Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 22.821,76 (darin S 3.803,63 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Drittbeklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 19.845,-- (darin enthalten S 3.307,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erst- und der Zweitbeklagte sind persönlich haftende Gesellschafter der drittbeklagten OEG. Mit Kaufvertrag vom 15.12.1994 verkauften der Zweitbeklagte 13/408-Anteile und die Drittbeklagte 2 x 15/408-Anteile an der Liegenschaft EZ 2276 KG S***** an den Kläger. Mit diesen Anteilen ist das Wohnungseigentum an den Einheiten Top 4, 5 und 6 untrennbar verbunden. Vertragserrichter war Dr.Franz W*****. Der Kaufvertrag sah einen Gesamtkaufpreis von S 450.000,-- vor.
Punkt III. des Kaufvertrages lautet: "Der Kaufpreis von S 450.000,--
..... wird vom Käufer bei Vertragserrichtung an den Treuhänder
Dr.Franz W*****, .... bezahlt, welcher unwiderruflich ermächtigt und
verpflichtet wird, diesen Betrag nach Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Käufer an den Verkäufer auszubezahlen.
Die Liegenschaft ist mit Pfandrechten über S ......... belastet. Die
Verkäufer verpflichten sich zur Lastenfreistellung. Diese Lastenfreistellung erfolgt durch den Vertragsverfasser aus dem Kaufpreis".
Als Stichtag für den Übergang von Gefahr und Zufall, Nutzungen und Lasten vereinbarten die Parteien den 1.1.1995. In Punkt V. des Kaufvertrages übernahmen die Verkäufer die Haftung dafür, daß die Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum an den Einheiten Top Nr 4, 5 und 6 untrennbar verbunden ist, abgesehen vom Bestandrecht zweier namentlich genannter Personen, vollkommen lastenfrei auf den Käufer übergehen.
Punkt XI. des Kaufvertrages lautet:
"Der Käufer ist Staatsbürger der Republik Bosnien und Herzegowina. Die Wirksamkeit des Vertrages ist aufschiebend bedingt mit der Genehmigung des Vertrages durch die Grundverkehrsbehörde".
Bei Unterfertigung des Kaufvertrages durch die Vertragsparteien sprach sich keine von ihnen gegen die im Vertrag vorgesehene Verpflichtung des Treuhänders aus.
Am 15.12.1994 zahlte der Kläger den vereinbarten Kaufpreis an den Treuhänder. Er erwirkte einen Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, mit dem der Erwerb des Eigentums nach dem Ausländergrunderwerbsgesetz genehmigt wurde (datiert 27.4.1995) und erlangte die zur Einverleibung erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung (datiert 16.10.1996).
Der Treuhänder nahm weder die Lastenfreistellung noch die Einverleibung des Eigentumsrechts des Käufers vor, noch leitete er den Kaufpreis an die Verkäufer weiter. Er verschwand und ließ keine Gelder zurück. Zur Lastenfreistellung müßten insgesamt S 435.190,-- an die Hypothekargläubiger gezahlt werden.
Die Kaufvertragsurkunde befindet sich im Besitz der Drittbeklagten.
Der Kläger begehrt von der Drittbeklagten die Herausgabe der Kaufvertragsurkunde und von allen drei Beklagten Zahlung von S
435.190 sA. Dr.Franz W***** sei als Vertragsverfasser und Treuhänder der Beklagten eingeschritten. Er habe den erhaltenen Kaufpreis veruntreut. Der Kläger habe die Unbedenklichkeitsbescheinigung und die Zustimmung nach dem Ausländergrunderwerbsgesetz erwirkt. Die Drittbeklagte sei zur Ausfolgung des Kaufvertrags verpflichtet. Die im Vertrag zugesagte Lastenfreistellung erfordere einen Gesamtbetrag von S 435.190,--, der Kläger sei berechtigt, das hiezu erforderliche Deckungskapital geltend zu machen.
