gebietskrankenkasse keine Beiträge hiezu geleistet hätten, zur Verfügung stünde. Sie wenden sich in diesem Zusammenhang gegen die §§434 Abs2 Z5 und 538t ASVG idF BGBl I 100/2018 sowie dagegen, dass keine Vorschrift bestehe, welche die Verwendung der Rücklagen für jene Versicherten sicherstelle, die zu deren Aufbau beigetragen hätten. Den behaupteten Eingriff in ihre Rechtssphäre begründen die Antragsteller damit, dass auf Grund des Übergangs sämtlicher Rechte der erstantragstellenden Gebietskrankenkassen auf die Österreichische Gesundheitskasse die durch die Beiträge der Versicherten dieser Krankenkassen finanzierten Rücklagen der "ausschließlichen Verwertung für die Versicherten" der jeweiligen Erstantragsteller entzogen seien. Hiedurch werde in das Recht der Zweitantragsteller auf verfassungskonforme Verwendung der Rücklagen (nämlich in Entsprechung des Gleichheitssatzes sowie des daraus ableitbaren Vertrauensschutzes nur für die Versicherten der erstantragstellenden Gebietskrankenkassen) eingegriffen. Hinsichtlich der Verwendung der Rücklagen und der daraus resultierenden Aufrechterhaltung des Leistungsniveaus habe ein berechtigtes Vertrauen der zweitantragstellenden Versicherten bestanden. Die Verwendung der Rücklagen für alle "ÖGK-Versicherten" führe zu einer Verringerung des für die Versicherten der erstantragstellenden Gebietskrankenkassen zur Verfügung stehenden Vermögens (sowie zu einem dadurch bedingten Leistungsabfall). Insofern sei der Fall mit sonstigen Fällen vergleichbar, in denen eine Person durch Entzug von vermögenswerten Rechten in ihrem Vertrauen enttäuscht werde. Im Ergebnis liege eine Enttäuschung des berechtigten Vertrauens vor, die etwa mit dem Fall vergleichbar sei, dass die Methode zur Berechnung der Pension einer Person geändert werde, sodass sie einen finanziellen Nachteil erleide. In beiden Fällen würde der Betroffene durch Beiträge ein System finanzieren und schützenswertes Vertrauen erlangen, dass dieses System auch die entsprechenden Leistungen erbringe. In beiden Fällen würden die Betroffenen durch eine Gesetzesänderung in diesem Vertrauen enttäuscht, weil die ihnen zustehende Leistung nun nicht mehr erbracht werde.

Dieses Vorbringen wendet sich der Sache nach gegen die Anordnung der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (§538t ASVG idF BGBl I 100/2018) ohne gleichzeitige hinreichende, flankierende Regelungen zur beitragsbezogenen Verwendung vorhandener Rücklagen und anderer Vermögenswerte. Allein mit der Aufhebung von Detailvorschriften wie jener des §434 Abs2 Z5 leg. cit. über Aufgaben der Landesstellenausschüsse könnte ihm nicht Rechnung getragen werden. Die Antragsteller übersehen dabei weiters, dass nicht sie, sondern die jeweiligen Gebietskrankenkassen Träger der in Rede stehenden Vermögensrechte sind, sodass sie als Versicherte allenfalls in ihren wirtschaftlichen, nicht aber in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen sind. Mangels rechtlicher Betroffenheit – dass die Rechtsansprüche der Antragsteller gegen die jeweiligen Krankenversicherungsträger geändert würden, bringen sie selbst nicht vor – sind die gegen die §§434 Abs2 Z5 und 538t ASVG idF BGBl I 100/2018 aus der Perspektive dieses Vorbringens gestellten Anträge II.9. und III.1. (siehe zu Antrag II.9. auch noch sogleich im Anschluss IV. 1.1.4.8.) unzulässig.

1.1.4.8. Die zweitantragstellenden Versicherten bringen vor, die §§341 Abs1, 342 und 434 Abs2 und Abs5 ASVG idF BGBl I 100/2018 betreffend die Landesstellenausschüsse verstießen gegen die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Selbstverwaltung, da innerhalb der Versichertengemeinschaft regional unterschiedliche Interessen vorlägen, denen nur durch Entscheidungen auf regionaler Ebene entsprochen werden könne, was die Landesstellenausschüsse jedoch nicht leisten könnten. Bei zentraler Leistungsverteilung bedürfte es zumindest der Kontrollmöglichkeiten auf Landesebene sowie detaillierter Regelungen, wie etwa Verteilungsschlüssel oder gemeinsamer Leistungspläne. Zu ihrer rechtlichen Betroffenheit bringen die Zweitantragsteller vor, durch die Entscheidung über das Leistungsangebot in den einzelnen Bundesländern auf zentraler Ebene sowie die völlig fehlenden Mitwirkungsrechte der Landesstellenausschüsse sei es nicht möglich, die unterschiedlichen regionalen Interessen zu identifizieren bzw diesen zu entsprechen. Hiedurch würden die Zweitantragsteller sowohl in ihrem Recht, nur mit Personen mit gleicher Interessenlage zu einem Selbstverwaltungskörper zusammengefasst zu werden bzw in ihrem Recht, dass den unterschiedlichen Interessen innerhalb einer Versicherungsgemeinschaft in Entsprechung des Art120a B‑VG vom Selbstverwaltungskörper auch entsprochen werden könnte, verletzt. Ebenso seien sie im Recht auf eine adäquate Leistungsbereitstellung in ihren Bundesländern verletzt. Die angefochtenen Normen würden für die Zweitantragsteller nicht bloß "faktische Wirkungen" iSv Reflexwirkungen entfalten. Denn falls auch die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse vom Verfassungsgerichtshof nicht als verfassungswidrig erachtet würde, so könne man zu diesem Ergebnis nur gelangen, wenn die zweifelsfrei bestehenden unterschiedlichen Interessen auf regionaler Ebene adäquat berücksichtigt würden. Die angefochtenen Bestimmungen täten dies jedoch nicht, sodass sie im Ergebnis dazu führten, dass Personen mit unterschiedlichen Interessen (so auch die jeweiligen Zweitantragsteller mit Versicherten aus einem anderen Bundesland) zu einem Selbstverwaltungskörper zusammengefasst würden. Die Zweitantragsteller übersähen nicht die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach es kein subjektives Recht von Mitgliedern eines Selbstverwaltungskörpers, unabhängig von den Selbstverwaltungskörper konstituierenden Normen, gebe, einem bestimmten Selbstverwaltungskörper anzugehören. Daraus folge, dass es kein subjektives Recht der Mitglieder eines Selbstverwaltungskörpers auf Fortbestand dieses Selbstverwaltungskörpers gebe (Hinweis auf VfGH 1.12.2014, V53/2014, G68/2014). Die Zweitantragsteller würden aber nicht die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Selbstverwaltungskörper, sondern ihre Zusammenfassung mit Personen mit unterschiedlichen Interessen in einem Selbstverwaltungskörper als verfassungswidrig erachten.

Die §§341 Abs1 und 342 ASVG idF BGBl I 100/2018 regeln "Gesamtverträge" als Erscheinungsform der "Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Dachverbandes) zu den Ärztinnen/Ärzten und Zahnärztinnen/Zahnärzten" (so die Abschnittsüberschrift vor §340 leg. cit.; vgl auch VfSlg 17.824/2006). §434 Abs2 und Abs5 ASVG idF BGBl I 100/2018 regelt die "Aufgaben der Landesstellenausschüsse" und ihre Weisungsbindung an den Verwaltungsrat. Der Verfassungsgerichtshof vermag vor dem Hintergrund des Antragsvorbringens nicht zu erkennen, inwiefern diese Bestimmungen unmittelbar in die Rechtsphäre der Zweitantragsteller eingreifen sollten oder inwiefern die Aufhebung dieser Bestimmungen den Bedenken der Antragsteller Rechnung tragen könnte. Die auf die Aufhebung der §§341 Abs1, 342 und 434 Abs2 und Abs5 ASVG idF BGBl I 100/2018 gerichteten Anträge der Zweitantragsteller (II.9., II.11. und II.13.) sind im Hinblick auf dieses Vorbringen unzulässig.

