OGH 6Ob41/98t

OGH6Ob41/98t23.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas P*****, Angestellter, ***** vertreten durch Schulyok & Unger Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei S***** gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gustav Etzl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zuhaltung eines Kaufvertrages (Streitwert 5,8 Mio S), infolge des Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 9.Oktober 1997, GZ 3 R 68/97k-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 9.Dezember 1996, GZ 11 Cg 65/95m-21, aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Mit dem in der Rekursbeantwortung gestellten Antrag, der Oberste Gerichtshof möge "dem Klagebegehren wegen Spruchreife stattgeben", wird die klagende Partei auf die Entscheidung über den Rekurs der beklagten Partei verwiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Beklagte verkaufte mit Kaufvertrag vom 13.4.1992 dem Kläger um 5,8 Mio S mehrere von einer Liegenschaft der Beklagten abzuschreibende Grundstücke im Ausmaß von 3207 m2. Der Kaufvertrag enthält nach den ergänzenden Feststellungen des Berufungsgerichtes ua folgende Bestimmungen:

Punkt III:

"Als Kaufpreis für die im Punkt II. genannten Grundstücke wird ein

Betrag von ...... S 5,8 Millionen (in Worten: Schilling fünf

Millionen achthunderttausend) vereinbart, welcher bereits vor

Vertragsunterfertigung beim Vertragsverfasser Herrn Dr.Gerhard

M*****, .... treuhändig mit dem unwiderruflichen Auftrag erlegt

wurde, diesen Betrag samt den ab dem Tag der Unterfertigung des Kaufvertrages in grundbuchstauglicher Form angefallenen Zinsen bar und abzugsfrei an die Verkäuferin auszubezahlen, sobald nachstehende Bedingungen erfüllt sind:

a) Vorliegen eines Grundbuchsbeschlusses beim Vertragsverfasser über die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenchaft EZ ***** KG G***** bei gleichzeitig unveränderter grundbücherlicher Lastenfreiheit;

b) Vorliegen dieses durch die Verkäuferin in grundbuchstauglicher Form unterzeichneten Kaufvertrages."

Punkt IV. Abs 3:

"Die Verkäuferin haftet schließlich dafür, daß die Abteilung der kaufgegenständlichen Grundstücke gemäß dem in Punkt I. erwähnten Abteilungsplan erfolgt und auch spätestens bis 30.9.1992 zumindest in Form der Anmerkung einer Rangordnung im Grundbuch durchgeführt werden kann."

In Punkt X. findet sich die Aufsandungserklärung der Verkäuferin zugunsten des Käufers.

Punkt XI:

"Bei allfälligen Mängeln dieses Vertrages, die der grundbücherlichen Durchführung entgegenstehen, verpflichtet sich die Verkäuferin, die zur Behebung dieser Mängel erforderlichen Nachträge in grundbuchstauglicher Form zu unterfertigen."

Punkt XII.

"Dieser Vertrag wird in einer Ausfertigung errichtet, welche dem Käufer gebührt. Die Verkäuferin erhält eine beglaubigte Abschrift."

Der Kläger begehrt mit der am 21.3.1995 beim Erstgericht eingelangten Klage die Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung a) in die Abschreibung der gekauften Grundstücke vom Gutsbestand der Liegenschaft der Beklagten, b) in die Eröffnung einer neuen Einlagezahl im Grundbuch und c) in die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers. Die Beklagte sei mit der Erfüllung ihrer Vorleistungspflichten (Erstellung eines Teilungsplanes; bücherliche Durchführung des Teilungsplanes; Erwirkung der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung) säumig gewesen. Der Kaufpreis sei vom Kläger beim gemeinsamen Treuhänder erlegt worden. Die Beklagte komme ihrer Eigentumsverschaffungspflicht nicht nach. Ein am 15.7.1994 erklärter Vertragsrücktritt der Beklagten sei unwirksam, weil der Kläger seinen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nachgekommen sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Vertragsverfasser sei Treuhänder der Bank gewesen, die den Kaufpreis dem Kläger kreditiert habe. Es sei das Risiko des Käufers, wenn das Treugut vom Treuhänder veruntreut worden sei. Der Kläger und die Bank hätten im Konkurs über das Vermögen des Treuhänders den Kreditbetrag (den Kaufpreis) als Forderungen angemeldet. Der Kläger sei nicht aktiv klagelegitimiert. Er habe schon vor Abschluß des Kaufvertrages darauf bestanden, daß der von ihm nominierte Rechtsanwalt als Vertragserrichter und Treuhänder des Klägers einschreite. Es liege eine einseitige Treuhand vor. Der Käufer trage deshalb das Veruntreuungsrisiko. Die Beklagte habe den Kaufpreis nie erhalten und sei deshalb berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten.

