OGH 7Ob55/00i

OGH7Ob55/00i30.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Martin Deuretsbacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ö***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Kosch & Partner, Rechtsanwälte Kommanditpartnerschaft in Wiener Neustadt, wegen Zustimmung (Streitwert S 1 Mio), über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 9. Dezember 1999, GZ 5 R 215/99w-13, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 7. September 1999, GZ 12 Cg 48/99z-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1.) Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 22.725,-- (darin enthalten S 3.787,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

2.) Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidung des Erstgerichtes wird wiederhergestellt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 201.294,80 (darin enthalten S 53.630,-- Barauslagen und S 28.398,30 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hat mit am 29. 9. 1998 unterfertigten Kaufvertrag die Liegenschaft EZ *****, Grundbuch *****, BG Liesing, bestehend aus dem Grundstück Nr 94/8, Baufläche (Gebäude), Baufläche (befestigt) unter der Grundstücksadresse H*****gasse 15, von der "R***** mbH rechtswirksam gekauft. Der Kaufpreis in Höhe von S 22 Mio wurde vom Vertragserrichter und Treuhänder Dr. J***** veruntreut. Gerichtsbekannt ist, dass über sein Vermögen der Konkurs eröffnet worden ist und nicht mit einer Befriedigung der gegenständlichen Schuld gerechnet werden kann.

Die Verkäuferin wurde als übertragende Gesellschaft mit der Beklagten als übernehmender Gesellschaft gemäß Verschmelzungsvertrag und Generalversammlungsbeschluss vom 3. 12. 1998 verschmolzen. Dr. J***** und seine Schwester J***** sind Gesellschafter der Beklagten mit einer jeweiligen Stammeinlage von S 2 Mio. Ein dritter Gesellschafter hält die übrige Stammeinlage, die insgesamt S 40 Mio beträgt.

Die Beklagte hatte der Klägerin den Termin der Vertragsunterzeichnung mit dem Hinweis mitgeteilt, den Kaufpreis auf das Treuhandkonto von Dr. J***** bei der C***** zu überweisen. Dem hatte die Klägerin entsprochen. Die einzige Ausfertigung der Rangordnung stammt vom 24. 9. 1998.

Der Kaufvertrag lautet in seinem Punkt III. wie folgt: "Der Treuhänder darf den Kaufpreis an die Verkäuferin nur dann zur Auszahlung bringen, wenn der Rangordnungsbeschluss an die Käuferin ausgehändigt ist, die Liegenschaft (Büro und Lager) an die Käuferin übergeben wurde und die Genehmigung gemäß VI. vorliegt." Punkt VI. des Kaufvertrages lautet: "Da an der Käuferin mehrheitlich Ausländer beteiligt sind, bedarf dieser Vertrag der Zustimmung der Ausländer-Grundverkehrsbehörde."

Am 30. 11. 1998 wurde die Liegenschaft an die Klägerin übergeben bzw von dieser übernommen. Anfang Dezember 1998 erteilte die Klägerin an Dr. J***** die Weisung, dass auf Grund des Wunsches der Beklagten bereits die Hälfte des Kaufpreises ausbezahlt werden könne. Mit Schreiben vom 1. 2. 1999 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Kaufpreis von S 22 Mio zwei Tage nach Einlangen des Kaufschillings auf dem Konto von Dr. J***** veruntreut worden sei und forderte die Klägerin auf, den Kaufpreis nochmals zu bezahlen. Mit Schreiben vom selben Tage forderte die Beklagte den vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien für Dr. J***** bestellten mittlerweiligen Stellvertreter, Herrn RA Dr. Horst R***** auf, den Akt über den Liegenschaftsverkauf an sich zu nehmen und keinesfalls Urkunden auszufolgen. Trotz Aufforderungen vom 11. und 23. 2. 1999 weigerte sich die Beklagte, ihre Zustimmung an RA Dr. R***** zu erteilen, damit dieser die Urkunden an die Klägerin zur Einverleibung des Eigentumsrechtes herausgebe. Die Beklagte besteht nach wie vor auf der Zahlung des Kaufpreises und verweigert solange die Zustimmung zur Herausgabe dieser Urkunden.

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihre Zustimmung zur Herausgabe der folgenden Originalurkunden zu erteilen:

Hilfsweise beantragt die Klägerin, die Beklagte schuldig zu erkennen, die lastenfreie Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin ob der Liegenschaft EZ *****, BG Liesing, bestehend aus dem Grundstück Nr 94/8, Baufläche (Gebäude), Baufläche (befestigt) zu dulden.

