OGH 8Ob274/67

OGH8Ob274/6728.11.1967

SZ 40/155

Normen

ABGB §358
AO §21
KO §44
ABGB §358
AO §21
KO §44

 

Spruch:

Zur Aussonderung einer Spareinlage im Konkurse.

Entscheidung vom 28. November 1967, 8 Ob 274/67.

I. Instanz: Bezirksgericht für Handelssachen Wien; II. Instanz:

Handelsgericht Wien.

Text

Die Kläger begehrten Verurteilung des beklagten Masseverwalters, einzuwilligen, daß von der Sparkasse M. von dem auf Grund der Vereinbarung vom 9. Mai 1965 treuhändig empfangenen Betrag von 10.800 S ein Teil von je 2400 S an die Kläger ausgezahlt werde.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen.

Die Gemeinschuldnerin habe die Absicht gehabt, von Ladislaus A. ein großes Grundstück um 680.000 S zu kaufen und dieses nach Parzellierung und Aufschließung zum Teil als Baugrund an einzelne Kaufwerber weiterzugeben. Zur Ersparung von Gebühren hätten die einzelnen Kaufverträge unmittelbar zwischen Ladislaus A. und den Käufern abgeschlossen werden sollen. Zwecks Zustandebringung des Kaufpreises hätten der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Wolfgang S. und Ladislaus A. bei der Sparkasse M. das Sparkonto Nr. X eröffnet und derart gesperrt, daß Abhebungen nur von beiden gemeinsam durchgeführt werden konnten. Das diesbezügliche Sparbuch habe die Gemeinschuldnerin in Händen gehabt. Die Kläger hätten die Absicht gehabt, je eine Parzelle zu erwerben, und hätten daher bei der Gemeinschuldnerin eine Anzahlung von je 7500 S geleistet. Da sich der Kauf nicht zusagegemäß habe verwirklichen lassen, hätten die Kläger und ein anderer Kaufwerber Fritz S. am 9. Mai 1965 vor dem Notar Dr. B. mit der Gemeinschuldnerin unter Beitritt des Ladislaus A. eine Vereinbarung getroffen, nach der sich die Gemeinschuldnerin verpflichtet habe, für die Kläger auf das Konto Nr. X bei der Sparkasse M., das die Bezeichnung "L." getragen habe, einen Betrag von zusammen 9600 S zu überweisen. Der Verfasser dieser Vereinbarung Notar Dr. B., der gewußt habe, daß dieses Konto bisher noch kein Treuhandkonto gewesen sei, habe in Punkt 3 u. a. festgehalten, daß das Konto ein Treuhandkonto sämtlicher Kaufwerber sei, was von der Gemeinschuldnerin unwidersprochen geblieben sei, sodaß bei den Klägern darüber eine unrichtige Vorstellung entstanden sei. Auf Grund der Vereinbarung vom 9. Mai 1965 habe die Gemeinschuldnerin am 18. Mai 1965 statt des für die Kläger und Fritz S. vereinbarten Gesamtbetrages von 21.600 S nur einen Betrag von 10.800 S auf das Konto Nr. X überwiesen, wobei die Gemeinschuldnerin in die Spalte des Überweisungsauftrages über den Verwendungszweck den Vermerk "a/H. und S., Wien" gesetzt habe. Am 16. Mai 1965 hätten die Kläger bereits bei der Sparkasse M. schriftlich angefragt, ob unter ihrem Namen auf dem Konto, bzw. Sparbuch, "Liegenschaft L."

9600 S ordnungsgemäß als Einzahlung aufschienen. Nach Rücksprache mit Dr. B. habe die Sparkasse am 18. Mai 1965 geantwortet, daß laut Auskunft des Notars Dr. B. für die Kläger der volle angefragte Betrag von 9600 S erliege. Außer dem Konto Nr. X, bezüglich dessen auch nach seiner Eröffnung nie ein Treuhandauftrag gegeben worden sei, bestehe bei der Sparkasse M. auch kein anderes Treuhandkonto zugunsten der Kläger. Aus dem Konto Nr. X seien am 1. Juli 1965 20.000 S und am 5. Oktober 1965 4800 S durch Ladislaus A. und Wolfgang S. sowie am 25. November 1966 durch den Beklagten 94.376.31 S abgehoben worden, nachdem am 10. Juni 1566 über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet worden war.

