OGH 1Ob219/16m

OGH1Ob219/16m31.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch die Pistotnik & Krilyszyn Rechtsanwälte GmbH, Wien, und der Nebenintervenienten auf Seite der klagenden Partei 1. H*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, 2. A ***** GmbH, *****, vertreten durch die Neudorfer Rechtsanwälte GmbH, Wien, 3. B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, und 4. DI M*****, vertreten durch die Niederbichler Rechtsanwälte GmbH, Graz, gegen die beklagten Parteien 1. Ö***** GmbH, *****, 2. Ba***** Gesellschaft mbH, *****, 3. S***** AG, *****, und 4. P***** AG, *****, alle vertreten durch Dr. Heimo Jilek und Dr. Martin Sommer, Rechtsanwälte in Leoben, und der Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Parteien R***** GmbH, *****, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG, Wien, wegen 2.169.141,03 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 14. Oktober 2016, GZ 2 R 73/16x‑259, mit dem das Teilurteil des Landesgerichts Leoben vom 16. Februar 2016, GZ 28 Cg 8/12b‑241, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00219.16M.0131.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Klägerin betreibt ein Einkaufszentrum. Im Zuge von dessen Errichtung beauftragte sie die zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen vier Beklagten mit der Erbringung von Baumeisterarbeiten (sowohl am Modul Einkaufszentrum als auch am Modul Infrastruktur) über eine Auftragssumme von rund 17 Mio EUR. Die Werkleistungen der Beklagten wurden zur Gänze bezahlt. Die Klägerin hatte die auf ihrer Seite beigetretene Erstnebenintervenientin im Wesentlichen mit der Planung, und zwar mit der Erstellung von Statikleistungen beim Bauprojekt, die Zweitnebenintervenientin mit Planungsleistungen für den Bereich Architektur einschließlich Bauphysik, Brandschutzplanung, Bau‑ und Pächterkoordination, und die Drittnebenintervenientin mit der Elektroplanung betraut, während der Viertnebenintervenient im Auftrag der Erstnebenintervenientin für die Bewehrungsabnahme vor Ort zuständig war. Das Einkaufszentrum wurde am 3. 10. 2007 eröffnet; die Übernahmeerklärung der Klägerin erfolgte am 6. 11. 2007.

Nach Inbetriebnahme des Einkaufszentrums reklamierte die Klägerin bei den Beklagten bereits im Jahr 2008 Mängel in diversen Bereichen des Einkaufszentrums, insbesondere in der (dreigeschoßigen) Tiefgarage. Eine deshalb angestrebte schiedsgerichtliche Streitbeilegung zur Klärung der Haftungsfragen scheiterte letztendlich Ende 2009.

Im März 2009 und im Dezember 2010 beantragten die Beklagten beim zuständigen Bezirksgericht Beweissicherungen durch Befundaufnahme des Ist‑Zustands des Bauwerks. Die Ergebnisse der Beweissicherung standen den Parteien im März 2010 bzw April 2011 zur Verfügung.

Die Klägerin ließ den Ist‑Zustand des Einkaufszentrums, vor allem die Stahlkonstruktion, die Betonqualität und die Verdunstungsrinnen in zahlreichen Privatgutachten im Zeitraum zwischen September 2009 bis November 2010 erheben, um unter anderem die vorhandenen Mängel zu identifizieren und den Sanierungsumfang und ‑aufwand abschätzen zu können. Die Privatgutachten umfassen die betontechnologische Betrachtung der Parkhausdecke (24. 11. 2010), den Prüfbericht über die Bestimmung der Luftporenkennwerte im Festbeton (4. 10. 2006) sowie den Prüfbericht über die Bestimmung der Wassereindringtiefe (25. 10. 2006), die bautechnische Untersuchung der Stahlbetonkonstruktion (23. 11. 2009), das Gutachten über die Parkhausbeschichtung und die Verdunstungsrinnen (21. 1. 2010), das Gutachten über Wassereintritte/Wasserschäden (19. 2. 2010), die statische Untersuchung der Bestandsdecke über dem zweiten Tiefgeschoß (23. 3. 2010) und den Prüfbericht der Betondruckfestigkeit und des Fasergehalts von Beton (16. 11. 2010).

