OGH 2Ob7/00v

OGH2Ob7/00v20.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Egmont H*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. Johann H***** und 2. Theresia H*****, vertreten durch Dr. Robert Müller, Rechtsanwalt in Hainfeld, wegen Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 4. November 1999, GZ 36 R 321/99w-80, womit infolge Rekurses der klagenden und gefährdeten Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 23. September 1999, GZ 7 C 2314/97d-73, zum Teil für nichtig erklärt und zum Teil zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes wird in ihrem Punkt I (teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, des diesbezüglichen Provisorialverfahrens und teilweise Zurückweisung des Provisorialantrags) sowie hinsichtlich der Kostenentscheidung aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Im Übrigen (teilweise Bestätigung des angefochtenen Beschlusses) wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Im Punkt 2 des Urteilsbegehrens der am 13. 11. 1997 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Beklagten für schuldig zu erkennen, die von der auf ihrer Liegenschaft betriebenen Köhlerei herrührende Immission von Rauch, Gasen und Gestank, soweit sie sich über das ortsübliche Maß hinaus auf die Liegenschaft des Klägers erstreckt, zu unterlassen. Er brachte dazu vor, die Beklagten betrieben die Köhlerei im Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes zu dessen Betrieb eine Bewilligung nicht erforderlich sei. Sobald ein Meiler in Gang gesetzt werde, komme es zu einer äußerst starken Rauch- und Rußentwicklung, die die Benutzung der Liegenschaft des Klägers zu Wohnzwecken bei bestimmter Windrichtung beinahe unmöglich mache. Rauch und Geruch führten bei der Familie des Klägers und bei diesem selbst bereits zu gesundheitlichen Beschwerden. Jedenfalls sei die Bewohnbarkeit des Hauses bzw die Benützbarkeit des Gartens wesentlich beeinträchtigt. Die Immissionen überschritten das nach den ortsüblichen Verhältnissen gewöhnliche Maß weit und beeinträchtigten die ortsübliche Benutzung des Grundstückes des Klägers wesentlich.

Mit dem am 1. 4. 1999 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte er zur Sicherung des unter Punkt 2 geltend gemachten Unterlassungsbegehrens die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der den Beklagten ab sofort geboten werden solle, durch Unterlassung des Betriebes von Holzkohlenmeilern auf ihrer Liegenschaft oder durch andere geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, daß der Kläger nicht durch Immissionen von Rauch, Gasen und Gestank beeinträchtigt werde, die von Holzkohlenmeilern auf der Liegenschaft der Beklagten ausgingen.

Er verwies diesbezüglich auf sein bisheriges Vorbringen und brachte weiters vor, es komme auf seinem Grundstück zu Immissionen, die mit großer Wahrscheinlichkeit zu gesundheitlichen Störungen führten. Einzelne Beschwerden seien bereits aufgetreten. Durch die Schadstofferhöhung ergebe sich auch ein deutlich erhöhtes Krebsrisiko und damit die Gefahr einer konkreten Gesundheitsschädigung. Da die Immissionen zu einer konkreten Gesundheitsgefährdung führten, könnten sie nicht ortsüblich werden. Der Beklagte habe am 10. 3. 1999 den ersten Holzkohlenmeiler und 30. 3. 1999 einen zweiten in Brand gesetzt.

Die Beklagten wendeten ein, die Köhlerei bereits seit Anfang der 60iger Jahre im jetzigen Ausmaß zu betreiben. Der Bestand der Köhlerei und deren Umfang seien dem Kläger bei Kauf seiner Liegenschaft bekannt gewesen. Durch den Betrieb der Köhlerei an diesem Standort seit mehr als 30 Jahren sei die Immission ortsüblich geworden. Auf Grund der Einhaltung der Grenzwerte sei keine Gesundheitsgefährdung bzw Unzumutbarkeit gegeben.

Der Kläger bestritt, dass ihm der Umfang der Köhlerei im Zeitpunkt des Kaufes der Liegenschaft bekannt gewesen sei und dieser Umstand Niederschlag im Kaufpreis gefunden habe.

Mit Beschluss vom 19. 4. 1999 wies das Erstgericht den Sicherungsantrag ab.

