Rechtssatz
Eine Bindungswirkung der Vorentscheidung ist nur dann anzunehmen, wenn sowohl die Identität der Parteien als auch des rechtserzeugenden Sachverhalts (verbunden mit notwendig gleicher rechtlicher Qualifikation) gegeben sind, aber an Stelle der inhaltlichen und wörtlichen Identität der Begehren ein im Gesetz gegründeter Sachzusammenhang zwischen beiden Begehren besteht. Ein solcher ist anzunehmen, wenn die Entscheidung über den neuen Anspruch vom Inhalt der bereits rechtskräftig entschiedenen Streitsache abhängig ist (Präjudizialität der rechtskräftigen Entscheidung) oder wenn das Begehren das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entschiedenen Anspruches darstellt. Die Lehre, dass nicht Identität, sondern der teleologische Sinnzusammenhang die Rechtskraftwirkung objektiv begrenze, hat sich in der Rechtsprechung nicht durchgesetzt (Fasching III, 705 ff).
2 Ob 541/78 | OGH | 12.10.1978 |
Vgl |
7 Ob 680/78 | OGH | 19.10.1978 |
Vgl |
8 Ob 71/79 | OGH | 25.05.1979 |
Vgl auch |
8 Ob 18/84 | OGH | 07.06.1984 |
Auch; nur: Eine Bindungswirkung der Vorentscheidung ist nur dann anzunehmen, wenn sowohl die Identität der Parteien als auch des rechtserzeugenden Sachverhalts (verbunden mit notwendig gleicher rechtlicher Qualifikation) gegeben sind, aber an Stelle der inhaltlichen und wörtlichen Identität der Begehren ein im Gesetz gegründeter Sachzusammenhang zwischen beiden Begehren besteht. Ein solcher ist anzunehmen, wenn die Entscheidung über den neuen Anspruch vom Inhalt der bereits rechtskräftig entschiedenen Streitsache abhängig ist (Präjudizialität der rechtskräftigen Entscheidung) oder wenn das Begehren das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entschiedenen Anspruches darstellt. (T1) <br/>Veröff: ZVR 1985/42 S 82 |
7 Ob 540/87 | OGH | 05.03.1987 |
nur: Eine Bindungswirkung der Vorentscheidung ist nur dann anzunehmen, wenn sowohl die Identität der Parteien als auch des rechtserzeugenden Sachverhalts (verbunden mit notwendig gleicher rechtlicher Qualifikation) gegeben sind. (T2)<br/>Beisatz: Außerstreitverfahren (T3) <br/>Veröff: SZ 60/43 = RZ 1988/61 S 225 |
3 Ob 11/89 | OGH | 12.04.1989 |
Auch; Veröff: RZ 1989/96 S 250 |
1 Ob 576/92 | OGH | 14.07.1992 |
Auch; nur T1; Beisatz: Ein Sonderfall der Präjudizialität liegt vor, wenn die beiden Begehren nur deshalb miteinander unvereinbar sind, weil durch die Vorentscheidung die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für das neue Begehren verneint wurden. War im früheren Verfahren ein bestimmtes Rechtsverhältnis als Ganzes Entscheidungsgegenstand, dann sind aus diesem Rechtsverhältnis ohne Sachverhaltsänderung abgeleitete Folgerungen durch die Bindungswirkung ausgeschlossen. (T4) |
1 Ob 12/93 | OGH | 20.04.1993 |
Auch; nur T2; Veröff: RZ 1994/51 S 164 |
1 Ob 536/94 | OGH | 29.03.1994 |
Auch; nur T1; Beis wie T4 nur: Ein Sonderfall der Präjudizialität liegt vor, wenn die beiden Begehren nur deshalb miteinander unvereinbar sind, weil durch die Vorentscheidung die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für das neue Begehren verneint wurden. (T5) |
9 Ob 501/95 | OGH | 11.01.1995 |
Auch; nur T1; Beis wie T4; Beisatz: Wenn hingegen bestimmte Tatsachen im Vorprozess nicht den Hauptgegenstand des Verfahrens bildeten, sondern lediglich eine Vorfrage darstellten, dann kommt der Entscheidung dieser Vorfrage im Vorprozess keine bindende Wirkung im folgenden Prozess zu (vgl RZ 1989/96 mit weiteren Hinweisen). (T6) <br/>Veröff: SZ 68/2 |
9 ObA 103/95 | OGH | 23.08.1995 |
Auch; nur T1; Beis wie T5; Beis wie T6; Beisatz: Eine Rechtskraftwirkung könnte nur dadurch erreicht werden, dass die Vorfrage zum Gegenstand eines Zwischenfeststellungsantrages gemacht wurde. (T7) |