Die Beklagten beantragen Klageabweisung. Sie hätten keinen Kaufpreis erhalten und seien weder zur Ausfolgung der Vertragsurkunde noch zur Lastenfreistellung verpflichtet. Dr.W***** sei als Treuhänder des Klägers aufgetreten. Im übrigen treffe im hier vorliegenden Fall einer mehrseitigen Treuhand das Risiko der Veruntreuung durch den Treuhänder jenen Vertragspartner, dem aufgrund des erteilten Auftrages der Anspruch auf Ausfolgung des Kaufpreises zustehe. Mangels Lastenfreistellung und Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers seien die für die Ausfolgung des Geldes gesetzten Bedingungen nicht eingetreten; ein Anspruch der Beklagten auf Ausfolgung des (Rest-)Kaufpreises bestehe somit nicht. Der Kläger hätte hingegen den Kaufpreis vom Treuhänder zurückfordern können. Im übrigen könne eine Haftung der Beklagten nur im Verhältnis der vom Zweit- und von der Drittbeklagten verkauften Anteile bestehen, nicht aber zur ungeteilten Hand. Der Erstbeklagte als persönlich haftender Gesellschafter der Drittbeklagten hafte hinsichtlich der vom Zweitbeklagten verkauften Anteile nicht.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es verpflichtete die Drittbeklagte zur Herausgabe der Vertragsurkunde und den Erst-, den Zweit- und die Drittbeklagte zur Zahlung des für die Lastenfreistellung erforderlichen Betrages zur ungeteilten Hand. Dr.Franz W***** sei als Treuhänder beider Vertragsparteien tätig geworden; er sei verpflichtet gewesen, ihre beiderseitigen Interessen zu wahren. Die Veruntreuung des Treuhänders sei jenem Vertragspartner zuzurechnen, in dessen Sphäre sie sich ereignet habe. Habe der Käufer - wie im vorliegenden Fall - alle ihn treffenden Verpflichtungen erfüllt und für den Eintritt aller in seiner Sphäre liegenden Bedingungen gesorgt, falle die Veruntreuung in die Sphäre des Verkäufers. Der Kläger habe damit Anspruch auf lastenfreie Übertragung des Eigentumsrechts und damit auf Übergabe des Originalvertrages. Der zur Lastenfreistellung begehrte Betrag stehe dem Kläger als Ersatz von Mängelbehebungskosten zu. Er habe gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Verbesserung im Umfang dieser Kosten. Die Beklagte sei mit der Verbesserung in Verzug.
Das Berufungsgericht bestätigte die Verurteilung der Drittbeklagten zur Herausgabe des Kaufvertrages, wies aber das gegen die Beklagten gerichtete Zahlungsbegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es sei nicht zwingend, daß die Veruntreuung durch den Treuhänder einer mehrseitigen Treuhand nur zu Lasten jenes Treugebers gehen sollte, der letztlich Anspruch auf den Geldbetrag habe. Das Zahlungsbegehren sei abzuweisen. Der Kläger berufe sich zu seinem Anspruch auf Ersatz der Kosten der Lastenfreistellung auf Gewährleistung. Derartige Ansprüche könne er aber erst nach Übergabe geltend machen, davor habe er nur einen Erfüllungsanspruch. Sein Begehren müßte auf Lastenfreistellung durch die Beklagte oder allenfalls auf Zahlung an die Pfandgläubiger gerichtet sein, nicht aber auf Zahlung an den Kläger.
Das Begehren auf Ausfolgung der Vertragsurkunde sei hingegen berechtigt. Dr.W***** sei als Treuhänder beider Streitteile eingeschritten. Während der Kläger seinen im Vertrag übernommenen Verpflichtungen auf Zahlung des Kaufpreises, Erwirkung des Bescheids nach dem Ausländergrunderwerbsgesetz und Beschaffung der Unbedenklichkeitsbescheinigung nachgekommen sei, hätten die Beklagten ihre Verpflichtung zur Lastenfreistellung und Verschaffung des Eigentums nicht erfüllt. Der Kläger habe Anspruch auf Übertragung des lastenfreien Eigentums und somit auch auf Übergabe der grundbuchsfähigen Urkunde.
Die Revision des Klägers richtet sich gegen die Abweisung des Zahlungsbegehrens, jene der Drittbeklagten gegen den Auftrag auf Ausfolgung der Vertragsurkunde.
Beide Revisionen sind zulässig. Wenngleich sich die Revision der Drittbeklagten nur gegen den Auftrag auf Ausfolgung der Vertragsurkunde richtet (welchen Anspruch der Kläger mit S 15.000,-- bewertet hatte) kommt es für ihre Zulässigkeit auf den gesamten Entscheidungsgegenstand an, über den das Berufungsgericht entschieden hatte. Der hier gegebene rechtliche und tatsächliche Zusammenhang gebietet eine Zusammenrechnung (§ 55 Abs 1 Z 1 und 5 JN).