Das vom Kläger angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Begründung, die begehrte einstweilige Verfügung gehe über den Punkt 2 des Urteilsbegehrens hinaus, weil sich im Provisorialantrag keine Einschränkung auf ein ortsübliches Ausmaß einer Beeinträchtigung finde. Es sei sei auch nicht möglich, die Berechtigung einer sich im Rahmen des ursprünglichen Begehrens haltenden Provisorialmaßnahme (Unterlassung von Immissionen durch Rauch, Gase und Gestank, die das ortsübliche Ausmaß übersteigen) inhaltlich zu prüfen, weil dieses Begehren nicht die Bestimmtheitserfordernisse des § 226 ZPO erfülle.

Dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs gab der erkennende Senat mit Beschluss vom 23. 9. 1999 (2 Ob 236/99s) nicht Folge.

In dieser Entscheidung wurde dargelegt, dass der Sicherungsantrag über den Punkt 2 des Urteilsbegehrens hinausgehe. Während nämlich Punkt 2 des Urteilsbegehrens auf das ortsübliche Maß abstelle, werde im Sicherungsantrag begehrt, den Beklagten aufzutragen, durch Unterlassung des Betriebs oder durch andere geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger (überhaupt) nicht durch Immissionen von Rauch, Gasen und Gestank beeinträchtigt werde. Das begehrte Verbot sei insoweit zu verweigern, als es über den Anspruch hinausgehe, also als es über das Begehren, das ortsübliche Maß übersteigende Immissionen zu untersagen, hinausgehe.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes sei der Punkt 2 des Urteilsbegehrens aber ausreichend bestimmt. Bei gesundheitsschädlichen Immissionen werde die Ansicht vertreten, dass die Ortsüblichkeit dort ihre Grenzen finde, wo die ortsübliche Benutzung der Nachbarliegenschaft derart beeinträchtigt werde, dass es auch zu Schäden an der Person des Nachbarn komme. Bei Immissionen, an die man sich nach allgemeiner Auffassung nicht gewöhnen könne, sei das Ergebnis der Interessenabwägung so eindeutig, dass es auf die tatsächlichen Verhältnisse nicht ankomme. Das müsse jedenfalls für die Gefährdung von Leben und Gesundheit gelten. Grundsätzlich müssten aber neu hinzukommende Nachbarn sich mit der im Gebiet vorherrschenden Immission abfinden, zumal in immisionsbelasteteren Gebieten auch die Grundstückspreise entsprechend niedriger seien. Bei gesundheitsschädlichen Immissionen bestehe eine Duldungspflicht aber nur dann, wenn die Duldung in Kenntnis der Gesundheitsschädlichkeit erfolge. Dabei sei aber nicht subjektiv auf den Kenntnisstand des Käufers abzustellen, sondern darauf, ob einem durchschnittlich sorgfältigen Käufer die Gesundheitsschädlichkeit der vom Nachbargrundstück ausgehenden Immission erkennbar gewesen wäre. Sei dies der Fall, dann müsse er auch eine gesundheitsschädliche Immission als ortsüblich dulden. Im vorliegenden Fall sei dem Kläger zum Zeitpunkt des Ankaufes seiner Liegenschaft die Existenz des Köhlereibetriebes auf dem Grundstück der Beklagten bereits bekannt gewesen, er sei auch vom Voreigentümer auf Immissionen hingewiesen worden. Seien aber dem Grundstückseigentümer bei Erwerb des Grundstückes die vom Nachbargrundstück ausgehenden Immissionen bekannt, dann müsse er behaupten und bescheinigen, dass auch einem durchschnittlich verständigen Käufer die Gesundheitsschädlichkeit nicht erkennbar gewesen sei. Derartige Behauptungen habe der Kläger aber nicht aufgestellt.

In der Streitverhandlung vom 23. 4. 1999 änderte der Kläger Punkt 2 des Urteilsbegehrens dahin, dass die Beklagten schuldig seien, die von der auf ihrer Liegenschaft betriebenen Köhlerei herrührenden Immissionen von Rauch, Gasen und Gestank auf die Liegenschaft des Klägers durch Unterlassen des Betriebes von Holzkohlenmeilern auf ihrer Liegenschaft oder durch andere geeignete Maßnahmen zu unterlassen. Weiters wurde ein Eventualbegehren gestellt, die Beklagten für schuldig zu erkennen, die von der auf ihrer Liegenschaft betriebenen Köhlerei herrührenden Immissionen auf die Liegenschaft des Klägers, nämlich die Immission von Ruß, Kohlenstaub, Rauch, Gasen und Gestank sowie Lärm so weit zu unterlassen, als diese durch einen Betrieb der Köhlerei verursacht werden, welcher über einen Umfang von vier Meilern mit je höchstens 32 fm Holz hinausgeht oder durch den Einsatz folgender Maschinen beim Betrieb der Köhlerei verursacht würden, nämlich Traktor mit Holzspaltmaschine, Kranwagen, Rüttelgerät und Förderband.

