OGH 8ObA62/11t

OGH8ObA62/11t29.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter (§ 11a Abs 3 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Alfred Witzlsteiner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei H***** S*****, vertreten durch Tinzl & Frank Rechtsanwälte-Partnerschaft in Innsbruck, wegen 164.640 EUR sA, über die Revisionsrekurse sowohl der klagenden Partei als auch der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. Juni 2011, GZ 15 Ra 46/11v-28, mit dem der fälschlicherweise als Urteil bezeichnete Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. Mai 2010, GZ 48 Cga 71/10x-7, teilweise abgeändert wurde (Revisionsrekursinteresse 68.600 EUR sA bzw 96.040 EUR sA), in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird dem Revisionsrekurs der beklagten Partei Folge gegeben und der Beschluss des Rekursgerichts dahin abgeändert, dass die als Beschluss aufzufassende Entscheidung des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass die Klage zurückgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.825,38 EUR (darin enthalten 304,23 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens sowie die mit 4.171,68 EUR (darin enthalten 695,28 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Verfahren betrifft Ersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten als früheren angestellten Alleingeschäftsführer. Sie wirft ihm vor, ua mit seiner früheren Lebensgefährtin ein Konkurrenzunternehmen gegründet und Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Klägerin ausgenützt, deren Erfolgskonzept übernommen und Kunden der Klägerin abgeworben zu haben.

Bereits im Vorverfahren zu AZ ***** des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht machte die Klägerin mit weitestgehend identischer Begründung Schadenersatzansprüche ua gegen den hier Beklagten (im dortigen Verfahren als Viertbeklagten) geltend. Mit Teilurteil vom 16. 12. 2008 wurde das gegen den dortigen Viertbeklagten erhobene Zahlungsbegehren im Betrag von 207.111 EUR sA sowie das Feststellungsbegehren rechtskräftig abgewiesen. Die Klägerin brachte damals selbst vor, dass kein Gesellschafterbeschluss iSd § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG zur Verfolgung des Viertbeklagten als Geschäftsführer vorliege, es daher an einer materiellen Anspruchsvoraussetzung fehle und das gegen den Viertbeklagten behängende Verfahren zu schließen sei. Im Vorverfahren berechnete die Klägerin den behaupteten Schaden mit 150.000 EUR. Dabei ging sie von der rechtswidrigen Aufkündigung von ca 300 laufenden Verträgen über Mietautos, einem monatlichen Deckungsbeitrag pro Fahrzeug und Vertrag von 50 EUR und einer fiktiven Vertragslaufzeit von zehn Monaten aus.

Im vorliegenden Verfahren begehrte die Klägerin aus dem Titel der Haftung als Geschäftsführer 164.640 EUR sA. Dabei ging sie von zumindest 196 widerrechtlich aufgekündigten Verträgen bei einem monatlichen Deckungsbeitrag von 35 EUR pro Fahrzeug und einer fiktiven Vertragslaufzeit von zumindest zwei Jahren aus (196 x 35 x 24). Ihre Geschäftstätigkeit bestehe in der Bereitstellung von Fahrzeugen für Sportler im Weg von Nutzungsüberlassungsverträgen. Während seiner Tätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer (vom 22. 1. 2003 bis 18. 10. 2006) habe der Beklagte (am 29. 8. 2006) ein Konkurrenzunternehmen gegründet und die Geschäftsgeheimnisse der Klägerin missbraucht. Konkret habe er ca 200 laufende Geschäftsbeziehungen zu den Kunden der Klägerin aufgekündigt, wobei diesen Kunden zeitnah ein Konkurrenzangebot unterbreitet worden sei. Auf diese Weise sei das Unternehmen der Klägerin an den Rand des Ruins getrieben worden. Die nunmehrige Klagsführung sei von ihrer deutschen Alleingesellschafterin gemäß § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG beschlossen worden.