1.1.4.9. Die zweitantragsstellenden Versicherten bringen auch Bedenken gegen die §§30, 30a, 30b, 30c, 441a und 538z ASVG idF BGBl I 100/2018 über die Organisation und die Aufgaben des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger vor: Die Abstimmungsverhältnisse im Dachverband (§441a ASVG idF BGBl I 100/2018) seien unsachlich geregelt. Die Ermächtigungen nach den §§30, 30a Abs1 und 30b Abs1, Beschlüsse mit Wirkung für die Versicherten zu fassen, widersprächen den Art120a ff. B‑VG. Die in §31 ASVG idF BGBl I 100/2018 vorgesehene Möglichkeit, "Selbstbehalte" einzuführen, sei unsachlich und stehe in Widerspruch zu den Art120a und 120c B‑VG. Die Delegation von Vorbereitungshandlungen (§§30, 30a Abs2, §30b Abs3 und 30c Abs3 ASVG idF BGBl I 100/2018) verstoße gegen Grundprinzipien der Selbstverwaltung. Infolge dieser Verfassungswidrigkeiten sei auch das Recht der Überleitungskonferenz verfassungswidrig. Zu ihrer rechtlichen Betroffenheit führen die Zweitantragsteller Folgendes aus: Die Abstimmungsverhältnisse im Dachverband führten dazu, dass dieser Richtlinien mit unmittelbarer Wirkung für die Versicherten der künftigen Österreichischen Gesundheitskasse – so auch für die Zweitantragsteller – erlassen könne, denen die Österreichische Gesundheitskasse nicht zustimme. Allerdings seien die Versicherten der Österreichischen Gesundheitskasse keine Verbandsangehörigen des Dachverbandes und sie würden an der Kreation des die Richtlinien erlassenden Organes (Konferenz der Versicherungsträger) nicht mitwirken. Die Ermächtigung des Dachverbandes zur Erlassung von Richtlinien in Angelegenheiten der §§30a Abs1 und 30b Abs1 ASVG idF BGBl I 100/2018 sowie zur Einführung eines Selbstbehaltes (§31 ASVG idF BGBl I 100/2018) greife daher zweifellos in die Rechtsphäre der Zweitantragsteller ein, weil ein Selbstverwaltungskörper, dem sie nicht selbst angehörten, in verfassungswidriger Weise Richtlinien für sie erlassen könne. Ebenso führe die Delegation von Vorbereitungshandlungen (§§30, 30a Abs2, §30b Abs3 und 30c Abs3 ASVG idF BGBl I 100/2018) vom Dachverband auf einen ihm angehörenden Versicherungsträger dazu, dass diesem de facto auch die Entscheidungsbefugnis überlassen werde. Hiedurch könnten wiederum die Versicherten der Österreichischen Gesundheitskasse (wie die Zweitantragsteller) in verfassungswidriger Weise durch einen Selbstverwaltungskörper gebunden werden, dem sie nicht angehörten. Dies verletze die Zweitantragsteller in ihrem Recht, nur durch Beschlüsse von solchen Selbstverwaltungskörpern, die sämtliche Voraussetzungen der Art120a ff. B‑VG erfüllten, gebunden zu werden.

Der Verfassungsgerichtshof muss in diesem Zusammenhang nicht abschließend beurteilen, ob die vom Dachverband zu beschließenden Richtlinien ausschließlich die ihm angehörenden Versicherungsträger (vgl idS §30 Abs3 ASVG idF BGBl I 100/2018) oder – wie die Zweitantragsteller vorbringen – auch Versicherte unmittelbar binden. Jedenfalls greifen diese Richtlinienermächtigungen ebensowenig wie die explizite Verordnungsermächtigung nach §31 ASVG idF BGBl I 100/2018 unmittelbar in die Rechtssphäre potentieller Adressaten ein. Dass auf Grundlage der §§30 bis 31 ASVG idF BGBl I 100/2018 bereits rechtseingreifende Verordnungen erlassen worden wären, behaupten auch die Zweitantragsteller nicht. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Verordnungsermächtigungen sind daher die diesbezüglichen Anträge II.18., II.20., II.22., II.24. und III.27. unzulässig. Im Ergebnis nichts anderes gilt für die angefochtenen Organisationsvorschriften des Dachverbandes (§§441a und 538z ASVG idF BGBl I 100/2018) und für die Übertragungsermächtigungen, welche die Rechtssphäre der Zweitantragsteller schon deshalb nicht unmittelbar berühren, weil sie – wie sie selbst vorbringen – nicht Mitglieder des Dachverbandes sind, so dass es sich erübrigt, auf die Frage einzugehen, inwiefern diese Vorschriften, die – mit Ausnahme von §538z leg. cit. – erst zum 1. Jänner 2020 in Kraft treten, eine aktuelle Betroffenheit begründen könnten. Daher sind auch die Anträge II.26. und III.29. als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.4.10. Die zweitantragstellenden Versicherten wenden sich auch gegen §41a ASVG idF BGBl I 98/2018 und das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG), Art1 BGBl I 98/2018. Ihre rechtliche Betroffenheit begründen sie damit, dass es infolge dieser Neuorganisation der Sozialversicherungsprüfung und des Prüfdienstes "zu einer Verringerung der Einnahmen der ÖGK" kommen werde, "was auch zu einer Verringerung der Leistungen an [die] Zweitantragsteller" führe.

Damit machen die zweitantragstellenden Versicherten jedoch bloß wirtschaftliche Reflexwirkungen geltend. Die Anträge III.31., III.33. und III.34. der zweitantragstellenden Versicherten sind daher schon aus diesem Grund unzulässig, ohne dass das Vorliegen weiterer Prozessvoraussetzungen wie etwa der Aktualität eines allfälligen Eingriffes geprüft werden müsste.

1.1.4.11. Soweit sich die drei zweitantragstellenden Versicherten gegen die §§6, 40 und 42 AlVG mit dem Argument wenden, der Kreis der in die Krankenversicherung bei den Gebietskrankenkassen bzw ab 2020 bei der Österreichischen Gesundheitskasse einbezogenen Arbeitslosen sei unsachlich abgegrenzt, indem auch solche Arbeitslose eingebunden wären, die nach sachlichen Kriterien anderen Versicherungsträgern zugeordnet werden müssten, sodass diese behauptete Unsachlichkeit einen Eingriff in die Rechte der Zweitantragsteller darstelle, ist festzuhalten, dass die Antragsteller mit dieser bloßen Behauptung eines Rechtseingriffes dem gesetzlichen Erfordernis der Begründung der unmittelbaren Wirksamkeit dieser Vorschrift (§62 Abs1 letzter Satz VfGG) nicht genügen. Somit sind die Anträge III.35., III.36., III.37. und III.40. als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.4.12. (Einzig) die zweitantragstellende Versicherte zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 bringt schließlich vor, sie sei als Dienstnehmerin bei der Kärntner Gebietskrankenkasse beschäftigt und seit 1. Mai 2002 in der Abteilung Beitragsprüfung GPLA als Beitragsprüferin tätig. Durch §15 PLABG werde sie in ihrer Funktion als Prüferin ab 1. Jänner 2020 der Finanzverwaltung zugewiesen. §15 PLABG greife durch diese "Zwangszuweisung" der Zweitantragstellerin zum Bund in das privatrechtliche Rechtsverhältnis zwischen dieser und der Erstantragstellerin ein. Der Eingriff sei auch aktuell; ein anderer zumutbarer Weg stehe nicht zur Verfügung. Die Bundesregierung hält diesen Antrag für nicht zulässig, weil im Antrag zwar die Nachteiligkeit des §15 PLABG behauptet, diese aber nicht ausgeführt werde und auch nicht erkennbar sei.

Gemäß §15 Abs1 Z2 PLABG werden Bedienstete, die zum 1. Oktober 2018 als Bedienstete einer Gebietskrankenkasse überwiegend als Prüfer im Zusammenhang mit der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben tätig waren und soweit sie am 31. Dezember 2019 unbefristet beschäftigt sind, "spätestens mit Wirksamkeit zum 1. Jänner 2020" auf unbeschränkte Dauer nach Maßgabe näherer Bestimmungen dem Bund zur Dienstleistung im Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge zugewiesen. Im Hinblick darauf, dass dieser privatrechtliche Zuweisungsakt im Einzelfall aus wichtigen, in der Person des Bediensteten gelegenen Gründen zu unterbleiben hat (§15 Abs1 zweiter Satz PLABG), steht der zweitantragstellenden Versicherten mit der Anrufung der ordentlichen Gerichte im Klagswege ein zumutbarer anderer Weg zur Verfügung, die behauptete Verfassungswidrigkeit an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Antrag II.28. der Zweitantragstellerin zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.4.13. Die Eventualanträge III.42., III.43. und III.44. der Zweitantragsteller sind aus denselben Gründen unzulässig, die auch den entsprechenden Anträgen der erstantragstellenden Gebietskrankenkassen entgegenstehen (oben IV. 1.1.2.9).

1.1.4.14. Die Anträge der jeweiligen Zweitantragssteller zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, G82, 83, 84, 85 und 86/2019 und G89, 90, 91, 92 und 93/2019 sind daher insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.5. Zu G191 und 192/2019

1.1.5.1. Vorweg ist für alle fünf Antragsteller gemeinsam festzuhalten, dass die Anträge I.2., I.4., I.6., I.8., I.10., I.12., I.14., I.16., I.18., I.20., I.22., I.24., I.26., I.28., I.30., I.32., I.33., I.36. und I.40., die sich ausschließlich auf Novellierungsanordnungen beziehen, deren Wirkungen sich nicht in der Aufhebung von Bestimmungen erschöpfen, schon aus diesem Grund unzulässig sind (vgl näher oben IV. 1.1.2.2.; zu den Anträgen I.34. und I.35. siehe unten). Entsprechendes gilt für die Anträge II.2., II.4., II.6. und II.8. des Fünftantragstellers.