Mit dem am 30. 8. 1999 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte der Kläger neuerlich eine einstweilige Verfügung des Inhalts, es werde den Beklagten zur Sicherung seines Anspruchs auf Unterlassung von Immissionen ab sofort geboten, durch Unterlassung des Betriebes von Holzkohlenmeilern auf ihrer Liegenschaft oder durch andere geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger nicht durch Immissionen von Rauch, Gasen und Gestank beeinträchtigt werde, die von Holzkohlenmeilern auf der Liegenschaft der Beklagten ausgingen; in eventu einen Betrieb der Köhlerei zu unterlassen, der über einen Umfang von vier Meilern mit höchstens 32 fm Holz im Kalenderjahr hinausgehe oder bei dem es zu Immissionen auf die Liegenschaft des Klägers durch den Einsatz bestimmter Maschinen (Traktor mit Holzspaltmaschine, Kranwagen, Rüttelgerät und Förderband) komme.

Der Kläger wies auf sein nunmehr geändertes Klagebegehren hin und führte weiters aus, er und seine Familie und auch andere Nachbarn litten nunmehr unter erheblichen gesundheitlichen Beschwerden durch den Köhlereibetrieb. Der Richtwert für die Zumutbarkeit von Geruchsbelastungen sei ebenso überschritten worden wie der Grenzwert hinsichtlich Benzol. Nunmehr hätten die Beklagten am 10. 5. 1999 den dritten, am 7. 6. 1999 den vierten und am 5. 7. 1999 den fünften Meiler in Brand gesetzt, am 2. 8. 1999 sei der sechste Meiler errichtet worden. Durch die starken Regenfälle der ersten Juliwoche 1999 sei der Ruß der Meiler in besonders massiver Weise auf das Grundstück des Klägers gebracht worden. Im Freien befindliche Gegenstände seien tagelang mit einem schmutzigen Rußfilm überzogen worden. Die Belastung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen übersteige das im ländlichen Gebiet üblicherweise zu erwartende Ausmaß um das 16fache. Der Betrieb sei keinesfalls ortsüblich, weil eine Betriebsausweitung vor weniger als 30 Jahren erfolgt sei. Weder der Kläger noch seine Familie hätten sich mit den Immissionen abgefunden.

Die Beklagten wendeten Streitanhängigkeit, Unwirksamkeit der Klagsänderung, fehlendes Rechtsschutzbedürfnis und Unbestimmtheit des Provisorialbegehrens ein. Zum Zeitpunkt des Kaufes des Grundstückes sei dem Kläger die Belastung durch Immissionen bekannt gewesen. Eine Gesundheitsgefährdung wurde bestritten.

Das Erstgericht wies das Haupt- und Eventualbegehren des Provisorialantrags ab, wobei folgende Feststellungen getroffen wurden:

Der Kläger und die Beklagten sind Eigentümer angrenzender Liegenschaften. Der Vater des Erstbeklagten begann 1960 mit dem Betrieb einer Köhlerei. Er errichtete in den ersten zwei bis drei Jahren Langmeiler mit einem Volumen von 50 bis 60 rm pro Meiler, die Anzahl der Meiler richtete sich nach dem Bedarf, nämlich nach der Menge der verkauften Holzkohle. Infolge einer Steigerung des Absatzes stellte der Vater des Erstbeklagten im Jahr 1965 den Betrieb der Köhlerei auf Rundmeiler um. Es wurden ab diesem Zeitpunkt ca sieben bis neun Meiler pro Jahr mit einem Ausmaß von 30 bis 40 rm errrichtet. Der Vater des Erstbeklagten übergab dem Erstbeklagten 1994 den landwirtschaftlichen Betrieb und auch den Betrieb der Köhlerei. Dieser errichtete danach ebenfalls Rundmeiler in dem Ausmaß wie dies schon sein Vater getan hatte. Der Umfang des Betriebes hat sich seit der Übernahme nicht geändert, der Standort wurde seit dem Jahr 1960 ebenfalls nicht mehr verändert.

Das für die Köhlerei benötigte Holz wird teilweise aus dem Wald der Beklagten zum Standort der Köhlerei geliefert und dort mit einer Motorsäge bzw einer Holzspaltmaschine zerkleinert. Die Rundmeiler werden zunächst im Laufe von drei bis vier Tagen, manchmal auch einer Woche, aufgeschlichtet. Dabei kommt ein Traktor mit einem Frontlader zum Einsatz. Ab dem Zeitpunkt des Anzündens bis zum Ausräumen brennt ein Rundmeiler dann drei bis vier Wochen. Es sind teilweise zwei Meiler gleichzeitig in Betrieb, teilweise nur ein Meiler. In den ersten zwei bis drei Tagen nach dem Anzünden raucht ein Meiler am meisten, die restliche Zeit glost er, wobei es zum Austritt von Gasen kommt. Nach dem Abbrennen wird die Holzkohle mit einem Frontlader auf eine Rüttelmaschine transportiert, um die Kohle von der Lösch zu trennen; dabei bildet sich Staub. Die Holzkohle wird dann zum Teil in Säcke verpackt, zum Teil auf Kipper verladen und zu einer Fabrik geführt. Durch diese Arbeiten kommt es durchschnittlich zweimal pro Woche zu einer starken Lärmentwicklung durch den Maschinenlärm der Traktoren und der verwendeten Geräte wie Motorsäge, Holzspaltgerät und Sieb.

Die Köhlerei wird vom Frühjahr bis Herbst betrieben.

Der Kläger erwarb seine Liegenschaft im April 1995 und übernahm sie im Juni dieses Jahres. Zu diesem Zeitpunkt waren ihm die Existenz und der Betrieb einer Köhlerei auf dem Grundstück der Beklagten bekannt, er sah sie aber nicht in Betrieb. Der Voreigentümer wies ihn auf Immissionen hin, der Kläger erkundigte sich jedoch nicht genau über diese. Im Sommer 1995 hielt er sich gelegentlich auf der Liegenschaft auf, um das Haus zu sanieren. Dabei fiel ihm auf, dass es durch die Köhlerei zu zeitweiligen Rauchentwicklungen kam. Seit Dezember 1995 bewohnt er die Liegenschaft mit seiner Familie. In der Zeit, in der die Köhlerei in Betrieb ist, kommt es sehr häufig zu Belästigungen durch Staub und Gestank, dies auf einem Großteil der Liegenschaft des Klägers. Es kommt auch zu Rußablagerungen auf dem Boden bzw auf im Freien abgestellten Gegenständen. Der Kläger und seine Familie verspüren infolge des Gestanks öfter Übelkeit und Kopfschmerzen. Die Asthmabeschwerden des Klägers, an denen er bereits seit seiner Jugend leidet, haben sich vor allem im Jahr 1999 verschlechtert. Überdies können der Kläger und seine Familie aufgrund des Gestanks, der im Wohnhaus bei geschlossenen Fenstern teilweise wahrnehmbar ist, in der Nacht im Schlafzimmer nicht schlafen. Der Aufenthalt im Freien ist durch den Gasgeruch beeinträchtigt.

Im Jahr 1999 wurde der erste Holzkohlenmeiler am 10. 3. 1999 entzündet. Der Kläger und seine Familie konnten in den Tagen vom 11.

3. bis 15. 3. 1999, zum Teil auch in der folgenden Woche kaum schlafen. Infolge des argen Gestankes wurde das Kind des Klägers am 15. 3. 1999 tagsüber in der auswärtigen Kindergruppe belassen. Am 28. 3. 1999 konnte der Kläger Gartenarbeiten wegen Atembeschwerden aufgrund von Rauch und Gestank nicht durchführen.

Am 30. 3. 1999 wurde der zweite Kohlenmeiler in Betrieb gesetzt, die weiteren Meiler wurden am 10. 5., 7. 6, 5. 7. und 2. 8. 1999 errichtet. Durch die starken Regenfälle in der ersten Juliwoche 1999 wurde der Ruß der Meiler durch das Niederschlagswasser in besonders massiver Weise auf das klägerische Grundstück gebracht. Im Freien befindliche Gegenstände waren tagelang mit einem schmutzigen Rußfilm überzogen.

