OGH 2Nc35/21a

OGH2Nc35/21a27.1.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé, und die Hofräte Dr. Parzmayr und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Firmenbuchsache der W* GmbH, *, mit dem Sitz in *, wegen Zwangsstrafen nach § 283 UGB, aufgrund des Ablehnungsantrags der Gesellschaft und des alleinvertretungsbefugten Geschäftsführers DI (FH) H*, beide vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in Bregenz, vom 25. November 2021 im Revisionsrekursverfahren *, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020NC00035.21A.0127.000

 

Spruch:

Der Ablehnungsantrag wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Für die Behandlung des im Spruch genannten Rechtsmittels ist nach der Geschäftsverteilung der * Senat des Obersten Gerichtshofs zuständig. Die Hofräte * und * sind Mitglieder dieses Senats.

[2] Mit Schriftsatz vom25. November 2021 lehnten die Einschreiter den * Senat insgesamt, insbesondere aber dessen Mitglieder * und * aufgrund des Beschlusses vom 14. September 2021, *, *, als befangen ab, zusammengefasst weil dort in vergleichbarer Situation eine Vorlagepflicht an den EuGH unvertretbar verneint worden sei und ein Mitglied des Senats literarisch bereits seine Rechtsmeinung zu den entscheidenden Rechtsfragen veröffentlicht habe.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Befangenheitsanzeige ist nicht begründet.

[4] 1. Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn bei objektiver Betrachtung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, wenn also eine Hemmung zu unparteiischer Entscheidung durch sachfremde psychologische Motive gegeben ist.

[5] 2. Zwar ist eine unzulässige indifferente Pauschalablehnung dann nicht gegeben, wenn – wie hier – dem Antrag zu entnehmen ist, dass bei jedem einzelnen Richter im Wesentlichen dieselben Ablehnungsgründe vorliegen (RS0045983 [T11]). Nach ständiger Rechtsprechung kommen aber als Befangenheitsgründe in erster Linie private persönliche Beziehungen zu einer der Prozessparteien oder zu ihren Vertretern in Betracht, die ein Naheverhältnis begründen, das bei objektiver Betrachtung zumindest geeignet ist, den Anschein einer Voreingenommenheit zu erwecken (RS0045935), weil es bei der Befangenheit um unsachliche psychologische Motive geht, die eine unparteiische Entscheidung hemmen können (RS0045975).

[6] 3. Dagegen bildet weder die (angebliche) Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung noch das Vertreten einer bestimmten Rechtsmeinung durch den Richter einen Ablehnungsgrund selbst dann, wenn die Rechtsansicht von der herrschenden Rechtsprechung abgelehnt wird. Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen sind nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen. Auch ist es nicht Aufgabe des Ablehnungssenats, die Rechtmäßigkeit der von anderen Senaten vertretenen Rechtsansichten zu überprüfen (RS0111290 [T13 und T14]).

[7] 4. Auch die Veröffentlichung einer Rechtsmeinung oder die Bezugnahme darauf geben für sich allein keinen begründeten Anlass für die Befürchtung einer Voreingenommenheit, solange nicht weitere Umstände vorliegen, denen entnommen werden könnte, dass der Verfasser nicht bereit wäre, gegebenenfalls seine Meinung neuerlich zu überprüfen (RS0111290 [T6]).

Stichworte