Dazu brachte die Klägerin im Wesentlichen vor wie folgt: Die Beklagte habe von Anfang an darauf bestanden, dass Dr. J***** den Kaufvertrag errichte und zum Treuhänder bestellt werde und habe dies mit bestehenden familiären Beziehungen begründet. Die Klägerin habe nicht die Möglichkeit gehabt, einen anderen Treuhänder oder Vertragserrichter vorzuschlagen.

Vereinbarungsgemäß sollte der Kaufpreis von S 22 Mio einige Tage vor der Unterfertigung des Kaufvertrages auf dem genannten Treuhandkonto des Dr. J***** eingelangt sein. Der Kaufpreis sei somit ab dem 17. 9. 1998 - dem Datum des Schreibens der Beklagten - zur Zahlung fällig gewesen. Der Kaufpreis sei einige Tage vor der Unterfertigung des Kaufvertrages auf diesem Konto des Dr. J***** eingelangt und gutgeschrieben worden. Die Klägerin habe sohin gemäß § 905 Abs 2 ABGB in der vereinbarten Weise schuldbefreiend Zahlung geleistet.

Aus den nunmehrigen Behauptungen der Beklagten, dass es sich dabei um das Privatkonto des Dr. J***** gehandelt habe, ergebe sich der Verdacht, dass die Beklagte mit Dr. J***** unter Verstoß gegen § 43 der Richtlinien für die Berufsausübung des Rechtsanwaltsberufs (RLBA) zum Nachteil der Klägerin gehandelt und diese in die Irre geführt habe. Die Klägerin mache daher ausdrücklich Irreführung durch die Beklagte geltend, da es sich bei dem von der Klägerin angewiesenen Konto nicht um ein Treuhandkonto gehandelt habe. In Kenntnis der wahren Umstände hätte die Klägerin den Kaufpreis niemals auf dieses Konto überwiesen. Der Irrtum sei daher wesentlich und von der Beklagten veranlasst. Im Hinblick auf die notorischen Umstände betreffend den Treuhänder Dr. J***** werde der von der Klägerin erlittene Schaden in der Höhe des voraus überwiesenen Kaufpreises kompensando gegen eine allfällige der Beklagten zustehende Kaufpreisforderung eingewandt.

Punkt VIII. des Kaufvertrages enthalte die Aufsandungserklärung ohne eine Einschränkung.

Da die Käuferin ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland habe, habe der Kaufvertrag nicht der Zustimmung der Ausländer-Grundverkehrsbehörde bedurft. Vielmehr sei von dieser am 21. 1. 1999 bestätigt worden, dass der Kaufvertrag keiner Genehmigung bedürfe. Die der Klägerin vorgeschriebenen Grunderwerbssteuer sei von derselben bereits entrichtet worden. Es lägen sohin sämtliche Voraussetzungen für die Einverleibung des Eigentumsrechtes vor.

Mit Schreiben vom 4. 2. 1999 habe RA Dr. R***** der Klägerin mitgeteilt, dass sich sämtliche Urkunden in seinem Besitze befänden und er diese auf Grund der widerstreitenden Erklärung der Beklagten nicht an die Klägerin zur weiteren grundbücherlichen Durchführung herausgeben könne. Die Urkunden seien in der Folge von Dr. R***** an Rechtsanwalt Dr. Richard P*****, dem Masseverwalter von Dr. J*****, übergeben worden. Auch er verweigere die Herausgabe der Urkunden, weil die Beklagte ihrer Herausgabe nicht zustimme.

Der Kaufpreis sei bereits vor der Unterfertigung des Kaufvertrages (29. 9. 1998) von Dr. J***** veruntreut worden. Dieser sei erst mit Unterfertigung des schriftlichen Kaufvertrages über Drängen der Beklagten zum Treuhänder bestellt worden. Daraus ergebe sich, dass Dr. J***** im Zeitpunkt des Empfangs des Kaufpreises und der Veruntreuung in keinem Vertragsverhältnis zur Klägerin gestanden sei. Zum Zeitpunkt der Veruntreuung sei Dr. J***** vielmehr bloß Empfangsbevollmächtigter der Beklagten zur Entgegennahme des Kaufpreises gewesen. Die Veruntreuung gehe schon aus diesem Grund ausschließlich zu Lasten der Beklagten.