Nach dem Vorliegen dieser Gutachten und Prüfberichte hatte die Klägerin einen guten Überblick über die vorhandenen Mängel im Gebäude und der Tiefgarage des Einkaufszentrums. Außerdem wusste sie durch ein von ihr beigezogenes Unternehmen, dass Instandsetzungsmaßnahmen unverzüglich vorzunehmen waren, um weitere Folgeschäden zu verhindern, die unter anderem durch das Eindringen von Tausalz und Chloriden in die bestehenden Risse in den Betondecken bzw Betonböden und die dadurch bedingte Kontamination drohten. Obwohl eine Untersuchung der Chloridbelastung des Betons möglich gewesen wäre, beauftragte die Klägerin keine solche Untersuchung. Die Chloridbelastung war der einzige Umstand, der im Jahr 2010 „noch nicht intensiv“ untersucht war.

Auf Basis der genannten Gutachten und Prüfberichte sowie „der Beweissicherung“ holte die Klägerin folgende Kostenvoranschläge für die notwendigen Sanierungsarbeiten ein:

a) Kostenvoranschlag eines Unternehmens vom 29. 12. 2010 mit einer Angebotssumme von 1.854.043,50 EUR netto;

b) Kostenvoranschlag eines anderen Unternehmens vom 9. 2. 2011 mit einer Angebotssumme von 2.431.118,59 EUR brutto.

Darüber hinaus holte die Klägerin noch Anbote zur Durchführung von Regiearbeiten vornehmlich betreffend Abtransport, Lieferung und Versetzungen in Höhe von 3.780 EUR brutto sowie für Reinigungsarbeiten in Höhe von 27.106 EUR ein.

Anhand der von der Klägerin eingeholten Gutachten und Prüfberichte sowie der Kostenvoranschläge wäre es ihr „schon bei Klagseinbringung, aber spätestens jedoch seit Februar 2011“ möglich gewesen, die Kosten für eine ordnungsgemäße Sanierung zu ermitteln.

Mit ihrer am 23. 12. 2010 eingebrachten und auf Gewährleistung und Schadenersatz gestützten Klage verlangte die Klägerin von den Beklagten solidarisch die Zahlung von 1 Mio EUR sA und verband damit das Feststellungsbegehren, dass die Beklagten schuldig seien, ihr „alle Nachteile, die sich aus der mangelhaften Ausführung der Baumeisterarbeiten […], und zwar sowohl in Bezug auf das Einkaufszentrum als auch im Bereich Infrastruktur ergeben“, zu ersetzen. Obwohl in wesentlichen Bereichen, vor allem in der Tiefgarage des Einkaufszentrums, Mängel aufgetreten seien, hätten die Beklagten eine ordnungsgemäße Verbesserung mit der Begründung verweigert, für die Mängel nicht verantwortlich zu sein. Sie habe vor Einbringung der Klage mehrere Gutachten und Kostenvoranschläge eingeholt, wonach mit Sanierungskosten in der Höhe von 2,5 Mio EUR zu rechnen sei. Vor Abschluss der Beweissicherungsverfahren und vor Befundaufnahme durch Sachverständige im Prozess sei eine Sanierung jedoch nicht möglich gewesen; der tatsächliche Aufwand sei trotz eingeholter Kostenvoranschläge mangels Durchführung der Arbeiten und der aufgrund dieser Arbeiten zu legenden Schlussrechnung durch die beauftragten Professionisten noch nicht abschätzbar. Unter Bedachtnahme auf die zu ihren Gunsten ausgestellten befristeten Bankgarantien über 736.867,20 EUR sei ein Leistungsbegehren von 1 Mio EUR gerechtfertigt. Es träten laufend weitere Mängel zutage und die festgestellten Mängel nähmen eine verstärkende Entwicklung. Das Leistungsbegehren von 1 Mio EUR setze sich zusammen aus Baustellengemeinkosten sowie aus Kosten für Gerüste, Schutzmaßnahmen und Verkehrsleitung im Umfang von 30.000 EUR, Kosten für Verdunstungsrinnen (Abbruch von Verdunstungsrinnen und Belegen samt Untergrundvorbereitung und Entsorgung sowie Neuherstellung) über 270.000 EUR und aus Kosten der Beschichtung und Versiegelung der Böden der Parkdecke von 700.000 EUR. Soweit es ihr möglich sei, habe sie ein Leistungsbegehren gestellt, das vorerst auf Schätzungen beruhen müsse. Im Hinblick darauf, dass die Gutachtenserstellung durch Sachverständige noch nicht erfolgt sei und in diesem Verfahren erst erfolgen werde und des Einwands der Beklagten, es treffe andere Unternehmen ein Verschulden, könne sie das Leistungsbegehren derzeit nicht abschließend und in der vollen Höhe formulieren, weshalb sie sich eine Ausdehnung vorbehalte. Es sei auch damit zu rechnen, dass weitere derartige Mängel, die derzeit noch nicht erkennbar seien, aufträten.