1.1.5.2. Die Eventualanträge I.41. und I.42. der fünf Antragssteller sind schon aus den oben IV.1.1.2.9. näher ausgeführten Gründen als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.5.3. Zu den erst- bis viertantragstellenden Betriebskrankenkassen

1.1.5.3.1. Die Erst- bis Viertantragsteller zu G191 und 192/2019 sind als Betriebskrankenkassen Körperschaften öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit (§23 Abs1 Z2 und §32 ASVG) und Selbstverwaltungskörper. Sie hegen Bedenken einerseits gegen die Auflösung der Betriebskrankenkassen samt Übergang ihres Vermögens auf die Österreichische Gesundheitskasse (§§5a, 5b, 23, 26 und 718 ASVG idF BGBl I 100/2018), andererseits gegen das Recht des besonderen Pauschbetrages (§319a ASVG idF BGBl I 100/2018) und die damit in Zusammenhang stehenden §§119 und 315 ASVG.

Mit ihrem Hauptbedenken wenden sich die erst- bis viertantragstellenden Betriebskrankenkassen gegen ihre Auflösung (und "Fusionierung"), näherhin gegen die §§5a, 5b, 23, 26 und 718 ASVG idF BGBl I 100/2018 und die damit in Zusammenhang stehenden Übergangsbestimmungen (§§538u, 538v und 538w leg. cit.). Zu ihrer Antragslegitimation führen die erst- bis viertantragstellenden Betriebskrankenkassen aus, der mit der Auflösung eines Selbstverwaltungskörpers verbundene Verlust der Rechtspersönlichkeit stelle jedenfalls einen Eingriff in dessen Rechtssphäre dar, der unmittelbar, bestimmt und aktuell sei.

Die Bundesregierung verneint in ihrer Äußerung die Zulässigkeit der Anfechtung der §§5a und 5b ASVG; diese Bestimmungen würden Regelungen über die Errichtung einer betrieblichen Gesundheitseinrichtung enthalten, die jedoch kein Wahlrecht der antragstellenden Betriebskrankenkassen begründen, sondern eine Betriebsvereinbarung und einen Antrag des Betriebsunternehmers voraussetzen würden.

Gemäß §718 Abs8 ASVG idF BGBl I 100/2018 werden (ua) die erst- bis viertantragstellenden Betriebskrankenkassen "mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2020 aufgelöst". Diese Anordnung greift – ungeachtet der Regelung des §732 ASVG idF BGBl I 105/2019 – unmittelbar in die Rechtssphäre der Erst- bis Viertantragsteller ein. Der Eingriff ist bereits aktuell, weil es den antragstellenden Betriebskrankenkassen nicht zuzumuten ist, zuzuwarten, bis ihre Auflösung in Wirksamkeit getreten ist (VfSlg 19.894/2014). Ein anderer – zumutbarer – Weg, die Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, besteht nicht (vgl VfSlg 19.894/2014). Mit §718 Abs8 leg. cit. stehen auch dessen Abs8a (Vermögensübergang), 9 (Option zur Teilvermögensübertragung in eine Privatstiftung), 10 (Modalitäten des Vermögensüberganges) und 10a (Personalübergang) sowie §23 und §26 (ausschließliche Zuständigkeit der Österreichischen Gesundheitskasse) ASVG idF BGBl I 100/2018 in nicht offenkundig trennbarem Zusammenhang. Die Anträge I.1., I.3., I.7., I.9., I.11., I.21. und I.23. sind daher zulässig.

Entsprechendes gilt für die §§538t, 538u, 538v und 538w ASVG idF BGBl I 100/2018, sodass auch die Anträge I.19., I.25., I.27. und I.29. zulässig sind.

Antrag I.5. (bezüglich §718 Abs8b ASVG idF BGBl I 100/2018) ist unzulässig, da er sich ausschließlich auf die – hier nicht antragstellende – Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe bezieht; die Regelung ist offenkundig trennbar.

1.1.5.3.2. Soweit sich die antragstellenden Betriebskrankenkassen gegen die §§5a und 5b ASVG idF BGBl I 100/2018 über die Möglichkeit zur Errichtung von betrieblichen Gesundheitseinrichtungen wenden, haben sie nicht dargelegt, inwiefern sie von diesen Vorschriften unmittelbar nachteilig betroffen sind, bringen sie doch selbst vor, von dieser Option nicht Gebrauch machen zu wollen. Die auf die Aufhebung der §§5a und 5b ASVG idF BGBl I 100/2018 sowie der damit unmittelbar zusammenhängenden §§5 Abs1 Z9 und 152 Abs2 leg. cit. gerichteten Anträge I.13., I.15., I.17. und I.39. sind daher als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.5.3.3. Soweit sich die Erst- bis Viertantragsteller gegen die §§119, 315 und 319a ASVG (ua idF BGBl I 100/2018) wenden, sind diese Anträge (I.31. bis I.38.) schon aus den oben ausgeführten Gründen (vgl IV. 1.1.2.5.) wegen der Zumutbarkeit eines anderen Weges, diese Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, unzulässig.

1.1.5.4. Zum fünftantragstellenden Versicherten

1.1.5.4.1. Der Fünftantragsteller ist Pensionist und als solcher bei der erstantragstellenden Betriebskrankenkasse versichert. Er macht seine Bedenken als Krankenversicherter bei der erstantragstellenden Betriebskrankenkasse geltend. Mit seinem ersten Bedenken wendet er sich der Sache nach gegen die Einbeziehung "seiner" Betriebskrankenkasse in die Österreichische Gesundheitskasse, mit seinem zweiten Bedenken gegen das Recht des "besonderen Pauschbetrages", mit seinem dritten Bedenken gegen die "paritätische Besetzung" des Verwaltungsrates der Österreichischen Gesundheitskasse, mit seinem vierten Bedenken gegen die Mitgliederzahl dieses Verwaltungsrates und mit seinem fünften Bedenken gegen den "Übergang des Vermögens".

1.1.5.4.2. Die auf die Anfechtung der Auflösung der erstantragstellenden Betriebskrankenkasse gerichteten Anträge (I.1. bis I.29.) des Fünftantragstellers sind schon aus den oben IV. 1.1.4.2.ausgeführten Gründen unzulässig.

Soweit sich der Fünftantragsteller gegen das Recht des besonderen Pauschbetrages (§§119, 315 und 319a ASVG idF BGBl I 100/2018), gegen die "paritätische Besetzung des Verwaltungsrats der ÖGK" (§§426 und 430 leg. cit.) sowie gegen die "Mitgliederanzahl des Verwaltungsrats" (§§427 Z1 und §421 leg. cit.) wendet, entsprechen sowohl die vorgebrachten Bedenken als auch die Darlegungen zur Antragslegitimation der Sache nach jenen der drei antragstellenden Versicherten in den Verfahren zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019. Die diesbezüglichen Anträge (I.31. bis I.38. und II.1. bis II.8.) des Fünftantragstellers sind aus den dort dargestellten Gründen (vgl IV. 1.1.4.3., IV. 1.1.4.4. und IV. 1.1.4.5.), auf die verwiesen wird, mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.5.4.3. Das letzte Bedenken des Fünftantragstellers richtet sich gegen den "Übergang des Vermögens"; §718 Abs8a und Abs9 ASVG idF BGBl I 100/2018 verstoße gegen den Gleichheitssatz und verletzte den Vertrauensschutz. Lediglich im Falle der (alternativen) Schaffung von betrieblichen Gesundheitseinrichtungen würde das Vermögen der ehemaligen Betriebskrankenkassen bei dieser Einrichtung verbleiben. Allerdings handle es sich diesfalls weder um einen Krankenversicherungsträger noch um einen Selbstverwaltungskörper, sodass de facto nicht von einer "Wahlmöglichkeit" der Betriebskrankenkasse zwischen betrieblicher Gesundheitseinrichtung und Fusionierung zur Österreichischen Gesundheitskasse gesprochen werden könne. Weiters käme zwar die Verfügung über das Vermögen theoretisch der über Rechtspersönlichkeit verfügenden Gesundheitseinrichtung zu, die allerdings in der Praxis sämtliche relevanten Entscheidungen nicht treffen könne (etwa mangels Einbeziehung in Verhandlungen von Gesamt- und Einzelverträgen). Durch die Fusionierung gingen den Versicherten der Betriebskrankenkassen erhebliche Rücklagen und Vermögen verloren, die durch ihre Beiträge gespeist worden seien. Die in §718 Abs9 ASVG idF BGBl I 100/2018 vorgesehene Möglichkeit, Teile dieses Vermögens in eine Privatstiftung einzubringen, sei kein adäquater Ersatz. Zu seiner Antragslegitimation führt der Fünftantragsteller aus, auf Grund des Übergangs des Vermögens der erstantragstellenden Betriebskrankenkasse auf die Österreichische Gesundheitskasse würden die durch die Beiträge der Versicherten der Erstantragstellerin finanzierten Rücklagen der ausschließlichen Verwertung für die Versicherten der Erstantragstellerin – und sohin auch dem Fünftantragsteller – entzogen. Hiedurch werde in das Recht des Fünftantragstellers auf eine verfassungskonforme Verwendung der Rücklagen (in Entsprechung des Gleichheitssatzes sowie des daraus ableitbaren Vertrauensschutzes nur für die Versicherten der Erstantragstellerin) eingegriffen. Bezüglich der Verwendung der Rücklagen und der daraus resultierenden Aufrechterhaltung des Leistungsniveaus habe ein berechtigtes Vertrauen des Fünftantragstellers bestanden. Der Übergang des Vermögens auf die Österreichische Gesundheitskasse und die damit verbundene Verwendung für alle "ÖGK-Versicherten" führe zu einer Verringerung des für die Versicherten der Erstantragstellerin zur Verfügung stehenden Vermögens. Der Eingriff sei aktuell, weil ein Zuwarten mit der Anfechtung bis zum ex lege bewirkten Übergang des Vermögens der Erstantragstellerin auf die Österreichische Gesundheitskasse nicht zumutbar sei.

