OGH 5Ob133/23d

OGH5Ob133/23d28.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A*, 2. *, beide *, vertreten durch die Berlin & Partner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. G*, Rechtsanwalt, *, vertreten durch Mag. Bernhard Scharmüller, Rechtsanwalt in Linz, wegen 346.008,89 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien und den Rekurs der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 17. Mai 2023, GZ 2 R 53/23m‑15, mit dem das Teilurteil des Landesgerichts Wels vom 22. Februar 2023, GZ 5 Cg 93/22h‑9, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00133.23D.0528.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

I. Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

II. Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Die Kläger sind jeweils zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft auf der ein Einfamilienhaus samt Garage und Zubau errichtet ist. Durch Baumaßnahmen einer Baugesellschaft mbH (idF GmbH), die als Eigentümerin einer Nachbarliegenschaft eine Wohnhausanlage errichtete, kam es im Herbst 2011 zu Hangrutschungen, die das Haus der Kläger beschädigten.

[2] In einem auf Schadenersatz und die Feststellung der Haftung für künftige Schäden gerichteten Verfahren der Kläger gegen die GmbH vor dem Landesgericht Salzburg und in einem Amtshaftungsverfahren der Kläger gegen die Gemeinde vor dem Landesgericht Wels wurden die Kläger zunächst von einem anderen und ab April 2017 vom beklagten Rechtsanwalt vertreten. Die Amtshaftungsklage wurde, nachdem das Verfahren von Ende 2014 (mit kurzer Unterbrechung im Jahr 2016) bis 2019 geruht hatte, mit Urteil des Landesgerichts Wels vom 7. 5. 2019 abgewiesen und die Kläger zum Kostenersatz von 11.672,42 EUR verpflichtet. Im Schadenersatzprozess vor dem Landesgericht Salzburg gegen die GmbH wurde eine vom beklagten Rechtsanwalt vorgenommene Klageänderung durch Ausdehnung des Leistungsbegehrens um 180.000 EUR an Wertminderung nicht zugelassen, aber den Klägern Schadenersatz (im Wesentlichen das Deckungskapital für bestimmte Sanierungskosten und Ersatz des Mietentgangs) zugesprochen und die bereits in der Klage begehrte Feststellung getroffen, dass die beklagte GmbH den Klägern für alle zukünftigen Sach- und Vermögensschäden hafte, die diesen durch die unsachgemäße Bauführung der GmbHan dem auf ihrer Liegenschaft errichteten Wohngebäude entstehen. Der Beschluss über die Nichtzulassung der Klageänderung und die Sachentscheidung wurden vom Gericht zweiter Instanz bestätigt und erwuchsen in Rechtskraft.

[3] Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger vom beklagten Rechtsanwalt jeweils 173.004,45 EUR Schadenersatz wegen diesem anzulastender Fehler in der Beratung und Vertretung in den Verfahren gegen die GmbH sowie die Gemeinde, in eventu die Feststellung seiner Haftung für künftige Schäden aus bestimmten Beratungs- und Vertretungsfehlern. Zu den von ihnen je zur Hälfte geltend gemachten Schadenspositionen, soweit sie Gegenstand des Revisions- und Rekursverfahrens sind, brachten sie vor:

‑ Zur Wertminderung ihrer Liegenschaft von 180.000 EUR zuzüglich 4 % Zinsen in der Höhe von 31.680 EUR:

Im Verfahren gegen die GmbH vor dem Landesgericht Salzburg habe der dort bestellte Sachverständige in seinem Gutachten, das im Jänner 2017 bei Gericht eingelangt sei,festgehalten, dass die Schiefstellung des Wohnhauses irreversibel sei, wodurch ihre Liegenschaft eine erhebliche Wertminderung erfahre, die vorher weder erkennbar noch vorhersehbar gewesen sei. Der Beklagte sei anlässlich der Übernahme ihrer Vertretung im April 2017 von seinem Vorgänger ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Klage gegen die GmbH auch auf die Schadensposition der Wertminderung zu stützen sei. Zu diesem Zeitpunkt wäre dem Beklagten ohne weiteres ein ergänzendes Vorbringen und ein entsprechendes Beweisanbot möglich gewesen. Dennoch habe der Beklagte bis zum 22. 7. 2020 die Wertminderung rechtswidrig und schuldhaft nicht geltend gemacht und erst an diesem Tag ein Vorbringen erstattet, das letztlich wegen Verspätung rechtskräftig nicht zugelassen worden sei. Hätte der Beklagte ein Vorbringen zur Wertminderung samt Beweisanbot früher erstattet, wäre dieses gerichtlich zugelassen und ihnen eine Wertminderung samt Zinsen seit 1. 5. 2017 zugesprochen worden. Auch wenn der Beklagte die Wertminderung innerhalb der Verjährungsfrist gesondert eingeklagt hätte, wäre diese zugesprochen worden. Jedenfalls hätte die GmbH auch diesen Betrag samt Zinsen gleichzeitig mit den übrigen vom Leistungsurteil umfassten Beträgen bezahlt. Durch die selbständige Geltendmachung der Wertminderung im Verfahren gegen die GmbH sei die Verjährungsfrist in Gang gesetzt worden, sodass ihre Ansprüche gegenüber der GmbH bei Auflösung des Vertragsverhältnisses zum Beklagten mit 26. 7. 2021 bereits verjährt gewesen seien. Selbst wenn die Beträge (teilweise) vom Feststellungsurteil gegen die GmbH umfasst sein sollten, sei ihnen ein Schaden entstanden.

- Zu den Schäden aus dem Amtshaftungsverfahren:

Der beklagte Rechtsanwalt habe es im Verfahren gegen die Gemeinde unterlassen, rechtzeitig vor Ablauf des Verjährungsverzichts die Fortsetzung des Verfahrens zu beantragen oder den Verjährungsverzicht durch die Gemeinde verlängern zu lassen. Hätte er pflichtgemäß gehandelt, wäre dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben und den Klägern zusätzlich zu der auch im Verfahren gegen die GmbH geltend gemachten Wertminderung eine weitere Wertminderung von 36.520,04 EUR zugesprochen worden. Allenfalls wäre der gesamte Schadensbetrag aus dem Amtshaftungsverfahren in Höhe von 242.332,66 EUR auf die geltend gemachte Wertminderung entfallen, weshalb ihnen im Amtshaftungsverfahren der Schadensbetrag eventualiter als Schaden für nicht zugesprochene Wertminderung ersetzt worden wäre. Daraus resultiere ein weiterer Zinsschaden von 37.664,63 EUR. Der Gemeinde seien Verfahrenskosten von 11.672,42 EUR zugesprochen worden. Hätte der Beklagte die verspätete Fortsetzung nicht beantragt, wäre es beim Ruhen des Verfahrens geblieben und der Gemeinde wären keine Verfahrenskosten zuerkannt worden. Als im Bauverfahren unvertretene Parteien hätten sie darauf vertrauen dürfen, dass die Rechtsanwendung durch die Baubehörde erster Instanz richtig sei, und sie durch die weiteren Auflagen für die Bauführung ausreichend geschützt gewesen seien. Deshalb könne ihnen nicht vorgeworfen werden, gegen die Berufungsvorentscheidung keine Vorstellung erhoben und damit ihre Rettungspflicht verletzt zu haben.