Mit den Schriftsätzen vom 24. 11. 2014 dehnte die Klägerin ihr Leistungsbegehren um insgesamt 2.009.141,03 EUR auf 3.009.141,03 EUR sA aus. In diesem Umfang erfolge die Umstellung des Feststellungsbegehrens auf das nunmehrige Leistungsbegehren, wobei sie das Feststellungsbegehren aufrecht hielt. Nach mittlerweile erfolgter Erfassung des Ist‑Zustands habe sie Kostenvoranschläge von Unternehmen für die Sanierung der Mängel eingeholt, die – anders als die vor Klagseinbringung eingeholten Kostenvoranschläge – einem Sanierungsauftrag zugrunde gelegt werden könnten. Das ausgedehnte Klagebegehren sei nicht verjährt. Es sei richtig, dass durch Untersuchungen eines Gutachters „die aufgetretenen Mängel zwar aufgedeckt worden seien […], die notwendigen Verbesserungskosten und insbesondere auch deren kausale Zuordnung“ seien aber ebensowenig absehbar gewesen wie der Umfang der erforderlichen Sanierung. Diese Umstände seien erst durch das im Prozess erstattete Sachverständigengutachten im Februar 2014 vorgelegen; letztlich bestehe auch derzeit noch keine Klarheit zum Thema Betonqualität. Ungeachtet dessen habe sie erst aufgrund der Erfassung des Ist‑Zustands im Rahmen des anhängigen Verfahrens umfassendere Kenntnis von (weiteren) Mängeln und damit vom Umfang der notwendigen Sanierungsarbeiten erhalten und erst auf dieser Basis die Ausschreibung für die nach ihrem Wissensstand notwendigen Sanierungsarbeiten vornehmen können. Letztlich habe sich die Frage der Umstellung auf ein Leistungsbegehren erst gestellt, als die Beklagten die Bankgarantie betreffend den Haftrücklass nicht verlängert hätten. Vor Sommer 2014 sei keineswegs festgestanden, dass ihre Ansprüche höher seien als 1 Mio EUR zuzüglich des Haftrücklasses.

Die Beklagten wendeten zusammengefasst ein, sie hätten ihre Leistungen mängelfrei erbracht. Die insbesondere im Bereich der Decken der Garage aufgetretenen Risse seien auf eine unrichtige Planung und insbesondere unrichtige statische Berechnungen zurückzuführen, was nicht in ihrem Verantwortungsbereich liege. Auch für die Undichtheiten bei den Verdunstungsrinnen hafteten sie nicht, weil diese auf Querschnittsflächen und dadurch ausgelöste Zwänge des Baukörpers, somit auf statische Berechnungsfehler, zurückzuführen seien. Das Feststellungsbegehren sei jedenfalls unzulässig. Die Klägerin habe nunmehr seit rund drei Jahren die Mängel gerügt, habe dazu nach eigenem Vorbringen auch Kostenanbote eingeholt und sei in der Lage und auch verpflichtet, konkrete Erhebungen über die Höhe der Sanierungskosten durchzuführen. Wenn sie in der Lage sei, ein Leistungsbegehren zu stellen, sei ein Feststellungsbegehren unzulässig.