1.1.5.4.4. Die Betriebskrankenkassen sind Träger der Krankenversicherung (§23 Abs1 Z2 ASVG) und Körperschaften öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit (§32 ASVG). Gemäß §718 Abs8 ASVG idF BGBl I 100/2018 werden die bestehenden Betriebskrankenkassen mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2020 aufgelöst. Das zum Stichtag 31. Dezember 2019 vorhandene Vermögen und die Verbindlichkeiten der (erstantragstellenden) Betriebskrankenkassen gehen gemäß §718 Abs8a leg. cit. (grundsätzlich; vgl Abs9 leg. cit. zur Möglichkeit der Errichtung einer Privatstiftung mit Speisung aus Teilen der Mittel der jeweiligen Betriebskrankenkasse) auf die Österreichische Gesundheitskasse über, es sei denn, es würde mittels Betriebsvereinbarung eine betriebliche Gesundheitseinrichtung (§§5a und 5b leg. cit.) errichtet.

Träger des gemäß §718 Abs8a ASVG idF BGBl I 100/2018 (grundsätzlich) auf die Österreichische Gesundheitskasse übergehenden Vermögens der Betriebskrankenkassen sind daher sie und nicht die bei diesen Betriebskrankenkassen Versicherten. Der in Rede stehende Vermögensübergang berührt daher – nicht anders als bei Versicherten bei Gebietskrankenkassen (vgl dazu oben IV. 1.1.4.7.) – allenfalls wirtschaftliche Interessen der bei den bestehenden Betriebskrankenkassen Versicherten, greift jedoch nicht in deren Rechtssphäre ein. Schon aus diesem Grund erweisen sich die Anträge I.3., I.5., I.7. und I.9. des Fünftantragstellers als unzulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003, 19.894/2014).

2.2. Die Anträge sind – soweit zulässig – nicht begründet:

2.3. Zur Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen

2.3.1. Die Oberösterreichische, die Steiermärkische und die Kärntner Gebietskrankenkasse (G67, 68, 69, 70 und 71/2019, G82, 83, 84, 85 und 86/2019 und G89, 90, 91, 92 und 93/2019) begründen ihre Bedenken gegen die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen, die gegen das allgemeine Sachlichkeitsprinzip (Art7 B‑VG, Art2 StGG) sowie gegen die verfassungsrechtlichen Prinzipien derSelbstverwaltung(Art120a ff. B‑VG) verstieße, auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt:

2.3.1.1. Zwar genössen Gebietskrankenkassen keinen Bestandsschutz, der Gesetzgeber sei bei der Auflösung aber an das Sachlichkeitsgebot gebunden, sodass die Auflösung "schlüssig begründet" sein und die Fusion gegenüber dem bisherigen System Vorteile aufweisen müsse. Diesen Anforderungen würde die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen nicht gerecht. Die parlamentarischen Materialien würden die Fusion primär mit einer Einsparung von Verwaltungskosten begründen. Hiezu fehlten aber detaillierte Berechnungen, was auf eine mangelnde Planung zurückzuführen sei. Da die Verwaltungskosten schon derzeit niedrig seien, wären die Einsparungsmöglichkeiten ebenfalls gering. Eine fundierte Berechnungsgrundlage fände sich in der Wirkungsfolgenabschätzung der Regierungsvorlage nicht (sie würde noch dazu vom Ministerialentwurf abweichen). Die Darstellung der finanziellen Auswirkungen entspreche nicht den Anforderungen des §17 Bundeshaushaltsgesetz. Vielmehr wäre mit neuen Kosten (Fusions- und andere Kosten) zu rechnen. Die Fusion bewirke per se auch keine Leistungsharmonisierung oder Leistungsverbesserung; diese Ziele könnten auch ohne Fusion erreicht werden. Die Zentralisierung führe sogar zu einer Verschlechterung der Leistungen, da nicht mehr auf regionale Unterschiede eingegangen werden könne. Auch drohe eine Monopolstellung der Österreichischen Gesundheitskasse bezüglich Heilbehelfen und Heilmitteln, die "jedoch in Hinblick auf die Vertragspartner unsachlich" sei.

2.3.1.2. Die Zusammenlegung verstoße auch gegen verfassungsrechtliche Prinzipien der Selbstverwaltung (Art120a ff. B‑VG). Der Gesetzgeber dürfe nur Personen zur selbständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse gelegen und geeignet seien, durch sie gemeinsam besorgt zu werden, zu Selbstverwaltungskörpern zusammenfassen (Hinweis auf VfSlg 8215/1977). Allerdings sei hinsichtlich der Versicherten der Österreichischen Gesundheitskasse bereits fraglich, ob ein "überwiegendes gemeinsames Interesse" vorliege, weil durch die Fusionierung 80 – 85 % der Gesamtbevölkerung in der Österreichischen Gesundheitskasse zusammengefasst würden, gleichzeitig jedoch unterschiedliche Bedürfnisse und somit Interessen hinsichtlich des Leistungsangebotes bestünden. In den verschiedenen Bundesländern seien verschiedene Leistungsangebote erforderlich. Die Österreichische Gesundheitskasse sei allerdings zentralistisch organisiert und die Länder verfügten über keine effektiven Mitspracherechte. Es wäre sogar möglich, dass nur Angehörige eines einzigen Bundeslandes im Verwaltungsrat vertreten seien. Dennoch übertrage der Gesetzgeber der Österreichischen Gesundheitskasse die Aufgabe, für jedes einzelne Bundesland das Leistungsangebot zu regeln. Die Versicherten in Wien etwa hätten jedoch "kein Interesse" daran, "wie viele Hausärzte in einem bestimmten Dorf in Vorarlberg" angesiedelt seien. Die Leistungsverteilung in den Bundesländern liege nur im Interesse jener Versicherten, die dort ansässig seien. Die Zusammenfassung beinahe der gesamten Bevölkerung Österreichs zur Österreichischen Gesundheitskasse führe sogar dazu, dass die Interessen der Versicherten gegenläufig seien. Die Fusion verstoße auch gegen das Subsidiaritätsprinzip, das den Kern der Selbstverwaltung bilde. Eine kleinere Einheit solle Aufgaben, die nur sie selbst betreffe, auch selbst besorgen.