[4] Der Beklagte wendete zusammengefasst ein, im Schadenersatzprozess gegen die GmbH hätten die Kläger ein Feststellungsbegehren erhoben, das von Anfang an auch die Wertminderung umfasst habe. Nach Ruhensvereinbarungen und erfolglosen Vergleichsbemühungen sei das Verfahren über ihren Antrag im Jahr 2020 fortgesetzt und von ihm am 22. 7. 2020 die Klage um 180.000 EUR an Wertminderung ausgedehnt worden. Zwar habe das Landesgericht Salzburg die Klageänderung nicht zugelassen, aber die Feststellung der Haftung der beklagten Bauträgergesellschaft für alle zukünftigen Sach- und Vermögensschäden ausgesprochen. Eine schadenersatzrechtliche Haftung für die von den Klägern behaupteten Schäden scheide daher aus, weil das rechtskräftige Feststellungsurteil gegen die GmbH auch die Ansprüche der Kläger auf eine nach Sanierung verbleibende Wertminderung der Liegenschaft abdecke. Den Klägern stehe die Geltendmachung der Wertminderung gegen die GmbH aufgrund des Feststellungsurteils nach wie vor offen. Mangels ordnungsgemäßer Anspruchsverfolgung gegenüber der primär haftpflichtigen GmbH sei der behauptete Schaden aus einer allfälligen Wertminderung noch gar nicht entstanden.

Im Amtshaftungsverfahren vor dem Landesgericht Wels seien die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche abgewiesen worden, weil sie im Baubewilligungsverfahren den Verwaltungsrechtsweg nicht voll ausgeschöpft und damit gegen die Rettungspflicht nach § 2 Abs 2 AHG verstoßen hätten. Die Kläger hätten gegen den abweisenden Teil der Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der Gemeinde einen Vorlageantrag gemäß § 64a Abs 2 AVG erheben müssen.

[5] Das Erstgericht wies das Klagebegehren, soweit es Gegenstand des Rekurs- und Revisionsverfahrens ist, mit Teilurteil ab. Dazu traf es – zusammengefasst – folgende Feststellungen:

Zum Verfahren gegen die GmbH vor dem Landesgericht Salzburg:

[6] Bereits in der Klage haben sich die Kläger zur Begründung des rechtlichen Interesses an der begehrten Feststellung auf eine mögliche Wertminderung berufen, weiles nicht auszuschließen sei, dass nach einer erfolgten Sanierung Wände und Decken des Gebäudes nicht mehr im Lot seien. Dazu wurde in einem Sachverständigengutachten aus Dezember 2016 festgehalten, dass das Gebäude nach erfolgreicher Sanierung in einem technisch einwandfreien Zustand und uneingeschränkt bewohnbar, die erfolgte Schiefstellung durch die Bautätigkeit der GmbH aber irreversibel sei. Dieses Gutachten ist dem damaligen Vertreter der Kläger im Jänner 2017 zugestellt worden. Nachdem zuvor mit Schriftsatz vom 14. 4. 2017 vom beklagten Rechtsanwalt der Vollmachtswechsel bekannt gegeben worden war, haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 16. 3. 2018 zum Beweis der Wertminderung die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Immobilienfach beantragt. Letztlich wurde in dieser Verhandlung jedoch ein Ruhen vereinbart.

[7] Mit Schriftsatz vom 18. 6. 2018 haben die Kläger durch den beklagten Rechtsanwalt die Fortsetzung des ruhenden Verfahrens beantragt und die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Gebiet des Immobilien- oder des Bauwesens zur Feststellung der Wertminderung des Hauses wiederholt und sich die Ausdehnung um die Wertminderung vorbehalten. Erstmals mit Schriftsatz vom 22. 7. 2020 wurdedie Wertminderung beziffert und das Klagebegehren ausgedehnt. Die Klageänderung wurde zurückgewiesen, dem (eingeschränkten) Leistungs- und dem Feststellungsbegehren hingegen stattgegeben.

Zum Amtshaftungsverfahren gegen die Gemeinde vor dem Landesgericht Wels:

[8] Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde vom 2. 5. 2011 wurde der GmbH die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit drei Objekten erteilt. Gegen diesen Bescheid erhoben unter anderem die (im Bauverfahren unvertretenen) Kläger Berufung, inder sie (auch) auf die befürchtete Hanginstabilität und auf die damit verbundene Rutschgefahr hinwiesen. Diesem Rechtsmittel hat der Bürgermeister mit Berufungsvorentscheidung vom 11. 8. 2011 teilweise Folge gegeben und der Bauwerberin weitere Auflagen erteilt. Dagegenhaben die Kläger keine Rechtsmittel (weder einen Vorlageantrag an den Gemeinderat und – mangels Berufungsentscheidung – dann auch keine Vorstellung an das Land) erhoben.

[9] Nach Erhebung der Klage gegen die Gemeinde ist in der mündlichen Streitverhandlung vom 4. 12. 2014 einfaches Ruhen unter gleichzeitigem Verzicht der Gemeinde auf den Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung binnen Jahresfrist vereinbart und in der Folge bis zum 28. 5. 2017 verlängert worden. Nach Fortsetzung des Verfahrens mit Schriftsatz des Beklagten vom 8. 3. 2019 hat die beklagte Gemeinde den Einwand der Verjährung erhoben, worauf am 3. 5. 2019 eine Tagsatzung stattfand, in der die Bestimmung des § 2 Abs 2 AHG erörtert und die Verhandlung geschlossen wurde. Die Klage wurde mit der Begründung abgewiesen, dass die Kläger eine Anfechtung der Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der Gemeinde unterlassen und damit ihre aus § 2 Abs 2 AHG resultierende Rettungspflicht verletzt hätten.

[10] In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht – zusammengefasst – aus, im Verfahren gegen die GmbH habe das Landesgericht die Klageausdehnung nicht zugelassen, aber dem ursprünglichen Leistungs- (unter Berücksichtigung von Einschränkungen) sowie dem Feststellungsbegehren stattgegeben.Der Anspruch auf Wertminderung sei noch nicht verjährt, weil er vom Feststellungsbegehren erfasst sei. Die Kläger seien daher nach wie vor in der Lage gegen die GmbH die technische und merkantile Wertminderung ihrer Liegenschaft und ihres Wohngebäudes geltend zu machen. Ob tatsächlich ein solcher Anspruch auf Wertminderung bestehe, sei in einem Verfahren gegen die GmbH zu klären. Sollte diese eine Wertminderung zu ersetzen haben, entfalle in diesem Umfang eine allfällige Verbindlichkeit des Beklagten. Daher sei derzeit kein Schaden entstanden, sodass insoweit auch keine Zinsen geltend gemacht werden könnten. Das Amtshaftungsgericht habe die Klage unter Berufung auf § 2 Abs 2 AHG und daher wegen Nichtausschöpfung des Verwaltungsrechtswegs abgewiesen, was dem Beklagten nicht vorgeworfen werden könne. Dem Einwand, dass ein Fortsetzungsantrag nicht gestellt hätte werden dürfen, könne nicht näher getreten werden, weil es dann bei einem Ruhen des Verfahrens geblieben und daher über die erhobenen Ansprüche nicht abgesprochen worden wäre; auch hätte die dort beklagte Gemeinde eine Fortsetzung des Verfahrens begehren können.

