Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.189,44 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 198,24 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 1. 4. 1998 bei der Beklagten beschäftigt, die gemäß § 4 Abs 1 des Bundesgesetzes über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen (SSSZG) vertraglich mit der Durchführung der Sicherheitskontrollen am Flughafen Wien betraut ist. Der Kläger wurde als Arbeiter aufgenommen und war als Fluggastkontrollorgan tätig.
Gemäß § 5 Abs 1 Z 7 SSSZG wurde die Beklagte vertraglich verpflichtet, "zur Vornahme von Sicherheitskontrollen nur Dienstnehmer heranzuziehen, zu deren Verwendung eine nicht widerrufene schriftliche Einverständniserklärung des Sicherheitsdirektors vorliegt".
Eine solche Einverständniserklärung des Sicherheitsdirektors lag für den Kläger vor.
Nach § 6 Abs 2 SSSZG ist die Einverständniserklärung zu widerrufen, wenn sich ergibt, dass der Dienstnehmer nicht mehr geeignet oder verlässlich ist.
Am 19. 11. 1999 wurde das Dienstverhältnis von der Beklagten per 15. 12. 1999 aufgekündigt. Diese Kündigung wurde vom Kläger zu 8 Cga 174/99z des Erstgerichts als Motivkündigung angefochten. Während des über die Klage durchgeführten Verfahrens, und zwar am 21. 3. 2000, wurde von der Beklagten eine weitere Kündigung, nunmehr per 15. 4. 2000, ausgesprochen. Auch diese Kündigung wurde vom Kläger als Motivkündigung angefochten. Die Beklagte hielt der Anfechtung entgegen, dass Motiv für die Kündigungen der Umstand gewesen sei, dass der Beklagte fehlerhaft gearbeitet und seine Arbeitsweise trotz Ermahnungen nicht verbessert habe.
Mit Urteil vom 7. 9. 2000, 8 Cga 174/99z-25, sprach das Erstgericht aus, dass die beiden Kündigungen rechtsunwirksam sind. Es stellte ua fest, dass der Kläger seinen Dienst korrekt, unbeanstandet und ohne Beschwerden versehen habe. Es habe nur einmal, nämlich in der Nacht vom 15. auf den 16. 2. 1999, eine Beanstandung gegeben, weil der Kläger während einer "vermeintlichen Pause" ein Lokal aufgesucht habe. Der Kläger habe sich während seiner Tätigkeit für die Beklagte gegen eine seiner Ansicht nach dem AZG widersprechende Vorgangsweise der Beklagten bei der Schichtdienstregelung gewehrt. Seine Kündigung sei ihm gegenüber mit diesen Aktivitäten begründet worden; Vorwürfe im Zusammenhang mit schlechter Arbeitsleistungen seien nicht erhoben worden. Beide Kündigungen seien daher aus einem verpönten Motiv erfolgt und daher für unwirksam zu erklären.
Nach dem Inhalt des im Verfahren 8 Cga 174/99 aufgenommenen Protokolls über die Tagsatzung vom 7. 9. 2000 hat der Beklagtenvertreter unmittelbar nach der Verkündung dieses Urteils erklärt, "dass derzeit nicht die Möglichkeit bestehe, den Kläger zu beschäftigen, da die Ermächtigung der Zustimmung der Sicherheitsdirektion für das Land NÖ nicht vorliegt".
Einer von der Beklagten gegen das Urteil im Verfahren 8 Cga 174/99 erhobenen Berufung wurde vom Berufungsgericht mit Urteil vom 26. 3. 2001 nicht Folge gegeben. Dieses Urteil des Berufungsgerichtes erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Kurz nach der am 18. 4. 2001 erfolgten Zustellung des Berufungsurteils, nämlich am 3. 5. 2001, wurde der Kläger von der Beklagten entlassen. Die Entlassung wurde damit begründet, dass die Sicherheitsdirektion für Niederösterreich ihr Einverständnis zur Tätigkeit des Klägers widerrufen habe.
Mit seiner nunmehr zu 8 Cga 82/01a erhobenen Klage begehrt der Kläger, seine Entlassung für unwirksam zu erklären. Die Beklagte habe den unberechtigten Widerruf bei der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich gleichsam "bestellt, um damit die Unwirksamkeit der erfolgreich bekämpften Motivkündigungen zu unterlaufen.