Unrichtig sei, dass erst am 29. 9. 1998 zwei Geldbeträge, und zwar S 11,700.000,-- und S 7,900.000,-- von Dr. J***** vom Konto behoben worden seien. Dieses Vorbringen der Beklagten widerspreche dem Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 1. 2. 1999. Die unrechtmäßige Behebung sei einen Tag vor der Unterfertigung des Kaufvertrages und der Treuhänderbestellung erfolgt. Auch daraus ergebe sich, dass die Veruntreuung ausschließlich zu Lasten der Beklagten gehe. Zu einer ausdrücklichen vertraglichen Bindung sei es erst mit der Unterfertigung des ausformulierten schriftlichen Kaufvertrages gekommen. Zunächst sei lediglich eine formale Einigung über Ware und Preis vorgelegen.

Zwischenzeitig habe die Bank B***** auf Grund der ihr erteilten Pfandrechte auf der gegenständlichen Liegenschaft ein Hypothek in der Höhe von S 22,8 Mio eintragen lassen. Auch der sich dadurch ergebende Schaden werde kompensando eingewendet.

Die Beklagte beantragt Klagsabweisung. Sie behalte sich vor, ihrerseits eine Klage auf Einhaltung des Kaufvertrages und Zahlung des Kaufschillings von S 22 Mio geltend zu machen. Bestritten werde, dass die Beklagte von Anfang an darauf bestanden habe, dass Dr. J***** den Kaufvertrag errichte und zum Treuhänder bestellt werde. Auch ein Hinweis auf - im Übrigen nicht bestehende - familiäre Beziehungen zu Dr. J***** sei nicht erfolgt. Hätte die Klägerin einen anderen Treuhänder vorgeschlagen, wäre über diesen abgeschlossen worden. Das Konto sei der Beklagten von Dr. J***** mitgeteilt worden, dass es sich nicht um ein Treuhandkonto gehandelt habe, sei der Beklagten nicht bekannt gewesen. Der Geldbetrag sei am 26. 9. 1998 auf dem eben erwähnten Konto eingelangt. Die Vertragsunterzeichnung habe am 29. 9. 1998 um 11 Uhr stattgefunden. An diesem Tag seien zwei Geldbeträge behoben worden und zwar S 11,700.000,-- und S 7,900.000,--. Der Rest sei erst am 30. 9. 1998 abgehoben worden.

Im Dezember 1998 seien beide Parteien der Meinung gewesen, dass die Voraussetzungen zur Auszahlung des Kaufschillings noch nicht vorlägen. Bestritten werde, dass die Klägerin gemäß § 905 Abs 2 ABGB in der vereinbarten Weise schuldbefreiend Zahlung geleistet habe, da keine Überweisung auf ein Treuhandkonto erfolgt sei. Dies sei allerdings weder der Klägerin noch der Beklagten bekannt gewesen. Bestritten werde, dass die Beklagte mit Dr. J***** zum Nachteil der Klägerin gehandelt und diese in den Glauben versetzt habe, sie leiste auf ein Treuhandkonto. Ein Verstoß gegen das Schutzgesetz der RLBA könne der Beklagten nicht angelastet werden.

Am 30. 11. 1998 sei nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin die Räumung der Liegenschaft erfolgt. Vorher sei ein Anspruch auf Ausfolgung des Geldes noch nicht gegeben gewesen. Darüber hinaus habe der Vertrag vereinbarungsgemäß auch der Ausländer-Grundverkehrskommission vorgelegt werden müssen, die allerdings der Rechtslage entsprechend eine Negativbestätigung ausgestellt habe. Schließlich sei die Anzeige des Kaufvertrages beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern erst am 20. 10. 1998 erfolgt. Im Zeitpunkt der Veruntreuung sei damit die Verkäuferin über den Betrag noch nicht verfügungsberechtigt gewesen. Der zufällige Schaden habe sich daher im Bereich der Klägerin ereignet. Dies führe dazu, dass ein Anspruch auf Übertragung des Kaufobjektes mangels Zahlung nicht bestehe. Die Klage auf Zustimmung zur Ausfolgung von Unterlagen sei daher ebenso wie das Eventualbegehren verfehlt.