Durch die seinerzeitige Überweisung der Grundstücksanzahlung von 15.000 S durch die Kläger an die Gemeinschuldnerin, bzw. auf ein ihr gehöriges Konto bei einem Bankinstitut, sei das Eigentum an diesem Gelde nach dem damaligen Parteiwillen auf die Gemeinschuldnerin übergegangen. Die Kläger könnten nicht behaupten, daß sie am Konto Nr. X vor dem 18. Mai 1965 irgendwelche Eigentums- oder Miteigentumsrechte gehabt hätten. Sie seien durch die Fassung des Punktes 3 der Vereinbarung vom 9. Mai 1965 lediglich in den nicht zutreffenden Glauben versetzt worden, daß sie durch die Erfüllung dieser Vereinbarung seitens der Gemeinschuldnerin in eine summenmäßige Miteigentumsgemeinschaft an dem Konto Nr. X aufgenommen würden. Tatsächlich müsse aber als Eigentümerin dieses Kontos die Gemeinschuldnerin angesehen werden, da sie kraft eigenen Rechtes das betreffende Sparbuch innegehabt habe, das u. a. auch zu ihren Gunsten gesperrt gewesen sei, während die Sperre zugunsten des Ladislaus A. lediglich den Zweck gehabt habe, das Zustandebringen des mit der Gemeinschuldnerin vereinbarten Gesamtkaufpreises zu sichern. An diesem Eigentum der Gemeinschuldnerin ändere sich auch dadurch nichts, daß sie ihr gehöriges Geld in scheinbarer Erfüllung der Vereinbarung vom 9. Mai 1965 von einem anderen ihr gehörigen Konto auf das gegenständliche Konto überwiesen habe, zumal diese Überweisung mit keinem Treuhandauftrag zugunsten der Kläger verbunden gewesen sei. Die Vereinbarung vom 9. Mai 1965 sei daher bestenfalls ein Eigentumserwerbstitel, die Überweisung auf das Konto Nr. X aber mangels Erteilung besonderer Aufträge an die Sparkasse M. keinesfalls eine taugliche Eigentumserwerbsart gewesen, wenn auch der Name eines der beiden Kläger in der Spalte des Überweisungsauftrages für den Verwendungszweck aufgeschienen sei. Die Gemeinschuldnerin habe also allenfalls für die Kläger bestimmtes Geld wieder mit eigenem Geld vermengt, sodaß auch schon aus diesem Gründe eine Eigentumsklage nach § 371 ABGB. und demnach auch ein Aussonderungsanspruch nach § 44 KO. keinen Erfolg haben könne. Nach Gesetz und Rechtsprechung seien Voraussetzung für eine derartige Eigentumsklage und damit für einen Aussonderungsanspruch das Wissen der Gemeinschuldnerin, daß sie auf Grund eines Vertrages zur Übertragung von Eigentum verpflichtet sei, sowie die Beweisbarkeit des Eigentums an dem Geld, bzw. der Bankeinlage. Diese Beweisbarkeit sei bei einem in ein Bankinstitut eingelegten Geld nur dann gegeben, wenn nach der Einlage des Geldes bezüglich dessen der Aussonderungsanspruch geltend gemacht werde, diese Einlage keine weitere Veränderung erfahre, was hier ebenfalls nicht zutreffe, sodaß die wirtschaftliche Selbständigkeit des von der Gemeinschuldnerin am 18. Mai 1965 erlegten Betrages nicht mehr festgestellt werden könne.