2.3.1.3. Auch die Zusammensetzung des in der Österreichischen Gesundheitskasse versicherten Personenkreises sei unsachlich. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass sämtliche in den Gebietskrankenkassen versicherte Personen iSv Art120a B‑VG einen Personenkreis mit überwiegend gleichen Interessen darstellten. Vor dem Hintergrund der völlig neuen Zusammensetzung des Selbstverwaltungskörpers Österreichische Gesundheitskasse erscheine es in höchstem Maße fraglich, weshalb der Gesetzgeber nicht auch andere Personen mit denselben Interessen wie "ÖGK-Versicherte", konkret Personengruppen, die bislang in der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau versichert waren, in die Österreichische Gesundheitskasse aufgenommen habe. Es komme auch zu einer Zusammenlegung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) und der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) zur BVAEB. Hiezu würden die bislang bei der VAEB in der Kranken- und Unfallversicherung versicherten Personen in das B-KUVG übertragen. Nach den Materialien komme es für die Zuordnung darauf an, zu welchem Dienstgeber ein Dienstverhältnis bestehe. Bei der BVAEB seien alle unselbständig Beschäftigen versichert, die ein Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft hätten, oder bei einem Unternehmen tätig seien, das in der Vergangenheit ein Staatsbetrieb gewesen sei, oder ein Dienstverhältnis zu einem Unternehmen hätten, das Tätigkeiten ausführe, die in der Vergangenheit üblicherweise ein Staatsbetrieb ausgeführt hat (zB Schienenverkehrsunternehmen; Hinweis auf Erläut zur RV 329 BlgNR 26. GP , 4). Nach den Materialien könne es keinen Unterschied machen, ob eine Tätigkeit für einen früheren Staatsbetrieb oder für ein später gegründetes privates Unternehmen ausgeübt werde. Allerdings umfasse die Zuordnung auch Beschäftigtengruppen, für die es fraglich erscheine, nach welchen Kriterien der Gesetzgeber die Zuordnung vorgenommen habe, und die weitaus stärkere Bezüge zu den Gebietskrankenkassen aufweisen würden. Teilweise handle es sich bislang sogar um ASVG‑Versicherte. So seien Privatbahnbedienstete und Bergbaubeschäftigte hinsichtlich der Barleistungen dem ASVG unterlegen. Sie würden nunmehr der Kranken- und Unfallversicherung nach dem B-KUVG, für den Bereich der Pensionsversicherung aber weiterhin dem ASVG unterliegen. Bei diesen Beschäftigten handle es sich ua um Liftwarte und andere Beschäftigte von Bergbahnen, um Salinenarbeiter und -angestellte, um Busfahrer bei privaten Verkehrsbetrieben und um Arbeiter und Angestellte in der Mineralölindustrie. Diese fänden sich nun in einer Versichertengemeinschaft mit Beamtengruppen wie Universitätsprofessoren und Gymnasiallehrern, Staatsanwälten und Mitarbeitern der Finanzbehörden wieder. Ein schlüssiger Zusammenhang bestehe nicht, und zwar weder im Hinblick auf die (öffentlich- oder privatrechtliche) Rechtsform des Arbeitsverhältnisses, noch im Hinblick auf besondere, leistungsrechtliche Bedarfssituationen (wie besondere Gesundheitsbelastungen). Auch historisches Herkommen gebe keine Rechtfertigung. Infolge der Zuordnung der genannten Personengruppen zu den ehemaligen BVA-Versicherten werde es nötig sein, für die unterschiedlichen Versichertengruppen "eigene Regelwerke" zu schaffen, was den Grundsätzen der Selbstverwaltung (Personen mit überwiegend gleichen Interessen zusammenzufassen) widerspreche. Diese willkürliche Zusammenfassung von Personengruppen mit völlig unterschiedlichen Risken und Beschäftigungsverhältnissen verstärke den Eindruck, dass der Gesetzgeber bei der Ausarbeitung des SV-OG nicht die Vorgaben des Art120b B‑VG, sondern rein politische und unsachliche Zwecke verfolgt habe.

2.3.1.4. Die Regelungen über den Überleitungsausschuss (§§538u bis 538w ASVG idF BGBl I 100/2018) seien schließlich verfassungswidrig, weil sie eine verfassungswidrige Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen vorbereiten würden.

2.3.2. Die Tiroler Gebietskrankenkasse (G99, G100 und G101/2019) legt ihre Bedenken wie folgt dar:

2.3.2.1. Der Befugnis zu Auflösung bestehender Selbstverwaltungskörper seien jedenfalls durch das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums und durch das allgemeine Sachlichkeitsgebot Grenzen gesetzt. §538t ASVG verstoße gegen beide Grundrechte. Aus dem Effizienzgebot (Hinweis auf VfSlg 17.023/2003) folge, dass Selbstverwaltungskörper, gemessen an den ihnen übertragenen Aufgaben, zweckmäßig zu gestalten seien, sodass eine diesen Grundsätzen entsprechende Verwaltungsführung gewährleistet sei. Aus dem "Prinzip der Systemkontinuität" (Hinweis auf Öhlinger, Die Bedeutung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, DRdA 2002, 191 [192]) ergebe sich ferner, dass Effizienzgewinne nicht bloß behauptet, sondern bei Umstrukturierungen auch belegt werden müssten. Es sei weder empirisch belegt noch mit plausiblen Argumenten belegbar, dass die Fusion der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse tatsächlich zu Effizienzgewinnen führe. §538t ASVG verstoße gegen Art7 B‑VG, "da sich aus dem Sachlichkeitsprinzip des Art7 B‑VG ein Gebot zur Darlegung von Effizienzgewinnen bei Zusammenlegungen von Selbstverwaltungskörpern" ergebe. Zwar komme Selbstverwaltungskörpern keine "allgemeine Existenzgarantie" zu, sehr wohl jedoch eine "abgeschwächte Bestandsgarantie". Eine Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen sei auf Grund des "Prinzips des Systemkontinuität" nur dann zulässig, wenn die für die Zusammenlegung ins Treffen geführten Gründe – im konkreten Fall also die behauptete Effizienzsteigerung – auch tatsächlich vorlägen. Da derartige "Nachweise" nicht vorlägen, verstoße §538t ASVG gegen Art120a B‑VG. Die Neuorganisation bewirke auch keine Vereinheitlichung im Beitrags- und Leistungsrecht. Im Bereich des Leistungsrechtes würde die Zusammenführung eine noch stärkere Ausdifferenzierung zwischen Dienstnehmern, öffentlich Bediensteten und Selbstständigen bewirken. Mangels Effizienzgewinnen im Leistungs- und Beitragsrecht stelle sich die Bildung eines so großen, einzelnen Versicherungsträgers wie der Österreichischen Gesundheitskasse als kontraproduktiv dar, zumal die Betriebskrankenkassen ebenso wie die Krankenfürsorgeanstalten auf Landes- und Gemeindeebene von einer Vereinheitlichung ausgenommen seien. Mangels belegbarer Vorteile im Sinn von Effizienzgewinnen verstoße die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen gegen das aus Art7 B‑VG abzuleitende "Prinzip der Systemkontinuität" sowie die "beschränkte Bestandsgarantie" von Selbstverwaltungskörpern.

2.3.2.2. In Zuge der Fusion verlören die bestehenden Gebietskrankenkassen ihre Rechtspersönlichkeit. Alle ihre Rechte und Verbindlichkeiten würden auf die Österreichische Gesundheitskasse übergehen. Dies betreffe auch die vorhandenen allgemeinen Rücklagen der Gebietskrankenkassen. Diese würden ebenso wie die Leistungssicherungsrücklagen sowie die besonderen Rücklagen der Österreichischen Gesundheitskasse zufließen. (Die Leistungssicherungsrücklagen betrügen bei der Antragstellerin 91,9 Millionen Euro, die besonderen Rücklagen 4,4 Millionen Euro). Da die Landesstellenausschüsse an die Weisungen des Verwaltungsrates gebunden seien, könne auch nicht davon gesprochen werden, dass es zu einem Verbleib der Rücklagen im jeweiligen Bundesland komme (wie die Bundesregierung behauptet habe). Durch die Fusion zur Österreichischen Gesundheitskasse und die damit einhergehende Übertragung der gesamten vorhandenen Rücklagen werde in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise in das verfassungsgesetzlich geschützte Recht auf Eigentum der Antragstellerin eingegriffen. Diese Eigentumsbeschränkung sei rechtswidrig, weil sie in ein bestehendes Vermögensrecht "ohne irgendeinen Ausgleich" eingreife und daher als "entschädigungslose Eigentumsentziehung" und somit "exzessiver (unverhältnismäßiger) Eigentumseingriff" anzusehen sei, weil es an einem "billigen Ausgleich" zwischen den Erfordernissen des allgemeinen Interesses und denen des Grundrechtschutzes des Einzelnen fehle. Aus Art7 B‑VG ergebe sich die Notwendigkeit einer strengen sachlichen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber Regelungen vorsehe, welche "Vermögen einem Rechtsträger entziehen und einem anderen zuweisen" (Hinweis auf VfGH 3.7.2015, G239/2014 ua, V14/2015 ua). Dies im Besonderen, wenn man bedenke, dass es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes "schlechthin unzulässig ist, besondere Nachteile, die einem Versicherungsträger […] aufgrund einer bestimmten Gestaltung des Gesamtsystems entstehen, durch Zahlungen zwischen den Versicherungsträgern auszugleichen" (Hinweis auf VfSlg 11.368/1987, 14.782/1997, 15.040/1997). Da mit §538t Abs1 ASVG ein bestehendes System zu einem "Ausgleichsfonds" entwickelt werde, bedürfe dies "einer besonderen sachlichen Rechtfertigung" (Hinweis auf VfSlg 11.368/1987, 14.782/1997, 15.040/1997). Eine solche Rechtfertigung lege der Gesetzgeber weder in den Materialien dar, noch sei sie überhaupt vorhanden. Somit liege ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums vor.

2.3.3. Die Bundesregierung tritt diesen Bedenken wie folgt entgegen:

2.3.3.1. Die Bundesregierung hegt in ihrer Äußerung zunächst Zweifel, ob Vorschriften des Staatsorganisationsrechtes überhaupt am Maßstab des Gleichheitssatzes (und des aus ihm abgeleiteten Sachlichkeitsgebotes) zu messen wären (Hinweis auf Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz [2008] 275 ff.). Auch wenn man Regelungen der Staatsorganisation am Sachlichkeitsgebot zu messen habe, würde "eine straffere Gestaltung dieser Staatsorganisation per se das Gebot der Sachlichkeit" erfüllen.

2.3.3.2. Zum Argument, wonach die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse nicht mit Einsparungen, sondern nur mit Kosten verbunden sei, hält die Bundesregierung fest, dass sich die Beurteilung der Sachlichkeit und Effizienz der Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger weder aus einem Gesetzestext noch aus Erläuterungen hiezu ergeben könne. Einer im Gesetz oder in den Erläuterungen darzulegenden Planung der Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger bedürfe es daher von vornherein nicht. Aus einer von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen ökonomischen Studie gehe hervor, dass die Tatsachenausführungen der Antragssteller unrichtig seien (die Studie wurde der Äußerung beigelegt und zum Inhalt der Äußerung erhoben). Soweit moniert werde, dass die Betroffenen bei der Vorbereitung der Zusammenlegung nicht eingebunden worden wären, hält die Bundesregierung entgegen, dass ein diesbezügliches verfassungsrechtliches Gebot nicht bestehe; die Erlassung von Gesetzen habe durch die zuständigen, demokratisch legitimierten Organe der Gesetzgebung zur erfolgen. Dem behaupteten Fehlen von Kontrollvorkehrungen zur Vorbeugung von Fehlentwicklungen hält die Bundesregierung entgegen, dass allfällige, künftige und nicht vorhersehbare Fehlentwicklungen eine gesetzliche Bestimmung nicht mit Verfassungswidrigkeit belasten würden. Soweit in den Anträgen vorgebracht werde, dass mit der Zusammenlegung keine Leistungsharmonisierung vorgenommen werde und eine solche auch keiner Zusammenlegung bedürfe, hält die Bundesregierung entgegen, dass es sich bei der Neuordnung der Sozialversicherung um eine (erste) organisatorische Maßnahme zu einem modernen Sozialversicherungsrecht handle. Soweit die Antragsteller darauf hinweisen würden, dass das Leistungsrecht der Krankenversicherungsträger bereits weitgehend harmonisiert sei, würde dies eine Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger umso mehr rechtfertigen. Grundsätzlich seien aber Fragen der Organisation und der Aufgabenbesorgung voneinander zu trennen. Lediglich eine Organisation, welche die Aufgabenbesorgung "verunmöglicht", könnte sich als unsachlich erweisen. Dies würden aber auch die Antragsteller nicht behaupten.

2.3.3.3. Nach Auffassung der Bundesregierung gebiete auch das föderale System der Bundesverfassung nicht, bestimmte Angelegenheiten, die in Vollziehung Bundessache seien, durch föderal organisierte Selbstverwaltungskörper besorgen zu lassen, zumal diese Angelegenheiten auch durch staatliche Behörden besorgt werden könnten. Art102 Abs2 B‑VG erlaube sogar, die Angelegenheiten des Sozialversicherungswesens in unmittelbarer Bundesverwaltung durch eine (einzige) Bundesbehörde besorgen zu lassen.

2.3.3.4. Dem Argument der Zusammenfassung von Personen unterschiedlichster Interessenlage hält die Bundesregierung entgegen, dass es nicht naheliege, dass allein auf Grund des Beschäftigungsortes (der für die örtliche Zuständigkeit der Gebietskrankenkasse maßgeblich sei) die Gemeinsamkeit des Interesses verloren gehe. Die bisherige Ausgestaltung der Organisation der Krankenversicherungsträger anhand (idR) föderaler Gesichtspunkte sei bloß historisch bedingt. Auf die Frage, ob auch eine Zusammenfassung der gesamten Wohnbevölkerung zu einem Selbstverwaltungskörper zulässig sei, brauche nicht eingegangen zu werden, weil dies nicht der Fall sei. Auch sei der bisherigen Organisation der Sozialversicherung die Einrichtung großer Selbstverwaltungskörper nicht fremd (der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt würden etwa 4,8 Millionen Versicherte angehören). Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes könne es zulässig und auch geboten sein, auf Grund von Unterschieden innerhalb der im Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personenmehrheit das Beitrags- und Leistungsrecht differenzierend auszugestalten (Hinweis auf VfSlg 11.469/1987, 15.859/2000). Ein "Subsidiaritätsprinzip" sei in Bezug auf die sonstige Selbstverwaltung nicht normiert.

2.3.3.5. Dem Argument der unsachlichen Abgrenzung des Personenkreises hält die Bundesregierung entgegen, dieses Argument laufe darauf hinaus, dass es verfassungsrechtlich geboten wäre, alle Personen mit einem gemeinsamen Interesse in denselben Verwaltungskörper zusammenzufassen. Wäre dies zutreffend, würde sich auch das bisherige System der Organisation der Krankenversicherung auf Grund des ASVG als verfassungswidrig erweisen, weil auch nach der bisherigen Rechtslage die auf Grund des ASVG Krankenversicherten, die ein gemeinsames Interesses hätten, in verschiedenen Selbstverwaltungskörpern (Gebiets- und Betriebskrankenkassen) zusammengefasst wären. Allein die Zusammenlegung der bisherigen Gebiets- und Betriebskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse könne jedoch nicht bewirken, dass die bei einem anderen Krankenversicherungsträger Versicherten nun auch bei der Österreichischen Gesundheitskasse versichert sein müssten.

2.3.4. Die Bedenken der antragstellenden Gebietskrankenkassen sind nicht berechtigt:

2.3.4.1. Die Gebietskrankenkassen sind (wie die Betriebskrankenkassen) als Sozialversicherungsträger Körperschaften öffentlichen Rechts (§32 ASVG) und Selbstverwaltungskörper iSd Art120a ff. B‑VG. Die Art120a ff. B‑VG garantieren nicht per se die Existenz von Gebietskrankenkassen (Wiederin, Verfassungsrechtliche Probleme des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes, RdM 2019, 239 [241]; vgl weiters VfSlg 19.919/2014; Mayer/Muzak, B‑VG-Kommentar5 [2015] 417; Rill, Die Verankerung der Sozialpartner und ihres Dialogs in Art120a Abs2 B‑VG, ZfV 2008, 730 [737]; Rill/Stolzlechner, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, Art120a B‑VG Rz 55 [6. Lfg. 2010]) und verbieten nicht deren Auflösung oder Zusammenlegung (vgl abermals nur zB Wiederin, RdM 2019, 241; allgemein Rill/Stolzlechner, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, Art120a B‑VG Rz 8 [6. Lfg. 2010]). Auch die antragstellenden Gebietskrankenkassen behaupten nicht, dass die Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse jedenfalls gegen die Art120a ff. B‑VG verstoßen würde, etwa weil diesen Bestimmungen eine verfassungsrangige Bestandsgarantie zugunsten der Gebietskrankenkassen zu entnehmen wäre. Vielmehr vertreten sie die Auffassung, die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse verstoße gegen den Gleichheitssatz und gegen verfassungsrechtliche Prinzipien der Selbstverwaltung.

2.3.4.2. Entgegen der Auffassung der antragstellenden Gebietskrankenkassen liegt es prinzipiell im Rahmen des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des einfachen Gesetzgebers, eine ihm als rechtspolitisch zweckmäßig erscheinende Reform vorzunehmen und eine wenn auch bewährte Rechtslage durch eine ihm günstiger erscheinende zu ersetzen, ohne sich hiefür im Einzelnen rechtfertigen zu müssen. In diesem Zusammenhang würden auch unvollständige, in sich widersprüchliche oder nicht nachvollziehbare Gesetzesmaterialien oder solche Angaben in der bloß einfachgesetzlich vorgesehenen (§17 Bundeshaushaltsgesetz) "wirkungsorientierten Folgenabschätzung" keine Verfassungswidrigkeit des Gesetzes, auf das sie Bezug haben, zur Folge haben. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch nicht zu finden, dass der Gesetzgeber mit der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse und mit den damit verknüpften Erwartungen wie Einsparungen und Effizienzsteigerungen die ihm zustehende rechtspolitische Einschätzungsprärogative überschritten hätte.

2.3.4.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem, auch auf das Effizienzprinzip Bezug nehmenden Erkenntnis VfSlg 17.023/2003 ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber infolge des Effizienzprinzipes als einer besonderen Ausprägung des Sachlichkeitsgebotes obliege, "Selbstverwaltungskörper gemessen an den ihnen übertragenen Aufgaben zweckmäßig, dh so zu gestalten, dass eine diesen Grundsätzen entsprechende Verwaltungsführung gewährleistet ist". Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu finden, dass die Zusammenführung von neun länderweise eingerichteten Gebietskrankenkassen zu einer bundesweiten Gesundheitskasse zwangsläufig zur Folge hätte, dass eine zweckmäßige und effiziente Verwaltungsführung nicht mehr gewährleistet wäre.

2.3.4.4. Die kritisierten "Mittelabschöpfungen" von Krankenversicherungsträgern, die durch andere Reformpunkte des SV-OG (etwa durch die Reform von §319a ASVG) erfolgen, stehen mit der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen in keinem rechtlich zwingenden Zusammenhang und belasten diese daher nicht mit Verfassungswidrigkeit.

2.3.4.5. Die antragstellenden Gebietskrankenkassen bringen ferner vor, dass die in der Österreichischen Gesundheitskasse zusammengefassten Personenkreise unsachlich abgegrenzt seien.

Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Auffassung nicht: Zwar mögen regionale Unterschiede zwischen den Mitgliedern der künftigen Gesundheitskasse hinsichtlich ihrer Interessen und Bedürfnisse an einem Krankenversicherungssystem existieren. Diese sind jedoch erfahrungsgemäß nicht so groß wie etwa solche Interessen- und Bedürfnisunterschiede zwischen verschiedenen Berufsgruppen, wie beispielsweise zwischen Büroangestellten einerseits und Industriearbeitern andererseits. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in der Vergangenheit mehrfach betont hat, kommt dem Gesetzgeber bei der Einbeziehung von Personen in den Kreis der Versicherungspflichtigen eines Versicherungsträgers ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl VfSlg 14.842/1997, 16.007/2000; ferner zum Spielraum bei der Zuordnung zu beruflichen Selbstverwaltungskörpern VfSlg 19.017/2010). In Folge dieses Spielraumes steht es dem Gesetzgeber auch zu, unterschiedliche Berufsgruppen zu verschiedenen Körpern der sozialen Selbstverwaltung zusammenzufassen. Der Verfassungsgerichtshof vermag daher dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er in der künftigen Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau neben Staatsbediensteten auch Dienstnehmer erfasst, die überwiegend in staatseigenen Betrieben beschäftigt waren oder sind. Dem verschlägt auch nichts, wenn infolge gesetzlicher Anknüpfung an typischerweise staatsnahe Wirtschaftsbereiche wie etwa Eisenbahnbetriebe teilweise auch Dienstnehmer privater Unternehmen in dieser Versicherungsanstalt erfasst werden. Dass schließlich – wie die antragstellenden Gebietskrankenkassen ausführen – in der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau beispielsweise Salinenarbeiter oder Liftwarte mit Staatsanwälten und Universitätsprofessoren zu einer Krankenversicherung zusammengefasst würden, schadet ebenso wenig wie die Zusammenfassung von Industriearbeitern mit leitenden Angestellten in der Österreichischen Gesundheitskasse.

2.3.4.6. Soweit die Tiroler Gebietskrankenkasse schließlich meint, durch die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse werde unverhältnismäßig in ihr Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (an ihren Rücklagen) eingegriffen, genügt es darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der Rechte gemäß Art5 StGG und Art1 des 1. ZPEMRK Rechtspersönlichkeit voraussetzt, diese Rechte aber keine Bestandsgarantie für das Weiterbestehen der Rechtspersönlichkeit bieten (VfSlg 19.919/2014). Die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse verletzt sie daher nicht in ihrem Recht auf Unversehrtheit des Eigentums. Ebenso wenig vermag sie die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verfassungsrechtlichen Grenzen der Einrichtung eines Fonds zum Ausgleich zwischen rechtlich selbständigen Versicherungsträgern zugunsten ihres Standpunktes ins Treffen zu führen, weil eine Zusammenlegung ehemals selbständiger Rechtsträger nicht mit Zahlungsverpflichtungen zwischen weiterhin eigenständigen Rechtsträgern gleichzuhalten ist.

2.3.4.7. Treffen aber die von den antragstellenden Gebietskrankenkassen vorgebrachten Bedenken gegen die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse nicht zu, so gehen auch die davon abgeleiteten Bedenken gegen den Überleitungsausschuss (§§538u ff. ASVG), dass dieser eine verfassungswidrige Zusammenlegung vorbereiten würde, ins Leere.

2.3.5. Damit erweisen sich die Bedenken der antragstellenden Gebietskrankenkassen gegen die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse insgesamt als nicht berechtigt, weshalb die diesbezüglichen Anträge abzuweisen sind.

2.4. Zur Auflösung der Betriebskrankenkassen

2.4.1. Die vier antragstellenden Betriebskrankenkassen (G191 und 192/2019) führen zur Darlegung ihrer Bedenken wie folgt aus:

2.4.1.1. Der Gesetzgeber sei bei der Auflösung der Betriebskrankenkassen an das allgemeine Sachlichkeitsgebot gebunden, sodass die Auflösung schlüssig begründet sein und die Fusionierung gegenüber dem bisherigen System Vorteile aufweisen müsse. Diesen Anforderungen werde die Zusammenlegung der Betriebskrankenkassen nicht gerecht. Die in den Gesetzesmaterialien angegebene Begründung der Fusion mit der Einsparung von Verwaltungskosten stelle keine taugliche Rechtfertigung für die Auflösung der Betriebskrankenkassen dar, weil deren Verwaltungskosten im Regelfall durch den Betriebsunternehmer bestritten würden, sodass weder die Versicherten noch der Staat hiefür aufkommen müssten. Ebenso wenig sei der bloße Wunsch nach einer "Bereinigung der Trägerlandschaft" eine geeignete Begründung; dieses Ziel könne nur in Kombination mit daraus resultierenden Vorteilen einen Rechtfertigungsgrund darstellen. Einsparungen in einer angemessenen Höhe seien durch die Zusammenlegung nicht erzielbar. Vielmehr komme es zu Fusionskosten und weiteren Kosten, ohne dass eine Leistungsharmonisierung oder Leistungsverbesserung bestehe. Vielmehr bewirke die Zentralisierung der Kassen eine Verschlechterung der Leistungen und für die Versicherten. Die Zusammenlegung der Betriebskrankenkassen sei ineffizient, nachteilig und berücksichtige nicht die betriebsspezifischen Besonderheiten. Ausreichend gewichtige Vorteile, die die Fusionierung rechtfertigen würden, lägen nicht vor. Die angefochtenen Bestimmungen seien sohin unsachlich.

2.4.1.2. Eine weitere Unsachlichkeit liege in der Zusammenfassung des in der Österreichischen Gesundheitskasse versicherten Personenkreises. Der Gesetzgeber müsse beachten, inwiefern die künftigen Mitglieder ein "gemeinsames Interesse" aufweisen würden. Dennoch ordne der Gesetzgeber eine Auflösung sämtlicher Betriebskrankenkassen an, sehe aber nur hinsichtlich der Erst- bis Viertantragsteller deren Fusion zur Österreichischen Gesundheitskasse vor. Die Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe werde hingegen mit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zusammengelegt.

2.4.1.3. Im Übrigen begründen die vier antragstellenden Betriebskrankenkassen ihre Bedenken in gleicher Weise wie die Oberösterreichische, die Steiermärkische und die Kärntner Gebietskrankenkasse (vgl oben IV. 2.3.1.).

2.4.2. Die Bundesregierung tritt diesem Vorbringen wie jenem der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (G67, G68, G69, G70 und G71/2018; vgl oben IV. 2.3.3.) und im Übrigen wie folgt entgegen:

Es treffe zu, dass die Verwaltungskosten der Betriebskrankenkassen – anders als jene der Gebietskrankenkassen – gemäß §445 ASVG vom Betriebsunternehmer zu bestreiten seien. Ob im Fall der Reorganisation mit Verwaltungskosteneinsparungen zu rechnen sei, hänge jedoch nicht davon ab, wer die Verwaltungskosten für den Krankenversicherungsträger zu tragen habe. Durch die Auflösung der Betriebskrankenkassen und die Aufhebung von §445 ASVG werde der Betriebsunternehmer finanziell entlastet. Die Verpflichtung der Betriebsunternehmer, die Verwaltungskosten für Betriebskrankenkassen zu bestreiten, belaste diese im Vergleich zu sonstigen Arbeitgebern in nachteiliger Weise und sei daher rechtfertigungsbedürftig (Hinweis auf Mayer, Betriebskrankenkassen und Verfassung, ecolex 1993, 563). Die Abschaffung dieser Kostentragungsregelung könne daher keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken begegnen. Da das ASVG im Beitrags- und Leistungsrecht nicht zwischen Betriebs- und Gebietskrankenkassen differenziere, liege ein ausreichender Zusammenhang zwischen den jeweiligen Versicherten (bei Gebietskrankenkassen oder Betriebskrankenkassen) vor, der eine Zuordnung dieser Personengruppen zur Österreichischen Gesundheitskasse rechtfertige.

2.4.3. Der Verfassungsgerichtshof ist der Ansicht, dass die Auflösung der (lediglich fünf noch bestehenden) Betriebskrankenkassen im Rahmen des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers liegt und sachlich zu rechtfertigen ist. Es ist ein Charakteristikum der gesetzlichen Sozialversicherung, dass in ihr möglichst alle Risken zu einer Risikogemeinschaft zusammengefasst werden (vgl etwa VfSlg 15.859/2000), ohne dass "bessere" oder "schlechtere" Risken zu Sonderrisikogemeinschaften abgesondert werden. Wenn der Gesetzgeber also bloß noch historisch erklärbare Sonderrisikogemeinschaften in die allgemeine Risikogemeinschaft einbezieht, kann ihm vom Standpunkt des Sachlichkeitsgebotes nicht entgegengetreten werden.