Mit einer weiteren, zu 8 Cga 116/01a erhobenen Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zur Zahlung von S 462.350,- (EUR 33.600,28) sA zu verpflichten. Dabei handle es sich um offenes Entgelt für die Zeit bis zu seiner Entlassung. Dieses Begehren wurde mittlerweile auf EUR 43.994,90 sA ausgedehnt.
Mit einer weiteren, zu 8 Cga 144/01v erhobenen Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte für sämtliche Ansprüche aus der ungerechtfertigten Entlassung hafte. Zu dieser Klage sei er gezwungen, um den im Hinblick auf eine kollektivvertragliche Verfallsklausel drohenden Verfall seiner laufenden Ansprüche zu vermeiden.
Sämtliche Klagen wurden vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Beklagte beantragte die Abweisung sämtlicher Klagebegehren und brachte - soweit im Revisionsverfahren von Interesse - Folgendes vor:
Der Kläger sei ausschließlich deshalb entlassen worden, weil die für seine Beschäftigung erforderliche Einverständniserklärung vom Sicherheitsdirektor für NÖ widerrufen worden und er daher nicht mehr fähig sei, die vertraglich bedungenen Dienste zu leisten. Tatsächlich sei der Kläger mit den Aufgaben eines Fluggastkontrollors überfordert gewesen. Schon einen Monat nach seinem Dienstantritt hätten sich viele Mitarbeiter über seine Arbeitsauffassung beschwert. Er sei auch am 4. 5. 1999 und am 6. 5. 1999 bei groben Kontrollfehlern bzw. Nachlässigkeiten beobachtet worden. Seine laxe Arbeitsauffassung sei auch der Grund für die beiden von ihm letztlich erfolgreich angefochtenen Kündigungen gewesen. Die Beklagte sei der Meinung gewesen, dass der Kläger ein Sicherheitsrisiko darstelle und habe die Sicherheitsdirektion für NÖ über den Kündigungsanfechtungsprozess informiert; ferner sei angefragt worden, ob unter den gegebenen Umständen und im Hinblick auf den Umstand, dass der Kläger während des Vorverfahrens nicht mehr als Fluggastkontrollorgan tätig gewesen sei, die neuerliche Einholung einer Einverständniserklärung erforderlich sei. Über Aufforderung der Sicherheitsdirektion habe die Beklagte in der Folge Tagesberichte der Schichtführer vorgelegt, aus denen die Verfehlungen des Klägers ersichtlich seien. Daraufhin habe der Sicherheitsdirektor das Einverständnis zur Beschäftigung des Klägers widerrufen. Darauf habe die Beklagte keinen Einfluss gehabt.
Mit dem als "Teilurteil" bezeichneten Urteil vom 11. 1. 2002 sprach das Erstgericht in Stattgebung des zu 8 Cga 82/01a erhobenen Klagebegehrens aus, dass die am 3. 5. 2001 ausgesprochene Entlassung des Klägers rechtsunwirksam sei.
Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus, stellte es - soweit im Revisionsverfahren von Interesse - folgenden Sachverhalt fest:
Mit Schreiben vom 2. 10. 2000 teilte die Beklagte der Sicherheitsdirektion für NÖ folgendes mit:
".... Da sich in der Folge herausgestellt hat, dass Herr Dr. K***** die ihm übertragenen Aufgaben nur unzureichend erfüllte und den durch vom LFZSG und BMI vorgegebenen Kriterien für seinen weiteren Einsatz als Fluggastkontrollorgan nicht entsprach, musste das Dienstverhältnis per 15. 12. 1999 gekündigt werden.
Herr Dr. K***** hat diese Kündigung aus Gründen, die nicht im Zusammenhang mit der Erfüllung seiner Aufgaben als Fluggastkontrollorgan stehen, angefochten. Mit für uns unverständlicher und nicht nachvollziehbarer Begründung hat das Landesgericht Korneuburg am 7. 9. 2000 die Kündigung von Herrn Dr. K***** für rechtsunwirksam erklärt. Selbstverständlich werden wir nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsausfertigung Berufung erheben. Da Rechtsmittel gegen arbeitsgerichtliche Urteile erster Instanz allerdings keine aufschiebende Wirkung haben, ist diese Entscheidung sofort mit der Verkündung wirksam geworden. Wir haben daher Herrn Dr. K***** trotz unserer nach wie vor bestehenden Bedenken bezüglich seiner Arbeitsleistung vorerst weiter zu beschäftigen. Ungeachtet der uns vom Gericht vorerst auferlegten Beschäftigungspflicht dürfen wir Herrn Dr. K***** dennoch gemäß § 6 Abs 1 LFZSG nur dann als Fluggastkontrollor einsetzen, wenn hierzu eine Einverständniserklärung des Sicherheitsdirektors vorliegt. Da wir den für Herrn Dr. K***** gemäß § 6 Abs 3 LFZSG ausgestellten Lichtbildausweis nach dessen Kündigung pflichtgemäß an Sie zurückgestellt haben, sind wir nicht sicher, ob die Einverständniserklärung des Sicherheitsdirektors noch aufrecht ist. Aufgrund der uns übertragenen Verantwortung für die Sicherheit des Zivilluftverkehrs auf dem Flughafen Wien-Schwechat können wir Herrn Dr. K***** vor Klärung dieser Frage nicht als Fluggastkontrollorgan einsetzen.
Wir bitten daher um Mitteilung, ob in Anbetracht der eben dargelegten Umstände und insbesondere der Tatsache, dass Herr Dr. K***** seit Ende 1999 nicht mehr als Fluggastkontrollorgan tätig war und ihm daher sowohl jegliche Berufspraxis als auch Kenntnis über die inzwischen eingetretenen tätigkeitsbezogenen Veränderungen der Arbeitsumwelt fehlen, die neuerliche Einholung der Einverständniserklärung des Sicherheitsdirektors erforderlich oder allenfalls sonstige Maßnahmen erforderlich sind, bevor Herr Dr. K***** wieder zu Sicherheitskontrollen herangezogen werden kann. Für den Fall, dass die seinerzeit erteilte Einverständniserklärung des Sicherheitsdirektors uneingeschränkt aufrecht sein soll, ersuchen wir um Ausstellung eines Lichtbildausweises für Herrn Dr. K***** gemäß § 6 Abs 3 LFZSG ...... ."
Die Sicherheitsdirektion ersuchte daraufhin die Beklagte um die genauere Angabe von Gründen, weshalb die Voraussetzungen für eine Einverständniserklärung nicht vorliegen sollten, worauf ihr die Beklagte Tagesberichte vom 4. 5. 1998, vom 6. 5. 1998 sowie vom 15. 2. 1999 und vom 9. 7. 1999 übermittelte.
Im Tagesbericht vom 4. 5. 1998 (verfasst von einem mittlerweile verstorbenen Schichtführer) ist festgehalten, dass der Kläger "bei drei Einheiten in nur eine Tasche gesehen" und von sich aus eine Schere mit einer Klinge von ca 35 cm in einer Tasche nicht erkannt habe. Ebenso sei ein Fixiermesser ohne Kontrolle durch den Kläger "an Bord gegangen". Bei der Abnahme von Handys und der Suche nach den Besitzern durch den Kläger sei das Förderband weiter gelaufen; ein anderer Mitarbeiter habe es in 50 Minuten sieben mal abgestellt. Ferner ist in diesem Bericht ausgeführt, dass der Kläger mit dieser Leistung ein Sicherheitsrisiko sei. Im Tagesbericht vom 6. 5. 1998 ist festgehalten, dass der Kläger sehr unsicher sei und bei insgesamt sieben Einheiten in nur vier Taschen geschaut habe und auch nicht in eine Tasche mit einer leicht erkennbaren Bombenattrappe. Selbst auf einen ausdrücklichen Hinweis auf diese Attrappe habe der Kläger erklärt, nichts zu erkennen. Er sei für seine Arbeit bekannt und visitiere nicht richtig. Aus dem Tagesbericht vom 15. 2. 1999 ergibt sich, dass der Kläger dreimal angewiesen worden sei, Kleidungsstücke in ein Kisterl zu legen, dies aber abgelehnt habe. Nach dem Tagesbericht vom 9. 7. 1999 habe er eine Gatekontrolle, für die er eingeteilt gewesen sei, nicht durchgeführt.
Zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem Sachbearbeiter der Sicherheitsdirektion wurden wegen des Schreibens der Beklagten mehrere Telefongespräche geführt, wobei sich der Geschäftsführer danach erkundigte, ob die übersendeten Unterlagen ausreichend seien.
