Rechtssatz
Der gleiche Streitgegenstand liegt nur vor, wenn der in der neuen Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch sowohl hinsichtlich des Begehrens als auch des rechtserzeugenden Sachverhaltes, also des Klagsgrundes, ident ist mit jenem des Vorprozesses.
Streitgegenstand — Anspruch — Identität
8 Ob 565/76 | OGH | 19.01.1977 |
Beisatz: Keine Identität einer Beitragsschuld an den Sozialversicherungsträger für den Monat Oktober mit einer solchen für den Monat November. (T1) |
4 Ob 334/79 | OGH | 10.04.1979 |
Veröff: ÖBl 1980,24 |
6 Ob 618/81 | OGH | 13.01.1983 |
Auch; Beisatz: Wenn also in Ansehung eines bücherlichen Rechtes aus einem gegebenen Rechtsgrund nur noch die Einwilligung des Buchberechtigten zu erteilen ist, muss zwischen einer Klage mit dem Begehren auf Unterfertigung einer Urkunde über die Zustimmungserklärung und einer Klage mit dem Begehren auf unmittelbare Abgabe derselben Erklärung Identität des Streitgegenstandes angenommen werden, wobei der Unterschied der Form auch am prozessualen Wesen der den Streitgegenstand bildenden Erklärung nichts ändert. (T2) |
9 ObA 14/87 | OGH | 21.10.1987 |
Beisatz: Keine Identität, wenn die Individualisierungselemente des Anspruches durch neues Vorbringen geändert oder zumindest ergänzt wurden (§ 48 ASGG). (T3) |
10 ObS 252/88 | OGH | 06.12.1988 |
Auch; Beisatz: Keine Identität hinsichtlich des Anspruchs auf Rückersatz einer zu Unrecht bezogenen Leistung nach § 76 Abs 1 GSVG und der Aufrechnung dieser Leistungen nach § 71 Abs 1 Z 2 GSVG durch den Versicherungsträger. (T5) |
10 ObS 183/91 | OGH | 22.10.1991 |
Beisatz: Werden verschiedene Bescheide eines Versicherungsträgers mit Klagen bekämpft, haben diese Klagen nicht denselben Anspruch zum Gegenstand (SSV - NF 4/116). (T6)<br/>Veröff: SSV - NF 5/107 = ZAS 1993/8 S 111 (Windisch - Graetz) |
1 Ob 12/93 | OGH | 20.04.1993 |
Vgl auch; Beisatz: Die Nämlichkeit des Rechtsgrundes ist dann nicht gegeben, wenn der neue Anspruch auf einem anderen Rechtsgrund (Klagegrund) oder neuen rechtserzeugenden Tatsachen beruht. (T7) <br/>Veröff: ZVR 1994/51 S 164 |
4 Ob 563/94 | OGH | 20.09.1994 |
Beisatz: Streitanhängigkeit besteht auch dann, wenn die Begehren nicht gleich sind, sondern ein Begehren das begriffliche Gegenteil des anderen Begehrens ist. (T8) |
8 Ob 557/93 | OGH | 21.12.1995 |
Auch; Beis wie T1<br/>Veröff: SZ 68/248 |
4 Ob 2215/96f | OGH | 12.08.1996 |
Beisatz: Auch bei identen Unterlassungsbegehren liegt daher keine Streitanhängigkeit vor, wenn der Anspruch aus einem anderen Wettbewerbsverstoß abgeleitet wird. (T9) |
4 Ob 2286/96x | OGH | 15.10.1996 |
Beisatz: Keine Streitanhängigkeit zwischen dem Begehren auf Unterlassung der Bildnisveröffentlichung und dem Begehren auf Unterlassung ehrenrühriger und rufschädigender Behauptungen (aufgrund derselben Zeitungsartikel). (T10) |
2 Ob 7/00v | OGH | 20.01.2000 |
Vgl auch; Beisatz: Die Streitanhängigkeit ist dort ausgeschlossen, wo die Identität der rechtserzeugenden Tatsachen nur eine teilweise ist, also beim weiteren Anspruch zu dem im ersten Antrag vorgebrachten Tatsachen weitere rechtserzeugende Tatsachen behauptet werden. (T12)<br/>Beisatz: Hier: Sicherungsantrag. (T13) |
5 Ob 42/00p | OGH | 29.02.2000 |