[11] Das von den Klägern angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts teilweise ab und sprach ihnen (unbekämpft) den Ersatz der ihnen im Amtshaftungsverfahren auferlegten Kosten je zur Hälfte (insgesamt 11.672,42 EUR) zu, bestätigte die Abweisung des übrigen von den Klägern aus dem Amtshaftungsverfahren abgeleiteten Zahlungsbegehrens von gesamt 74.184,48 EUR, hob das Teilurteil des Erstgerichts im Übrigen auf und trug diesem insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss erklärte es für zulässig, die Revision gegen sein Teilurteil hingegen ließ es nicht zu.

[12] Zu den auf Versäumnisse des Beklagten im Amtshaftungsverfahren gestützten Ansprüchen der Kläger ging es davon aus, dass das Erstgericht die Frage, wie der Prozess unter Zugrundelegung des von den Klägern im Vorverfahren vermissten Vorbringens des Beklagten geendet hätte, im Hinblick auf § 2 Abs 2 AHG richtig gelöst habe. Weshalb die Kläger im konkreten Fall davon ausgehen hätten können, durch die (zusätzlichen) Auflagen in der Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters ausreichend geschützt zu werden, sei nicht zu erkennen. Allein das bloße Vertrauen, dass die Baubehörde das Recht richtig anwenden werde, genüge nicht, um die durch die Unterlassung des Rechtsmittels indizierte Sorglosigkeit zu entschuldigen. Insoweit sie die Abweisung ihrer Ansprüche, soweit sie über den Ersatz der ihnen im Amtshaftungsverfahren auferlegten Kosten hinausgingen, zu bestätigen.

Im Übrigen vertrat es folgende Rechtsansicht:

[13] Die Begründung des Erstgerichts, ein Schaden der Kläger aus der nicht rechtzeitig geltend gemachten Wertminderung sei noch nicht eingetreten, stehe mit dem weiten Schadensbegriff des ABGB nicht im Einklang. Hätten die Kläger bei rechtzeitiger Geltendmachung im Vorprozess, wie von ihnen behauptet, darüber einen Leistungstitel erlangt, verfügten sie bereits über eine titulierte Forderung, der gegenüber einer untitulierten Forderung eine negative Abweichung in ihrem Vermögen bedeute und daher als Schaden anzusehen sei. Daher hätten die Kläger den Ursachenzusammenhang zwischen rechtswidrigem und schuldhaftem Unterlassen der gebotenen Prozesshandlung und einem in ihrem Vermögen eingetretenen Schaden schlüssig behauptet. Der Rechtsanwalt habe den an ihn herangetragenen Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht zu prüfen und die nach der Rechtsordnung erforderlichen Schritte zur Verwirklichung des ihm bekannten Geschäftszwecks zu setzen. Dass er das Begehren verspätet ausgedehnt habe und damit sorgfaltswidrig gewesen sei, ergebe sich bereits aus den Vorentscheidungen im Schadenersatzprozess gegen die GmbH. Auch habe der Beklagte nicht behauptet, dass ihm eine frühere Geltendmachung nicht möglich gewesen wäre, sondern inhaltlich nur den Schaden und den Kausalzusammenhang bestritten. Der Umstand, dass die Kläger wegen des rechtskräftig erwirkten Feststellungsurteils nach wie vor eine Leistungsklage gegen die GmbH erheben könnten, lassedie Adäquanz und damit die Kausalität des sorgfaltswidrigen Handelns für den von ihnen behaupteten Schadennicht entfallen, sondern berühre die Frage einer möglichen Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit durch sie. Eine nachträgliche Leistungsklage gegen die GmbH hätte den Schaden beseitigt und würde ihn nach wie vor beseitigen.

[14] Zur Beurteilung des Hauptbegehrens seien daher Feststellungen erforderlich, die den fiktiven Verlauf des Verfahrens mit dem von den Klägern geforderten Vorbringen des Beklagten bis hin zu einer Zahlung durch die GmbH nachzeichnen und ihn der tatsächlich entstandenen Situation gegenüberstellen. Sollte sich das Vorbringen der Kläger als richtig erweisen, dass sie bei rechtzeitiger Geltendmachung im Vorprozess bereits die Zahlung erhalten hätten, wären auch Tatsachenfeststellungen zum Einwand des Beklagten erforderlich, wonach der Schaden durch eine nachträgliche Leistungsklage gegen die GmbH auf Grundlage des dafür die Verjährung unterbrechenden Feststellungsurteils entfallen würde. Dabei wäre auch auf die Zumutbarkeit einer solchen Leistungsklage einzugehen, die sich im Hinblick auf die von den Klägern angesprochene Verjährungsproblematik derzeit nicht verlässlich beurteilen lasse.

[15] Auszugehen sei davon, dass die Verjährung desAnspruchs auf Wertminderung, weil sich während des Verfahrens die Untunlichkeit der Reparatur herausgestellt habe, durch die rechtzeitige (zusätzliche) Erhebung eines Feststellungsurteils unterbrochen worden sei. Auch wenn eine Klageausdehnung auf später fällig werdende Ansprüche im Hinblick auf die Unterbrechungswirkung des Feststellungsbegehrens nicht erforderlich sei, müsse davon ausgegangen werden, dass durch die dennoch erfolgte Klageausdehnung der nun mit Leistungsklage geltend gemachte Anspruch danach nicht mehr von der Unterbrechungswirkung des Feststellungsbegehrens umfasst sei, sondern ihm für die weitere Verfolgung unabhängig vom Feststellungsbegehren der Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens entgegengehalten werden könne. Welche Auswirkung die Ausdehnung des Leistungsbegehrens auf die Verjährung dieses Anspruchs habe, wenn sie letztlich – wie hier – (prozessual) nicht zugelassen werde, sei bislang ungeklärt. Daher könnte der Einwand der Kläger, wegen der (nicht zugelassenen) Klageausdehnung sei der Wertminderungsanspruch (nun) bereits verjährt, für die Frage der Zumutbarkeit einer solchen Maßnahme (Anm: Klage auf Ersatz der Wertminderung gegen den Schädiger) zur Schadensbeseitigung von Relevanz sein.