Der Kläger replizierte, daß der Vertragserrichter zum gemeinsamen Treuhänder beider Parteien bestellt worden sei. Dieser sei im beiderseitigen Interesse tätig geworden. Die Beklagte habe die Bestellung des Treuhänders durch die Unterfertigung des Kaufvertrages genehmigt. Wäre die Beklagte nicht säumig gewesen, hätte der Kaufvertrag ordnungsgemäß abgewickelt werden können.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte im wesentlichen fest, daß eine Bank dem Kläger für den geplanten Kauf ein Darlehen von 14 Mio S zur Verfügung gestellt habe. Auf Wunsch der Bank sei es zur Bestellung eines Treuhänders gekommen. Auf dessen Konto seien 10,725.740 S überwiesen worden. Die Beklagte habe dem Treuhänder am 24.2.1994 einen Rangordnungsbeschluß übermittelt. Zu einer Überweisung des Kaufpreises von 5,8 Mio S durch den Treuhänder an die Beklagte sei es nicht gekommen. Die Beklagte sei deshalb am 15.7.1994 vom Vertrag zurückgetreten.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß die Beklagte ihren Vorleistungspflichten nachgekommen sei. Die Überweisung des Kaufpreises durch die Bank an den Treuhänder stehe fest. Die Gefahr des "Verschwindens" des Kaufpreises beim Treuhänder habe der Kläger zu tragen, weil eine einseitige Treuhandschaft vorliege.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers statt und hob das angefochtene Urteil zur Verfahrensergänzung auf. Es stellte ergänzend zu dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt noch die eingangs schon wiedergegebenen Vertragsbestimmungen aus dem Kaufvertrag fest und beurteilte den Sachverhalt rechtlich dahin, daß die Parteien eine mehrseitige Treuhandschaft vereinbart hätten. Bei einer solchen habe der Treuhänder auch unterschiedliche Interessen der Parteien zu wahren. Widersprechende Parteieninteressen bildeten sogar einen der wichtigsten Bestellungsgründe für einen Treuhänder. Derjenige, auf dessen Konto ein bestimmter Geldbetrag mit dem übereinstimmenden Auftrag der Vertragspartner, den Betrag bestimmungsgemäß zu verwenden, überwiesen worden sei, sei offener Treuhänder beider Vertragspartner. Die zweiseitige Treuhandschaft setze nicht immer voraus, daß sich die Parteien schon im voraus über die Notwendigkeit der Bestellung eines Treuhänders und über dessen Person geeinigt und ihn gemeinsam beauftragt hätten. Es sei auch eine "Vorwegbestellung" des Treuhänders durch eine der Kaufvertragsparteien möglich, wenn die andere Partei dies bei Unterfertigung des Kaufvertrages widerspruchslos zur Kenntnis nehme (10 Ob 2082/96s). Dies sei hier der Fall gewesen. Der Vertragserrichter habe nicht nur die Interessen des Klägers, sondern auch diejenigen der Beklagten wahrzunehmen gehabt. Die Übernahme des Kaufpreises mit dem unwiderruflichen Auftrag, diesen bei Eintritt der vereinbarten Bedingungen an die Verkäuferin auszuzahlen, diene auch der Sicherstellung der Verkäuferin. Für die Frage der Risikoverteilung bei einer allfälligen Veruntreuung durch den Treuhänder fehlten maßgebliche Feststellungen. Wer gemäß § 1311 ABGB den Schaden zu tragen habe, hänge nach ständiger Rechtsprechung davon ab, wer nach dem Stand der Dinge Anspruch auf Ausfolgung des Geldes gegen den Treuhänder gehabt habe. Dies könne hier noch nicht abschließend beurteilt werden. Das Erstgericht habe nicht exakt festgestellt, ob der von der Bank überwiesene Kaufpreis überhaupt dem Konto des Treuhänders gutgeschrieben worden sei. Die Beweiswürdigung des Erstgerichtes (S 11 in ON 21) über eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Tatsache des Geldflusses an den Treuhänder lege zwar eine entsprechende Feststellung des Erstgerichtes nahe, es sei aber eine präzise Feststellung erforderlich. Eine weitere Voraussetzung für die Frage der Risikoverteilung sei, daß der Treuhänder den Kaufpreis überhaupt veruntreut habe, gegebenenfalls wann. Beides sei vom Erstgericht nicht festgestellt worden. Schließlich habe sich das Erstgericht überhaupt nicht mit dem Einwand der Beklagten auseinandergesetzt, daß das Risiko der Veruntreuung im vorliegenden Fall die finanzierende Bank treffe, weil der Vertragserrichter deren Treuhänder gewesen sei und bis zur Einverleibung des Eigentums des Käufers und des Pfandrechts der Bank nur diese Anspruch auf Ausfolgung des Geldes gegenüber dem Treuhänder gehabt hätte. Die Treuhandschaft auch gegenüber der Bank könne für die Frage, ob die Beklagte schon einen unbedingten Anspruch auf Auszahlung des Kaufpreises gehabt habe, entscheidend sein. In der Entscheidung EvBl 1972/19 habe der Oberste Gerichtshof erkannt, daß bis zur pfandrechtlichen Sicherstellung eines Darlehens, mit dessen Hilfe der Kaufpreis finanziert werden sollte, das Risiko einer Veruntreuung den Käufer treffe. Dagegen gingen die Entscheidungen 7 Ob 2418/96f und 10 Ob 2082/96s (= RdW 1996, 405) davon aus, daß das Risiko auf den Verkäufer übergehe, wenn der Käufer alle nach dem Kaufvertrag zu erbringenden Verpflichtungen erfüllt habe. Eine Konstellation wie im vorliegenden Fall, daß zwei Treuhandverhältnisse vorlägen, die einander wechselseitig beeinflussen könnten, sei vom Obersten Gerichtshof noch nicht geprüft worden. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes sei mit den Parteien der Inhalt des zwischen dem Kläger und seiner Bank bestehenden Kreditvertrages und die daran anknüpfende Bestellung des Vertragserrichters zum Treuhänder zu erörtern.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Eine einheitliche oberstgerichtliche Judikatur zur Risikoverteilung bei Veruntreuung des Treuguts durch den Treuhänder liege nicht vor.

Mit ihrem Rekurs beantragt die Beklagte die Abänderung dahin, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben und in der Sache zu erkennen, daß der Klage stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist trotz des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes unzulässig.

Beim fremdfinanzierten Liegenschaftskauf unter Einschaltung eines

Treuhänders, der sowohl im Interesse der Bank als auch im Interesse

beider Kaufvertragsparteien tätig wird und dabei das ihm anvertraute

Treugut vor beendeter Abwicklung des Kaufvertrages veruntreut, liegt

keine ausreichend gefestigte oberstgerichtliche Judikatur zur Frage

vor, wer das Veruntreuungsrisiko zu tragen hat. Der

Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes ist daher grundsätzlich

richtig. Der Rekurs der Beklagten ist dennoch unzulässig, weil sie

bei der Bekämpfung des Aufhebungsbeschlusses die tatsächlich

vorliegenden erheblichen Rechtsfragen nicht aufgreift und nur die

Rechtsansicht über das Vorliegen einer mehrseitigen Treuhandschaft

bekämpft. Weiters wird die Spruchreife der Sache im Sinne einer

Klageabweisung aus dem Grund releviert, daß das Erstgericht zur

Überweisung des Kaufpreises an den Treuhänder eine

Negativfeststellung getroffen habe.

Zur Beurteilung der Zulässigkeit des Rekurses ist folgendes auszuführen:

§ 519 Abs 2 ZPO bindet die Rekurszulässigkeit an die Voraussetzung des § 502 ZPO, also an das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen. Die Anfechtung der berufungsgerichtlichen Entscheidung ist daher nur möglich, wenn das Rechtsmittel die unrichtige Lösung einer in diesem Sinn erheblichen Rechtsfrage geltend macht (JBl 1992, 794 ua). Selbst wenn das Berufungsgericht zu Recht ausgesprochen hat, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision (der Rekurs) trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (8 Ob 2/95; 6 Ob 2341/96z mwN). Ein solcher Fall liegt hier vor:

Die Treuhandschaft ist im ABGB nicht ausdrücklich geregelt. Sie kann aber nach dem Grundsatz der Privatautonomie vereinbart werden. Der Treuhänder übt im eigenen Namen die ihm übertragenen Rechte aufgrund der obligatorischen Bindung des Treuhandvertrages aus. Der Treuhänder ist im Besitz des Vollrechtes, also auch von Eigentumsrechten an den ihm übergebenen Sachen. Nur im Innenverhältnis stehen die Eigentümerbefugnisse nach Maßgabe des Vertrages dem Treugeber zu, in dessen Interesse der Treuhänder von seiner Rechtsstellung Gebrauch zu machen hat. Dem Treugeber kann das Treugut nur in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zugerechnet werden. Trotz dieses Vollrechtes des Treuhänders ist dieser aber nur der Verwalter des wirtschaftlich gesehen fremden Vermögens des Treugebers. Nach herrschender Meinung steht dem Treugeber im Konkurs oder Ausgleich des Treuhänders ein Aussonderungsrecht hinsichtlich des Treuguts zu (SZ 40/155; 6 Ob 2352/96t mwN). Der Treugeber kann sich auch gegen eine Exekutionsführung auf das Treugut mit der Klage gemäß § 37 EO zur Wehr setzen (ÖBA 1990/228 uva). Wenn der Treuhänder von mehreren Personen in deren Interesse bestellt wird, entsteht eine mehrseitige Treuhandschaft, die den Treuhänder verpflichtet, die beiderseitigen Interessen, die durchaus gegensätzlich sein können, bestmöglich zu wahren (JBl 1997, 519 mwN).

Das Schwergewicht des Rekurses liegt in der Bekämpfung der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, der Errichter des Kaufvertrages sei mit der Vertragsunterfertigung durch die Beklagte auch zu deren Treuhänder bestellt worden. Die Rekurswerberin steht auf dem Standpunkt, daß der Käufer den Treuhänder einseitig und nur in seinem Interesse "vorwegbestellt" habe. Das Schweigen der Beklagten dazu bedeute keine Zustimmung zur Begründung einer zweiseitigen Treuhandschaft. Für die Annahme einer einseitigen Treuhandschaft spreche der Umstand, daß sowohl die den Kaufpreis kreditierende Bank als auch der Kläger den gesamten Treuhanderlag als Forderung im Konkurs des Treuhänders angemeldet hätten. Diesen Rekursausführungen sind die zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichtes entgegenzuhalten. Der Sicherung des Leistungsaustausches bei einem Kaufvertrag dient die Zug um Zug-Abwicklung, also die Übergabe der Sache gegen Barzahlung. Beim Liegenschaftsverkehr besteht die Übergabe des Kaufobjekts in der Verbücherung. Zur Sicherung der Eigentumsverschaffung erfolgt in der Praxis häufig die Einschaltung eines Treuhänders. In einem ersten Schritt des Leistungsaustauschs werden üblicherweise beim Treuhänder die für das Grundbuchsgesuch erforderlichen Urkunden und der Kaufpreis erlegt. Die treuhändige Abwicklung erfolgt im Interesse beider Vertragsparteien. Der Verkäufer erhält die Sicherheit, daß der Kaufpreis liquid und gebunden zur Verfügung steht, sodaß der Verkäufer ohne größeres Risiko auch kostenintensive Vorleistungen erbringen kann. Derartige Vorleistungen waren hier auch zu erbringen, hatte die Verkäuferin doch für ein grundbuchstaugliches Kaufobjekt (Teilung der Liegenschaft) zu sorgen, eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zu erwirken und den Grundbuchsbeschluß beim Vertragsverfasser zu erlegen. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes das Vorliegen einer zweiseitigen Treuhandschaft im Interesse beider Parteien des Kaufvertrages bejaht (SZ 69/150 uva).

Nur wenn von Käuferseite der Kaufpreis beim Treuhänder erlegt oder auf dessen Konto überwiesen wurde (was hier noch nicht feststeht), stellt sich im Fall der Veruntreuung durch den Treuhänder die Frage der Risikotragung. Das Berufungsgericht ist dabei von der seit der Entscheidung SZ 26/206 in ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung vertretenen Auffassung nicht abgewichen, daß dieses Risiko der Verkäufer als Treugeber dann allein zu tragen habe, wenn er nach den festgestellten Umständen des Treuhandverhältnisses gegen den Treuhänder schon einen Anspruch auf Ausfolgung des Geldes gehabt hatte (EvBl 1972/19; JBl 1981, 90; ÖBA 1995, 470; SZ 69/150; 7 Ob 2418/96f; 6 Ob 55/97z uva). Die Ansicht, daß die Veruntreuung des Treuhänders bei der mehrseitigen Treuhandschaft zu Lasten des Treugebers geht, dem im Zeitpunkt der Veruntreuung das Treugut auszufolgen gewesen wäre, wird in der Lehre teils gebilligt (Apathy in Schwimann, ABGB2 Rz 11 zu § 1002), teils mit unterschiedlicher Begründung abgelehnt (Graf in RdW 1991, 283 und in ÖBA 1997, 27; Thurnher, Grundfragen des Treuhandwesens 80 ff). Die zuletzt genannten Autoren stimmen darin überein, daß es für die Frage der Schadenstragung primär auf den nach dem Parteiwillen auszulegenden Treuhandvertrag ankomme und kommen zum Ergebnis einer geteilten Risikotragung der (aller) Treugeber. Auch wenn die zitierten Lehrmeinungen überdenkenswert erscheinen, weil es das beiderseitige Interesse der Treugeber an der Abwicklung des Kaufvertrages oder des Kreditvertrages nahelegt, die Treugeber gemeinsam mit dem Risiko zu belasten (was allenfalls sogar im Wege ergänzender Vertragsauslegung als vereinbart gelten könnte), ist hier eine nähere Befassung mit diesem Thema entbehrlich, weil die Beklagte in ihrem Rekurs dazu nichts vorbringt und nur auf dem Boden der zitierten einhelligen Vorjudikatur über eine allfällige Risikotragung des Treugebers, der schon einen Ausfolgungsanspruch gegenüber dem untreuen Treuhänder hatte, auf dem Standpunkt steht, daß der Kläger nicht einmal nachgewiesen habe, auf das Konto des (angeblich untreuen) Treuhänders sei der kreditierte Kaufpreis überwiesen worden. Es trifft zu, daß dieser Umstand als Vorfrage geklärt sein muß, weil nur im Fall der Bejahung einer Verfügungsmacht des Treuhänders über den von Käuferseite übergebenen Kaufpreis eine Risikotragung der Verkäuferin in Frage kommt. Im Gegensatz zur Auffassung der Rekurswerberin ist diese Vorfrage jedoch noch nicht in ihrem Sinne mit der im Rahmen der Beweiswürdigung vom Erstgericht getroffenen Feststellung gelöst, daß es nicht möglich gewesen sei, die "Gutschrift des überwiesenen Darlehensbetrages" auf dem Konto des Treuhänders nachzuweisen. Das Erstgericht hat doch "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" den "Geldfluß" an den Treuhänder angenommen (S 11 f in ON 21), was das Berufungsgericht zum Anlaß nahm, zu diesem Punkt in einem zweiten Rechtsgang präzise Feststellungen zu fordern. Dem kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten, zumal der Ergänzungsauftrag nicht auf einer falschen Rechtsansicht beruht und eine solche im Rekurs auch nicht aufgezeigt wird (6 Ob 2341/96z mwN).

Das Berufungsgericht erachtete Feststellungen über das Treuhandverhältnis zwischen der Bank und dem Käufer für erforderlich. Auch diese Rechtsansicht wird im Rekurs der Beklagten nicht bekämpft. Die Relevanz des Themas liegt im Sinne der schon zitierten Judikatur auf der Hand. Die beklagte Verkäuferin könnte jedenfalls dann nicht mit dem Veruntreuungsrisiko belastet werden, wenn der Bank zum Veruntreuungszeitpunkt gegenüber dem Treuhänder noch Rechte am Treugut zugekommen wären und sie vom Treuhänder die Zurückbehaltung des Kaufpreises (der Kreditsumme) hätte verlangen können. In diesem Falle hätte die Verkäuferin im Sinne der herrschenden Rechtsprechung noch keinen unbedingten Anspruch auf Ausfolgung der Treuhandvaluta gehabt.

Mangels Relevierung erheblicher Rechtsfragen ist der Rekurs aus den dargelegten Gründen ingesamt unzulässig.

Im Rekursverfahren gegen Aufhebungsbeschlüsse gilt das Verbot der reformatio in peius nicht. An die Stelle des Aufhebungsbeschlusses kann daher der Oberste Gerichtshof auch auf Rekurs des Klägers ein Urteil auf Klageabweisung und auf Rekurs des Beklagten ein Urteil auf Klagestattgebung fällen (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 519 mwN). Abgesehen davon, daß eine Spruchreife in diesem Sinne hier nicht vorliegt, kann auf den Sachantrag des Klägers in seiner Rekursbeantwortung schon deshalb nicht eingegangen werden, weil der Rekurs der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen war, worauf der Kläger in seiner Rechtsmittelbeantwortung allerdings nicht hinwies, sodaß sich die Beantwortung insgesamt als nicht zweckmäßig erweist und der Antrag auf Zuspruch von Kosten daher nicht berechtigt ist.

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