Schließlich hat die Sicherheitsdirektion auf Grund des Schreibens der Beklagten und der vorgelegten Berichte die Einverständniserklärung unter Hinweis auf die in den Tagesberichten dokumentierten Fehlleistungen widerrufen, ohne den Kläger vorher zu hören. Vorher war noch nie eine Einverständniserklärung widerrufen worden.
Hierauf wurde der Kläger entlassen.
Eine Nachschulung des Klägers hatte nach den in den Tagesberichten vom 4. 5. 1998 und vom 6. 5. 1998 dokumentierten Vorfällen nicht stattgefunden.
Der Geschäftsführer der Beklagten hat im Zuge des Verfahrens 8 Cga 174/99 dem Kläger im Beisein des erkennenden Senats erklärt, er werde ihn nicht weiter beschäftigen, sein Dienstantritt komme nicht in Frage.
In rechtlicher Hinsicht leitete das Erstgericht aus Angaben des Geschäftsführers der Beklagten in seiner Parteiaussage ab, dass Anlass für die Entlassung in Wahrheit der Umstand gewesen sei, dass der Geschäftsführer den Kläger wegen fehlerhafter Arbeitsweise als Sicherheitsrisiko empfunden habe. Dieser Umstand sei aber erst mit beträchtlicher Verzögerung zum Anlass für die Entlassung genommen worden, die daher verspätet sei.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, allerdings mit der Maßgabe, dass der Urteilsspruch nunmehr dahin formuliert wurde, dass die Entlassung des Klägers "für rechtsunwirksam erklärt" wird.
Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen aus denen es den Schluss zog, dass die Einschaltung der Sicherheitsdirektion zum Widerruf der Einverständniserklärung durch die Beklagte "offenbar eine geplante Aktion war, um den Kläger aufgrund der erfolgten Entziehung entlassen zu können. Zudem wies es daraufhin, dass nach den Angaben des Geschäftsführers der Beklagten (gemeint offenbar: nach den Angaben des Beklagtenvertreters) die Zustimmung des Sicherheitsdirektors zur Beschäftigung des Klägers bereits am 7. 9. 2000 nicht mehr vorgelegen sei, sodass die erst am 3. 5. 2001 ausgesprochene Entlassung verspätet und rechtsunwirksam gewesen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionswerberin ist zunächst darin beizupflichten, dass die Ausführungen der Vorinstanzen, mit denen sie ihre Entscheidungen in rechtlicher Hinsicht begründet haben, das erzielte Ergebnis nicht tragen. Beide Instanzen haben nämlich im Rahmen ihrer jeweiligen rechtlichen Beurteilungen des Sachverhaltes die Anfechtbarkeit der Entlassung damit begründet, dass die Entlassung verspätet erfolgt sei.
Außerhalb der hier nicht gegebenen Fälle des gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten besonderen Bestandschutzes ist auch die unberechtigte Entlassung wirksam. Sie beendet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung, löst allerdings Schadenersatzansprüche des unberechtigt entlassenen Arbeitnehmers aus (RIS-Justiz RS0031773; SZ 59/97; ArbSlg 10.873; 8 ObA 217/97p; Kuderna, Entlassungsrecht 30 mwN). Dies gilt auch dann, wenn die Entlassung mangels unverzüglicher Ausübung des Entlassungsrechtes nicht berechtigt ist, sodass der Hinweis der Vorinstanzen auf die Verspätung der Entlassung für sich allein ungeeignet ist, die von ihnen angenommene Anfechtbarkeit der Entlassung zu begründen.
Außerdem sind die Ausführungen der Vorinstanzen zur Verspätung der Entlassung (die im Übrigen vom Kläger gar nicht geltend gemacht wurde) auch inhaltlich unzutreffend: Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger und in ihrem Prozessvorbringen die Entlassung mit dem Widerruf der Einverständniserklärung durch die Sicherheitsdirektion begründet, der aber nach den erstgerichtlichen Feststellungen, die das Berufungsgericht übernommen hat, erst mit Schreiben der Sicherheitsdirektion vom 25. 4. 2001 erfolgte und nach dem insoweit unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten erst am Tag vor der Entlassung an diese zugestellt wurde. Dass - wie das Berufungsgericht ausführt - der Geschäftsführer der Beklagten (richtig: der Beklagtenvertreter) schon anlässlich der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils im Vorprozess (also Monate vor der Entlassung) behauptet habe, die Einverständniserklärung liege nicht vor, kann daran nichts ändern, weil diese Erklärung nach dem festgestellten Sachverhalt zum damaligen Zeitpunkt unzutreffend war.
Der Kläger hat die Anfechtung der Entlassung auch gar nicht mit deren Verspätung begründet, sondern geltend gemacht, dass sie der Versuche sei, die erfolgreiche Anfechtung der ihr vorangegangenen Motivkündigungen ohne sachliche Rechtfertigung zu umgehen. Damit ficht er die Entlassung iSd § 106 Abs 2 ArbVG iVm § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG an, indem er inhaltlich geltend macht, dass das Arbeitsverhältnis von der Beklagten unberechtigt und in Weiterverfolgung des schon den Motivkündigungen zugrunde liegenden verpönten Motivs beendet worden sei.
Gemäß § 106 Abs 2 ArbVG kann die Entlassung bei Gericht angefochten werden, wenn ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 105 Abs 3 ArbVG vorliegt und der betreffende Arbeitnehmer keinen Entlassungsgrund gesetzt hat. Demgemäß ist in einem Anfechtungsverfahren nach § 106 ArbVG zunächst zu prüfen, ob ein Entlassungsgrund vorliegt. Wird diese Frage bejaht, kommt es auf die geltend gemachten Anfechtungsgründe überhaupt nicht mehr an. Wird das Vorliegen eines Entlassungsgrundes verneint, hat das Verfahren nach denselben Grundsätzen und mit denselben Beurteilungskriterien stattzufinden wie bei einer Kündigungsanfechtung (Arb 11.340 uva; zuletzt etwa 9 ObA 193/00y).
Der Entlassungsgrund der Arbeitsunfähigkeit iSd § 82 lit b GewO 1859 liegt vor, "wenn der Arbeitnehmer zu der mit ihm vereinbarten Arbeit unfähig befunden wird". Der Arbeiter muss also zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung gänzlich unfähig und daher schlechthin unverwendbar sein. Eine solche Unfähigkeit zur Erbringung der vereinbarten Dienste kann bei einem Arbeitnehmer, der für seine Tätigkeit eine bestimmte Berechtigung braucht, auch dann eintreten, wenn er diese Berechtigung verliert (vgl etwa die Rechtsprechung zur Dienstunfähigkeit wegen Verlustes des Führerscheins - Arb 10.108 uva; zuletzt etwa 9 ObA 120/02s).
Nun macht aber der Kläger geltend, dass es die Beklagte selbst war, die durch Behauptung unrichtiger Tatsachen und mit dem Vorsatz, das Urteil im Vorprozess zu umgehen, den Widerruf der Einverständniserklärung und damit die Dienstunfähigkeit des Klägers herbeigeführt hat. Sollte dies zutreffen, wäre die Entlassung tatsächlich nicht berechtigt. Unter dieser Voraussetzung wäre nämlich das Verhalten der Beklagten grob treu- und (als Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers) auch rechtswidrig, sodass es ihr verwehrt wäre, sich auf ihr treu- und rechtswidriges Verhalten zu ihrem Vorteil und zum Nachteil des Klägers zu berufen. Dies ergibt sich aus dem allgemeinen (natürlichen) Rechtsgrundsatz, dass sich niemand durch eigenes arglistiges bzw unredliches Verhalten Rechtsvorteile verschaffen darf (SZ 47/104; RIS-Justiz RS0016433; F. Bydlinski im Rummel³ Rz 13 zu § 7; vgl dazu etwa auch den in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsatz, dass im Falle der vorsätzlichen Vereitelung des Eintritts einer Bedingung durch den, zu dessen Nachteil er gereichen würde, der Bedingungseintritt zu fingieren ist - für alle: Rummel in Rummel³ Rz 7 zu § 879; RIS-Justiz RS0012728; zuletzt etwa 8 ObA 145/02k). Der Beklagten wäre es demgemäß verwehrt, die Entlassung mit der Unfähigkeit des Klägers zur vereinbarten Arbeitsleistung zu begründen, die sie - jedenfalls nach dem Vorbringen des Klägers - vorsätzlich und rechtswidrig nur zur Ermöglichung der Entlassung herbeigeführt hat. Trifft daher der Prozessstandpunkt des Klägers zu, wäre daher die Entlassung unberechtigt erfolgt; außerdem wäre damit auch klar, dass die Entlassung aus einem verpönten Motiv erfolgte, weil die Absicht, das Urteil des Vorprozesses durch Entlassung des Klägers zu umgehen, in Wahrheit die Weiterverfolgung des den erfolgreich angefochtenen Motivkündigungen zugrunde liegenden Motivs bedeutet.