Die Beklagten erhoben gegen die ausgedehnten Klagsansprüche den Einwand der Verjährung. Die Klägerin habe schon in der Klage vorgebracht, dass nach den Kostenvoranschlägen die Sanierungskosten in Höhe von 2,5 Mio EUR lägen; sie hätte daher spätestens zu diesem Zeitpunkt exakte Kostenanbote einholen können, weil ihr die Gesamtmängel bereits sei dem Jahr 2008 bekannt gewesen seien. Die Klägerin hätte auch schon damals eine entsprechende Ausschreibung vornehmen können und als Unternehmerin auch müssen, um Vergleichsanbote einzuholen und die Höhe der Sanierungskosten zu ermitteln.

Mit Schriftsatz vom 5. 2. 2015 anerkannten die Beklagten vom ursprünglich erhobenen Leistungsbegehren über 1 Mio EUR einen Teilbetrag von 840.000 EUR, worauf die Klägerin ihr Leistungsbegehren um diesen Betrag auf letztlich 2.169.141,03 EUR sA einschränkte.

Das Erstgericht wies mit Teilurteil das Leistungsbegehren im Umfang eines Teilbetrags von 2.009.141,03 EUR sA ab. Das Feststellungsbegehren sei nicht geeignet, den Ablauf der Gewährleistungsfrist hinauszuschieben. Feststellungsklagen über Gewährleistungs-ansprüche wahrten die Gewährleistungsfrist immer nur bezüglich der behaupteten bzw der schon eingetretenen Mängel. Das Vorbringen der Klägerin, eine Leistungsklage sei nicht möglich, weil noch weitere Mängel zu erwarten seien, verkenne diese Grundsätze, weil es eben nur auf die schon bekannten Mängel ankomme. Gewährleistung für Mängel, die erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist entstünden, komme nicht in Betracht. Es sei auch unzutreffend, dass die Verbesserungskosten erst feststünden, wenn die Schlussrechnung über die Sanierungsarbeiten vorliege, weil es ausreiche, dass sie zum Zeitpunkt der Klagseinbringung (und spätestens seit Februar 2011) über Kostenvoranschläge verfügt habe. Schließlich gehe auch der Einwand ins Leere, sie habe die Mängel nicht eindeutig einem Gewerk zuordnen können. Dieses Problem habe sich nämlich genauso beim Feststellungsbegehren gestellt, das auf die Feststellung der alleinigen Haftung der Beklagten abziele. Der Klägerin sei schon vor Einbringung der Klage bekannt gewesen, welche Mängel vorgelegen seien und welcher Gewährleistungsbehelf – nämlich Verbesserung – ihr deswegen gegenüber den Beklagten zustehe. Ihr seien auch die voraussichtlichen Kosten der Verbesserung wenigstens in groben Zügen bekannt gewesen, sodass nunmehr unklar geblieben sei, ob die Beklagten diese zur Gänze oder nur zu einem Teil zu vertreten hätten. Vor diesem Hintergrund wäre der Klägerin die Erhebung der Leistungsklage möglich gewesen. Die Unterbrechungswirkung eines Feststellungsbegehrens beziehe sich nicht auf bereits bekannte und fällige Schadenersatzansprüche; für schon mit Leistungsklage verfolgbare Ansprüche laufe die Verjährungsfrist ungeachtet einer schon erhobenen Feststellungsklage weiter. Der Klägerin sei es schon bei Einbringung der Klage möglich gewesen, hinsichtlich der nunmehr ausgedehnten Leistungsansprüche ein Zahlungsbegehren zu stellen. Sie sei in Kenntnis der Mängel und voraussichtlichen Verbesserungskosten und auch der Überzeugung gewesen, dass die Mängel von den Beklagten zu vertreten seien. Es sei zwar richtig, dass im Bereich des Schadenersatzes zu berücksichtigen sei, wenn die Chloridbelastung damals tatsächlich noch nicht als Mangel zu Tage getreten sein sollte. Eine Auseinandersetzung damit sei aber nicht notwendig, weil daran keine anderen Rechtsfolgen anknüpften. Der Klägerin sei die Möglichkeit von Schäden infolge einer Chloridbelastung jedenfalls bekannt gewesen und es wäre ihr – so wie zu den anderen Bereichen – möglich gewesen, ein Gutachten dazu einzuholen. Diese Unterlassung sei nicht in einer tatsächlichen Unmöglichkeit begründet, einen bezifferbaren Schaden zu ermitteln, sondern habe primär auf prozesstaktischen oder prozessökonomischen Erwägungen gefußt. Die Verjährung sei auch in dieser Konstellation schon eingetreten. Selbst das Argument, die Bankgarantie