Nur deshalb, weil die Zahlung ausgeblieben sei, habe die Hypobank B***** Aktiengesellschaft ein Hypothekarpfandrecht im Höchstbetrag von S 22,800.000,-- eintragen lassen. Es handle sich hier um eine nicht zu verbüchernde Pfandbestellungsurkunde, wobei zwischen Beklagter und H***** vereinbart gewesen sei, dass die Pfandbestellungsurkunde nicht eingetragen worden wäre, wenn die Bank den Kaufschilling erhalten hätte.

Dr. J***** sei bereits auf Grund des Entwurfs des Kaufvertrages, der mit seiner Kenntnis an die Gegenseite versendet worden sei, in die Treuhandvereinbarung eingebunden gewesen. Dies habe die Klägerin akzeptiert, indem sie den Betrag auf das von diesem Anwalt bekannt gegebene Treuhandkonto überwiesen habe. Dazu komme noch, dass Dr. J***** mit Schreiben vom 18. 9. 1998 bereits ausdrücklich von der Klägerin als Treuhänder akzeptiert worden sei. Der Liegenschaftskaufvertrag sei nicht erst mit der Unterfertigung desselben wirksam geworden, sondern bereits mit der Einverständniserklärung der Klägerin vom 15. 9. 1998. Die Angaben über den Zeitpunkt der Veruntreuungen stammten von Dr. Richard P*****. Die gegenteiligen Behauptungen seien unrichtig.

Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht im klagsstattgebenden Sinne im Sinn des Hauptbegehrens.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht von der Anwendbarkeit inländischen (österreichischen) Privatrechtes aus (§ 36 IPRG). Zu prüfen sei, welchen der Vertragspartner die Preisgefahr treffe. Der Vertrag sei mit 29. 9. 1998 perfekt geworden. Die Vertragsbestimmung betreffend die Genehmigung der Ausländergrundverkehrsbehörde sei aus rechtlichen Gründen obsolet gewesen. Die Klägerin habe über ausdrücklichen Wunsch der Beklagten und sohin abweichend von der im schriftlichen Kaufvertrag dargelegten Vorgangsweise den gesamten Kaufpreis bereits am 26. 9. 1998 an den später zum Treuhänder bestellten Dr. J***** zur Auszahlung gebracht. In dieser Phase habe Dr. J***** keinesfalls bereits als von den beiden Teilen bevollmächtigter und beauftragter Treuhänder fungiert. Er sei als einseitige von der Beklagten gegenüber der Klägerin bestimmte Zahlstelle anzusehen. Auf Grund der von der Beklagten geforderten Vorauszahlung sei der Kaufpreis als mit Einlangen auf dem bekannt gegebenen Konto des Vertragserrichters Dr. J***** der Beklagten zugekommen anzusehen. Dass auf Grund der Bestimmungen im schriftlichen Kaufvertrag die tatsächliche Auszahlung an die Verkäuferin erst nach vollständiger Räumung der Liegenschaft hätte bewerkstelligt werden sollen, ändere nichts an der wirksamen und schuldtilgenden Zahlung der Klägerin. Die Gefahr der Veruntreuung sei daher zur Gänze von der Beklagten zu tragen. Gleichgültig sei demnach, ob der Veruntreuungsakt vor oder erst nach der Unterfertigung des Kaufvertrages und der ausdrücklichen Bestellung Dris. J***** zum Treuhänder erfolgt sei. Die Klägerin habe jedenfalls ihre aus dem Kaufvertrag resultierende Vorleistungspflicht erfüllt. Allfällige Schadenersatzansprüche der Beklagten oder eine Schadensteilung zu gleichen Teilen seien im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen.

Die zur Bewirkung der Intabulation erforderlichen Urkunden seien der Klägerin folglich auszufolgen, weshalb dem Begehren auf Zustimmung zur Herausgabe der erforderlichen Urkunden stattzugeben gewesen sei, wenn auch aus rechtlichen Überlegungen die Bestätigung der Ausländergrundverkehrsbehörde wahrscheinlich nicht von Nöten sein werde. Das Eventualbegehren sei daher nicht weiter zu prüfen gewesen.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinn einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens (auch des Eventualbegehrens) ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Es erachtete das Klagebegehren bereits aus rechtlichen Gründen unbeachtlich, weshalb auf die in der Berufung enthaltenen Ausführungen zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtigen Tatsachenfeststellungen nicht einzugehen sei.