Das Berufungsgericht hat das Ersturteil aufgehoben und die Rechtssache unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Ein Aussonderungsanspruch könne sich nicht auf einen Geldbetrag schlechthin beziehen. Nur wenn eine bestimmte Geldeinlage in ein bestehendes Sparkassenbuch vorgenommen worden sei und der so gebildete Stand unangegriffen weiter bestehe, bleibe die wirtschaftliche Selbständigkeit eines Betrages erhalten und dann sei jener Vermögenswert, den das Geld oder die Sparkasseneinlage darstelle, unterscheidbar vorhanden. Die Aussonderung sei dadurch nicht ausgeschlossen, wenn der Schuldner das Recht habe, die bei ihm hinterlegten Stücke zu vertauschen und er den Tausch tatsächlich vornehme. Bei der Entscheidung des vorliegenden Streites komme es wesentlich darauf an, ob zwischen den Klägern einerseits und der Gemeinschuldnerin andererseits ein regelmäßiger Verwahrungsvertrag oder eine offene Treuhandschaft, bzw. ein rein uneigennütziges Treugut begrundet worden sei. Hiezu bedürfe es aber noch verschiedener Erörterungen und Feststellungen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge, hob den zweitinstanzlichen Beschluß auf und verwies die Rechtssache zur Fortsetzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach den untergerichtlichen Feststellungen ist das Konto Nr. X bei der Sparkasse M. von dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Wolfgang S. und dem Verkäufer der Grundstücke Ladislaus A. gemeinsam errichtet worden, um das Zustandebringen des mit der Gemeinschuldnerin vereinbarten Gesamtkaufpreises für das ihr von Ladislaus A. verkaufte Grundstück zu sichern. Es wurde deshalb auch nicht mit dem Namen der Gemeinschuldnerin oder des Verkäufers, sondern mit dem Namen "Zweckkonto L." bezeichnet. Daraus ergibt sich, daß das auf diesem Konto liegende Geld schon nach der ursprünglichen Vereinbarung zwischen der Gemeinschuldnerin und Ladislaus A. von dem übrigen Vermögen der Gemeinschuldnerin getrennt werden sollte und auch tatsächlich getrennt war.

Auf dieses Konto sollte nun nach der Vereinbarung zwischen den Klägern und der Gemeinschuldnerin vom 9. Mai 1965, welcher Vereinbarung Ladislaus A. beigetreten ist, von der Gemeinschuldnerin - abgesehen von einem Betrag von 12.000 S zugunsten des Fritz S. - ein Betrag von 9600 S zugunsten der Kläger erlegt werden. Hiebei wurde auch vereinbart (einvernehmlich festgestellt), daß dieses Konto ein Treuhandkonto sämtlicher Kaufwerber sei. Auch aus dieser Vereinbarung ergibt sich die Absicht der Trennung des auf dem Konto liegenden Geldes von dem übrigen Vermögen der Gemeinschuldnerin. Daß hiebei gleichzeitig vereinbart wurde, dieses Konto solle zugunsten des Verkäufers Ladislaus A. und der Gemeinschuldnerin gesperrt werden, war überflüssig, da eine solche Sperre im Ergebnis bereits durch die bei Eröffnung des Kontos erfolgte Verfügung, Auszahlungen könnten nur an Ladislaus A. und Wolfgang S. (den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin) gemeinsam erfolgen, bestanden hat.

Dem Umstand, daß die Sparkasse M. von der Treuhandvereinbarung nicht verständigt worden ist, kommt keine Bedeutung zu. Treuhänder des auf diesem Konto liegenden Geldes war nicht die Sparkasse, sondern der Inhaber des Kontos, als welcher die Gemeinschuldnerin angesehen werden muß, da sie nach den untergerichtlichen Feststellungen im Besitze des das Konto betreffenden Sparbuches gewesen ist.

