OGH 9Ob117/24g

OGH9Ob117/24g16.12.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner, Mag. Korn, Dr. Stiefsohn und Dr. Wallner-Friedl in der Rechtssache der klagenden Partei DI H*, vertreten durch Dr. Vivien Wolf‑Döller, Rechtsanwältin in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei C*, vertreten durch Univ.‑Prof. DDDr. DDr. h.c. Dieter G. Kindel, Rechtsanwalt in Wien, wegen 14.112 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 7.000 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. August 2024, GZ 35 R 119/24w‑45, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 1. Februar 2024, GZ 7 C 209/22m‑40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0090OB00117.24G.1216.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 751,92 EUR (darin 125,32 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der klagende Architekt begehrt vom Beklagten für die auftragsgemäße Erstellung eines Vorentwurfs vom 6. 10. 2013 und eines Entwurfs vom 12. 2. 2014 für einen geplanten Dachgeschossausbau ein Honorar in Höhe des Klagsbetrags von 14.112 EUR sA.

[2] Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren übereinstimmend statt.

[3] Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision nachträglich zur Frage der Streitanhängigkeit der Klagsforderung im Parallelverfahren zugelassen.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Da auch die Revision der Beklagten keine erheblichen Rechtsfragen aufzeigt, kann sich die Entscheidung auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):

[5] 1. Behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht behandelt und für nicht berechtigt erachtet hat, können im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden (RS0043111). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben (RS0042963 [T58]).

[6] 2.1. Die Zurückweisung einer Klage wegen Streitanhängigkeit setzt zwei nacheinander streitanhängig gewordene Prozesse sowie die Identität der Parteien und Ansprüche in diesen beiden Prozessen voraus (RS0039473). Der gleiche Streitgegenstand liegt nur vor, wenn der in der neuen Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch sowohl hinsichtlich des Begehrens als auch des rechtserzeugenden Sachverhalts, also des Klagsgrundes, ident ist mit jenem des Vorprozesses (RS0039347). Ob dies zutrifft, kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und wirft daher im Regelfall keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0044453 [T3]). Dies ist auch hier der Fall.

[7] 2.2. Nach den Feststellungen stützte der Kläger im Parallelverfahren seinen dort geltend gemachten Honoraranspruch von 28.200 EUR auf von ihm erbrachte Leistungen im Zusammenhang mit der Sanierung der Geschossdecke (Dippelbaumdecke). Nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im gegenständlichen Verfahren wurde ihm dafür (mittlerweile rechtskräftig) ein Betrag von 20.468,75 EUR sA zugesprochen. Das Mehrbegehren von 7.731,25 EUR sA wurde abgewiesen, weil die zugrunde liegenden Leistungen nicht die Sanierung der Geschossdecke betrafen. Wenn das Berufungsgericht unter Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Streitanhängigkeit davon ausging, dass der im vorliegenden Verfahren vom Kläger geltend gemachte Honoraranspruch für dessen Leistungen im Zusammenhang mit dem geplanten Dachgeschossausbau nicht Gegenstand des Parallelverfahrens gewesen sei und somit keine Streitanhängigkeit hinsichtlich des Klagsbetrags von 7.731,25 EUR sA vorgelegen sei, so hat es bei dieser Beurteilung seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

[8] 2.3. Richtig ist zwar, dass der Kläger auch im Parallelverfahren auf von ihm im Zuge des geplanten Dachgeschossausbaus entworfene Pläne Bezug nahm. Allerdings machte er nach den Feststellungen das dafür ihm zustehende Honorar nicht im Parallelverfahren, sondern im vorliegenden Verfahren geltend. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der im Parallelverfahren vorgelegten Stundenaufstellung des Klägers (Blg ./K), werden doch darin Leistungen für Planerstellungen vom 11. 3. 2014 bis 28. 3. 2014 (nur) im Zusammenhang mit der Deckensanierung abgerechnet.

[9] 3.1. Die gerügten sekundären Feststellungsmängel zur Frage der Honorierung des Einreichplans vom 2. 7. 2015 liegen nicht vor. Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, weshalb die Frage, ob der Kläger für diese Architektenleistung kein Honorar verrechnet oder darauf verzichtet hat, für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens relevant sein sollte.

[10] 3.2. Auch die Frage, wann der „Baubescheid“ vorlag (die Baubewilligung wurde nach den Feststellungen letztlich erst am 6. 9. 2021 erteilt), ist nicht entscheidend. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die mit Klage vom 6. 9. 2022 geltend gemachte Honorarforderung des Klägers sei nicht verjährt, weil der Kläger erst ab Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen den Streitteilen am 10. 9. 2019 (an diesem Tag forderte der Beklagte die vom Kläger erstellten Pläne zurück) verpflichtet gewesen sei, in angemessener Frist Rechnung zu legen, wird in der Revision nicht bekämpft.

[11] Die Revision des Beklagten ist daher mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

[12] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Beklagten in seiner Revisionsbeantwortung hingewiesen (RS0035979 [T16]).

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