Der Beklagte entgegnete, dass eine Konkurrenzklausel mit ihm nicht vereinbart worden sei. Die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin habe sich auf den gebündelten Ankauf von Fahrzeugen in großer Stückzahl zu hohen Rabatten und einem mit dem Händler vereinbarten Rückkaufswert nach einem Gebrauchsjahr reduziert. Im Jahr 2005 sei dieses Geschäftsmodell nicht mehr umsetzbar gewesen, weshalb es zu Meinungsverschiedenheiten gekommen sei. Im Zuge dieser Geschehnisse habe er seinen Vertrag zum 31. 12. 2006 gekündigt. Die deutsche Alleingesellschafterin der Klägerin habe mitgeteilt, dass diese die Geschäftsräumlichkeiten bereits am 18. 10. 2006 räumen werde. In der Folge sei es zu einer Übergabe der Büroeinrichtung gekommen. Zudem sei eine Bereinigung aller wechselseitigen Ansprüche vereinbart worden. Von diesen Überlegungen abgesehen habe die Klägerin im Vorverfahren das gegen ihn ergangene klagsabweisende Urteil in Rechtskraft erwachsen lassen. Ein Gesellschafterbeschluss gemäß § 35 GmbHG sei nicht erforderlich gewesen, weil es sich dabei lediglich um einen Formalakt gehandelt hätte.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren in der Entscheidungsform eines Urteils ab. Nach der herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie sei derselbe Streitgegenstand wie im Vorverfahren gegeben. Das Vorliegen einer bereits rechtskräftigen Entscheidung in derselben Sache stelle so wie die Streitanhängigkeit eine negative Prozessvoraussetzung dar, die einer neuerlichen Klage und einer weiteren Sachentscheidung des Gerichts entgegenstehe.

Nach einem Wiedereinsetzungsverfahren sowie einer zweimaligen Vorlage des Akts an den Obersten Gerichtshof (8 ObA 91/10f und 8 ObA 15/11f) gab das Rekursgericht dem - als Rekurs aufzufassenden - Rechtsmittel der Klägerin vom 21. 7. 2010 (ON 8) teilweise Folge und bestätigte die Zurückweisung des Klagebegehrens im Umfang von 68.600 EUR sA (196 x 35 x 10); im Umfang des darüber hinausgehenden Zahlungsbegehrens (96.040 EUR sA) wurde die Prozesseinrede der rechtskräftig entschiedenen Sache verworfen. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig. Ein Urteil, das auf einer Parteiendisposition über den geltend gemachten Anspruch beruhe und dem daher keine Sachverhaltsermittlung durch das Gericht zugrunde liege, sei in gleicher Weise wie ein Urteil, das nach einem kontradiktorischen Verfahren gefällt worden sei, der materiellen Rechtskraft teilhaftig. Dies gelte daher (analog) auch für das abweisende Teilurteil gegen den hier Beklagten im Vorverfahren. Die zur Anspruchsbegründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen seien aber keineswegs völlig identisch, zumal sich die Klägerin nur mehr auf 196 widerrechtlich gekündigte Fahrzeugmietverträge und einen Deckungsbeitrag von monatlich 35 EUR pro Mietobjekt berufe und zudem eine zweijährige fiktive Vertragslaufzeit zugrunde lege. Dies führe zum Ergebnis, dass sich das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache lediglich auf den aus einer zehnmonatigen fiktiven Vertragszeit entfallenden Teil des nunmehrigen Klagebegehrens und damit auf 68.600 EUR (196 x 35 x 10) erstrecken könne. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Klagebegehrens liege keine Sachantrags- und Anspruchsidentität vor.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse beider Parteien. Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Klagszurückweisung, während der Beklagte die gänzliche Zurückweisung des Klagebegehrens anstrebt. Mit ihren Revisionsrekursbeantwortungen beantragen die Parteien, dem Rechtsmittel jeweils der Gegenseite den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind zulässig, weil zur Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof geboten erscheint und sich die Beurteilung des Rekursgerichts zu deren Reichweite überdies als korrekturbedürftig erweist. Dementsprechend ist der Revisionsrekurs des Beklagten berechtigt, jener der Klägerin hingegen nicht.

1.1 Die Zurückweisung einer Klage wegen Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft setzt Identität der Parteien und der Ansprüche im Folgeprozess und im rechtskräftig entschiedenen Vorprozess voraus (RIS-Justiz RS0041340). Ob idente Ansprüche vorliegen, ist nach den Streitgegenständen der beiden Verfahren zu beurteilen. Die Identität des Anspruchs bzw Streitgegenstands ist außer für die Einmaligkeitswirkung auch für die Streitanhängigkeit und die Klagsänderung von Bedeutung. Die Einmaligkeitswirkung greift demnach dann ein, wenn der in der neuen Klage geltend gemachte Anspruch sowohl hinsichtlich des Begehrens als auch im rechtserzeugenden Sachverhalt mit jenem des rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses übereinstimmt (RIS-Justiz RS0039347; RS0041115; 1 Ob 201/02v; vgl auch Fasching/Klicka in Fasching/Konecny 2 § 411 ZPO Rz 43). Maßgebend sind die festgestellten entscheidungserheblichen Tatsachen, die zur Individualisierung des (rechtlich qualifizierten) Tatbestands erforderlich sind (vgl Rechberger in Rechberger 3 § 411 ZPO Rz 7; vgl auch Fasching/Klicka aaO § 411 ZPO Rz 41). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl RIS-Justiz RS0044453).

Die Einmaligkeitswirkung ist so wie die Streitanhängigkeit dann nicht gegeben, wenn die rechtserzeugenden Tatsachen nur teilweise übereinstimmen, wenn also beim später geltend gemachten Anspruch weitere rechtserzeugende Tatsachen hinzutreten. Dies bedeutet allerdings nicht, dass völlige Identität des rechtserzeugenden Sachverhalts vorausgesetzt ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die (relevanten) Tatsachenbehauptungen im Folgeprozess im Wesentlichen, also im Kern dem (festgestellten) rechtserzeugenden Sachverhalt im rechtskräftig entschiedenen Vorprozess entsprechen (vgl 5 Ob 7/11g).

2.2 Die Überlegungen des Rekursgerichts zur Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft beruhen auf zutreffenden rechtlichen Grundsätzen. Dies gilt auch für die Schlussfolgerung, dass nicht nur Urteile, die in streitiger Weise zustande gekommen sind, sondern ebenso Urteile, die auf einer Parteiendisposition über den geltend gemachten Anspruch beruhen, der materiellen Rechtskraft zugänglich sind. Das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Streitsache wird durch alle Entscheidungen begründet, denen im selben Umfang wie den (allen) inländischen Zivilurteilen Feststellungswirkung zukommt (vgl RIS-Justiz RS0120239; Rechberger aaO Vor § 390 ZPO Rz 32 und § 411 ZPO Rz 5). Ebenso ist nicht zweifelhaft, dass die Einmaligkeitswirkung eines im gerichtlichen Verfahren erklärten Verzichts jener der materiellen Rechtskraft entspricht (RIS-Justiz RS0039802).

Die Ansicht der Klägerin, wonach der Entscheidung im Vorverfahren nicht die gleiche materielle Rechtskraft zukomme, wie einem Urteil, das nach einem kontradiktorischen Verfahren gefällt worden sei, erweist sich demnach als unrichtig.

2.3 Der Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Tragweite der Rechtskraftwirkung des Urteilsgegenstands im Vorprozess nach den damaligen zur Anspruchsbegründung vorgetragenen Prozessbehauptungen der Klägerin zu bestimmen ist, wird von den Parteien nicht entgegengetreten.

Anders als im Vorverfahren beruft sich die Klägerin hier auf das Vorliegen eines Gesellschafterbeschlusses iSd § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG. Wäre ein solcher Gesellschafterbeschluss für die Klagsführung erforderlich, so handelte es sich um eine zusätzliche relevante Tatsachenbehauptung. Der Ansicht des Rekursgerichts, dass zur Begründung der Aktivlegitimation der Klägerin ein Gesellschafterbeschluss gar nicht erforderlich (gewesen) sei und der Beklagte im Vorprozess einen solchen Einwand auch nicht erhoben habe, tritt die Klägerin nicht entgegen. Diese Ansicht erweist sich auch als zutreffend: Das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG bezieht sich auf Ersatzansprüche, die der Gesellschaft aus der Gründung oder aus der Geschäftsführung gegen den Geschäftsführer zustehen. Sie müssen aus pflichtwidrigen Handlungen oder Unterlassungen aus geschäftsführender Tätigkeit resultieren. Das Fehlen des Gesellschafterbeschlusses ist nur über Einwendung des Geschäftsführers wahrzunehmen. Besondere Förmlichkeiten werden für die Beschlussfassung nicht gefordert; es muss aber zumindest eine mündliche Beschlussfassung vorliegen (s dazu 9 ObA 5/10s mwN). In bestimmten Fällen kann vom Beschlusserfordernis überhaupt abgesehen werden, wenn es sich dabei um eine bloße Formalität handelte. Dies ist etwa bei einem Alleingesellschafter der Fall (vgl Enzinger in Straube § 35 GmbHG Rz 85 und 94; Gellis, GmbH-Gesetz7 § 35 Rz 20). Beim Hinweis der Klägerin auf den nunmehr vorliegenden Gesellschafterbeschluss handelt es sich somit um keine für den Anspruch relevante Tatsachenbehauptung.

Die Schadenszufügung bezog die Klägerin im Vorprozess auf das Zugänglichmachen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, die Aufkündigung von laufenden Verträgen über Mietautos samt zeitnaher Übermittlung von Konkurrenzangeboten und die Veranlassung eines ungerechtfertigten Bankeinzugs. Im vorliegenden Verfahren wird dem Beklagten vorgeworfen, die Geschäftsgeheimnisse sowie das Geschäftsmodell der Klägerin zur Gründung eines Konkurrenzunternehmens ausgebeutet sowie die Infrastruktur, die Dienstnehmer und die Kunden übernommen zu haben. Das rechtswidrige Verhalten des Beklagten wird im Missbrauch seiner Stellung als ehemaliger Geschäftsführer gesehen. Der Schaden wird aus der Kündigung von Kundenverträgen und der sich daran anschließenden „Überführung“ der Kunden abgeleitet.

Das dem Beklagten angelastete rechtswidrige Gesamtverhalten ist in beiden Verfahren identisch. Die Vertiefung und Hervorhebung bestimmter Tatumstände durch Darlegung weiterer Details und Facetten der Tathandlungen ändert nichts daran, dass im Vorprozess im Kern all jene Vorwürfe vorgetragen wurden, auf die auch die vorliegende Klagsforderung gestützt wird. Von einer Änderung des Klagegrundes iSd § 235 Abs 4 ZPO durch ein verändertes Tatsachenvorbringen kann daher insgesamt keine Rede sein. Vielmehr gründet sich der hier geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach auf den schon im Vorprozess relevanten rechtserzeugenden Sachverhalt.

Die grundsätzliche Bejahung der Einmaligkeitswirkung des im Vorprozess gegen den hier Beklagten ergangenen Teilurteils durch das Rekursgericht erweist sich somit als zutreffend.

3. Die Überlegungen des Rekursgerichts zur Zahl der gekündigten Verträge über Mietautos, zur Höhe des kalkulierten (entgangenen) monatlichen Deckungsbeitrags je Vertrag und zur Dauer der fiktiven Vertragslaufzeit betreffen die (Annahmen zur) Berechnung des Schadenersatzanspruchs. Die Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft erfasst jedenfalls sich (betragsmäßig) deckende Ansprüche im Folgeprozess oder ein quantitatives Minus. Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die gekündigten Verträge und den Deckungsbeitrag gegeben.

Die fiktive Vertragslaufzeit betrifft lediglich eine „Berechnungsannahme“ bei unverändertem Sachverhalt. Im vorliegenden Fall ist überdies zu berücksichtigen, dass im Vorprozess auch das Feststellungsbegehren über die Haftung des dortigen Viertbeklagten für alle künftigen Schäden rechtskräftig abgewiesen wurde. Die Klägerin hat somit schon im Vorprozess künftige Entwicklungen aus dem rechtserzeugenden Sachverhalt in ihr (gerichtlich beurteiltes) Begehren einbezogen. Die zeitlich längere Berechnung des Schadens im Anlassverfahren bezieht sich auf eine solche künftige Entwicklung bei unveränderter Tatsachengrundlage und ist daher ebenso von der Einmaligkeitswirkung erfasst.

4.1 Zusammenfassend ergibt sich:

Auch Urteilen, die auf einer Parteiendisposition über den geltend gemachten Anspruch beruhen, kommt materielle Rechtskraft zu. Die Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft greift bei identem Begehren ein, wenn die rechtlich relevanten Tatsachenbehauptungen im Folgeprozess im Kern dem festgestellten rechtserzeugenden Sachverhalt des rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses entsprechen. Nach ihrer Reichweite erfasst die Einmaligkeitswirkung sich betragsmäßig deckende Ansprüche oder ein quantitatives Minus. Bloße Annahmen zur Berechnung des Anspruchs stehen bei unverändertem Sachverhalt der Einmaligkeitswirkung nicht entgegen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich auf künftige Entwicklungen beziehen, die von einem rechtskräftigen Feststellungsurteil erfasst sind.

4.2 Die Beurteilung des Rekursgerichts steht zwar hinsichtlich der grundsätzlichen Bejahung der Einmaligkeitswirkung, nicht aber in Ansehung deren Reichweite mit diesen Grundsätzen im Einklang. In Stattgebung des Revisionsrekurses des Beklagten war die gesamte Klage wegen des Prozesshindernisses der rechtskräftig entschiedenen Sache zurückzuweisen. Dem Revisionsrekurs der Klägerin war hingegen der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Für die (richtig) Rekursbeantwortung gebührt dem Beklagten nur der einfache Einheitssatz.

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