Beide Revisionen sind nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zur Revision des Klägers:
Die im Rechtsmittel gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Die Vorinstanzen haben keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Liegenschaft bereits übergeben wurde. Der Kläger hat im Verfahren erster Instanz hiezu kein Vorbringen erstattet, im Verfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß ihm die Liegenschaft bereits übergeben wurde. Im übrigen stützt der Kläger - wie er in der Revision auch ausführt - sein Zahlungsbegehren nicht auf den Rechtsgrund der Gewährleistung, sondern macht Erfüllungsansprüche geltend, sodaß sich eine entsprechende Feststellung betreffend die Übergabe der Liegenschaft auch nicht als erforderlich erweist.
Die Revision weist mit Recht darauf hin, daß der Kläger Anspruch auf die ihm vertraglich zugesicherte Leistung, somit auch Anspruch auf die zugesicherte Freistellung der Liegenschaft von allen Pfandrechten hat. Er kann daher auf Erfüllung, das bedeutet Durchführung der Lastenfreistellung durch die Beklagte klagen. Gerade dieses Begehren hat der Kläger aber nicht gestellt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes wird hingewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zur Revision der Drittbeklagten:
Die Drittbeklagte verweist auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach derjenige das Risiko für den Verlust des Treugutes zu tragen habe, der nach dem Stand der Dinge Anspruch auf Ausfolgung habe. Mangels Eigentumseinverleibung des Käufers hätten die Beklagten nach der Vereinbarung noch keinen Anspruch auf Ausfolgung des Kaufpreises und seien damit auch nicht verpflichtet, den Kaufvertrag herauszugeben. Im vorliegenden Fall hätten weder der Kläger noch die Beklagten Anspruch auf Ausfolgung, sodaß das Veruntreuungsrisiko von beiden Vertragspartnern gemeinsam zu tragen sei. Die Drittbeklagte dürfe die Herausgabe des Kaufvertrages verweigern, weil sie jene Hälfte des Kaufpreises, deren Verlust dem Kläger zuzurechnen sei, nicht erhalten habe. Dem ist nicht zu folgen.
Die Vorinstanzen beurteilten die Rechtsposition des Vertragserrichters gegenüber den Streitteilen zutreffend als mehrseitige Treuhand. Eine solche liegt vor, wenn der Treuhänder mehrere Interessen zu wahren hat, und zwar einerseits das Interesse des Käufers an der widmungsgemäßen Verwendung des Kaufpreises zur Lastenfreistellung und der Verbücherung seines Eigentumsrechts, andererseits das Interesse des Verkäufers an der Lastenfreistellung und Auszahlung des Restkaufpreises. Im vorliegenden Fall diente die Treuhandabwicklung dem Interesse beider Vertragsparteien, die den Treuhänder nach den getroffenen (nicht bekämpften) Feststellungen auch gemeinsam bestellt hatten. Die Verkäufer sollten dadurch die Sicherheit erhalten, daß der Kaufpreis zur Lastenfreistellung und nach Einverleibung des Eigentumsrechts des Käufers zur Auszahlung des Restbetrags an sie zur Verfügung steht. Im Interesse des Käufers sollte sichergestellt werden, daß der Kaufpreis auch tatsächlich zur Lastenfreistellung verwendet und sein Eigentumsrecht schließlich einverleibt wird (zur mehrseitigen Treuhand vgl ÖBA 1995, 470; SZ 69/150; ÖBA 1997, 59, JBl 1997, 519; Thurnherr, Grundfragen des Treuhandwesens 82 ff).
Der Oberste Gerichtshof hat sich schon mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, wer die Gefahr des zufälligen Verlustes (worunter auch der Fall der Veruntreuung durch den Treuhänder subsumiert wird) trägt. Zur Frage, in wessen Vermögen sich der Verlust des Geldes beim Treuhänder ereignet und welche der Parteien den Schaden gemäß § 1311 ABGB zu tragen hat, ist der Oberste Gerichtshof von der seit der Entscheidung SZ 26/206 ständig vertretenen Rechtsprechung nicht abgewichen, wonach dieses Risiko derjenige Treugeber zu tragen hat, der nach den festgestellten Umständen des Treuhandverhältnisses schon einen Anspruch auf Ausfolgung des Geldes gegen den Treuhänder gehabt hätte (SZ 26/206; EvBl 1972/19; EvBl 1980/162; JBl 1981/90; ÖBA 1995, 470, SZ 69/150; ÖBA 1997, 59; RdW 1997, 656; NZ 1998, 119).