[16] Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss sei daher zur Frage der Zumutbarkeit einer späteren Leistungsklage gegen den Schädiger unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungsobliegenheit zulässig. Auch fehle Rechtsprechung zur Frage, ob bereits das Nichterlangen eines Leistungstitels und damit einer titulierten Forderung gegenüber einer bloßen (im Rahmen eines Feststellungsurteils noch nicht verjährten) Forderung den Eintritt eines Schadens bedeute.

I. Zur außerordentlichen Revision der Kläger:

[17] In ihrem außerordentlichen Rechtsmittel wenden sich die Kläger gegen die Bestätigung der Abweisung der von ihnen aus Versäumnissen des Beklagten im Amtshaftungsverfahren abgeleiteten Ansprüche von 74.184,48 EUR, können aber keine Rechtsfrage von der Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen:

Rechtliche Beurteilung

[18] 1. Nach § 2 Abs 2 AHG (idF vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl I 2013/33) besteht der Ersatzanspruch dann nicht, wenn der Geschädigte den Schaden durch ein Rechtsmittel oder eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (nunmehr durch eine Beschwerdean das Verwaltungsgericht und Revision beim Verwaltungsgerichtshof) hätte abwenden können.

[19] Unter „Rechtsmittel“ iSd § 2 Abs 2 AHG sind prozessuale Rechtsbehelfe zur Abhilfe gegen gerichtliche oder sonstige behördliche Entscheidungen zu verstehen, die dazu dienen, fehlerhafte gerichtliche (oder sonstige behördliche) Entscheidungen, sei es im Instanzenweg, sei es auf andere Weise, zu beseitigen (RS0050080; RS0110188). Der Rechtsmittelbegriff des § 2 Abs 2 AHG ist extensiv auszulegen (RS0050097).

[20] 2. Das Wort „können“ in § 2 Abs 2 AHG bedeutet lediglich, dass ein Rechtsbehelf bestand, der seiner Art nach abstrakt die Möglichkeit bot, den Schaden noch zu verhindern (RS0053073 [T1]), wobei nur offenbar aussichtslose Abhilfemaßnahmen die Rechtsfolgen des § 2 Abs 2 AHG nicht eintreten lassen, was vor allem dann der Fall ist, wenn ein bestimmter Rechtsbehelf schon nach seiner abstrakten Wirkung zur Schadensabwehr ungeeignet ist.

[21] 3. Nach den allgemeinen Regeln des Schadenersatzrechts (§ 1304 ABGB) setzt auch der Ausschluss des Ersatzanspruchs nach § 2 Abs 2 AHG die Sorglosigkeit des Amtshaftungsklägers im Umgang mit seinen eigenen Rechtsgütern voraus (RS0027200; RS0027565). Dabei kommt es einerseits auf die konkreten Kenntnisse und Fähigkeiten des Geschädigten und andererseits auf die gesamten Begleitumstände seines Verhaltens an (RS0027565 [T5]). Ob einem Amtshaftungskläger ein Verschulden an der Unterlassung weiterer Rechtsmittel anzulasten ist, richtet sich daher stets nach den Umständen des Einzelfalls. Geht es – wie hier – um das Unterlassen eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs in einem behördlichen Verfahren, ist jedoch in aller Regel eine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten anzunehmen (RS0027565 [T1, T4]).

[22] 4. Die Kläger stellen nicht in Abrede, dass ihnen gegen die Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters ein Rechtsbehelf zur Verfügung stand, der jedenfalls abstrakt geeignet gewesen wäre, den Schaden durch die Bauführung am Nachbargrundstück zu verhindern. Sie vertreten aber die Ansicht, ihnen könne die Unterlassung eines solchen Schritts nicht vorgeworfen werden, weil sie sich als im Bauverfahren unvertretene Parteien grundsätzlich auf die richtige Rechtsanwendung durch die Behörde verlassen hätten dürfen. Hätte der Beklagte im Amtshaftungsverfahren ein solches Vorbringen erstattet, wäre ihr Begehren nicht aus dem Grund des § 2 Abs 2 AHG, sondern wegen Verjährung abgewiesen worden, was aber ebenfalls auf dessen Pflichtwidrigkeit zurückzuführen wäre.

[23] 4.1. Abgesehen davon, dass auch ein Rechtsunkundiger grundsätzlich verpflichtet ist, über ihm unverständliche Akte der Vollziehung Rat einzuholen, sodass rechtliche Unerfahrenheit nicht ohne Weiteres entschuldigt (vgl 1 Ob 122/13y [9.3]; Schragel, AHG³ Rz 192 mwN), lassen die Kläger in ihrer Argumentation außer Acht, dass nach dem festgestellten Sachverhalt ihrem Rechtsmittel im Bauverfahren mit der Berufungsvorentscheidung lediglich teilweise Folge gegeben wurde. Daraus ergibt sich, dass sie durch diese Entscheidung nicht jene rechtlich geschützte Position erlangten, die sie ursprünglich angestrebt und zur Vermeidung eines Schadens durch die Bauführung am Nachbargrundstück auch für erforderlich angesehen haben. Aus welchen Gründen sie bei dieser Ausgangslage dennoch davon ausgehen durften, durch die in der Berufungsvorentscheidung enthaltenen zusätzlichen Auflagen an die bauführende GmbH ausreichend vor einer Schädigung geschützt zu sein, haben die Kläger im Verfahren erster Instanz nicht konkret vorgetragen. Damit bedarf auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten die Rettungspflicht iSd § 2 Abs 2 AHG verletzt, sodass dem Beklagten im Amtshaftungsverfahren kein kausales Fehlverhalten für den von ihnen aus diesem Verfahren abgeleiteten Schaden, soweit er noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, angelastet werden könne, weder aus Gründen der Rechtssicherheit noch der Einzelfallgerechtigkeit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof.

[24] 4.2. Mit ihrem Vorwurf, das Berufungsgericht habe sie mit dieser Rechtsansicht überrascht, machen die Kläger den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO geltend. Entgegen ihrer Ansicht ist das Berufungsverfahren aber nicht mangelhaft geblieben. Es bedarf nämlich keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, gegen das der Prozessgegner – wie hier der Beklagte, indem er geltend machte, die Klage im Amtshaftungsverfahren sei abgewiesen worden, weil die Kläger den Verwaltungsrechtsweg nicht voll ausgeschöpft hätten – bereits Einwendungen erhoben hat (RS0037300 [T41]; RS0120056 [T4]).

[25] 4.3. Soweit die Kläger Feststellungen zum hypothetischen Kausalverlauf vermissen, machen sie in Wahrheit einen sekundären Feststellungsmangel geltend. Ein solcher liegt aber nur dann vor, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind. Soweit es an einem ausreichenden Tatsachenvorbringen fehlte, waren aber auch keine weiteren Feststellungen zu treffen (vgl RS0053317 [T2; T4]).