Das Berufungsgericht folgte der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (1 Ob 46/99t; 4 Ob 84/98a) wonach die Möglichkeit einer Gefahrenverteilung unter den Kaufvertragsparteien im Sinne einer gleichteiligen Verlusttragung für möglich gehalten werde, weil die Vertragsauslegung zur Ergänzung des Vertrages um jene Vereinbarung führe, die redliche und vernünftige Parteien getroffen hätten, wenn sie den dann tatsächlich eingetretenen Fall des Verlustes bedacht hätten. Mangels anderer Anhaltspunkte müsse davon ausgegangen werden, dass redliche und vernüftige Vertragspartner einen durch Zufall aufgetretenen Verlust des auf das als Treuhandkonto bekanntgegebenen Kontos einbezahlten Betrages gleichteilig getragen hätten und es nicht darauf ankomme, wer den Treuhänder namhaft gemacht habe. Diese rechtliche Erwägung sei zielführender als eine Heranziehung des § 905 Abs 2 ABGB. Die Regel des § 905 Abs 2 ABGB gehe von einer Geldversendung (Weiterleitung) aus und passe zu den Fällen, in denen ein Treuhänder, der von zwei Treugebern gemeinsam beauftragt werde, mit dem übernommenen Geldbetrag konkrete Aufträge zu erfüllen habe, nicht. Dr. J***** sei beauftragt worden, die Auszahlung des Kaufpreises an die Verkäuferin erst nach Aushändigung des Rangordnungsbeschlusses und Übergabe der Liegenschaft an die Käuferin sowie Vorliegen der Genehmigung gemäß Punkt VI des Vertrages (Zustimmung der aus der Grundverkehrsbehörde) vorzunehmen. Die Verkäuferin habe vorher noch keinen Anspruch auf Ausfolgung des Treugutes gehabt, ebenso die Käuferin keinen Anspruch auf dessen Rückzahlung, weshalb man nicht argumentieren könne, der Verlust sei im Vermögen eines der Streitteile eingetreten. Die Verwendung des Treuhanderlages für bestimmte Zwecke im Interesse beider Treugeber gelte ab dem dem gemeinsamen Parteiwillen der Streitteile entsprechenden tatsächlichen erfolgten Erlag des Geldes beim Treuhänder, im konkreten Fall also auch für den Zeitraum vor Unterfertigung des schriftlichen Kaufvertrages, weil die Verkäuferin die Zahlung des gesamten Kaufpreises auf das von Dr. J***** als Treuhandkonto bekanntgegebene Konto verlangt gehabt habe und die Zahlung offenkundig im Hinblick auf dessen vorgesehene Treuhänderfunktion erfolgt sei. Das Argument, Dr. J***** sei erst wegen des Wortes "hiemit" mit Unterzeichnung des schriftlichen Vertrages gemeinsamer Treuhänder der Parteien geworden, sei nicht ernst zu nehmen. Damit sei nur eine bereits allen Beteiligten bekannte Treuhandfunktion schriftlich wiederholt worden. Beide Streitteile hätten Dr. Jeannee beauftragt, hinsichtlich des bereits erliegenden Geldbetrages in bestimmter Weise vorzugehen und dabei die Interessen beider Teile im Hinblick auf die Abwicklung des Kaufvertrages zu wahren, nämlich für die tatsächliche Übergabe des Kaufgegenstandes und der für eine lastenfreie Verbücherung der Klägerin erforderlichen Urkunden sowie für die sichere Weiterleitung des erlegten Kaufpreises an die Verkäuferin zu sorgen. Es sei zunächst nicht bekannt gewesen, ob der Kaufpreis letztlich an die Käuferin zurückgehen werde, weil die Verkäuferin ihre Bedingungen nicht erfüllen werde, oder ob und wann der Kaufpreis an die Verkäuferin auszubezahlen sein werde. In analoger Anwendung der §§ 