Der Oberste Gerichtshof hat auch mehrfach erkannt, daß nach der Regel des § 905 Abs 2 ABGB der Schuldner die Gefahr des zufälligen Verlustes (damit auch der Veruntreuung durch den Treuhänder) nur bis zur Zahlung in der vereinbarten Weise trägt. Im Fall zufälligen Verlustes müsse der Schuldner nicht noch einmal zahlen. Die Gefahr (zufälligen Verlustes) treffe ihn nach Erfüllung in der vereinbarten Weise nicht mehr (JBl 1995, 590; RdW 1997, 656; NZ 1998, 119).
Die Auffassung, wonach die Veruntreuung des Treuhänders bei der mehrseitigen Treuhandschaft zu Lasten jenes Treugebers gehe, dem im Zeitpunkt der Veruntreuung das Treugut auszufolgen gewesen wäre, wird in der Lehre teils gebilligt (Apathy in Schwimann ABGB2 Rz 11 zu § 1002; Strasser in Rummel ABGB2 Rz 42 zu § 1002; Jappel, Treuhandschaften 94), teils mit unterschiedlicher Begründung abgelehnt (Graf, RdW 1991, 283; derselbe ÖBA 1997, 27; Thurnherr, Grundfragen des Treuhandwesens 80 ff). Graf lehnt die vom Obersten Gerichtshof angewendeten Kriterien für die Risikozuteilung (§ 1311 und § 905 Abs 2 ABGB) ab und zeigt auf (ÖBA 1997, 27 ff), daß - bei Anwendung dieser Kriterien - die Risikozuweisung an einen der Treugeber dann scheitert, wenn der Verkäufer aufgrund der getroffenen Vereinbarung noch keinen Anspruch auf Ausfolgung des Geldes hat, der Käufer jedoch seine vertraglichen Verpflichtungen in der vereinbarten Weise erfüllt hat (und damit die Gefahr zufälligen Verlustes nicht mehr zu tragen hätte).
Graf (RdW 1991, 283 ff) stimmt mit Thurnherr (aaO 82 ff) darin überein, daß es für die Frage der Schadenstragung auf den nach dem Parteiwillen (allenfalls durch ergänzende Vertragsauslegung) auszulegenden Treuhandvertrag ankomme. Er vertritt überdies die Auffassung (ÖBA 1997, 27 ff), die Zuweisung des Veruntreuungsrisikos habe sich an den Kriterien der Vorhersehbarkeit bzw der Kalkulierbarkeit zu orientieren. Könne der Treuhänder infolge Nominierung durch einen der Treugeber diesem zugeordnet werden, so habe dieser den Schaden zu tragen, sei er doch im allgemeinen besser in der Lage, die von der Einschaltung des Treuhänders ausgehende Gefahr zu steuern. Sei aber - infolge gemeinsamer Bestellung des Treuhänders - die Zurechnung an einen der Treugeber nicht möglich, müsse das Risiko geteilt werden. Dabei komme es primär auf den nach dem Parteiwillen (allenfalls auch im Wege ergänzender Vertragsauslegung) auszulegenden Treuhandvertrag an.
Thurnherr (aaO 84) erachtet den Parteiwillen allein als ausschlaggebend. Vorbehaltlich anderer vertraglicher Vereinbarungen sei das Veruntreuungsrisiko von allen Treuhändern gemeinsam zu tragen.
Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Möglichkeiten einer Risikozuweisung hat der erkennende Senat im vorliegenden Fall erwogen:
In seiner Entscheidung vom 23.4.1998, 6 Ob 41/98p, hat der Oberste Gerichtshof die von einem Teil der Literatur geforderte gemeinsame Risikotragung aller Treugeber als überdenkenswert erachtet. Das beiderseitige Interesse der Treugeber an der Abwicklung des Kaufvertrages lege es nahe, die Treugeber mit dem Risiko gemeinsam zu belasten. Eine nähere Befassung mit dieser Frage mußte dort mangels geeigneten Vorbringens unterbleiben.
Die Frage, ob das Veruntreuungsrisiko in Fällen gemeinsamer Beauftragung des Treuhänders grundsätzlich (mangels anderer Vereinbarung) von allen Treugebern gemeinsam zu tragen ist, braucht auch im vorliegenden Fall nicht abschließend beurteilt zu werden, weil auch ein Abweichen von der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im aufgezeigten Sinn zu keiner Änderung des vorliegenden Verfahrensergebnisses führen könnte.