Auch; Beisatz: Als rechtserzeugender Sachverhalt, über den nur einmal entschieden werden darf, sind jene Tatsachen zu werten, die zur Erfüllung des in Anspruch genommenen materiellrechtlichen Tatbestandes erforderlich sind. Demnach sind, wenn bereits einmal über ein konkretes Rechtsschutzbegehren entschieden wurde, beide Parteien dieses Verfahrens vom Vorbringen neuer anspruchsbegründender beziehungsweise anspruchsvernichtender Tatsachen in einem zweiten Verfahren zum selben Begehren präkludiert, wenn diese Tatsachen schon den im Vorverfahren geltend gemachten Anspruch hätten stützen beziehungsweise abwehren können. (T14) |
5 Ob 240/00f | OGH | 26.09.2000 |
Auch; Beis wie T2; Beisatz: Derselbe Streitgegenstand liegt nur dann vor, wenn sowohl der Entscheidungsantrag (Sachantrag) als auch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen ident sind. (T15)<br/>Beisatz: Das trifft allerdings nur auf Tatsachen zu, die im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt noch nicht vorhanden und keiner verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich waren. (T16) <br/>Beisatz: Die Präklusionswirkung der Rechtskraft schließt nicht nur die neuerliche Entscheidung des gleichen Begehrens aufgrund der gleichen Sachlage aus, sie schließt auch die Geltendmachung des gleichen Begehrens aufgrund von Tatsachen und Erwägungen aus, die bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses vorhanden und der verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich waren, aber infolge Verletzung einer prozessualen Dilingenzpflicht der Parteien, also der ihnen auferlegten Behauptungspflicht und Beweispflicht, nicht zum Gegenstand des Vorprozesses wurden (5 Ob 42/00p; SZ 63/43; SZ 68/12; JBl 1998, 126). (T17)<br/>Beis wie T4 nur: Demnach sind, wenn bereits einmal über ein konkretes Rechtsschutzbegehren entschieden wurde, beide Parteien dieses Verfahrens vom Vorbringen neuer anspruchsbegründender beziehungsweise anspruchsvernichtender Tatsachen in einem zweiten Verfahren zum selben Begehren präkludiert, wenn diese Tatsachen schon den im Vorverfahren geltend gemachten Anspruch hätten stützen beziehungsweise abwehren können. (T18) |
6 Ob 5/02g | OGH | 21.02.2002 |
Auch; Beisatz: Ein auf Zahlung gerichtetes Klagebegehren begründet gegenüber dem mit der später erhobenen Stufenklage verbundenen, noch unbestimmten Zahlungsbegehren, nicht das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit. (T19) |
1 Ob 201/02v | OGH | 13.12.2002 |
Auch; Beis wie T14; Beis wie T17; Beis wie T18 |
8 Ob 252/02w | OGH | 10.04.2003 |
Auch; Beisatz: Es kommt nicht entscheidend auf die Identität des Rechtstitels an, weil das Gericht in einem Prozess nicht über das Privatrechtsverhältnis als solches, sondern über ein aus dem Privatrechtsverhältnis abgeleitetes Begehren entscheidet. (T20)<br/>Veröff: SZ 2003/37 |
6 Ob 157/04p | OGH | 15.12.2004 |
Auch; Beis wie T17; Beis wie T18; Beisatz: Die materielle Rechtskraft und Bindungswirkung des Urteils im Vorprozess schneidet die Geltendmachung von Rechtsgründen ab, die releviert und entschieden wurden oder deren Geltendmachung unterblieben ist (so schon 6 Ob 130/01p). (T21) |
10 ObS 210/03k | OGH | 13.06.2005 |
Beis ähnlich wie T12; Beisatz: Das trifft allerdings nur auf Tatsachen zu, die im maßgebenden Entscheidungszeitpunkt noch nicht vorhanden und keiner verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich waren. (T22) |
5 Ob 6/06b | OGH | 24.01.2006 |
Auch; Beis wie T14; Beis wie T15; Beis wie T17; Beis wie T18 |
4 Ob 118/07t | OGH | 10.07.2007 |
Beisatz: Keine Streitanhängigkeit bei Räumungsklagen wegen Rückständen aus nicht vollständig identen Mietzinsperioden. (T23) |
10 Ob 11/08b | OGH | 01.04.2008 |