836, 837 ABGB könne ausgegangen werden, dass der erlegte Kaufpreis, der beiden Streitteilen gedient habe, Dr. J***** als gemeinsamen Machthaber anvertraut gewesen sei. Da Dr. J***** den Betrag zunächst für beide Parteien zu verwahren gehabt habe, liege eine Kombination von Auftragsverhältnis und Verwahrungsvertrag vor. Dr. J***** habe die ihm aus dem ABGB treffenden Pflichten zu Lasten beider Streitteile nicht eingehalten, weshalb sie im Sinn der Gemeinschaftlichkeit des verlorenen Geldes auch den Verlust gemeinsam zu tragen hätten. Schadenersatzrechtliche Überlegungen zwischen den Parteien seien nicht anzustellen. Die Klägerin habe zwar vorgebracht, das Konto Dris. J***** sei kein Treuhandkonto gewesen, es sei ihr als Treuhandkonto von der Beklagten bekanntgegeben worden, sie sei also von der Beklagten in Irrtum geführt worden, den durch die Einzahlung auf dieses Konto erlittenen Schaden mache sie kompensando gegen die Kaufpreisforderung der Beklagten geltend. Da die Klägerin auf jedes Konto Dris. J*****, das ihr die Beklagte genannt hätte, einbezahlt hätte und sie keine Behauptungen aufgestellt habe, dass Dr. J***** von einem anderen auf seinen Namen lautenden "Treuhandkonto" nicht abheben hätte können, also die Ursächlichkeit der Kontonennung durch die Beklagte für den eingetretenen Schaden nicht nachvollziehbar sei, habe die Klägerin mit diesem Vorbringen keinen Schadenersatzanspruch dargestellt. Auch der Umstand, dass auf dem Kaufgegenstand eine Hypothek für die Bank B***** in Höhe von S 22,8 Mio eingetragen worden sei, begründe keinen Schadenersatzanspruch. Belastungen auf der Liegenschaft nach dem Rangordnungsbescheid seien grundsätzlich nicht rechtswidrig. Die Beklagte verhalte sich mit Rücksicht darauf, dass der Rangordnungsbeschluss bereits abgelaufen sei, nur dann vertrags- und rechtswidrig, wenn sie bis zum Zeitpunkt der Eigentumseinverleibung der Klägerin nicht für die Lastenfreiheit der Liegenschaft sorge. Durch das derzeit bestehende Pfandrecht sei die Klägerin derzeit nicht geschädigt. Es werde Sache der Klägerin sein, von der Beklagten die Lastenfreistellung und Übergabe der für die Einverleibung erforderlichen Urkunden Zug um Zug gegen Übergabe des halben Kaufpreises zu fordern. Da die Veruntreuungshandlungen jedenfalls vor dem 30. 11. 1998 (dem Tag der Liegenschaftsübergabe an die Käuferin) erfolgt sei, ändere dies am Ergebnis der Risikoteilung nichts. Ausgehend von dieser Risikoverteilung habe die Klägerin den von ihr (noch) zu erlegenden Betrag, nämlich den halben Kaufpreis noch nicht geleistet und folglich noch keinen Anspruch auf Ausfolgung der für die Intabulation erforderlichen Urkunden, weil Punkt III des Kaufvertrages ausdrücklich vorsehe, dass der Kaufpreis an den Treuhänder vor Übergabe der Urkunden zu bezahlen sei. Wenn man wegen der Veruntreuung des Kaufpreises davon ausgehe, dass der bisherige Treuhänder nicht mehr zur Verfügung stehe und noch der halbe Kaufpreis zu zahlen sei, so könne die Übergabe der Urkunden nur Zug um Zug gegen Zahlung des halben Kaufpreises durchgesetzt werden. Ein Zug um Zug-Begehren sei nicht gestellt worden, weshalb der klageweise geltend gemachte Anspruch auf die Übergabe der Urkunden wegen mangelnder Fälligkeit zur Klageabweisung führe.