Nach der getroffenen Vereinbarung durfte die Auszahlung des (Rest)Kaufpreises nach Abzug der für die Lastenfreistellung erforderlichen Beträge erst nach Einverleibung des Eigentumsrechts des Käufers erfolgen. Vor diesem Zeitpunkt hatten die Verkäufer somit noch keinen Anspruch auf Ausfolgung des Treugutes, sodaß der Verlust noch nicht in ihrem Vermögen eingetreten ist. Nach den von der Rechtsprechung zu § 1311 ABGB entwickelten Kriterien tragen somit nicht die beklagten Verkäufer das Veruntreuungsrisiko, sondern müßte der Käufer den Schaden tragen. Nach der von der Rechtsprechung angewendeten Gefahrtragungsregel des § 905 Abs 2 ABGB trägt aber der Käufer seinerseits die Gefahr des zufälligen Verlustes nur so lange, als er die Zahlung nicht in der vereinbarten Weise vorgenommen hat (RdW 1997, 656). Der Kläger hat im vorliegenden Fall vereinbarungsgemäß erfüllt, sodaß nach den vorgetragenen Kriterien auch ihn das Risiko der Veruntreuung nicht treffen könnte.
Läßt sich aber der durch den Verlust des Treugutes aufgetretene Schade nicht dem Vermögen eines der Treugeber zuordnen, trifft er im Zweifel - mangels anderslautender Vereinbarung - beide Treugeber gleich.
Zum selben Ergebnis (gemeinsame Tragung des Risikos durch alle Treugeber) kommt man aber auch bei Berücksichtigung der Lehrmeinungen Grafs und Thurnherrs. Beide weisen zu Recht darauf hin, daß die Vertragspartner Risken, die die Vertragsdurchführung bedrohen, auch nach vertraglich festgelegten Kriterien aufteilen könnten. Ist dies der Fall und haben die Parteien eine Vereinbarung über die Risikotragung für den Fall des Verlustes oder einen von ihnen nicht verschuldeten Zufall getroffen, trifft das Schadensereignis den durch die Vereinbarung bestimmten Vertragspartner. Welcher dies ist, kann erforderlichenfalls auch durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelt werden. Sie führt zur Ergänzung des Vertrages um jene Vereinbarung, die redliche und vernünftige Parteien getroffen hätten, wenn sie den dann tatsächlich eingetretenen Fall des Verlustes bedacht hätten. Dabei müßte mangels anderer - hier nicht vorliegender - Anhaltspunkte wohl davon ausgegangen werden, daß redliche und vernünftige Vertragspartner einen durch Zufall aufgetretenen Verlust des Treugutes gleichteilig getragen hätten. Die ergänzende Vertragsauslegung führte somit im vorliegenden Fall genauso wie die Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zu einer gleichteiligen Risikotragung der Treugeber. Die von einem Teil der Lehre (Graf, ÖBA 1997, 27 ff) für die Risikoverteilung als erheblich angesehene Frage, wer den Treuhänder namhaft gemacht hat, wird von den Streitteilen nicht mehr aufgeworfen.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes, das die Drittbeklagte zur Ausfolgung des Kaufvertrages verpflichtet hat, steht mit diesen Überlegungen in Einklang. Sie führt im Ergebnis zu einer Risikoaufteilung zwischen beiden Treugebern. Der Kläger erhält damit die Möglichkeit, sein Eigentumsrecht auf Grund des Kaufvertrages einverleiben zu lassen. Die Lastenfreistellung spielt für die Frage der Übergabe des Kaufvertrages (und damit Einverleibung des Eigentumsrechts) noch keine Rolle, weil der Kläger damit die belastete Liegenschaft erwirbt und zunächst mehr als die Hälfte der ihm insgesamt zukommenden Lasten zu tragen hat. Um den durch Verlust des Treugutes aufgetretenen - im vorliegenden Fall von beiden Treugebern zu tragenden - Schaden auszugleichen, hat der Kläger allerdings die Möglichkeit, nach Einverleibung seines Eigentumsrechts die Hälfte des für die Lastenfreistellung erforderlichen Betrages im Rahmen der Gewährleistung zu verlangen. Dabei wird zu beachten sein, daß der Erstbeklagte nur insoweit zur (Mit)Haftung herangezogen werden könnte, als er als persönlich haftender Gesellschafter der Drittbeklagten für die diese treffenden Verpflichtungen einzustehen hat.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes erweist sich daher im Ergebnis als zutreffend.
Den unberechtigten Revisionen des Klägers und der Drittbeklagten mußte ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 und 52 Abs 1 ZPO.
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