sei bis 2012 befristet gewesen, führe nicht zum Erfolg. Soweit die Klägerin ins Treffen führe, durch die Bankgarantie sei es im Ergebnis zu einer Verlängerung der Gewährleistungs‑ bzw Verjährungsfristen gekommen, genüge der Hinweis auf die Abstraktheit der Bankgarantie. Selbst wenn man davon ausginge, dass die einvernehmlich bis 2012 verlängerte Bankgarantie in Analogie zu Vergleichsverhandlungen dazu führen könne, dass hierdurch der Ablauf der Verjährungsfrist hinausgeschoben werde und Verjährung nicht eintrete, wenn nach Abbruch der Vergleichsverhandlungen in angemessener Frist die Klage eingebracht werde, wäre der Klägerin die nicht gehörige Fortsetzung vorzuwerfen, habe sie doch erst mir Schriftsätzen vom 24. 11. 2014 und somit zumindest zwei Jahre nach Ablauf der Bankgarantie ihr Leistungsbegehren ausgedehnt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Rechtlich führte es aus, dass das von der Klägerin eingeholte Gutachten über die „Betontechnologische Betrachtung des Schadensfalls“ vom 24. 11. 2010 hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür geboten habe, dass die Ursache für die aufgetretenen Risse im Verantwortungsbereich der Beklagten gelegen sei, die die Klägerin mit den Baumeisterarbeiten beauftragt hatte. Die von der Klägerin eingeholten Kostenvoranschläge vom 29. 12. 2010 und vom 9. 2. 2011 seien umfassend und sehr detailliert. Der im Gerichtsverfahren beigezogene Sachverständige habe ausgeführt, dass eine detaillierte Abschätzung der künftig zu erwartenden Rissbewegungen aufgrund der Komplexität des Bauwerks nicht möglich sei, und habe seiner Grobschätzung für den Sanierungsaufwand die von der Klägerin eingeholten beiden Angebote zugrunde gelegt. Es habe sich also gegenüber dem Zeitraum 2010/2011 keine Änderung in der Einschätzung des Sanierungsaufwands ergeben. Der Klägerin wäre es zumutbar gewesen, schon in diesem Zeitraum durch punktuelle Überprüfungen, inwieweit die Bewehrung bereits beeinträchtigt sei, das Schadensausmaß und den diesbezüglichen Sanierungsaufwand durch einen Sachverständigen ermitteln zu lassen. Der im Beweissicherungsverfahren beigezogene Sachverständige habe das Ausmaß der Risse aufgelistet; das Ergebnis der Befundaufnahme sei der Klägerin am 8. 4. 2011 zugestellt worden. Unter Berücksichtigung des Umfangs und des Inhalts der von ihr eingeholten Prüfberichte wäre es ihr auch zumutbar gewesen, Erhebungen über die Höhe der Sanierungskosten durchzuführen, habe sie doch aufgrund des Kostenvoranschlags vom 29. 12. 2010 hinreichende Anhaltspunkte gehabt, dass Chloridanreicherungen bereits vorhanden gewesen seien, also Mangelfolgeschäden schon eingetreten seien. Der Klägerin sei es durchaus möglich gewesen, die Sanierungskosten im Bereich der Verdunstungsrinnen mit 270.000 EUR zu beziffern; auch bei diesen Mängeln (Risse) sei schon in der Klage auf die Gefahr eindringender Chloride, die zur Lochfraßkorrosion der Bewehrung führten, Bezug genommen worden. Für die Klägerin habe sich im Jahr 2014 keine wesentlich veränderte Sachverhaltsgrundlage gegenüber dem Zeitraum 2010/2011 ergeben. Die mit der Klagsänderung durch Ausdehnung des Leistungsbegehrens geltend gemachten Ansprüche seien nach § 1489 ABGB verjährt. Unter Berücksichtigung eines für die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses und der darauf beruhenden Kostenvoranschläge über den Sanierungsaufwand angemessenen Zeitraums hätte die Klägerin spätestens im Sommer 2011 ihr Leistungsbegehren beziffern können.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mangels einer über den Einzelfall hinausgehenden erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, dem Klagebegehren „vollinhaltlich“ stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten und deren Nebenintervenientin beantragen in den ihnen freigestellten Revisionsbeantwortungen die Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin, in eventu diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.

1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft. Sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Die Beklagten erhoben (allein) gegen das ausgedehnte Leistungsbegehren den Einwand der Verjährung, weil die Klägerin spätestens zum Zeitpunkt der Klagseinbringung exakte Kostenanbote einholen und die Höhe der Sanierungskosten ermitteln hätte können.

Das Erstgericht ging in der rechtlichen Beurteilung davon aus, dass der Klägerin die voraussichtlichen Kosten der Verbesserung vor Einbringung der Klage „in groben Zügen bekannt“ gewesen seien. Das Berufungsgericht argumentierte, dass die Klägerin ihren Sanierungsaufwand spätestens im Sommer 2011 beziffern und diesbezüglich ein Leistungsbegehren erheben hätte können.

3.1. Nach Ablauf der (dreijährigen) Verjährungsfrist (des § 1489 Satz 1 ABGB) kann eine Ausdehnung des Klagebegehrens auf einen höheren Betrag nicht mehr mit Erfolg vorgenommen werden. Denn die Verjährung eines Anspruchs wird nur soweit unterbrochen, als der Anspruch eingeklagt wird. Die Verjährung ist also bei einer Teileinklagung nur hinsichtlich des eingeklagten Teilbetrags unterbrochen und läuft für den nicht eingeklagten Betrag weiter (RIS‑Justiz RS0019184).

3.2. Durch die Einbringung der Feststellungsklage (der später stattgegeben wird) wird die Verjährung aller in diesem Zeitpunkt zukünftigen Schadenersatzansprüche gemäß § 1497 ABGB unterbrochen (RIS‑Justiz RS0034771). Die Verjährung bereits fälliger, mit Leistungsklage einklagbarer Ansprüche wird durch die Feststellungsklage aber nicht unterbrochen. Nach der Rechtsprechung hat die Feststellungsklage dagegen auch bezüglich jener künftigen Schäden Unterbrechungswirkung, die im Laufe des Prozesses eintreten (2 Ob 180/13d; Dehn in KBB4 § 1497 ABGB Rz 10 mwN). Als Folge ist die Ausdehnung eines Leistungsbegehrens nach Ablauf der Verjährungsfrist „zulässig“ (gemeint: der Ausdehnung kann nicht erfolgreich ein Verjährungseinwand entgegengesetzt werden), wenn die Leistungsklage mit einer in der Folge erfolgreichen Feststellungsklage verbunden war (RIS‑Justiz RS0031702 [T5]). Als „künftige“ Schäden sind dabei solche zu verstehen, deren Ersatz im maßgeblichen Zeitpunkt der Einbringung der Feststellungsklage mangels Fälligkeit des Anspruchs noch nicht begehrt werden kann (1 Ob 130/12t mwN; RIS‑Justiz RS0034771 [T8]). Das Begehren auf Ersatz künftiger Schäden unterbricht nicht die Verjährung bereits fälliger Ansprüche, die mit Leistungsklage geltend gemacht werden könnten (RIS‑Justiz RS0034771 [T4]). Einer Klageausdehnung kann dann erfolgreich ein Verjährungseinwand entgegengesetzt werden, wenn im Zeitpunkt der Klagseinbringung die Bezifferung des Sanierungsaufwands von Bauschäden möglich war (vgl 2 Ob 180/13d = RIS‑Justiz RS0031702 [T8]).

