European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0080NC00027.15K.0527.000
Spruch:
Die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. W*****, Dr. E***** und Dr. G***** sind im Verfahren über den Revisionsrekurs zu AZ ***** befangen.
Text
Begründung
Für das im Spruch genannte Verfahren, das dem Obersten Gerichtshof mit einem ordentlichen Revisionsrekurs vorgelegt wurde, ist nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs der 2. Senat zuständig. Dessen Mitglieder, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. W*****, Dr. E***** und Dr. G*****, haben ihre Befangenheit angezeigt.
Der Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. W***** gibt an, ihn verbinde mit der Klägerin (einer Richterin des Oberlandesgerichts Wien) seit vielen Jahren ein über bloße kollegiale Beziehungen hinausgehendes freundschaftliches Verhältnis; aus Gesprächen mit ihr seien ihm auch Gegenstand und Hintergründe des anhängigen Verfahrens geläufig. Die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. E***** weist darauf hin, dass sie die Klägerin seit ihrer gemeinsamen Richteramtsanwärterzeit kenne und ihr seither kollegial-freundschaftlich verbunden sei. Überdies seien beide etwa ein Jahr im selben Senat beim Oberlandesgericht Wien tätig gewesen. Sie fühle sich daher nicht in der Lage, in der Angelegenheit der Klägerin unparteiisch zu entscheiden. Der Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. G***** erklärt in seiner Befangenheitsanzeige, er kenne die Klägerin seit seiner Tätigkeit am Oberlandesgericht Wien ab April 2003. Er sei mit ihr „per Du“ und sehe sie mehrmals wöchentlich in der Caféteria des Justizpalastes beim ‑ manchmal gemeinsam eingenommenen ‑ Mittagessen. Wenngleich er sich nicht befangen fühle, könne daher der Anschein entstehen, er lasse sich bei der zu fällenden Entscheidung nicht ausschließlich von sachlichen Kriterien leiten.
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung kommen als Befangenheitsgründe private persönliche Beziehungen zu einer der Prozessparteien oder ihren Vertretern in Betracht, die ein Naheverhältnis begründen, das bei objektiver Betrachtung zumindest geeignet ist, den Anschein einer Voreingenommenheit zu begründen (8 Nc 9/06z mwN). Für das Vorliegen einer Befangenheit genügt auch deren Anschein, wenn konkrete Umstände dargetan werden, die geeignet sind, aus der Sicht eines objektiven Beurteilers die volle Unbefangenheit des betreffenden Richters aus persönlichen Gründen in Zweifel zu ziehen (RIS‑Justiz RS0096914, RS0096880).
Vor diesem Hintergrund begründen die in den dargestellten Befangenheitsanzeigen aufgezeigten Umstände die Befangenheit der genannten Richter. Dies gilt vor allem für den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. W***** und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. E*****, aber auch für den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. G*****, der mit der Klägerin in einem Naheverhältnis steht, das über bloß kollegialen Kontakt hinausgeht und aus der Sicht eines außenstehenden Betrachters wohl geeignet ist, die volle Unbefangenheit des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. G***** in Zweifel zu ziehen.
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