Da somit die vom Berufungsgericht in dieser Richtung geforderte Ergänzung der Beweisaufnahme auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung beruht, ist sie nicht erforderlich. Ebenso sind Feststellungen darüber, zu welchem Zweck die Kläger 15.000 S an die Gemeinschuldnerin geleistet haben - das Erstgericht hat ohnedies festgestellt, daß dieser Betrag eine Anzahlung war - oder warum die Gemeinschuldnerin entgegen der Vereinbarung vom 9. Mai 1965 nur einen Teilbetrag auf das Konto Nr. X eingezahlt hat, nicht erforderlich. Festgestellt wurde, daß die Gemeinschuldnerin zugunsten der beiden Kläger und des Fritz S. statt des Betrages von insgesamt 21.600 S nur den Betrag von 10.800S eingezahlt hat, also genau die Hälfte. Wenn die Kläger daher von dem erlegten Betrag mit Rücksicht auf die Vereinbarung vom 9. Mai 1965 nur die Hälfte jener Summe verlangen, die zu ihren Gunsten von der Gemeinschuldnerin hätte erlegt werden sollen, nämlich 4800 S oder je 2400 S, dann bedarf es mangels einer entsprechenden Einwendung der beklagten Partei auch keiner Erörterung oder Feststellung, warum sie dies tun.

Daß die Kläger ihren Anspruch nicht auf das Eigentumsrecht stützen können, ist vom Berufungsgericht mit Recht angenommen worden. Das Eigentumsrecht an dem erlegten Geld steht weder der Gemeinschuldnerin noch den Klägern zu; Eigentümerin ist vielmehr die Sparkasse M. Die Gemeinschuldnerin hatte gegen die Sparkasse auf Grund der Kontoeröffnung nur einen - im vorliegenden Falle noch von der Zustimmung des Ladislaus A. abhängigen - Anspruch auf Auszahlung der entsprechenden Geldsumme. Auch eine solche Forderung kann Aussonderungsgegenstand sein, wenn sie, bzw. ihr Gegenstand widerrechtlich in die Konkursmasse einbezogen wurde und darin eine Verletzung des Anspruches gelegen ist (SZ. XXVII 260, Bartsch - Pollak II. Band S. 253, 259). Mit Rücksicht darauf, daß das auf dem Konto Nr. X der Sparkasse M. erliegende Geld nach obigen Ausführungen von vornherein im Interesse der Kläger und des Ladislaus A., nicht aber im Interesse der Gemeinschuldnerin von dem übrigen Vermögen der Gemeinschuldnerin gesondert sein sollte und auch tatsächlich gesondert war (rein uneigennützige Treuhand), kann es, bzw. die Forderung der Gemeinschuldnerin gegen die Sparkasse auf Auszahlung nicht in die Konkursmasse einbezogen werden. Dadurch würde der den Klägern nach der Vereinbarung vom 5. Mai 1965 zustehende Anspruch verletzt. Nun sind allerdings, wie festgestellt wurde, auf das Konto auch nach der Einzahlung des Betrages von

10.800 S, bzw. von 4800 S zugunsten der Kläger, noch andere Einzahlungen erfolgt und ebenso von dem Konto Auszahlungen vorgenommen worden. Dieser Umstand wäre jedoch mangels entsprechender Einwendungen seitens der beklagten Partei nicht streitentscheidend, wenn im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz ein den Anspruch der Kläger deckender Geldbetrag auf dem Konto vorhanden war. Darüber haben aber die Untergerichte keine Feststellungen getroffen.

Darin liegt eine Mangelhaftigkeit (ein Feststellungsmangel), die zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen mußte. Eine Aufhebung auch des erstgerichtlichen Urteils war nicht erforderlich, da die Sache mit Rücksicht auf das Vorliegen der Beilage I, deren Richtigkeit - mit der hier bedeutungslosen Einschränkung "nach Maßgabe des eigenen Vorbringens" - von beiden Parteien zugegeben wurde, keiner Verhandlung in erster Instanz bedarf, um Spruchreife zu erlangen.

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