Das Eventualbegehren der klagenden Partei, die lastenfreie Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin zu dulden, sei im Hinblick auf das zwischenzeitig von der Bank Burgenland erwirkte Pfandrecht nicht durchsetzbar.

Die Revision sei zuzulassen, weil die Rechtsprechungsentwicklung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, wer das Risiko der Veruntreuung durch einen Treuhänder zu tragen habe, noch im Fluss sei und das Berufungsgericht die ältere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, die mit § 905 Abs 2 ABGB begründet wurde, ablehne.

Dagegen richten sich die Revisionen beider Parteien.

Die beklagte Partei ficht die Berufungsentscheidung nur in den Entscheidungsgründen an.

Die Revision der beklagten Partei ist unzulässig, die der klagenden Partei aber berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision der beklagten Partei.

Nach herrschender Auffassung muss ein Rechtsmittelwerber grundsätzlich formell beschwert sein, was bedeutet, dass die Entscheidung von dem Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweichen muss.

Da das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wurde, ist die beklagte Partei nicht beschwert. Eine Beschwer nur durch die Begründung (und nicht den Spruch) wird von der Rechtsprechung nur bei Rekursen gegen Aufhebungsbeschlüsse und bei Zwischenurteilen anerkannt, sonst aber grundsätzlich abgelehnt (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 10 vor § 461 RIS-Justiz RS0043947). Dem Hinweis auf eine Bindungswirkung der Begründung für ein allfällig folgendes Verfahren ist zu entgegnen, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 68/2; SZ 69/54) einer Entscheidung im Vorprozess dann keine Bindungswirkung zukommt, wenn eine bestimmte Tatsache im Vorprozess nicht den Hauptgegenstand des Verfahrens bildete (7 Ob 106/98h mwN).

Die Revision der beklagten Partei war daher mangels Beschwer zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, 50 ZPO, weil die klagende Partei auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

Zur Revision der klagenden Partei.

Der Oberste Gerichtshof hatte sich in letzter Zeit wiederholt mit der Frage der Tragung des Veruntreuungsrisikos eines "gemeinsamen Treuhänders" beschäftigt.

Seit der Entscheidung SZ 26/202 wurde dabei in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass das Risiko der Veruntreuung den Verkäufer trifft, wenn er nach den festgestellten Umständen des Treuhandverhältnisses gegen den Treuhänder schon einen Anspruch auf Ausfolgung des Geldes gehabt hatte (EvBl 1972/19; JBl 1981, 90, ÖBA 1995, 470; SZ 69/150; 7 Ob 2418/96f; 6 Ob 55/97z uva).

Diese Rechtsprechung wurde von einem Teil der Lehre mit unterschiedlicher Begründung abgelehnt (Graf, Kreditfinanzierter Liegenschaftserwerb - Wer trägt das Risiko bei Veruntreuung durch den Treuhänder? RdW 1991, 283; derselbe - Wer trägt das Veruntreuungsrisiko beim über einen Treuhänder abgewickelten Liegenschaftskauf? ÖBA 1997, 27 ff; Thurnher, Grundfragen des Treuhandwesens, 80 ff; S. Urbanek, Die treuhändige Abwicklung von Liegenschaftskaufverträgen durch Notare und Rechtsanwälte, 174). Bereits in den Entscheidungen 4 Ob 84/98a (= EvBl 1998/176 = NZ 1999, 247 = ÖBA 1998, 888 = RdW 1998, 540 und 6 Ob 41/98t (= ÖBA 1998, 884) wurde zum Ausdruck gebracht, dass derartige Überlegungen (gemeinsame Risikotragung aller Treugeber) bedenkenswert wären. In der Entscheidung 1 Ob 46/99t (= EvBl 1999/205 = ÖBA 2000/161 = RdW 2000,

  1. 13) wurde ebenso wie in der Entscheidung 8 Ob 13/99s (= JBl 2001,
  2. 175) nach ausführlicher Darstellung der zur Frage der Tragung des Veruntreuungsrisikos ergangenen Literatur davon ausgegangen, dass eine gemeinsame Tragung des Veruntreuungsrisikos durch alle Treugeber einer ausgewogenen gleichmäßigen Risikoverteilung entspreche.

In jüngster Zeit hat sich Bollenberger (Das Veruntreuungsrisiko bei treuhändiger Abwicklung des Liegenschaftsverkehrs ÖBA 2000, 847 ff) neuerlich mit der Frage der Tragung des Veruntreuungsrisikos im Fall einer mehrseitigen Treuhand ausführlich auseinandergesetzt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass nach allgemeiner Auffassung der Zweck der Einschaltung des Treuhänders regelmäßig darin bestehe, dass dieser eine Zug um Zug-Abwicklung unter den Parteien ersetze. Der Treuhänder nehme daher für beide Teile die Zug um Zug-Einrede wahr. Die Besonderheit der Treuhandabwicklung liege darin, dass sich beide Teile des Treuhänders bedienten, um eine Vorleistung an die andere Vertragspartei zu vermeiden. Der Treuhänder übe für beide Parteien das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 ABGB aus, weshalb jeder Teil ohne Bedenken an den Treuhänder "vorleisten" könne, weil dieser die hinterlegte Leistung nur dann der Gegenseite ausfolge, wenn sie ihrerseits bereits an den Treuhänder geleistet habe. Der Käufer hinterlege den Kaufpreis vor der Stellung der Grundbuchsanträge und wäre dann durch den Treuhänder davor gesichert, dass der Verkäufer das Geld vor der Sicherung der Eigentumsumschreibung erhalte. Umgekehrt könne der Verkäufer die beim Treuhänder befindliche Vertragsurkunde unterschreiben, bevor der Käufer den Preis hinterlege, weil der Treuhänder den Vertrag erst dann verbüchere, wenn der Kaufpreis auch bezahlt sei. Nach seiner Ansicht sei der Verlust des Treugutes grundsätzlich zwischen Verkäufer und Käufer betraglich zu teilen, weil die für den Gefahrenübergang im Zeitpunkt der Übergabe sprechenden Gesichtspunkte im Falle der Veruntreuung durch einen zwecks Ersatz der Zug um Zug-Abwicklung eingesetzten mehrseitigen Treuhänders auf beide Seiten gleich wögen (Bollenberger aaO 858).