Auch; Beisatz: Nach dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff kann von einer Identität des Streitgegenstands nur dann gesprochen werden, wenn sowohl der Entscheidungsantrag (Sachantrag) als auch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen (rechtserzeugender Sachverhalt) dieselben sind. (T24) |
2 Ob 71/07s | OGH | 27.03.2008 |
Auch; Beisatz: Die Identität des Anspruchs, bei der eine neue Klage ausgeschlossen ist, liegt dann vor, wenn der Streitgegenstand der neuen Klage und der Urteilsgegenstand des schon vorliegenden Urteils gleich sind, also sowohl das Begehren inhaltlich dasselbe fordert, was bereits rechtskräftig zuerkannt oder aberkannt wurde, als auch die zur Begründung vorgebrachten Tatsachen den im Prozess festgestellten entsprechen. (T25) |
1 Ob 245/08y | OGH | 30.06.2009 |
Vgl auch; Beisatz: Der idente Streitgegenstand wird nämlich sowohl durch den Entscheidungsantrag, als auch durch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen, über die im Urteil auch entschieden wurde, bestimmt. (T26)<br/>Beisatz: Hier zur Frage der Rechtskraftwirkung eines abweisenden Urteils über eine Teilzahlungsklage mehrerer Kläger für die nochmalige Teilungsklage durch nur einen der damaligen Kläger, den der Abweisungsgrund selbst nicht betraf; Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Streitsache verneint. (T27) |
5 Ob 17/10a | OGH | 11.02.2010 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Präklusion von Vorbringen, das die Antragstellerinnen bereits im Vorverfahren, welches einen identen Sachantrag zum Gegenstand hatte, geltend machen hätten können. (T28)<br/>Bem: Hier: Wohnrechtliches Außerstreitverfahren. (T29) |
4 Ob 41/11z | OGH | 10.05.2011 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Art 8 Vollstreckungsvertrag Österreich ‑ Schweiz. (T30) |
7 Ob 116/11a | OGH | 06.07.2011 |
Beis wie T16; Beis wie T17; Beis wie T18; Beis wie T22; Beis wie T28 |
6 Ob 96/11b | OGH | 14.09.2011 |
Vgl; Beis wie T25; Beisatz: Hier: International entschiedene Rechtssache. (T31) |
8 ObA 62/11t | OGH | 29.09.2011 |
Auch; Beisatz: Die Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft greift bei identem Begehren ein, wenn die rechtlich relevanten Tatsachenbehauptungen im Folgeprozess im Kern dem festgestellten rechtserzeugenden Sachverhalt des rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses entsprechen. Nach ihrer Reichweite erfasst die Einmaligkeitswirkung sich betragsmäßig deckende Ansprüche oder ein quantitatives Minus. Bloße Annahmen zur Berechnung des Anspruchs stehen bei unverändertem Sachverhalt der Einmaligkeitswirkung nicht entgegen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich auf künftige Entwicklungen beziehen, die von einem rechtskräftigen Feststellungsurteil erfasst sind. (T32) |
8 Ob 126/12f | OGH | 27.11.2012 |
Auch; Beis wie T32 nur: Die Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft greift bei identem Begehren ein, wenn die rechtlich relevanten Tatsachenbehauptungen im Folgeprozess im Kern dem festgestellten rechtserzeugenden Sachverhalt des rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses entsprechen. Nach ihrer Reichweite erfasst die Einmaligkeitswirkung sich betragsmäßig deckende Ansprüche oder ein quantitatives Minus. (T33)<br/>Veröff: SZ 2012/129 |
4 Ob 187/12x | OGH | 28.11.2012 |
Vgl auch; Beisatz: Nach Lehre und Rechtsprechung besteht zwischen einer Räumungsklage und einer dasselbe Objekt betreffenden Aufkündigung keine Streitanhängigkeit. Das gilt schon deshalb, weil die Begehren verschiedenartig sind: Die Räumungsklage bezweckt die sofortige Räumung des Bestandobjekts, während die Aufkündigung auf Übergabe des Bestandgegenstands zu einem bestimmten Zeitpunkt abzielt. (T34) |