4. Zunächst ist zu prüfen, ob die Klägerin bereits im Zeitpunkt der Klagseinbringung am 23. 12. 2010 in der Lage war, den später mit Klagsausdehnung geltend gemachten Sanierungsaufwand zu beziffern.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen „wäre es ihr schon bei Klagseinbringung, aber spätestens jedoch seit Februar 2011“ möglich gewesen, die Kosten für eine ordnungsgemäße Sanierung zu ermitteln. Die von ihr eingeholten Kostenvoranschläge von zwei Unternehmen stammen von Ende Dezember 2010 und vom Februar 2011. Beide Zeitpunkte liegen nach dem Datum der Klagseinbringung. Im Zeitpunkt der Klagseinbringung hatte die Klägerin zwar einen guten Überblick über die vorhandenen Mängel im Gebäude und der Tiefgarage des Einkaufszentrums; nur die Chloridbelastung war im Jahr 2010 „noch nicht intensiv“ untersucht. Voraussetzung für die Geltendmachung eines Leistungsbegehrens ist aber dessen Bezifferbarkeit. Nach den getroffenen Feststellungen steht aber fest, dass die Höhe der (tatsächlichen) Sanierungskosten der Klägerin erst nach Klagseinbringung bekannt geworden ist und damit kann auch erst in weiterer Folge deren Fälligkeit eintreten.

Die Einbringung der Feststellungsklage unterbricht die Verjährung aller zu diesem Zeitpunkt schon entstandenen, aber noch nicht bezifferbaren Schadenersatzansprüche. In diesem Fall ist die Ausdehnung bzw Änderung der Klage auf während des Prozesses fällig werdende Schadensbeträge auch dann möglich, wenn die ursprüngliche Verjährungsfrist schon abgelaufen wäre; sie ist aber zur Aufrechterhaltung der Unterbrechung nicht erforderlich. Die Unterbrechungswirkung geht nur dann verloren, wenn die Feststellungsklage nicht gehörig fortgesetzt oder abgewiesen wird. Das ist in dem hier zu beurteilenden Rechtsstreit, in dem die Klägerin im Jahr 2014 das Feststellungsbegehren (inhaltlich) eingeschränkt und das Zahlungsbegehren ausgedehnt hat, somit das (an sich gerechtfertigte) Feststellungsbegehren in diesem Umfang durch ein Zahlungsbegehren ersetzt hat, nicht der Fall, sodass die Unterbrechungswirkung nicht verloren ging (5 Ob 16/01s mwN; RIS‑Justiz RS0034286 [T3, T5, T7]). Die Unterbrechungswirkung des Feststellungsbegehrens tritt aber für das erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erhobene Leistungsbegehren nur dann ein, wenn der nunmehr im Leistungsbegehren geltend gemachte Anspruch mit jenem dem Feststellungsbegehren zugrundeliegenden Anspruch identisch ist. Geht das Leistungsbegehren über das Feststellungsbegehren hinaus, so ist die Unterbrechungswirkung durch Klagseinbringung in diesem Umfang nicht erfolgt (7 Ob 226/04t).

