OGH 5Ob240/00f

OGH5Ob240/00f26.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flossmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. Mag. Ulrike N*****, und 2. Mag. Erwin M*****, beide vertreten durch Dr. Ploil, Dr. Krepp, Dr. Vögel, Dr. Boesch, Rechtsanwälte in 1010 Wien, wider den Antragsgegner Dr. Werner J. P*****, vertreten durch Dr. Hämmerle, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wegen Aufgliederung des Pauschalmietzinses, Festsetzung des angemessenen Mietzinses und Rückzahlung darüberhinaus entrichteter Beträge (§ 37 Abs 1 Z 8, Z 8a und Abs 4 MRG, Streitwert S 251.535,96 sA), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 4. August 2000, GZ 1 R 613/99z-8, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 bis 18 MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Vorliegendenfalls geht es um zwei Hauptmietverträge, die die Antragsteller am 1. 8. 1991 bzw 1. 9. 1991 abgeschlossen haben.

Mit einem ersten Antrag vom 4. 3. 1998 begehrten sie, unter Behauptung der Mietzinshöhe von S 8.700 bzw S 7.600, dass ihre Wohnungen der Kategorie D zuzuordnen seien und dass der höchstzulässige Hauptmietzins daher S 929,06 bzw S 811,80 betrage. Sie begehrten eine Aufspaltung der Pauschalmietzinse, Feststellung des angemessenen (zulässigen) Mietzinses und Rückzahlung des demnach unzulässig eingehobenen Mietzinses für die letzten 36 Monate vor Antragstellung.

Dieses Begehren ist rechtskräftig durch Abweisung infolge Präklusion erledigt (5 Ob 326/99x).

(In diesem Verfahren wurde keine Behauptung aufgestellt, dass nach Abschluss des Hauptmietvertrages es zum Abschluss einer neuen Hauptmietzinsvereinbarung gekommen war, weshalb auf diesen Umstand nicht eingegangen wurde.)

Am 13. 7. 1998 stellten die beiden Antragsteller neuerlich einen Antrag an die Schlichtungsstelle. Die Sachverhaltsbehauptungen waren gleich wie im vorgenannten Antrag. Ebenso die Höhe des vereinbarten Mietzinses und die höchstzulässige Höhe.

Neu hinzu kam das Vorbringen, die Antragsteller hätten am 23. 7. 1996 eine neue Hauptmietzinsvereinbarung abgeschlossen, nämlich die über S

8.700 bzw S 7.600.

Das Begehren ist gleichlautend wie im ersten Antrag auf Aufspaltung des vereinbarten Mietzinses und Festsetzung des angemessenen Mietzinses und Rückzahlung des zu viel eingehobenen Mietzinses, hier allerdings nicht hinsichtlich der letzten 36 Monate vor Antragstellung, sondern seit 1. 8. 1996 bzw 1. 9. 1996, sodass sich die Zeiträume überwiegend mit dem ersten Antrag überschneiden, jedoch nicht zur Gänze.

Im vorliegenden Verfahren haben die Vorinstanzen den Mietzinsüberprüfungsantrag zurückgewiesen, bzw die Zurückweisung bestätigt mit der Begründung, dass entschiedene Sache vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Eine Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO liegt nicht vor, weil sich die Frage des Umfangs der Rechtskraftwirkung der Entscheidung im Vorverfahren mit der zu § 411 ZPO ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs lösen lässt.

Zunächst ist klarzustellen, dass das Inkrafttreten der Bestimmung des § 44 MRG idF der WRN 1999 keine andere Betrachtungsweise ergibt. Nach dieser (mittlerweile außer Kraft getretenen) Bestimmung wurde klargestellt, dass § 16 Abs 8 zweiter bis vierter Satz MRG nicht für Mietzinsvereinbarungen, die vor dem 1. März 1994 geschlossen wurden, gilt. Für am 1. 9. 1999 rechtskräftig beendete Verfahren kommt es auf den Spruch der Entscheidung an. Wurde nur der Antrag auf Prüfung des Mietzinses zu einem bestimmten Zinstermin zurückgewiesen, kann der Antrag auf Mietzinsüberprüfung in vor dem 1. 3. 1994 geschlossenen Vereinbarungen hinsichtlich anderer Zinstermine neuerlich gestellt werden. Entscheidungen ohne Bezug auf einen bestimmten Zinstermin wirken hingegen weiter (vgl Würth/Zingher WohnR 99 Anm 2 zu § 44 MRG). Die Wirkung der rechtskräftigen Entscheidung hängt also vom Umfang der erfolgten Mietzinsüberprüfung und vom Spruch der rechtskräftig gewordenen Entscheidung ab (aus dem AB zu Art II Z 11 WRN 1999; vgl aaO, 120).

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist ein Begehren, für einen bestimmten Zeitraum überhöhte Hauptmietzinse zurückzuzahlen, nicht Antragsinhalt, sondern bloß Anregung an das Gericht, gemäß § 37 Abs 4 MRG vorzugehen. Hinsichtlich der in einer solchen Rückzahlungsanregung genannten Zeiträume tritt also weder eine Bindungs- noch eine Rechtskraftwirkung ein (vgl Würth/Zingher Miet- und WohnR20 Rz 73 zu § 37 MRG mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung ist die rechtskräftige Verneinung eines Anspruchs auf den vom Gericht zur Abweisung herangezogenen Sachverhalt beschränkt, sodass die Geltendmachung eines quantitativ gleichen Anspruch aus einem anderen Sachverhalt möglich bleibt (vgl 3 Ob 25/99; Fasching III, 714). Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass das Begehren der Antragsteller auf Feststellung des zulässigen Hauptmietzinses der Präklusionswirkung des § 16 Abs 8 idF des 3. WÄG unterliegt, weil ihr Hauptmietvertrag im Jahr 1991 abgeschlossen wurde und nicht binnen drei Jahre ab Inkrafttreten der anzuwendenden Bestimmung eine Überprüfung begehrt wurde.

Dem haben die Antragsteller im zweiten Verfahren ein Sachverhaltsvorbringen hinzugefügt, nämlich dass erst am 23. 7. 1996 die zu überprüfende Hauptmietzinsvereinbarung abgeschlossen wurde, weshalb die dreijährige Präklusionsfrist noch nicht abgelaufen sei. Ohne Prüfung des Anspruchs selbst ist daher rechtskräftig entschieden, dass seiner Geltendmachung die Verfristung entgegensteht.

Zwar gilt nach der herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie, dass derselbe Streitgegenstand nur dann vorliegt, wenn sowohl der Entscheidungsantrag (Sachantrag) als auch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen ident sind (SZ 41/113; SZ 59/14; RS0039347; RS0039473 ua). Streitanhängigkeit und Rechtskraft sind dort ausgeschlossen, wo die Identität der rechtserzeugenden Tatsachen nur eine teilweise ist, also beim weiteren Anspruch zusätzliche rechtserzeugende Tatsachen behauptet werden (2 Ob 7/00v). Das trifft allerdings nur auf Tatsachen zu, die im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt noch nicht vorhanden und keiner verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich waren (Fasching III 719). Die Präklusionswirkung der Rechtskraft schließt also nicht nur die neuerliche Entscheidung des gleichen Begehrens aufgrund der gleichen Sachlage aus, sie schließt auch die Geltendmachung des gleichen Begehrens aufgrund von Tatsachen und Erwägungen aus, die bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses vorhanden und der verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich waren, aber infolge Verletzung einer prozessualen Dilingenzpflicht der Parteien, also der ihnen auferlegten Behauptungs- und Beweispflicht, nicht zum Gegenstand des Vorprozesses wurden (Fasching aaO). Demnach sind, wenn bereits einmal über ein konkretes Rechtsschutzbegehren entschieden wurde, beide Parteien dieses Verfahrens vom Vorbringen neuer anspruchsbegründender bzw anspruchsvernichtender Tatsachen in einem zweiten Verfahren zum selben Begehren präkludiert, wenn diese Tatsachen schon den im Vorverfahren geltend gemachten Anspruch hätten stützen oder abwehren können (5 Ob 42/00p; SZ 63/43; SZ 68/12; JBl 1998, 126). Aus diesem Grund hat etwa der erkennende Senat eine neuerliche Hauptmietzinsüberprüfung unter ergänzendem Vorbringen (hinsichtlich der Kategorieeinordnung) wegen des Prozesshindernisses der entschiedenen Sache abgelehnt (5 Ob 42/00p).

Auch hier hätte die Tatsache, dass es um die Feststellung des zulässigen Hauptmietzinses einer erst am 23. 7. 1996 getroffenen Vereinbarung ging, bereits im ersten Verfahren releviert werden können, spätestens nachdem der Antragsgegner die Verfristung des Überprüfungsbegehrens eingewendet hatte.

Über diese bereits von der Rechtsprechung geklärten Fragen hinaus zeigt der Revisionsrekurs keine Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO auf.

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