OGH 7Ob564/88

OGH7Ob564/8819.5.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Angst und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***- UND E***andelsgesellschaft mbH, Oberpullendorf,

Hauptstraße 73, vertreten durch Dr. Johann Kölly, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wider die beklagten Parteien 1.) Johanna H***, Kellnerin, 2.) Johann H***, Krankenpfleger, beide Forchtenstein, Hauptstraße 51, vertreten durch Dr. Harald Beck und Dr. Klaus Dörnhöfer, Rechtsanwälte in Eisenstadt, wegen S 106.000,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. Dezember 1987, GZ 16 R 180/87-15, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Zwischenurteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 13. Mai 1987, GZ 2 b Cg 664/86-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 6.223,63 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 565,79 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Nach den Behauptungen der klagenden Partei seien die Beklagten an sie wegen der Einrichtung einer Diskothek in Forchtenstein herangetreten. Nach langwierigen Besprechungen, insbesondere hinsichtlich des Preises, hätten sich die Streitteile am 3. Juli 1985 auf einen Fixpreis von S 1,150.000,-- geeinigt. Nachdem die klagende Partei aufgrund dieses mündlich vereinbarten Werkvertrages bereits Bestellungen bei ihren Zulieferern in Auftrag gegeben hatte, hätten die beklagten Parteien behauptet, keinen Auftrag erteilt, sondern lediglich unverbindliche Kostenvoranschläge eingeholt zu haben. Die klagende Partei begehrt den Ersatz des ihr "dadurch" entgangenen Gewinnes und ihrer Aufwendungen: die Planungs-, Reise- und Besprechungskosten von S 30.000,--, den Nettogewinn von S 56.000,-- und die Provision an Erich R*** von S 20.000,--, zusammen S 106.000,-- s.A. Außer Streit gestellt wurde, daß der klagenden Partei im Zusammenhang mit den Ereignissen ein Aufwand in Höhe von mindestens S 1,-- entstanden ist. Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Nach Feststellungen über die Einholung von mehreren Anboten und über die Unterhandlungen zwischen den Streitteilen über die Planung und Einrichtung der Diskothek traf das Erstgericht die negative Feststellung, daß nicht festgestellt werden kann, ob die Beklagten der klagenden Partei einen Auftrag erteilt haben.

Das Erstgericht nahm demgemäß den Abschluß eines (Werk)Vertrages nicht als erwiesen an, war jedoch der Auffassung, daß eine Haftung der Beklagten aus culpa in contrahendo infolge grundloser Ablehnung des Vertrages gegeben sei.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und erklärte die Revision für zulässig. Nach der Auffassung des Berufungsgerichtes hatte sich das Erstgericht auf den geltend gemachten Klagegrund, den Abschluß eines Werkvertrages zu beschränken. Tatsachen, aus denen sich eine Verletzung einer vorvertraglichen Schutz- oder Aufklärungspflicht durch die Beklagten ergebe, habe die klagende Partei nicht einmal hilfsweise behauptet. Darüber hinausgehende überschießende Feststellungen seien daher unbeachtlich. Im übrigen teilte das Berufungsgericht die Auffassung des Erstgerichtes über die Haftung der Beklagten wegen culpa in contrahendo nicht. Den Zulässigkeitsausspruch begründete es damit, daß die Rechtsprechung über die Haftung für culpa in contrahendo spärlich und hier auch die in diesem Zusammenhang noch nicht erkennbar behandelte Frage des Klagegrundes zu lösen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist nicht zulässig.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Gerichtstätigkeit der Sammlung des Prozeßstoffes durch den Streitgegenstand, das ist das Klagebegehren und das Tatsachenvorbringen, aus dem das Klagebegehren abgeleitet wird (= Klagegrund; SZ 51/148; SZ 46/109 uva), begrenzt ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung. Das Gericht darf daher Tatsachen nicht völlig selbständig sammeln und daraus rechtliche Schlüsse ziehen (RZ 1979/16; RZ 1977/105 mwN). In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung hat das Berufungsgericht auch zutreffend dargelegt, daß überschießende Feststellungen nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie über den geltend gemachten Klagegrund hinausgehen (JBl. 1964, 208; SZ 21/23; 7 Ob 46/82; 5 Ob 217/75 uva). Richtig hat es schließlich erkannt, daß der von der klagenden Partei erhobene Anspruch nur aus dem behaupteten Abschluß eines Werkvertrages abgeleitet wird, die Klage keinen anderen Klagegrund enthält und daß ein allfälliger Anspruch aus der Haftung der Beklagten für culpa in contrahendo ein dahingehendes, zusätzliches Tatsachenvorbringen erfordert hätte. Daraus hat das Berufungsgericht auch zutreffend gefolgert, daß das Klagebegehren mangels Nachweises eines Vertragsabschlusses abzuweisen ist. Eine weitere Folge der dargestellten Sach- und Rechtslage ist aber, daß die Erörterung der Haftung der Beklagten für culpa in contrahendo durch das Berufungsgericht entbehrlich war und die Entscheidung auch nicht von der Lösung einer dem Bereich der culpa in contrahendo-Haftung zuzuordnenden Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO - als Voraussetzung der Revisionszulässigkeit - abhängig ist. Daß die obgenannten Rechtsgrundsätze für jeden allenfalls in Betracht kommenden Rechtsgrund gelten und somit auch für den der culpa in contrahendo, kann nicht zweifelhaft sein, sodaß auch insoweit eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht ersichtlich ist. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO ist die Revision der klagenden Partei unzulässig und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Da die Beklagten die Unzulässigkeit der Revision geltend machten, haben sie auch Anspruch auf Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte