OGH 9ObA135/89 (RS0045935)

OGH9ObA135/8923.1.2024

Rechtssatz

In erster Linie kommen als Befangenheitsgründe private persönliche Beziehungen zu einer der Prozessparteien oder zu ihren Vertretern in Betracht, die ein Naheverhältnis begründen, das bei objektiver Betrachtung zumindest geeignet ist, den Anschein einer Voreingenommenheit zu begründen. Auch ein Naheverhältnis zu Zeugen kann jedoch eine Befangenheit begründen, zumal bei widersprüchigen Beweisergebnissen das Beurteilungsvermögen des Richters im Rahmen der Beweiswürdigung hiedurch beeinflusst werden kann beziehungsweise zumindest der Anschein bestehen könnte, dass die Beweiswürdigung des Richters durch ein solches Naheverhältnis und darin begründete emotionale Komponenten mitbestimmt wird.

Normen

JN §19
RDG §115
StPO idF BGBl I 2004/19 §43 Abs1 Z3
StPO idF Strafprozessreformgesetz (ab 2008) §43
StPO idF BGBl I 2004/19 §47 Abs1 Z3
StPO §72
StPO idF BGBl I 2004/19 §126 Abs4

9 ObA 135/89OGH24.05.1989

Veröff: JBl 1990,122

4 N 523/95OGH18.09.1995

Auch; nur: In erster Linie kommen als Befangenheitsgründe private persönliche Beziehungen zu einer der Prozessparteien oder zu ihren Vertretern in Betracht. (T1)<br/>Beisatz: Freundschaftliche Kontakte zwischen einem Hofrat des Obersten Gerichtshofes, der als Berichterstatter in dieser Rechtssache zuständig gewesen wäre, und dem Kläger, sind ein zureichender Befangenheitsgrund im Sinne des § 19 Z 2 JN. (T2)

3 N 504/98OGH23.02.1998

nur: In erster Linie kommen als Befangenheitsgründe private persönliche Beziehungen zu einer der Prozessparteien oder zu ihren Vertretern in Betracht, die ein Naheverhältnis begründen, das bei objektiver Betrachtung zumindest geeignet ist, den Anschein einer Voreingenommenheit zu begründen. (T3)

1 N 505/99OGH23.02.1999

Vgl auch; nur T1; Beisatz: In privaten persönlichen Beziehungen eines nach der Geschäftsverteilung zur Entscheidung berufenen Richters zum Vertreter einer Prozesspartei ist ganz allgemein ein Befangenheitsgrund zu erblicken. (T4)

1 N 502/00OGH22.02.2000

nur T 3; Beisatz: Hier: Mehrjährige Bekanntschaft mit Antragsgegner. (T5)

1 N 511/01OGH26.06.2001

Auch; Beisatz: Hier wird der Rechtsmittelwerber von jenen Rechtsanwälten vertreten, die kürzlich in einem Rechtsstreit namens des befangenen Richters eingeschritten sind. (T6)

4 Ob 108/01pOGH14.05.2001

Beisatz: Das gemeinsame Singen von Richtern in einem Chor, dem - neben anderen Kollegen - auch ein Richter angehört, der in einem Verfahren als Zeuge über dienstliche Wahrnehmungen ausgesagt hat, begründet für sich allein jedoch noch keinen Anschein, das Beurteilungsvermögen der übrigen Richter, die ebenfalls Chormitglieder sind, könnte im Rahmen einer Beweiswürdigung beeinträchtigt sein. (T7)

13 Ns 22/02OGH06.11.2002

Auch; Beisatz: Hier: Langjährige persönliche Bekanntschaft zu einem Richter, welcher nunmehr Disziplinarbeschuldigter ist. (T8)

7 Nc 109/02kOGH30.10.2002

Vgl auch; Beisatz: Hier: Langjährige Freundschaft sämtlicher Mitglieder des zuständigen Senates des Obersten Gerichtshofes mit dem Rechtsmittelwerber. (T9)

13 Ns 9/03OGH14.05.2003

Auch; Beis wie T8

13 Ns 8/03OGH14.05.2003

Auch; Beisatz: Hier: Fortlaufende persönliche Kontakte, die über ein bloß dienstliches Begegnungsverhältnis hinausgehen, sind geeignet, die volle Unbefangenheit des Mitglieds des Disziplinarsenates in Zweifel zu setzen. (T10)

11 Os 46/03OGH13.05.2003

Vgl; Beisatz: Hier: Die bloße (in der Berufsausübung gelegene) Bekanntschaft der gemäß § 28 Abs 1 JGG qualifizierten Laienrichterin mit einem wegen der Mitwirkung an den dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegten Straftaten bereits rechtskräftig Abgeurteilten vermag bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler ohne eigene Interessen nicht einmal den Anschein erwecken, diese Schöffin würde an die ihr zukommende Entscheidungstätigkeit nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit, somit ohne Hemmung durch sachfremde psychologische Motive vor streng aequidistanter Bewertung herantreten. (T11)

6 Ob 235/05kOGH03.11.2005

Vgl auch; Beisatz: Bei einer nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmenden Prüfung (objectiv test) ist entscheidend, ob feststellbare Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters begründen. (T12)<br/>Beisatz: Hier: Weder die Veröffentlichung einer Rechtsmeinung selbst noch auch eine Bezugnahme darauf geben für sich allein begründeten Anlass für die Befürchtung einer Voreingenommenheit, solange nicht weitere Umstände vorliegen, denen entnommen werden könnte, dass der Verfasser nicht bereit wäre, gegebenenfalls seine Meinung neuerlich zu überprüfen. (T13)

6 Ob 236/05gOGH15.12.2005

Vgl auch; Beis wie T12, Beis wie T13

6 Ob 232/05vOGH15.12.2005

Vgl auch; Beis wie T12; Beis wie T13

8 Nc 9/06zOGH31.05.2006

nur T3

8 Nc 21/06iOGH23.11.2006

nur T3

8 Nc 28/06vOGH31.01.2007

nur T3

9 Nc 20/08bOGH20.11.2008

Auch; nur T1

9 Nc 16/09sOGH26.08.2009

Vgl auch; nur T3; Beisatz: Hier: Langjährige Freundschaft eines Senatsmitglieds zu den Klägern. (T14)

7 Ob 154/10pOGH29.09.2010

Vgl

9 Nc 15/11xOGH29.08.2011

Vgl

9 ObA 6/12sOGH27.02.2012

Auch; nur T3

9 Nc 9/12sOGH05.04.2012

Vgl auch; nur T3

9 Nc 17/12tOGH23.05.2012

Vgl auch; nur T3

9 Nc 40/12zOGH17.12.2012

nur T3; Beis wie T13; Beisatz: Regelmäßig kann alleine in dem oft aufgrund der gemeinsamen Aus‑ und oft auch Fortbildung bestehenden freundschaftlich kollegialen Kontakt zwischen Richtern und Privatgutachten erstattenden Universitätsprofessoren kein Befangenheitsgrund gesehen werden, außer der Richter erklärt sich selbst für befangen. (T15)

12 Ns 17/13sOGH11.04.2013

Vgl auch; Beisatz: Hier: § 43 Abs 1 Z 3 StPO (idF Strafprozessreformgesetz (ab 2008). (T16)

7 Nc 24/13hOGH11.12.2013
Ds 3/14OGH29.09.2014

Vgl; Beisatz: Der Umstand, dass der Richter eines nachgeordneten Landesgerichts Zeuge von Ereignissen war, die Gegenstand von Anschuldigungen in einer Disziplinarsache eines (anderen) Richters sind, begründet aber bei der von Richtern allgemein zu erwartenden Fähigkeit zu unvoreingenommener Entscheidungsfindung allein noch keinen ausreichenden Grund, die Unbefangenheit des Oberlandesgerichts zu bezweifeln. (T17)

8 Nc 14/15yOGH24.03.2015

Auch; nur T3

8 Nc 27/15kOGH27.05.2015

Auch; nur T3

15 Os 147/14bOGH22.07.2015

Auch; Beisatz: Die im Erkenntnis des VfGH vom 10. März 2015, G 180/2014, Rz 39, genannte Konstellation (Erkundungsbeweisführung des Sachverständigen im Ermittlungsverfahren und primär auf das Gutachten gestützte Feststellung entscheidender Tatsachen durch das Gericht) erfasst die Fälle von auf Art 6 Abs 3 lit d EMRK gegründeter Befangenheit nicht abschließend. Vielmehr können im Einzelfall auch andere aus der Tätigkeit des Sachverständigen im Ermittlungsverfahren resultierende Gründe dessen Befangenheit bewirken, so etwa, wenn der Sachverständige im Rahmen seiner Tätigkeit ein besonderes Naheverhältnis zu Vertretern der auftraggebenden Staatsanwaltschaft entwickelt hat, das an seiner Unparteilichkeit zweifeln lässt. (T18)

9 ObA 139/15dOGH26.11.2015

Auch; nur T3

Ds 5/16OGH22.09.2016

Vgl auch; Beisatz: Der Umstand, dass der Beschuldigte – hier ohnehin nur bis zu seiner mehrere Jahre zurückliegenden anderweitigen Zuteilung – im Sprengel des Oberlandesgerichts tätig war, bildet bei der von Richtern allgemein zu erwartenden Fähigkeit zu unvoreingenommener Verfahrensführung und Entscheidungsfindung allein noch keinen ausreichenden Grund, die Unbefangenheit des Oberlandesgerichts zu bezweifeln. (T19)

11 Os 128/16gOGH14.02.2017

Auch; Beisatz: Hier: Schriftverkehr zwischen Staatsanwalt und Vorsitzender über den Anklagevorwurf (dessen in Aussicht genommene Modifikation); Naheverhältnis verneint. (T20)

8 Nc 14/17aOGH15.05.2017

Auch

8 Nc 38/17fOGH28.09.2017

Auch; nur T3; Beisatz: Auch ein Naheverhältnis des Richters zu einem Zeugen oder zu einer Person, die zu einer der Verfahrensparteien eine eindeutige Nahebeziehung aufweist und mit dem Verfahren befasst ist oder war, ist zur Begründung einer Befangenheit geeignet. (T21)

2 Dg 1/20wOGH03.09.2020

nur: In erster Linie kommen als Befangenheitsgründe private persönliche Beziehungen zu einer der Prozessparteien oder zu ihren Vertretern in Betracht. (T22)

12 Ns 148/20sOGH10.12.2020

Vgl

4 Ob 149/21xOGH23.11.2021
6 Ob 189/21vOGH15.11.2021

Vgl; nur T3; Beis wie T12

2 Nc 35/21aOGH27.01.2022
2 Nc 21/22vOGH11.05.2022
1 Ob 144/22sOGH22.11.2022

Beis wie T21

1 Ob 189/23kOGH23.01.2024

vgl; Beisatz: hier: Amtshaftung wegen unterlassener Selbstmeldung; (T23)

Dokumentnummer

JJR_19890524_OGH0002_009OBA00135_8900000_001