Aus diesen grundsätzlich vom erkennenden Senat geteilten Überlegungen lässt sich aber die Entscheidung des Berufungsgerichtes im konkreten Fall nicht begründen. Auszugehen ist nämlich vom konkreten Inhalt des Treuhandauftrages. Nach Punkt III. des vorliegenden Kaufvertrages war der Kaufpreis nach allseitiger Vertragsunterfertigung und Übergabe eines mindestens noch bis zum 31. 12. 1998 rechtswirksamen Rangordnungsbeschlusses für die beabsichtigte Veräußerung an den hiemit von den Vertragsparteien einseitig unwiderruflich zum Treuhänder bestellten Rechtsanwalt Dr. J***** zur Zahlung fällig. Der Treuhänder durfte den Kaufpreis an die Verkäuferin nur dann zur Auszahlung bringen, wenn der Rangordnungsbeschluss an die Käuferin ausgehändigt worden ist, die Liegenschaft (Büro und Lager) an die Käuferin übergeben wurde und die Genehmigung gemäß Punkt VI (Zustimmung der Ausländergrundverkehrsbehörde) vorlag.

Damit war Dr. J***** nicht mit grundbücherlichen Durchführung der Eigentumsübertragung beauftragt und hatte den Kaufpreis nach Übergabe des Rangordnungsbeschlusses bzw nach Räumung der Liegenschaft auszuzahlen. Eine eingeschränkte gemeinsame Treuhandschaft kann daher nur bis zur Unterfertigung des Kaufvertrages angenommen werden, weil nur bis dahin die Interessen auch der Klägerin zu wahren waren. Zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrages lag neben dieser Urkunde auch die einzige Ausfertigung der Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung vom 24. 9. 1998 bereits vor, weshalb die Käuferin zu diesem Zeitpunkt bereits Anspruch auf Ausfolgung dieser beiden Urkunden hatte, weil sie ihrerseits allen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag entsprochen hatte. Das einzige Hindernis der Auszahlung stellte die noch nicht vorgenommene Räumung der Liegenschaft dar. Diesen Räumungsanspruch hätte aber die Käuferin nach Eigentumsübertragung auch ohne Treuhandsicherung zwangsweise durchsetzen können. Dr. J***** hatte daher im konkreten Fall nicht die oben dargestellte Zug um Zug-Einrede zur Sicherung der Eigentumsübertragung für die Käuferin zu wahren, sondern stellte lediglich eine Zahlstelle für den Verkäufer dar (Bollenberger aaO 860). War aber die oben angeführte Zug um Zug-Einrede nicht mehr zu wahren, hat die Käuferin Anspruch auf Ausfolgung der im Spruch genannten Vertragsurkunden (vgl 1 Ob 46/99t). Besteht aber infolge des unbestritten aufrechten Kaufvertrages der das Hauptbegehren betreffende Ausfolgeanspruch zu Recht, muss hier nicht weiter geprüft werden, zu welchem Zeitpunkt das vereinbarungsgemäß vor Vertragsunterfertigung beim Treuhänder erlegte Treugut veruntreut wurde (bzw nicht mehr aufgreifbar war), weshalb auf die im Berufungsverfahren erhobene Mängel- und Beweisrüge nicht mehr eingegangen werden muss, da die damit begehrten Feststellungen rechtlich unbeachtlich sind. Demnach war das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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