Auch vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Zuordnung der Angehörigen der bisherigen Betriebskrankenkassen teilweise zur Österreichischen Gesundheitskasse und teilweise zur Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau die Grenzen seines diesbezüglichen, weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes überschritten hätte.

Die Bedenken gegen die Auflösung der Betriebskrankenkassen erweisen sich daher als nicht berechtigt, weshalb die diesbezüglichen Anträge abzuweisen sind.

2.5. Zu §42 AlVG:

2.5.1. Die Oberösterreichische, die Steiermärkische und die Kärntner Gebietskrankenkasse haben schließlich Bedenken gegen die §§6, 40 und 42 AlVG. Ihre Bedenken begründen sie – auf das Wesentliche zusammengefasst – wie folgt: In der Krankenversicherung der Gebietskrankenkassen seien zunächst unselbständig Erwerbstätige, mitversicherte Angehörige, freiwillig Versicherte sowie Pensionisten versichert. Hinzu kämen jedoch weitere Gruppen wie etwa Bezieher von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sowie von Mindestsicherung. Das Versicherungsverhältnis im Fall der Arbeitslosigkeit bestehe unabhängig davon, bei welcher Versicherung die betroffene Person während ihres letzten aufrechten Arbeitsverhältnisses versichert war. So würden etwa auch Vertragsbedienstete (BVA) mit Eintritt des Versicherungsfalles der Arbeitslosigkeit zu den Gebietskrankenkassen transferiert. Mit der Novelle BGBl I 100/2018 würden ab 1. Jänner 2020 weiters auch vormals bei der VAEB (künftig BVAEB) Versicherte im Fall der Arbeitslosigkeit den Gebietskrankenkassen zugewiesen. Den Gesetzesmaterialien zufolge solle für die Krankenversicherung arbeitsloser Personen künftig ausschließlich die Österreichische Gesundheitskasse zuständig sein; bisherige, nur historisch erklärbare Abweichungen sollten aus Gründen der Vereinfachung und Vereinheitlichung nicht mehr gelten (Hinweis auf Erläut zur RV 329 BlgNR 26. GP , 40). Der Gesetzgeber würde damit den Gebietskrankenkassen bzw künftig der Österreichischen Gesundheitskasse alle "problematischen Lebenssituationen" zuordnen. Die Gebietskrankenkassen seien in unsachlicher Weise für die genannten Personengruppen erst ab Eintritt einer Situation zuständig, die um ein Vielfaches mehr an Leistungen von den Versicherungsträgern erfordere. Denn Arbeitslose würden in der Krankenbehandlung um einiges mehr als aktiv Erwerbstätige kosten (so seien etwa psychische Erkrankungen, Depressionen und Angststörungen doppelt so häufig). Trotz dieses hohen Risikos erhielten die Gebietskrankenkassen jedoch infolge §42 AlVG keine vollständige Abgeltung ihrer Aufwendungen (Hinweis auf Erläut zur RV 649 BlgNR 22. GP , 25; Pfeil, Rechtsprobleme bei Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz der österreichischen Sozialversicherung, SozSi 2017, 447, 463). Eine sachliche Rechtfertigung der Zuweisung von arbeitslosen Personen, die grundsätzlich nicht bei den Gebietskrankenkassen versichert seien, liege sohin nicht vor. In der mangels "überwiegender Interessengleichheit" unsachlichen Abgrenzung der Versichertenkreise liege aber auch ein Verstoß gegen Art120a B‑VG, weil der Gesetzgeber zwar unterschiedliche Selbstverwaltungskörper schaffen, Personen aber im Fall der Arbeitslosigkeit nur der Gebietskrankenkasse bzw Gesundheitskasse zuordnen würde.

2.5.2. Die Bundesregierung wendet – was die behauptete Unsachlichkeit des §42 AlVG anlangt – ein, §42 AlVG sehe zum Zweck, um die beim Krankenversicherungsträger zusammengefassten Personen nicht einseitig zu belasten, vor, dass die Aufwendungen der Träger der Krankenversicherung durch einen Krankenversicherungsbeitrag in der Höhe von 7,65 % der bezogenen Leistungen abzugelten sei. Außerdem sehe §42 Abs2 AlVG vor, dass der Bezug von Krankengeld vom vierten bis zum 56. Krankenstandstag aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung abgegolten werde. §43a AlVG würde die Abdeckung des Aufwandes auf Grund von Schutzfristverlängerungen regeln. Hinsichtlich der Abgrenzung der zusammengefassten Personenkreise komme dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu (Hinweis auf VfSlg 19.751/2013).

2.5.3. §6 Abs2 Z1 AlVG gewährt im Rahmen der Arbeitslosenversicherung Krankenversicherungsschutz, indem Leistungsbezieher aus der Arbeitslosenversicherung während des Leistungsbezuges bei der Gebietskrankenkasse ihres Wohnortes (ab 1. Jänner 2020 bei der Österreichischen Gesundheitskasse) versichert sind (§40 Abs1 AlVG). Bis zum 31. Dezember 2019 sind abweichend davon Personen, die während ihres letzten anspruchsbegründenden Dienstverhältnisses bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau krankenversichert waren, weiterhin (auch im Fall der Arbeitslosigkeit unter bestimmten Voraussetzungen) bei dieser Versicherungsanstalt krankenversichert (§40 Abs2 AlVG; ab 1. Jänner 2020 werden auch solche Arbeitslose bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankenversichert sein). §42 Abs1 AlVG sieht in dem Zusammenhang einen "Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 7,55 vH der bezogenen Leistung" vor, der sohin (im Wesentlichen) dem Krankenversicherungsbeitrag nach §51 Abs1 ASVG (inklusive Dienstgeberanteil) entspricht. Überdies sind nach §42 Abs2 AlVG die Aufwendungen der Träger der Krankenversicherung für an Leistungsbezieher nach diesem Bundesgesetz zu erbringende Leistungen für Krankengeld vom vierten bis zum 56. Krankenstandstag pro Krankenstandsfall abzugelten.

2.5.4. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat der Gesetzgeber bei der Einbeziehung von Personen in den Kreis der Versicherungspflichtigen einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum (VfSlg 14.842/1997, 16.007/2000). Diesen Gestaltungsspielraum überschreitet er mit §40 AlVG nicht. Dazu kommt, dass §42 AlVG keine beitragsseitige Begünstigung der Arbeitslosenversicherung zu Lasten des Krankenversicherungsträgers begründet. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es dem Gesetzgeber in der gesetzlichen Sozialversicherung grundsätzlich verwehrt ist, innerhalb der Riskengemeinschaft zwischen "guten" und "schlechten" Risken wie in der privatrechtlichen Versicherung zu unterscheiden (vgl VfSlg 3721/1960, 17.172/2004). Es ist vielmehr ein Charakteristikum der gesetzlichen Sozialversicherung, dass in ihr möglichst alle Risken zu einer Riskengemeinschaft zusammengefasst und einem einheitlichen Beitragsrecht unterstellt werden (vgl etwa VfSlg 15.859/2000). Die gegen die §§6 (idF BGBl I 157/2013), 40 (idF BGBl I 67/2013) und 42 AlVG (idF BGBl I 100/2018) vorgetragenen Bedenken erweisen sich daher als nicht begründet.

V. Ergebnis

1. Die zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019, zu G82, 83, 84, 85 und 86/2019 sowie zu G89, 90, 91, 92 und 93/2019 protokollierten Anträge der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse und der Kärntner Gebietskrankenkasse auf Aufhebung des §23, §26, §538t, §538u, §538v und §538w ASVG idF BGBl I 100/2018 und des §6 AlVG idF BGBl I 157/2017, §40 AlVG idF BGBl I 67/2013 und §42 AlVG idF BGBl I 100/2018 werden abgewiesen.

2. Der zu G99, 100 und 101/2019 protokollierte Antrag der Tiroler Gebietskrankenkasse auf Aufhebung des §23, §26, §84a Abs3, §418 Abs3, §421 Abs2 letzter Satz, §426, §427 Z1, §428 Z1, §429 Z1, §430 Abs2, 3a und 4, §434 Abs2, §538t, §538u, §538v, §538w, §538x, §538y, §538z, §718 Abs6, 8a, 8b, 9, 10, 10a, 11 und 12 sowie §720 ASVG idF BGBl I 100/2018 wird abgewiesen.

3. Der zu G191 und 192/2019 protokollierte Antrag der Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme, der Betriebskrankenkasse Kapfenberg, der Betriebskrankenkasse Zeltweg und der Betriebskrankenkasse Mondi auf Aufhebung des §23, §26, §538t, §538u, §538v, §538w und §718 Abs8, 8a, 9, 10 sowie 10a ASVG idF BGBl I 100/2018 wird abgewiesen.

4. Das Verfahren zu G99, 100 und 101/2019 wird hinsichtlich des Antrags auf Aufhebung des §426 Abs1 und §538v Abs3 ASVG idF BGBl I Nr 100/2018 eingestellt.

5. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

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