3 Ob 167/13z | OGH | 29.10.2013 |
Auch; Beisatz: Hier: Unterhaltsklage - Oppositionsklage. (T35) |
4 Ob 86/15y | OGH | 16.06.2015 |
Beis wie T15; Beis wie T25; Beis wie T33; Beisatz: Hier: Zug‑um‑Zug Einrede. (T37) |
3 Ob 51/16w | OGH | 27.04.2016 |
Auch; Beis wie T7; Beis wie T14; Beis wie T18; Beis wie T22; Beis wie T28 |
3 Ob 216/16k | OGH | 29.03.2017 |
Auch; Beisatz: Die Präklusionswirkung der Rechtskraft schließt nicht nur die neuerliche Entscheidung des gleichen Begehrens aufgrund der gleichen Sachlage aus, sondern auch die Geltendmachung des gleichen Begehrens aufgrund von Tatsachen und Erwägungen, die bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses vorhanden und der verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich waren, aber – etwa infolge objektiver (vgl Fasching/Klicka in Fasching/Konecny2 § 411 ZPO Rz 89) Verletzung einer prozessualen Diligenzpflicht der Parteien (also der ihnen auferlegten Behauptungs- und Beweispflicht) – nicht zum Gegenstand des Vorprozesses gemacht wurden. (T38) |
1 Ob 122/19a | OGH | 29.08.2019 |
Beis wie T12; Beis wie T14; Beis wie T16; Beis wie T17; Beis wie T18 |
9 ObA 20/21p | OGH | 29.04.2021 |
Beisatz: Hier: Streitanhängigkeit bejaht: Zwischen dem Streitgegenstand des Manifestationsbegehrens im Verfahren über die Stufenklage und dem des gegenständlichen Begehrens auf Ausstellung und Aushändigung der Gehaltsvergleichsrechnung besteht Identität. (T39) |
10 Ob 25/21f | OGH | 16.11.2021 |
Vgl; Beis wie T8; Beisatz: Zur Identität des Streitgegenstands bei Unterhaltsansprüchen. (T40) |
4 Ob 215/21b | OGH | 16.12.2021 |
vgl; Beisatz: Hier: Keine Streitanhängigkeit des selbständig eingeklagten Anspruchs auf Ersatz vorprozessualer Kosten des Beklagten mit dem Hauptanspruch des Klägers. (T41)<br/>Anm: Veröff: SZ 2021/110 |
2 Ob 237/22z | OGH | 17.01.2023 |
Beisatz: Beim Begehren auf Erlassung eines Übergabsauftrags, mit dem die Übergabe des Bestandobjekts zum vereinbarten Endtermin begehrt wird, und bei jenem einer Räumungsklage, mit der die sofortige Räumung begehrt wird, handelt es sich um verschiedenartige Begehren. (T42) |
8 Ob 95/23p | OGH | 19.10.2023 |
Beisatz: Hier: Eine in Luzern auf häusliche Trennung gestützte Scheidungsklage stellt kein Prozesshindernis im Sinn der Rechtshängigkeit für eine in Österreich auf Verschulden gestützte Scheidungsklage dar. (T45) |
10 Ob 30/23v | OGH | 31.10.2023 |
vgl; Beisatz wie T14; Beisatz wie T24<br/>Beisatz: Hier: Privatverbindlichkeiten versus gesellschaftsbezogene Verbindlichkeiten eines GesbR-Gesellschafters. (T46) |
1 Ob 115/23b | OGH | 23.01.2024 |
vgl; Beisatz wie T26<br/>Beisatz: Hier: Ansprüche nach dem EKHG und AHG; (T47)<br/>Beisatz: Für die Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft ist unerheblich, ein Anspruch Streitgegenstand war, entscheidend ist vielmehr, ob der Anspruch Gegenstand der Sacherledigung (Urteilsgegenstand) war. (T48) |
7 Ob 67/24i | OGH | 22.05.2024 |
Beisatz: Hier: Neuerliches auf Intransparenz und Missbräuchlichkeit der Versicherungsbedingungen gestütztes Begehren auf Zahlung von Vergütungszinsen für Prämien aus einem Lebensversicherungsvertrag, von dem der Kläger bereits wirksam nach § 165a VersVG zurückgetreten ist. (T49) |
Dokumentnummer
JJR_19751029_OGH0002_0010OB00217_7500000_002
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