5.1. Die Klägerin stellte das Feststellungsbegehren, dass ihr die Beklagten „alle Nachteile, die sich aus der mangelhaften Ausführung der Baumeisterarbeiten [...], und zwar sowohl in Bezug auf das Einkaufszentrum als auch im Bereich Infrastruktur ergeben“, zu ersetzen hätten. Der erkennende Senat geht davon aus, dass die Klägerin damit erkennbar die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden begehrte. Insofern geht das Rechtsschutzziel des Feststellungsbegehrens über das mit der Leistungsklage verfolgte Ziel hinaus. Der Klägerin ist ein Feststellungsinteresse auf Feststellung der Haftung für künftige (bezifferbare) Schäden aus der mangelhaften Errichtung des Einkaufszentrums zuzubilligen, sofern weitere Schäden nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden können (RIS‑Justiz RS0038976 [T27, T33]).

5.2. Bestreitet ein Werkunternehmer das Vorliegen von Mängeln, so besteht in der Regel kein rechtliches Interesse an der ganz allgemein begehrten Feststellung seiner Haftung für sämtliche durch die mangelhafte (Planung und) Herstellung verursachten Schäden; vielmehr hat die Klägerin in ihrem Feststellungsbegehren konkrete Tatsachen (vorliegende Mängel bzw bereits vorhandene Ursachen für zukünftige Schäden) anzuführen (vgl 1 Ob 302/03y = RIS‑Justiz RS0018668 [T3]). Eine solche Präzisierung nahm die Klägerin zwar nicht im Feststellungsbegehren vor, jedoch führte sie in der Klage detailliert Mängel („Rissbildungen; Beschichtung und Verdunstungsrinnen; Fugenübergang *****‑Straße“) an, aus denen sie Schadenersatzansprüche ableitet. In diesem Umfang richtete sich das (ursprüngliche) Feststellungsbegehren auf zukünftige Schäden aus entsprechend konkretisierten Mängeln.

5.3. Die Klägerin hat die Umstellung des Feststellungsbegehrens und Ausdehnung des Leistungsbegehrens im Jahr 2014 um 2.009.141,03 EUR damit begründet, dass sie über diesen Sanierungsaufwand ein entsprechendes Anbot einer Bietergemeinschaft eingeholt habe und im Zusammenhang mit der Sanierung Kosten für „Büroleistungen“ und die örtliche Bauaufsicht anfallen würden. Auch anhand ihrer Darlegungen anlässlich der Klagseinschränkung lässt sich nicht beurteilen, ob der im ausgedehnten Leistungsbegehren geltend gemachte Anspruch mit jenem dem Feststellungsbegehren zugrunde liegenden Anspruch identisch ist. Mit dem Feststellungsbegehren wurden künftige Schäden aus den in der Klage näher geschilderten Mängeln „Rissbildungen, Beschichtung und Verdunstungsrinnen sowie Fugenübergang *****‑Straße“ gesichert. Wie zu Punkt 4. bereits dargelegt wurde, tritt die Unterbrechungswirkung des Feststellungsbegehrens für das erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erhobene Leistungsbegehren nur dann ein, wenn der nunmehr im Leistungsbegehren geltend gemachte Anspruch nicht über den Inhalt des ursprünglichen Feststellungsbegehren hinaus geht. In diesem Fall wäre das ausgedehnte Leistungsbegehren nicht verjährt. Sollte jedoch mit dem Leistungsbegehren ein bislang im Feststellungsbegehren nicht geltend gemachter Sanierungsaufwand begehrt werden, wäre dieser verjährt. Aufgrund des rudimentären Vorbringens der Klägerin zum ausgedehnten Leistungsbegehren kann diese Beurteilung derzeit aber noch nicht vorgenommen werden.

6. Da die Frage der Verjährung des ausgedehnten Leistungsbegehrens von dessen Deckung im ursprünglichen Feststellungsbegehren abhängt, ist die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen, um diese Beurteilung nach entsprechender Erörterung mit der Klägerin gemäß § 182 ZPO vorzunehmen. Jene Sanierungskosten des ausgedehnten Zahlungsbegehrens, die auf die in der Klage beschriebenen Mängel („Rissbildungen, Beschichtung und Verdunstungsrinnen sowie Fugenübergang *****‑Straße“) zurückzuführen sind, sind nicht verjährt.

Damit sind aber die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht ist die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO

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