Strittig ist in diesem Zusammenhang vor allem die Frage, ob die Vorwürfe der Beklagten, die sie im Schreiben an die Sicherheitsdirektion erhoben hat und die letztlich zum Widerruf der Einverständniserklärung führten, zutreffend waren oder nicht. Das Erstgericht gibt insofern in seinen Feststellungen die Tagesberichte wieder, äußert im Rahmen seiner Beweiswürdigung Bedenken gegen diese im Vorprozess nicht vorgelegten Berichte, enthält sich aber klarer Aussagen, ob es die im Schreiben behaupteten Sachverhalte als erwiesen annimmt oder nicht.
Der Kläger hat dazu bereits in erster Instanz geltend gemacht, dass die Behauptungen über die fehlerhafte Arbeitsweise des Klägers bereits Gegenstand des Verfahrens 8 Cga 174/99z gewesen und dort abschließend abgehandelt worden seien (S 1f in ON 14). Damit hat er die Frage aufgeworfen, inwieweit die im Vorprozess getroffene Feststellung, der Kläger habe seine Arbeit - von einer im vorliegenden Fall gar nicht geltend gemachten Beanstandung abgesehen - korrekt, unbeanstandet und ohne Beschwerden versehen, für den vorliegenden Rechtsstreit, in dem die Beurteilung der Arbeit des Klägers abermals (mit-)entscheidend ist, von bindender Wirkung ist.
Die Rechtsprechung bejaht die Bindungswirkung einer Vorentscheidung, wenn sowohl die Identität der Parteien als auch des rechtserzeugenden Sachverhalts (verbunden mit notwendig gleicher Qualifikation) gegeben sind, aber anstelle der inhaltlichen und wörtlichen Identität der Begehren ein im Gesetz gegründeter Sachzusammenhang zwischen beiden Begehren besteht. Ein solcher ist anzunehmen, wenn die Entscheidung über den neuen Anspruch vom Inhalt der bereits rechtskräftig entschiedenen Streitsache abhängig ist (Präjudizialität der rechtskräftigen Entscheidung) oder wenn das Begehren das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entschiedenen Anspruchs bedeutet (SZ 68/103; SZ 68/2 = JBl 1995, 458 [Oberhammer]; EvBl 2000/80; 4 Ob 71/01x ua; vgl Fasching, Lehrbuch2 Rz 1518).
Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen hat, sind Entscheidungselemente, wie die Tatsachenfeststellungen, für sich allein (isoliert) nicht rechtskraftfähig (RdW 1996, 475 = ecolex 1996, 600; JBl 1995, 458; 4 Ob 71/01x; Fasching, LB2 Rz 1520; Rechberger in Rechberger, ZPO² Rz 10 zu § 411). Auf die Entscheidungsgründe und damit die Tatsachenfeststellungen erstreckt sich die materielle Rechtskraft aber (jedenfalls) so weit, als diese der Individualisierung des Urteilsspruchs dienen (verst Senat SZ 70/60 mwN; NZ 1998, 242; 4 Ob 71/01x), genauer: als diese zur Individualisierung des Spruchs der Entscheidung notwendig und damit entscheidungswesentlich sind (EvBl 1999/16; EvBl 2000/80; 4 Ob 71/01x).