1 Ob 574/95 | OGH | 17.10.1995 |
Auch; nur: Eine Bindungswirkung der Vorentscheidung ist nur dann anzunehmen, wenn sowohl die Identität der Parteien als auch des rechtserzeugenden Sachverhalts (verbunden mit notwendig gleicher rechtlicher Qualifikation) gegeben sind, aber an Stelle der inhaltlichen und wörtlichen Identität der Begehren ein im Gesetz gegründeter Sachzusammenhang zwischen beiden Begehren besteht. (T8)<br/>Beis wie T6 |
8 ObA 291/95 | OGH | 18.01.1996 |
Vgl auch; Beis wie T4; Beis wie T6; Beis wie T7; Beisatz: Hier: War das Klagebegehren im Vorprozess auf Feststellung des aufrechten Bestehens des Dienstverhältnisses gerichtet, stellt die Annahme im Vorprozess, das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers sei aufgrund unberechtigten Austrittes gelöst worden, eine der Rechtskraft nicht fähige Vorfrage dar. (T9) |
5 Ob 502/96 | OGH | 27.02.1996 |
Vgl auch; nur T1; Beis wie T4; Beis wie T6; Beisatz: Für die Beurteilung des von der Rechtskraftwirkung erfassten Streitgegenstandes sind jedoch nur jene Tatsachenbehauptungen maßgeblich, die die Begründung des erhobenen Sachantrages (Urteilsbegehrens) erforderte. Die Präklusionswirkung der materiellen Rechtskraft einer Vorentscheidung für den Folgeprozess erstreckt sich demnach auf das Vorbringen von Tatsachen, die zur Vervollständigung oder Entkräftung jenes rechtserzeugenden Sachverhalts dienten, aus dem das erste Urteilsbegehren abgeleitet wurde; die rechtskräftige Verneinung eines Anspruchs ist auf den vom Gericht zur Abweisung herangezogenen Sachverhalt - den "maßgeblichen" Sachverhalt - beschränkt. (T10) |
5 Ob 2152/96y | OGH | 29.10.1996 |
Vgl auch; nur T1; Beis wie T6; Beisatz: Präjudizialität liegt vor allem dann vor, wenn der dort rechtskräftig entschiedene Anspruch überhaupt Vorfrage (bedingendes Rechtsverhältnis) für den neuen Anspruch ist, wenn also der Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung zum Tatbestand der mit der neuen Klage begehrten Rechtsfolge gehört. Häufigster Fall der bindenden Wirkung der materiellen Rechtskraft von Präjudizialentscheidungen ist in diesem Zusammenhang die Wirkung des Urteils über einen Zwischenantrag auf Feststellung auf das Endurteil über das Klagebegehren. (T11) |
5 Ob 2267/96k | OGH | 08.10.1996 |
Vgl auch; Beis wie T3; Beis wie T6; Beis wie T7; Beis wie T11 |
6 Ob 2155/96x | OGH | 05.12.1996 |
nur T8; Beis wie T5; Beis wie T6; Beis wie T7 |
7 Ob 344/97g | OGH | 27.01.1998 |
Auch; nur: Ein solcher ist anzunehmen, wenn die Entscheidung über den neuen Anspruch vom Inhalt der bereits rechtskräftig entschiedenen Streitsache abhängig ist (Präjudizialität der rechtskräftigen Entscheidung) oder wenn das Begehren das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entschiedenen Anspruches darstellt. (T12) |
4 Ob 132/98k | OGH | 10.11.1998 |
nur T1; Beis wie T4 nur: War im früheren Verfahren ein bestimmtes Rechtsverhältnis als Ganzes Entscheidungsgegenstand, dann sind aus diesem Rechtsverhältnis ohne Sachverhaltsänderung abgeleitete andere oder weitere Folgerungen durch die Bindungswirkung ausgeschlossen. (T13) |
9 ObA 205/98g | OGH | 11.11.1998 |
Auch; nur T2; Beis wie T6; Beis wie T11 |
7 Ob 41/99a | OGH | 23.02.1999 |
Vgl auch; nur T1; Veröff: SZ 72/35 |
8 ObA 68/99d | OGH | 15.04.1999 |
Vgl auch; Beisatz: Wurde in ein- und demselben Verfahren eine für den noch offenen Anspruch präjudizielle Vorfrage als Hauptfrage rechtskräftig entschieden, ist eine neuerliche, von dieser Entscheidung abweichende Beurteilung im fortgesetzten Verfahren nicht mehr möglich. (T14) |
6 Ob 59/99s | OGH | 20.05.1999 |
Vgl auch; nur T1; Beis wie T6; Beis wie T7 |
2 Ob 114/99z | OGH | 20.05.1999 |
Auch; nur: Ein solcher ist anzunehmen, wenn die Entscheidung über den neuen Anspruch vom Inhalt der bereits rechtskräftig entschiedenen Streitsache abhängig ist. (T15) |
7 Ob 196/99w | OGH | 14.07.1999 |
Vgl; nur T2; Beisatz: Handelt es sich um einen vom Vorverfahren abgehobenen, neuen und dem Kläger kraft eigenen Rechtes zustehenden Anspruch, begründet die im Vorverfahren für angemessen erachtete Mitverschuldensteilung keine inhaltliche Bindung. (T16) |
7 Ob 184/99f | OGH | 13.10.1999 |
Vgl auch; nur T2; Beis wie T6; Beis wie T11 |
6 Ob 127/02y | OGH | 11.07.2002 |
Auch; Beis wie T16; Beisatz: Ein Feststellungsurteil im Schmerzengeldprozess des später verstorbenen Patienten gegen seinen Arzt, womit dessen Haftung verneint wurde, entfaltet mangels Parteienidentität und Identität der Ansprüche keine Bindungswirkung für den nach dem Tod des Patienten von der Witwe und den Kindern gegen den Arzt auf denselben Sachverhalt gestützten, auf Unterhaltszahlungen gerichteten Schadenersatzprozess. (T17) |
4 Ob 110/04m | OGH | 25.05.2004 |
nur T1; Beisatz: Hier: Bindung an Unterlassungsurteil bejaht (NahVersG). (T18) |
4 Ob 163/05g | OGH | 15.09.2005 |
Beisatz: Ist daher über das wegen Verletzung des Urheberrechts (hier: des Bildnisschutzes) erhobene Unterlassungsbegehren ein rechtskräftiges Teilurteil gefällt worden, ist bei Prüfung des auf die gleiche Urheberrechtsverletzung gegründeten Schadenersatzbegehrens - ebenso wie bei der Prüfung eines auf denselben Wettbewerbsverstoß gegründeten Schadenersatzanspruchs, wenn die Unterlassung dieses wettbewerbswidrigen Verhaltens bereits rechtskräftig aufgetragen wurde - nur mehr auf jene Anspruchsvoraussetzungen einzugehen, welche nicht bereits Voraussetzung des rechtskräftig für berechtigt erkannten Unterlassungsanspruchs sind. (T19)<br/>Veröff: SZ 2005/131 |
6 Ob 176/06k | OGH | 12.10.2006 |
Auch; nur T1; Beis wie T6; Beisatz: Die österreichische ZPO kennt mit dem Zwischenantrag auf Feststellung ein Institut, das - ausnahmsweise - die Möglichkeit einer rechtskräftigen Feststellung von Vorfragen eröffnet. Die Annahme, dass auch die Feststellungen über eine Vorfrage im Vorprozess selbständig rechtskräftig werden können, würde diesen Zwischenantrag auf Feststellung völlig entwerten und überdies dem Wortlaut des § 411 ZPO widersprechen, wonach präjudizielle Rechtsverhältnisse dann rechtskräftig entschieden werden, wenn sie zum Inhalt eines Zwischenfeststellungsantrags gemacht wurden. (T20) |
8 Ob 159/06z | OGH | 18.12.2006 |
Vgl auch; Beisatz: Die Wirkung eines rechtskräftigen Schiedsspruches - ebenso wie eines gerichtlichen Urteiles - erfasst grundsätzlich nur die Parteien. (T21) |
7 Ob 56/06w | OGH | 20.12.2006 |
Auch; Beis wie T6; Beis wie T7; Beis wie T20; Beisatz: Eine prozessrechtliche Bindungswirkung im Sinn einer Bindung an den im Vorprozess festgestellten Verteilungsplan ist zu verneinen (hier: Nach den Bestimmungen der §§ 155, 156 VersVG aufgestellter Verteilungsplanes). (T22) |
2 Ob 27/09y | OGH | 25.06.2009 |
Vgl; nur T2; Beisatz: Bei nicht identen Streitgegenständen keine Bindungswirkung der Entscheidung des Vorprozesses. (T23) |
8 ObA 19/11v | OGH | 29.06.2011 |
Vgl auch; Beisatz: Nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sowie nach der Lehre sind materiell-rechtliche Nahebeziehungen über die echte Präjudizialität hinaus allein kein hinreichender Grund für eine Erweiterung der Rechtskraftwirkungen. Die Bindungswirkung der Rechtskraft ist daher nicht auf „bestimmte Sinnzusammenhänge zwischen den Feststellungen zum Gegenstand des Vorprozesses“ oder auf „im Sinnzusammenhang stehende Rechtsverhältnisse“ zu erstrecken. Auch „das Gebot der Entscheidungsharmonie“ oder „das Bedürfnis der Rechtssicherheit“ sind keine Argumente dafür, die Rechtskraft eines Urteils „als Sonderfall der Präjudizialität“ über den entschiedenen Anspruch hinaus auf Vorfragen desselben zu erweitern. (T24) |
5 Ob 253/12k | OGH | 16.07.2013 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Begrifflich gegenteiliges Begehren. (T25) |
3 Ob 167/13z | OGH | 29.10.2013 |
Auch; Beis wie T24; Beisatz: Hier: Unterhaltsklage - Oppositionsklage aufgrund Verwirkung: Bindungswirkung bejaht. (T26) |
8 Ob 40/14m | OGH | 30.10.2014 |
Auch; nur T1; Beisatz: Hier: Servitutenklage im Vorprozess, gerichtet auf die Beseitigung von Beeinträchtigungen der Ausübung der behaupteten Dienstbarkeit. Die Entscheidung über den nunmehr zu beurteilenden Anspruch auf Verbücherung der auf den gleichen rechtserzeugenden Sachverhalt gegründeten Dienstbarkeit erfordert notwendig auch eine gleiche rechtliche Qualifikation. (T27) |
2 Ob 78/16h | OGH | 28.06.2016 |
Auch; Beisatz: Hier keine Bindungswirkung für Pflichtteilsstreit mangels Parteistellung des Pflichtteilsberechtigten im Unterhaltsstreit gegen die Verlassenschaft bzw nach Einantwortung gegen die Erbin. (T28) |
1 Ob 47/17v | OGH | 29.03.2017 |
nur T1; Beisatz: Hier war das Bestehen einer konkludent zustande gekommenen Dienstbarkeitsvereinbarung zwischen den Parteien für den Vorprozess nur Vorfrage. Die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess umfasste nicht die Feststellung, dass die von den dortigen Beklagten und nunmehrigen Klägern behauptete Servitut tatsächlich bestehe und muss daher diese Frage im nunmehr zu beurteilenden Rechtsstreit über die Einverleibung der behaupteten Grunddienstbarkeit (Rechtsgrund, Art und Umfang des Rechts) neu geprüft werden. (T29) |
6 Ob 171/17s | OGH | 21.12.2017 |
Vgl auch; Beis wie T24 nur: Auch „das Gebot der Entscheidungsharmonie“ oder „das Bedürfnis der Rechtssicherheit“ sind keine Argumente dafür, die Rechtskraft eines Urteils „als Sonderfall der Präjudizialität“ über den entschiedenen Anspruch hinaus auf Vorfragen desselben zu erweitern. (T30) |
3 Ob 221/17x | OGH | 21.03.2018 |
Auch; Beisatz: Hier: Eine Bindung im Arzthaftungsprozess an die Begründung eines Urteils, das ein Begehren der Klägerin auf Zuerkennung einer Invaliditätspension betraf, kommt mangels Identität der Parteien und des rechtserzeugenden Sachverhalts nicht in Betracht. (T31) |
6 Ob 199/18k | OGH | 24.01.2019 |
Vgl auch; Beis wie T6; Veröff: SZ 2019/6 |
9 ObA 154/21v | OGH | 20.10.2022 |
Vgl; Beisatz: Hier: Zwischen dem auf Anfechtung und dem auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahl gerichteten Klagebegehren besteht keine Identität des Streitgegenstands. (T32) |
4 Ob 197/22g | OGH | 22.11.2022 |
Vgl; Beisatz: Hier: Mit dem Weglassen der weitgehend inhaltsleeren Wendung „gegenüber der klagenden Partei“ wird die Selbstverständlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass der in UWG-Sachen ergangene zivilrechtliche Unterlassungstitel Verpflichtungen nur zwischen den Verfahrensparteien schafft. (T33) |
1 Ob 62/23h | OGH | 23.05.2023 |
vgl; Beisatz: Hier: Keine Rückschlüsse aus einem Zwischenurteil über den Grund des zu diesem Zeitpunkt strittigen Anspruchs auf einen danach mit Klagsausdehnung geltend gemachten Anspruch, der auf einem neuen Tatsachenvorbringen beruhte. (T34) |
Dokumentnummer
JJR_19771222_OGH0002_0020OB00228_7700000_002
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