Durch die vom Grundstück der Beklagten ausgehenden Immissionen von CO, NO2 und Benzol werden die gesetzlichen Grenzwerte nicht überschritten, der Jahresmittelwert für Benzol liegt an der Grundstücksgrenze des Klägers im Bereich des Grenzwertes, im Bereich des Wohnhauses darunter; die Jahresmittelwerte hinsichtlich CO, NO2 liegen unter den Grenzwerten. Der PAH-Gehalt weist eine Belastung auf, die das 16fache dessen beträgt, wie sie üblicherweise in diesem Gebiet erwartet werden darf. Hinsichtlich der Geruchsbelästigung wird der österreichische Richtwert der Akademie der Wissenschaften am Grundstück des Klägers und auch im Bereich des Wohnhauses überschritten.

Bei langandauernder erheblicher Geruchsbelastung treten Krankheitssymptome wie Übelkeit, Brechreiz, Atemwegsstörungen, Kopfschmerzen und Augenreizungen sowie Schlafstörungen mit großer Wahrscheinlichkeit auf.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, sowohl der Umfang als auch die Art des Betriebes der Köhlerei hätten bereits 30 Jahre vor Erwerb der Liegenschaft durch den Kläger bestanden; sie seien daher als prägend für die Umgebung anzusehen und ortsüblich geworden. Da der Betrieb der Köhlerei dem Kläger bei Erwerb der Liegenschaft bekannt gewesen sei, wäre er verpflichtet gewesen, nähere Erkundigungen hinsichtlich der hievon ausgehenden Immissionen einzuholen. Eine konkrete Gesundheitsgefährdung durch den Betrieb der Köhlerei sei nicht in ausreichendem Maß bescheinigt.

Das vom Kläger angerufene Rekursgericht erklärte aus Anlass des Rekurses den angefochtenen Beschluss und das diesbezügliche Provisorialverfahren insoweit für nichtig, als darin der Antrag zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei auf Unterlassung von Immissionen von Rauch, Gasen und Gestank, soweit sich diese über das ortsübliche Maß hinaus auf die Liegenschaft des Klägers erstrecken, werde den Beklagten ab sofort geboten, durch Unterlassung des Betriebs von Holzkohlenmeilern auf ihrer Liegenschaft oder durch andere geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger nicht durch Immissionen von Rauch, Gasen und Gestank in einem das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Ausmaß beeinträchtigt werde, die von Holzkohlenmeilern auf der genannten Liegenschaft der Beklagten ausgingen, abgewiesen wurde und wies den Provisorialantrag in diesem Umfang zurück.

Die darauf entfallenden Kosten des Provisorialverfahrens einschließlich der betreffenden Kosten des Rekursverfahrens wurden gegeneinander aufgehoben (Punkt I).

Im Übrigen wurde dem Rekurs in der Hauptsache nicht Folge gegeben und lediglich die Kostenentscheidung abgeändert.

Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit S 52.000 übersteigend und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig.

Zur Nichtigerklärung führte das Rekursgericht aus, dass sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 2 Ob 236/99s meritorisch mit der Frage befasst habe, ob dem Kläger ein Anspruch zustehe, zur Sicherung seines ursprünglichen Hauptbegehrens, den Beklagten zu gebieten, durch Unterlassung des Betriebes von Holzkohlenmeilern auf ihrer Liegenschaft oder durch andere geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger nicht durch Immissionen von Rauch, Gasen und Gestank in einem das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Ausmaß beeinträchtigt werde. Insoweit dieses Begehren auch im neuerlichen Provisorialantrag mitenthalten sei, liege das Prozesshindernis der Rechtskraft vor, was vom Rekursgericht von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen sei. Der Umfang der Rechtskraftwirkung setze sich aus dem Klagebegehren und den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen zusammen. Dem Umstand alleine, dass das Hauptbegehren des nunmehr zu beurteilenden Provisorialantrags identisch sei mit dem vom Obersten Gerichtshof bereits abgewiesenen, komme daher für sich allein noch nicht die Bedeutung der Streitanhängigkeit bzw Rechtskraft zu. Dies sei vielmehr nur insoweit der Fall, als dieses Begehren auch auf denselben zur Begründung vorgetragenen Tatsachen beruhe. Von identischem Streitgegenstand könne daher nur insoweit die Rede sein, als die nunmehr begehrte Provisorialmaßnahme zur Sicherung des ursprünglichen Unterlassungsbegehrens im dortigen Ausmaß beantragt worden sei. Insoweit sei daher der erstgerichtliche Beschluss sowie das diesbezügliche Verfahren als nichtig aufzuheben und der Provisorialantrag zurückzuweisen.

Im Übrigen verwies das Rekursgericht auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 23. 9. 1999, 2 Ob 236/99s, wonach neu hinzukommende Nachbarn sich mit der im Gebiet vorherrschenden Immission abfinden müssten, weil in immissionsbelasteteren Gebieten auch die Grundstückspreise entsprechend niedriger seien. Der Voreigentümer habe den Kläger auf Immissionen hingewiesen, dieser habe sich aber nicht genau über diese erkundigt. Behauptungen dahingehend, die behauptete Gesundheitsschädlichkeit der Immissionen sei ihm nicht erkennbar gewesen, habe er auch in seinem neuerlichen Provisorialantrag nicht aufgestellt. Ebensowenig habe er behauptet oder bescheinigt, dass der Betrieb der Köhlerei seit dem Ankauf der Liegenschaft durch ihn ausgeweitet und das Ausmaß der Immissionen dadurch vergrößert worden wäre.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil insbesondere die Frage nach der Rechtskraftwirkung der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im nunmehrigen Provisorialverfahren eine solche des Verfahrensrechtes sei, die über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sei.

Dagegen richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die einstweilige Verfügung erlassen werde; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Die Beklagten haben Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel des Klägers zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und zum Teil auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigerklärung durch das Rekursgericht macht der Kläger in seinem Rechtsmittel geltend, er habe in seinem neuerlichen Provisorialantrag ein neues Vorbringen erstattet, weshalb von einem identischen Streitgegenstand keine Rede sein könne.

Diese Ausführungen des Klägers sind zutreffend:

Wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, sind auch Beschlüsse der materiellen Rechtskraft teilhaft, soweit sie Entscheidungen über materielle Rechtsverhältnisse enthalten (RIS-Justiz RS0041398; zuletzt RZ 1994/51); dies gilt auch für einstweilige Verfügungen (1 Ob 86/69). Die von Amts wegen zu berücksichtigende Rechtskraft setzt Identität des Streitgegenstandes voraus (Rechberger in Rechberger, ZPO**2, Rz 6 zu § 411). Die Identität des Anspruches, bei der ein neuer Sicherungsantrag ausgeschlossen ist, liegt nur dann vor, wenn sowohl das Begehren, als auch der rechtserzeugende Sachverhalt, identisch sind (vgl Rechberger/Frauenberger in Rechberger, ZPO**2, Rz 15 Vor § 226). Die Streitanhängigkeit ist aber dort ausgeschlossen, wo die Identität der rechtserzeugenden Tatsachen nur eine teilweise ist, also beim weiteren Anspruch zu dem im ersten Antrag vorgebrachten Tatsachen weitere rechtserzeugende Tatsachen behauptet werden (3 Ob 520/90). Der Kläger hat in dem hier zu beurteilenden Sicherungsantrag weitere Tatsachen behauptet (Inbrandsetzen weiterer Meiler sowie Beeinträchtigung auch anderer Nachbarn), weshalb - entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht - dem nunmehrigen Sicherungsantrag die Rechtskraft der Abweisung des früheren Sicherungsantrags nicht entgegensteht.

Die teilweise Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens und Zurückweisung des Provisorialantrags ist deshalb nicht zutreffend, weshalb die Entscheidung des Rekursgerichtes insoweit aufzuheben war; im weiteren Verfahren wird das Rekursgericht insoweit über den Rekurs des Klägers zu entscheiden haben.

Betreffend die Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses wird im Revisionsrekurs Aktenwidrigkeit, Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellungen sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

Der Revisionsrekursgrund der Aktenwidrigkeit wurde geprüft, er ist nicht gegeben (§§ 528a, 510 Abs 3 ZPO).

Auf den Rekursgrund der Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellungen ist nicht einzugehen, weil der Oberste Gerichtshof auch im Provisorialverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist und daher von demjenigen Sachverhalt auszugehen hat, den das Rekursgericht als bescheinigt angesehen hat (RIS-Justiz RS0002192; zuletzt 10 Ob 271/99x). Eine (bloß) der rechtlichen Beurteilung zuzuzählende Urkundenauslegung (ÖBl 1973, 33) ist hier nicht erfolgt.

Unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht der Kläger geltend, es sei - entgegen der vom Obersten Gerichtshof in 2 Ob 236/99s vertretenen Ansicht - nicht auf einen "durchschnittlich sorgfältigen Käufer" abzustellen. Dies würde dazu führen, die gesundheitsschädliche Immission im Ergebnis doch wieder als ortsüblich zu qualifizieren, was aber dem Grundsatz, dass gesundheitsschädliche Immissionen nie ortsüblich werden könnten, widerspreche. Da beim Kläger und seiner Familie eine konkrete Gesundheitsschädigung und -gefährdung vorliege, müssten die Persönlichkeitsgüter Leben und Gesundheit den Vorrang gegenüber Vermögensinteressen haben. Es sei auch auf die Wertung der Gewerbeordnung zu verweisen: Nach § 79 Abs 2 GewO seien zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit auch zugunsten nachträglicher Nachbarn Auflagen zu erteilen, soweit sie notwendig seien. Der Kläger könne nicht gezwungen werden, wegzuziehen, um seine Gesundheit zu retten. Dadurch würde es zu einem massiven Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen kommen. Schließlich habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 2 Ob 236/99s eine Behauptung- und Beweislastverteilung vorgenommen, die von der herrschenden Rechtsprechung abweiche. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass es durch die vom Grundstück der Beklagten ausgehenden Immissionen zu einer Vergällung des Lebens des Klägers komme.

Grundsätzlich kann auf die erst vor kurzer Zeit vom erkennenden Senat gefällte Entscheidung 2 Ob 236/99s verwiesen werden. Auch die nunmehrigen Ausführungen im Revisionsrekurs bieten keinen Anlass, davon abzugehen. Das Abstellen auf den durchschnittlich sorgfältigen Käufer bedeutet nicht, dass gesundheitsschädliche Immissionen ortsüblich sein könnten. Es besteht lediglich eine Duldungspflicht in dem Sinn, dass der Erwerber einer von Immissionen betroffenen Liegenschaft auf eigene Gefahr handelt und deshalb jene Nachteile, die aus der Immission erfolgen, hinnehmen muss (J. W. Steiner, Zur Auslegung des Begriffes der Ortsüblichkeit in § 364 Abs 2 ABGB, JBl 1978, 133 [140]). Bei gesundheitsschädlichen Immissionen besteht eine Duldungspflicht aber nur dann, wenn sie in Kenntnis ihrer Gesundheitsschädlichkeit geduldet werden, was dann der Fall ist, wenn jemand eine Liegenschaft in Kenntnis der Gesundheitsschädlichkeit der von der Nachbarliegenschaft ausgehenden Immission erwirbt. Nur dann wenn dies der Fall ist, muss der Käufer auch eine gesundheitsschädliche Immission als ortsüblich dulden. Der ohne Zweifel gegebene Vorrang der Gesundheit gegenüber den Vermögensinteressen kann nicht dazu führen, dass jemand, der sich in Kenntnis bzw Erkennbarkeit der Gesundheitsschädlichkeit von Immissionen ansiedelt, deren Unterlassung begehren kann. Daran vermag auch § 79 Abs 2 GewO nichts zu ändern. Wenn der Kläger meint, er könnte nicht gezwungen werden, wegzuziehen, um seine Gesundheit zu retten, dann ist ihm entgegenzuhalten, dass er - ausgehend von den im Provisorialverfahren getroffenen Feststellungen - sich in Kenntnis der vom Betrieb der Beklagten ausgehenden Immissionen sich in deren Nachbarschaft angesiedelt hat (dass ein durchschnittlich sorgfältiger Käufer deren Gesundheitsschädlichkeit nicht hätte erkennen können, hat der Kläger nicht behauptet) und nunmehr vom Beklagten eine Einstellung oder zumindest erhebliche Einschränkung dieses Betriebes verlangt.

Da auch eine Gesundheitsstörung im konkreten Fall dem Kläger keinen Unterlassungsanspruch gewährt, kann sich ein solcher auch nicht aus einer "Vergällung des Lebens" ergeben. Zur an sich strittigen Frage der Beweislast (s Oberhammer in Schwimann, ABGB**2, Rz 18 zu § 364) wurde in der Entscheidung 2 Ob 236/99s bereits Stellung genommen.

Daraus folgt, dass jedenfalls die teilweise Abweisung des Provisorialantrags zu Recht erfolgte, weshalb insoweit dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben war.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 4 EO, 52 Abs 2 ZPO.

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