Gegenstand des hier zu beurteilenden Verfahrens ist die Behauptung des Klägers, die Entlassung sei der Versuch, das rechtskräftige Ergebnis des Vorprozesses, nämlich die erfolgreiche Anfechtung der ausgesprochenen Motivkündigungen, zu umgehen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist daher auch die Beurteilung des rechtskräftigen Urteils des Vorprozesses. Bei dieser Beurteilung muss die Rechtskraft dieses Urteils beachtet werden, die sich - wie ausgeführt - auch auf die Tatsachenfeststellungen erstreckt, so weit diese zur Individualisierung des Spruchs der Entscheidung notwendig und damit entscheidungswesentlich sind. Da Gegenstand des Vorprozesses die Frage war, ob die Kündigungen aus einem verpönten Motiv erfolgten, kommt daher den Tatsachenfeststellungen über die der Kündigung zugrunde liegenden Beweggründe der Beklagten bindende Wirkung zu, wobei sich diese Bindung wegen des untrennbaren Zusammenhangs nicht nur auf die Feststellungen über das Bestehen eines verpönten Motivs sondern auch auf jene über das Nichtbestehen des von der Beklagten behaupteten Motivs beziehen muss. Damit kommt aber auch der Feststellung bindende Wirkung zu, dass der Kläger korrekt, unbeanstandet und ohne Beschwerden gearbeitet hat. Dies erscheint auch sachgerecht, weil es in der Tat eine unerträgliche Umgehung der Rechtskraft des Vorprozesses bedeuten würde, wenn die Beklagte, die mit ihren Behauptungen im Vorprozess rechtskräftig unterlegen ist, mit denselben Behauptungen die Annahme der Dienstunfähigkeit des Klägers herbeiführen und in Verteidigung ihres Verhaltens neuerlich eine Beweisaufnahme über ihr bereits einmal nicht als erwiesen angenommenes Vorbringen erzwingen könnte.
Da somit die Feststellung über die unbeanstandete und korrekte Arbeitsweise des Klägers bindend ist und der Beklagten der von ihr schon im Vorprozess geführte, aber misslungene Beweis, der Kläger habe mangelhaft gearbeitet, nicht abermals offen steht, sind ergänzende Feststellungen zu dieser Frage nicht erforderlich. Vielmehr ist schon aufgrund der Ergebnisse des Vorprozess davon auszugehen, dass der im Schreiben der Beklagten an die Sicherheitsdirektion vorgebrachte Sachverhalt unzutreffend ist. Dazu kommt, dass zum Zeitpunkt, in dem die Beklagte das Schreiben an die Sicherheitsdirektion verfasste, bereits ein (wenn auch noch nicht rechtskräftiges) erstinstanzliche Urteil vorlag, in dem festgestellt wurde, dass die Behauptungen über eine mangelhafte Arbeitsleistung des Klägers unrichtig waren. Da Umstände, aus denen geschlossen werden könnte, dass die Beklagte dessen ungeachtet berechtigten Grund zur Annahme hatte, die von ihr erhobenen Vorwürfe seien wahr, gar nicht behauptet wurden, ist daher davon auszugehen, dass die Beklagte mit ihrem Schreiben schuldhaft den Widerruf der Zustimmung zur Beschäftigung des Klägers bewirkt und damit den von ihr geltend gemachten Entlassungsgrund herbeigeführt hat. Vor allem im Hinblick auf den Umstand, dass die Beklagte ihr Schreiben mit der (ausdrücklich nicht gebilligten) Notwendigkeit begründete, den Kläger trotz der ausgesprochenen Kündigungen weiterzubeschäftigen, ergibt sich daraus überdies zwingend, dass sie in der Absicht handelte, trotz der erfolgreichen Anfechtung der von ihr ausgesprochenen Kündigungen die Weiterbeschäftigung des Klägers zu verhindern.
Damit erweist sich aber aus den oben angeführten rechtlichen Überlegungen die Anfechtung der Entlassung als berechtigt.
Die Anfechtung der Entlassung iSd § 106 Abs 2 ArbVG hat mittels Rechtsgestaltungsklage zu erfolgen, die auf Aufhebung der Entlassung zu richten ist (RIS-Justiz RS0029457; RdW 1993, 294). Dem entspricht auch das Klagebegehren des Klägers. Dass sich das Erstgericht bei seiner dem Klagebegehren stattgebenden Entscheidung im Ausdruck vergriffen hat und (feststellend) ausgesprochen hat, dass die Entlassung rechtsunwirksam ist, kann dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen. Das Berufungsgericht hat daher dem Urteilsspruch in seiner bestätigenden Entscheidung zu Recht die richtige (und dem Begehren des Klägers entsprechende) Fassung gegeben.
Trotz der Bezeichnung als "Teilurteil" ist das erstgerichtliche Urteil, das sich ausschließlich auf eines der verbundenen Verfahren, nämlich auf das Verfahren 8 Cga 82/01a, bezieht und dieses endgültig erledigt, ein Endurteil. Es ist daher abschließend über die dieses Verfahren betreffenden Kosten - ein Kostenersatz findet gemäß § 58 ASGG nur in dritter Instanz statt - zu entscheiden. Inhaltlich gründet sich die Kostenentscheidung auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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