[26] 5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

II. Zum Rekurs des Beklagten:

[27] Der von den Klägern beantwortete Rekurs des Beklagten ist zur Klarstellung zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt:

1. Zur mangelhaften Vertretung im Verfahren gegen die bauausführende GmbH:

[28] 1.1. Nach § 9 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Rechte seiner Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten; diese Bestimmung ergänzt § 1009 ABGB, der den Gewalthaber verpflichtet, das ihm durch den Bevollmächtigungsvertrag aufgetragene Geschäft umsichtig und redlich zu besorgen. Daraus ergeben sich für den Anwalt eine Reihe von Pflichten, wie unter anderem Warn-, Aufklärungs-, Informations- und Verhütungspflichten als Ausprägung seiner Verpflichtung zur Interessenswahrung und zur Rechtsbetreuung (RS0112203).

[29] 1.2. Derjenige, der einen Rechtsanwalt betraut, darf davon ausgehen, dass dieser alle nach der Rechtsordnung erforderlichen Schritte zur Verwirklichung des ihm bekannten Geschäftszwecks unternimmt (RS0038724). Daher erschöpft sich der Schutzzweck des Vertrags zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten im Zusammenhang mit der Einleitung und der Führung eines Rechtsstreits nicht im Rechtsstreit selbst, sondern umfasst auch die Vermeidung von Nachteilen, die vorhersehbar mit dessen Führung verbunden sein können (RS0112203 [T9]). Der Anwalt ist aufgrund des Bevollmächtigungsvertrags zur sachgemäßen Vertretung seines Klienten verpflichtet, haftet aber nicht für den Erfolg. Er haftet aber für jeden Schaden, den er durch vorsätzliche oder fahrlässige Außerachtlassung seiner Vertragspflichten dem Machtgeber verursacht (RS0038695).

[30] 1.3. Welche konkreten Pflichten aus den von der Rechtsprechung allgemein entwickelten Grundsätzen abzuleiten sind, richtet sich immer nach dem erteilten Mandat und den Umständen des Einzelfalls (RS0112203 [T10]). Bei der Beurteilung der Frage, ob den Anwalt ein Verschulden trifft, müssen daher der Auftrag und das im Einzelfall davon betroffene Geschäft berücksichtigt werden (RS0026584).

[31] 1.4. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht eine Verletzung der dem Beklagten als Vertreter der Kläger im Verfahren gegen die GmbH auferlegten Pflichten zu Recht bejaht:

[32] 1.4.1. Zu beurteilen ist hier nicht, ob die Nichtzulassung der Klageausdehnung im Vorverfahren richtig oder auch nur vertretbar war, sondern der Vorwurf, der Beklagte habe das Klagebegehren verspätet um den Ersatz für die Wertminderung ausgedehnt. Andernfalls – so die Kläger – würden sie bereits über den „Bargeldbetrag“ verfügen, weil die GmbH ein rechtskräftiges Leistungsurteil samt Zinsen zur Gänze erfüllt und damit auch die Wertminderung beglichen hätte.

[33] 1.4.2. Aus dem festgestellten Ablauf des Verfahrens vor dem Landesgericht Salzburg ergibt sich, dass die Möglichkeit einer Wertminderung des Gebäudes der Kläger, weil dessen Wände und Decken nicht mehr im Lot seien und dieser Umstand irreversibel sei, bereits zur Begründung des rechtlichen Interesses an der Feststellung der Haftung der beklagten GmbH für zukünftige Schäden vorgebracht worden war und spätestens mit der Zustellung des Sachverständigengutachtens an den damaligen Vertreter der Kläger im Jänner 2017 auf der Hand lag. Der Beklagte hat im darauffolgenden April die Vertretung der Kläger in diesem Verfahren übernommen. Um die Interessen seiner Mandanten bestmöglich zu vertreten, war er damit verpflichtet, sich umfassende Kenntnisse über den Stand des Verfahrens zu verschaffen. Unabhängig davon, ob er „von seinem Vorgänger darauf hingewiesen worden war“ (Anm: gemeint die Leistungsklage um die Wertminderung auszudehnen), war er daher aus Eigenem verpflichtet, zu prüfen, ob bei dieser Sachlage eine Ausdehnung des Leistungsbegehrens erforderlich gewesen wäre, um einen Nachteil für seine Mandanten zu vermeiden. Damit ist ohne Relevanz, wie der Beklagte grundsätzlich zu Recht aufzeigt, dass das Berufungsgericht ohne Grundlage in den Tatsachenfeststellungen in seiner rechtlichen Beurteilung davon ausging, dass er durch seinen Vorgänger als Vertreter der Kläger ausdrücklich darauf (das Leistungsbegehren auszudehnen) aufmerksam gemacht worden sei. Mangels Erheblichkeit (rechtliche Relevanz) begründet dieser Umstand auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens in zweiter Instanz (RS0116273).

[34] 1.4.3. Stellt sich für einen Rechtsanwalt die Frage, ob er zur Vermeidung eines Schadens (dazu Punkt 1.4.4.) der von ihm vertretenen Mandanten eine Maßnahme treffen soll, die keine Nachteile mit sich bringen kann, dann hat er diese Maßnahme zu ergreifen, auch wenn sie – aufgrund einer vertretbaren Rechtsansicht – möglicherweise nicht notwendig ist oder vom Gericht nicht als notwendig erachtet wird (RS0038719). Eine neue Klage oder eine Ausdehnung des Leistungsbegehrens um die Wertminderung, die die Kläger aus der Bautätigkeit der GmbH ableiten, hätte für sie im Vorprozess zwar ein Kostenrisiko bedeutet und mag damit ein Nachteil sein, doch wäre der Beklagte jedenfalls verpflichtet gewesen, sie zumindest ausdrücklich über die Möglichkeit einer Ausdehnung des Klagebegehrens – und im Zusammenhang damit über die Notwendigkeit der Bezifferung der Wertminderung – zu belehren (vgl RS0038719 [T3]). Dazu beruft sich der Beklagte lediglich darauf, dass die Position der Kläger ohnedies durch das Feststellungsbegehren abgesichert gewesen sei, und lässt dabei außer Acht, dass er als deren Rechtsvertreter verpflichtet gewesen wäre, ihnen in Bezug auf die behauptete Wertminderung des Gebäudes die bestmögliche Rechtsposition zu verschaffen bzw sie darüber aufzuklären. Dass das bei einem bloßen Feststellungsurteil gegenüber einem (möglichen) Leistungstitel – losgelöst von den durch die Kläger thematisierten Verjährungsfragen (dazu im Folgenden) – nicht der Fall ist, bedarf schon im Hinblick auf ein mögliches Insolvenzrisiko des Schädigers keiner näheren Erörterung.

[35] 1.4.4. Zwar reicht die Belehrungspflicht eines Rechtsanwalts nur so weit, als für ihn aus der Unterlassung derselben der Eintritt eines Schadens für seinen Mandanten voraussehbar ist (RS0026258). Unterstellt man, dass die Kläger tatsächlich Anspruch auf Ersatz der Wertminderung ihres Gebäudes haben, kann daran aber schon deshalb kein Zweifel bestehen, weil der Anspruch auf Schadenersatz mit der zahlenmäßig bestimmten Geltendmachung durch Klageerweiterung fällig wird und damit ab diesem Zeitpunkt Verzugszinsen gefordert werden können. Bei Richtigkeit des Vorbringens der Kläger begründete die unterlassene Geltendmachung der Wertminderung im Vorprozess daher jedenfalls einen Zinsenschaden, der für den Beklagten auch vorhersehbar sein musste. Inwieweit die Behauptung, mit der im Vorprozess nicht zugelassenen Klageänderung sei ein „rein willkürlich“ gewählter Betrag geltend gemacht worden, den Beklagten exculpieren soll, ist angesichts seiner Verpflichtung zur bestmöglichen Wahrung der Interessen seiner Mandanten nicht zu erkennen. Dass er sie darauf hingewiesen hätte, Maßnahmen zu ergreifen, um die (nunmehr) aus seiner Sicht erforderlichen Voraussetzungen für die Schadensbezifferung zu schaffen (vgl RS0118968), behauptet er gar nicht.

[36] 1.5. Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass die Vertretung der Kläger durch den Beklagten – losgelöst von seiner Behauptung, deren Anspruch auf Wertsicherung sei durch das Feststellungsurteil gegen die GmbH abgesichert (dazu sogleich), mangelhaft war, sodass er ihnen zum Schadensersatz verpflichtet ist (RS0038663 [T19]). Er hat ihnen daher die Vermögensdifferenz zu ersetzen, die bei pflichtgemäßer Vertretung nicht eingetreten wäre (RS0112203 [T7]).

2. Zu der von den Klägern aufgeworfenen Verjährungsfrage:

[37] 2.1. Die von den Klägern gegen die GmbH im Vorverfahren erhobenen Ansprüche gründen in den §§ 364a und 364b ABGB. Sie verjähren als Entschädigungsansprüche des § 1489 ABGB in drei Jahren (RS0010690). Diese Verjährungsfrist beginnt bereits in jenem Zeitpunkt, in welchem die Kläger Kenntnis vom Schaden und der Person des Schädigers erlangt haben (RS0010690 [T4]).

[38] 2.2. Die Kläger behaupten, ihr Anspruch auf Wertminderung gegenüber der GmbH sei wegen der mangelhaften Vertretung des Beklagten im Vorprozess nicht von dem gegen die GmbH erwirkten Feststellungstitel erfasst und daher dieser gegenüber verjährt. Ob sich die verjährungsunterbrechende Wirkung des im Vorprozess ergangenen Feststellungsurteils auch auf die von den Klägern behauptete Wertminderung ihrer Liegenschaft bezieht, sie diesen Anspruch daher ohne Gefahr, dem Einwand der Verjährung ausgesetzt zu sein, gegen die GmbH geltend machen könnten, hängt davon ab, ob dieser Anspruch bereits im Vorverfahren mit Leistungsbegehren geltend gemacht werden hätte können (und müssen). Das ist dann der Fall, wenn der Anspruch auf Wertminderung gegenüber der GmbH bereits fällig war, dieser Schaden also bereits eingetreten und bezifferbar war (vgl RS0023392).

[39] 2.3. Grundsätzlich gilt, dass die Verjährung eines Anspruchs nur soweit unterbrochen wird, als der Anspruch eingeklagt wird. Die Verjährung ist also bei einer Teileinklagung nur hinsichtlich des eingeklagten Teilbetrags unterbrochen und läuft für den nicht eingeklagten Betrag weiter (RS0019184). Nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB kann das Klagebegehren nicht mehr mit Erfolg auf einen höheren Betrag ausgedehnt werden.

[40] 2.4. Die Einbringung einer Feststellungsklage (der später stattgegeben wird) unterbricht die Verjährung aller zu diesem Zeitpunkt zukünftigen Schadenersatzansprüche (RS0034771; RS0034286). Die Verjährung fälliger Ansprüche (also bereits eingetretener und bezifferbarer Schäden), die mit Leistungsklage einklagbar sind,bleibt durch die Feststellungsklage hingegen unberührt und wird nicht unterbrochen (RS0034286). Nach der Rechtsprechung unterbricht die Feststellungsklage die Verjährung auch für jenekünftigen Schäden, die im Laufe des Prozesses eintreten (2 Ob 180/13d; 1 Ob 219/16m). Eine Klageausdehnung auf später fällig werdende Beträge ist in diesen Fällen nicht erforderlich (RS0034771 [T5]). Mit der Zustellung (nach anderer Ansicht der Rechtskraft: siehe dazu die Hinweise in 3 Ob 33/00z; Dehn in KBB7 § 1497 ABGB Rz 10) des Feststellungsurteils beginnt die Verjährungsfrist für sie neu zu laufen (RS0034771 [T6]).

[41] 2.5. Als „zukünftige“ Schäden sind dabei auch solche zu verstehen, deren Ersatz im maßgeblichen Zeitpunkt der Einbringung der Feststellungsklage mangels Bezifferbarkeit (Fälligkeit) des Anspruchs noch nicht begehrt werden können (1 Ob 130/12t mwN; RS0034771 [T8]; RS0034286). Ist der Schaden schon eingetreten und der Ersatzanspruch bezifferbar, scheidet ein Feststellungsanspruch hingegen im Allgemeinen aus, weil bloße Schwierigkeiten, einen bereits eingetretenen Schaden zu beziffern, für sich allein ein Feststellungsbegehren nicht rechtfertigen können (RS0038849 [T15; T17]). Der Geschädigte darf nämlich nicht untätig bleiben: Kann er die Höhe eines bereits eingetretenen und ihm dem Grunde nach bekannten Schadens durch naheliegende zweckmäßige Maßnahmen ermitteln, so muss er sie ergreifen, um die Voraussetzung für die Schadensbezifferung in einer Leistungsklage zu schaffen (vgl RS0118968). Dabei kann er etwa auch verpflichtet sein, ein Sachverständigengutachten zur Schadenshöhe einzuholen (RS0118968 [T1; T3]).

2.6. Zur Verjährung des Anspruchs der Kläger gegenüber der GmbH auf Wertminderung:

[42] 2.6.1. Nach dem Vorbringen der Kläger hat die Bautätigkeit der GmbH im Herbst 2011 zu einer irreversiblen Beschädigung des Gebäudes und damit zu einer Wertminderung geführt. Ein solcher Schaden war bereits mit der Bauführung am Nachbargrundstück eingetreten und daher bei Erhebung der Feststellungsklage gegen die GmbH nicht zukünftig im engeren Sinn, weil er nicht erst nach Erhebung der Leistungsklage entstanden ist. Davon gingen auch die Kläger im Vorprozess aus, in dem sie sich ausdrücklich auf eine mögliche Wertminderung ihres Gebäudes durch die Bauführung am Nachbargrundstück berufen haben. Grundsätzlich sind in einem solchen Fall zweckmäßige Schritte zu unternehmen, um die Voraussetzung für die Schadensbezifferung in einer Leistungsklage zu schaffen (RS0118968).

[43] 2.6.2. Die Rechtsprechung anerkennt aber ausnahmsweise ein Interesse an der Feststellung trotz bereits eingetretenen Schadens. Das ist etwa bei Gewährleistungsansprüchen der Fall, wenn der Berechtigte einen bestimmten Gewährleistungsanspruch noch nicht mit Leistungsklage verfolgen kann, weil er entweder die Beschaffenheit (Ursache) von Mängeln noch nicht genau kennt oder die Möglichkeit der Mängelbehebung noch nicht beurteilen kann (RS0018858 [T11]), oder wenn dem Werkbesteller die Erhebung von Schadenersatzansprüchen nach § 933a ABGB noch offen steht, er jedoch die Entwicklung des Mangelschadens und deshalb die notwendigen Sanierungsmaßnahmen und -kosten noch nicht beurteilen und deshalb künftige Mangelfolgeschäden nicht ausschließen kann (RS0018858 [T14]). Nichts anderes kann gelten, wenn – wie im Vorprozess – die Kläger zwar zur Begründung ihres rechtlichen Interesses an der Feststellung der Haftung der dort beklagten GmbH für zukünftige Schäden auf eine (mögliche, dann aber bereits eingetretene) Wertminderung ihres Gebäudes, weil dessen Wände und Decken nicht mehr im Lot seien, Bezug nahmen, aber die Irreversibilität dieses Umstands und damit die (Un‑)Möglichkeit der Behebung dieses Schadens im Zeitpunkt der Erhebung des Feststellungsbegehrens noch nicht abschließend beurteilen konnten. Dass sich die Unterbrechungswirkung der Feststellungsklage im Vorprozess auch auf eine mögliche Wertminderung des Gebäudes der Kläger erstreckte, wird von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen.

[44] 2.6.3. Als Folge davon hätte der (rechtzeitigen) Klageänderung (Ausdehnung des Leistungsbegehrens) im Vorprozess, nachdem den Klägern das Gutachten ihrem damaligen Vertreter im Jänner 2017 zugestellt worden war, ein Verjährungseinwand auch bei Ablauf der Verjährungsfrist nicht erfolgreich entgegengehalten werden können (vgl RS0031702 [T5]; RS0034286 [T5]). Eine Ausdehnung bzw Änderung der Klage war zur Aufrechterhaltung der Unterbrechung aber nicht erforderlich (Frauenberger-Pfeiler in Fasching/Konecny³ III/1 § 228 ZPO Rz 115 mwN); die Unterbrechnungswirkung wäre nur dann verloren gegangen, wenn die Feststellungsklage nicht gehörig fortgesetzt oder aber abgewiesen worden wäre (RS0034286 [T7]). Eine nicht gehörige Fortsetzung des Vorverfahrens wird von den Klägern, die sich darauf berufen, dass ihr Anspruch gegenüber der GmbH verjährt sei, nicht releviert.

[45] 2.6.4. Die Umwandlung (Erweiterung) des Feststellungsbegehrens in ein Leistungsbegehren ist stets eine Klageänderung (vgl 1 Ob 531/92). Im Vorprozess wurde die Klageänderung nicht zugelassen. Das hatte zur Folge, dass das von den Klägern erhobene Feststellungsbegehren im ursprünglichen Umfang aufrecht blieb und nicht – inhaltlich – um den Anspruch auf Wertminderung eingeschränkt wurde. Die Unterbrechung der Verjährung endete daher erst mit Zustellung (naA der Rechtskraft) des dem Feststellungsbegehren stattgebenden Urteils.

[46] 2.6.5. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs schließt ein die Schadenersatzpflicht der Beklagten bejahendes Feststellungsurteil die Verjährung von Folgeschäden (zukünftigen Ansprüchen) für die Dauer von 30 Jahren ab seiner Rechtskraft aus (RS0034215; RS0049165). Davon sind lediglich wiederkehrende Leistungen iSd § 1480 ABGB nicht erfasst (RS0034215). Ein Anspruch aus neuen, nach dem Feststellungsurteil aufgetretenen Schadensfolgen und damit ein Folgeschaden (dazu Vollmaier in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1478 ABGB Rz 72) ist hier aber nicht zu beurteilen, weil die von den Klägern geltend gemachte Wertminderung ihrer Liegenschaft nicht erst nach dem Feststellungsurteil eingetreten ist. Damit erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der die herrschende Rechtsprechung in diesem Punkt ablehnenden Lehre (siehe dazu die Nachweise bei VollmaieraaO § 1478 ABGB Rz 72).

[47] 2.6.6. Die Unterbrechungswirkung einer Feststellungsklage ist von der Frage, ob das Feststellungsinteresse verloren geht, weil der Anspruch im Lauf des Verfahrens fällig wird, zu trennen (vgl 9 Ob 69/00p). Ein rechtliches Interesse an der Feststellung ist (materielle) Voraussetzung für die Begründetheit des Feststellungsanspruchs (RS0039177) und muss zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Vorprozess noch vorhanden sein (dazu RS0039204 [T1]; RS0039085). Das ist nicht der Fall, wenn – wie hier – nicht ein zukünftiger (nach Erlassung des Feststellungsurteils) entstandener Anspruch zu beurteilen ist, sodass das Feststellungsurteil seine die Verjährung ausschließende Wirkung nicht auch für vor dem Schluss der Verhandlung bereits fällig gewordene Ansprüche entfaltet. Auszugehen ist daher davon, dass der Anspruch der Kläger auf Wertminderung von der Wirkung des Feststellungsurteils im Vorprozess nicht erfasst war, wie die Vorinstanzen und der Beklagte vertreten. Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage, ob schon allein das Vorliegen eines Feststellungs- gegenüber einem (möglichen) Leistungsurteil einen Schaden bewirkt, stellt sich im vorliegenden Verfahren daher nicht.

2.7. Für die Frage der Verjährung folgt zusammengefasst:

[48] Die von den Klägern im Vorprozess erhobene Feststellungsklage hat die Verjährung ihres Anspruchs auf Wertminderung wegen der behaupteten Schiefstellung ihres Hauses in Folge der von den Bauarbeiten am Nachbargrundstück ausgelösten Hangrutschung unterbrochen. Die Unterbrechungswirkung ist auch nicht dadurch verlorengegangen, dass im Vorprozess die Klageänderung durch Geltendmachung eines Betrags von 180.000 EUR an Wertminderung nicht zugelassen wurde. Erst mit Zustellung des Feststellungsurteils hat die Verjährungsfrist dieses Anspruchs neu zu laufen begonnen. Da es sich um keinen Folgeschaden handelt, kommt jedoch nicht die Frist für Judikatschulden zum Tragen, sodass für diesen Anspruch die Frist von drei Jahren des § 1489 1. Fall ABGB maßgeblich bleibt.

3. Zum Schaden aus der Schlechtvertretung des Beklagten:

[49] 3.1. Zu Punkt 1.5. wurde bereits festgehalten, dass der Rechtsanwalt, der eine Sorgfaltspflichtverletzung zu vertreten hat, seinem Mandanten die Vermögensdifferenz schuldet, die bei pflichtgemäßer Beratung nicht eingetreten wäre. Seine Schadenersatzpflicht hängt von der Kausalität seines Fehlverhaltens für den Eintritt des behaupteten Schadens ab. Den Geschädigten trifft die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Handeln des Rechtsanwalts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre (RS0022700 [T5; T7; T14; T15]; RS0022900 [T40; T41]). Das Gericht, das einen Anwaltsfehler zu beurteilen hat, muss dabei den mutmaßlichen Verlauf der Geschehnisse unter der Voraussetzung ermitteln, dass sich der Anwalt richtig verhalten hätte (5 Ob 38/05g; vgl 1 Ob 151/01i).

[50] 3.2. Die Kläger machen dazu geltend, dass die Klageänderung zugelassen worden wäre, hätte sie der Beklagte rechtzeitig vorgenommen, und ihnen der Ersatz für die geltend gemachte Wertminderung zugesprochen worden wäre. Damit würden sie bereits über den Ersatzbetrag verfügen. Feststellungen zu diesem Vorbringen fehlen. Zutreffend hat daher das Berufungsgericht dem Erstgericht aufgetragen, den Vorprozess insoweit hypothetisch nachzuvollziehen und zu prüfen, ob eine frühere Klageänderung zugelassen und welcher Betrag den Klägern als Ersatz für die behauptete Wertminderung allenfalls zugesprochen worden wäre. Sollten die Behauptungen der Kläger insoweit bewiesen werden, wäre ihnen jedenfalls ein Schaden durch entgangene Zinsen entstanden, für den der Beklagte einzustehen hätte.

[51] 3.3. Wie dargestellt, ist der Anspruch der Kläger zwar nicht von den Wirkungen des Feststellungsurteils im Vorprozess erfasst; die Unterbrechung der Verjährung wurde aber erst mit Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichts im Vorprozess beendet, sodass den Klägern ab diesem Zeitpunkt eine Frist von drei Jahren zur Verfügung stand, diesen Anspruch gegenüber der Schädigerin (der GmbH) geltend zu machen. Die Entscheidung im Vorprozess, in der auch über den Rekurs gegen die Nichtzulassung der Klageänderung abgesprochen worden war, wurde am 25. 8. 2021 zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Kläger bereits durch einen anderen Anwalt vertreten.

[52] 3.4. Da der Anspruch der Kläger gegenüber der im Vorprozess beklagten GmbH entgegen deren Annahme nicht verjährt ist, ist das Berufungsgericht auch zutreffend davon ausgegangen, dass sich das Erstgericht – sollten die Kläger tatsächlich einen Anspruch auf Wertminderung haben – im fortgesetzten Verfahren auch mit dem vom Beklagten erhobenen Einwand der Verletzung ihrer Obliegenheit zur Schadensminderung auseinanderzusetzen haben wird.

[53] 3.4.1. Aus § 1304 ABGB ergibt sich die Obliegenheit des Geschädigten, den Schaden möglichst gering zu halten, wenn und soweit ihm ein entsprechendes Verhalten möglich und zumutbar ist (vgl RS0027043). Diese Obliegenheit besteht auch bei Verletzung vertraglicher Pflichten (Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1304 Rz 21).

[54] 3.4.2. Gegen diese Obliegenheit verstößt, wer als Geschädigter Handlungen unterlässt, die – objektiv beurteilt – geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern, und von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten (vgl RS0023573 [T2]).

[55] 3.4.3. Was dem Geschädigten im Rahmen der Obliegenheit zur Schadensminderung zumutbar ist, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile und den Grundsätzen des redlichen Verkehrs. Eine mögliche Maßnahme der Schadensminderung ist dann angemessen, wenn sie unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben erwartet werden durfte. Dabei ist auf das Verhalten eines verständigen Ersatzberechtigten in gleicher Lage abzustellen (RS0104931).

[56] 3.4.4. Dass und welche Maßnahmen dem Geschädigten objektiv zumutbar gewesen wären, hat der Schädiger zu behaupten und zu beweisen (RS0026909). Der Beklagte macht dazu geltend, dass die Kläger den geltend gemachten Anspruch auf Wertminderung als Ausdruck ihrer Obliegenheit zur Schadensminderung gegenüber der im Vorprozess beklagten GmbH als die ursprüngliche Schädigerin geltend machen müssten und auch könnten, wobei sie derart vollständigen Ersatz ihrer Ansprüche aus einer allfälligen Wertminderung erhielten. Nach der Rechtsprechung kann auch in der Unterlassung einer Prozessführung eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liegen (8 Ob 85/06t). Nur wenn ein risikobehafteter Rechtsweg deshalb nicht beschritten wird, weil die Rechtslage problematisch ist oder mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden wäre, liegt keine Verletzung der Schadensminderungspflicht vor (8 Ob 10/16b; vgl auch 6 Ob 31/08i). Davon ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht auszugehen, weil der Anspruch der Kläger gegenüber der GmbH noch nicht verjährt ist und Anhaltspunkte dafür fehlen, dass – eine rechtzeitige Klageführung vorausgesetzt (dazu im Folgenden) – das Kostenrisiko eines solchen Verfahrens höher zu bewerten wäre als im Verfahren gegen den Beklagten.

[57] 3.4.5. Im fortgesetzten Verfahren ist daher hypothetisch nachzuvollziehen und zu beurteilen, wie ein – nach angemessener Überlegungsfrist ab Zustellung der Berufungsentscheidung im Vorprozess – gegen die GmbH eingeleitetes Verfahren auf Ersatz der behaupteten Wertminderung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgegangen wäre. Sollte sich dabei ergeben, dass die Kläger auf diese Weise (hypothetisch) Ersatz erhalten hätten (also ein möglicher Leistungszuspruch erfüllt worden wäre), hätte der Beklagte den Klägern lediglich für die Verspätung (den Zinsenschaden) einzustehen. Allfällige Nachteile der Kläger, die möglicherweise daraus resultieren, weil sie mit der Inanspruchnahme der GmbH ungebührlich lange zugewartet und stattdessen den Beklagten belangt haben, könnten ihm, hätten sie bei früherem Vorgehen gegen die GmbH Befriedigung erlangen können, hingegen nicht angelastet werden. Nur wenn sich herausstellen sollte, dass sie zwar bei Verfolgung des Anspruchs vor Beendigung des Mandats zum Beklagten (durch rechtzeitige Klageänderung im Vorverfahren oder selbständige Klage) Befriedigung erlangt hätten, eine spätere Verfolgung des Anspruchs gegenüber der GmbH (etwa wegen eingetretener Zahlungsunfähigkeit) aber aussichtslos (gewesen) wäre, hätte er auch eine mögliche Wertminderung zu ersetzen.

[58] 4. Im Ergebnis hat es bei der Aufhebung des Urteils des Erstgerichts zu bleiben, das das Verfahren im Sinn der obigen Ausführungen zu ergänzen haben wird.

[59] 5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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